Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine ihren Nachbarn erteilte Befreiung.

Die Befreiung bezieht sich auf die Grundstücke FlNr. 1454 und FlNr. 1454/4, jeweils Gemarkung H. (i.F.: Vorhabengrundstück). Die Klägerin ist Eigentümerin des nordwestlich angrenzenden Flurstücks 1452/1, Gemarkung H. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 69 „Zwischen D.str. – G.str. – N.str. – G.-K.-Str.“ und im Geltungsbereich einer gemeindlichen Einfriedungssatzung und einer Baumschutzverordnung. Der Bebauungsplan Nr. 69 regelt in Ziff. B 7 Folgendes:

Einfriedungen. Art und Material: Einfriedungen zu öffentlichen Verkehrsflächen sind als Holzlattenzäune auszuführen; zwischen den einzelnen Grundstücken nur als hinterpflanzte Maschendrahtzäune. Die Höhe der Einfriedungen wird mit 1,2 m festgesetzt. Dies gilt nicht für Hecken.

Unter dem 1. Oktober 2017 richtete die beigeladene Anwohnergemeinschaft R. einen Antrag „auf Baugenehmigung eines Gartenzauns“ (Bl. 1ff. d. Behördenakts der Beklagten – i.F.: BA-Bekl. –) an die Beigeladene. Im Anschreiben (Bl. 8 d. BA-Bekl.) wurde Folgendes ausgeführt: „Wir stellen diesen Antrag gemeinsam als Anwohnergemeinschaft, da es bisher zu keiner Einigung zwischen dem Bauträger P. und C. & W. P. gekommen ist. […] Es ist uns bewusst, dass dieses Bauvorhaben eine ausdrückliche Genehmigung vonseiten des Gemeinderates bedarf.“

Mit Beschluss des Bau- und Umweltausschusses vom 9. November 2017, ausgefertigt am 14. November 2017 (Bl. 19f. d. BA-Bekl.), wurde dem als Antrag auf isolierte Befreiung behandelten Begehr zugestimmt. Zur Begründung wird ausgeführt: „Der Bau- und Umweltausschuss hat in seiner Sitzung vom 14. Juli 2016 eine Gabione auf dem gleichen Grundstück mit einer Höhe von 2,00 m abgelehnt. … [Zustimmung zum jetzigen Antrag mit 11:0…] …aufgrund eines besonderen und aktenkundigen Härtefalles des nördlich angrenzenden Nachbargrundstückes“

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. November 2017, Az. 6022-BV-72/17 (i.F.: Befreiung) wurde eine Befreiung von der Festsetzung Ziffer B 7 des Bebauungsplans Nr. 69 für die Errichtung eines Sichtschutzzaunes in Form einer Gabionenwand auf dem Vorhabengrundstück mit einer maximalen Höhe von 1,80 m entlang der nördlichen Grundstücksgrenze zur FlNr. 1452/1 erteilt.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Beklagte sei für die Entscheidung zuständig, da es sich um ein verfahrensfreies Vorhaben nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. a BayBO handele. Die Verfahrensfreiheit entbinde aber nicht von der Einhaltung der an die Anlage zu stellenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, Art. 55 Abs. 2 BayBO. Ziff. B 7 des Bebauungsplans Nr. 69 der Beklagten, die eine Maximalhöhe von 1,20 m für Einfriedungen wie die streitgegenständliche vorschreibe, sei eine solche Vorschrift, weswegen es einer Befreiung bedürfe. Diese habe nach pflichtgemäßem Ermessen erteilt werden dürfen, da Grundzüge der Planung nicht berührt seien und die Abweichung städtebaulich vertretbar sei. Die Abweichung sei unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar, eine Verletzung öffentlich-rechtlich zu schützender Nachbarrechte nicht erkennbar.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob unter dem 8. Dezember 2017 Klage gegen diesen Bescheid.

Er beantragt,

den Bescheid aufzuheben.

Die erteilte isolierte Befreiungsgenehmigung sei rechtswidrig. Im Tatsächlichen sei festzuhalten, dass die Gabionenwand vor Erteilung der Genehmigung komplett errichtet worden sei. Sie sei 60 m lang und unterschiedlich hoch, an der Einmündung zur Zufahrt bspw. 1,80 m, an der Stelle, an der das Haus der Klägerin stehe, dagegen ca. 2,30 m. Rechtlich sei bereits die Zuständigkeit der Beklagten zweifelhaft, da zwar eine Höhe von lediglich 1,80 m beantragt, die Mauer aber über 2 m hoch ausgeführt worden sei; es sei daher zweifelhaft, ob Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. a BayBO überhaupt greife. Materiell lägen die Befreiungsvoraussetzungen nicht vor. Durch die Gabionenwand werde ein Grundzug der Planung berührt. Die Regelung zeige deutlich, dass die Beklagte besonderen Wert auf das Erscheinungsbild der Abgrenzungen zwischen den Grundstücken lege. Eine 60 m lange massive Mauer erinnere an eine Gefängnismauer, ein derart massives Bauwerk habe durch die Festsetzung gerade verhindert werden sollen. Die Abweichung sei auch städtebaulich nicht vertretbar; durch die massive Mauer werde ein vollkommen anderer Gebietseindruck vermittelt, sie habe in einem Wohngebiet nichts verloren. Auch seien die nachbarlichen Interessen nicht gewürdigt worden, dem Bescheid fehle jegliche Begründung dafür, warum die Befreiung überhaupt erteilt worden sei. Die Nachbarn vertrauten aber grundsätzlich darauf, dass die Festsetzungen eines Bebauungsplans eingehalten würden. Dieses Vertrauen dürfe nur im Falle eines unabweisbaren Bedürfnisses enttäuscht werden, das vorliegend nicht erkennbar sei. Die Mauer zeitigte auch bei Einhaltung der genehmigten Höhe von 1,80 m eine erhebliche Verschattungswirkung. Hinter der Mauer seien weder Anpflanzungen möglich noch könne der gestattete Betrieb von Solaranlagen weitergeführt werden. Zwar bestünden Abwehrrechte bei Befreiungen von nicht drittschützenden Vorschriften grundsätzlich nur bei Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme; dies gelte allerdings gerade nicht, wenn die Befreiung dafür sorge, dass sich der Gebietscharakter ändere, d.h. wenn Quantität in Qualität umschlage. Die Beklagte vergesse, dass die Wand 60 m lang sei, dies sei vollkommen gebietsfremd. Die Wand sei ein absoluter Solitär, der die Wohnbebauung verfremde und den Gebietscharakter zerstöre; insofern sei Nachbarschutz durchaus gegeben.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte sei für die Erteilung der Genehmigung zuständig. Maßgeblich sei nur das beantragte Vorhaben; nach Art. 63 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. a BayBO i.V.m. Art. 81 Abs. 2 Satz 2 BayBO sei die Beklagte bei verfahrensfreien Bauvorhaben für die Entscheidung zuständig. Der Bescheid verletze die Klägerin nicht in eigenen Rechten. Es könne dahinstehen, ob der Bescheid objektiv rechtswidrig sei, wobei Grundzüge der Planung bei Abweichungen von gestalterischen Festsetzungen regelmäßig nicht berührt würden. Hinsichtlich des Nachbarschutzes sei festzuhalten, dass von einer nicht nachbarschützenden Vorschrift befreit worden sei; ein damit allein möglicher Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht erkennbar. Dies folge daraus, dass die Klägerin mit einer Einfriedung in einer Höhe von 1,20 m schon nach Bebauungsplan habe rechnen müssen, weiter daraus, dass eine 1,80 m hohe Gabionenwand keine Abstandsflächen auslöse, vgl. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO. Halte ein Bauvorhaben die Abstandsflächen ein oder sei privilegiert, so sei darüber hinaus für das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich kein Raum mehr. Besondere Umstände wie eine erdrückende Wirkung seien nicht erkennbar; die Gabionenwand verstoße im Wohngebiet schließlich auch nicht gegen den Gebietscharakter. Ein Begründungsdefizit bestehe angesichts von Art. 68 Abs. 2 Satz 2 BayBO, der auf Abweichungsentscheidungen entsprechend anzuwenden sei, nicht; der Bescheid führe aus, dass nachbarliche Interessen gewürdigt worden seien, mehr sei nicht veranlasst gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 6. Juni 2018. Auf die Augenscheinfeststellungen in der Niederschrift über den Augenschein wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten in den Verfahren M 9 K 17.5750 und M 9 K 18.1526, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2018.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angegriffene Befreiung verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Befreiung kann nur dann Erfolg haben, wenn diese Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Befreiung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (vgl. VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris für die Anfechtung einer Baugenehmigung).

Vorab ist klarzustellen, dass eine etwaige Unzuständigkeit der Beklagten keine derartigen drittschützenden Positionen betrifft. Unabhängig davon ist die Beklagte für die Erteilung der Befreiung nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 BayBO, Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. a BayBO zuständig: Es kommt nur auf die beantragten Inhalte an – Höhe von 1,80 m und damit unter 2 m –, die dann auch Grundlage der Prüfung und der Entscheidung sind; dementsprechend geht es im Rahmen einer Drittanfechtung auch „nur“ um eine etwaige Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheids (vorliegend: Befreiung) und nicht um die Rechtswidrigkeit „des ausgeführten Bauvorhabens“.

Eine Verletzung in drittschützenden Vorschriften ist weiter auch weder unter den Aspekten des Gebietserhaltungs- oder des Gebietsprägungserhaltungsanspruchs bzw. einer etwaigen Gebietsunverträglichkeit gegeben (1.) noch im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme (2.).

1. Wenn der Klägerbevollmächtigte ausführt, dass sich der Nachbarschutz vorliegend deshalb nicht isoliert nach dem Gebot der Rücksichtnahme richte, weil die Befreiung dafür sorge, dass sich der Gebietscharakter ändere bzw. weil Quantität in Qualität umschlage, so ist dieser Vortrag nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Erteilung von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB richtet sich die Prüfung der Erfolgsaussichten einer Nachbarklage danach, ob von nachbarschützenden oder von nicht nachbarschützenden Vorschriften befreit wird. Die vorgebrachten Schlagworte – mit denen wohl eine Verletzung des Gebietserhaltungs- oder des Gebietsprägungserhaltungsanspruchs bzw. eine etwaige Gebietsunverträglichkeit geltend gemacht werden sollen – vermögen nicht, darzulegen, wieso vorliegend von einer nachbarschützenden Vorschrift befreit worden sein soll. Nur dann würde bspw. die städtebauliche Vertretbarkeit der Befreiungsentscheidung als Tatbestandsmerkmal eine Rolle spielen.

Ziff. B 7 des Bebauungsplans Nr. 69 als alleiniger Gegenstand der Befreiung – die gemeindliche Einfriedungssatzung spielt keine Rolle, vgl. § 1 Einfriedungssatzung: „Diese Satzungen gilt für Einfriedungen […], außer im Bebauungsplan sind eigene Festsetzungen über Einfriedungen enthalten“ – lautet:

Einfriedungen. Art und Material: Einfriedungen zu öffentlichen Verkehrsflächen sind als Holzlattenzäune auszuführen; zwischen den einzelnen Grundstücken nur als hinterpflanzte Maschendrahtzäune. Die Höhe der Einfriedungen wird mit 1,2 m festgesetzt. Dies gilt nicht für Hecken.

Diese Regelung ist weder eine Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung – regelmäßig drittschützend und relevant für einen etwaigen Gebietserhaltungsanspruch – noch ist eine Mauer in einer Höhe von 1,80 m generell gebietsunverträglich. Das festgesetzte Allgemeine Wohngebiet (WA) dient auch gegenwärtig, d.h. nach Ausführung des Vorhabens, noch vorwiegend dem Wohnen, weswegen § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 1 BauNVO als etwaig betroffene drittschützende Vorschrift nicht verletzt ist/sind. Schließlich schlägt auch nicht „Quantität in Qualität um“: Mit dieser Floskel soll vermutlich auf eine Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO – Tatbestandsmerkmal „Umfang“ – und damit auf eine Verletzung des sog. Gebietsprägungserhaltungsanspruchs angespielt werden (dazu BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86/01 – juris; VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris). Dafür wäre erforderlich, dass die Größe/Höhe der baulichen Anlage die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung – vgl. den Standort von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO im 1. Abschnitt der BauNVO – erfasst und beeinflusst, dass also aufgrund der Dimensionierung der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung in das Gebiet hineingetragen wird. Ein Wohnhaus mit einer 1,80 m-Mauer bleibt aber genauso ein Wohnhaus wie ein Wohnhaus mit einer Einfriedung in Höhe von nur 1,20 m.

Die Nennung von Schlagworten ist nach alledem nicht zielführend. Ziff. B 7 des Bebauungsplans Nr. 69 ist vielmehr schlicht als örtliche Bauvorschrift einzuordnen, die auch in einen Bebauungsplan aufgenommen werden kann, Art. 81 Abs. 2 Satz 1 BayBO i. V. m. § 9 Abs. 4 BauGB. Örtliche Bauvorschriften sind grundsätzlich nicht drittschützend (statt aller BayVGH, B.v. 22.2.2017 – 15 CS 16.1883 – juris; B.v. 29.8.2006 – 15 CS 06.1943 – juris; Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 81 Rn. 314). Ihnen kommt nur dann drittschützende Wirkung zu, wenn die Gemeinde einer solchen Festsetzung eine entsprechende Wirkung geben wollte. Im Rahmen der Ermittlung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall ist maßgeblich, ob die Regelung nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus bauordnungsrechtlichen Gründen getroffen wurde oder ob sie (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich zu dienen bestimmt ist (Simon/Busse, a.a.O., Art. 81 Rn. 317).

Vorliegend steht die Festsetzung nach einer Zusammenschau der Bebauungsplanregelungen und nach den Inhalten der Bebauungsplanbegründung ausschließlich im Dienst des städtebaulich gewünschten Konzepts der Beklagten, den Gartenstadtcharakter des Gebiets zu erhalten. Sie hat nicht das Ziel, einen nachbarlichen Interessenausgleich herzustellen. Günstige Auswirkungen der Festsetzung auf die Nachbargrundstücke – die durchaus vorhanden sein können – reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus (vgl. zum Ganzen auch BayVGH, B.v. 25.9.2013 – 14 ZB 12.2033 – juris; VG Augsburg, U.v. 9.2.2017 – Au 5 K 16.1042 – juris; VG Bayreuth, U.v. 3.6.2015 – B 2 K 14.564 – juris).

Nach alledem ist Ziff. B 7 des Bebauungsplans als nicht drittschützende Vorschrift anzusehen. Der Nachbarschutz im Rahmen der Anfechtung einer Befreiung von dieser Vorschrift richtet sich somit ausschließlich nach dem Gebot der Rücksichtnahme.

2. Die Befreiung verletzt nicht das Gebot der Rücksichtnahme, vorliegend herzuleiten aus § 31 Abs. 2 BauGB, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, insbesondere nicht unter dem Aspekt eines Abstandsflächenverstoßes.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständiger und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass den Vorgaben des landesrechtlichen Abstandsflächenrechts diesbezüglich ohnehin nur insofern Bedeutung zukommt, als dass ein Vorhaben, das Art. 6 BayBO gerecht wird, im Regelfall bezüglich der Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung nicht rücksichtslos ist (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – juris) – sog. prima-facie-Wirkung. Einen der Klägerin günstigen Gegenschluss, wonach ein Vorhaben, das die Abstandsflächen verletzt, auch rücksichtslos wäre, gibt es dagegen nicht (statt aller VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris m.w.N.).

Das in der Befreiungsentscheidung festgelegte Vorhaben wahrt die Abstandsflächen. Eine Mauerhöhe von 1,80 m ist abstandsflächenrechtlich privilegiert (Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO); die Einschränkung des Art. 6 Abs. 9 Satz 2 BayBO gilt für Einfriedungen nicht. Die oben dargelegte Indizwirkung ist somit gegeben. Ein abweichender Sonderfall ist nicht auszumachen; v.a. kommt auch eine sog. abriegelnde Wirkung bei einer Höhe von 1,80 m nicht in Betracht.

Sonstige Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sind nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen – die Anwohnergemeinschaft stellt eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts dar, §§ 705ff. BGB – den Klägern aufzuerlegen hätte nicht der Billigkeit entsprochen, da sich die Beigeladene nicht mittels Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben hat. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

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Tatbestand

Die Klägerin begehrt den Erlass einer (Teil-) Beseitigungsanordnung gegenüber ihrer Nachbarin bezüglich einer von dieser errichteten Gabionenwand.

Das Begehr bezieht sich auf die Grundstücke FlNr. 1454 und FlNr. 1454/4, jeweils Gemarkung H. (i.F.: Vorhabengrundstück). Die Klägerin ist Eigentümerin des nordwestlich angrenzenden Flurstücks 1452/1, Gemarkung H. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 69 „Zwischen D.str. – G.str. – N.str. – G.-K.-Str.“ und im Geltungsbereich einer gemeindlichen Einfriedungssatzung und einer Baumschutzverordnung. Der Bebauungsplan Nr. 69 regelt in Ziff. B 7 Folgendes:

Einfriedungen. Art und Material: Einfriedungen zu öffentlichen Verkehrsflächen sind als Holzlattenzäune auszuführen; zwischen den einzelnen Grundstücken nur als hinterpflanzte Maschendrahtzäune. Die Höhe der Einfriedungen wird mit 1,2 m festgesetzt. Dies gilt nicht für Hecken.

Die Beigeladene zu 1. errichtete die Gabionenwand in einer Höhe von 1,80 m (auf der weit überwiegenden Länge) bis 2,40 m (in dem Grundstücksbereich, an den ein klägerischer Carport grenzt, vgl. die Niederschrift über den Augenschein und Bl. 23ff. d. Behördenakts – i.F.: BA –). Der klägerische Carport, der sich an eine Garage anschließt, ist – die Photovoltaikpaneele eingeschlossen, die als Decke fungieren – 2,80 m hoch; die Gesamtlänge von Garagenwand und Carport auf dem klägerischen Grundstück beträgt ca. 15 m.

Unter dem 7. Dezember 2017 beantragte der Klägerbevollmächtigte beim Landratsamt München (i.F.: Landratsamt) bauaufsichtliches Einschreiten in Form einer Beseitigungsanordnung. Die genehmigte Höhe der Gabionenwand von 1,80 m werde teils um 50 cm überschritten. Dies stelle nicht nur eine Missachtung der Genehmigung dar, sondern enthalte auch einen Verstoß gegen die textliche Festsetzung Ziff. B 7 des Bebauungsplans Nr. 69 sowie gegen Abstandsflächenrecht; das Ermessen der Behörde sei auf Null reduziert.

Die Behördenakte enthält einen Aktenvermerk des zuständigen Sachbearbeiters vom 14. März 2018 (Bl. 23 d. BA). Danach sei der Klägerbevollmächtigte telefonisch darüber informiert worden, dass gegen die Gabionenwand nicht eingeschritten werde. Grund sei, dass auch die Grenzgarage der Klägerin mit dem angebauten Carport die Abstandsflächen verletze, da die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 9 BayBO nicht eingehalten würden. Somit lägen wechselseitige Abstandsflächenverletzungen vor, wobei die Gabionenwand nur im Bereich der klägerischen Grenzbebauung über 2 m hoch sei. Ansonsten halte sie die genehmigte Höhe von 1,80 m ein. Ein Einschreiten sei deswegen nicht angezeigt, ein entsprechender klägerischer Anspruch nicht gegeben.

Daraufhin erhob der Klägerbevollmächtigte für die Klägerin am 26. März 2018 Klage. Er beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, gegen den Eigentümer des Vorhabengrundstücks eine Beseitigungsanordnung zu erlassen, in der dieser verpflichtet wird, die Gabionenwand insoweit zu beseitigen, als sie eine Höhe von 1,20 m übersteigt.

