Verwaltungsgericht Münster Urteil, 28. Juni 2016 - 6 K 1276/15

Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d :
2Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch darauf zusteht, der Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen zuzustimmen.
3Bei dem am 00.00.0000 geborenen Beigeladenen stellte das Sozialamt des Kreises T. mit Bescheid vom 14. Dezember 2011 einen Grad der Behinderung von 50 fest. Nach dem Feststellungsbescheid beruht die Behinderung auf seelischen Leiden (Zwangsstörung und Depression) sowie Bluthochdruck. Seit Mitte 2011 befindet er sich in ambulanter verhaltenstherapeutischer Behandlung bei der Fachärztin für Innere Medizin und Psychotherapie Frau X. -L. in P. . Er ist verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Der Kläger arbeitet seit dem 1. August 1982 als Kundenberater bei der Klägerin. Seit dem 1. Januar 2012 wird er als einziger Kundenberater in der Filiale M. eingesetzt. Seit März 2014 ist er arbeitsunfähig erkrankt.
4Nach dem mit dem Beigeladenen abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 6. Dezember 2011 gelten für ihn folgende Arbeitszeiten: Montags, dienstags, mittwochs und freitags: 08:00 Uhr – 12:45 Uhr und von 14:00 Uhr – 17:00 Uhr, donnerstags: 08:00 Uhr – 12:45 Uhr und von 14:00 Uhr – 18:30 Uhr. Nach § 12 des Arbeitsvertrages ist dem Beigeladenen ein Betreten der Geschäftsräume außerhalb dieser Zeiten untersagt.
5Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 4. März 2014 beim Beklagten die Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen, hilfsweise zur ordentlichen Kündigung des Beigeladenen zum Ablauf des 31. Dezember 2014. Zur Begründung gab sie an: Der Beigeladene sei am 4. Februar 2014 in der Zeit von 14:06 Uhr bis 17:57 Uhr in der Filiale M. gewesen, obwohl er sich bereits ab 14:00 Uhr und spätestens bis 17:00 Uhr dort hätte aufhalten dürfen. Am 11. Februar 2014 habe der Beigeladene sich in der Zeit von 13:55 Uhr bis 17:44 Uhr in den Geschäftsräumen der Filiale M. befunden. Das Ende seiner Arbeitszeit sei 17:00 Uhr gewesen. Am 14. Februar 2014 habe er sich in der Zeit von 13:37 Uhr bis 17:31 Uhr in der Filiale aufgehalten. Um 18:16 Uhr sei der Beigeladene in die Filiale zurückgekehrt und habe sich bis um 20:41 Uhr dort aufgehalten. Am 19. Februar 2014 sei er von 13:41 Uhr bis 17:16 Uhr in der Filiale gewesen. Seine Arbeitszeit habe um 17:00 Uhr geendet. Am gleichen Tag sei er um 19:34 Uhr in die Geschäftsräume zurückgekehrt und sei dort bis um 20:04 Uhr geblieben. Bei einer diesbezüglich anberaumten Anhörung am 26. Februar 2014 habe der Beigeladene erklärt: Teils könne er sich nicht an den Grund seines Aufenthalts erinnern, teils habe er E-Mails beantwortet. Bereits in den Jahren 2010 bis 2012 sei der Beigeladene wegen wiederholter Überschreitungen der Arbeitszeit abgemahnt worden. Durch sein Verhalten verstoße er wiederholt und nachhaltig gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Sein arbeitsvertragswidriger Aufenthalt in den Geschäftsräumen begründe ein Sicherheitsrisiko für das Inventar und die Wertgegenstände in den Filialräumen. Darüber hinaus berge die Anwesenheit des Beigeladenen in den Abendstunden die Gefahr von Straftaten.
