Verwaltungsgericht Münster Urteil, 23. Juni 2016 - 2 K 1681/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines O. .
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung H. , Flur 14, Flurstück 144 mit der Anschrift P.---------straße 33 in H. , das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist. Das Grundstück grenzt westlich an die in nordsüdlicher Richtung verlaufende P.---------straße und liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 00 vom 00.00.0000, der ein allgemeines Wohngebiet festsetzt.
4Die Beigeladene ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung H. , Flur 14, Flurstücke 10, 11 und 428 mit der Anschrift P.---------straße 22 - 28, das dem Grundstück des Klägers auf der östlichen Seite der P.---------straße gegenüberliegt. Im südöstlichen und südwestlichen Teil des ca. 9.917 m² großen Grundstücks betreibt die Beigeladene drei Lagerhallen für ihren Textil-Recyclingbetrieb. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 000 „P.---------straße “ vom 00.00.0000, der als Angebotsplanung aufgestellt worden ist. Dieser setzt für das Grundstück ein Gewerbegebiet fest, in dem Einzelhandelsbetriebe generell unzulässig sind. In dem mit „A“ bezeichneten nordöstlichen Bereich dieses Plangebietes sind ausnahmsweise nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe mit nahversorgungsrelevanten Hauptsortimenten nach der Gronauer Sortimentsliste (z. B. Lebensmittel) zulässig. Der Anteil der nahversorgungsrelevanten Hauptsortimente muss dabei mindestens 90 % der Verkaufsfläche des Einzelhandelsbetriebes betragen. In dem hieran angrenzenden Bereich „A1“ sind Verkaufsflächen nicht zulässig. Außerhalb des mit „A“ gekennzeichneten Bereiches sind Stellplätze und Nebenanlagen zulässig.
5Auf entsprechenden Bauantrag vom 00.00.0000, eingegangen am 00.00.0000, erteilte die Beklagte der Beigeladenen am 00.00.0000 die Baugenehmigung zur Errichtung eines Lebensmittelmarktes (O. ) mit Stellplatzanlage sowie zur Errichtung eines Bistros/Cafés. Nach den Bauvorlagen ist dabei für den Lebensmittelmarkt und das Bistro/Café werktags eine Betriebszeit von 6.00 bis 22.00 Uhr vorgesehen. Das Bistro/Café ist zusätzlich an Sonn- und Feiertagen von 7.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
6Am 00.00.0000 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Nachtragsgenehmigung („1. Nachtrag zur Baugenehmigung“), die Ziffer 5.9 des ursprünglichen Brandschutzkonzeptes änderte.
7Der Kläger hat am 00.00.0000 gegen die Baugenehmigung Klage erhoben.
8Auf den Antrag der Beigeladenen vom 00.00.0000 genehmigte die Beklagte am 00.00.0000 einen weiteren Nachtrag („1. Nachtrag“, Az. 2016-262) zur Änderung der Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes. Der Nachtrag beinhaltete neben der Umstrukturierung der Verkaufsfläche die Verlegung der Leergutannahme, die sich zuvor in einem separaten Raum neben dem Eingang des Marktes befand, in den Windfang des Lebensmittelmarktes.
9Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Baugenehmigung sei in nachbarrechtsrelevanter Weise rechtswidrig, weil sie widersprüchlich und unbestimmt sei. Da die angegebene Verkaufsfläche von 783 m² unzutreffend sei, sei die dem Schallschutzgutachten zugrundeliegende Berechnung der zu erwartenden Immissionsrichtwerte fehlerhaft. Die Verkaufsfläche betrage tatsächlich insgesamt 871,92 m², weil neben dem Windfang und dem Bereich der Leergutannahme die Fläche des Bistros/Cafés mit 59,67 m² in die Berechnung der Verkaufsfläche einzubeziehen sei. Die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ergebe sich zudem daraus, dass das Schallschutzgutachten fehlerhaft sei. Dies folge aus der eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 00.00.0000. Das Vorhaben verletzte zudem den Gebietserhaltungsanspruch des Klägers. Der Bebauungsplan Nr. 000 sei unwirksam. Abwägungsfehlerhaft sei im Hinblick auf den damit verbundenen Nutzungskonflikt ein Gewerbegebiet festgesetzt worden, obgleich das Bebauungsplangebiet nahezu ausschließlich von Wohnnutzung umgeben sei. In einem derartigen faktischen Mischgebiet bzw. allgemeinen Wohngebiet sei großflächiger Einzelhandel mit einer Verkaufsfläche von über 800 m² nicht zulässig. Im Übrigen folge die Aufhebung der Baugenehmigung auch aus dem Umstand, dass bei dem großflächigen Einzelhandelsbetrieb eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt worden sei. Der Bebauungsplan habe daher nicht nach § 13a BauGB aufgestellt werden können.
