Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 02. Dez. 2014 - 5 K 491/14.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2014:1202.5K491.14.NW.0A
02.12.2014

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2013 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses vom 28. April 2014, soweit er sich auf diesen Bescheid bezieht, werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung zweier Kostenbescheide für Einsätze der Feuerwehr.

2

Er betreibt ein Seniorenzentrum, in dem er betreutes Wohnen für Senioren anbietet. Seit 2006 hat der Kläger in Absprache mit der Beklagten die Wohnungen mit Brandmeldeanlagen ausgestattet, die direkt die integrierte Leitstelle in K… alarmieren. Gleichzeitig werden über die Telefonanlage die Pflegekräfte alarmiert, die jedenfalls unter der Woche zu den Tagzeiten sofort zu den Appartements kommen können. Den Pflegekräften ist es seit dem Einbau der neuen Brandmeldeanlage nicht mehr möglich, einen Alarm zurückzusetzen, wenn sie innerhalb von drei Minuten vor Ort festgestellt haben, dass keine Brandgefahr besteht bzw. dass sie die Brandgefahr abwehren können. Die Appartements bestehen aus zwei Räumen, in denen drei Brandmelder installiert sind: In der Küche über dem Herd befindet sich ein thermischer Brandmelder, der Alarm schlägt, wenn an der Decke eine Temperatur von 60°C erreicht wird. Im Wohnzimmer vor der Küchentür ist ein optischer Rauchmelder angebracht, der auf Stoffe reagiert, die in der Luft die Sicht trüben, z. B. Rauch, Wasserdampf oder Staub. Nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung sind die Rauchmelder sehr empfindlich. Es komme auf die jeweilige Situation an, ob der Rauch dann bereits eine Gesundheitsgefahr darstelle. In dem Schlafraum ist ein weiterer optischer Brandmelder angebracht. Die Firma S…. installierte die Brandmelder nach allgemeinen technischen Vorgaben. Die Bewohner der Appartements werden nach Angaben des Klägers darauf hingewiesen, beim Kochen das Fenster zu öffnen, die Dunstabzugshaube einzuschalten und die Tür zum Wohnraum zu schließen. Die Bewohner seien jedoch alt und könnten sich möglicherweise nicht immer daran halten.

3

Bereits vor den zwei streitgegenständlichen Kostenbescheiden fuhren die Feuerwehrleute in den letzten Jahren häufiger zu dem Seniorenzentrum und stellten bei ihrer Ankunft vor Ort fest, dass keine Brandgefahr (mehr) bestand. In den letzten drei Jahren waren dies etwa 25 Einsätze, im Jahr 2014 gab es acht Einsätze dieser Art.

4

Dem Kostenbescheid für den ersten Einsatz liegt ein Vorfall am 8. März 2013 zugrunde. Bei der Leitstelle K….. ging ein Alarm ein, der von dem optischen Brandmelder im Wohnraum vor der Küche ausging. Dagegen schlug der thermische Melder in der Küche nicht an. Im Brandbericht der Feuerwehr vom 28. März 2013 ist vermerkt: „Kein Einsatz, da … angebranntes Essen.“ „Klassifikation Kleinbrand a“. Kleinbrand a ist in den Schulungsmaterialien der Landesfeuerwehrschule beschrieben als „Kleinbrand a Einsatz von einem Kleinlöschgerät (…) Kleinbrände sind die häufigsten Brände, zu denen jedoch nicht immer die Feuerwehr ausrücken muss.“ Des Weiteren ist im Brandbericht vermerkt: „Auslösung des Melders Linie 333/1 durch angebranntes Essen.“ „Anlage zurückgesetzt und Gebäude übergeben.“ „Zunächst in Brand gesetzter Stoff: Essen.“ Herr P…. von der Freiwilligen Feuerwehr E... ergänzte in seiner Stellungnahme vom 27. November 2014: „Die Brandmeldeanlage hat durch Rauch von angebranntem Essen ordnungsgemäß ausgelöst. (…) Nach Eintreffen an der Einsatzstelle war durch bereits durchgeführte Lüftungsmaßnahmen der Anwohner und des Personals für die Feuerwehr kein Einsatz mehr erforderlich!“ Nach Angaben der Pflegedienstleiterin Frau P…. in der mündlichen Verhandlung hatte die Bewohnerin Frau W…. ein Gericht mit Milch aufgesetzt, das angebrannt war. Die ganze Wohnung sei voller Rauch gewesen. Frau W…. habe die Situation nicht verstanden.

