Verwaltungsgericht Münster Urteil, 15. Nov. 2016 - 2 K 1637/14
Gericht
Tenor
Die Nebenbestimmung der Baugenehmigung der Stadt S. vom 11. Juli 2014 zum Aktenzeichen 0000 zum Bauvorhaben „Errichtung eines C. L. S1. mit Drive-Spur und Parkplatzanlage“ auf dem Grundstück S. , O. Straße 0000, bezeichnet in der Baugenehmigung unter der Überschrift „Nebenbestimmungen des Kreises T. – Straßenbauamt –“ mit der laufenden Nr. 16 [beginnend mit „Der Kreis übernimmt gegen Kostenerstattung die Baudurchführung und betriebsbereite Herstelllung der Linksabbiegespur“ und endend mit „beim Kreis T. einzureichen. (A)“] in der Fassung, die diese Nebenbestimmung durch den Bescheid vom 30. Oktober 2014 gefunden hat, wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung S. –Stadt, Flur 0000, Flurstück 0000 (O. Straße 0000, 0000 S. ), das sich im unbeplanten Innenbereich befindet. Zusammen mit den östlich anschließenden Flurstücken 0000 und 0000 sowie den westlich anschließenden Flurstücken 0000 bildet es ein rechteckiges Geviert, das im Süden von der O. Straße (L1.----straße 57), im Osten von der I.--------straße , im Norden vom P. Weg und im Westen von der C1.-----stiege umschlossen wird.
3Am 2. September 2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines „C. L. S1. mit Drive-Spur und Parkplatzanlage“ auf ihrem Grundstück. Aus den Bauvorlagen ergibt sich, dass das Vorhaben der Klägerin in Ergänzung zu dem zu diesem Zeitpunkt auf den Flurstücken 0000 und 0000 noch im Bau befindlichen Fachmarktzentrum S. – einem Gebäudekomplex mit Bäckerei, Getränkemarkt und Tierfutterhandlung – durchgeführt werden sollte. Der Lageplan sah für den aus diesen beiden Bauvorhaben bestehenden Gesamtkomplex eine Zu- und Abfahrt an der O. Straße im Süden und eine Zu- und Abfahrt an der I.--------straße im Osten vor.
4Im Rahmen der Behördenbeteiligung nach § 72 BauO NRW wurde von der Beklagten auch bei dem mit Wirkung vom 1. Januar 2014 hinsichtlich der O. Straße zum Straßenbaulastträger gewordenen Kreis T. - Straßenbauabteilung - eine Stellungnahme zum Vorhaben der Klägerin angefordert. In einer ersten Stellungnahme vom 26. Juni 2014 führte der Kreis T. aus, dass derzeit die Erschließung des Bauvorhabens der Klägerin nicht gesichert sei. Hierzu sei der Neubau einer Linksabbiegespur auf der O. Straße erforderlich. Der Kreis übernehme gegen Kostenerstattung die Herstellung dieser Linksabbiegespur entsprechend der Pläne der Ingenieurplanung X. (IPW). Die Zustimmung zum Vorhaben werde erteilt, wenn u.a. durch Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung sichergestellt werde, dass die Klägerin die Kosten für den Neubau der Linksabbiegespur trage. Die voraussichtlichen Gesamtkosten berechnete der Kreis mit EUR 155.000. Dieser Betrag sei ihm von der Klägerin bis zum 30. Juli 2014 zu überweisen und in jedem Fall zum Baubeginn des Vorhabens fällig. Obwohl die Beteiligten eine vertragliche Vereinbarung über das Ob und Wie der Kostentragung der Linksabbiegespur bevorzugten, hielt der Kreis T. daran fest, diesbezügliche Regelungen im Rahmen einer Nebenbestimmung zur Baugenehmigung zu treffen. Gegenüber der Beklagten verwies er diesbezüglich auf eine Kommentierung zu § 25 StrWG NRW, wonach in den von der Norm erfassten Fällen im Rahmen der Zustimmungsbeteiligung des Straßenbaulastträgers gleichzeitig mit der Baugenehmigung Regelungen über die Sondernutzungsgebühren zu treffen seien. Die Baugenehmigungsbehörde dürfe die Straßenbauverwaltung insoweit nicht auf einen eigenständigen Gebührenbescheid verweisen. Dementsprechend hielt der Kreis T. in seiner abschließenden Stellungnahme vom 10. Juli 2014 daran fest, Regelungen über die Kostentragung durch die Klägerin als Nebenbestimmung zur Baugenehmigung zu erlassen und nahm Änderungen lediglich hinsichtlich der Modalitäten der Kostentragung vor: So habe die Klägerin erst nach Abschluss der Baumaßnahme die tatsächlichen Kosten an den Kreis T. zu zahlen. Vor Baubeginn habe die Klägerin lediglich eine Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.d. voraussichtlichen Gesamtkosten von EUR 145.000 beim Kreis T. einzureichen.