6In der vom Beklagten eingeholten fachärztlichen Stellungnahme vom 7. März 2014 führte die behandelnde Ärztin Frau T1. X. -L. aus: Der Beigeladene leide unter einer schweren Zwangserkrankung mit multiplen Zwangshandlungen sowie unter einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung. Das Nicht-Befolgen-Können von Regeln wie pünktliches Verlassen des Arbeitsplatzes, Löschen großer Mengen E-Mails ohne intensives Durcharbeiten, Ausfüllen von Gesprächsprotokollen in bestimmter Zeit sei dem Beigeladenen eindeutig durch die Zwangserkrankung und zwanghafte Persönlichkeit nicht möglich. So müsse z.B. jede E-Mail von ihm vor dem Löschen mehrfach gelesen werden, um sicher zu gehen, dass keine wichtigen Daten verloren gehen. Die Büroräume und die Tür müssten vor dem Verlassen der Bank mehrfach kontrolliert werden, was sehr zeitaufwändig sei. In der Therapie habe der Beigeladene aber stetig Fortschritte gemacht. Er sei kooperativ und bereit, auch eine stationäre Therapie aufzunehmen, obwohl dies für ihn aufgrund seiner Biographie fast unerträglich sei.
7Der Betriebsrat erhob mit Schreiben vom 6. März 2014 Bedenken gegen eine fristlose Kündigung, einer ordentlichen fristgemäßen Kündigung stimmte er hingegen zu.
8Mit Bescheid vom 18. März 2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ab. Zur Begründung führte er unter dem 29. April 2014 aus: Zwischen der Behinderung des Beigeladenen – nämlich der Zwangsstörung – und dem dem Beigeladenen von der Klägerin vorgeworfenen Verhalten bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang. Damit greife die Soll-Vorschrift des § 91 Abs. 4 SGB IX nicht ein, sodass der Beklagte im Rahmen seiner Entscheidung die Interessen der Klägerin und des Beigeladenen abzuwägen habe. Zwar sei das Interesse der Klägerin an der Kündigung nachvollziehbar. Insbesondere habe sie sowohl durch Abmahnungen als auch durch Einbindung der Fachstelle behinderte Menschen im Beruf und des Integrationsfachdienstes versucht eine Verhaltensänderung des Beigeladenen zu erwirken. Aber nach der Versetzung des Beigeladenen seien die Hilfe der Fachstelle behinderte Menschen im Beruf und des Integrationsfachdienstes nicht mehr in Anspruch genommen worden. Die Klägerin habe unter Berücksichtigung des Zusammenhangs zwischen dem vorgetragenen Kündigungsgrund und der anerkannten Behinderung nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Änderung des Verhaltens des Beigeladenen herbeizuführen. Dementsprechend überwögen die Interessen des Beigeladenen, da dieser bereits 31 Jahre bei der Klägerin arbeite, verheiratet und unterhaltspflichtig gegenüber seinen zwei Kindern sei und sich darüber hinaus zu einer Therapie bereit erklärt habe.
9Die Klägerin erhob am 17. April 2014 Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. März 2014. Diesen begründet sie unter dem 19. Juni 2014 damit, dass die Entscheidung ermessensfehlerhaft sei. Der Beigeladene habe nicht nur wiederholt und nachhaltig gegen arbeitgeberseitige Weisungen und die Regeln des Arbeitsvertrages verstoßen. Er habe vielmehr damit auch den Straftatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt und systematisch die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes unterlaufen. Dieses Verhalten stehe in keinem Zusammenhang mit der Behinderung des Beigeladenen. Dementsprechend sei das Ermessen der Beklagten gem. § 91 Abs. 4 SGB IX reduziert. Jedenfalls lägen Ermessenfehler vor. Die von dem Beklagten vorgenommenen Erwägungen seien nur im Rahmen der arbeitsrechtlichen Prüfung der Sozialwidrigkeit der Kündigung vorzunehmen. Darüber hinaus könne das Bestehen einer Schwerbehinderung nicht im Rahmen des Ermessens herangezogen werden, da dies bereits Voraussetzung für den Sonderkündigungsschutz sei. Weiterhin habe der Beklagte den Sachverhalt unzutreffend dargestellt. Die Klägerin habe auch nach der Versetzung des Beigeladenen die Beratung von der Fachstelle behinderte Menschen im Beruf gesucht. Sie habe dementsprechend alles getan, um eine Verhaltensänderung bei dem Beigeladenen zu erwirken. Schließlich habe sich der Beigeladene bisher noch nicht in eine stationäre Therapie begeben. Eine solche abzuwarten, sei für die Klägerin nicht zumutbar.