10Der Kläger beantragt,
11die der Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 00.00.0000 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 00.00.0000 und der 2. Nachtragsgenehmigung vom 00.00.0000 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie trägt vor: Die Verkaufsfläche des Einzelhandelsmarktes betrage 799,63 m². Die Pfandrücknahme sei mit dem Nachtrag vom 00.00.0000 in den Verkaufsraum integriert worden. Auch der Windfang werde als Verkaufsfläche berücksichtigt. Die Fläche für das Bistro/Café sei nicht zu berücksichtigen, weil es sich um einen eigenständigen Betrieb handele. Das Bistro/Café habe auch sonntags geöffnet, verfüge über einen eigenen Eingang und sei vom Verkaufsraum des Discounters getrennt. Der Backofen diene dem Verkauf kleinerer Speisen. Ausweislich der Stellungnahme des Kreises C. , Anlagenbezogener Immissionsschutz, vom 00.00.0000 würden die Immissionsrichtwerte gegenüber dem Grundstück des Klägers eingehalten. Der Bebauungsplan sei im Übrigen wirksam, weil es sich bei dem Baugebiet um ein historisch gewachsenes Gewerbegebiet handele. Mit dem Durchführungsplan Nr. 7 aus dem Jahr 0000 sei ein Industriegebiet, mit der 2. Änderung 0000 ein Gewerbegebiet festgesetzt worden, in dem ausnahmsweise bestimmte nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe zugelassen worden seien. Die von dem Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung zur UVP-Pflicht greife nicht ein, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb handele. Für einen Nahversorger unter 800 m² bestehe keine UVP-Pflicht.
15Die Beigeladene hat sich nicht eingelassen und keinen Antrag gestellt.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die Klage ist als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO zulässig, aber unbegründet.
19Die Baugenehmigung vom 00.00.0000 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 00.00.0000 und der 2. Nachtragsgenehmigung vom 00.00.0000 verletzt den Kläger nicht in eigenen, nachbarschützenden Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der Baugenehmigung.
20Die Klage richtet sich dabei gegen die Baugenehmigung vom 00.00.0000 in Gestalt der erteilten Nachtragsgenehmigungen vom 00.00.0000 und 00.00.0000. Bei beiden Nachträgen handelt es sich um unselbstständige Nachtragsgenehmigungen, die die der Beigeladenen erteilte ursprüngliche Baugenehmigung vom 00.00.0000 lediglich modifizieren, ohne das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen wesentlich zu verändern. Dies gilt zunächst für den 1. Nachtrag vom 00.00.0000, der allein die Ziffer 5.9 des ursprünglichen Brandschutzkonzeptes veränderte. Auch der 2. Nachtrag vom 00.00.0000, der in den Genehmigungsunterlagen als „1. Nachtrag“ bezeichnet wird, betrifft nur geringfügige, punktuelle Modifikationen der Ursprungsbaugenehmigung, die die Errichtung des Lebensmittelmarktes mit Stellplatzanlage sowie eines Bistros/Cafés zum Gegenstand hatte. Gegenstand dieses 2. Nachtrages ist die Änderung der Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes, wobei die Leergutannahme nunmehr in den Windfang des Marktes integriert worden ist und der Verkaufsraum umgestaltet wurde. Hierbei wird das Vorhaben, die Errichtung eines Lebensmittelmarktes, nicht in seinem Wesen verändert bzw. die Identität des Gesamtvorhabens an sich in Frage gestellt. Etwas Abweichendes ist auch von dem Kläger im Verfahren nicht geltend gemacht worden.
21Hiervon ausgehend bezieht sich die gerichtliche Kontrolle im vorliegenden Verfahren auf die Überprüfung der Ursprungsbaugenehmigung in Gestalt der Nachtragsgenehmigungen als genehmigungsfähiger Einheit.