Die Bauherren hätten die Befreiung, die im Übrigen im Verfahren M 9 K 17.5750 beklagt sei, ignoriert und die Gabionenwand wesentlich höher errichtet. An einigen Stellen erreiche die Mauer eine Höhe von 2,50 m. Dies stelle nicht nur eine Missachtung der Genehmigung dar, sondern enthalte auch einen Verstoß gegen die textliche Festsetzung Ziff. B 7 des Bebauungsplans Nr. 69 sowie gegen Abstandsflächenrecht; Art. 6 Abs. 9 Satz 3 Nr. 3 BayBO werde nicht erfüllt. Die Wand verhindere eine ordnungsgemäße Belichtung, Belüftung und Besonnung des klägerischen Grundstücks. Hierbei sei auch zu beachten, dass die Klägerin an ihrer Grundstücksgrenze eine Reihe von Solaranlagen aufgebaut habe, die auf Sonneneinstrahlung angewiesen seien; die Mauer verursache einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden. Das Landratsamt sei auf den klägerischen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten hin und auch auf wiederholtes Nachfassen nicht tätig geworden, weswegen Untätigkeitsklage geboten sei. Es handele sich nicht um eine genehmigungsfreie bauliche Anlage, da die Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. a BayBO nicht mehr gewahrt würden. Es hätte eine vollständige Baugenehmigung gemäß Art. 68 BayBO erlassen werden müssen. Das Vorhandensein einer Genehmigung spiele im Übrigen keine Rolle, der Tatbestand des Art. 76 Satz 1 BayBO liege aufgrund des materiellen Verstoßes gegen Art. 6 BayBO vor. Wegen der deutlichen Nachbarrechtsverletzung sei das behördliche Ermessen auf Null reduziert; eine teilweise Beseitigungsanordnung sei verhältnismäßig, was sich insbesondere auch aus dem bewussten Verstoß gegen Abstandsflächenrecht ergebe. Der Rückbau einer Gabionenwand sei auch unproblematisch möglich. Es könne auch nicht eingewandt werden, dass sich die Klägerin selbst durch ihre auf ihrem Grundstück errichteten Anlagen fehlerhaft verhalte: Dort befinde sich nur eine Garage und im Anschluss Anlagen, auf denen Solaranlagen montiert seien. Über Letztere sei bereits ein Prozess geführt worden (M 9 K 14.5052), der Rückbau auf das festgestellte zulässige Maß erfolgt. Der jetzige Bestand falle unter Genehmigungsfreiheitstatbestände. Die an die Garage angebaute Anlage sei kein Carport und kein Gebäude, da keine Bedachung vorhanden sei, es handele sich lediglich um aufliegende Solarzellen, die mit einer Bedachung nicht verglichen werden könnten. Die angebaute Anlage löse für sich also keinerlei Abstandsflächenrelevanz aus; sämtliche Anlagen auf dem klägerischen Grundstück seien deswegen zulässigerweise errichtet worden. Der ehemalige Bauherr (Bauträger P.) habe zudem im Jahr 2016 einen Bauantrag bei der Gemeinde eingereicht mit einer Mauer in Höhe von 2,35 m. Die Nachbarin und jetzige Klägerin habe damals die Unterschrift verweigert, die Genehmigung sei abgelehnt worden; dem damaligen Bauherren sei also klar gewesen, dass eine Mauer mit einer derartigen Höhe nicht genehmigungsfähig sei und die Gemeinde widersprechen würde. Auf dem Nachbargrundstück befänden sich zudem zahlreiche weitere Bauvorhaben, die rechtlich unzulässig seien, wie z.B. abstandsflächenrelevante Gauben. Es sei festzuhalten, dass der Bauherr sämtliche behördlichen Vorgaben bewusst überschreite; insofern sei jede Verhältnismäßigkeitsprüfung fehl am Platz.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Verpflichtungsklage sei unbegründet, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erlass der begehrten Beseitigungsanordnung. Soweit die Gabionenwand eine Höhe von 2,00 m nicht überschreite, stehe der Klägerin kein Anspruch zu, da kein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften vorliege (Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO). Auch in bauplanungsrechtlicher Hinsicht könne eine Rechtsverletzung insoweit nicht geltend gemacht werden. Die erteilte Befreiung beziehe sich auf eine nicht nachbarschützende Bebauungsplanregelung. Soweit die Gabionenwand eine Höhe von 2,00 m überschreite, widerspreche sie zwar den Abstandsflächenvorschriften; aufgrund der vorhandenen Grenzgebäude auf dem Nachbargrundstück sei ein bauaufsichtliches Einschreiten nach pflichtgemäßem Ermessen aber nicht angezeigt. Auf dem klägerischen Grundstück befinde sich im Anschluss an die ca. 8,75 m lange Garage eine Überdachung, die eine Länge von 6,80 m aufweise. Es handele sich bei Letzterem um ein Gebäude, das nach Angaben der Nachbarschaft auch regelmäßig zu Aufenthaltszwecken genutzt werde. Nur in diesen Bereichen überschreite die Gabionenwand eine Höhe von 2,00 m. Auch befänden sich weitere klägerische Nebengebäude und mehrere Solarpaneele an der Grenze, die Maximallänge zulässiger Grenzbebauung werde überschritten. Die Klägerin könne sich nach alledem nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf eine Verletzung von Abstandsflächenrecht berufen. Schließlich sei der Aussage des Klägerbevollmächtigten zu widersprechen, dass der Rückbauanordnung vom 27. Oktober 2014 nachgekommen worden sei (streitgegenständlich im Verfahren M 9 K 14.5052); wie bei einer Ortseinsicht vom 12. April 2018 festgestellt worden sei, seien u.a. die Solarpaneele an der südöstlichen Fassade des Hauptgebäudes, die Paneele am Balkon und ein Teil der Paneele entlang der Zufahrt entgegen der Beseitigungsanordnung nicht beseitigt worden.

Die Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 2. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 6. Juni 2018. Auf die Augenscheinfeststellungen in der Niederschrift über den Augenschein wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten in den Verfahren M 9 K 17.5750, M 9 K 18.1526 und M 9 K 14.5052, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2018.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Verpflichtung des Beklagten, die begehrte (Teil-) Beseitigungsanordnung zu erlassen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Dies gilt unabhängig davon, dass der Tatbestand von Art. 76 Satz 1 BayBO erfüllt ist: Die Gabionenwand als Anlage in diesem Sinne ist – den nicht drittschützenden Charakter der Verfahrensvorschriften außen vor gelassen – formell illegal, da sie ohne die erforderliche Befreiung errichtet wurde. Der Fall einer Überschreitung der mittels Befreiung festgelegten Maße ist dem Fall einer gänzlich fehlenden Befreiung insoweit gleichzustellen (vgl. BayVGH, U.v. 1.7.2005 – 25 B 01.2747 – juris; a.A. Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 75 Rn. 39). Die i.S.v. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO „geschlossene“ Gabionenwand in dieser Form verstößt im Bereich der Elemente, die höher als 2 m errichtet wurden, auch gegen die nachbarschützenden Regelungen in Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 BayBO, auf eine „mittlere Höhe“ der gesamten Mauer darf nicht abgestellt werden (Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 6 Rn. 599).

Wie das Gericht aber – mit Bezug auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – wiederholt entschieden hat, ist das Vorliegen des Tatbestands der Befugnisnorm (im Fall der Nachbarklage: Verstoß gegen drittschützende Vorschrift) zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten (vgl. nur VG München, U.v. 12.7.2017 – M 9 K 16.3039 – juris; U.v. 6.7.2016 – M 9 K 15.1939 – juris, jeweils m.w.N.): Die Verletzung in nachbarschützenden Rechten ist nur eine erste Voraussetzung dafür, als Nachbar die Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde erzwingen zu können, gegen eine Anlage einzuschreiten (statt aller BayVGH, B.v. 25.9.2013 – 14 ZB 12.2033 – juris). Eine Ermessensreduzierung auf Null und damit ein Rechtsanspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten ist nur dann gegeben, wenn zum Verstoß gegen eine drittschützende Vorschrift besonders qualifizierte Beeinträchtigungen der nachbarlichen Rechtsstellung treten, namentlich, wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind und die Abwägung der Beeinträchtigung des Nachbarn mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Überwiegen der Interessen des Nachbarn ergibt (statt aller BayVGH, B.v. 20.4.2010 – 9 ZB 08.319 – juris; B.v. 18.6.2008 – 9 ZB 07.497 – juris; VG München, U.v. 25.3.2015 – M 9 K 14.3343 – juris).

Vorliegend ist eine derartige besonders qualifizierte Beeinträchtigung der Klägerrechte nicht ansatzweise erkennbar. An der gemeinsamen Grundstücksgrenze befinden sich auf der Klägerseite im Bereich der Elemente, die 2,00 m überschreiten, eine Garage und ein Carport mit höheren Abmessungen. Eine Beeinträchtigung der Schutzzwecke des Abstandsflächenrechts ist somit nicht ersichtlich (vgl. auch BayVGH, B.v. 18.6.2008 – 9 ZB 07.497 – juris Rn. 5f., VG München, U.v. 13.10.2015 – M 1 K 15.2563 – juris Rn. 22). Der geltend gemachte Anspruch scheitert bereits hier.

Unabhängig davon und selbständig tragend kann die Klägerin eine (Teil-) Beseitigung auch deswegen nicht verlangen, weil ein wechselseitiger Abstandsflächenverstoß gegeben ist. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB, kann ein Nachbar einen Abstandsflächenverstoß nicht rügen (wobei die genaue systematische Einordnung des Grundsatzes von Treu und Glauben in das bauordnungsrechtliche Prüfprogramm unerheblich ist, vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris), wenn er selbst Art. 6 BayBO verletzt, wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichwertig sind und wenn das Bauvorhaben nicht zu – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führt (vgl. BayVGH, a.a.O.).

Vorliegend wurde jeweils gegen Art. 6 BayBO verstoßen, die Verstöße sind in etwa gleichwertig – bzw. der klägerische Verstoß ist sogar massiver, da die Mauer nach Feststellungen des Landratsamtes und des Gerichts im Augenschein nur am angebauten Carport eine Höhe von 2,40 m erreicht und dann schnell auf 1,80 m abstuft (vgl. Bl. 24 d. BA und Niederschrift über den Augenschein), wohingegen der Carport ca. 2,80 m hoch ist. Es ist auch kein schlechthin untragbarer, als Missstand zu qualifizierender Zustand gegeben; eine Gefängnishofatmosphäre o.Ä. kommt bei einer Mauer, die weit überwiegend hinter den bauordnungsrechtlich gesetzlich zugelassenen 2,00 m zurückbleibt und nur im Bereich eines grenzständigen Anbaus höher auskragt, nicht in Betracht.

Dass der Carport bzw. der Anbau an die Garage – wie der Bevollmächtigte vorträgt – kein Gebäude im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBO sei, sondern nur „Träger“ der Solaranlagen und damit abstandsflächenrechtlich „neutral“, ist nicht nachvollziehbar. Gebäude sind nach Art. 2 Abs. 2 BayBO selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können; wie die Überdeckung beschaffen sein muss, ist nicht vorgegeben, sie kann also auch aus Photovoltaikpaneelen bestehen (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 16.7.1992 – 2 B 91.737 – BeckRS 1992, 10688 zur Gebäudequalität eines reinen Vordaches: „Das Vordach stellt ein Gebäude im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBO und damit eine bauliche Anlage nach Art. 2 Abs. 1 BayBO dar, weil es eine bestimmte Bodenfläche ständig vor Witterungseinflüssen schützt und auch von Menschen betreten werden kann“). Weiter zeigt Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 BayBO gerade, dass Solaranlagen nur dann privilegiert sind, wenn sie „gebäudeunabhängig“ sind (dazu Molodovsky u.a., BayBO, Stand: 37. Update 11/17, Art. 6 Rn. 283; vgl. auch Art. 57 Abs. 1 Nr. 3 lit. a sublit. aa BayBO und Dirnberger, Das Abstandsflächenrecht in Bayern, 3. Auflage 2015, Rn. 305).

Dazu schließlich, dass der Beseitigungsanordnung vom 27. Oktober 2014 (Bl. 14ff. d. Gerichtsakts im Verfahren M 9 K 14.5052) nicht nachgekommen wurde, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landratsamtes verwiesen. Diesbezüglich laufen gegenwärtig Vollstreckungsverfahren wegen Nichterfüllung der Verpflichtungen (vgl. Bl. 403f. d. BA „Anfragen/Beschwerden/Sonstiges“, Az. 7.1.1 – 0080/12/BK).

Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, ist nicht erkennbar.

Ein zwar nicht ausdrücklich geltend gemachter, aber im Vornahmeantrag als „Minus“ stets enthaltener Anspruch auf (erstmalige) Verbescheidung besteht nicht. Ihm fehlte es bereits am Rechtsschutzbedürfnis, da das Gericht entsprechend seiner Verpflichtung, den Antrag selbst spruchreif zu machen und grundsätzlich selbst abschließend zu entscheiden, ob der behauptete Anspruch in der Sache besteht, bereits alle Aspekte geprüft hat (Eyermann, 14. Aufl. 2014, VwGO § 75 Rn. 3; vgl. auch Wittmann: Die verwaltungsgerichtliche Untätigkeitsklage in der gerichtlichen Praxis, JuS 2017, 842). Zudem hat der Beklagte den Klägerbevollmächtigten vor Erhebung der Klage telefonisch über den eigenen Rechtsstandpunkt in Kenntnis gesetzt, einen Aktenvermerk darüber gefertigt und sich zudem in der Klageerwiderung zu allen Punkten verhalten; ein völliges Schweigen der Behörde liegt also gerade nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. – die Anwohnergemeinschaft stellt eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts dar, §§ 705ff. BGB – der Klägerin aufzuerlegen hätte nicht der Billigkeit entsprochen, da sich die Beigeladene nicht mittels Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben hat. Die Beigeladene zu 2. hat demgegenüber einen Antrag gestellt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine für das Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung (Neubau eines Reihenhauses mit Garagen und Stellplätzen).

Die Baugenehmigung bezieht sich auf die im Eigentum der Beigeladenen stehende Fl. Nr. ..., Gem. G. (i.F.: Baugrundstück), die 746 m² groß ist (Bl. 37 d. Behördenakts – i.F.: BA –). Der Antragsteller ist Eigentümer des südöstlich angrenzenden Grundstücks Fl. Nrn. ..., Gem. G. Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Mit Bauantrag vom 27. November 2016 und Bauvorlagen vom 19. November 2016 – Urfassung – beantragte die Beigeladene die streitgegenständliche Baugenehmigung. Die Gemeinde G. verweigerte mit Beschluss des Gemeinderats vom 14. Dezember 2016 das Einvernehmen (Beschlussausfertigung vom 21. Dezember 2016). Auf Hinweisschreiben des Landratsamtes P. a. d. I. (i.F.: Landratsamt) vom 1. Februar 2017 (Bl. 43 d. BA), vom 25. April 2017 (Bl. 45 d. BA) und vom 10. Mai 2017 (Bl. 46 d. BA), wonach das Bauvorhaben in der Urfassung der Bauvorlagen nicht genehmigungsfähig gewesen sei bzw. mit denen die Vervollständigung der Bauvorlagen angemahnt wurde, änderte die Beigeladene die Bauvorlagen teilweise ab. Auch zur Neufassung vom 15. April 2017 verweigerte die Gemeinde G. unter Bezugnahme auf die Stellungnahme vom 21. Dezember 2016 das Einvernehmen (Bl. 6 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Juni 2017 (Az. 30/602 BV II 20162777) erteilte der Beklagte unter Berücksichtigung der Änderungsplanung vom 15. April 2017 die mit diversen Auflagen versehene Baugenehmigung (Ziff. 1 des Bescheids).

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat mit Schriftsatz vom 1. August 2017 die vom Antragsteller persönlich am 7. Juli 2017 erhobene Klage begründet und Eilantrag gestellt. Er beantragt,

gem. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen und einen sofortigen Baustopp zu verhängen.

Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung gründeten auf einem Verstoß gegen das Einfügungsgebot des § 34 BauGB. Das Landratsamt habe ein bauträgeroptimiertes Vorhaben genehmigt, das insbesondere im Maß der Nutzung „(Bauhöhen, Gauben, Abstandsflächen, Dichte der Bebauung)“ den Vorgaben des BauGB widerspreche. Der Kniestock und die in der Umgebung ohne Vorbild geplante Dachneigung von 35 Grad führten zu nachteiligen Auswirkungen auf die Gebäudehöhe; das Bauvorhaben werde so deutlich höher als die Bebauung in der unmittelbaren Umgebung. Bisher seien vonseiten des Landratsamtes unter Berufung auf den Bebauungsplan nur Dachneigungen von 28 Grad genehmigt worden. Die geplanten sieben Dachgauben seien optisch weit wuchtiger als die im Umfeld üblichen Dachfenster bzw. kleinen Gauben. Der „vorgeschriebene Abstand“ sei von früher 8 m auf nunmehr 6 m verringert worden. Dies ergebe sich daraus, dass das Baugrundstück von den Festsetzungen des mittlerweile aufgehobenen Bebauungsplans „Z.-Feld 2“ nicht mehr betroffen sei. Nur der Bauträger profitiere hiervon und dürfe anders und größer bauen, dies sei ein klassischer Fall von Vetternwirtschaft. Die Balkone des Neubaus ragten im Übrigen in diesen verkleinerten Zwischenraum hinein.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Vorhaben füge sich nach der Art der baulichen Nutzung in die Umgebungsbebauung ein. Die Anzahl der Wohnungen gehöre nicht zu den Kriterien des Einfügens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung füge es sich auch ein, in der näheren Umgebung seien mehrere Bezugsfälle vorhanden, die eine Bebauung in der geplanten Kubatur und Fläche zuließen; insbesondere sei hier das direkte Nachbargebäude M.-Str. 1 zu nennen, das hinsichtlich der relevanten Maße vergleichbar sei und keine Solitärstellung einnehme. Die Fragen, ob die Wandhöhe durch einen Kniestock zustande komme oder durch welche Dachneigung die Firsthöhe bedingt sei, wären nur relevant, wenn der Bebauungsplan Nr. 17 „Z.-Feld I“, in dessen ehemaligem Geltungsbereich sich das Bauvorhaben befinde, noch gültig wäre. Dieser sei aber entgegen der klägerischen Angabe gänzlich aufgehoben worden; der benachbarte Bebauungsplan Nr. 18 „Z.-Feld II“ sei zeitgleich teilweise aufgehoben worden. Auch die Gauben seien für ein Einfügen nicht schädlich; auf der Hanggeschossseite nähmen sie zusammen 7 m Breite für sich in Anspruch, das seien nur 36% der Dachlänge. Sie müssten deshalb nicht zur Wandhöhe hinzugezählt werden. Unabhängig davon, dass das Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfumfang gehöre, seien die Abstandsflächen eingehalten; dabei werde das 16 m-Privileg auf der Westseite und für die Gauben auf der Südseite angewendet. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht erkennbar.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

1. Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.

Die Drittanfechtungsklage wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt den Antragsteller nach summarischer Prüfung nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris; VG München, B.v. 7.9.2016 – M 1 SN 16.3556 – juris).

Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist nach der ständigen Rechtsprechung auch der entscheidenden Kammer vorliegend von vorn herein nicht ersichtlich. Es wird exemplarisch verwiesen auf folgende jüngst ergangene Entscheidungen, die sich mit den angesprochenen Rechtsfragen an sich umfassend auseinandersetzen: VG München, U.v. 16.11.2016 – M 9 K 16.2458 –; U.v. 7.12.2016 – M 9 K 16.3315 –; U.v. 7.12.2016 – M 9 K 16.3410 –; B.v. 17.7.2017 – M 9 SN 17.2380 – allesamt m.w.N. und bei juris seit längerem veröffentlicht.

Zum hiesigen Verfahren wird im Anschluss daran Folgendes ausgeführt:

Der behauptete Verstoß gegen das Einfügungsgebot, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, trägt eine Nachbarklage für sich genommen von vorn herein nicht (a). Eine Unzulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BauNVO scheidet ebenfalls aus (b).

Dabei ist vorab klarzustellen, dass der zwischenzeitlich aufgehobene Bebauungsplan Nr. 17 „Z.-Feld I“ für die vorliegende Entscheidung keine Rolle spielt; selbiges gilt für die vom Antragsteller unterstellten Motive der Aufhebung. Maßgeblich ist nur mehr § 34 BauGB, da das Bauvorhaben ausweislich der Stellungnahme der Gemeinde G. vom 21. Dezember 2016 und der Antragserwiderung des Landratsamts im (unbeplanten) Innenbereich liegt; dies wird auch durch über Bayern Atlas Plus abgerufene Luftbilder bestätigt.

a) Der sich aus der näheren Umgebung ergebende Rahmen wird vorliegend hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Kniestock, Dachneigung, jeweils in Bezug auf die Gebäudehöhe, § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Landratsamts von vorn herein nicht überschritten: Das Nachbargebäude auf Fl. Nr. ..., Gem. G stellt sich danach hinsichtlich Wand- (6,76 m gegenüber ca. 6,49 m beim Bauvorhaben) und Firsthöhe (8,80 m gegenüber 8,81 m), im Übrigen auch hinsichtlich Grundfläche (238 m² gegenüber 219 m²) und Geschossentwicklung (z.T. Keller oberirdisch sichtbar + EG + DG mit überhohem Kniestock gegenüber HG + EG + DG) nahezu identisch dar bzw. überschreitet die Maße des geplanten Bauvorhabens sogar größtenteils. Diese Messungen gehen auf einen Ortstermin vom 16. März 2017 zurück (Bl. 1 d. BA, Rückseite).

Unabhängig davon wäre der Antragsteller allein durch ein hypothetisches Nicht-Einfügen dem Maß der baulichen Nutzung nach nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen. Die Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung dienen grundsätzlich nur der städtebaulichen Ordnung, nicht aber auch „direkt“ dem Schutz des Nachbarn (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1995 – 4 B 52/95 – juris und im Übrigen die oben angegebene Rechtsprechung, die weitere Nachweise aus der ständigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung enthält). Der Antragsteller ist diesbezüglich auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme beschränkt (siehe dazu unter II.1.b).

