Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 05. März 2010 - 1 L 203/10.NW
Gericht
Tenor
Der Antrag auf Gewährung von vorläufigem Rechtschutz wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 1.500 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, ist statthaft. Mit ihrem Eilrechtschutzersuchen wendet sich die Antragstellerin gegen den Vollzug der Abschiebungsandrohung aus dem rechtskräftigen Bundesamtsbescheid vom 1. September 2003, die das Bundesamt mit dem Änderungsbescheid vom 24. Februar 2010 um Armenien als primärem Abschiebezielstaat erweitert hat (vgl. hierzu etwa VG Lüneburg, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 1 B 55/05 - juris; OVG SA, Beschluss vom 13. August 2008 - 2 L 12/08 -, InfAuslR 2009, 40 ff.; VGH BW; Beschluss vom 13. September 2007 - 11 S 1684/07 -, VBlBW 2008, 32; Funke-Kaiser, in GK-AsylVfG, § 59 Rnr. 58 AsylVfG). Vorläufiger Rechtschutz im Umfange der erfolgten Ergänzung ist der Antragstellerin dabei im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren. Denn der Ergänzungsbescheid vom 24. Februar 2010 enthält eine neue potenziell belastende Regelung. Diese wird mit der Klage vom 2. März 2010 angegriffen und könnte daher nach § 80 Abs. 5 VwGO auch Gegenstand einer gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage sein.
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Der Klage kommt nach § 75 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu. Sie hat eine Änderung der Abschiebungsandrohung zum Gegenstand, über die nach asylrechtlichen Bestimmungen zu entscheiden ist (§ 34 AsylVfG). Aufschiebende Wirkung gegen Entscheidungen nach dem Asylverfahrensgesetz hat eine Klage aber nur in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags nach § 38 Abs. 1 oder nach § 73 AsylVfG. Beide Fälle greifen hier nicht ein, insbesondere ist in dem Bescheid vom 2. März 2010 nicht die Ablehnung eines Asylantrags im Sinne der § 38 Abs. 1 i.V.m. §13 AsylVfG zu sehen, weil Gegenstand des asylrechtlichen Änderungsbescheid nur die Abschiebungsandrohung ist.
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Der so verstandene Eilantrag ist allerdings wegen des fehlenden Eilrechtschutzinteresses unzulässig. Eine Abschiebung ist derzeit nämlich nicht möglich. Ein Abschiebungszeitpunkt ist nicht konkret vorhersehbar. Denn der Antragsgegner ist nicht im Besitze eines zur Rückführung der Antragstellerin nach Armenien erforderlichen gültigen Nationalpasses. Der Pass der Antragstellerin ist infolge Fristablaufs ungültig geworden. Der Antragsgegner ist auch nicht in den Besitz sonstiger gültiger Rückreisepapiere für die Antragstellerin gelangt. Dies hat zur Folge, dass ihrer Abschiebung ein tatsächliches Abschiebungshindernis entgegen steht. Ein Bedürfnis für eine Eilentscheidung ist derzeit auch mit Blick auf eine eventuell künftige Abschiebungslage zu verneinen, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt, zu welchem das Fehlen geeigneter Rückreisepapiere andauert, und der Zeitpunkt aufenthaltsbeendender Maßnahmen offen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 30 RVG.
Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.
(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.