5

Dem Kostenbescheid für den zweiten Einsatz lag ein Vorfall am 30. März 2013 zugrunde. Wieder schlug der optische Melder im Wohnraum vor der Küchentür an, nicht aber der thermische Melder in der Küche. In dem Brandbericht der Feuerwehr vom 28. April 2013 heißt es dazu: „Kein Einsatz erforderlich, da angebranntes Essen. Rauchmelder löste aus.“ „11:49 Uhr angebranntes Essen, 11:51 Uhr keine Verrauchung, Rückbau.“ In seiner Stellungnahme vom 28. November 2014 führte der Gruppenführer der Feuerwehr, Herr S..., aus: „Bei Eintreffen der Wohnung war keine Verrauchung sichtbar. Pflegepersonal lüftete vor Ankunft die Wohnung, jedoch roch es nach angebranntem Essen, das sich in der Pfanne auf dem Herd wiederspiegelte. Für die Feuerwehr E... war somit kein Einsatz erforderlich.“ Bewohner des Appartements waren die Eheleute M…... Der Kläger konnte in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Angaben zu dem Sachverhalt machen. Seinen Vortrag in der Klageschrift hielt der Kläger nicht aufrecht, wonach entflammtes Fett in der Pfanne durch Wasser im Spülbecken gelöscht worden sei.

6

Aufgrund beider Einsätze erließ die Beklagte zwei Kostenbescheide vom 4. Juni 2013, in denen sie jeweils eine Einsatzkostenpauschale von 400,00 € bei Fehlalarm einer Brandmeldeanlage sowie Postgebühren für die Zustellung in Höhe von 3,50 € festsetzte.

7

Gegen beide Bescheide legte der Kläger mit Schreiben vom 11. Juli 2013 Widersprüche ein. Er brachte vor, es habe kein Falschalarm vorgelegen, sondern eine Gefahr, da Essen angebrannt sei. Die Kosten solle die Beklagte stattdessen von den Verursachern Frau W… und Eheleute M….. fordern.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2014, dem Kläger zugegangen am 2. Mai 2014, wies der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Donnersbergkreis die Widersprüche des Klägers zurück. Er führte aus, der Kläger sei als Eigentümer und Betreiber einer Brandmeldeanlage grundsätzlich verpflichtet, die anlagentypischen Risiken zu tragen, insbesondere bei Rauch, der nicht von einem Brand ausgehe. Der Alarm sei hier durch Küchendämpfe ausgelöst worden. Diese Problematik sei in der Wohnanlage des Klägers schon lange bekannt. Es liege im Verantwortungsbereich des Klägers, seine Brandmeldeanlagen so anzubringen und einzustellen, dass sie nicht bei Küchendämpfen auslösten. Es habe keine Gefahr für Dritte bestanden, lediglich die Gefahr eines angebrannten Essens.

9

Der Kläger hat am 2. Juni 2014 Klage erhoben. Er trägt vor, ein Falschalarm sei nach DIN VDE 0833-1 ein Alarm, dem keine Gefahr zugrunde liege. Bei den konkreten Einsätzen sei jedoch eine Gefahr gegeben gewesen. Außerdem habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Grundsätzlich sei der Verursacher der Gefahr in Anspruch zu nehmen für die Kosten.

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Er beantragt,

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die Bescheide der Verbandsgemeindeverwaltung E... vom 4. Juni 2013, Az.: Ebg. ... und Ebg... in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Kreisverwaltung D... vom 28. April 2014, Az.: ..., zugestellt am 2. Mai 2014, aufzuheben,

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die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Sie trägt vor, es liege ein Falschalarm vor, wenn lediglich Küchendämpfe den Brandmelder ausgelöst hätten. Sie hätten mit dem Kläger zusammen bereits versucht, die Alarmierung durch Küchendämpfe zu minimieren. Zudem legt sie eine E-Mail der Firma B... vor, wonach Brandmeldeanlagen neuester Generation Mehrfachkriterienmelder einsetzen könnten. So werde der Alarm bei Rauchdichte nur ausgelöst, wenn auch der thermische Brandmelder anschlage. Anlagen, die sechs Jahre alt oder älter seien, verfügten nicht über diese technische Möglichkeit. Je nach Anlage könne auch eine Zwei-Melder-Abhängigkeit geschaltet werden, so dass die Feuerwehr nur alarmiert werde, wenn zwei Melder auslösten. Dies müsse mit der Brandschutzdienststelle abgestimmt werden.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze und die Verwaltungsakten Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe

17

Die zulässige Klage hat in Bezug auf den Kostenbescheid für den ersten Einsatz Erfolg. Dieser Kostenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –). Der Kostenbescheid für den zweiten Einsatz ist dagegen rechtmäßig.

18

Ermächtigungsgrundlage für die Kostenbescheide ist § 36 Abs. 1 Nr. 6 Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz vom 2. November 1981 – LBKG –. Danach kann der Aufgabenträger die Kosten des Einsatzes verlangen von dem Eigentümer, Besitzer oder Betreiber einer Brandmeldeanlage, wenn diese einen Falschalarm auslöst. Nach § 3 Abs. 1 der Satzung über den Kostenersatz und die Gebührenerhebung für Hilfe und Dienstleistungen der Feuerwehr der Verbandsgemeinde E... – Feuerwehrsatzung – sind kostenersatzpflichtig alle Leistungen der Feuerwehr, die in § 36 Abs. 1 LBKG aufgeführt sind.

19

Im Falle des Kostenbescheids für den ersten Einsatz lag kein Falschalarm im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG vor. Dagegen ging die Beklagte bei dem Kostenbescheid für den zweiten Einsatz zu Recht von einem Falschalarm aus.

