Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Nebengebäudes für zwei Fahrzeuge und mit Lagermöglichkeiten für Fahrräder und Gartengeräte.

Das ihm gehörende Baugrundstück FlNr. 163, Gemarkung S., liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 19 des Beigeladenen „Seeuferbereich S., M.-Gasse - S.-Straße“. Dieser setzt u.a. durch Baugrenzen bestimmte Bauräume fest und bestimmt, dass untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 BauNVO unzulässig sind (Ziff. 2.2 der textlichen Festsetzungen).

Im März 2014 stellte der Kläger einen Bauantrag zur Errichtung eines Nebengebäudes für zwei Fahrzeuge und mit Lagermöglichkeiten für Fahrräder und Gartengeräte auf seinem Grundstück; der Bauantrag enthält auch die Aussage, dass das Vorhaben einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB bedürfe. Parallel beantragte der Kläger eine isolierte Befreiung (Bl. 6f. d. BA).

Der Beigeladene verweigerte mit Beschluss vom 25. März 2014 (ausgefertigt am 7. April 2014) das gemeindliche Einvernehmen, der Bauantrag widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. November 2014, Az. 31/602 3-2014-476-B, wurde der Bauantrag abgelehnt. Das Vorhaben widerspreche den festgesetzten Baugrenzen und Ziff. 2.2 des Bebauungsplans. Der Beigeladene habe die beantragte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans abgelehnt, da die Grundzüge der Planung durch den Neubau beeinträchtigt würden. Die Voraussetzungen für Ausnahmen oder Befreiungen nach § 31 BauGB lägen nicht vor, der Beigeladene habe durch Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 19 seinen Planungswillen festgeschrieben. Persönliche Gründe des Bauherren könnten zu keiner anderen Entscheidung führen, da sich persönliche Verhältnisse oft schnell änderten, während bauliche Anlagen meist auf Dauer bestehen blieben.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2014 Klage gegen den Bescheid erhoben (damaliges Aktenzeichen: M 9 K 14.5479). Nach dem Scheitern von Mediationsverhandlungen (Aktenzeichen: M 9 ME 14.90015) - während derer das Verfahren ruhend gestellt war - und der Aufnahme des Verfahrens beantragt der Bevollmächtigte im Anschluss an das klägerische Vorbringen, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu verpflichten, eine Baugenehmigung gemäß Bauantrag zu erteilen.