10Im Rahmen der weiteren Sachverhaltsermittlung forderte der Beklagte nach entsprechender Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht den Entlassungsbericht des B. -Fachkrankenhauses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in C. Q. , in dem der Beigeladene vom 18. Juni 2014 bis zum 13. August 2014 stationär behandelt wurde, an. Danach wurden bei dem Beigeladenen u. a. eine schwere Zwangsstörung mit Zwangshandlungen und –gedanken sowie eine rezidivierende depressive Störung diagnostiziert (ICD-10: F 42.2 und F 33.1). Bei der Aufnahme habe der Beigeladene angegeben, er habe Angst, Fehler zu machen, kontrolliere Geschriebenes mehrmals und schaffe aus diesem Grunde seine Arbeitsvorgänge nicht in der regulären Arbeitszeit.
11Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2015, der Klägerin zugestellt am 13. März 2015, wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus: Eine Bindung des behördlichen Ermessens in Richtung einer Zustimmungserteilung ergebe sich gem. § 91 Abs. 4 SGB IX nur für den Fall, dass die Kündigung aus einem Grund erfolge, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung stehe. Hier gehe der Widerspruchsausschuss aber davon aus, dass ein solcher Zusammenhang bestehe. Denn das Verhalten des Beigeladenen könne ohne Weiteres aus seiner Behinderung erklärt werden. Die mangelnde Fähigkeit, den Anweisungen der Klägerin Folge zu leisten, sei nach Aussage der behandelnden Ärztin für Psychotherapie auf die Zwangs-erkrankung des Beigeladenen zurückzuführen. Die Erkrankung erkläre auch, warum der Beigeladene nicht mit den vorgeschriebenen Dienstzeiten auskomme und warum es ihn nach Dienstschluss an seinen Arbeitsplatz treibe. Dementsprechend müsse der Widerspruchsausschuss im Rahmen seiner Ermessensentscheidung die Interessen der Klägerin und des Beigeladenen abwägen. Zwar erkenne er das Interesse der Klägerin an, dass sich niemand außerhalb der Geschäftszeiten in den Geschäftsräumen aufhalten soll. Weiterhin habe sich der Beigeladene trotz der Abmahnungen der Klägerin nicht an die Arbeitszeiten gehalten. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, sein Verhalten zu steuern. Dementsprechend könnten auch die Abmahnungen gegenüber dem Beigeladenen keine Wirkung entfalten. Diese ließen keinen Rückschluss darauf zu, dass der Beigeladene nicht gewillt sei, den Arbeitsvertrag einzuhalten. Zugunsten des Beigeladenen müsse berücksichtigt werden, dass er sich in ambulante Behandlung begeben und inzwischen vom 18. Juni 2014 bis zum 13. August 2014 eine stationäre Behandlung durchgeführt habe. Laut Stellungnahme der behandelnden Fachärztin für Psychotherapie werde eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme angestrebt. Im Anschluss sei eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit an seinem Arbeitsplatz mittelfristig möglich. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass ein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung des Beigeladenen bestehe, sei es der Klägerin zuzumuten, den weiteren Behandlungsverlauf abzuwarten. Schließlich sei der Beigeladene aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit, seinem Alter und der dementsprechend geringen Chance, einen anderen Arbeitsplatz zu finden, besonders schutzwürdig. Der Klägerin bleibe es unbenommen, bei einem Scheitern der Wiedereingliederung nach der Reha-Maßnahme erneut einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung zu stellen.
12Die Klägerin hat am 13. April 2015 Klage erhoben.
13Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Antragsschreiben vom 4. März 2014 und in der Widerspruchsbegründung vom 19. Juni 2014. Ergänzend trägt sie vor: Aus den ärztlichen Stellungnahmen ergebe sich nicht, wie sich die Behinderung konkret auf das Arbeitsverhältnis auswirke. Insbesondere habe eine ärztliche Untersuchung am Arbeitsplatz nicht stattgefunden. Die ärztlichen Stellungnahmen beruhten lediglich auf einer Anamnese des Beigeladenen. Es gehe nicht um Arbeitsrückstände, sondern darum, dass sich der Beigeladene unerlaubt Zugang zur Bank verschafft habe. Der Beklagte habe außerdem nicht die Länge der unerlaubten Aufenthalte sowie das Zurückkehren in die Geschäftsräume berücksichtigt. Der Beigeladene habe bei seiner Anhörung am 26. Februar 2014 nichts zur Klärung des Sachverhalts beigetragen. Der Beklagte hätte den Sachverhalt deswegen weiter aufklären müssen. Die Tatsache, dass die Steuerungsfähigkeit des Beigeladenen eingeschränkt sei, werde nicht von den behandelnden Ärzten bestätigt. Weiterhin sei es der Klägerin nicht zumutbar, den Behandlungsverlauf des Beigeladenen abzuwarten. Es komme nicht auf eine positive Gesundheitsprognose an, da die Kündigung aufgrund einer erheblichen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten erfolgt sei. Die positive Prognose werde durch die beigebrachten Unterlagen des Verwaltungsvorgangs auch nicht bestätigt. Die Stellungnahme von Frau X. -L. vom 5. November 2014 sei zum Zeitpunkt der Entscheidung im Widerspruchsverfahren nicht mehr aktuell gewesen. Jedenfalls sei die positive Gesundheitsprognose nunmehr widerlegt, da der Beigeladene seit März 2014 arbeitsunfähig erkrankt und nicht klar sei, ob und wann er seine Arbeit wieder aufnehmen könne. Auch bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens fiele die Abwägung zu Gunsten der Klägerin aus, da der Beigeladene fundamentale Regeln, die zur Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs unverzichtbar seien, auch nach mehreren Abmahnungen missachtet habe. Insbesondere stelle die Rückkehr des Beigeladenen nach Dienstende ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, da er bei Aufsuchen der Bankfiliale außerhalb der Öffnungszeiten mit dem erneuten Aufschließen der Filiale die Alarmanlage ausschalte. Eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses sei für die Klägerin unzumutbar. Auch der Betriebsrat sei im Ergebnis dafür gewesen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.
14Sie beantragt,
15den Bescheid vom 18. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beigeladenen zu erteilen.
16Der Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen in seinen Bescheiden.
19Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
20Er ist der Auffassung, dass der Beklagte die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu Recht verweigert habe. Seine schwere Zwangsstörung habe dazu geführt, dass er sich nicht an die arbeitgeberseitigen Weisungen habe halten können. Er habe dem Zwang unterlegen, sich auch nach den regulären Arbeitszeiten Zugang zum Büro zu verschaffen, um seine Angst vor dem Kontrollverlust über die von ihm zu leistenden Aufgaben zu lindern. Ihm sei es wichtig, dass er zu keiner Zeit durch sein Verhalten das Eigentum oder bei der Klägerin beschäftigte Personen habe schädigen wollen. Im Gegenteil sei sein Verhalten davon motiviert gewesen, einen möglichen Schaden zu verhindern. Im Falle einer Genesung möchte er seine Tätigkeit bei der Klägerin wieder aufnehmen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Die als Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthafte Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
24Die durch den Bescheid des Beklagten vom 18. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Januar 2015 erfolgte Versagung der Zustimmung zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Beigeladenen durch die Beklagte ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht verlangen, die beantragte Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen zu erteilen, § 113 Abs. 5 VwGO.
25Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommt es bei einer Verpflichtungsklage des Arbeitgebers auf Zustimmung (auch) zur außerordentlichen Kündigung maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an.
26Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Mai 2014 – 11 K 424/13 –, juris; BVerwG, Beschluss vom 22. Januar 1993 – 5 B 80/92 –, juris.
27Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 85 des Sozialgesetzbuches (SGB) IX. Danach bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Der Kläger gehört ‑ unstreitig - zu dem durch § 85 SGB IX geschützten Personenkreis, weil er mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 schwerbehindert ist.
28Nach §§ 85 ff SGB IX hat das Integrationsamt über die Zustimmung zur Kündigung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Ein Anspruch auf die begehrte Entscheidung - hier die Zustimmung zur Kündigung - besteht nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die zu einer Ermessensreduzierung dahingehend führen, dass jede andere Entscheidung als die Erteilung der begehrten Zustimmung als schlechthin rechtswidrig anzusehen ist, die Zustimmung mithin die einzig rechtmäßige Entscheidung darstellt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
29Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung des Integrationsamtes zur außerordentlichen Kündigung des Beigeladenen.