20

Was ein Falschalarm ist, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG. Der Kläger weist zur Definition eines Falschalarms auf die DIN VDE 08331 hin. Danach ist ein Falschalarm ein Alarm, dem keine Gefahr zugrunde liegt. Eine Unterklassifikation des Falschalarms ist der so genannte Täuschungsalarm, der durch Vortäuschung einer physikalischen und/oder chemischen Kenngröße eines automatischen Melders entstanden ist, z. B. durch Küchendämpfe (Quelle am 2. Dezember 2014 http://de.wikipedia.org/wiki/falschalarm). Diese technische Definition des Falschalarms muss jedoch rechtlich genauer bestimmt werden. Dabei ist der Zweck des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG maßgeblich zu berücksichtigen. Dieser soll auf der Primärebene – bei der Frage der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Eingriffs  eine wirksame Brandbekämpfung durch Brandmeldeanlagen ermöglichen. Auf der Sekundärebene – in Bezug auf die Kostenbelastung  sollen aber dem Betreiber die typischen technischen Risiken einer Brandmeldeanlage zugewiesen werden. Er haftet für den Zustand der technischen Anlage (vgl. zur Zurechnung bei der Anscheinsstörerhaftung Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, M Rn. 51). So hat der Betreiber einen Anreiz, einen Falschalarm zu vermeiden, indem er Lage und Sensibilität der Brandmelder richtig auswählt und gegebenenfalls ändert und auch technische Neuerungen nutzt, um Falschalarme zu vermeiden.

21

Nicht maßgeblich für die Auslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG ist der subjektive Gefahrbegriff auf der Primärebene. In beiden hier streitigen Fällen bestand auf Primärebene durchaus eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne, nämlich eine sog. Anscheinsgefahr. Für den Gefahrbegriff maßgeblich ist dabei die (subjektive) Einschätzung eines Feuerwehrmanns bzw. des Zuständigen bei der Leitstelle, wenn der Alarm ertönt. Ein umsichtiger Feuerwehrmann konnte hier im Zeitpunkt des Alarms davon ausgehen, dass eine Sachlage besteht, die in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für ein Rechtsgut führen wird (vgl. die polizeirechtliche Definition in Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 8. Aufl. 2013, § 3 Rn. 69). Je kürzer die Zeit ist, in der der Feuerwehrmann die Gefahrenlage einschätzen muss, je höherwertiger das Rechtsgut ist und je größer die Gefahr irreparabler Schäden für dieses Rechtsgut ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadens (vgl. Schenke, a.a.O., § 3 Rn. 77). Auch wenn im Zeitpunkt des Alarms objektiv keine Gefahr bestand, sind die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auf Grundlage der subjektiven Gefahrprognose rechtmäßig. Auch in solchen Fällen der Anscheinsgefahr liegt eine Gefahr vor, da die subjektive Prognoseentscheidung typischerweise einen ungewissen Schadenseintritt einschließt (vgl. Schenke, a.a.O., § 3 Rn. 80 f.).

22

Dagegen ist im Rahmen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG für die Definition des Falschalarms nicht der subjektive Gefahrbegriff maßgeblich. Hier - auf der Sekundärebene - ist bei der Beurteilung der Gefahrenlage objektiv vorzugehen und auf den erweiterten Wissenshorizont der Feuerwehr abzustellen (vgl. zum parallelen Problem der Anscheinsstörerhaftung im Polizeirecht Lisken/Denninger, a.a.O., M, Rn. 48 ff.). Demnach ist ausschlaggebend, ob aus Sicht eines umsichtigen Feuerwehrmanns, der objektiv die Verhältnisse vor Ort kannte, im Zeitpunkt des Alarms eine Gefahrenlage bestand. War das nicht der Fall, so lag ein Falschalarm vor.

23

Auch bei dieser objektiven Sicht kommt es nach dem Sinn und Zweck des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG auf den Zeitpunkt des Alarms an. Es kann dabei nicht berücksichtigt werden, ob der Betreiber oder Dritte nach dem Alarm im Einzelfall oder typischerweise selbst die Gefahr abwenden konnte. Würde ein Falschalarm nur deshalb angenommen, weil der Betreiber selbst die Gefahr wirksam bekämpft hat, so würde das Gesetz ein Verhalten mit der Kostenlast „bestrafen“, das dem Brandschutz dient. Umgekehrt würde, wenn man nur dann von einer objektiven Gefahr (und damit nicht von einem Falschalarm) ausginge, wenn diese von einem Dritten unbeeinflusst fortgewirkt hat – etwa wenn der Betreiber untätig bliebe , das Gesetz durch Kostenfreiheit ein Verhalten "belohnen“, mit dem Schäden für Rechtsgüter wahrscheinlicher und größer würden. Daher muss allein auf die objektiven Umstände zum Zeitpunkt des Alarms abgestellt werden; das Verhalten des Betreibers und Dritter muss außer Betracht bleiben.