Ein Flachdach für die geplante Garage erzeuge keinerlei Sichtbehinderungen auf den See, aber auch das wegen der örtlichen Bauvorschrift vorgesehene Satteldach lasse nur eine geringfügige Beeinträchtigung entstehen. Nachbarschutz bestehe schon deswegen nicht, weil der Kläger selbst Eigentümer der Terrasse sei. Das Vorhaben sei aufgrund der Witterungsverhältnisse in S. notwendig; über die Notwendigkeit, Gartengeräte, Fahrräder, Mülltonnen und dergleichen unterzubringen, brauche man eigentlich nicht zu diskutieren. Der Bebauungsplan Nr. 19 weise keine Begründung für die Ausschlüsse hinsichtlich der Nebengebäude auf; er beruhe auf einem Vergleich vor Gericht, auf den der Kläger eingegangen sei, weil der Beigeladene zuvor rechtswidrig eine Bebauungsmöglichkeit für das Grundstück verneint habe - diese Zustimmung halte er nun aber für einen Fehler. Vor dem Bebauungsplan sei das Grundstück mit einem Tanzcafé und einem Bedienstetenhaus bebaut gewesen, diese Gebäude seien beim Voreigentümer aber abgebrannt. Der Bebauungsplan sehe für alle Grundstück im Umgriff deutlich höhere Nutzungsmöglichkeiten vor. Der Bebauungsplan schreibe im Wesentlichen nur den Bestand fest, eigengenutzte Wohnhäuser und dem Fremdenverkehr dienende Nutzungen wechselten sich unsystematisch ab; eine städtebauliche Zielsetzung sei nicht erkennbar. Das klägerische Grundstück sei 1070 m² groß und habe seiner Lage direkt am See wegen einen hohen wirtschaftlichen Wert; diesen könne der Kläger aber nicht ausschöpfen, da nur eine minimale Nutzung von ca. 45 m² Wohnfläche erlaubt sei. Im touristischen Bereich des Bebauungsplans sei zwar eine Eigennutzung von 50% zulässig, diese könne aber aufgrund der Größe der bestehenden Bebauung nicht ausgenutzt werden. Der Bebauungsplan greife schädigend in Eigentumspositionen des Klägers ein, von ihm werde ein Sonderopfer verlangt. Der Ausschluss von baulichen Nebenanlagen stehe im Konflikt mit der BayBO, wonach das Vorhaben des Klägers nicht genehmigungspflichtig sei; die Gemeinde stelle sich damit über das höherrangige Landesgesetz. Der Kläger dulde zudem, dass der Bereich des öffentlichen Fußweges der Gemeinde (im Norden vor dem Hofhaus) teils über sein Grundstück verlaufe; eine altrechtliche Dienstbarkeit sei dabei eher auszuschließen, sodass auch dieser Umstand ein Sonderopfer darstelle, das vom Beigeladenen nicht gewürdigt werde.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klage bleibe ohne Erfolg, da der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben habe. Viel spreche dafür, dass die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig sei, da der Kläger widersprüchliche Aussagen in den Bauvorlagen mache: Die maßgebliche Grundfläche werde zwar mit insgesamt 49,97 m² angegeben, andererseits ergebe sich aus dem Eingabeplan, dass die Garage eine Fläche von mehr als 58 m² habe. Das Landratsamt sei für die Erteilung einer - wie ausdrücklich beantragt - isolierten Befreiung von den Festsetzungen des maßgeblichen Bebauungsplans nicht zuständig. Sei dagegen die Erteilung einer Baugenehmigung samt Befreiung gemeint, weil das Vorhaben nicht verfahrensfrei sei, so sei die Klage jedenfalls unbegründet, da das Vorhaben planungsrechtlich unzulässig sei; diesbezüglich werde auf die Ausführungen im Bescheid verwiesen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 21. Juni 2017. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2017.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung, weswegen der ablehnende Bescheid zu Recht ergangen ist, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Seinem genehmigungspflichtigen (1.) Vorhaben stehen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 19 entgegen (2.). Eine etwaige anfängliche Unwirksamkeit des Bebauungsplans kann der Kläger nicht (mehr) für sich in Anspruch nehmen (3.), Anzeichen für ein Funktionsloswerden der einschlägigen Festsetzungen sind nicht ersichtlich (4.). Auch eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans kommt nicht in Betracht (5.).

1. Das Bauvorhaben ist genehmigungspflichtig, weswegen zu Recht ein Antrag auf Baugenehmigung beim Landratsamt gestellt wurde, Art. 55 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO; Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b BayBO greifen nicht. Die maßgebliche Bruttogrundfläche des gesamten Gebäudes (Garagen- und Geräteschuppenteil) liegt nach der Bauvorlage über 50 m²; bei einer Raumhöhe von etwa 2,50 m und einer Firsthöhe von über 4 m wird damit auch die 75 m³-Grenze aus Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO überschritten. Die einzelnen Gebäudeteile sind hier als Einheit anzusehen, da bei nicht selbstständigen Teilen eines Gesamtbauvorhabens ein Aufsplitten und „Rosinenpicken“ - d.h. eine Anwendung von Nr. 1 Buchst. a auf den Bereich des Geräteschuppens, eine Anwendung von Nr. 1 Buchst. b auf den Garagenteil - den Privilegierungstatbeständen nicht gerecht würde (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand: 123. EL August 2016, Art. 57 Rn. 41 und Rn. 14). Dies gilt auch nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (VGH BW, B.v. 11.1.2001 - 5 S 2545/00 - juris) jedenfalls dann, wenn eine bauliche und funktionale Einheit gegeben ist; eine solche ist bei der vorliegenden Gestaltung - einheitliches Gebäude „unter einem Dach“, auf derselben Seite zugänglich - anzunehmen. Insofern ist der ebenfalls beim Landratsamt gestellte Antrag auf isolierte Befreiung untunlich, aber unschädlich bzw. kann als Antrag auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB verstanden werden.

2. Das Vorhaben ist nach dem Bebauungsplan Nr. 19 in der maßgeblichen Fassung der 2. Änderung nicht genehmigungsfähig, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. Ziff. 2.2, 4.2 und 8.2 der textlichen Festsetzungen. Das geplante Nebengebäude (Garage und Geräteschuppen) liegt außerhalb des durch Baugrenzen festgelegten Bauraumes; eine Ausnahme nach § 23 Abs. 5 Satz 1 und 2 BauNVO 1977 i.V.m. den Festsetzungen des Bebauungsplans scheidet aus, da das Gesamtkonzept die Zulässigkeit von Garagen nur in den rot markierten Bereichen vorsieht und untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ausschließt (vgl. Ziff. 2.2 und 8.2 der textlichen Festsetzungen).