Hinsichtlich der Punkte steilere Dachneigung im Übrigen (d.h. von der oben angesprochenen Firsthöhe abgesehen), Gauben und Balkone ist von vorn herein unklar, welcher rechtliche Anknüpfungspunkt hier für ein Nicht-Einfügen i.S.v. § 34 BauGB bestehen soll. Diese Fragen haben mit den in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB angesprochenen Einfügungsmerkmalen, insbesondere mit der Bauweise und auch mit dem Maß der baulichen Nutzung nichts zu tun. Sie werden grundsätzlich nur bei den Abstandsflächen relevant (vgl. Art. 6 Abs. 4 Satz 3, Abs. 8 Nr. 2 und Nr. 3 BayBO), die vorliegend nicht ins Prüfprogramm der im vereinfachten Verfahren, Art. 59 Satz 1 BayBO, erteilten Baugenehmigung fallen – und die (für sich genommen) nichts mit dem bauplanungsrechtlichen Einfügungsgebot zu tun haben. Letzteres gilt auch für die Anzahl der Wohneinheiten, worauf das Landratsamt zu Recht hinweist.

b) Auch eine Verletzung der grundsätzlich jedenfalls teilweise nachbarschützenden § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauNVO scheidet aus.

Eine Verletzung des sog. Gebietsprägungserhaltungsanspruchs, § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, auf die der Antragsteller mit seinem Vortrag zu Umfang („Dichte der Bebauung“) und Höhe des Bauvorhabens abzuheben scheint und auf die er sich grundsätzlich berufen könnte (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86/01 – juris; BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris; B.v. 26.5.2008 – 1 CS 08.881 – juris; zweifelnd dagegen bspw. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris), kommt nicht in Betracht. Hinsichtlich des Bauvorhabens schlägt Quantität ersichtlich nicht in Qualität um. Aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannten Kriterium „Umfang“ folgt zwar, dass eine bauliche Anlage auch wegen ihrer Dimension unzulässig sein kann. Die Bestimmung geht dabei aber davon aus, dass im Einzelfall Quantität insofern „in Qualität umschlagen muss“, dass die Größe einer baulichen Anlage die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung – vgl. den Standort der Regelung im Ersten Abschnitt der BauNVO – erfasst und beeinflusst (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris; OVG NW, B.v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris). Erforderlich wäre hierfür, dass aufgrund der Dimensionierung der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung in das Gebiet hineingetragen wird. Es müssten sich Anhaltspunkte ergeben für einen Widerspruch des Vorhabens zur Eigenart des Gebiets aufgrund seines Umfangs oder seiner Zweckbestimmung.

Vorliegend handelt es sich den Luftbildern nach (abgerufen über Bayern Atlas Plus und Google Maps) zu urteilen um ein faktisches reines Wohngebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks finden sich nur Wohnhäuser. Die nachfolgenden Ausführungen beanspruchen aber auch dann Gültigkeit, wenn ein faktisches allgemeines Wohngebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO gegeben ist.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die geplanten Reihenhäuser der Eigenart dieses reinen bzw. allgemeinen Wohngebiets widersprechen könnten. Dies folgt daraus, dass sich § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nur auf die Art und nicht auf das Maß der baulichen Nutzung bezieht (BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3/94 – juris; BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris). Das bedeutet, dass es gerade nicht entscheidend ist, ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung – vorliegend v.a.: nach Wand bzw. Firsthöhe und Grundfläche – vollumfänglich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (BVerwG, a.a.O. und KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 20). Über den „Umweg“ des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wird kein im Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gerade nicht bestehendes (vgl. dazu oben, II.1.a) nachbarliches Recht begründet, ein Nichteinfügen dem Maß der baulichen Nutzung nach rügen zu können. Weiter ist das Merkmal des „Umfangs“ einer baulichen Anlage nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO jedenfalls nicht nur (weitergehend VGH BW, B.v. 24.5.2012 – 3 S 629/12 – juris) nach der Kubatur, dem „baulichen“ Umfang der Anlage (Grundfläche und Höhe, vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO), sondern auch nach ihrer funktionalen Ausstrahlungswirkung auf das Gebiet zu beurteilen (vgl. auch KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21: Eine Trennung vom Tatbestandsmerkmal der Zweckbestimmung ist kaum möglich). Entscheidend ist diesbezüglich, festzustellen, ob bzw. dass die geplanten Wohngebäude sich von der Zweckbestimmung des Gebiets – dies ist mit „der Eigenart des Baugebiets“ gemeint (König, Baurecht Bayern, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 413) –, vorwiegend dem Wohnen zu dienen, entfernen. Auch Reihenhäuser aber stellen im Vergleich zu Einfamilien bzw. Doppelhausbebauung nicht etwa eine andere Wohnform o.Ä. dar (vgl. dazu BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris). Sie sind auch in keiner Weise als „Missgriff“ einzuordnen (vgl. dazu KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 15): Die geplanten Reihenhäuser weisen mit (Gesamt-) Außenmaßen von 19,09 mauf 11,49 m (ergibt die vom Landratsamt ausgewiesene Grundfläche von 219 m² bei einer Grundstücksgröße von 746 m²) und mit einer Wandhöhe von ca. 6,49 m keine exorbitante Massivität auf (vgl. zur Nachbarbebauung oben, II.1.a); ebenso wenig steht zu erwarten, dass sie bei nur sechs herzustellenden Stellplätzen signifikant aus dem Rahmen fallende Folgewirkungen in Bezug bspw. auf An- und Abfahrtsverkehr zeitigen werden (zum Ganzen BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris; OVG NW, B.v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris; B.v. 17.2.2011 – 7 B 1803/10 – juris, jeweils m.w.N.; EZBK, BauNVO, Stand: 124. EL Februar 2017, § 15 Rn. 17). Im Verhältnis Wohnen zu Wohnen darüber hinaus eine entgegenstehende Prägung daraus ableiten zu wollen, dass der Neubau ein anderer „Haustyp“ als der Bestand sei (aneinandergebaute Reihenhäuser im Verhältnis zu Einfamilienhaus), ist mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO endgültig nicht mehr zu vereinbaren (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris, der nur auf die Außenmaße abstellt; dezidiert OVG NW, B.v. 4.7.2014 – 7 B 363/14 – juris; NdsOVG, B.v. 28.5.2014 – 1 ME 47/14 – juris).

Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das sich vorliegend aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO herleiten lässt, ist nicht ersichtlich, weder unter dem Aspekt eines Abstandsflächenverstoßes – Indizwirkung – noch aus einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens im Übrigen.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständiger und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass den Vorgaben des landesrechtlichen Abstandsflächenrechts diesbezüglich ohnehin nur insofern Bedeutung zukommt, als dass ein Vorhaben, das Art. 6 BayBO gerecht wird, im Regelfall bezüglich der Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung nicht rücksichtslos ist (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – juris) – sog. prima-facie-Wirkung. Einen dem Antragsteller günstigen Gegenschluss, wonach ein Vorhaben, das die Abstandsflächen verletzt, auch rücksichtslos sei, gibt es dagegen nicht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.8.2016 – 9 ZB 14.2808 – juris).

Das Vorhaben wahrt die Abstandsflächen. Zu Recht nimmt es, wie aus Plan-Nr. 5 „Abstandsflächen, Entwässerung, Grundstück“ hervorgeht, für die zum Grundstück des Antragstellers hin orientierten vortretenden Bauteile (Balkone, Gauben) nicht die Privilegierung des Art. 6 Abs. 8 BayBO für sich in Anspruch, da die dort festgelegten Grenzen überschritten werden. Die Einstufung der Gauben als abstandsflächenrelevante Außenwandteile – auf die allein auch bei der Anwendung des sog. 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO abzustellen ist (BayVGH, B.v. 21.4.1986 – Nr GrS 1/85 – 15 B 84 A 2534 – juris) – wurde mit einer angenommenen Breitenausdehnung von 12,35 m sogar „überobligatorisch“ erfüllt; ausreichend wäre hier die Annahme einer Ausdehnung von nur 4 x 1,75 m = 7 m gewesen (vgl. Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: 35. Update 7/17, Art. 6 Abb. 11). Die danach maßgebliche Abstandsfläche von 0,5 H (0,5 x 8,24 m = 4,12 m) wird auf dem Baugrundstück nachgewiesen. Der Ansatz der Balkone mit 1 H bleibt ebenfalls ohne Beanstandung, die Abstandsflächen von 3,35 mkommen – korrekt vom südlichen „Rand“ der Balkone aus gemessen (vgl. Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: 35. Update 7/17, Art. 6 Abb. 4) – sämtlich auf dem Baugrundstück zu liegen. Auch der Antragsteller trägt im Übrigen nicht vor, dass die Abstandsflächen verletzt seien.

Das Vorhaben verstößt auch im Übrigen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ein Ausnahmefall in Bezug auf die Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung ist nicht erkennbar. Die geplanten Reihenhäuser entwickeln keine erdrückende, einmauernde oder abriegelnde Wirkung für das Grundstück des Antragstellers. Eine solche Wirkung wurde ausnahmsweise beispielsweise bejaht für drei 11,50 m hohe Silos, die auf das Nachbargrundstück „wie eine riesenhafte metallische Mauer wirken“ (BVwerG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris) oder auch für den Neubau eines zwölfgeschossigen Hochhauses neben einem zweigeschossigen Wohnhaus in einem von zwei- und dreigeschossiger Wohnbebauung geprägten Gebiet (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris). Vorliegend ist ein derartiges „Missverhältnis“ oder auch ein derartiges „Bedrängen“ der Nachbargrundstücke nicht zu erkennen.

Etwaige Möglichkeiten der Einsichtnahme in sein Grundstück muss der Antragsteller hinnehmen. Das Gebot der Rücksichtnahme bietet in der bebauten Ortslage in der Regel keinen Schutz vor Einsichtmöglichkeiten (z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2012 – 15 CS 12.23 – juris). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass sein Grundstück von unerwünschten Einblicken freigehalten wird. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles sind vorliegend nicht ersichtlich. Schließlich hat ein Nachbar unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt – auch nicht im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme – einen Anspruch darauf, dass sich die Bebauung auf seinem Nachbargrundstück nicht ändert. Maßnahmen der (Nach-) Verdichtung, auch in ländlich geprägten Bereichen, sind hinzunehmen, solange sie baurechtlich zulässig sind.

2. Nach alledem muss auch das als Antrag nach § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO ausgelegte Begehr nach „Verhängung eines sofortigen Baustopps“ erfolglos bleiben. Dies gilt unabhängig davon, dass das Gericht bereits aus Gründen der Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GG, ohnehin nur den Antragsgegner verpflichten könnte, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen (und nicht selbst eine Baueinstellung erlassen könnte), weswegen der Antrag so falsch gefasst ist. Wenn aber die aufschiebende Wirkung der Klage mangels Erfolgsaussichten nicht anzuordnen ist (vgl. Ziff. 1. des hiesigen Beschlusses), besteht ohnehin kein Bedarf für einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Nachbarrechte.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO; die Beigeladene hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt, weswegen es nicht der Billigkeit entspräche, dem Antragsteller auch ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1, 1.5 Streitwertkatalog.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine für das Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung (Neubau eines Reihenhauses mit Garagen und Stellplätzen).

Die Baugenehmigung bezieht sich auf die im Eigentum der Beigeladenen stehende Fl. Nr. ..., Gem. G. (i.F.: Baugrundstück), die 746 m² groß ist (Bl. 37 d. Behördenakts – i.F.: BA –). Der Antragsteller ist Eigentümer des südöstlich angrenzenden Grundstücks Fl. Nrn. ..., Gem. G. Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Mit Bauantrag vom 27. November 2016 und Bauvorlagen vom 19. November 2016 – Urfassung – beantragte die Beigeladene die streitgegenständliche Baugenehmigung. Die Gemeinde G. verweigerte mit Beschluss des Gemeinderats vom 14. Dezember 2016 das Einvernehmen (Beschlussausfertigung vom 21. Dezember 2016). Auf Hinweisschreiben des Landratsamtes P. a. d. I. (i.F.: Landratsamt) vom 1. Februar 2017 (Bl. 43 d. BA), vom 25. April 2017 (Bl. 45 d. BA) und vom 10. Mai 2017 (Bl. 46 d. BA), wonach das Bauvorhaben in der Urfassung der Bauvorlagen nicht genehmigungsfähig gewesen sei bzw. mit denen die Vervollständigung der Bauvorlagen angemahnt wurde, änderte die Beigeladene die Bauvorlagen teilweise ab. Auch zur Neufassung vom 15. April 2017 verweigerte die Gemeinde G. unter Bezugnahme auf die Stellungnahme vom 21. Dezember 2016 das Einvernehmen (Bl. 6 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Juni 2017 (Az. 30/602 BV II 20162777) erteilte der Beklagte unter Berücksichtigung der Änderungsplanung vom 15. April 2017 die mit diversen Auflagen versehene Baugenehmigung (Ziff. 1 des Bescheids).

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat mit Schriftsatz vom 1. August 2017 die vom Antragsteller persönlich am 7. Juli 2017 erhobene Klage begründet und Eilantrag gestellt. Er beantragt,

gem. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen und einen sofortigen Baustopp zu verhängen.

Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung gründeten auf einem Verstoß gegen das Einfügungsgebot des § 34 BauGB. Das Landratsamt habe ein bauträgeroptimiertes Vorhaben genehmigt, das insbesondere im Maß der Nutzung „(Bauhöhen, Gauben, Abstandsflächen, Dichte der Bebauung)“ den Vorgaben des BauGB widerspreche. Der Kniestock und die in der Umgebung ohne Vorbild geplante Dachneigung von 35 Grad führten zu nachteiligen Auswirkungen auf die Gebäudehöhe; das Bauvorhaben werde so deutlich höher als die Bebauung in der unmittelbaren Umgebung. Bisher seien vonseiten des Landratsamtes unter Berufung auf den Bebauungsplan nur Dachneigungen von 28 Grad genehmigt worden. Die geplanten sieben Dachgauben seien optisch weit wuchtiger als die im Umfeld üblichen Dachfenster bzw. kleinen Gauben. Der „vorgeschriebene Abstand“ sei von früher 8 m auf nunmehr 6 m verringert worden. Dies ergebe sich daraus, dass das Baugrundstück von den Festsetzungen des mittlerweile aufgehobenen Bebauungsplans „Z.-Feld 2“ nicht mehr betroffen sei. Nur der Bauträger profitiere hiervon und dürfe anders und größer bauen, dies sei ein klassischer Fall von Vetternwirtschaft. Die Balkone des Neubaus ragten im Übrigen in diesen verkleinerten Zwischenraum hinein.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Vorhaben füge sich nach der Art der baulichen Nutzung in die Umgebungsbebauung ein. Die Anzahl der Wohnungen gehöre nicht zu den Kriterien des Einfügens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung füge es sich auch ein, in der näheren Umgebung seien mehrere Bezugsfälle vorhanden, die eine Bebauung in der geplanten Kubatur und Fläche zuließen; insbesondere sei hier das direkte Nachbargebäude M.-Str. 1 zu nennen, das hinsichtlich der relevanten Maße vergleichbar sei und keine Solitärstellung einnehme. Die Fragen, ob die Wandhöhe durch einen Kniestock zustande komme oder durch welche Dachneigung die Firsthöhe bedingt sei, wären nur relevant, wenn der Bebauungsplan Nr. 17 „Z.-Feld I“, in dessen ehemaligem Geltungsbereich sich das Bauvorhaben befinde, noch gültig wäre. Dieser sei aber entgegen der klägerischen Angabe gänzlich aufgehoben worden; der benachbarte Bebauungsplan Nr. 18 „Z.-Feld II“ sei zeitgleich teilweise aufgehoben worden. Auch die Gauben seien für ein Einfügen nicht schädlich; auf der Hanggeschossseite nähmen sie zusammen 7 m Breite für sich in Anspruch, das seien nur 36% der Dachlänge. Sie müssten deshalb nicht zur Wandhöhe hinzugezählt werden. Unabhängig davon, dass das Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfumfang gehöre, seien die Abstandsflächen eingehalten; dabei werde das 16 m-Privileg auf der Westseite und für die Gauben auf der Südseite angewendet. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht erkennbar.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

1. Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.

Die Drittanfechtungsklage wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt den Antragsteller nach summarischer Prüfung nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris; VG München, B.v. 7.9.2016 – M 1 SN 16.3556 – juris).

Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist nach der ständigen Rechtsprechung auch der entscheidenden Kammer vorliegend von vorn herein nicht ersichtlich. Es wird exemplarisch verwiesen auf folgende jüngst ergangene Entscheidungen, die sich mit den angesprochenen Rechtsfragen an sich umfassend auseinandersetzen: VG München, U.v. 16.11.2016 – M 9 K 16.2458 –; U.v. 7.12.2016 – M 9 K 16.3315 –; U.v. 7.12.2016 – M 9 K 16.3410 –; B.v. 17.7.2017 – M 9 SN 17.2380 – allesamt m.w.N. und bei juris seit längerem veröffentlicht.

Zum hiesigen Verfahren wird im Anschluss daran Folgendes ausgeführt:

Der behauptete Verstoß gegen das Einfügungsgebot, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, trägt eine Nachbarklage für sich genommen von vorn herein nicht (a). Eine Unzulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BauNVO scheidet ebenfalls aus (b).

Dabei ist vorab klarzustellen, dass der zwischenzeitlich aufgehobene Bebauungsplan Nr. 17 „Z.-Feld I“ für die vorliegende Entscheidung keine Rolle spielt; selbiges gilt für die vom Antragsteller unterstellten Motive der Aufhebung. Maßgeblich ist nur mehr § 34 BauGB, da das Bauvorhaben ausweislich der Stellungnahme der Gemeinde G. vom 21. Dezember 2016 und der Antragserwiderung des Landratsamts im (unbeplanten) Innenbereich liegt; dies wird auch durch über Bayern Atlas Plus abgerufene Luftbilder bestätigt.

a) Der sich aus der näheren Umgebung ergebende Rahmen wird vorliegend hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Kniestock, Dachneigung, jeweils in Bezug auf die Gebäudehöhe, § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Landratsamts von vorn herein nicht überschritten: Das Nachbargebäude auf Fl. Nr. ..., Gem. G stellt sich danach hinsichtlich Wand- (6,76 m gegenüber ca. 6,49 m beim Bauvorhaben) und Firsthöhe (8,80 m gegenüber 8,81 m), im Übrigen auch hinsichtlich Grundfläche (238 m² gegenüber 219 m²) und Geschossentwicklung (z.T. Keller oberirdisch sichtbar + EG + DG mit überhohem Kniestock gegenüber HG + EG + DG) nahezu identisch dar bzw. überschreitet die Maße des geplanten Bauvorhabens sogar größtenteils. Diese Messungen gehen auf einen Ortstermin vom 16. März 2017 zurück (Bl. 1 d. BA, Rückseite).

Unabhängig davon wäre der Antragsteller allein durch ein hypothetisches Nicht-Einfügen dem Maß der baulichen Nutzung nach nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen. Die Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung dienen grundsätzlich nur der städtebaulichen Ordnung, nicht aber auch „direkt“ dem Schutz des Nachbarn (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1995 – 4 B 52/95 – juris und im Übrigen die oben angegebene Rechtsprechung, die weitere Nachweise aus der ständigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung enthält). Der Antragsteller ist diesbezüglich auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme beschränkt (siehe dazu unter II.1.b).

Hinsichtlich der Punkte steilere Dachneigung im Übrigen (d.h. von der oben angesprochenen Firsthöhe abgesehen), Gauben und Balkone ist von vorn herein unklar, welcher rechtliche Anknüpfungspunkt hier für ein Nicht-Einfügen i.S.v. § 34 BauGB bestehen soll. Diese Fragen haben mit den in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB angesprochenen Einfügungsmerkmalen, insbesondere mit der Bauweise und auch mit dem Maß der baulichen Nutzung nichts zu tun. Sie werden grundsätzlich nur bei den Abstandsflächen relevant (vgl. Art. 6 Abs. 4 Satz 3, Abs. 8 Nr. 2 und Nr. 3 BayBO), die vorliegend nicht ins Prüfprogramm der im vereinfachten Verfahren, Art. 59 Satz 1 BayBO, erteilten Baugenehmigung fallen – und die (für sich genommen) nichts mit dem bauplanungsrechtlichen Einfügungsgebot zu tun haben. Letzteres gilt auch für die Anzahl der Wohneinheiten, worauf das Landratsamt zu Recht hinweist.

b) Auch eine Verletzung der grundsätzlich jedenfalls teilweise nachbarschützenden § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauNVO scheidet aus.

