Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 20. Mai 2015 - RN 6 S 15.50240
Gericht
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Nr. 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der am ...1972 geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Religion. Er verließ nach eigenen Angaben sein Heimatland am
Vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) erklärte der Antragsteller, dass ihm in Italien Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Asyl habe er in Italien nicht beantragt. Am 14.1.2015 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an die Republik Italien. Eine Antwort hierauf erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom
Gegen diesen Bescheid, der dem Antragsteller am
Gleichzeitig hat der Antragsteller Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung trägt er vor, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe bestünden, welche die Antragsgegnerin veranlassen müssten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben. Er sei aufgrund einer Amputation seines linken Beines schwer behindert und müsse eine Prothese tragen. Er benötige kontinuierliche medizinische Versorgung, die in Italien nicht gewährleistet sei. Derzeit bestünden unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse im Fall der Überstellung sogenannter Dublin-Rückkehrer nach Italien erhebliche Gefahren wegen systembedingter Mängel bei den dortigen Aufnahmebedingungen. Diesbezüglich verweist der Antragsteller auf Berichte der Schweizer Flüchtlingshilfe, wonach die Erstaufnahmezentren in Italien voll ausgelastet seien. Dass Dublin-Rückkehrer dort untergebracht werden könnten, sei unwahrscheinlich. Der Antragsteller legt eine ärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen Hepatitis-D-Infektion vor, sowie eine weitere ärztliche Bestätigung der Fachklinik ..., wonach bei ihm eine Fußwurzelamputation vorliege.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen Nr. 2 des Bescheids des Bundesamts vom
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze, die vorgelegte Behördenakte sowie die beigezogene Gerichtsakte des Verfahrens RN 6 K 15.50241 Bezug genommen.
II.
I.
Die Entscheidung erfolgt gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG durch den Berichterstatter als Einzelrichter. Die Voraussetzungen für eine Übertragung auf die Kammer nach Satz 2 dieser Vorschrift liegen nicht vor.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig. Die Antragsfrist von einer Woche nach § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ist eingehalten.
III.
Der Antrag ist auch begründet, da die vom Gericht im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers ausfällt.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung ganz oder teilweise anordnen. Dabei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung unter Abwägung des aus § 75 AsylVfG folgenden öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes einerseits und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs andererseits. Im Rahmen der Abwägung sind bei summarischer Prüfung die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu berücksichtigen. Ergibt diese Prüfung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, tritt das Suspensivinteresse des Antragstellers in der Regel hinter das öffentliche Vollzugsinteresse zurück. Hat die Hauptsacheklage dagegen bei summarischer Prüfung Erfolg, besteht kein Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes. Lassen sich die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs nicht abschließend abschätzen, bedarf es einer Abwägung alle relevanten Umstände, insbesondere der Vollzugsfolgen, um zu ermitteln, wessen Interessen für die Dauer des Hauptsacherechtsbehelfs der Vorrang gebührt.
1. Vorliegend sind die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage offen.
Nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist eine Abschiebungsanordnung zulässig, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
a) Parlaments und des Rates vom
Maßgeblich für die Beurteilung des vorliegenden Falles ist die Dublin III-VO, da sowohl der Antrag auf internationalen Schutz als auch das Übernahmeersuchen an Italien nach dem
Die primäre Zuständigkeit Italiens folgt mangels vorrangiger Kriterien aus Art. 13 Abs.1 Satz 1 Dublin III-VO. Danach ist der Mitgliedsstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Antragsteller nach eigenem Vorbringen als erstes die Grenze zum EU-Mitgliedsstaat Italien überschritten hat. Das erfolgte - soweit ersichtlich - ohne Aufenthaltstitel und damit illegal.
b) Allerdings ist fraglich, ob die Zuständigkeit zur Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO wegen systemischer Mängel des Asylsystems in Italien auf die Antragsgegnerin übergegangen ist. Nach dieser Vorschrift setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat die Prüfung der in Kapitel III (Art. 7 - 15 Dublin III-VO) vorgesehenen Kriterien fort, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedsstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller in diesem Mitgliedsstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: EU-Grundrechtecharta) mit sich bringen.
Insoweit geht das Gericht als Prüfungsmaßstab vom Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. hierzu grundlegend BVerfG, B.v. 15.5.1996 - 2 BvR 1938/38 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (Europäischer Gerichtshof - EuGH, B.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417) aus, wonach die Vermutung gilt, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention der Menschenrechte (EMRK) und der EU-Grundrechtecharta entspricht. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof für die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (sogenannte Dublin II-VO) entschieden, dass dem Unionsrecht keine unwiderlegliche Vermutung innewohnt, der gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO zuständige Mitgliedsstaat werde die Unionsgrundrechte beachten. Vielmehr obliege den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gebe, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S.v. Art. 4 der Charta der EU-Grundrechtecharta ausgesetzt zu werden (EuGH, B.v. 21.12.2011 a. a. O.).