30Insbesondere ist das Ermessen des Beklagten nach dem oben ausgeführten nicht nach § 91 Abs. 4 SGB IX eingeschränkt. Danach soll die Zustimmung erteilt werden, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. In diesem Fall ist das dem Integrationsamt grundsätzlich eingeräumte Ermessen gebunden, das heißt die Zustimmung ist im Regelfall zu erteilten. Der Wortlaut der Bestimmung, die die Ermessenseinschränkung an das negative Tatbestandsmerkmal des Nichtbestehens eines Zusammenhangs knüpft, bedeutet, dass in all den Fällen, in denen dies nicht festgestellt werden kann, vielmehr ein Zusammenhang besteht oder bestehen könnte, die Ermessensbeschränkung nicht eintritt, sondern eine nicht näher beschränkte Ermessensentscheidung zu treffen ist.
31Der für eine Ermessensentscheidung erforderliche Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung des Beigeladenen liegt vor. Für die Eröffnung des Ermessens genügt bereits ein möglicher Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund, da bei einem „non liquet“ die Entscheidung zu Lasten des Arbeitgebers ausfällt, der insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt. Für einen Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem Kündigungsgrund im Sinne des § 91 Abs. 4 SGB IX reicht jedoch nicht jedweder Einfluss der Behinderung auf das Verhalten des schwerbehinderten Menschen. Ein Zusammenhang im Sinne einer conditio-sine-qua-non allein ist nicht ausreichend. Der erforderliche Zusammenhang ist vielmehr erst dann gegeben, wenn die jeweilige Behinderung unmittelbar oder mittelbar zu Defiziten in der Einsichtsfähigkeit und/oder Verhaltenssteuerung des schwerbehinderten Arbeitnehmers geführt hat, denen behinderungsbedingt nicht entgegengewirkt werden konnte, und wenn das einer Kündigung aus wichtigem Grund zu Grunde liegende Verhalten des schwerbehinderten Arbeitnehmers gerade auf diese behinderungsbedingte, mangelhafte Verhaltenssteuerung zurückzuführen ist.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juni 2011 – 12 A 705/10 –, www.nrwe.de
33Diese Voraussetzungen sind gegeben. Nach den vorliegenden fachärztlichen Stellungnahmen lässt sich das von der Klägerin als Grund für die beabsichtigte Kündigung angeführte Verhalten des Beigeladenen zur Überzeugung der Kammer ohne Weiteres auf seine Behinderung, also auf die bei ihm diagnostizierte schwere Zwangserkrankung mit multiplen Zwangshandlungen im Alltag, zurückführen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin und Psychotherapie X. -L. vom 7. März 2014. Dort heißt es unter anderem ausdrücklich, dass Nicht-Befolgen-Können von Regeln wie pünktliches Verlassen des Arbeitsplatzes, Löschen großer Mengen E-Mails ohne intensives Durcharbeiten, Ausfüllen von Gesprächsprotokollen in bestimmter Zeit sei dem Beigeladenen eindeutig durch die Zwangserkrankung und zwanghafte Persönlichkeit nicht möglich. So müsse z.B. jede E-Mail von ihm vor dem Löschen mehrfach gelesen werden, um sicher zu gehen, dass keine wichtigen Daten verloren gehen. Die Büroräume und die Tür müssten vor dem Verlassen der Bank mehrfach kontrolliert werden, was sehr zeitaufwändig sei. Durchgreifende Bedenken gegenüber der Aussagekraft dieser fachärztlichen Stellungnahme bestehen nicht. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf, dass der Beigeladene schon länger von der Ärztin behandelt werde und bei Hausärzten allgemein zu befürchten sei, dass sie ihre Patienten mit entsprechenden Attesten begünstigen. Da der Beigeladene bei Frau X. -L. nicht in hausärztlicher, sondern ausschließlich in therapeutischer Behandlung ist und war, die Ärztin als Fachärztin für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie in diesem Bereich zweifelslos kompetent ist und sich ihre Ausführungen mit den anderen ärztlichen Stellungnahmen decken, besteht kein Anlass an ihrer Stellungnahme zu zweifeln. So wird diese auch bestätigt durch den Entlassungsbericht des B. -Fachkrankenhauses für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie vom 19. August 2014, wonach bei dem Beigeladenen ebenfalls eine schwere Zwangsstörung mit Zwangshandlungen und -gedanken diagnostiziert worden ist und der Beigeladene berichtet habe, aufgrund seiner Kontrollzwänge große Schwierigkeiten zu haben, sein Arbeitspensum zu schaffen, große Angst zu haben, Fehler zu machen, Geschriebenes mehrmals kontrolliere