Eine Verletzung des sog. Gebietsprägungserhaltungsanspruchs, § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, auf die der Antragsteller mit seinem Vortrag zu Umfang („Dichte der Bebauung“) und Höhe des Bauvorhabens abzuheben scheint und auf die er sich grundsätzlich berufen könnte (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86/01 – juris; BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris; B.v. 26.5.2008 – 1 CS 08.881 – juris; zweifelnd dagegen bspw. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris), kommt nicht in Betracht. Hinsichtlich des Bauvorhabens schlägt Quantität ersichtlich nicht in Qualität um. Aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannten Kriterium „Umfang“ folgt zwar, dass eine bauliche Anlage auch wegen ihrer Dimension unzulässig sein kann. Die Bestimmung geht dabei aber davon aus, dass im Einzelfall Quantität insofern „in Qualität umschlagen muss“, dass die Größe einer baulichen Anlage die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung – vgl. den Standort der Regelung im Ersten Abschnitt der BauNVO – erfasst und beeinflusst (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris; OVG NW, B.v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris). Erforderlich wäre hierfür, dass aufgrund der Dimensionierung der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung in das Gebiet hineingetragen wird. Es müssten sich Anhaltspunkte ergeben für einen Widerspruch des Vorhabens zur Eigenart des Gebiets aufgrund seines Umfangs oder seiner Zweckbestimmung.

Vorliegend handelt es sich den Luftbildern nach (abgerufen über Bayern Atlas Plus und Google Maps) zu urteilen um ein faktisches reines Wohngebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks finden sich nur Wohnhäuser. Die nachfolgenden Ausführungen beanspruchen aber auch dann Gültigkeit, wenn ein faktisches allgemeines Wohngebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO gegeben ist.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die geplanten Reihenhäuser der Eigenart dieses reinen bzw. allgemeinen Wohngebiets widersprechen könnten. Dies folgt daraus, dass sich § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nur auf die Art und nicht auf das Maß der baulichen Nutzung bezieht (BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3/94 – juris; BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris). Das bedeutet, dass es gerade nicht entscheidend ist, ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung – vorliegend v.a.: nach Wand bzw. Firsthöhe und Grundfläche – vollumfänglich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (BVerwG, a.a.O. und KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 20). Über den „Umweg“ des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wird kein im Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gerade nicht bestehendes (vgl. dazu oben, II.1.a) nachbarliches Recht begründet, ein Nichteinfügen dem Maß der baulichen Nutzung nach rügen zu können. Weiter ist das Merkmal des „Umfangs“ einer baulichen Anlage nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO jedenfalls nicht nur (weitergehend VGH BW, B.v. 24.5.2012 – 3 S 629/12 – juris) nach der Kubatur, dem „baulichen“ Umfang der Anlage (Grundfläche und Höhe, vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO), sondern auch nach ihrer funktionalen Ausstrahlungswirkung auf das Gebiet zu beurteilen (vgl. auch KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21: Eine Trennung vom Tatbestandsmerkmal der Zweckbestimmung ist kaum möglich). Entscheidend ist diesbezüglich, festzustellen, ob bzw. dass die geplanten Wohngebäude sich von der Zweckbestimmung des Gebiets – dies ist mit „der Eigenart des Baugebiets“ gemeint (König, Baurecht Bayern, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 413) –, vorwiegend dem Wohnen zu dienen, entfernen. Auch Reihenhäuser aber stellen im Vergleich zu Einfamilien bzw. Doppelhausbebauung nicht etwa eine andere Wohnform o.Ä. dar (vgl. dazu BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris). Sie sind auch in keiner Weise als „Missgriff“ einzuordnen (vgl. dazu KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 15): Die geplanten Reihenhäuser weisen mit (Gesamt-) Außenmaßen von 19,09 mauf 11,49 m (ergibt die vom Landratsamt ausgewiesene Grundfläche von 219 m² bei einer Grundstücksgröße von 746 m²) und mit einer Wandhöhe von ca. 6,49 m keine exorbitante Massivität auf (vgl. zur Nachbarbebauung oben, II.1.a); ebenso wenig steht zu erwarten, dass sie bei nur sechs herzustellenden Stellplätzen signifikant aus dem Rahmen fallende Folgewirkungen in Bezug bspw. auf An- und Abfahrtsverkehr zeitigen werden (zum Ganzen BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris; OVG NW, B.v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris; B.v. 17.2.2011 – 7 B 1803/10 – juris, jeweils m.w.N.; EZBK, BauNVO, Stand: 124. EL Februar 2017, § 15 Rn. 17). Im Verhältnis Wohnen zu Wohnen darüber hinaus eine entgegenstehende Prägung daraus ableiten zu wollen, dass der Neubau ein anderer „Haustyp“ als der Bestand sei (aneinandergebaute Reihenhäuser im Verhältnis zu Einfamilienhaus), ist mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO endgültig nicht mehr zu vereinbaren (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris, der nur auf die Außenmaße abstellt; dezidiert OVG NW, B.v. 4.7.2014 – 7 B 363/14 – juris; NdsOVG, B.v. 28.5.2014 – 1 ME 47/14 – juris).

Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das sich vorliegend aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO herleiten lässt, ist nicht ersichtlich, weder unter dem Aspekt eines Abstandsflächenverstoßes – Indizwirkung – noch aus einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens im Übrigen.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständiger und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass den Vorgaben des landesrechtlichen Abstandsflächenrechts diesbezüglich ohnehin nur insofern Bedeutung zukommt, als dass ein Vorhaben, das Art. 6 BayBO gerecht wird, im Regelfall bezüglich der Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung nicht rücksichtslos ist (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – juris) – sog. prima-facie-Wirkung. Einen dem Antragsteller günstigen Gegenschluss, wonach ein Vorhaben, das die Abstandsflächen verletzt, auch rücksichtslos sei, gibt es dagegen nicht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.8.2016 – 9 ZB 14.2808 – juris).

Das Vorhaben wahrt die Abstandsflächen. Zu Recht nimmt es, wie aus Plan-Nr. 5 „Abstandsflächen, Entwässerung, Grundstück“ hervorgeht, für die zum Grundstück des Antragstellers hin orientierten vortretenden Bauteile (Balkone, Gauben) nicht die Privilegierung des Art. 6 Abs. 8 BayBO für sich in Anspruch, da die dort festgelegten Grenzen überschritten werden. Die Einstufung der Gauben als abstandsflächenrelevante Außenwandteile – auf die allein auch bei der Anwendung des sog. 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO abzustellen ist (BayVGH, B.v. 21.4.1986 – Nr GrS 1/85 – 15 B 84 A 2534 – juris) – wurde mit einer angenommenen Breitenausdehnung von 12,35 m sogar „überobligatorisch“ erfüllt; ausreichend wäre hier die Annahme einer Ausdehnung von nur 4 x 1,75 m = 7 m gewesen (vgl. Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: 35. Update 7/17, Art. 6 Abb. 11). Die danach maßgebliche Abstandsfläche von 0,5 H (0,5 x 8,24 m = 4,12 m) wird auf dem Baugrundstück nachgewiesen. Der Ansatz der Balkone mit 1 H bleibt ebenfalls ohne Beanstandung, die Abstandsflächen von 3,35 mkommen – korrekt vom südlichen „Rand“ der Balkone aus gemessen (vgl. Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: 35. Update 7/17, Art. 6 Abb. 4) – sämtlich auf dem Baugrundstück zu liegen. Auch der Antragsteller trägt im Übrigen nicht vor, dass die Abstandsflächen verletzt seien.

Das Vorhaben verstößt auch im Übrigen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ein Ausnahmefall in Bezug auf die Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung ist nicht erkennbar. Die geplanten Reihenhäuser entwickeln keine erdrückende, einmauernde oder abriegelnde Wirkung für das Grundstück des Antragstellers. Eine solche Wirkung wurde ausnahmsweise beispielsweise bejaht für drei 11,50 m hohe Silos, die auf das Nachbargrundstück „wie eine riesenhafte metallische Mauer wirken“ (BVwerG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris) oder auch für den Neubau eines zwölfgeschossigen Hochhauses neben einem zweigeschossigen Wohnhaus in einem von zwei- und dreigeschossiger Wohnbebauung geprägten Gebiet (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris). Vorliegend ist ein derartiges „Missverhältnis“ oder auch ein derartiges „Bedrängen“ der Nachbargrundstücke nicht zu erkennen.

Etwaige Möglichkeiten der Einsichtnahme in sein Grundstück muss der Antragsteller hinnehmen. Das Gebot der Rücksichtnahme bietet in der bebauten Ortslage in der Regel keinen Schutz vor Einsichtmöglichkeiten (z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2012 – 15 CS 12.23 – juris). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass sein Grundstück von unerwünschten Einblicken freigehalten wird. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles sind vorliegend nicht ersichtlich. Schließlich hat ein Nachbar unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt – auch nicht im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme – einen Anspruch darauf, dass sich die Bebauung auf seinem Nachbargrundstück nicht ändert. Maßnahmen der (Nach-) Verdichtung, auch in ländlich geprägten Bereichen, sind hinzunehmen, solange sie baurechtlich zulässig sind.

2. Nach alledem muss auch das als Antrag nach § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO ausgelegte Begehr nach „Verhängung eines sofortigen Baustopps“ erfolglos bleiben. Dies gilt unabhängig davon, dass das Gericht bereits aus Gründen der Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GG, ohnehin nur den Antragsgegner verpflichten könnte, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen (und nicht selbst eine Baueinstellung erlassen könnte), weswegen der Antrag so falsch gefasst ist. Wenn aber die aufschiebende Wirkung der Klage mangels Erfolgsaussichten nicht anzuordnen ist (vgl. Ziff. 1. des hiesigen Beschlusses), besteht ohnehin kein Bedarf für einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Nachbarrechte.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO; die Beigeladene hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt, weswegen es nicht der Billigkeit entspräche, dem Antragsteller auch ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1, 1.5 Streitwertkatalog.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2.

III. Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine der Beigeladenen zu 1 erteilte Baugenehmigung.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des an der Straße „Z** …“ gelegenen, mit dem Verwaltungsgebäude eines Versandbuchhandels bebauten Grundstücks FlNr. … Gemarkung V* … Die Beigeladene zu 1 betreibt auf den östlich gelegenen Grundstücken FlNr. … und … ein gewerbliches Unternehmen zur Produktion maßgeschneiderter Kabelkonfektionen, Kabelsätze, Schaltschränke und Baugruppen. Nördlich der Grundstücke verläuft auf dem Grundstück FlNr. … der Beigeladenen zu 2 in Ost-West-Richtung die Straße „I* …“. Sämtliche Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 9. Dezember 1997 bekannt gemachten Bebauungsplans „V* … … … *“ der Beigeladenen zu 2 in der Fassung der am 19. April 2016 bekannt gemachten 4. Änderung. Dieser weist die Grundstücke als Gewerbegebiet aus. In den textlichen Festsetzungen der Ursprungsfassung des Bebauungsplans ist unter 1.1 („Maß der baulichen Nutzung“) festgelegt, dass die „höchstzulässige Gebäudehöhe (GbH = Abstand zwischen Erdgeschossfußboden und Schnittpunkt Wand/Dach) im GE-Gebiet < 7,00 m“ betragen darf. In 1.2 („Gebäudeform“) ist festgesetzt, dass der Erdgeschossfußboden nicht höher als 0,30 m über der Geländeoberkante liegen darf. Durch die am 12. Oktober 2011 bekannt gemachte 2. Änderung des Bebauungsplans wurden die auf den Grundstücken FlNr. …, …, … und … ausgewiesenen Bauräume zu einem durchgängigen Baufenster verbunden. Mit der 4. Änderung des Bebauungsplans wurden diese Baugrenzen erneut geändert und zur Ermöglichung einer Betriebserweiterung der Beigeladenen zu 1 ein nach Norden erweitertes, durchgehendes Baufenster geschaffen, das neben diesen Grundstücken auch Teilflächen der Grundstücke FlNr. …, … und … erfasst. Das Baufenster durchschneidet damit in Nord-Süd-Richtung die in der Ursprungsfassung festgesetzten Straßenbegrenzungslinien für die nördlich der Grundstücke FlNr. …, …, … und … verlaufende Straße „I* …“ teilweise, sodass diese an beiden Enden des neuen Bestandes nur noch als „Sackgasse“ erhalten bleibt. Die Bebauungsplanänderung erfolgte im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2016 erteilte das Landratsamt N* … … … der Beigeladenen zu 1 zur Erweiterung ihres Betriebes die Baugenehmigung für die Errichtung einer Logistikhalle mit Sozialbereich auf dem zwischen den Grundstücken FlNr. … und FlNr. … gelegenen Grundstück FlNr. … sowie auf Teilflächen der nördlich anschließenden Grundstücke FlNr. …, … und … Zugleich ließ es eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur „Gebäudeform hinsichtlich der Überschreitung der Erdgeschossfußbodenoberkante zur Geländeoberkante um bis zu 2,57 m“ zu. Nach den genehmigten Bauvorlagen soll in Nord-Süd-Richtung eine 126,50 m lange und 37,04 m breite Lagerhalle errichtet werden. Dabei soll das Baugrundstück zur Angleichung des Niveaus zum bestehenden Betriebsgebäude aufgefüllt und das Gelände an der westlichen Grundstücksgrenze durch eine bis zu 2,13 m hohe Stützmauer mit einem Geländer als Absturzsicherung errichtet werden.

Gegen den Bescheid hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und auf sofortiges bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladene zu 1 hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. August 2016 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage habe voraussichtlich keinen Erfolg. Nachbarschützende Rechte der Antragstellerin würden durch die Baugenehmigung nicht verletzt. Dies gelte unabhängig davon, ob die 4. Änderung des Bebauungsplans wirksam sei. Selbst wenn dann die in der 2. Änderung des Bebauungsplans festgesetzten Baugrenzen durch das Bauvorhaben überschritten würden, ergäbe sich daraus keine Rechtsverletzung der Antragstellerin, weil die Baugrenzen keine drittschützende Funktion hätten. Auch die Durchschneidung der Straße „I* …“ führe nicht zu einer Verletzung von Rechten der Antragstellerin, weil ihr Grundstück FlNr. … bereits von der Straße „Z** …“ erschlossen werde. Die im Ursprungsbebauungsplan festgesetzte Wandhöhe sei ebenfalls nicht drittschützend. Das Bauvorhaben verletze auch nicht das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot. Die Befreiung von der festgesetzten Höhe der Erdgeschossfußbodenoberkante sei gegenüber der Antragstellerin nicht unzumutbar, zumal die Lagerhalle auch unter Berücksichtigung der vorgesehenen Aufschüttung die Abstandsflächen einhalte. Auch die Länge der Logistikhalle sei gegenüber der Antragstellerin nicht rücksichtslos, da in Gewerbegebieten erheblich mehr an verdichteter Bebauung zumutbar sei als in zum Wohnen bestimmten Gebieten. Schließlich ergäben sich durch die an der westlichen Grundstücksgrenze vorgesehene Stützmauer mit dahinter liegender Geländeauffüllung und durch die auf der Mauer zu errichtende Absturzsicherung keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für die Antragstellerin. Es könne dahinstehen, ob es sich bei der Anlage um eine privilegierte Stützmauer nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO handle. Jedenfalls würde von der Anlage keine gebäudeähnliche Wirkung i.S. von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgehen, sodass sie nicht abstandspflichtig sei.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. August 2016 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. Juni 2016 anzuordnen.

Der Antragsgegner und die Beigeladenen zu 1 und zu 2 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Baugenehmigungsakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung, auf den die Antragstellerin ihre Beschwerde beschränkt hat (vgl. § 88 VwGO), zu Recht abgelehnt. Dem gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein maßgebenden Beschwerdevorbringen ist nach summarischer Prüfung nicht zu entnehmen, dass die Baugenehmigung gegen Vorschriften verstößt, die im bauaufsichtlichen Verfahren nach Art. 60 BayBO zu prüfen waren und die Rechte der Antragstellerin schützen (Art. 68 Abs. 1 BayBO, § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage der Antragstellerin wird voraussichtlich erfolglos bleiben, sodass das Interesse an der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem Interesse am Vollzug der angefochtenen Baugenehmigung nachrangig ist.

1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass auch im Fall einer Unwirksamkeit der 4. Änderung des Bebauungsplans die Baugenehmigung Nachbarrechte der Antragstellerin nicht verletzen würde. Zwar dürfte das Bauvorhaben dann die mit der 2. Änderung des Bebauungsplans auf dem Grundstück FlNr. … festgesetzte vordere, d.h. zur Straße „I* …“ gerichtete Baugrenze (§ 23 Abs. 1 und 3 BauNVO) überschreiten. Aus diesem Rechtsverstoß dürfte sich aber keine Rechtsverletzung der Antragstellerin (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ergeben, weil dieser Festsetzung keine nachbarschützende Wirkung zukommt.

Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist im Allgemeinen nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39/13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; B.v. 13.12.2016 - 4 B 29.16 - juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - NJW-Spezial 2014, 653 = juris Rn. 24 ff.; B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln (vgl. BVerwG B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3). Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.1171 - juris Rn. 15 m.w.N.). Maßgebend ist, ob eine Festsetzung nach dem Willen des Plangebers nicht nur aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde, sondern (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll. Das kann etwa angenommen werden, wenn der Plangeber hierdurch faktisch einzuhaltende Grenzabstände festsetzt und damit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 a.a.O. Rn. 25).

Nach diesem Maßstab vermitteln die festgesetzten Baugrenzen entgegen der Auffassung der Antragstellerin hier keinen Nachbarschutz. Dies gilt jedenfalls für die nach Norden zur Straße „I* …“ gerichtete vordere Baugrenze. Weder dem Bebauungsplan noch seiner Begründung oder sonstigen Umständen lässt sich entnehmen, dass dieser Baugrenze nach dem planerischen Willen der Beigeladenen zu 2 nachbarschützende Wirkung zukommen sollte. Dagegen spricht vielmehr, dass diese Baugrenze nicht seitlich zum nachbarlichen Grundstück der Antragstellerin, sondern zur Straße „I* …“ gerichtet ist. Ein vom Planungsgeber gewolltes nachbarliches Austauschverhältnis dürfte aber allenfalls bei Baugrenzen von gegenüberliegenden Nachbargrundstücken in Betracht kommen, nicht dagegen bei einer vorderen, lediglich zu einer Straße gerichteten Baugrenze. Soweit die Antragstellerin auf die Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juni 2002 (Az. 14 CS 02.1498 - juris Rn. 9) und vom 23. Oktober 2002 (Az. 14 ZB 01.2238 - juris Rn. 4) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 14. Juni 2007 (Az. 8 S 967/07 - VBlBW 2007, 387 = juris Rn. 3) verweist, ergibt sich daraus nichts Anderes. Die Entscheidungen betreffen jeweils die Überschreitungen einer von der Straße abgewandten, zu Nachbargrundstücken gerichteten, seitlichen bzw. hinteren (rückwärtigen) Baugrenze und sind schon deshalb auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im Übrigen bestätigen sie die Rechtsauffassung des Senats, dass sich selbst bei einer einem Nachbargrundstück gegenüberliegenden Baugrenze die Beantwortung der Frage, ob diese nachbarschützend ist, nach der jeweils im Einzelfall zu ermittelnden Planungsabsicht der Gemeinde richtet. Eine Verkürzung von nach Art. 6 Abs. 4 und 5 BayBO erforderlichen Abstandsflächen wurde entgegen den Angaben der Antragstellerin in der 2. Änderung des Bebauungsplans ebenfalls nicht festgesetzt.

2. Soweit die Antragstellerin in Bezug auf die 4. Änderung des Bebauungsplans formelle Fehler der Auslegungsbekanntmachung vom 7. Januar 2016 (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB) und materielle Mängel der Abwägung ihrer Belange (§ 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere hinsichtlich der (teilweise) Überplanung der Straße „I* …“, rügt, verhilft dies der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Ihrem Vortrag lässt sich nicht entnehmen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), inwieweit dieser Fehler zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin durch die angegriffene Baugenehmigung führen könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nicht der Bebauungsplan, sondern allein die Baugenehmigung. Selbst wenn die behaupteten formellen und materiellen Mängel der Planung tatsächlich vorliegen sollten und sich hieraus die Unwirksamkeit der 4. Änderung des Bebauungsplans (vgl. §§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3, § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ergäbe, hätte das nicht zwangsläufig zur Folge, dass die Baugenehmigung die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt, auch wenn die Genehmigung auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilt wurde.

3. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands, die Beigeladene zu 1 würde ihrer Verpflichtung aus Nr. 4.3. des Grünordnungsplans nicht nachkommen, wonach zwischen den einzelnen Quartieren und Parzellen umfangreiche Grünflächen vorzusehen sind, die eine auftretende Monotonie bei zusammenhängenden Industrieanlagen wirkungsvoll unterbrechen sollen. Zwar ist den Festsetzungen im Grünordnungsplan nach Nr. 1.7. der Satzung zur Ursprungsfassung des Bebauungsplans zwingend zu folgen. Ein Verstoß hiergegen verletzt aber keine Nachbarrechte der Antragstellerin, zumal sich ein Wille der Beigeladenen zu 2, der darauf schließen lässt, dass die Festsetzungen zum Grünordnungsplan hier nachbarschützend sein sollen, nicht feststellen lässt. Im Übrigen handelt es sich bei „Nr. 4.3.“ schon gar nicht um eine Festsetzung, sondern lediglich um einen Teil der „Erläuterung und Begründung des Grünordnungsplans“, dem keine Satzungsqualität zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2004 - 4 CN 4.03 - BVerwGE 120, 239 = juris Rn. 15 zur Planbegründung).