Systemische Mängel in diesem Sinn bestehen allerdings erst bei einer tatsächlichen Unfähigkeit des gesamten Verwaltungsapparats zur Beachtung des Art. 4 EU-Grundrechtecharta. Die im jeweiligen nationalen Asylsystem festzustellenden Mängel müssen dabei so gravierend sein, dass sie nicht lediglich singulär oder zufällig sind, sondern in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Dies kann einerseits darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System angelegt sind, andererseits aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Asylsystem - mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis - in weiten Teilen aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft defizitär ist und funktionslos wird (BVerwG, B.v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 5; BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 6 und 9).
Demgegenüber spielt es keine Rolle, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann oder ob ein Drittstaatsangehöriger schon einmal einer solchen Behandlung ausgesetzt gewesen ist. Zwar sind derartige Erfahrungen in die Gesamtwürdigung mit einzubeziehen, ob systemische Mängel im betreffenden Staat vorliegen, individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 EU-Grundrechtecharta verstoßenden Behandlung führen jedoch nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (BVerwG, B.v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris Rn. 6).
Bei Beachtung dieser Maßgaben geht das Gericht in Übereinstimmung mit der vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. z. B. OVG NW, U.v. 24.4.2015 - 14 A 2356/12.a; NdsOVG, B.v. 27.5.2014 - 2 LA 308/13; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; HessVGH, B.v. 28.2.2014 - 10 A 681/13.Z.A. - jeweils juris) nicht davon aus, dass im Falle der Republik Italien grundsätzliche systemische Mängel vorliegen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen und zur Anwendung von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO führen.
Dass Italien seine Asylbewerber aktiv unmenschlich oder erniedrigend behandeln würde und zwar nicht in Einzelfällen, sondern systemisch, wird von keiner Erkenntnisquelle gestützt. Vielmehr geht es im Falle Italiens ausschließlich darum, dass dort materielle Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nicht in ausreichendem Maße gewährleistet werden sollen. Insoweit geht es also nicht um einen Verstoß gegen Unterlassungspflichten, sondern um einen Verstoß gegen Gewährleistungsrechte, insbesondere Schutzpflichten, soweit sie aus Art. 4 Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK abgeleitet werden können (OVG NW, U.v. 24.4.2015 a. a. O., Rn. 29). Die Eintrittsschwelle von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 Grundrechtecharta wird jedoch durch Missstände im sozialen Bereich nur unter strengen Voraussetzungen überschritten (OVG NW a. a. O. Rn. 33).
Auch neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf das generelle Vorliegen solcher systemischer Mängel in Italien entnommen werden.
Dabei geht das Gericht von folgender Situation aus: Zuständig für die erste Unterbringung von Asylbewerbern sind in Italien die sogenannten CARA (Centri di Accoglienza per Richiedenti Asilo), in denen die Aufenthaltsdauer offiziell auf 35 Tage begrenzt ist, jedoch in der Praxis häufig auf bis zu sechs Monate verlängert wird. Daneben bestehen Unterbringungseinrichtungen des sogenannten SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati), in denen sich Asylsuchende, die nicht in CARA wohnen müssen, bis zur Entscheidung aufhalten. Dort kann die Aufenthaltsdauer um bis zu sechs Monate, bei Vorliegen besonderer Schutzbedürftigkeit um bis zu elf Monate verlängert werden (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 27.4.2015 - 8 L 1022/15.A - juris). Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich allerdings aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 45). Aktuell geht das Gericht davon aus, dass in den CARA ca. 10.000 Plätze zur Verfügung stehen, während nach Angaben des italienischen Innenministeriums in den SPRAR im September 2014 ca. 19.000 Plätze vorhanden waren. Außerdem gibt es in einigen Kommunen eigene nicht speziell für Asylsuchende betriebene Unterbringungsmöglichkeiten (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 27.4.2015 a. a. O.). Dem stehen allerdings allein für das Jahr 2014 63.000 Asylerstanträge in Italien gegenüber (vgl. Spiegel online). Gemäß dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien (im Folgenden: Länderbericht) vom Januar 2015 sind die verfügbaren Plätze zur Unterbringung noch immer nicht ausreichend, um alle Migranten und Asylbewerber aufzunehmen, so dass die Unterkünfte (sowohl die CARA als auch die Erstaufnahmezentren - CPSA) oft überfüllt sind (Länderbericht, S. 59). Der Bericht zeigt aber auch, dass alternative Unterbringungsformen in den letzten Monaten eingerichtet worden sind, um auf die hohe Zahl an Neuankömmlingen zu reagieren (Länderbericht, S. 61). Hinzu kommt ein Netzwerk privater Unterbringungsmöglichkeiten, welche nicht Teil des staatlichen Aufnahmesystems sind (Länderbericht, S. 62). Nach Auffassung des Gerichts bedeutet dies, dass zwischen den vorhandenen und den erforderlichen Plätzen derzeit jedenfalls keine so große Diskrepanz besteht, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehrern als unrealistisch zu erachten wäre (ebenso im Februar 2014 BayVGH, U.v. 28.2.2014 a. a. O.). Dementsprechend hält das Gericht an seiner Auffassung fest, dass jedenfalls grundsätzlich auch für Dublin-Rückkehrer in Italien jedenfalls nicht die Gefahr monatelanger Obdachlosigkeit oder fehlender Versorgung besteht und damit auch keine systemischen Mängel des italienischen Asylsystems gegeben sind (OVG NW, U.v. 24.4.2015 a. a. O. Rn. 31).