22Vgl. Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, BauO NRW, Stand Juli 2015, Band II, § 75 Rn. 306 ff. m. w. N.
23Der Kläger wird durch die angefochtene Baugenehmigung in Gestalt der Nachtragsgenehmigungen nicht in nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts verletzt.
24Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung, die gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW nur versagt werden darf, wenn das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht, hat ein Nachbar nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch die Genehmigung zugleich in seinen Rechten verletzt ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 ‑ 4 C 14/87 -, BVerwGE 82, 343 = BauR 1989, 710.
26Die angefochtene Baugenehmigung nebst Nachträgen verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW). Nach dieser Vorschrift muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Allerdings kann sich der Kläger im Rahmen des hier vorliegenden Baunachbarstreits nicht uneingeschränkt auf die Verletzung dieser Vorschrift berufen. Vielmehr verlangt das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitsgebot im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. September 2014 - 2 B 918/14 -, juris.
28Ein derartiger Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot folgt nicht daraus, dass die dem Schallschutzgutachten zugrundeliegende Berechnung der zu erwartenden Immissionsrichtwerte fehlerhaft ist, weil die angegebene Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes unzutreffend ist. Die Verkaufsfläche ist im genehmigten 2. Nachtrag vom 00.00.0000 zu Recht mit 799,63 m² angegeben worden. Es ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht von einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO auszugehen.
29Ausweislich der grün gestempelten Berechnung der Verkaufsfläche zum 2. Nachtrag vom 00.00.0000 ist der Windfang des Lebensmittelmarktes mit 17,24 m² als Teil der Verkaufsfläche berechnet worden. Da die Pfandrücknahme durch den 2. Nachtrag in den Windfang des Lebensmittelmarktes integriert worden ist, liegt auch insoweit – mittlerweile zwischen den Beteiligten unstreitig – keine unrichtige Ermittlung vor.
30Entgegen der Ansicht des Klägers stellen der Lebensmittelmarkt der Beigeladenen und das Bistro/Café auch keinen einheitlichen großflächigen Einzelhandelsbetrieb dar. Das Bistro/Café stellt vielmehr einen eigenständigen Betrieb dar, so dass die Verkaufsflächen beider Betriebe nicht zusammenzurechnen sind.
31Unter welchen Voraussetzungen bei Anwendung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO von einem oder mehreren Betrieben auszugehen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits mit Urteilen vom 24. November 2005 - 4 C 8.05 und 4 C 14.04 -, BRS 69 Nr. 72 und 73, grundsätzlich geklärt: Hiernach bestimmt sich nach baulichen und betrieblich-funktionellen Gesichtspunkten, ob es sich bei voneinander getrennten Verkaufseinheiten um einen einzigen oder um mehrere Betriebe handelt. Für die räumliche Abgrenzung eines Einzelhandelsbetriebs ist auf die nach außen erkennbaren baulichen Gegebenheiten abzustellen. Eine Verkaufsstätte kann ein selbständiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nur sein, wenn sie selbständig, das heißt unabhängig von anderen Einzelhandelsbetrieben genutzt werden kann und deshalb baurechtlich auch als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig wäre. Hierfür muss die Verkaufsstätte jedenfalls einen eigenen Eingang, eine eigene Anlieferung und eigene Personalräume haben; sie muss unabhängig von anderen Betrieben geöffnet und geschlossen werden können. Ohne Bedeutung ist hingegen, wer rechtlich oder wirtschaftlich jeweils Betreiber ist. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Selbständigkeit ist auch unabhängig davon zu beurteilen, ob Selbstbedienung, Bedienung durch Personal oder eine Mischform erfolgt und wie die dementsprechenden Bereiche innerhalb der Betriebsfläche voneinander abgegrenzt sind.
32Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können grundsätzlich nicht zusammengerechnet werden. Für die Prüfung einer "Funktionseinheit" unter den Gesichtspunkten eines gemeinsamen Nutzungskonzepts, der Ergänzung der Sortimente, der Nutzung von Synergieeffekten und ähnlichem ist in diesen Fällen kein Raum. Das gilt indes nicht uneingeschränkt. Ist innerhalb eines Gebäudes die Betriebsfläche baulich in mehrere selbständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, wenn die Gesamtfläche durch einen Einzelhandelsbetrieb als "Hauptbetrieb" geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als "Nebenleistung" ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der "Hauptleistung" steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt.