24

Demnach ist für die Frage des Falschalarms nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG vorliegend in beiden Fällen zu untersuchen, ob im Zeitpunkt des Alarms aus Sicht eines umsichtigen Feuerwehrmanns objektiv eine Situation bestand, die in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für ein Rechtsgut führen konnte. Unberücksichtigt bleiben muss das Verhalten der Pflegekräfte vor Ort nach dem Alarm.

25

Der Brandbericht ist für diese Frage besonders aussagekräftig, denn die sachkundigen Feuerwehrleute können in der Regel verlässlich einschätzen, ob vor Ort eine Gefahrenlage bestand. Zwar schätzen die Feuerwehrleute die Sachlage nicht im Zeitpunkt des Alarms ein, sondern erst dann, wenn sie am Einsatzort eintreffen. Doch normalerweise besteht die Gefahrenlage dann weiterhin.

26

Bei den betreuten Appartements des Klägers ist jedoch die besondere Betreuungssituation zu berücksichtigen. Die Pflegekräfte sind unter der Woche zu den Tagzeiten typischerweise schneller vor Ort und ändern die Gefahrenlage, indem sie den Brand bekämpfen und lüften. Geht man davon aus, dass die Pflegekräfte in weniger als einer Minute am Appartement sein können, so waren sie im ersten Fall knapp zwölf Minuten und im zweiten Fall knapp elf Minuten vor der Feuerwehr vor Ort. In solchen Fällen erkennen die Pflegekräfte die Situation zunächst besser, auch wenn ihnen die besondere Sachkunde fehlt. Wenn die Feuerwehr eintrifft, kann sich die konkrete Situation schon so verändert haben, dass aus Sicht der Feuerwehr kein Einsatz mehr erforderlich ist, obwohl dies ursprünglich anders gewesen sein kann. Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der Alarmierung bei ungehindertem Fortgang mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zukunft ein Schaden für ein Rechtsgut eingetreten wäre. Dafür bedarf es – auf der Sekundärebene  zunächst der Einschätzung der tatsächlichen Gefahrenlage aus der Sicht eines objektiven Feuerwehrmanns zum Zeitpunkt des Alarms. Dazu muss also zunächst der Brandbericht herangezogen werden. Dessen Einschätzung kann jedoch entkräftet werden durch die Schilderungen der Pflegekräfte.

27

Nach diesen Kriterien sind die beiden Einsätze unterschiedlich zu beurteilen: Beim ersten Einsatz lag eine objektive Gefahr und kein Falschalarm vor, so dass der Kostenbescheid für den ersten Einsatz auf der Grundlage von § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG rechtswidrig ist. Bereits im Brandbericht zum ersten Einsatz spricht einiges dafür, dass zum Zeitpunkt des Alarms aus objektiver Sicht eine Gefahr bestand. Im Brandbericht ist vermerkt, dass ein „Kleinbrand a“ vorlag, bei dem das Essen in Brand geriet („Zuerst in Brand gesetzter Stoff: Essen“). In seiner Stellungnahme erklärt Herr P…, es sei kein Einsatz „mehr“ erforderlich gewesen „durch bereits durchgeführte Lüftungsmaßnahmen“. Dies deutet schon an, dass zunächst objektiv eine Gefahrenlage bestand und zum Zeitpunkt des Alarms bei ungehindertem Fortgang ein Einsatz erforderlich gewesen wäre. Der Vortrag der Pflegedienstleiterin P… in der mündlichen Verhandlung bestätigt dies. Danach habe die Bewohnerin Frau W…. ein Gericht mit Milch auf dem Herd vergessen und die Milchspeise sei angebrannt. Die ganze Wohnung sei voller Rauch gewesen. dass Frau W…. die Situation nicht verstanden habe. Danach gibt es hinreichend Anhaltspunkte für eine tatsächliche Brandgefahr und für eine Gesundheitsgefahr durch starken Rauch. Hinzu kommt, dass ein Schaden auch dadurch wahrscheinlicher wird, dass die betagte Bewohnerin die Gefahr selbst nicht gut erfassen konnte, wie Frau P… zusätzlich schilderte.

28

Dagegen lag beim zweiten Einsatz ein Falschalarm vor. Der Kostenbescheid dazu ist rechtmäßig. Hier ist schon im Brandbericht kein Brand vermerkt. Hier steht im Brandbericht auch nicht, dass ein Einsatz etwa nur „nicht mehr“ erforderlich war. Nach dem Brandbericht bestand zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Gefahr. Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass die Pflegekräfte zwischenzeitlich eine Brandgefahr oder eine Gesundheitsgefahr durch starke Verrauchung abgewehrt hätten. Dagegen spricht alles dafür, dass den Eheleuten M…. das Essen angebrannt war („das sich in der Pfanne auf dem Herd widerspiegelte“ laut Stellungnahme des Feuerwehrmanns S...). Bei offener Küchentür konnten Küchendämpfe und Rauch den Rauchmelder im Wohnraum auslösen. Die Einschätzung im Brandbericht und in der Stellungnahme des Feuerwehrmanns S... wurde nicht durch die Pflegekräfte des Klägers entkräftet. Dieser Einsatz war den Pflegekräften sowie den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Personen der Pflegedienstleitung sowie der Hauswirtschaftsleitung offenbar nicht als besondere Gefahr mitgeteilt worden oder in Erinnerung geblieben. An den zunächst gemachten Angaben in der Klageschrift (brennendes Fett in einer Pfanne sei im Abguss mit Wasser gelöscht worden), hielt die Klägerseite mündlichen Verhandlung nicht fest. Nach alledem verbleibt es hier daher bei der Gefahreinschätzung in dem sachkundigen Brandbericht, die klar dafür spricht, dass gar keine Gefahr und damit ein Falschalarm vorgelegen hatte.