4. Auch der geltend gemachte Verstoß gegen Nr. 1.5 Satz 3 der textlichen Festsetzungen der Ursprungsfassung des Bebauungsplans, wonach Zaunverkleidungen mit Matten und Kunststoffplatten oder Ähnlichem unzulässig sind, verletzt keine Nachbarrechte der Antragstellerin. Auch diese - auf der Grundlage von § 9 Abs. 4 BauGB i.V.m. Art. 98 Abs. 1 Nr. 1 BayBO 1994 erlassene - örtlichen Bauvorschrift über die äußere Gestaltung baulicher Anlagen dürfte keinen Drittschutz zugunsten von Eigentümern benachbarter Grundstücke vermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 11 m.w.N.). Im Übrigen handelt es sich bei der Stützmauer wohl kaum um eine dieser Reglung von „Einfriedungen“ unterfallende Anlage.

5. Keine Nachbarrechtsverletzung durch die angegriffene Baugenehmigung ergibt sich auch im Hinblick auf den geltend gemachten Mangel der ordnungsgemäßen Niederschlagwasserbeseitigung auf dem Baugrundstück, die hier - anders als in dem vom Senat im Beschluss vom 24. Juli 2014 (Az. 15 CS 14.949 = ZMR 2015, 499) entschiedenen Fall - nach Art. Art. 60 Satz 1 Nr. 2, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO an der Feststellungswirkung der Baugenehmigung teilnimmt.

Nach § 30 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn auch die Erschließung gesichert ist. Hierzu gehört eine ordnungsgemäße Beseitigung des Niederschlagswassers im Sinn von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG. Die Anforderungen an eine gesicherte Erschließung bestehen aber grundsätzlich nur im öffentlichen Interesse und dienen nicht auch dem Nachbarschutz. Etwas anderes kann - unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtnahmegebots - ausnahmsweise dann gelten, wenn durch die unzureichende Erschließung Nachbargrundstücke unmittelbar betroffen sind. Nicht jede durch ein Vorhaben verursachte Veränderung des Wasserabflusses begründet aber zugleich eine unzumutbare Beeinträchtigung nachbarlicher Rechte. Gewisse Veränderungen der Wasserverhältnisse durch ein in der Nähe des eigenen Grundstücks geplantes Vorhaben muss der Nachbar grundsätzlich hinnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 11.9.2012 - 15 CS 12.634 - Rn. 14). Das Rücksichtnahmegebot ist nur dann verletzt, wenn das Niederschlagswasser auf das Grundstück des Nachbarn abgeleitet wird und es dadurch zu unzumutbaren Überschwemmungen auf dem Nachbargrundstück kommt (vgl. BayVGH, B.v. 29.11.2006 - 1 CS 06.2717 - BRS 70 Nr. 126 = juris Rn. 20). Anhaltspunkte dafür, dass hier solche Umstände gegeben sein könnten, sind nicht ersichtlich. Im Bereich der zwischen 5 m und etwas über 7 m breiten Feuerwehrzufahrt anfallendes Niederschlagswasser wird nach den genehmigten Eingabeplänen (vgl. Plan „Schnitte Ansichten“ im Maßstab 1:100 und Plan „Geländeauffüllung“ im Maßstab 1:500) durch die über das Niveau der Geländeauffüllung reichende Krone der Stützmauer daran gehindert, nach Westen auf das Grundstück der Antragstellerin abzufließen (vgl. auch Stellungnahme des Landratsamts vom 24.10.2016 unter 3.). Im Übrigen erfolgt die Entwässerung des Baugrundstücks (vgl. Art. 41 Abs. 1 BayBO) nach der Stellungnahme der fachkundigen Stelle Wasserwirtschaft des Landratsamts vom 8. Juni 2016 (Blatt 24 der Behördenakte) ordnungsgemäß über den Mischwasserkanal der Beigeladenen zu 2.

6. Soweit die Antragstellerin eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen einer Beeinträchtigung der Zufahrtsmöglichkeit über die Straße „I* …“ geltend macht, führt auch dies nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Die Antragstellerin rügt, dass infolge der mit dem Bauvorhaben verbundenen Sackgassenbildung für sie die bisher durchgehend befahrbar angelegte Straße „I* …“ im Bereich nördlich des Grundstücks FlNr. … als Rangierfläche für eine ungehinderte Warenanlieferung vor dem Wareneingang auf der Nordostseite ihres Grundstücks entfalle. Abgesehen davon, dass die Antragstellerin nicht dargelegt, inwiefern die Rangiermöglichkeit auf öffentlicher Straße nördlich des Nachbargrundstücks FlNr. … trotz der auf eigenem Grund vorhandenen unbebauten Flächen zur Aufrechterhaltung ihres Betriebs unverzichtbar ist, ist der (teilweise) Wegfall der Straße „I* …“ nicht durch die streitgegenständliche Baugenehmigung erfolgt, sondern nach den Angaben der Beigeladenen zu 2 auf der Grundlage einer von der Antragstellerin nicht angegriffen, bestandskräftigen straßenrechtlichen Einziehung der Fläche (Art. 8 BayStrWG). Die Angabe in § 1 der Satzung über die 4. Änderung des Bebauungsplans vom 18. April 2016, dass die betreffende Teilfläche „künftig nicht mehr als öffentliche Verkehrsfläche, sondern künftig als überbaubare Fläche vorgesehen ist“, steht dem nicht entgegen und begründet ebenfalls keinen Abwehranspruch gegen die Baugenehmigung.

7. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht schließlich angenommen, dass durch das Bauvorhaben zulasten der Antragstellerin keine Abstandsflächenvorschriften verletzt werden.

a) Dies gilt auch hinsichtlich der an der Grenze zu ihrem Grundstück geplanten Stützmauer mit dahinter liegender Geländeauffüllung. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es nicht darauf an, ob von dieser Anlage eine gebäudegleiche Wirkung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausgeht. Diese Bestimmung findet hier keine Anwendung, weil die Anlage nach der spezielleren Regelung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO abstandsflächenfrei ist.

Ob einer Anlage gebäudegleiche Wirkungen im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO aufweist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der Zielsetzungen des Abstandsflächenrechts zu bestimmen (vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2015 - 2 ZB 13.2522 - juris Rn. 4). Auch wenn von der Anlage an sich gebäudegleiche Wirkungen ausgehen, findet diese Bestimmung keine Anwendung, wenn die Anlage die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO erfüllt. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck dieser besonderen Privilegierung, wie sie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nach der der Musterbauordnung 2002 nachgebildeten, mit dem Gesetz vom 14. Juli 2007 (GVBl S. 499) in die Bayerische Bauordnung aufgenommenen Regelung sind Stützmauern und geschlossene Einfriedungen ohne eigene Abstandsflächen in (festgesetzten oder faktischen) Gewerbe- und Industriegebieten ohne Höhenbegrenzung zulässig, außerhalb dieser Baugebiete mit einer Höhe bis zu 2 m. Diese Begünstigung ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gerechtfertigt, weil die Schutzgüter des Abstandsrechts in Gewerbe- und Industriegebieten durch solche Anlagen regelmäßig nicht berührt werden und insoweit gegebenenfalls im Wege der Bauleitplanung oder durch örtliche Bauvorschriften Regelungen getroffen werden können. Die Beschränkung der abstandsflächenfreie Höhe auf bis zu 2 m hohe Anlagen in den übrigen Baugebieten wurde nach der Begründung zum Gesetzentwurf ausdrücklich auch deswegen getroffen, weil ein Umkehrschluss dahingehend ausgeschlossen werden sollte, ein darunter liegendes Maß könne einen Anhaltpunkt für die Annahme einer gebäudeähnlichen Wirkung bieten (vgl. LT-Drs. 15/7161 S. 44; ebenso die Begründung zur Musterbauordnung 2002; vgl. auch Schwarzer/ König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 6 Rn. 56). Hieraus ergibt sich, dass Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO eine Sonderregelung darstellt, die, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen, die Anwendung der Vorschrift für Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO ausschließt.

Danach scheidet eine Anwendung des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO hier aus, weil die Stützmauer nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 BayBO - ohne Höhenbegrenzung - abstandsrechtlich privilegiert ist. Darauf, dass die Stützmauer die Höhe von 2 m überschreitet, kommt es - wie gesagt - nicht an, weil sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Antragstellerin im privilegierten Gewerbegebiet liegen.

Unerheblich ist auch, dass sich an die Stützmauer eine Aufschüttung anschließt. Zwar kann es sich bei einer Aufschüttung grundsätzlich um eine eigenständige bauliche Anlage (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 BayBO) handeln, die auch abstandsflächenrechtlich gesondert zu beurteilen ist. Anders verhält es sich aber, wenn - wie hier - die Stützmauer der Sicherung der Aufschüttung vor dem Abrutschen auf das Nachbargrundstück dient. In diesem Fall bilden Stützmauer und Aufschüttung eine funktionelle Einheit, die in ihrer Gesamtheit der Privilegierung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO unterliegen (vgl. OVG MV, B.v. 14.11.2013 - 3 M 222/13 - NordÖR 2014, 366 = juris Rn. 13; vgl. auch OVG RhPf, U.v. 18.6.2015 - 1 A 10776/14 - juris Rn. 28). Denn für den Nachbarn hat es abstandsrechtlich keine Bedeutung, was sich unmittelbar hinter einer durchgehenden Stützmauer befindet. Ob etwas Anderes zu gelten hat, wenn auf der Aufschüttung eine für den längeren Aufenthalt von Menschen bestimmte Terrasse errichtet wird, die den „Wohnfrieden“ auf dem Nachbargrundstück beeinträchtigen würde, bedarf hier keiner Entscheidung. Das Grundstück der Antragstellerin wird nicht zu Wohnzwecken, sondern gewerblich genutzt, der an die Stützmauer anschließende Bereich auf dem Baugrundstück stellt eine Feuerwehrzufahrt dar.

Dass die Stützmauer kein natürliches Gelände, sondern eine künstliche Aufschüttung sichert, steht der Privilegierung ebenfalls nicht entgegen. Eine Beschränkung auf Stützmauern zur Absicherung lediglich eines natürlichen Geländes hat der Bayerische Gesetzgeber nicht vorgesehen; dies widerspräche auch dem gesetzgeberischen Ziel, durch die Sonderregelung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 BayBO für untergeordnete bauliche Anlagen abstandsflächenrechtliche Erleichterungen zuzulassen, um praktischen Bedürfnissen Rechnung zu tragen (vgl. LT-Drs. 15/7161 S. 38 und 44; ebenso OVG Hamburg, B.v. 14.7.2015 - 2 Bs 131/15 - NVwZ-RR 2016, 93 Rn. 11 zur gleichlautenden Bestimmung des § 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 HBauO; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2016, Art. 6 Rn. 284; a.A. OVG NRW, B.v. 22.2.2005 - 7 A 1408/04 - juris Rn.10; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBO, Stand Okt. 2016, Art. 6 Rn. 269; offen gelassen in BayVGH, B.v. 12.9.2013 - 14 CE 13.928 - juris Rn. 14).

Als Stützmauern (mit dahinter liegender Aufschüttung) privilegiert sind allerdings nur solche Anlagen, die erforderlich sind, um eine angemessene und zulässige Nutzung des Baugrundstücks zu ermöglichen (ebenso OVG NW, U.v. 27.11.1989 - 11 A 195/88 - BRS 50 Nr. 185 = juris Rn. 12; VG Würzburg, B.v. 27.7.2012 - W 5 S. 12.617 - juris Rn. 41; Molodovsky/Waldmann in Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, a.a.O., Art. 6 Rn. 284). Denn Anlagen, die für eine sinnvolle und zulässige Grundstücksnutzung nicht notwendig sind, rechtfertigen keine Privilegierung zugunsten des Bauherrn und zulasten des Nachbarn. Dass die Stützmauer hier zur angemessenen und zulässigen Nutzung des Baugrundstücks erforderlich ist, erscheint indes nicht zweifelhaft. Sie soll verhindern, dass Erdreich aus dem aufgeschütteten Gelände des Baugrundstücks zum niedrigeren Gelände auf dem Grundstück der Antragstellerin abrutscht. Die Aufschüttung selbst dient der Geländeangleichung des Baugrundstücks und ermöglicht einen niveaugleichen Anbau der streitgegenständlichen Logistikhalle mit Sozialbereich an das bestehende Betriebsgebäude der Beigeladenen zu 1 auf dem Grundstück FlNr. … Hierbei handelt es sich um ein nachvollziehbares Anliegen, das aus Gründen eines möglichst reibungslosen Betriebsablaufs sogar geboten erscheint. Der Einwand der Antragstellerin, eine Angleichung des Geländes sei jedenfalls im Bereich zwischen ihrem Grundstück und der Westseite der Halle für die geplante Umfahrung für Feuerwehrfahrzeuge nicht erforderlich, da die Umfahrung im Süden des Baugrundstücks ende, überzeugt nicht. Die Niveauanhebung dürfte hier jedenfalls zur Angleichung an das Gelände des Betriebsgebäudes auf den nördlich gelegenen Grundstücken FlNr. …, … und … sinnvoll sein, um eine angemessene Nutzung des Baugrundstücks ermöglichen. Eine „Absenkung“ der Feuerwehrzufahrt in dem genannten Bereich hätte im Übrigen auch zur Folge, dass die Bodenplatte der auf dem Baugrundstück zu erstellenden Halle an der Westseite anders und erheblich aufwändiger fundamentiert werden müsste. Eine wesentliche Verbesserung der abstandsrechtlichen Situation gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin wäre mit dieser Maßnahme jedoch nicht verbunden.

b) Das Geländer, das auf der Stützmauer zur Absturzsicherung errichtet werden soll, ist ebenfalls nicht abstandsflächenpflichtig. Es soll nach den genehmigten Bauvorlagen licht- und luftdurchlässig ausgeführt werden, sodass von ihm nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO keine gebäudegleiche Wirkung ausgeht. Im Unterschied zur Formulierung in Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 BayBO („Mauern und Einfriedungen“) ist in Art. 6 Abs. 9 Nr. 3 BayBO ausdrücklich von „geschlossenen“ Einfriedungen die Rede. Dies verdeutlicht, dass bei einer in der Höhe nicht einheitlich aufgebauten Einfriedung abstandsflächenrechtlich nur die Höhe des unteren, „geschlossenen“ Teils anzurechnen ist, nicht aber zusätzlich die Höhe eines darauf gesetzten licht- und luftdurchlässigen Zauns (vgl. auch BayVGH, B.v. 10.10.2002 - 26 ZB 99.3754 - juris Rn. 12; VG Würzburg, B.v. 6.11.2008 - W 5 S. 08.2064 - juris Rn. 15). Entsprechendes gilt für eine auf eine Stützmauer aufgesetzte Umwehrung.

8. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit der Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und 2 werden für erstattungsfähig erklärt, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit dem Risiko ausgesetzt habt, selbst Kosten auferlegt zu bekommen (§ 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Müller Schweinoch Dr. Seidel

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen eine dem Beigeladenen erteilte Tekturgenehmigung betreffend eines bestandskräftig genehmigten Neubaus eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und Garage auf dem Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung * (*weg *).

Der Kläger ist Eigentümer des unmittelbar nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung * (*weg *), welches mit einem selbstgenutzten Einfamilienhaus bebaut ist.

Der Beigeladene ist Eigentümer der südlich gelegenen Grundstücke Fl.Nrn., * und * der Gemarkung * (*weg *).

Für diese Grundstücke wurde dem Beigeladenen mit bestandskräftig gewordenem Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2014 (Gz.: *) eine Baugenehmigung zum Neubau eines Mehrfamilienhauses mit fünf Wohneinheiten und einer Doppelgarage entsprechend den mit dem Genehmigungsvermerk vom 18. Februar 2014 versehenen Bauvorlagen erteilt. Hierbei wurden mehrere Abweichungen zugelassen. So darf nach Ziffer 3 des Genehmigungsbescheides die Tiefe der Abstandsfläche vor der nördlichen Außenwand der Garage einschließlich Vordach mit einer Länge von 10,90 m zum Grundstück des Klägers 0 m anstelle der erforderlichen 3 m betragen. Nach Ziffer 4 darf die Tiefe der Abstandsfläche vor der nördlichen Grenzwand in einem Teilbereich von ca. 6 m zum Grundstück des Klägers 0 m anstelle der erforderlichen 3 m betragen. Nach Ziffer 5.6 des Genehmigungsbescheides darf die nördliche Grenzmauer als Einfriedung mit einer Höhe bis zu 2,85 m ausgeführt werden, anstatt der maximal zulässigen 1,10 m.

Der Kläger hat im Genehmigungsverfahren den abweichenden Abstandsflächen des Bauvorhabens des Beigeladenen zugestimmt.

Im Übrigen wird auf den Genehmigungsbescheid vom 18. Februar 2014 Bezug genommen.

Beide Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des am 7. März 1974 in Kraft getretenen Bebauungsplanes Nr. * „*“ der Gemeinde, welcher in § 2 zur Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet (WA) festsetzt. Der Bebauungsplan setzt in § 13 die maximale Höhe von Einfriedungen auf 1,10 m fest. Auf die übrigen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. * „*“ wird verwiesen.

Das Bauvorhaben des Beigeladenen ist zwischenzeitlich fertiggestellt.

Bei einer Baukontrolle am 27. Februar 2015 wurde festgestellt, dass die Stützwand an der nördlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück des Klägers planabweichend errichtet wurde. Die Stützwand sei horizontal mit vertikalen Versätzen ausgeführt, die Stützwandfüße seien nicht auf das Nachbargrundstück, sondern auf das Baugrundstück selbst verlegt worden. Eine Ausführung der Doppelgarage wie in den ursprünglichen Plänen dargestellt, sei dadurch nicht mehr möglich.

Der Beigeladene beantragte daher mit Formblatt-Antrag vom 1. Oktober 2015 eine Befreiung bzw. Abweichung der im Plan dargestellten Ausführungen bzgl. der Änderung der Stützmauerausführung nord- und ostseitig, der Änderung der Doppelgarage zu einer Einzelgarage/Carport, der Änderung der Geländehöhen sowie der Errichtung eines zusätzlichen Stellplatzes an der Westseite.

Der Kläger hat die Unterlagen des Beigeladenen im Tekturverfahren nicht unterzeichnet.

Der Bauausschuss des Marktes * hat den geänderten Bauvorlagen mit Beschluss vom 14. April 2016 zugestimmt und sein Einvernehmen erteilt.

Mit Bescheid des * Augsburg vom 15. Juni 2016 (Gz.: *) wurde der Nachtragsbauantrag für die Tektur - Änderung der Stützmauerausführung nord- und ostseitig, Änderung Doppelgarage zu Einzelgarage, Änderung der Geländehöhen, zusätzlicher Stellplatz westseitig - auf dem Grundstück Fl.Nr. * der Gemarkung * nach Maßgabe der mit Genehmigungsvermerk vom 15. Juni 2016 versehenen Bauvorlagen genehmigt.

In Ziffer 2 wurde von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) folgende Abweichung zugelassen: 15

Die Tiefe der Abstandsfläche vor der nördlichen Außenwand der Grenzgarage mit einer Länge von 10,205 m darf zum Grundstück des Klägers 0,76 m anstelle der erforderlichen 3,0 m betragen (Ziffer 2.1).

Weiter wurden von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „*“ folgende Befreiungen erteilt: 17

Auf dem Grundstück dürfen die beantragten Abgrabungen gemäß den genehmigten Unterlagen vorgenommen werden (Ziffer 3.1).

Entgegen den Festsetzungen in § 13 darf die Höhe der Einfriedungen in Form der Hecken in Teilbereichen bis zu 2,0 m betragen, anstatt der maximal zulässigen 1,0 m (Ziffer 3.2).

Die nördliche Grenzmauer darf als Einfriedung mit einer Höhe bis zu 2 m ausgeführt werden, anstatt der maximal zulässigen 1,10 m (Ziffer 3.3).