33Dann ist es im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Zielsetzung geboten, die Verkaufsflächen für die Ermittlung der Schwelle der Großflächigkeit im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zusammenzurechnen. Unter welchen Voraussetzungen eine derartige Unterordnung anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für eine betriebliche Einheit wird im Allgemeinen sprechen, dass die für die "Nebenbetriebe" in Anspruch genommenen Flächen deutlich hinter denjenigen des "Hauptbetriebs" zurückbleiben. Auch kann berücksichtigt werden, dass nach der Verkehrsanschauung aus der Sicht des Verbrauchers ein Randangebot als zum "Hauptbetrieb" zugehörig angesehen wird. Baulich gesondert nutzbare Betriebsflächen bilden somit dann eine betriebliche Einheit mit einem "Hauptbetrieb", wenn auf ihnen lediglich ein diesen ergänzendes Angebot erbracht wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn nach der Verkehrsanschauung der kleinere Bereich ebenso in die Verkaufsfläche des größeren Betriebs einbezogen sein könnte.
34Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 29. Mai 2013 - 10 A 1144/11 -, juris, Rn. 28 ff., zu einem Backshop; BVerwG, Urteile vom 24. November 2015 - 4 C 14/04 -, juris, zu einem Toto/Lotto-Laden, und vom 24. November 2015 - 4 C 8/05 -, juris, zu einem Getränkemarkt.
35Diesen Grundsätzen entsprechend liegen vorliegend getrennte Betriebe und Verkaufseinheiten vor. Das Bistro/Café ist baurechtlich als eigenständiges Vorhaben genehmigungsfähig. Auch wenn das Bistro/Café und der O. im selben Gebäude liegen, ist das Bistro/Café baulich selbständig und unabhängig vom benachbarten Betrieb nutzbar. Es verfügt über einen eigenen Zugang und einen eigenen Notausgang, die gleichzeitig der Anlieferung der Waren dienen. Eine direkte Verbindung zwischen dem Bistro/Café und dem O. besteht dabei nicht. Das Bistro/Café verfügt zudem über eine eigene WC-Anlage und ist nach der Betriebsbeschreibung am Sonntag von 7.00 bis 18.00 Uhr unabhängig vom O. geöffnet. Nicht weiter ins Gewicht fällt daher, dass laut Betriebsbeschreibung ein gemeinsamer Personalraum für beide Betriebe im südöstlichen Teil des Discounters besteht.
36Auch unter dem Gesichtspunkt der in der Rechtsprechung genannten „Funktionseinheit“ folgt keine andere Bewertung. Die Fläche des Bistros/Cafés tritt nicht als „Nebenleistung“ zu dem Warenangebot eines „Hauptbetriebes“ hinzu. Das Bistro/Café erbringt kein rein ergänzendes Angebot zu dem O. . Aufgrund der Genehmigung als „Bistro/Café“ ist davon auszugehen, dass der Verkauf von Kaffee und Kuchen sowie Snacks den Verkaufsschwerpunkt darstellt. Dies ergibt sich zudem aus der geplanten Einrichtung des Bistros/Cafés. Aus der Betriebsbeschreibung und dem genehmigten Grundriss zum 2. Nachtrag vom 00.00.0000 folgt, dass im Verkaufsraum des Bistros/Cafés ein Kaffeeregal, ein Brot-/Brötchenregal, ein Backofen, eine Kühltheke für Snacks und Kuchen sowie eine Gebäckkuchentheke vorgesehen ist. Für die Gäste sollen zehn Stehtische mit ca. 22 Sitzplätzen (Hockern) zur Verfügung stehen, was für eine beabsichtigte Verweildauer der Kunden spricht. Das Bistro/Café unterscheidet sich daher von einem reinen Backshop, bei dem der Verkauf frischer Backwaren das Hauptangebot darstellt. Aufgrund der angebotenen Sitzplätze, die in dieser Anzahl für einen reinen Backshop untypisch sind, ist im Wesentlichen von einem Konsum der Speisen Vorort auszugehen, so dass das Bistro/Café für eine Nutzung unabhängig von dem O. ausgelegt ist. Dies wird – wie auch die Beklagte hervorhebt – insbesondere sonntags anschaulich, weil an diesem Tag der O. geschlossen hat. Der Verkauf frischer Backwaren kann auch deshalb nicht im Vordergrund des Bistros/Cafés stehen, weil für das Bistro/Café nur ein Backofen vorgesehen ist. Die Abgrenzung zu einem Backshop wird schließlich dadurch deutlich, dass der O. im Verkaufsraum selbst mit einem Ofen eingerichtet ist und offenbar frische Brotwaren anbietet (vgl. den Grundriss zum 2. Nachtrag vom 00.00.0000). Dass das Bistro/Café ein identisches Warenangebot wie der O. anbietet, erscheint schon aus diesem Grund als fernliegend. Ein solches Bistro/Café kann aber nach der Verkehrsanschauung nicht ohne Weiteres in dem Verkaufsraum des O. angeboten werden. Anders als ein reiner Verkauf von Backwaren ist ein Bistro/Café, das auf einen Konsum Vorort mit Sitzgelegenheit ausgelegt ist, nach den Marktgegebenheiten und der allgemeinen Verkehrsanschauung nicht in einem Lebensmittel-Discountmarkt möglich.
37Eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung folgt ferner nicht aus den vom Kläger geäußerten Bedenken an der Richtigkeit des im Genehmigungsverfahren eingeholten Schallschutzgutachtens.
38Denn selbst die von dem Kläger eingebrachte Stellungnahme von der X. & H1. GmbH vom 00.00.0000 enthält keine Aussage darüber, dass die Immissionswerte am Immissionspunkt des Klägers nicht eingehalten werden. Die vorgebrachten Bedenken bzw. etwaigen Unvollständigkeiten ziehen das im Genehmigungsverfahren vorgelegte Gutachten von V. und Partner vom 00.00.0000 jedenfalls nicht durchgreifend in Frage. Dies wird auch durch die weitere Stellungnahme des Kreises C. , Anlagenbezogener Immissionsschutz, vom 00.00.0000 bestätigt, wonach selbst unter Berücksichtigung des Bistros/Cafés und einem konservativen Ansatz die Richtwerte beim Kläger für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten werden. Dies ist insbesondere deshalb nachvollziehbar, weil das Grundstück des Klägers direkt gegenüber der bestehenden Lagerhalle 1 der Beigeladenen liegt und von dieser zumindest teilweise abgeschirmt wird. Da nach der Stellungnahme des Kreises C. der Kundenparkplatz des Lebensmittelmarktes Hauptimmissionsquelle ist, ist davon auszugehen, dass die Immissionen am Grundstück des Klägers geringer sind als an den im ursprünglichen Gutachten untersuchten Immissionsorten P.---------straße 27 und 39, die gegenüber den Einfahrten von der P.---------straße zu dem Lebensmittelmarkt bzw. der Lagerhalle 1 der Beigeladenen liegen. Etwas anderes ist auch vom Kläger im Verfahren nicht substantiiert vorgebracht.
39Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Verletzung des Gebietsgewährleistungsanspruches berufen.
40Der sog. Gebietsgewährleistungsanspruch resultiert nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daraus, dass Festsetzungen von Baugebieten durch einen Bebauungsplan grundsätzlich nachbarschützende Funktion zu Gunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet zukommt. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Nutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Im Rahmen des durch eine Baugebietsfestsetzung begründeten nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung verhindern können. Entsprechendes gilt innerhalb faktischer Baugebiete nach § 34 Abs. 2 Hs. 1 BauGB. Demgegenüber hat ein Nachbar, dessen Grundstück nicht in demselben (faktischen) Plangebiet liegt, grundsätzlich keinen von konkreten Beeinträchtigungen unabhängigen Anspruch auf Schutz vor einer im angrenzenden Plangebiet gebietsfremden Nutzung. Der Nachbarschutz eines außerhalb der Grenzen des Plangebiets belegenen Grundstückseigentümers bestimmt sich bundesrechtlich (nur) nach dem in §§ 34 Abs. 1 BauGB, 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO gleichermaßen enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2016 - 2 B 1117/15 -, juris, Rn. 11 f. m. w. N.
42Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Gebietsgewährleistungsanspruch gegenüber dem genehmigten Bauvorhaben. Von einem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis im vorgenannten Sinne kann hier schon nicht die Rede sein, weil die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen nicht in demselben Baugebiet liegen. Der Kläger wohnt in dem durch Bebauungsplan Nr. 00 festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Demgegenüber befindet sich das östlich hiervon gelegene Baugebiet der Beigeladenen in dem durch Bebauungsplan Nr. 000 festgesetzten Gewerbegebiet, wobei beide Gebiete durch die P.---------straße voneinander getrennt werden.
43Ein Planungswille der Beklagten dahingehend, dass der vorliegende Bebauungsplan Nr. 000 Festsetzungen mit gebietsübergreifenden, drittschützenden Rechten enthält, ist weder vom Kläger geltend gemacht noch sonst erkennbar.
44Von diesen Belegenheiten der Grundstücke ausgehend kann dahinstehen, ob der Bebauungsplan Nr. 000 wirksam ist, weil selbst bei einer unterstellten Unwirksamkeit des Bebauungsplanes nicht erkennbar ist, dass beide Grundstücke in demselben (faktischen) Plangebiet liegen.
45Soweit der Kläger die Baugenehmigung ihm gegenüber als rücksichtslos rügt, dringt er damit ebenfalls nicht durch. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme liegt nicht vor.
46Das Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist.
47Die Unzumutbarkeit im Sinne des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots knüpft an den Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes an. Nach dieser Vorschrift handelt es sich bei schädlichen Umwelteinwirkungen um Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz hat die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme auch für das Baurecht allgemein bestimmt.
48Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 - 4 C 00.78 -, BRS 40 Nr. 206 = juris; OVG NRW, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 7 B 2434/02 -, BRS 66 Nr. 176 = juris.
49Vorliegend scheidet eine Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme aus, weil einerseits bei einer unterstellten Wirksamkeit des Bebauungsplanes Nr. 000 das Rücksichtnahmegebot von der vorausgegangenen planerischen Abwägung „aufgezehrt“ ist bzw. anderseits bei einer unterstellten Unwirksamkeit des Bebauungsplanes eine Unzumutbarkeit weder ersichtlich ist noch von dem Kläger substantiiert geltend gemacht worden ist.
50Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ist – die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Bebauungsplanes unterstellt – angesichts dessen schon deshalb nicht gegeben, weil die im Zusammenhang mit der Gebietsfestsetzung gebotene Rücksichtnahme auf die Nutzungen in der Umgebung des Plangebiets bereits in die dem Bebauungsplan zugrunde liegende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange eingeflossen ist. § 15 Abs. 1 BauNVO als Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots findet im Baugenehmigungsverfahren keine Anwendung mehr, wenn das Rücksichtnahmegebot von der vorausgegangenen planerischen Abwägung gleichsam „aufgezehrt“ ist. Die Vorschrift ergänzt lediglich die Festsetzungen des Bebauungsplans, soweit dieser selbst noch keine Lösung für bestimmte Konfliktsituationen enthält. Ihre Anwendung darf aber nicht zur Korrektur der planerischen Entscheidung führen.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 4 C 8.12 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Februar 2015 - 2 A 616/14 -, und vom 13. Januar 2014 - 10 B 1323/13 -, jeweils juris.
52Ausweislich der Begründung des Plangebers zum Bebauungsplan Nr. 000 hat dieser das Gewerbegebiet in weitgehender Übereinstimmung mit der vorhandenen Bebauung und Nutzung und unter Beachtung der Planungsziele ausgewiesen, so dass der Bebauungsplan für eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebotes nicht mehr offen ist. Die Begründung zeigt, dass der Plangeber sich des Umstandes der Bebauungssituation an der P.---------straße bewusst war, als er in einem Teil des Planbereichs der Beigeladenen einen nicht großflächigen Einzelhandel festsetzte. Der Plangeber berücksichtigte dabei, dass neben dem Flächennutzungsplan, der für diesen Teil eine gewerbliche Fläche darstellt, die vorhergehenden Bebauungspläne eine gewerbliche Nutzung des Grundstücks (Durchführungsplan Nr. 7: Industriegebiet, 2. Änderung von 0000: Gewerbegebiet) zuließen. Große Teile des Grundstücks wurden bereits vorher durch die Beigeladene für Lagerflächen genutzt. Auch die angrenzenden Nutzungen und Bauleitpläne wie der Bebauungsplan Nr. 00 sind berücksichtigt worden, vgl. Ziffer 5.3 der Begründung. Die Beschränkungen der Festsetzungen in dem streitgegenständlichen Bebauungsplan (z. B. der Ausschluss von Bordellen und Vergnügungsstätten) sind daher vor dem Hintergrund der angrenzenden Wohnbebauung erfolgt (vgl. Ziffer 7.1 der Begründung). Weiterhin fand eine Gliederung nach der Abstandsliste statt und die verkehrliche Erschließung wie auch die Auswirkungen vom Lärm- und Geruchsimmissionen auf die angrenzende Wohnnutzung fanden Berücksichtigung (Ziffern 7.3, 8 und 10).