5Unter dem 11. Juli 2014 erteilte die Beklagte der Klägerin die – mit zahlreichen Nebenbestimmungen versehene – Baugenehmigung für ihr Vorhaben. Unter der Überschrift „Nebenbestimmungen des Kreis T. - Straßenbauamt -“ enthielt die Genehmigung in Umsetzung der Stellungnahme des Kreis T. vom 10. Juli 2016 die nachfolgenden – als Bedingung (B) bzw. Auflage (A) bezeichneten - Nebenbestimmungen Nrn. 15 und 16:
6„15. Zur Sicherung der Erschließung ist der Neubau einer Linksabbiegerspur erforderlich. (B)
716. Der Kreis übernimmt gegen Kostenerstattung die Baudurchführung und betriebsbereite Herstellung der Linksabbiegespur.
8Der Antragsteller muss die Kosten für den Neubau der geplanten Linksabbiegerspur tragen.
9Der Antragsteller verpflichtet sich, dem Grunde nach folgende Kostenbestandteile zu übernehmen:
10- 11
Baukosten, Baunebenkosten, Planungs- und Ingenieurleistungen,
- 12
Ablösezahlung für die Inanspruchnahme des Strassengrundstück,
- 13
Ablösebetrag für die Unterhaltungsmehraufwendungen des Straßenbaulastträger gemäß Ablöseberechnung IPW vom 26.05. 2014.
Die Gesamtkosten für den Neubau der Linksabbiegespur ergeben sich voraussichtlich in folgender Höhe:
15Bau- und Baunebenkosten:
16- 17
Baukosten für den Neubau der Linksabbiegespur: 75.000,00 Euro,
- 18
Baunebenkosten, Planungs- und Ingenieurleistungen 5.000,00 Euro,
- 19
Abzüglich Kostenbeteiligung Stadt S. : ./. 7.500,00 Euro
Bau- und Baunebenkosten: Zwischensumme ZS- 01: 72.500,00 Euro,
21Ablösezahlungen:
22- 23
Ablösezahlung für Inanspruchnahme Strassengrundstück: 7.500,00 Euro,
FlächeLinksabbieger = 110,0 x 2,25 = 250,- qm,
25Ablösebetrag = 250,- qm x 30,00 Euro/ qm = 7.500, 00 Euro;
26- 27
Ablösebetrag für Kapitalisierte Unterhaltungsmehraufwendungen 65.000,00 Euro
des Strassenbaulastträger gemäß Ablöseberechnung IPW vom 26.05.2014.
29Ablösezahlungen: Zwischensumme ZS- 02: 72.500,00 Euro,
30Voraussichtliche Gesamtkosten: 145.000,00 Euro,
31Nach Abschluss der Baumaßnahme sind die tatsächlich Kosten an den Kreis T. zu zahlen. Vor Baubeginn ist eine Vertragserfüllungsbürgschaft i.H.v. 145.000,- € beim Kreis T. einzureichen. (A)“
32Am 1. August 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.
33Zur Begründung führt sie aus: Es werde die Nebenbestimmung Nr. 16 angefochtenen, weil dort Informationen zum Gegenstand der Nebenbestimmung gemacht würden, die der Klägerin nicht bekannt und derzeit nicht zugänglich seien. Ihr liege keine Ablöseberechnung IPW vom 26. Mai 2014 vor.