29

Hinsichtlich eines Falschalarms im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Betreiber einer Brandmeldeanlage anlagespezifische Risiken tragen muss (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 4 LA 14/11 – bejaht bei Alarm durch Dusche, Deo oder Rauchen eines Herbergsgastes; HessVGH, Urteil vom 22. August 2007 – 5 UE 1734/06 – bejaht bei Küchendämpfen bei Reinigungsarbeiten; VG Ansbach, Urteil vom 13. Dezember 2007 – AN 5 K 07.01806 – bejaht bei diagnostischer Schwäche wegen Rußpartikeln durch Gabelstaplerabgase; VG Aachen, Urteil vom 30. November 2009 – 6 K 1608/09 – bejaht bei Kurzschluss oder ungeklärter Ursache; VG Magdeburg, Gerichtsbescheid vom 28. April 2014 – 7 A 63/12 – bejaht bei nicht erkennbarer Ursache; BayVGH, Urteil vom 8. Juli 2004 – 4 BV 03.617 – verneint bei Auslösen eines Handdruckmelders durch Kisten). Ein anlagespezifisches Risiko liegt insbesondere vor, wenn die Anlage technisch korrekt auf eine Sekundärerscheinung reagiert, die typischerweise mit einem Brand verbunden ist, wie z. B. Rauch, ohne dass ein Brand vorliegt.

30

Die Beklagte hat ihr Ermessen beim Kostenbescheid für den zweiten Einsatz auch pflichtgemäß ausgeübt.

31

Ihr Entschließungsermessen war gebunden nach § 3 der Feuerwehrsatzung (vgl. HessVGH, Urteil vom 22. August 2007 – 5 UE 1734/06 –).

32

Auch ihr Auswahlermessen hat sie ordnungsgemäß ausgeübt. Die Beklagte hätte nicht gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG die Bewohner der Appartements als Besitzer einer Brandmeldeanlage für die Kosten des Falschalarms heranziehen müssen. Die Beklagte hat fehlerfrei entschieden, dass gerade der Eigentümer und Betreiber der Brandmeldeanlage das anlagetypische Risiko tragen soll. Zwar befinden sich im Kostenbescheid dazu keine Ausführungen. Der Kreisrechtsausschuss konnte die Auswahlentscheidung aber noch im Widerspruchsbescheid begründen (§ 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –). Darin führte er aus, es liege im Verantwortungsbereich des Klägers, seine Brandmeldeanlagen so anzubringen und einzustellen, dass sie nicht durch Küchendämpfe ausgelöst würden. Die Problematik sei bei der Wohnanlage des Klägers seit langem bekannt. Ein solches strukturelles Problem bei dem Kläger als Betreiber des Seniorenzentrums ist ein sachlicher und nachvollziehbarer Grund dafür, den Kläger heranzuziehen und nicht die jeweiligen Bewohner der Appartements als Besitzer der Brandmeldeanlage. Denn gerade bei einem Seniorenzentrum liegt es fern, dass die wechselnden betagten Mieter die technischen Anlagen vor Ort einschätzen und einstellen können. Hinzu kommt, dass der Beklagten bei der Störerauswahl bewusst war, dass nur der Kläger die Brandmeldeanlagen überwachen und möglicherweise ändern kann, indem er dies mit der Kreisverwaltung abstimmt, die für den vorbeugenden Brandschutz zuständig ist. Dagegen haben die einzelnen Bewohner der Appartements keinen Einfluss auf das Brandschutzkonzept (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 4 LA 14/11 – zur fehlenden Kostenpflicht eines Herbergsgastes).

33

Die Beklagte konnte beim zweiten Einsatz entgegen der Ansicht des Klägers den Bewohnern des Appartements die Kosten auch nicht nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 LBKG auferlegen. Danach können die Aufgabenträger Ersatz der ihnen durch die Einsatzmaßnahmen entstandenen Kosten verlangen von „dem Verursacher, wenn er die Gefahr oder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat“. Denn auch der Gefahrbegriff in § 36 Abs. 1 Nr. 1 LBKG betrifft die Kostentragung auf der Sekundärebene und ist objektiv zu bestimmen. Danach bestand, wie ausgeführt, beim zweiten Einsatz objektiv zum Zeitpunkt des Alarms keine Brandgefahr. Also stellte sich auch nicht die Frage der Gefahrverursachung. Für den Fall eines Falschalarms durch eine Brandmeldeanlage enthält § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG gerade eine Spezialvorschrift, die dieses Risiko dem Eigentümer, Besitzer oder Betreiber zuweist (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 4 LA 14/11 – mit Zweifeln, aber letztlich offen lassend).