und aus diesem Grund seine Arbeitsvorgänge nicht in der regulären Arbeitszeit schaffe, beim Verlassen des Arbeitsplatzes mehrfach die Post, das Licht, die Alarmanlage, Fenster und Türen kontrolliere. Damit einher gehen auch die Erklärungen des Beigeladenen in seiner Anhörung durch die Klägerin vom 26. Februar 2014 sowie in der mündlichen Verhandlung, sein Verhalten sei dadurch bedingt gewesen, dass er habe E-Mails beantworten müssen und nach einer Anweisung der Klägerin seinen Bestand von ca. 2000 E-Mails auf 20 E-Mails reduzieren müssen, was ihm innerhalb seiner Arbeitszeit nicht möglich gewesen sei, weil er eine E-Mail nicht habe löschen können, ohne sie zuvor mehrfach zu lesen. Letztlich wird der Zusammenhang zwischen dem angeführten Kündigungsgrund und der in Ziffer 1. des Feststellungsbescheids des Kreises T. vom 14. Dezember 2011 mit „Seelische Leiden (Zwangsstörung, Depression)“ umschriebenen Behinderung des Beigeladenen vor allem dadurch belegt, dass weder die Klägerin einen anderen Grund für das Verhalten des Beigeladenen als seine Behinderung anzugeben vermochte noch ein solcher anderer Grund sonst ersichtlich ist. Die Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, der Beigeladene habe sich möglicherweise „als Chef gerieren“ wollen, ist angesichts des Umstands, dass der Beigeladene nach seiner Versetzung zum 1. Januar 2012 in der Filiale M. tatsächlich dort der einzige Beschäftigte gewesen ist, nicht überzeugend.
34Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten auch keinen Anspruch darauf, über die von der Klägerin beantragte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beigeladenen erneut zu entscheiden, § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO. Denn die angegriffene Entscheidung, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nicht zu erteilen, leidet nicht unter Ermessensfehlern.
35Als Ermessensentscheidung unterliegt die Zustimmung nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; das Gericht prüft gemäß § 114 VwGO lediglich, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten sind und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dazu ist zu untersuchen, ob die Behörde von einem ausreichend ermittelten und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, ob sie in ihre Ermessenserwägungen all das eingestellt hat, was nach Lage der Dinge zu berücksichtigen ist und ob die sodann vorgenommene Gewichtung sachgerecht war. Im Rahmen der Entscheidung nach § 85 SGB IX hat das Integrationsamt die widerstreitenden Interessen des Schwerbehinderten und die des Arbeitgebers unter Berücksichtigung des fürsorgerischen Schutzzweckes des Gesetzes gegeneinander abzuwägen. Allgemeine arbeitsrechtliche Fragen, insbesondere solche, ob die Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz – KSchG – wirksam erfolgt ist, müssen der Beurteilung durch das Arbeitsgericht vorbehalten bleiben. Die Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Fragen erfolgt insoweit nur im Rahmen einer sogenannten Negativ-Evidenz-Prüfung; d.h., nur wenn die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung offensichtlich zu Tage tritt, ist dies mit dem Ergebnis zu berücksichtigen, dass die Zustimmung zur Kündigung nicht erteilt werden darf. Bei der Abwägung ist zum einen das Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten, die Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Lage des zur Beschäftigung verpflichteten Betriebes sowie die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers den übrigen Beschäftigten gegenüber und zum anderen das Interesse des behinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes zu berücksichtigen. Der Schwerbehindertenschutz gewinnt an Gewicht, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. In diesen Fällen sind an die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen, um den im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck gekommenen Schutzgedanken der Rehabilitation verwirklichen zu können. Beruhen die Kündigungsgründe dagegen auf Umständen, die in keinem Zusammenhang mit der Behinderung stehen, tritt der Behindertenschutz in den Hintergrund.
36Vgl. Neumann in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, Kommentar zum SGB IX, München 2005, § 85 Randziffer 70, m. w. N.; VG Bayreuth, Urteil vom 21. Juni 2004 – B 3 K 03.798 –, juris.
