Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 08. Jan. 2013 - 4 L 1053/12.NW

ECLI: ECLI:DE:VGNEUST:2013:0108.4L1053.12.NW.0A
published on 08.01.2013 00:00
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 08. Jan. 2013 - 4 L 1053/12.NW
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Gericht

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die bauaufsichtlichen Anordnungen in den Ziffern 1 und 2 des Bescheides des Antragsgegners vom 13. November 2012 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der sinngemäße Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärten bauaufsichtsrechtlichen Anordnungen des Antragsgegners in Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 13. November 2012 wiederherzustellen, ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft und auch ansonsten zulässig.

2

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

3

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Nutzung seines Wochenendhauses „für die Dauer des fehlenden Brandschutzes gemäß § 81 Landesbauordnung (LBauO) zu Übernachtungszwecken (d.h. für das Schlafen in der Nacht und am Tage), ab sofort, spätestens jedoch ab Zugang dieses Bescheides, untersagt“ (Ziffer 1 des Bescheids vom 13. November 2012) und ihm zudem alle Handlungen verboten, die zu einer Brandgefahr führen können, insbesondere das Hantieren mit offenem Feuer, leicht entzünd- oder brennbaren Stoffe, das Heizen mit festen Brennstoffen sowie die Nutzung von Gasflaschen mit offener Flamme (Ziffer 2). Begründet hat der Antragsgegner diese bauaufsichtlichen Maßnahmen damit, dass das Grundstück wegen des unzureichenden Zustandes der Wege des Wochenendhausgebiets im Falle eines Brandes für Feuerwehrfahrzeuge mit einer Achslast von 10 Tonnen und einem Gesamtgewicht von 16 Tonnen nicht bei jeder Witterung erreichbar sei. Das Interesse des Antragstellers, diesen Anordnungen während des anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens nicht Folge leisten zu müssen, überwiegt das öffentliche Interesse an deren sofortigem Vollzug.

4

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 581). Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Dies ist vorliegend nach Auffassung der Kammer der Fall, denn der Antragsgegner hat bei der angefochtenen bauaufsichtlichen Verfügung nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt, dass für das Wochenendhaus des Antragstellers mit Bauschein vom 13. Oktober 1970 eine Baugenehmigung erteilt wurde.

5

Die angefochtenen bauaufsichtlichen Verfügungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 13. November 2012 sind gestützt auf § 81 Satz 1 LBauO. In dieser Vorschrift findet das Vorgehen des Antragsgegners als Bauaufsichtsbehörde jedoch keine hinreichende Grundlage.

6

Nach § 81 Satz 1 LBauO kann die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung von baulichen Anlagen verlangen oder ihre Benutzung untersagen, wenn die Anlagen gegen baurechtlichen oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über ihre Errichtung, ihre Änderung, ihre Instandhaltung oder ihre Nutzungsänderung verstoßen und auf andere Weise nicht rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Der Erlass einer solchen Beseitigungs- oder Nutzungsuntersagungsverfügung ist aber nur dann zulässig, wenn die bauliche Anlage sowohl formellem als auch materiellem Recht widerspricht, d.h. formell und materiell illegal ist. Eine Baugenehmigung verleiht nämlich einem Vorhaben Bestandsschutz. Im genehmigten Umfang ist die bauliche Anlage „baupolizeifest“ (vgl. Jeromin, LBauO Rh-Pf, Kommentar, 3. Auflage 2012, § 70 Rdnr. 61). Die Bauaufsichtsbehörde kann daher weder die Beseitigung einer baulichen Anlage verlangen noch ihre Nutzung untersagen, wenn diese Anlage zwar dem materiellen Recht widerspricht, sie aber auf der Grundlage einer wirksamen Baugenehmigung errichtet wurde und in deren Rahmen genutzt wird (vgl. Lang in Jeromin, a.a.O., § 81 Rdnrn. 61 und 7 m.w.N.).

7

Dementsprechend kann der Antragsgegner dem Antragsteller nicht nach § 81 Satz 1 LBauO die Nutzung seines Wochenendhauses zu Übernachtungszwecken (d.h. für das Schlafen in der Nacht und am Tage) untersagen (Ziffer 1 des Bescheids vom 13. November 2012), da der Antragsgegner mit Bauschein vom 13. Oktober 1970 die Errichtung dieses Wochenendhauses genehmigt hat und von dieser Genehmigung auch die Nutzung des Gebäudes zum (nicht dauernden, aber gelegentlichen) Übernachten gedeckt ist. Gleiches gilt auch für das Verbot aller Handlungen, die zu einer Brandgefahr führen können (Ziffer 2). Diese bauaufsichtliche Verfügung, die im Übrigen wohl zu unbestimmt sein dürfte, betrifft nämlich auch Tätigkeiten, wie z.B. das Heizen mit festen Brennstoffen, die Nutzung von Gasflaschen oder das Hantieren mit leicht entzünd- oder brennbaren Stoffen, die von der genehmigten Nutzung als Wochenendhaus mit umfasst sind.

8

Auch in § 85 LBauO finden die angefochtenen bauaufsichtlichen Maßnahmen keine rechtliche Grundlage. Zwar kann nach § 85 Abs. 1 Satz 2 LBauO bei genehmigten baulichen Anlagen im Falle von Gefahr im Verzug ihre Benutzung eingeschränkt oder untersagt werden. Eine solche Benutzungseinschränkung oder –untersagung setzt aber den Erlass von vollziehbaren nachträglichen Anforderungen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO voraus (vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 17. September 2002 - 4 L 2334/02.NW -; Jeromin, a.a.O., § 85 Rdnr. 10), an denen es vorliegend fehlt.

9

Im Falle des genehmigten Wochenendhauses käme daher allenfalls ein Einschreiten der zuständigen Ordnungsbehörde nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz in Betracht, wenn von der baulichen Anlage eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, für die der Antragsteller Verantwortung im polizeirechtlichen Sinne trägt. Auch insoweit bestehen aber bei der Kammer Zweifel, weil vorliegend die Probleme bei einer Brandbekämpfung ihre Ursache nicht in der Beschaffenheit des Wochenendhauses, sondern in dem Zustand der Straßen des Wochenendhausgebietes haben. Die Beschaffenheit dieser Anlagen und die damit verbundenen Probleme dürften nämlich primär in den Verantwortungsbereich des Planungs- bzw. Erschließungsträgers fallen (vgl. auch VGH Mannheim, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 1 S 1401/11 -).

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 25.10.2012 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 30.11.2010 - 3 K 1259/08 - geändert. Ziffer 1 der Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 23.06.2008 wird aufgehoben.Der Beklagte trägt die Kosten des Ve
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Annotations

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.