34

Selbst wenn aber § 36 Abs. 1 Nr. 1 LBKG entgegen der polizeirechtlichen Dogmatik auf Anscheinsstörer erweitert würde, hätte die Beklagte ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich schon, dass sie ohne Weiteres vorrangig die Betreiber der Brandmeldeanlage nach der Spezialvorschrift des § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG heranziehen konnte.

35

Die Höhe der Kostenforderungen bestimmt sich gemäß § 36 Abs. 4 LBKG in Verbindung mit der Anlage zur Feuerwehrsatzung vom 1. Januar 2012 Ziffer V Nr. 1. Danach fallen bei „Fehlalarm bei Brandmeldeanlagen“ Einsatzkosten in Höhe von 400,00 € an. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

36

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

37

Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren war  soweit die Klage erfolgreich ist  gemäß § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, da der Kläger im Vorverfahren rechtskundiger Unterstützung bedurfte.

38

Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

39

Beschluss

40

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 807,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

41

Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

42

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

43

Die Beschwerde ist bei dem bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.

44

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. S. 33) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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Verwaltungsgericht Magdeburg Gerichtsbescheid, 28. Apr. 2014 - 7 A 63/12

bei uns veröffentlicht am 28.04.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Gebühren für das Ausrücken der Feuerwehr am 13.6.2011. 2 Die Klägerin ist Eigentümerin des Gebäudes A-Straße in A-Stadt, das mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet ist,

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Gebühren für das Ausrücken der Feuerwehr am 13.6.2011.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Gebäudes A-Straße in A-Stadt, das mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet ist, die ihre Signale an die Feuerwehr der beklagten Landeshauptstadt sendet.

3

Die Beklagte hält als gemeindliche Einrichtung eine Feuerwehr vor und erhebt Gebühren und Auslagen nach der „Satzung der Landeshauptstadt A-Stadt (LHMD) über die Erhebung von Kostenersatz für die Dienst- und Sachleistungen außerhalb der unentgeltlich zu erfüllenden Pflichtaufgaben und über die Gebührenerhebung für die freiwillige Inanspruchnahme von Leistungen der Feuerwehr der LHMD (Feuerwehrbenutzungs- und Gebührensatzung)“ vom 15.3.2007. Danach sind Einsätze bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger grundloser Alarmierung sowie Fehlalarmierungen durch Brandmeldeanlagen kostenerstattungspflichtig.

4

Am 13.6.2011 um 14:45 Uhr löste die automatische Brandmeldeeinrichtung in dem Gebäude der Klägerin einen Alarm aus, der bei der Berufsfeuerwehr A-Stadt einging und das Ausrücken der Feuerwehr der Beklagten auslöste. Bei der Überprüfung des Alarmes wurde festgestellt, dass die Brandmeldeanlage im Treppenhaus (Melder 2 der Meldegruppe 3) aus nicht erkennbarer Ursache den Alarm ausgelöst hatte. Ein Brand konnte nicht festgestellt werden. Zum Einsatz kamen 14 Einsatzkräfte mit zwei Löschfahrzeugen, einer Drehleiter und einem Einsatzwagen. Die Brandmeldeanlage wurde durch Kräfte der Feuerwehr zurückgesetzt und an Herrn B. vom Sicherheitsdienst übergeben.

5

Wegen des damaligen Fehlalarms wurden der Klägerin von der Beklagten durch den hier streitbefangenen Gebührenleistungsbescheid vom 21.6.2011 Feuerwehrgebühren in Höhe von 577,25 € in Rechnung gestellt. Es wurde der Einsatz von 14 Kameraden a 58,00 Euro/Stunde, einer Drehleiter a 139,00 Euro/Stunde, eines Löschfahrzeugs TLF a 67,49 Euro/Stunde, eines Löschfahrzeugs LF/TLF a 100,00 Euro/Stunde und eines Einsatzleitwagens ELW a 36,00 Euro/Stunde für die Dauer einer halben Stunde zu Grunde gelegt.

6

Der dagegen erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 5.3.2012, zugestellt am 9.3.2011, zurückgewiesen.