34Im Hinblick auf diese Klagebegründung hat die Beklagte mit Zustimmung des Kreises T. die Nebenbestimmung Nr. 16 mit Bescheid vom 30. Oktober 2014 – Eingang beim Bevollmächtigten der Klägerin am 10. November 2014 – abgeändert, und die Formulierung
35„Ablösebetrag für kapitalisierte Unterhaltungsmehraufwendungen des Straßenbaulastträgers gemäß Ablöseberechnung IPW vom 26.05.2014 = 65.000,00 Euro“
36durch folgenden Text ersetzt:
37„Der Ablösebetrag für die kapitalisierten Unterhaltungsmehraufwendungen des Straßenbaulastträgers wird mit einer Ablöseberechnung auf der Grundlage der Entwurfspläne IPW vom 26.05.2014 bzw. der tatsächlichen Ausführungspläne ermittelt. Der vorläufige Ansatz ergibt sich zu: 65.000,00 Euro.“
38Die Klägerin hat trotz dieser Änderung im Schriftsatz vom 8. Dezember 2014 – Eingang bei Gericht am gleichen Tage – an ihrer Klage festgehalten.
39Sie trägt ergänzend vor: Zwar habe die Beklagte zwischenzeitlich aufklären können, dass mit den Entwurfsplänen IPW vom 26. Mai 2014 von Anfang an die Planungsunterlagen vom 15. Mai 2014 gemeint gewesen seien. Allerdings sähen diese Planungsunterlagen auf der O. Straße neben einer Linksabbiegespur zum Fachmarktzentrum weitere – die Maßnahme nicht betreffende – Gestaltungsmaßnahmen und insbesondere auch eine Linksabbiegespur in die I.--------straße vor. Bei unbeschränkter Einbeziehung der Planungsunterlagen vom 15. Mai 2014 träfe die Klägerin die Kostenlast für beide Abbiegespuren. Die Abbiegespur in die I.--------straße sei jedoch nicht durch das Projekt veranlasst, sie werde nur von den Anliegern der durch die I.--------straße erschlossenen Wohngebiete genutzt. Zwischen den Beteiligten sei im Vorfeld auch unstreitig gewesen, dass die Zufahrt von der O. Straße zur I.--------straße nicht erneuert oder erweitert werde, um nicht noch mehr Verkehr in die durch diese Straße erschlossenen Wohngebiete zu lenken.
40Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
41die Nebenbestimmung der Baugenehmigung der Stadt S. vom 11. Juli 2014 zum Aktenzeichen 0000 zum Bauvorhaben „Errichtung eines C. L. S1. mit Drive-Spur und Parkplatzanlage“ auf dem Grundstück S. , O. Straße 0000, bezeichnet in der Baugenehmigung unter der Überschrift „Nebenbestimmungen des Kreises T. – Straßenbauamt –“ mit der laufenden Nr. 16 [beginnend mit „Der Kreis übernimmt gegen Kostenerstattung die Baudurchführung und betriebsbereite Herstelllung der Linksabbiegespur“ und endend mit „beim Kreis T. einzureichen. (A)“] in der Fassung, die diese Nebenbestimmung durch den Bescheid vom 30. Oktober 2014 gefunden hat, wird aufgehoben.
42Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
43die Klage abzuweisen.
44Sie trägt vor: Die Planungsunterlagen sähen nur eine Linksabbiegespur mit zwei Abbiegemöglichkeiten – direkt auf das Gelände des Fachmarktzentrums und in die I.--------straße – vor. Insofern sprächen die Nebenbestimmungen Nrn. 15 und 16 zutreffend vom Neubau einer Linksabbiegespur, deren Gesamtkosten von der Klägerin zu tragen seien. Dies entspreche auch dem Inhalt der hierzu zwischen den Beteiligten geführten Gespräche. Schließlich verfüge das Fachmarktzentrum auch über eine Zu-/Abfahrt zur I.--------straße , so dass der Klägerin durch die Linksabbiegemöglichkeit von der O. Straße in die I.--------straße ganz erhebliche Vorteile entstünden.
45Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
46E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
471. Über die Klage kann mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Abs. 2 und 3 bzw. § 101 Abs. 2 der VwGO durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
482. Soweit die Klägerin ihre Klage konkludent auf die Nebenbestimmung Nr. 16 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 30. Oktober 2014 erstreckt hat, ist diese Klageänderung sachdienlich und zulässig (vgl. § 91 VwGO), weil auch für die geänderte Klage der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Klageänderung die endgültige Beilegung des Streits fördert.
493. Die Klage ist zulässig, insbesondere gemäß § 42 Abs. 1 1. Var. VwGO als Anfechtungsklage mit dem Ziel der isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung Nr. 16 statthaft. Denn bei dieser Nebenbestimmung handelt es sich um eine (echte) Auflage i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr.4 VwVfG, die einer isolierten Anfechtung stets zugänglich ist.
50Vgl. zu den (nur, aber jedenfalls) insoweit übereinstimmenden Auffassungen die Zulässigkeit der isolierten Anfechtung von Nebenbestimmungen betreffend etwa Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 10. Auflage 2008, § 36 Rn 60 ff. und Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 20. Auflage 2014, § 42 Rn 22 ff. sowie aus dem baurechtlichen Schrifttum Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, 1. Auflage 2004, 14. Kapitel Rn 42 und Boedinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, Bauordnung NRW – Kommentar, 91. Erg.Lief. – März 2016, § 75 Rn 188, jeweils m.w.N.
51Auflage ist gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG eine mit einem Verwaltungsakt verbundene Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Diese Voraussetzungen erfüllt auch die streitgegenständliche Nebenbestimmung Nr. 16, denn sie konstituiert eine Zahlungspflicht der Klägerin für die Kosten des vom Kreis T. übernommenen Ausbaus der O. Straße durch eine Linksabbiegespur mit zwei Abbiegemöglichkeiten. Dabei steht diese Zahlungspflicht rechtlich selbstständig neben der Baugenehmigung und ist nicht nur ein unselbstständiger Bestandteil derselben, auch wenn das genehmigte Vorhaben den Ausbau – ganz oder teilweise – veranlasst hat. Denn zum Regelungsgehalt einer Baugenehmigung nach § 75 BauO NRW zählen allein die rechtsgestaltende Baufreigabe – die von der hier im Streit stehenden Nebenbestimmung Nr. 16 ersichtlich nicht betroffen ist – sowie die Feststellung, dass dem beantragten Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
52Vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 4 B 3/11 –, juris Rn 5; OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2008 – 10 B 616/08 –, juris Rn 17
53Mit Blick auf diese sogenannte Feststellungswirkung zählen zum Inhalt einer Baugenehmigung daneben zwar auch solche (Inhalts-)Bestimmungen, die – in Ergänzung oder Abweichung vom Bauantrag – das Vorhaben in einzelnen Punkten modifizieren, um es mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erst in Einklang zu bringen und damit die Feststellung der Vereinbarkeit mit diesen Vorschriften erst ermöglichen.
54Vgl. zur Inhaltsbestimmung, die - wenn sie sprachlich in das Gewandt einer Auflage gekleidet wird - auch als modifizierende Auflage bezeichnet wird, etwa BVerwG, Urteil vom 8. Februar 1974 – IV C 73.72 -, juris Rn 17, Boedinghaus u.a., aaO., § 75 Rn 189 f. m.w.N.; Reichel/Schulte, aaO., 14. Kapitel Rn 45 f. m.w.N.
55Bei der Nebenbestimmung Nr. 16 handelt es sich jedoch nicht um eine solche Inhaltsbestimmung. Sie modifiziert das Vorhaben nicht, weil nur die in der Nebenbestimmung Nr. 15 abgehandelte Frage der Erschließung als solcher, nicht aber die in der streitgegenständlichen Nebenbestimmung Nr. 16 behandelte Frage der Kostentragung für etwaige Erschließungsmaßnahmen zu den von der Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften zählt. Denn die nach § 75 BauO NRW insoweit durchzuführende Prüfung hat sich – schon nach dem Wortlaut der Norm („dem Vorhaben“) – ausschließlich auf vorhabenbezogene Vorschriften des öffentlichen Rechts zu beschränken.
56Vgl. Boedinghaus u.a., aaO., § 75 Rn 99; Reichel/Schulte, aaO., 14. Kapitel Rn 30.