53Die von dem Vorhabengrundstück ausgehenden Lärmemissionen – bei einer unterstellten Unwirksamkeit des Bebauungsplanes – verstoßen im Übrigen nicht zum Nachteil des Klägers gegen das Rücksichtnahmegebot. Von dem streitgegenständlichen Vorhaben sind weder hinsichtlich des zu erwartenden Verkehrsaufkommens noch der Nutzung der Stellplätze unzumutbare Lärmimmissionen zu erwarten.
54Für die Beurteilung, ob Lärmimmissionen, die von einer baulichen Anlage ausgehen und die Nachbarn betreffen, für diese unzumutbar sind, ist dem Grundsatz nach die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) einschlägig.
55Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nimmt in ihrer Nebenbestimmung Nr. 20 Bezug auf die schalltechnische Untersuchung des Büros V. & Partner vom 00.00.0000. Dieses Gutachten kommt – wie bereits erwähnt – zu dem Ergebnis, dass die Vorgaben der TA Lärm am Grundstück des Klägers eingehalten werden. Zudem schreibt die Baugenehmigung in der Nebenbestimmung Nr. 21 die Einhaltung der Immissionswerte vor. Wie bereits ausgeführt ist ferner mit der ergänzenden Stellungnahme des Kreises C. , Anlagenbezogener Immissionsschutz, vom 00.00.0000, die die Begutachtung vom 00.00.0000 stützt, davon auszugehen, dass die Immissionswerte beim Kläger eingehalten werden. Dabei sind bei dem Kläger zu Recht die Immissionswerte der TA Lärm für das festgesetzte allgemeine Wohngebiet angesetzt worden. Weder ist der Kläger dem substantiiert entgegen getreten noch sind Absetzungs- oder Berechnungsfehler ersichtlich.
56Schließlich folgt eine Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung nicht aus § 3a UVPG bzw. aus § 4 Abs. 1 UmwRG. Das genehmigte Vorhaben unterliegt keiner Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß § 3b Abs. 1 UVPG. Mit einer Verkaufsfläche von 799,63 m² (s. o.) überschreitet es schon nicht die in der Rechtsprechung vorgesehene Schwelle für einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO von 800 m² Verkaufsfläche, so dass nicht entscheidungserheblich ist, ob als weitere Voraussetzung der in den Ziffern 18.6. bzw. 18.8 der Anlage 1 zum UVPG notwendige Größenwert erreicht wird.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 4 C 10/04 -, BVerwGE 124, 364.
58Vor diesem Hintergrund ist die von dem Kläger genannte Rechtsprechung,
59VG Aachen, Beschlüsse vom 28. November 2014 - 3 L 224/13 -, und vom 20. Januar 2016 - 3 K 2445/12 -; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2015 - 7 B 1473/14 -, jeweils juris,
60nicht anwendbar.
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Annotations
(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt
- 1.
weniger als 20 000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder - 2.
20 000 Quadratmetern bis weniger als 70 000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Absatz 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.
(2) Im beschleunigten Verfahren
- 1.
gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend; - 2.
kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen; - 3.
soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden; - 4.
gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 6 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.
(3) Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,
- 1.
dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 einschließlich der hierfür wesentlichen Gründe, und - 2.
wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Absatz 1 stattfindet.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Bebauungsplans.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.
(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.
(3)
- 1.
Einkaufszentren, - 2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, - 3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.
(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.
(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.
(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind
- 1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, - 2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und - 3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.
(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.
(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.
(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.
(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.
(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.
(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.
(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:
- 1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit, - 2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte, - 3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen, - 4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie - 5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.
(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.
(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.
(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.
(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.
(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.
(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien
(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.
(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.
(3)
- 1.
Einkaufszentren, - 2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, - 3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,