7

Die Klägerin hat am 4.4.2012 Klage erhoben, die sie im Wesentlichen damit begründet, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, was sich bereits daraus ergebe, dass pauschal auf § 22 Abs. 3 und 4 BrSchG LSA verwiesen werde, ohne diese Vorschrift auf den vorliegenden Lebenssachverhalt zu subsumieren. Auch der Widerspruchsbescheid setze sich nicht mit der Vorschrift des § 22 Abs. 4 Nr. 4 BrSchG LSA auseinander. § 22 Abs. 3 BrSchG LSA enthalte nach Auffassung der Klägerin lediglich eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer entsprechenden Satzung. Für die Kostentragungspflicht sei erforderlich, dass ein Einsatz der Feuerwehr grundlos vorsätzlich oder grob fahrlässig ausgelöst worden sei. Das sei nicht der Fall. Ein eventuelles Verschulden der Wartungsfirma beziehungsweise deren Beschäftigten müsse sich die Klägerin nicht als eigenes Verschulden zurechnen lassen. Es werde auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 28.3.2000 – 5 A 5185/98 – verwiesen. Die Klägerin habe weder grobfahrlässig noch vorsätzlich im Hinblick auf den Fehlalarm gehandelt. Die Brandmeldeanlage werde regelmäßig durch eine Fachfirma gewartet. Die landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage regele in § 22 Abs. 4 BrSchG LSA ausdrücklich, dass nur derjenige kostenerstattungspflichtig sei, der vorsätzlich oder grob fahrlässig grundlos den Einsatz einer Feuerwehr auslöse. Die Regelung in der Satzung der Beklagten, wonach beim Ausrücken der Feuerwehr im Falle des Fehlalarms durch Brandmeldeanlagen der Eigentümer dieser Anlage kostenpflichtig sei, finde in der Ermächtigungsgrundlage keine (ausreichende) rechtliche Grundlage.

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Die Klägerin beantragt:

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1. Der Bescheid der Beklagten vom 21.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2012 wird aufgehoben.

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2. Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin 577,25 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab 21.7.2011 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Nach ihrer Auffassung ist der streitgegenständliche Gebührenbescheid auf der Grundlage des § 22 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 3 BrSchG LSA in Verbindung mit den einschlägigen Regelungen der Feuerwehrbenutzungs- und Gebührenordnung der Landeshauptstadt A-Stadt rechtmäßig ergangen. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, das Ausrücken der Feuerwehr bei Fehlalarmen durch Brandmeldeanlagen als kostenpflichtigen Tatbestand zu führen. Die Klägerin habe als Eigentümerin der Brandmeldeanlagen den Fehlalarm zu verantworten. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig beziehe sich auf einen anderen Sachverhalt, bei dem es maßgeblich um die Verhaltensweise der dortigen Klägerin gegangen sei. Die Höhe des Kostenansatzes sei entsprechend des Kostentarifes in der Anlage zur Feuerwehrbenutzungs- und Gebührenordnung berechnet worden. Eine unbillige Härte, die ausnahmsweise das Absehen von der Geltendmachung des Kostenersatzes gebiete, sei nicht gegeben.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten.

Entscheidungsgründe

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Das Gericht entscheidet beim Vorliegen der Voraussetzungen gem. § 84 VwGO nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid.

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Der angefochtene Gebührenbescheid der Beklagten vom 21.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Rechte der Klägerin nicht. Er unterliegt nicht der Aufhebung (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

18

Der angefochtene Bescheid findet seine gesetzliche Grundlage in § 22 Abs. 3 und 4 Nr. 3 des Brandschutz- und Hilfeleistungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt – BrSchG - in Verbindung mit den §§ 1 Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 4, 3 Nr. 4 der „Satzung der Landeshauptstadt A-Stadt (LHMD) über die Erhebung von Kostenersatz für die Dienst- und Sachleistungen außerhalb der unentgeltlich zu erfüllenden Pflichtaufgaben und über die Gebührenerhebung für die freiwillige Inanspruchnahme von Leistungen der Feuerwehr der LHMD (Feuerwehrbenutzungs- und Gebührensatzung)“ vom 15.3.2007, veröffentlicht im Amtsblatt der Landeshauptstadt A-Stadt Nr. 13 vom 30.4.2007 – im Weiteren: FwGebS -.

19

Nach § 22 Abs. 3 BrSchG können für andere als die im Absatz 1 der Vorschrift genannten Leistungen (Brände, Notstände, Hilfeleistung zur Rettung von Menschen oder Tieren aus Lebensgefahr) Landkreise und Gemeinden Kostenersatz nach Maßgabe einer Satzung verlangen, wobei sie Pauschalbeträge festlegen können; Kostenersatz soll nicht verlangt werden, soweit das Verlangen eine unbillige Härte wäre. Kostenerstattungspflichtig ist gemäß § 22 Abs. 4 Nr. 3 BrSchG derjenige, in dessen Auftrag oder in dessen Interesse die Leistungen erbracht werden.

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Die Beklagte hat von der in § 22 Abs. 3 BrSchG enthaltenen Ermächtigung durch Erlass ihrer Feuerwehrbenutzungs- und Gebührensatzung Gebrauch gemacht. Die Satzung hält sich an die landesrechtlichen Vorgaben. Danach ist das Ausrücken der Feuerwehr bei Fehlalarmierungen durch Brandmeldeanlagen kostenersatzpflichtig, wobei das Ausrücken als Leistung der Feuerwehr zu sehen ist (§ 2 Nr. 4 FwGebS). Kostenersatzpflichtig ist beim Ausrücken der Feuerwehr bei Fehlalarmierung durch Brandmeldeanlagen nach § 2 Nr. 4 der Satzung der Eigentümer der Anlage (§ 3 Nr. 4 FwGebS).

21

Im vorliegenden Falle lag weder ein Brand noch ein Notstand oder aber die Notwendigkeit der Hilfeleistung zur Rettung von Menschen oder Tieren aus Lebensgefahr vor. Mithin durfte die Beklagte die Fehlalarmierung durch Brandmeldeanlagen als kostenpflichtige Leistung der Feuerwehr in der in Rede stehenden Gebührensatzung regeln.