c) Jedoch gelten die oben dargestellten Grundsätze nur eingeschränkt für besonders schutzbedürftige Personen. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR (GK) U.v. 4.11.2014 - Tarakhel /Schweiz, Nr. 29217/12
Ähnlich sind auch die vom Antragsteller zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 17.9.2014 - 2 BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14
Dem folgend geht das Gericht davon aus, dass im Fall besonders schutzbedürftiger Personen für die Frage systemischer Mängel ein differenzierter Maßstab zugrunde zu legen ist. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass teilweise in der obergerichtlichen Rechtsprechung auch für den Kreis vulnerabler Personen systemische Mängel des italienischen Asylsystems ausdrücklich verneint werden. So hat der VGH Baden-Württemberg darauf hingewiesen, dass die Behandlung besonders verletzlicher Personen insgesamt als zufriedenstellend beschrieben werde, auch wenn kein förmliches System der Früherkennung dieses Personenkreises in das italienische Asylsystem implementiert sei (VGH Ba.-Wü., U.v. 16.4.2014 a. a. O. Rn. 55). Andererseits hält das entscheidende Gericht aber im Hinblick auf die zumindest hohe Auslastung der italienischen Aufnahmeeinrichtungen und die häufig kurzfristigen Änderungen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine abschließende Klärung der Frage systemischer Mängel im Hauptsacheverfahren jedenfalls dann für geboten, wenn ein Antragsteller im Eilverfahren hinreichend glaubhaft gemacht hat, zu einer besonders vulnerablen Personengruppe zu gehören.
d) Im Rahmen der in einem Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung spricht immerhin manches dafür, dass der Antragsteller aufgrund seiner durch ärztliches Attest glaubhaft gemachten Behinderung durch eine Fußwurzelamputation zu einer solchen vulnerablen Gruppe gehört und daher als besonders schutzbedürftig zu behandeln ist. Letztlich wird daher zu klären sein, wie schwerwiegend die durch die Behinderung folgende Beeinträchtigung tatsächlich ist, ob für den Personenkreis derartig behinderter Asylbewerber systemische Mängel des italienischen Asylsystems vorliegen, so dass eine Überstellung nach Italien unzumutbar ist bzw. ob die Möglichkeit besteht, eventuelle Zweifel an der Zumutbarkeit durch eine individuelle Zusicherung der italienischen Behörden auszuräumen. Die Klärung all dieser Fragen muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
2. Die mit Blick auf die offenen Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus, da die durch eine möglicherweise unrechtmäßige Abschiebung nach Italien folgende Beeinträchtigung des Antragstellers schwerer wiegt als der Aufschub oder Ausfall der Durchsetzung einer Überstellung in den an sich zuständigen Mitgliedsstaat. Insbesondere wird die grundsätzliche Wirksamkeit und Effektivität des gemeinsamen europäischen Asylrechts durch eine sich im Nachhinein als falsch herausstellende Unterbindung einer Überstellung im Einzelfall schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil die Dublin-Verordnungen ausdrücklich ein Recht zum jederzeitigen Selbsteintritt der Mitgliedsstaaten vorsehen und eine gemeinschaftsrechtliche Übernahmepflicht nicht besteht.
IV.
Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.