In den Gründen ist unter anderem ausgeführt, dass das Bauvorhaben nicht allen Festsetzungen des Bebauungsplanes entspreche. So seien bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. Februar 2014 diverse Befreiungen und Abweichungen ausgesprochen worden. Die nun zusätzlich ausgesprochenen Befreiungen vom Bebauungsplan hinsichtlich Geländeveränderungen, Einfriedungshöhen und Baugrenzenüberschreitung durch die Garage mit Vordach, hätten im Einvernehmen mit dem Markt * erteilt werden können, weil die Befreiungen städtebaulich vertretbar seien, die Grundzüge der Planung nicht berührt würden und weil die Befreiungen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien (§ 31 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB). Die Befreiungszulassung verletze keine Rechte des Klägers. Die Festsetzungen zur Einfriedungshöhe und zur Geländegestaltung sowie die Baugrenzenfestsetzungen stellten bereits keine dem Schutz des Nachbarn dienende, sondern nur allgemeine städtebauliche Vorschriften dar. Nachbarliche Belange und Gebote der planungsrechtlichen Rücksichtnahme würden mit der Erteilung der Befreiungen von den städtebaulichen Festsetzungen nicht berührt und verletzt. Hinsichtlich der Höhe der nördlichen Grenzmauer sowie der Baugrenzenüberschreitung durch die Garage seien bereits bei der ursprünglichen bestandskräftigen Baugenehmigung Befreiungen mit deutlich größerem Umfang ausgesprochen worden. Die Höhe der Grenzmauer sei ursprünglich mit bis zu 2,85 m zugelassen worden und betrage nun tatsächlich nur 2,0 m; die Baugrenzenüberschreitung sei mit 20,50 m² zugelassen worden, betrage nunmehr aber nur noch 8,60 m². Zur Herstellung von Rechtssicherheit seien die Befreiungen in deutlich reduziertem Umfang nochmals ausgesprochen worden. Mit der nördlichen Stützmauer würden keine, über das Abstandsflächenrecht hinaus geschützten nachbarlichen Rechtspositionen verletzt. Die Höhe der Mauer überschreite unter Berücksichtigung des natürlichen Geländes die einen Nachbarschutz auslösenden 2 m (vgl. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3) nicht. Geländeoberflächen im Sinne des Abstandsflächenrechts seien regelmäßig die in der Natur vorhandenen natürlichen Geländeoberkanten. Diese seien in den ursprünglichen Genehmigungsunterlagen ausreichend dokumentiert und weiterhin nachvollziehbar. Durch die Baugenehmigung würden öffentlich-rechtlich geschützte Belange nicht beeinträchtigt. Private Rechte der Nachbarn würden im Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft und müssten gegebenenfalls vor den ordentlichen Gerichten verfolgt werden (Art. 68 Abs. 4 BayBO).

Auf den weiteren Inhalt des Tekturgenehmigungsbescheides des Beklagten vom 15. Juni 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten, ihm mit Postzustellungsurkunde am 17. Juni 2016 zugestellten Bescheid, mit am 18. Juli 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht eingegangen Schriftsatz Klage erhoben und beantragt,

Der Bescheid des Landratsamtes * vom 15. Juni 2016, Az. * wird aufgehoben.

Der zulässigen Klage sei zu entsprechen, da der Bescheid des Landratsamtes * vom 15. Juni 2016 rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Die Baugenehmigung zum Tekturantrag des Beigeladenen sei im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO erteilt worden. Prüfungsumfang sei insoweit die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB und den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO sowie beantragte Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO. Die vom Beklagten im Bescheid vom 15. Juni 2016 unter Ziffer 4.3 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „*“ sei allein schon deswegen rechtswidrig, weil der hierfür nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO erforderliche Antrag des Beigeladenen fehle. Eine Abweichung von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO sowie eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes dahingehend, dass die nördliche Grenzwand als Einfriedung mit einer Höhe von bis zu 2 m ausgeführt werden dürfe, komme nur dann in Betracht, wenn der Kläger hierfür seine nachbarliche Zustimmung erteile. Diese liege jedoch offensichtlich nicht vor. Hinzu komme, dass durch die vorspringende und bis zu 2 m hohe Grenzmauer die nachbarlichen Interessen des Klägers an einem problemlosen Anschluss seines Grundstücks an das tieferliegende Grundstück des Beigeladenen nicht gewahrt würden. Durch die vorspringende und bis zu 2 m hohe Grenzmauer sei eine neue Böschung zum Grundstück des Klägers hin entstanden, die eine Nutzung seines Grundstücks in diesem Bereich ausschließe.

Auf den weiteren Vortrag im Klagebegründungsschriftsatz vom 3. Februar 2017 wird ergänzend verwiesen.

Das Landratsamt * ist für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 29. Juli 2016 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde auf den Tekturgenehmigungsbescheid vom 15. Juni 2016 Bezug genommen. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 7. Februar 2017 ergänzend ausgeführt, dass die Festsetzung zur Einfriedungshöhe keine dem Schutz des Nachbarn dienende, sondern nur eine allgemeine städtebauliche Vorschrift darstelle. Nachbarliche Belange und Gebote der planungsrechtlichen Rücksichtnahme würden mit der Erteilung der Befreiung von dieser städtebaulichen Festsetzung nicht berührt und verletzt. Mit der nördlichen Stützmauer würden auch keine über das Abstandsflächenrecht geschützten nachbarlichen Rechtspositionen berührt. Die Höhe der Mauer überschreite unter Berücksichtigung des natürlichen Geländes die einen Nachbarschutz auslösenden 2 m (vgl. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO) nicht. Weiter sei darauf hinzuweisen, dass bereits im Rahmen des ursprünglichen bestandskräftig abgeschlossenen Baugenehmigungsverfahrens mit Bescheid vom 18. Februar 2014 eine Einfriedungshöhe von bis zu 2,85 m gestattet worden sei. Der Kläger habe hierzu sein Einverständnis erteilt. Durch die geänderte Ausführung der Einfriedung entstehe keine weitergehende Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 7. Februar 2017 wird ergänzend verwiesen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. Juli 2016 wurde der Bauherr zum Verfahren notwendig beigeladen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Am 9. Februar 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die dem Beigeladenen erteilte Tekturgenehmigung vom 15. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO.

1. Nach Überzeugung der Kammer verletzen die streitgegenständliche Tekturgenehmigung und hierbei insbesondere die in den Ziffern 2.1 bzw. 3.3 des Tekturgenehmigungsbescheides vom 15. Juni 2016 ausgesprochenen Abweichungen bzw. Befreiungen bezüglich der Lage und Höhe der sich an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks Fl.Nr. * der Gemarkung * befindlichen Stützmauer keine drittschützenden Rechte des Klägers, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren.

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22).

Im vorliegenden Fall wurde ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchgeführt. In dessen Rahmen sind neben den bauplanungsrechtlichen Vorschriften die Anforderungen des Abstandsflächenrechts nur zu prüfen, soweit Abweichungen nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragt wurden (vgl. BayVGH, U.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 33).

2. Fehl geht der Einwand des Bevollmächtigten des Klägers dahingehend, dass die dem Beigeladenen erteilte Tekturgenehmigung bereits deshalb rechtswidrig und aufzuheben sei, weil der Beigeladene es versäumt habe, einen Antrag hinsichtlich der erforderlich werdenden Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „*“ und dort insbesondere von dessen Festsetzung (§ 13) zur höchst zulässigen Einfriedungshöhe zu stellen.

Hinsichtlich der Lage der Stützmauer und der insoweit erforderlichen Abweichung von den landesrechtlichen Abstandsflächen (Art. 63, Art. 6 BayBO) liegt der erforderliche Antrag des Beigeladenen mit Schreiben vom 9. April 2015 bzw. Formblatt vom 1. Oktober 2015 vor.

Für die weitergehend erforderlich werdende Befreiung auf der Grundlage des § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplanes gilt Folgendes. § 31 Abs. 2 BauGB sieht keinen ausdrücklichen Antrag des Bauherrn im Hinblick auf eine erforderlich werdende Befreiung vor. Zwar ist die Befreiung ihrem Wesen nach ebenfalls antragsbedürftig, weil der Bauherr eine über die baurechtliche Norm hinausgehende Genehmigung begehrt. Entsprechend der Erteilung von Ausnahmen vom Bebauungsplan muss aber auch bei Befreiungen der Grundsatz zum Tragen kommen, dass Baugenehmigungen auch unter dem Blickwinkel des Art. 14 Grundgesetz (GG) zu erteilen sind, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen und die Befreiung gerade den Zweck erfüllt, das Entgegenstehen von Festsetzungen des Bebauungsplanes im Sinne des § 30 BauGB auszuschließen. Insofern ist es gerechtfertigt, einen auf die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes zielenden, ausdrücklichen Antrags des Bauwerbers nicht zu verlangen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, § 31 Rn. 64; BVerwG, B.v. 28.5.1990 - 4 B 56.90 - NVwZ - RR 1990, 529). Die sinngemäße Auslegung des jeweiligen Bauantrages lässt die Folgerung zu, dass mit dem Bauantrag zugleich die Erteilung einer erforderlichen Befreiung beantragt wird. Dafür spricht auch die Fassung in Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Zulässigkeit der baulichen Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB und damit auch die Voraussetzungen des § 31 BauGB von Amts wegen zu prüfen hat. Einen Erfolg der hier in Streit stehenden Drittanfechtungsklage des Nachbarn kann der Umstand eines fehlenden Antrages auf eine erforderlich werdende Befreiung von einem Bebauungsplan daher nicht begründen. Insoweit bedarf es vielmehr einer materiell-rechtlichen Verletzung des Klägers in diesen schützenden subjektiv-öffentlichen Rechten, an der es vorliegend fehlt.

3. Dies zugrunde gelegt, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die dem Beigeladenen in Ziffer 3.3 des mit der Klage angegriffenen Tekturgenehmigungsbescheides vom 15. Juni 2016 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „*“ hinsichtlich der Höhe der Einfriedung (Stützmauer) in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wird.

Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - BauR 2013, 2011). Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte des Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtnahmegebots. Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung aus irgendeinem Grund rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben in Folge einer zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2012 - 14 CS 11.2284 - juris Rn. 37 f.; B.v. 17.3.2014 - 2 ZB 12.2238 - juris Rn. 3; B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 25).

Dabei ist weiter zu beachten, dass Festsetzungen insbesondere über örtliche Bauvorschriften, wie sie hier in Streit stehen und von denen vorliegend eine Befreiung erteilt wurde, grundsätzlich nicht nachbarschützend sind. Es ist der Gemeinde überlassen, ob sie in einem Bebauungsplan eine entsprechende Festsetzung zum Schutze Dritter trifft (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 3 C 28.91 - BRS 55 Nr. 110). Ob einer Festsetzung im Bebauungsplan nachbarschützende Wirkung zukommt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Daher kann aus einer Nichtbeachtung bzw. Abweichung von solchen Festsetzungen nur dann ein subjektives nachbarliches Abwehrrecht gegen ein Bauvorhaben hergeleitet werden, wenn dem jeweiligen Bebauungsplan ein ausdrücklich erklärter oder zumindest aus den Planunterlagen oder der Planzeichnung unzweifelhaft erkennbarer dahingehender Regelungswille der Gemeinde entnommen werden kann. Ortsgestalterische Festsetzungen wie hier zur jeweiligen Höhe der Einfriedung bringen grundsätzlich lediglich das gewünschte städtebauliche Konzept der Gemeinde zum Ausdruck, lassen jedoch nicht erkennen, dass mit ihnen ein wechselseitiges Austauschverhältnis begründet werden soll und sind dementsprechend in der Regel nicht nachbarschützend. Dass hier etwas anderes gilt, kann aufgrund der dem Gericht im Verfahren vorliegenden Unterlagen nicht festgestellt werden. Insbesondere ergeben sich weder aus dem Bebauungsplan selbst noch aus dessen Begründung entsprechende Anhaltspunkte.

4. Aber auch dann, wenn die fragliche Festsetzung nicht nachbarschützend ist, hat der Kläger nach § 31 Abs. 2 Satz 2 BauGB ausdrücklich Anspruch darauf, dass seine Belange bei der Befreiung gewürdigt werden. Insoweit ist maßgeblich, ob sich das Bauvorhaben als Folge der Befreiung als „rücksichtslos“ gegenüber dem Kläger darstellt. Das Rücksichtnahmegebot ist dabei keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts. Das Rücksichtnahmegebot soll nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gewährleisten, dass Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen sind, dass ein Interessenausgleich möglich ist, der beiden Seiten gerecht wird (vgl. BVerwG, U.v. 5.8.1983 - 4 C 96.79 - BVerwGE 67, 334). Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 ff.). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist daher darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328 ff.; BayVGH, B.v. 3.6.2016 - 1 CS 16.747 - juris Rn. 4).

Dies zugrunde gelegt ist eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zu Lasten des Klägers zu verneinen. Die vorliegend in Streit stehende Stützmauer an der nördlichen Grenze des Baugrundstücks des Beigeladenen trägt lediglich dem Umstand des sich schon immer zwischen den Grundstücken des Klägers und des Beigeladenen befindlichen topografischen Höhenunterschiedes Rechnung. Nach den sich in den Akten befindlichen Lichtbildern (vgl. insbesondere Blätter 35 ff. der Verfahrensakte des Beklagten) ist die in Streit stehende Stützmauer vom Grundstück des Klägers aus betrachtet gar nicht wahrnehmbar, da sie sich deutlich abgesetzt unterhalb der natürlichen Lage des Grundstücks des Klägers befindet. Auch die in der landesrechtlichen Bestimmung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO getroffene Regelung spricht gegen die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme. Nach Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO sind Stützmauern und geschlossene Einfriedungen auch außerhalb von Gewerbe- und Industriegebieten mit einer Höhe bis zu 2 m in den Abstandsflächen eines Gebäudes bzw. ohne eigene Abstandsfläche zulässig. Dass die Höhe der Einfriedung, die vorliegend in Streit steht, die Höhe von 2 m überschreitet, hat auch der Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht geltend gemacht. Weiter gilt zu berücksichtigen, dass mit bestandskräftiger Baugenehmigung des Beklagten vom 18. Februar 2014 dem Beigeladenen eine weitergehende Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „*“ in dem Umfang erteilt wurde, als die ursprünglich geplante Einfriedung eine Höhe von bis zu 2,85 m aufweisen durfte. Die nunmehr hier in Streit stehende Einfriedung mit einer Höhe von maximal 2 m bleibt daher in ihren Auswirkungen für den Kläger hinsichtlich der ursprünglich genehmigten Stützmauer unmittelbar an der Grundstücksgrenze deutlich zurück. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist insofern ausgeschlossen. Dies gilt auch hinsichtlich des Umstandes, dass die Stützmauer nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen unmittelbar an der Grundstücksgrenze sondern nunmehr 0,76 m auf das Grundstück des Beigeladenen versetzt, errichtet worden ist. Eine hierdurch geartete Rechtsverletzung des Klägers vermag das Gericht nicht zu erkennen. Dem Beigeladenen wäre es vielmehr auch von Anfang an freigestanden, die Stützmauer mit einer Höhe von 2 m auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO auf seinem Grundstück innerhalb der Abstandsfläche zum Grundstück des Klägers zu errichten.

Den landesrechtlichen Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) kommt für die Beurteilung des bauplanungsrechtlichen und daher bundesrechtlichen Rücksichtnahmegebots unter dem Gesichtspunkt vorgetragener Belastungswirkungen zwar keine rechtliche Bindungswirkung zu. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots scheidet unter diesem Gesichtspunkt im Sinne einer Indizwirkung aber in aller Regel aus, wenn - wie hier - die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden bzw. der in Streit stehende Baukörper innerhalb der Abstandsflächen bzw. ohne Abstandsflächen hat errichtet werden können. Denn in diesem Fall ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Landesgesetzgeber die diesbezüglichen nachbarlichen Belange und damit das diesbezügliche Konfliktpotenzial in einen vernünftigen und verträglichen Ausgleich gebracht hat (vgl. BVerwG, 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ - RR 1997, 516 f.; B.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 f.; BayVGH, B.v. 30.9.2015 - 9 CS 15.1115 - juris Rn. 13; B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 - juris Rn. 28; B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 29).

5. Die Überprüfung der nachbarschützenden Vorschrift des Art. 6 BayBO ergibt, dass Abstandsflächen zu Lasten des Klägers nicht verletzt sind, weil jedenfalls diesbezüglich die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO vorliegen. Der Kläger kann sich insbesondere nicht auf eine Verletzung seiner Rechte durch die Gewährung einer Abweichung von Art. 6 Abs. 5 BayBO auf der Grundlage von Art. 63 Abs. 1 BayBO in Ziff. 2.1 des Bescheids vom 15. Juni 2016 berufen.

Sofern man davon ausgeht, dass die Höhe der Einfriedung (Stützmauer) in ihrer tatsächlichen Errichtung an keiner Stelle das Höchstmaß von 2 m oberhalb des natürlichen Geländes überschreitet, hätte es gemäß Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BayBO bereits keiner Abweichung von den Abstandsflächen bedurft. Letztlich bedarf dies keiner vertiefenden Betrachtung, da selbst wenn man von einer Höhe der Stützmauer von über 2 m ausgeht, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO gegeben sind.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderungen und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Da bei den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO dem Schutzzweck der Norm nicht auf andere Weise entsprochen werden kann, muss es im Einzelfall besondere Gründe geben, die es rechtfertigen, dass die Anforderung zwar berücksichtigt, ihrem Zweck aber nur unvollkommen entsprochen wird. Es müssen rechtlich erhebliche Umstände vorliegen, die das Vorhaben als einen atypischen Fall erscheinen lassen und die dadurch eine Abweichung rechtfertigen können (König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 63 Rn. 12). Voraussetzung für einen atypischen Sachverhalt ist also, dass Gründe vorliegen, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die etwa bewirkte Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23).

Die Besonderheit des Falles, die eine Abweichung von der Einhaltung der Regelabstandsflächen gegenüber dem Grundstück des Klägers rechtfertigt, ergibt sich aus der von jeher vorhandenen topografischen Lage der betroffenen Grundstücke zueinander. Bei der in Streit stehenden Einfriedung handelt es sich um keine die Belange des Art. 6 BayBO berührende Grundstückseinfassung, sondern lediglich um eine in den Hang eingepasste Stützmauer, die der vorhandenen Lage der betroffenen Grundstücke zueinander Rechnung trägt. Die Atypik ergibt sich hieraus, dass die Mauer höhengleich mit dem Gelände auf dem Grundstück des Klägers abschließt. Hieran vermag auch der den Kern des Streits bildende Rück-Versatz der Stützmauer auf das Grundstück des Beigeladenen nichts zu ändern. Gemessen am Schutzzweck der Abstandsvorschriften, nämlich ausreichender Belichtung und Belüftung der Gebäude sowie Brandschutz und sozialer Wohnfrieden (vgl. Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand August 2016, Art. 63 Rn. 42), führt die Erteilung einer Abweichung nicht zu für den Kläger schlechthin untragbaren Verhältnissen. Die Rechtsbeeinträchtigung des Klägers in den durch Art. 6 BayBO geschützten Belangen ist in der ursprünglich genehmigten Ausführungsvariante vom 18. Februar 2014 und der hier in Streit stehenden Variante nahezu identisch; in beiden Fällen kommt der Mauer lediglich die Funktion einer Stützwand zu. Überdies ist die Mauer jetzt in wesentlichen Teilen auf dem Grundstück des Beigeladenen realisiert, was die Rechtsbetroffenheit des Klägers nochmals reduziert. Vor dem Hintergrund der reduzierten Höhe der Stützmauer und deren Abrücken von der Grenze des Klägers ist eine Rechtsverletzung des Klägers für die Kammer nicht erkennbar.

6. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er sich ohne Antragstellung im Verfahren keinem Prozesskostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Vollstreckungsabwehrbefugnis folgen aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

verkündet am 9. Februar 2017 als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verkündet am 9. Februar 2017 als stellvertretende Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth

Aktenzeichen: B 2 K 14.564

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 03.06.2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr.

Hauptpunkte:

Baurecht;

Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans;

Höhe der Einfriedung;

gefahrloses Ausfahren aus Grundstücken;

Gebot der Rücksichtnahme

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Gemeinde ... vertreten durch den ersten Bürgermeister, ...

- Beklagte -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beigeladen: ...

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

wegen Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans,

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 2. Kammer,

durch die Richterin am Verwaltungsgericht ...als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung am 3. Juni 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte und die Beigeladene durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 11.08.2014, mit welchem der Beigeladenen eine isolierte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ erteilt wurde.