22

Die unstreitige Auslösung des Alarms durch die Brandmeldeanlage der Klägerin war kausal für das Ausrücken der Feuerwehr der Beklagten, das die Beklagte in ihrer Satzung als Leistung der Feuerwehr normiert hat.

23

Die Kostenersatzpflicht des Betreibers einer privaten Brandmeldeanlage setzt ein Verschulden nicht voraus (VG Freiburg, Urteil vom 20.10.2009 – 3 K 2369/08 – in: juris). Dem Anlagenbetreiber werden die Risikofälle eines Falschalarms, die tatsächlich nicht auf einem Brand beruhende Ansprache eines Meldedetektors, die Sensibilität der Anlage für externe Defekte und die jedem elektr(on)ischen Gerät immanente Möglichkeit des Auftretens von Störungen als von ihm adäquat zu verantwortende Ursachen zugewiesen (VG München, Urteil vom 16.5.2007 – M 7 K 06.3053 – in: juris).

24

Weil die Gebührenforderung verschuldensunabhängig ist, kommt es für die Kostentragungspflicht nicht darauf an, dass der Einsatz der Feuerwehr grundlos vorsätzlich oder grob fahrlässig ausgelöst wurde. Der grundlos veranlasste Einsatz der Feuerwehr ist als entgeltliche Pflichtaufgabe in § 2 Nr. 5 FwGebS gesondert geregelt mit der Folge der Kostenpflicht nach § 3 Nr. 5 FwGebS. Um diesen Fall geht es vorliegend nicht.

25

Das Verwaltungsgericht Braunschweig hatte sich in dem von dem Beteiligten angesprochenen Urteil vom 28.3.2000 – 5 A 5185/98 – mit dem Verhalten der Klägerin und der Frage, ob ein fahrlässiges oder grob fahrlässiges Verhalten vorlag, zu befassen. Es hat in der Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass die vorsätzliche oder grob fahrlässige grundlose Alarmierung der Feuerwehr durch eine automatische Brandmeldeanlage sehr wohl kostenersatzpflichtig nach einer Satzung in Verbindung mit dem BrandSchG ND sein könne. Zu einer Haftung könne man jedoch nicht allein durch die Darlegung wiederholter falscher Alarme in Verbindung mit der Behauptung unterlassener Wartung oder Reparatur gelangen.

26

Diese Entscheidung lässt sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen, weil die Gebührenpflicht nicht an ein Verhalten der Klägerin (wiederholte Fehlalarmierungen in der Vergangenheit, Behauptung unterlassener Wartung) angeknüpft, sondern an den verschuldensunabhängigen Tatbestand, dass durch die Fehlalarmierung eine Leistung der Feuerwehr erforderlich wurde, die in dem Ausrücken besteht. Da der Betreiber einer privaten Brandmeldeanlage, die automatisch ihre Signale an die Feuerwehr sendet, den Einsatz der Feuerwehr zum Zwecke der Bekämpfung eines (vermeintlichen) Brandes erwartet, muss er sich die Fehlfunktion der Anlage, die darin besteht, dass ein nicht begründeter Alarm (Fehlalarm) ausgelöst wird, zurechnen lassen. Da die Gebührenpflicht verschuldensunabhängig ist, kommt es nicht darauf an, dass die Anlage ordnungsgemäß gewartet wurde. Hier hat die Feuerwehr im Interesse der Klägerin als Eigentümerin des Gebäudes gehandelt (vgl. § 22 Abs. 4 Nr. 3 BrSchG). Sie hat auch den – für eine Geschäftsführung ohne Auftrag erforderlichen – Fremdgeschäftsführungswillen gehabt.

27

Der Gebührenbescheid begegnet auch der Höhe nach keinen rechtlichen Bedenken. Der Kostenansatz ist in der mit dem streitgegenständlichen Bescheid veranlagten Höhe für die einzelnen Leistungen (Personalleistungen, Einsatz von Fahrzeugen) in der Anlage zu § 1 Abs. 2 FwGebS geregelt. Nach § 5 FwGebS Satz 2 a) werden Zeiteinheiten von der 5. Minute an als halbe Stunden berechnet. Im Übrigen obliegt es der pflichtgemäßen Entscheidung des Einsatzleiters, mit wie vielen Kameraden und welcher Technik ausgerückt wird. Ermessensfehler sind vorliegend nicht ersichtlich. Da der durch den Alarm ausgelöste sofortige Einsatz naturgemäß die vorherige Aufklärung des Bedarfs an Personal und Technik ausschließt, begegnet der veranschlagte Aufwand keinen Bedenken.

28

Daher muss der Klage der Erfolg versagt bleiben, wobei der Misserfolg des Klageantrags zu 1. denjenigen des Klageantrags zu 2. nach sich zieht.

29

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 154 Abs. 1 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 84 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

31

Die Streitwertfestsetzung wird auf § 52 Abs. 3 GKG gestützt.


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.