37So kann der Arbeitgeber in Ausnahmefällen sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten Arbeitnehmer „durchzuschleppen“, während andererseits die im Interesse der Schwerbehindertenfürsorge gebotenen Sicherung des Arbeitsplatzes auf jeden Fall dort ihre Grenze findet, wo eine Weiterbeschäftigung des Schwerbehinderten allen Gesetzen wirtschaftlicher Vernunft widersprechen, insbesondere dem Arbeitgeber einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegen würde.
38VG Bayreuth, Urteil vom 21. Juni 2004 – B 3 K 03.798 –, juris m.w.N.
39Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Ermessensentscheidung des Beklagten, die Zustimmung zur Kündigung zu verneinen, nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat den Sachverhalt ausreichend ermittelt, indem er unter anderem eine Stellungnahme der den Beigeladenen behandelnden Fachärztin sowie den Entlassungsbericht des B. -Fachkrankenhauses einholte. Dass die Stellungnahme der Fachärztin nicht auf einer Beobachtung des Beigeladenen an seinem Arbeitsplatz beruht, ist unschädlich. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beigeladene im Rahmen seiner Anamnese unzutreffende Angaben gemacht hat. Im Gegenteil decken sich seine Angaben mit denen, die er sowohl bei der Anhörung vor der Klägerin als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung gemacht hat. Auch gab es keine Anhaltspunkte an der Aussagekraft der Stellungnahme der Fachärztin zu zweifeln. Vor diesem Hintergrund und der kurzen Entscheidungsfrist von zwei Wochen ab Antragseingang gem. § 91 Abs. 3 S. 1 SGB IX war die Einholung weiterer ärztlicher Gutachten nicht erforderlich. Weiterhin ist der Beklagte auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Soweit er im Rahmen des Bescheides vom 18. März 2014 unzutreffender Weise davon ausgegangen war, dass nach der Versetzung des Beigeladenen keine Beratung durch die Fachstelle behinderte Menschen im Beruf mehr in Anspruch genommen wurde, so hat er diese Gegebenheiten jedenfalls im Rahmen der Widerspruchsbescheidung berücksichtigt.
40Die Entscheidung des Beklagten ist auch im Übrigen ermessensfehlerfrei.
41Er hat in nicht zu beanstandender Weise den Interessen des Beigeladenen an der Erhaltung seines Arbeitsverhältnisses den Vorrang vor den Interessen der Klägerin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingeräumt. Dabei ist die Erwägung des Beklagten nicht sachfremd, der Beigeladene sei wegen seines Lebensalters und seiner langen Betriebszugehörigkeit und der geringen Chancen, einen anderen Arbeitsplatz zu finden, besonders schutzwürdig. Demgegenüber hat der Beklagte die Interessen der Klägerin in hinreichender Weise berücksichtigt, indem er in seine Entscheidung ausdrücklich eingestellt hat, dass die Klägerin das Verhalten des Beigeladenen, sich außerhalb der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeiten in der Bankfiliale aufzuhalten, keineswegs dulden müsse und nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen auch berechtigt sei, auf die Einhaltung ihrer Anweisungen als Arbeitgeberin zu bestehen. Dass der Beklagte gleichwohl wegen des Zusammenhangs zwischen dem angeführten Grund für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung und der Behinderung des Beigeladenen den Interessen des Beigeladenen höheres Gewicht beigemessen hat, steht mit den oben genannten Grundsätzen im Einklang. Danach ist auch die Erwägung des Beklagten nicht zu beanstanden, der Klägerin sei es zuzumuten, den weiteren Verlauf der ärztlichen Behandlung des Beigeladenen abzuwarten. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin durch die etwaige Weiterbeschäftigung des Beigeladenen etwa eine einseitige Lohnzahlungsverpflichtung aufgelegt würde. Denn wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat, habe dem Beigeladenen hinsichtlich der Qualität seiner Arbeit keinerlei Vorwurf gemacht werden können.
42Die Klägerin hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist. Nach § 188 Satz 2 VwGO werden Gerichtskosten nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, seine Kosten der unterliegenden Klägerin aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt und daher nicht am Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO teilgenommen hat.
43Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Annotations
(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.
(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.
(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.
(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.
(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.