Mit Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft ... vom 11.08.2014 wurde der Beigeladenen eine isolierte Befreiung zur Errichtung einer Mauer an der Grenze zur Gemeindestraße „...“ mit einer Höhe von 1,60 m auf dem Grundstück ... der Gemarkung ... erteilt. Der Kläger ist Eigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks mit der Fl.-Nr. ... der Gemarkung ..., .... Er betreibt auf seinem Grundstück einen Handwerksbetrieb für Heizung und Sanitär. Im rückwärtigen Bereich des klägerischen Grundstücks befinden sich Stellplätze, die durch einen unmittelbar an der südwestlichen Seite an das Grundstück der Beigeladenen anschließenden Fahrweg erschlossen werden. Diese Stellplätze werden vom Kläger, seinen Mitarbeitern sowie von Kunden des Handwerksbetriebs benutzt. Der Fahrweg verläuft zur Straße „...“ ansteigend. Das Grundstück der Beigeladenen sowie das Grundstück des Klägers liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „...“, welcher seit 1975 rechtsverbindlich ist. Dieser setzt hinsichtlich von Einfriedungen fest, dass diese eine Gesamthöhe, gemessen von der Oberkante der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche, von maximal 1,20 m haben dürfen und Sockel nicht höher wie 0,20 m sein dürfen. In Bezug auf die Höhe der Einfriedung zur Straße hin wurde für das Bauvorhaben der Beigeladenen oben genannte Befreiung erteilt.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14.08.2014, beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 15.08.2014 eingegangen, hat der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11.08.2014 erheben lassen. Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Fahrweg zur Straße „...“ ansteigend verlaufe. Zur Einmündung in die Straße „...“ sei es erforderlich, den vorfahrtsberechtigten Verkehr zu beachten, was erforderlich mache, beim Ausfahren in linker Blickrichtung die Straße übersehen zu können. Dies sei nur dann möglich, wenn an der straßenseitigen Grenze des durch die Befreiung begünstigten Grundstücks eine blickdichte Einfriedung mit einer Höhe von maximal 1,20 m, gemessen von der Oberkante der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche, bestehe. Der für das Gebiet geltende Bebauungsplan regele, dass Einfriedungen nur eine Gesamthöhe gemessen von der Oberkante der angrenzenden öffentlichen Verkehrsfläche von maximal 1,20 m aufweisen dürften. Bezüglich Verkehrsflächen sei festgesetzt, dass Sichtdreiecke von jeder sichtbehindernden Nutzung und Bepflanzung freigehalten werden müssten. Hecken und Einfriedungen dürften in diesem Bereich eine Höhe von 0,8 m über der Fahrbahn nicht überschreiten. Durch die Möglichkeit, entlang der Grenze des Grundstücks des Beigeladenen zur öffentlichen Verkehrsfläche eine Einfriedung mit einer Höhe von mehr als 1,20 m herzustellen, werde die Ausfahrt vom Grundstück des Klägers aus tatsächlich beeinträchtigt. Es sei nicht möglich, den von links herankommenden Verkehr zu beobachten. Es bestehe die Gefahr, dass es zu Unfällen komme, wenn Verkehrsteilnehmer auf der vorfahrtsberechtigten Straße nicht wahrgenommen würden, diese die Gefahr durch vom Grundstück des Klägers aus einbiegende Fahrzeuge nicht rechtzeitig wahrnehmen und abbremsen würden. Der Bebauungsplan lasse nicht erkennen, ob die Festsetzung eines Maßes von 1,20 m bezüglich der Einfriedungen nur aus städtebaulichen Gründen oder auch aus Gründen des Nachbarschutzes erfolgt sei. Durch die Festsetzung von freizuhaltenden Sichtdreiecken zeige der Bebauungsplan allerdings, dass er die Verkehrsflächen verkehrssicher gestalten möchte, so dass zumindest dem Kläger ein Anspruch auf Verhinderung von baulichen Anlagen, die zu seinen Lasten die Verkehrssicherheit gefährden, zukommen werde. Sollte ein Drittschutz in den Festsetzungen entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegeben sein, so sei der Bescheid gleichwohl aufzuheben, da er gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Würde dem begünstigten Grundstückseigentümer tatsächlich die Möglichkeit endgültig zukommen, die Mauer mit einer Höhe von mehr als 1,20 m herzustellen, so wäre die Ausfahrt vom Grundstück des Klägers aus nicht mehr sicher befahrbar.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Bescheid vom 11.08.2014 insofern aufzuheben, als sich die Befreiung auch auf das Mauerteil bezieht, welches sich vom nördlichen Grenzpunkt des von der Befreiung begünstigten Grundstücks auf einer Strecke von 2 m entlang der Straße „...“ nach Südwesten erstreckt.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2014 beantragte der Bevollmächtigte der Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 17.09.2014 vorgetragen, dass der Bescheid der Beklagten rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze. Zunächst sei festzuhalten, dass die von der Beigeladenen beantragte Befreiung von der Höhenfestsetzung für eine Gartenmauer von nunmehr 1,60 m nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a BayBO verfahrensfrei sei, weil es sich um eine Einfriedung mit einer Höhe bis zu 2 m Höhe im Innenbereich (hier: Geltungsbereich eines Bebauungsplans) handele. Da das Vorhaben selbst grundsätzlich verfahrensfrei sei, komme schon begrifflich eine Beteiligung des Klägers an einem (eben nicht stattfindenden) Verfahren nicht in Betracht. Hier stelle sich zunächst die Frage, ob die Festsetzung des Bebauungsplanes, von der die Beklagte befreit habe, nachbarschützend sei. Aus den Festsetzungen zur Bauweise, Baulinie und Baugrenzen im Hinblick auf die Einfriedungen sei festzuhalten, dass diesen kein Nachbarschutz zukomme, sondern es vielmehr, wie aus dem Festsetzungstext selbst ersichtlich, um eine gewisse Einheitlichkeit innerhalb eines Straßenzuges gehe. Dies habe keinen nachbarschützenden Charakter. Demgegenüber betreffe die Festsetzung zu Sichtdreiecken ihrem klaren und zweifelsfreien Inhalt nach ausschließlich Verkehrsflächen, um die es sich bei dem Grundstück der Beigeladenen eben nicht handele. Dementsprechend weise der Bebauungsplan „...“ in der Planzeichnung diese Festsetzung nur in Kreuzungsbereichen auf, nicht hingegen im streitgegenständlichen Bereich. Im Weiteren befinde sich im Bereich vor dem klägerischen Grundstück auf der Fahrbahn eine sog. Zacken-Linie, die also ein Parken an dieser Stelle nicht zulasse. Im Übrigen stelle sich auch die Frage, ob der Betrieb des Klägers überhaupt in dem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet zulässig sei. Die bewilligte Befreiung sei auch städtebaulich vertretbar.

Mit Beschluss vom 15.08.2014 wurde die Bauherrin zum Verfahren beigeladen. Mit Schriftsatz vom 23.09.2014 zeigte sich der Bevollmächtigte der Beigeladenen an und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Mauer zwischenzeitlich errichtet sei und einschließlich der Abdeckplatte eine Höhe von 1,50 m aufweise. Die Grundstückssituation des Klägers sei dadurch geprägt, dass er seine Zufahrt für den hinteren Bereich seines Grundstücks nach dem Lageplan links neben seinem Gebäude habe. Diese Zufahrt gehe relativ steil nach unten, weil der hintere Grundstücksbereich des Grundstücks des Klägers deutlich tiefer liege als der vordere Bereich. Die Mieter des Klägers und seine Kunden würden in die Einfahrt auf den hinteren Teil des Grundstücks gerade nicht fahren, sie parkten allesamt auf der Straße. Die Beigeladene habe an der Grenze zum klägerischen Grundstück eine Tujahecke bis zur Straße gepflanzt, die zwischenzeitlich eine Höhe von ca. 2 m aufweise. Der Beeinträchtigung des Grundstückes des Klägers finde in mehrfacher Hinsicht in Folge der Verwirklichung des Bescheides vom 11.08.2014 nicht statt. Aufgrund des Umstandes, dass die Abfahrt auf dem Grundstück des Klägers relativ steil sei, erfolge auch bei einer Mauerhöhe von 1,20 m eine deutliche Beeinträchtigung der Sicht nach links. Der Bescheid ändere demzufolge an schwierigen Ein- und Ausfahrtsverhältnissen nichts. Nachdem die Tujahecke der Beigeladenen 2 m hoch und bis zur Straße hin gepflanzt sei, ergebe es sich, dass der Kläger ohnehin keine Sicht nach links habe und in den vergangenen Jahren nie gehabt habe. Das vom Kläger in Anspruch genommene Sichtdreieck betreffe Grundstücksausfahrten zwischen anliegenden Grundstücksnachbarn nicht.

Mit Schriftsatz vom 13.02.2015 ergänzt der Bevollmächtigte des Klägers, dass die Mauer die Sicht bei der Ausfahrt vom Grundstück des Klägers behindere. Auch ein vorsichtiger und umsichtiger Kraftfahrer habe aufgrund der Mauer Schwierigkeiten, das Grundstück des Klägers mit Kraftfahrzeugen zu verlassen. Von links herannahende Fahrzeuge seien schlicht nicht wahrnehmbar. Es handele sich bei der Straße auch nicht um eine Verkehrsfläche, die wenig Verkehrsaufkommen aufweise. Durch die Mauer sei es nicht möglich, den Verkehrsfluss zu beobachten und nur dann auszufahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht befürchtet werden müsse. Gemäß Art. 14 Abs. 2 der Bayerischen Bauordnung - BayBO - dürfe durch bauliche Anlagen die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs nicht gefährdet werden. Durch die konkrete Höhenlage und die zur Straße hin ansteigende Ausfahrt wirke die Mauer als vollständige Sichtunterbrechung, so dass eine Ausfahrt vom Grundstück des Klägers nicht möglich sei, ohne zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer zu führen.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2015 teilte der Bevollmächtigte der Beklagten mit, dass zwischenzeitlich eine Ortsbesichtigung mit der PI ... stattgefunden habe. Der betroffene streitgegenständliche Bereich befinde sich in einer Tempo-30-Zone. Die Fahrbahn sei dort regelkonform ausgebaut und entspreche den Bedürfnissen eines Wohngebiets. Gehwege seien nicht vorhanden. Hinsichtlich der Grundstücksein- und -ausfahrt auf dem klägerischen Grundstück sei festgestellt worden, dass beim Ausfahren auf die Straße „...“ die Sicht nach links durch eine Hecke und eine Mauer stark eingeschränkt sei. Im Übrigen habe die Vertreter von der PI ... aber darauf hingewiesen, dass sich nach § 10 der Straßenverkehrsordnung - StVO - Verkehrsteilnehmer, die aus einem Grundstück auf die Straße einfahren würden, so verhalten müssten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sei. Erforderlichenfalls müsse man sich einweisen lassen. Umgekehrt dürfe der Ausfahrende darauf vertrauen, dass sich der fließende Verkehr verkehrsgerecht verhalte, insbesondere die Geschwindigkeit einhalte und dem Gebot des Fahrens auf Sicht genüge.

Mit Schriftsatz vom 13.03.2015 verwies der Bevollmächtigte des Klägers nochmals darauf, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei zu prüfen, ob die Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen in rücksichtsloser Weise eine unübersichtliche Verkehrssituation schaffe. Beim Ausfahren vom Grundstück des Klägers sei die Sicht nach links von besonderer Bedeutung, da von links die rechts fahrenden Verkehrsteilnehmer dicht vor der Einfahrt vorbeifahren würden. Die von rechts kommenden Verkehrsteilnehmer würden auf der anderen Straßenseite fahren. Der Kläger könne die durch die Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen beeinträchtigte Sicht sich nicht selbst verschaffen. Insofern solle Beweis darüber erhoben werden, dass es durch die straßenseitige Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen, bezüglich der die Beklagte die Befreiung erteilt habe, bei der Ausfahrt vom Grundstück des Klägers es nicht möglich sei, den von links herankommenden Verkehrsfluss zu beobachten und dann auszufahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht befürchtet werden müsse.

Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 15.12.2014 zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung sowie zur Übertragung der Streitsache auf die Einzelrichterin angehört. Die Beteiligten erklärten hierzu ausdrücklich ihr Einverständnis.

Mit Beschluss vom 17.02.2015 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der vorgelegten Behördenakten, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann über die Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Parteien nach § 101 Abs. 2 VwGO auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 11.08.2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Der Kläger rügt ohne Erfolg, der Beklagte habe in rechtswidriger Weise von der im Bebauungsplan ... festgesetzten Einfriedungshöhe befreit und dadurch Nachbarrechte verletzt. Der im Bereich des Vorhabensgrundstück festgesetzten Einfriedungshöhe kommt nicht der vom Kläger geltend gemachte nachbarschützende Charakter zu.

Nach § 31 Abs. 2 des Baugesetzbuches - BauGB - kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und entweder Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3) und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen befreit wird oder von solchen, die nicht drittschützend sind. Bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung des Bebauungsplans ist ein nachbarlicher Abwehranspruch stets gegeben, es führt also jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung des Befreiungsbescheides (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.07.1998, Az. 4 B 64/98).

Bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung besteht Drittschutz des Nachbarn nur, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind; alle übrigen Fehler einer Befreiung machen diese zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat (vgl. BVerwG a. a. O.; Urt. v. 19.09.1986, Az. 4 C 8/84; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.02.2011, Az. 7 B 1803/10).

Vorliegend hat die Beklagte für das Bauvorhaben des Beigeladenen eine Befreiung von einer im Bebauungsplan festgesetzten Höhe der Einfriedung erteilt. Die Festsetzung des hier einschlägigen Bebauungsplans bezüglich der Höhe der Einfriedung ist nicht nachbarschützend. Festsetzungen dieser Art vermitteln ebenso wie solche zum Maß der baulichen Nutzung Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der sie erlassenden Gemeinde ausnahmsweise diese Funktion haben sollen. Eine solche ausnahmsweise drittschützende Zielrichtung muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan, seiner Begründung oder aus sonstigen Unterlagen der Gemeinde (Sitzungsprotokolle etc.) ergeben. Dies ergibt sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen nicht. Günstige Auswirkungen einer Festsetzung auf die Nachbargrundstücke reichen zur Annahme eines Nachbarschutzes nicht aus.

Somit kann sich die Klägerin allein auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme berufen. Eine Verletzung dieses drittschützenden Rücksichtnahmegebotes liegt indes nicht vor.

Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Festsetzungen die Rechte des Nachbarn verletzt, ist nach den Maßstäben des § 31 Abs. 2 BauGB zu entnehmenden Gebots der Rücksichtnahme zu beantworten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.07.1998, Az. 4 B 64/98). Maßgebend sind demnach die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was billigerweise beiden Seiten zumutbar oder unzumutbar ist. Bloße Lästigkeiten lösen einen Schutzanspruch nicht aus, erforderlich ist eine qualifizierte Störung (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.10.1989, Az. 4 C 14/87).

Voraussetzung für eine Abwägung unterschiedlicher Belange im vorgenannten Sinn ist, dass derjenige, der ein Vorhaben abwehren will, eine abwägungserhebliche schutzwürdige Position besitzt. Denn Rücksicht zu nehmen ist nur auf solche Interessen des Nachbarn, die wehrfähig sind, weil sie nach der gesetzgeberischen Wertung, die in den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften ihren Niederschlag gefunden hat, schützenswert sind. Fehlt es hieran, so ist für Rücksichtnahmeerwägungen von vornherein kein Raum; eine Interessenabwägung erübrigt sich (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1993, Az. 4 C 5.93).

Der Kläger kann sich vorliegend auf keine Rechtsposition berufen, die nach Maßgabe der Gesetze Schutz beansprucht. Vorliegend wäre die Einfriedung in einer Höhe bis zu 2 m nach Art. 57 Abs. 1 Ziffer 7a BayBO, wenn es keinen Bebauungsplan gäbe, ohnehin verfahrensfrei zulässig. Außergewöhnliche Umstände, die entgegen der hier zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme begründen könnten, sind nicht erkennbar. Zugunsten des Klägers zu berücksichtigende städtebauliche Gesichtspunkte, die im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB allein maßgeblich sind, werden nicht berührt. Bauordnungsrechtliche Gründe, insbesondere solche der Gefahrenabwehr, bleiben hingegen außer Betracht (vgl. VGH BW, Urt. v. 16.10.1996, Az. 3 S 2332/95). Im Übrigen ergeben sich vorliegend auch aus Art. 14 Abs. 2 BayBO keine nachbarschützenden Rechte des Klägers. Demnach darf die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen und deren Nutzung nicht gefährdet werden. Soweit vom Kläger vorgebracht wird, dass das Sichtdreieck nicht freigehalten sei, ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Befreiungsentscheidung seitens der Beklagten nur städtebauliche Gesichtspunkte geprüft werden. Zwar enthält der Bebauungsplan für Verkehrsflächen unter Ziffer 4 u. a. die textliche Festsetzung, dass Sichtdreiecke von jeder sichtbehinderten Nutzung und Bepflanzung freizuhalten sind, dass Sträucher, Hecken und Einfriedungen eine Höhe von 0,80 m über Fahrbahn nicht überschreiten dürfen. Zum einen ist eine Befreiung von dieser Festsetzung aber weder beantragt noch erteilt; zum anderen betrifft die Festsetzung der Sichtdreiecken ausschließlich Verkehrsflächen, um die es sich bei dem Grundstück der Beigeladenen eben nicht handelt. Der Bebauungsplan „...“ weist in der Planzeichnung diese Festsetzung nur in Kreuzungsbereichen auf, nicht hingegen im streitgegenständlichen Bereich. Darüber hinaus hat die beigeladene Bauherrin entlang ihrer dem Kläger zugewandten Grundstücke ... und ... eine Tujahecke bis zur Straße gepflanzt, die zwischenzeitlich eine Höhe von ca. 2 m aufweist. Eine Verschlechterung der Sicht infolge der Straßeneinfriedung wird nicht erfolgen.

Einen Anspruch darauf, dass die Grundstücksnachbarn keine Grenzbebauung oder keine sichtdichte Einfriedung errichten, um ein besseres Ausfahren aus den Nachbargrundstücken zu ermöglichen, gibt es nicht. Bauordnungsrechtlich sind sogar Garagen mit einer Wandhöhe bis zu 3 m und einer Gesamtlänge je Grundstücksgrenze von 9 m gemäß Art. 6 Abs. 9 Nr. 1 BayBO zulässig und Mauern einschließlich Stützmauern und Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2 m nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BayBO verfahrensfrei. Das ist auch beim bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme zu berücksichtigen. Dass die öffentliche Verkehrsfläche beim Ausfahren aus einem Grundstück nicht frei überblickt werden kann, ist eine sehr häufig anzutreffende Gegebenheit. Anders wäre dies allenfalls dann zu beurteilen, wenn das gefahrlose Ausfahren von einem Grundstück infolge einer Sichtbehinderung durch die Errichtung oder Nutzung eines Grenzbaus bzw. einer Einfriedung unmöglich und nur mit erheblichen - unzumutbaren - Anstrengungen verbunden wäre. Diese Voraussetzungen liegen hier - unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls - nicht vor. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass mit der Errichtung der streitgegenständlichen Mauer für den Kläger im Einzelfall unzumutbare (Sicht-)Beeinträchtigung einhergeht. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass dem Kläger bzw. einem anderen Fahrzeugführer - bei Einhaltung der ihm im Straßenverkehr obliegenden Sorgfaltspflichten - das gefahrlose Verlassen des klägerischen Grundstücks in zumutbarer Weise möglich ist. Sofern eine Sichtbehinderung - auch wegen eventuell der auf der öffentlichen Verkehrsfläche abgestellten Fahrzeuge - vorliegt, obliegt es dem Fahrzeugführer, durch eine besonders vorsichtige und langsame Fahrweise Gefahren für andere Personen und Sachen zu vermeiden. Gegebenenfalls muss er sich in den Verkehrsraum „hineintasten“. In diesem Zusammenhang sind auch die Vorgaben aus § 10 Satz 1 StVO zu beachten. Danach hat derjenige, der aus einem Grundstück auf die Straße einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Ferner geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass es sich um eine übersichtliche ruhige Wohnstraße in einer Tempo-30-Zone handelt. Die streitgegenständliche Einfriedung führt vorliegend nicht dazu, dass ein gefahrloses Verlassen des klägerischen Grundstücks unmöglich bzw. nur unter erheblichen Anstrengungen verbunden ist.

Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in seinem letzten Schriftsatz einen Beweisantrag dergestalt angekündigt hat, dass Beweis darüber erhoben werden soll, dass es durch die straßenseitige Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen bezüglich der die Beklagte die Befreiung erteilt hat, bei der Ausfahrt vom Grundstück des Klägers es nicht möglich sei, den von links herankommenden Verkehrsfluss zu beobachten und nur dann auszufahren, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer nicht befürchtet werden muss, musste das Gericht dem nicht nachgehen. Die Pflicht zur Vorabbescheidung gemäß § 86 Abs. 2 VwGO gilt nur für in der mündlichen Verhandlung gestellte unbedingte Beweisanträge, nicht dagegen für in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte Beweisanträge. Das Gericht hat auch seine aus § 86 Abs. 1 VwGO folgende Aufklärungspflicht nicht verletzt. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Lichtbilder und Lagepläne im Rahmen von § 86 Abs. 1 VwGO unbedenklich verwertbar sind, wenn sie die Örtlichkeiten in ihren für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Merkmalen so eindeutig ausweisen, dass sich der mit einer Ortsbesichtigung erreichbare Zweck mit ihrer Hilfe ebenso zuverlässig erfüllen lässt. Ist dies der Fall, so bedarf es unter dem Gesichtspunkt des Untersuchungsgrundsatzes keiner Ortsbesichtigung. Die Einordnung der näheren Umgebung kann aus der Auswertung der dem Gericht vorgelegten Bildaufnahme und Plänen erfolgen. Die Durchführung eines Ortstermins hat sich somit schlechthin nicht aufgedrängt. Im Übrigen ist dieser Beweisantrag auch nicht entscheidungserheblich, denn vorliegend geht es um eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Bei dieser Entscheidung ist Prüfungsgegenstand der Gemeinde nur Bauplanungsrecht, nicht jedoch Bauordnungsrecht.

Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nachdem der Beigeladene mit der Stellung eines Sachantrags nach § 154 Abs. 3 VwGO ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es nach § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder

Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,

1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i. V. m. Ziffer 9.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,

Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder

Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

eingeht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine für das Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung (Neubau eines Reihenhauses mit Garagen und Stellplätzen).

Die Baugenehmigung bezieht sich auf die im Eigentum der Beigeladenen stehende Fl. Nr. ..., Gem. G. (i.F.: Baugrundstück), die 746 m² groß ist (Bl. 37 d. Behördenakts – i.F.: BA –). Der Antragsteller ist Eigentümer des südöstlich angrenzenden Grundstücks Fl. Nrn. ..., Gem. G. Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Mit Bauantrag vom 27. November 2016 und Bauvorlagen vom 19. November 2016 – Urfassung – beantragte die Beigeladene die streitgegenständliche Baugenehmigung. Die Gemeinde G. verweigerte mit Beschluss des Gemeinderats vom 14. Dezember 2016 das Einvernehmen (Beschlussausfertigung vom 21. Dezember 2016). Auf Hinweisschreiben des Landratsamtes P. a. d. I. (i.F.: Landratsamt) vom 1. Februar 2017 (Bl. 43 d. BA), vom 25. April 2017 (Bl. 45 d. BA) und vom 10. Mai 2017 (Bl. 46 d. BA), wonach das Bauvorhaben in der Urfassung der Bauvorlagen nicht genehmigungsfähig gewesen sei bzw. mit denen die Vervollständigung der Bauvorlagen angemahnt wurde, änderte die Beigeladene die Bauvorlagen teilweise ab. Auch zur Neufassung vom 15. April 2017 verweigerte die Gemeinde G. unter Bezugnahme auf die Stellungnahme vom 21. Dezember 2016 das Einvernehmen (Bl. 6 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 6. Juni 2017 (Az. 30/602 BV II 20162777) erteilte der Beklagte unter Berücksichtigung der Änderungsplanung vom 15. April 2017 die mit diversen Auflagen versehene Baugenehmigung (Ziff. 1 des Bescheids).

Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat mit Schriftsatz vom 1. August 2017 die vom Antragsteller persönlich am 7. Juli 2017 erhobene Klage begründet und Eilantrag gestellt. Er beantragt,

gem. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen und einen sofortigen Baustopp zu verhängen.

Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung gründeten auf einem Verstoß gegen das Einfügungsgebot des § 34 BauGB. Das Landratsamt habe ein bauträgeroptimiertes Vorhaben genehmigt, das insbesondere im Maß der Nutzung „(Bauhöhen, Gauben, Abstandsflächen, Dichte der Bebauung)“ den Vorgaben des BauGB widerspreche. Der Kniestock und die in der Umgebung ohne Vorbild geplante Dachneigung von 35 Grad führten zu nachteiligen Auswirkungen auf die Gebäudehöhe; das Bauvorhaben werde so deutlich höher als die Bebauung in der unmittelbaren Umgebung. Bisher seien vonseiten des Landratsamtes unter Berufung auf den Bebauungsplan nur Dachneigungen von 28 Grad genehmigt worden. Die geplanten sieben Dachgauben seien optisch weit wuchtiger als die im Umfeld üblichen Dachfenster bzw. kleinen Gauben. Der „vorgeschriebene Abstand“ sei von früher 8 m auf nunmehr 6 m verringert worden. Dies ergebe sich daraus, dass das Baugrundstück von den Festsetzungen des mittlerweile aufgehobenen Bebauungsplans „Z.-Feld 2“ nicht mehr betroffen sei. Nur der Bauträger profitiere hiervon und dürfe anders und größer bauen, dies sei ein klassischer Fall von Vetternwirtschaft. Die Balkone des Neubaus ragten im Übrigen in diesen verkleinerten Zwischenraum hinein.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Vorhaben füge sich nach der Art der baulichen Nutzung in die Umgebungsbebauung ein. Die Anzahl der Wohnungen gehöre nicht zu den Kriterien des Einfügens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung füge es sich auch ein, in der näheren Umgebung seien mehrere Bezugsfälle vorhanden, die eine Bebauung in der geplanten Kubatur und Fläche zuließen; insbesondere sei hier das direkte Nachbargebäude M.-Str. 1 zu nennen, das hinsichtlich der relevanten Maße vergleichbar sei und keine Solitärstellung einnehme. Die Fragen, ob die Wandhöhe durch einen Kniestock zustande komme oder durch welche Dachneigung die Firsthöhe bedingt sei, wären nur relevant, wenn der Bebauungsplan Nr. 17 „Z.-Feld I“, in dessen ehemaligem Geltungsbereich sich das Bauvorhaben befinde, noch gültig wäre. Dieser sei aber entgegen der klägerischen Angabe gänzlich aufgehoben worden; der benachbarte Bebauungsplan Nr. 18 „Z.-Feld II“ sei zeitgleich teilweise aufgehoben worden. Auch die Gauben seien für ein Einfügen nicht schädlich; auf der Hanggeschossseite nähmen sie zusammen 7 m Breite für sich in Anspruch, das seien nur 36% der Dachlänge. Sie müssten deshalb nicht zur Wandhöhe hinzugezählt werden. Unabhängig davon, dass das Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfumfang gehöre, seien die Abstandsflächen eingehalten; dabei werde das 16 m-Privileg auf der Westseite und für die Gauben auf der Südseite angewendet. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht erkennbar.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

1. Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.

Die Drittanfechtungsklage wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt den Antragsteller nach summarischer Prüfung nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris; VG München, B.v. 7.9.2016 – M 1 SN 16.3556 – juris).

Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist nach der ständigen Rechtsprechung auch der entscheidenden Kammer vorliegend von vorn herein nicht ersichtlich. Es wird exemplarisch verwiesen auf folgende jüngst ergangene Entscheidungen, die sich mit den angesprochenen Rechtsfragen an sich umfassend auseinandersetzen: VG München, U.v. 16.11.2016 – M 9 K 16.2458 –; U.v. 7.12.2016 – M 9 K 16.3315 –; U.v. 7.12.2016 – M 9 K 16.3410 –; B.v. 17.7.2017 – M 9 SN 17.2380 – allesamt m.w.N. und bei juris seit längerem veröffentlicht.

Zum hiesigen Verfahren wird im Anschluss daran Folgendes ausgeführt:

Der behauptete Verstoß gegen das Einfügungsgebot, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, trägt eine Nachbarklage für sich genommen von vorn herein nicht (a). Eine Unzulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BauNVO scheidet ebenfalls aus (b).

Dabei ist vorab klarzustellen, dass der zwischenzeitlich aufgehobene Bebauungsplan Nr. 17 „Z.-Feld I“ für die vorliegende Entscheidung keine Rolle spielt; selbiges gilt für die vom Antragsteller unterstellten Motive der Aufhebung. Maßgeblich ist nur mehr § 34 BauGB, da das Bauvorhaben ausweislich der Stellungnahme der Gemeinde G. vom 21. Dezember 2016 und der Antragserwiderung des Landratsamts im (unbeplanten) Innenbereich liegt; dies wird auch durch über Bayern Atlas Plus abgerufene Luftbilder bestätigt.

a) Der sich aus der näheren Umgebung ergebende Rahmen wird vorliegend hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Kniestock, Dachneigung, jeweils in Bezug auf die Gebäudehöhe, § 16 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Landratsamts von vorn herein nicht überschritten: Das Nachbargebäude auf Fl. Nr. ..., Gem. G stellt sich danach hinsichtlich Wand- (6,76 m gegenüber ca. 6,49 m beim Bauvorhaben) und Firsthöhe (8,80 m gegenüber 8,81 m), im Übrigen auch hinsichtlich Grundfläche (238 m² gegenüber 219 m²) und Geschossentwicklung (z.T. Keller oberirdisch sichtbar + EG + DG mit überhohem Kniestock gegenüber HG + EG + DG) nahezu identisch dar bzw. überschreitet die Maße des geplanten Bauvorhabens sogar größtenteils. Diese Messungen gehen auf einen Ortstermin vom 16. März 2017 zurück (Bl. 1 d. BA, Rückseite).

Unabhängig davon wäre der Antragsteller allein durch ein hypothetisches Nicht-Einfügen dem Maß der baulichen Nutzung nach nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen. Die Erfordernisse zum Maß der baulichen Nutzung dienen grundsätzlich nur der städtebaulichen Ordnung, nicht aber auch „direkt“ dem Schutz des Nachbarn (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.1995 – 4 B 52/95 – juris und im Übrigen die oben angegebene Rechtsprechung, die weitere Nachweise aus der ständigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung enthält). Der Antragsteller ist diesbezüglich auf die Geltendmachung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme beschränkt (siehe dazu unter II.1.b).

Hinsichtlich der Punkte steilere Dachneigung im Übrigen (d.h. von der oben angesprochenen Firsthöhe abgesehen), Gauben und Balkone ist von vorn herein unklar, welcher rechtliche Anknüpfungspunkt hier für ein Nicht-Einfügen i.S.v. § 34 BauGB bestehen soll. Diese Fragen haben mit den in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB angesprochenen Einfügungsmerkmalen, insbesondere mit der Bauweise und auch mit dem Maß der baulichen Nutzung nichts zu tun. Sie werden grundsätzlich nur bei den Abstandsflächen relevant (vgl. Art. 6 Abs. 4 Satz 3, Abs. 8 Nr. 2 und Nr. 3 BayBO), die vorliegend nicht ins Prüfprogramm der im vereinfachten Verfahren, Art. 59 Satz 1 BayBO, erteilten Baugenehmigung fallen – und die (für sich genommen) nichts mit dem bauplanungsrechtlichen Einfügungsgebot zu tun haben. Letzteres gilt auch für die Anzahl der Wohneinheiten, worauf das Landratsamt zu Recht hinweist.

b) Auch eine Verletzung der grundsätzlich jedenfalls teilweise nachbarschützenden § 15 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauNVO scheidet aus.

Eine Verletzung des sog. Gebietsprägungserhaltungsanspruchs, § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, auf die der Antragsteller mit seinem Vortrag zu Umfang („Dichte der Bebauung“) und Höhe des Bauvorhabens abzuheben scheint und auf die er sich grundsätzlich berufen könnte (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86/01 – juris; BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris; B.v. 26.5.2008 – 1 CS 08.881 – juris; zweifelnd dagegen bspw. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris), kommt nicht in Betracht. Hinsichtlich des Bauvorhabens schlägt Quantität ersichtlich nicht in Qualität um. Aus dem in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO genannten Kriterium „Umfang“ folgt zwar, dass eine bauliche Anlage auch wegen ihrer Dimension unzulässig sein kann. Die Bestimmung geht dabei aber davon aus, dass im Einzelfall Quantität insofern „in Qualität umschlagen muss“, dass die Größe einer baulichen Anlage die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung – vgl. den Standort der Regelung im Ersten Abschnitt der BauNVO – erfasst und beeinflusst (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2327 – juris; OVG NW, B.v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris). Erforderlich wäre hierfür, dass aufgrund der Dimensionierung der Anlage eine neue Art der baulichen Nutzung in das Gebiet hineingetragen wird. Es müssten sich Anhaltspunkte ergeben für einen Widerspruch des Vorhabens zur Eigenart des Gebiets aufgrund seines Umfangs oder seiner Zweckbestimmung.

Vorliegend handelt es sich den Luftbildern nach (abgerufen über Bayern Atlas Plus und Google Maps) zu urteilen um ein faktisches reines Wohngebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO. In der näheren Umgebung des Baugrundstücks finden sich nur Wohnhäuser. Die nachfolgenden Ausführungen beanspruchen aber auch dann Gültigkeit, wenn ein faktisches allgemeines Wohngebiet, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO gegeben ist.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die geplanten Reihenhäuser der Eigenart dieses reinen bzw. allgemeinen Wohngebiets widersprechen könnten. Dies folgt daraus, dass sich § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nur auf die Art und nicht auf das Maß der baulichen Nutzung bezieht (BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3/94 – juris; BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris). Das bedeutet, dass es gerade nicht entscheidend ist, ob sich das Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung – vorliegend v.a.: nach Wand bzw. Firsthöhe und Grundfläche – vollumfänglich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (BVerwG, a.a.O. und KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 20). Über den „Umweg“ des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO wird kein im Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gerade nicht bestehendes (vgl. dazu oben, II.1.a) nachbarliches Recht begründet, ein Nichteinfügen dem Maß der baulichen Nutzung nach rügen zu können. Weiter ist das Merkmal des „Umfangs“ einer baulichen Anlage nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO jedenfalls nicht nur (weitergehend VGH BW, B.v. 24.5.2012 – 3 S 629/12 – juris) nach der Kubatur, dem „baulichen“ Umfang der Anlage (Grundfläche und Höhe, vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO), sondern auch nach ihrer funktionalen Ausstrahlungswirkung auf das Gebiet zu beurteilen (vgl. auch KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 21: Eine Trennung vom Tatbestandsmerkmal der Zweckbestimmung ist kaum möglich). Entscheidend ist diesbezüglich, festzustellen, ob bzw. dass die geplanten Wohngebäude sich von der Zweckbestimmung des Gebiets – dies ist mit „der Eigenart des Baugebiets“ gemeint (König, Baurecht Bayern, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 413) –, vorwiegend dem Wohnen zu dienen, entfernen. Auch Reihenhäuser aber stellen im Vergleich zu Einfamilien bzw. Doppelhausbebauung nicht etwa eine andere Wohnform o.Ä. dar (vgl. dazu BayVGH, U.v. 2.1.2008 – 1 BV 04.2737 – juris). Sie sind auch in keiner Weise als „Missgriff“ einzuordnen (vgl. dazu KRS, BauNVO, Stand: 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 15): Die geplanten Reihenhäuser weisen mit (Gesamt-) Außenmaßen von 19,09 mauf 11,49 m (ergibt die vom Landratsamt ausgewiesene Grundfläche von 219 m² bei einer Grundstücksgröße von 746 m²) und mit einer Wandhöhe von ca. 6,49 m keine exorbitante Massivität auf (vgl. zur Nachbarbebauung oben, II.1.a); ebenso wenig steht zu erwarten, dass sie bei nur sechs herzustellenden Stellplätzen signifikant aus dem Rahmen fallende Folgewirkungen in Bezug bspw. auf An- und Abfahrtsverkehr zeitigen werden (zum Ganzen BayVGH, B.v. 15.3.2011 – 15 CS 11.9 – juris; OVG NW, B.v. 18.3.2014 – 2 B 256/14 – juris; B.v. 17.2.2011 – 7 B 1803/10 – juris, jeweils m.w.N.; EZBK, BauNVO, Stand: 124. EL Februar 2017, § 15 Rn. 17). Im Verhältnis Wohnen zu Wohnen darüber hinaus eine entgegenstehende Prägung daraus ableiten zu wollen, dass der Neubau ein anderer „Haustyp“ als der Bestand sei (aneinandergebaute Reihenhäuser im Verhältnis zu Einfamilienhaus), ist mit dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO endgültig nicht mehr zu vereinbaren (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris, der nur auf die Außenmaße abstellt; dezidiert OVG NW, B.v. 4.7.2014 – 7 B 363/14 – juris; NdsOVG, B.v. 28.5.2014 – 1 ME 47/14 – juris).

Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das sich vorliegend aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO herleiten lässt, ist nicht ersichtlich, weder unter dem Aspekt eines Abstandsflächenverstoßes – Indizwirkung – noch aus einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens im Übrigen.

Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Genehmigungsbehörde in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten hat. Die Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und was dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Begünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständiger und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris). Das Gebot der Rücksichtnahme ist verletzt, wenn durch das geplante Vorhaben die Nutzung des Nachbargrundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass den Vorgaben des landesrechtlichen Abstandsflächenrechts diesbezüglich ohnehin nur insofern Bedeutung zukommt, als dass ein Vorhaben, das Art. 6 BayBO gerecht wird, im Regelfall bezüglich der Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung nicht rücksichtslos ist (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5/93 – juris) – sog. prima-facie-Wirkung. Einen dem Antragsteller günstigen Gegenschluss, wonach ein Vorhaben, das die Abstandsflächen verletzt, auch rücksichtslos sei, gibt es dagegen nicht (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.8.2016 – 9 ZB 14.2808 – juris).

Das Vorhaben wahrt die Abstandsflächen. Zu Recht nimmt es, wie aus Plan-Nr. 5 „Abstandsflächen, Entwässerung, Grundstück“ hervorgeht, für die zum Grundstück des Antragstellers hin orientierten vortretenden Bauteile (Balkone, Gauben) nicht die Privilegierung des Art. 6 Abs. 8 BayBO für sich in Anspruch, da die dort festgelegten Grenzen überschritten werden. Die Einstufung der Gauben als abstandsflächenrelevante Außenwandteile – auf die allein auch bei der Anwendung des sog. 16-m-Privileg des Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO abzustellen ist (BayVGH, B.v. 21.4.1986 – Nr GrS 1/85 – 15 B 84 A 2534 – juris) – wurde mit einer angenommenen Breitenausdehnung von 12,35 m sogar „überobligatorisch“ erfüllt; ausreichend wäre hier die Annahme einer Ausdehnung von nur 4 x 1,75 m = 7 m gewesen (vgl. Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: 35. Update 7/17, Art. 6 Abb. 11). Die danach maßgebliche Abstandsfläche von 0,5 H (0,5 x 8,24 m = 4,12 m) wird auf dem Baugrundstück nachgewiesen. Der Ansatz der Balkone mit 1 H bleibt ebenfalls ohne Beanstandung, die Abstandsflächen von 3,35 mkommen – korrekt vom südlichen „Rand“ der Balkone aus gemessen (vgl. Molodovsky/Famers, BayBO, Stand: 35. Update 7/17, Art. 6 Abb. 4) – sämtlich auf dem Baugrundstück zu liegen. Auch der Antragsteller trägt im Übrigen nicht vor, dass die Abstandsflächen verletzt seien.

Das Vorhaben verstößt auch im Übrigen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ein Ausnahmefall in Bezug auf die Aspekte Belichtung, Belüftung und Besonnung ist nicht erkennbar. Die geplanten Reihenhäuser entwickeln keine erdrückende, einmauernde oder abriegelnde Wirkung für das Grundstück des Antragstellers. Eine solche Wirkung wurde ausnahmsweise beispielsweise bejaht für drei 11,50 m hohe Silos, die auf das Nachbargrundstück „wie eine riesenhafte metallische Mauer wirken“ (BVwerG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34/85 – juris) oder auch für den Neubau eines zwölfgeschossigen Hochhauses neben einem zweigeschossigen Wohnhaus in einem von zwei- und dreigeschossiger Wohnbebauung geprägten Gebiet (BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1/78 – juris). Vorliegend ist ein derartiges „Missverhältnis“ oder auch ein derartiges „Bedrängen“ der Nachbargrundstücke nicht zu erkennen.

Etwaige Möglichkeiten der Einsichtnahme in sein Grundstück muss der Antragsteller hinnehmen. Das Gebot der Rücksichtnahme bietet in der bebauten Ortslage in der Regel keinen Schutz vor Einsichtmöglichkeiten (z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2012 – 15 CS 12.23 – juris). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass sein Grundstück von unerwünschten Einblicken freigehalten wird. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmefalles sind vorliegend nicht ersichtlich. Schließlich hat ein Nachbar unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt – auch nicht im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme – einen Anspruch darauf, dass sich die Bebauung auf seinem Nachbargrundstück nicht ändert. Maßnahmen der (Nach-) Verdichtung, auch in ländlich geprägten Bereichen, sind hinzunehmen, solange sie baurechtlich zulässig sind.

2. Nach alledem muss auch das als Antrag nach § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 VwGO ausgelegte Begehr nach „Verhängung eines sofortigen Baustopps“ erfolglos bleiben. Dies gilt unabhängig davon, dass das Gericht bereits aus Gründen der Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 GG, ohnehin nur den Antragsgegner verpflichten könnte, entsprechende Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen (und nicht selbst eine Baueinstellung erlassen könnte), weswegen der Antrag so falsch gefasst ist. Wenn aber die aufschiebende Wirkung der Klage mangels Erfolgsaussichten nicht anzuordnen ist (vgl. Ziff. 1. des hiesigen Beschlusses), besteht ohnehin kein Bedarf für einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Nachbarrechte.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO; die Beigeladene hat sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt, weswegen es nicht der Billigkeit entspräche, dem Antragsteller auch ihre außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1, 1.5 Streitwertkatalog.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.