57Nichts anderes folgt aus dem Hinweis des Kreises T. als Straßenbaulastträger auf § 25 StrWG NRW. Zwar bestimmt § 25 Abs. 1 Nr.1 StrWG NRW, dass außerhalb der Ortsdurchfahrten u.a. Baugenehmigungen der Zustimmung der Straßenbaubehörde bedürfen, wenn bauliche Anlagen jeder Art längs der Landesstraßen und Kreisstraßen in einer Entfernung bis zu 40 m, gemessen vom äußeren Rand der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen. Sofern in der Errichtung solcher baulicher Anlagen eine Sondernutzung i.S.v. § 18 StrWG liegt, macht die erteilte Zustimmung zwar eine eigenständige Sondernutzungserlaubnis obsolet. Aber zugleich soll die untere Bauaufsichtsbehörde verpflichtet sein, in der Baugenehmigung auch über die Erhebung von Sondernutzungsgebühren zu entscheiden.
58Vgl. dazu – ohne nähere Begründung – Hengst/Majcherek, StrWG NRW – Kommentar, 12. Erg.Lief. – Januar 2016, § 25 Nr. 3.8.
59Unabhängig von der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift („außerhalb der Ortsdurchfahrt“) hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorhabens überhaupt vorliegen, stellt die Errichtung einer Linksabbiegespur zum Anschluss eines Gebiets mit Gewerbebetrieben und einem deshalb erhöhten Verkehrsaufkommen an das öffentliche Straßennetz jedoch schon keinen Fall von § 25 StrWG NRW dar, sondern unterliegt § 16 StrWG NRW,
60vgl. BayVGH, Urteil vom 23. April 1996 – 8 B 95.877 -, juris zum wortlautidentischen § 14 BayStrWG; Hengst/Majcherek, aaO., § 16 Nr.2,
61der eine Zustimmung des Straßenbaulastträgers zu dem Bauvorhaben gerade nicht verlangt.
624. Die Klage ist auch begründet.
63a) Die allein angefochtene Nebenbestimmung Nr. 16 in der Fassung des Änderungsbescheides der Beklagten vom 30. Oktober 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte durfte der Baugenehmigung diese Nebenbestimmung nicht beifügen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen.
64Mangels spezialgesetzlicher Regelungen in der BauO NRW richtet sich die Frage, ob eine Baugenehmigung mit Nebenbestimmungen versehen werden darf, nach § 36 VwVfG NRW. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift darf ein Verwaltungsakt, auf den – wie auf die vorliegende Baugenehmigung, die keine Abweichung, Ausnahme oder Befreiung zulässt – ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt sind. Die in der Nebenbestimmung Nr. 16 liegende Auflage i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW wird nicht durch besondere Rechtsvorschriften zugelassen. Sie stellt auch nicht sicher, dass die Voraussetzungen des § 75 BauO NRW für die der Klägerin erteilte Baugenehmigung erfüllt sind. Denn die von dieser Nebenbestimmung geregelte Frage der Kostentragung betrifft nach den obigen Ausführungen nicht die Vereinbarkeit des Vorhabens der Klägerin mit den vorhabenbezogenen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die allein im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen ist, sondern eine Frage der Kostentragungspflicht, die der Straßenbaulastträger im Rahmen seiner Obliegenheiten selbstständig erheben kann, wie sich aus § 16 StrWG NRW ergibt.
65b) Die streitgegenständliche Nebenbestimmung kann auch isoliert aufgehoben werden, weil die der Klägerin erteilte Baugenehmigung nach den obigen Ausführungen auch ohne diese Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann.
66Vgl. zu dieser Voraussetzung für die Begründetheit einer auf die isolierte Aufhebung einer Nebenbestimmung gerichteten Klage BVerwG, Urteile vom 19. Januar 1989 – 7 C 3187 -, 17. Februar 1984 – 4 C 70/80 – und 22. November 2000 – 11 C 2/00 -; kritisch dazu etwa Kopp/Ramsauer, aaO., § 36 Rn 62 m.w.N.
675. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
- 1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung); - 2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung); - 3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
- 4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage); - 5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.
(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
- 1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung); - 2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung); - 3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
- 4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage); - 5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.
(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.