3. Eine etwaige anfängliche Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 19 in der Fassung der 2. Änderung kann der Kläger nicht (mehr) für sich in Anspruch nehmen.

Unabhängig davon, dass - wie die Kammer bereits im Urteil vom 8.6.2011 - M 9 K 10.3978 - juris, bestätigt durch BayVGH, B.v. 29.4.2013 - 2 ZB 11.1830 - Entscheidungsabdruck für dasselbe Grundstück entschieden hatte - gegen die einschlägigen Festsetzungen des Bebauungsplans keine durchgreifenden Bedenken bestehen, kann sich der Kläger nach BayVGH, a.a.O., Rn. 3f. nicht mehr auf eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 19 berufen, nachdem er ihn zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt hat; dies gelte insbesondere auch für das Vorbringen, es hätte ein großzügigerer Bauraum festgesetzt werden müssen. Alles andere würde einen Verstoß gegen das Verbot des venire contra factum proprium darstellen (zum Ganzen: BayVGH, a.a.O.).

Zudem besteht in zeitlicher Hinsicht keine Möglichkeit einer Inzidentkontrolle mehr, etwaige Mängel der Bauraumfestsetzung auf dem klägerischen Grundstück sind nicht mehr überprüfbar. Die 2. Änderung des Bebauungsplans Nr. 19 trat 1989 in Kraft. Nach dem damals geltenden § 215 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BauGB 1987 mussten Mängel der Abwägung binnen sieben Jahren ab Inkrafttreten geltend gemacht werden; anders als nach heutiger Rechtslage war ein Abwägungsfehler nach der gemäß § 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB weiter anwendbaren Rechtslage mithin kein sog. Ewigkeitsmangel (vgl. dazu BayVGH, U.v. 22.9.2015 - 1 B 14.1652 - juris; OVG NW, U.v. 22.2.2017 - 7 A 1397/15 - juris), sondern die Rügemöglichkeit verfiel nach Ablauf der Frist. Letzteres gilt analog auch für Klagen betreffend Einzelvorhaben und für die Möglichkeit einer Inzidentkontrolle des einschlägigen Bebauungsplans (siehe BayVGH, a.a.O. und OVG NW, a.a.O.). Vorliegend rügt der Kläger einen derartigen Abwägungsmangel, da er nur sein Grundstück durch die Festsetzung eines zu geringen Bauraums benachteiligt sieht; es wird gerade nicht behauptet, dass der Bebauungsplan insgesamt die Vorgaben des § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BauNVO überschreiten würde - das ist auch unabhängig vom klägerischen Vortrag nicht ersichtlich. Eine nach Meinung des Klägers nicht hinreichende Gewichtung seiner Belange aber stellt einen (behaupteten) Abwägungsmangel dar, für den im Zeitpunkt der Entscheidung keine Berufungsmöglichkeit mehr besteht.

4. Auch für eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen ist nichts ersichtlich. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden nur dann funktionslos, wenn die tatsächliche Entwicklung einen Zustand erreicht hat, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn die dadurch fehlende Steuerungsfunktion der Festsetzung offenkundig ist, so dass ein Vertrauen auf die Fortgeltung der Festsetzung nicht mehr schutzwürdig ist (statt aller BayVGH, B.v. 14.2.2017 - 1 ZB 14.2641 - juris). Der Kläger beruft sich mit seiner schriftsätzlichen Nennung etwaiger Bezugsfälle nicht auf Überschreitungen der Baugrenzen, sondern darauf, dass die angesprochenen Grundstücke im Umgriff „eine deutlich höhere Nutzungsmöglichkeit“ aufwiesen. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine tatsächliche Entwicklung zu belegen, die ein Umsetzen der Maßgaben des Bebauungsplans unmöglich machen würde. Gleiches gilt für die Ergänzungen des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung. Hingewiesen wurde lediglich auf zwei vermeintliche Bauraumüberschreitungen in der Umgebung, was von vorn herein nicht geeignet ist, ein Funktionsloswerden - das nur bei eklatanten Abweichungen in Betracht kommt - zu belegen. Die Überschreitung der Stellplatzfläche auf FlNr. 155 werde nach Aussage der Vertreter des Beklagten aufgegriffen, die behauptete Überschreitung auf FlNr. 163/5 ist auch nach den Erkenntnissen des Augenscheins bereits dem Grunde nach zweifelhaft, da der Bebauungsplan in der südwestlichen Ecke des Grundstücks an sich ein Nebengebäude als Bestand ausweist; die Frage, ob sich die derzeitige Bebauung mit dem Altbestand deckt, war vom Baugrundstück aus nicht abschließend festzustellen, werde aber vonseiten des Beklagten aufgenommen und geprüft. Unabhängig davon können die angesprochenen Anlagen leicht zurückgebaut werden und stehen der weiteren Realisierung der Festsetzungen somit ohnehin nicht entgegen.

5. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB scheitert bereits daran, dass eine Umsetzung des klägerischen Vorhabens die Grundzüge der Planung berühren würde. Mit den Grundzügen der Planung umschreibt das Gesetz die planerische Grundkonzeption, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zugrunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt. Hierzu gehören die Planungsüberlegungen, die für die Verwirklichung der Hauptziele der Planung sowie den mit den Festsetzungen insoweit verfolgten Interessenausgleich und damit für das Abwägungsergebnis maßgeblich sind. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Veränderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Weg der (Um-)Planung möglich ist. Ob eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, nämlich dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen (zum Ganzen BayVGH, U.v. 14.12.2016 - 2 B 16.1574 - juris).

Gemessen an diesen Vorgaben würde eine Befreiung hier Grundzüge der Planung berühren. Wie aus den Festsetzungen und aus der Begründung der Ursprungsfassung des Bebauungsplans Nr. 19 hervorgeht, war ein maßgebliches Ziel der Planung ein „Einfrieren“ des Bestands; bauliche Veränderungen im unmittelbaren Uferbereich des S.-Sees sollten nur noch vereinzelt und in bescheidenem Umfang möglich sein. Das geht Hand in Hand mit dem Zweck, in diesem „bevorzugten Bereich“ [sic!] ein Hauptaugenmerk auf die Förderung der bestehenden Fremdenverkehrsnutzung zu legen; eine Nachverdichtung soll in der ohnehin schon eng bebauten Uferlinie nicht nur wegen der Sichtbeziehungen zum See engen Beschränkungen unterworfen werden.

Das Vorhaben würde diesen Leitlinien widersprechen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Verwirklichung des Nebengebäudes auf dem - durch das Ferienhaus und die Gasthofterrasse - ohnehin schon stark beanspruchten Grundstück des Klägers eine weitere Verdichtung der Bebauung in der Uferzeile darstellen würde, die den Zielen einer Erhaltung der letzten Freiflächen und einer Auflockerung der baulichen Situation zuwiderläuft. Auch die Situation des klägerischen Grundstücks als „Vorderlieger“ spricht dafür, eine derartige Überschreitung des Bauraums nicht zuzulassen; dies folgt nicht nur, aber auch aus der möglicherweise beeinträchtigten Sichtlinie der Gasthausbesucher auf der im nördlichen Bereich befindlichen Terrasse zum See. Die angesprochenen Leitlinien sind auch bis heute verfolgt und umgesetzt worden: Die oben bereits behandelten Bezugsfälle begründen, selbst wenn man sie in diesem Zusammenhang fruchtbar machen könnte - was auch für die Überschreitung der Stellplatzfläche fraglich ist, da ein Nebengebäude wie das hier geplante Vorhaben nicht vergleichbare, weit erheblichere Vorbild- und Folgewirkungen zeitigen würde (vgl. dazu BayVGH, B.v. 1.4.2016 - 15 CS 15.2451 - juris) -, keine Abkehr von den Grundzügen der Planung. Damit würde eine Funktionslosigkeit der Festsetzungen einhergehen (vgl. auch EZBK, BauGB, Stand: 124. EL Februar 2017, § 31 Rn. 36a), die oben bereits abgelehnt wurde.

Nachdem die Grundzüge der Planung durch das Vorhaben berührt werden, kann dahinstehen, dass die angeführten Bezugsfälle - ihrer geringen Anzahl und ihrer zweifelhaften Vergleichbarkeit wegen - auch nicht geeignet wären, eine städtebauliche Vertretbarkeit des klägerischen Vorhabens im Sinne des § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB zu begründen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 29.4.2013 - 2 ZB 11.1830 - Entscheidungsabdruck Rn. 9). Nur der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass die Bezugsfälle auch nicht zu einem Befreiungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, Art. 3 Abs. 1 GG, führen können. Liegen, wie die Vertreter des Beklagten vermuteten, keine Genehmigungen vor, liegt dieses Ergebnis auf der Hand. Wären Befreiungen erteilt und wäre dies rechtmäßig erfolgt, sind die Sachverhalte nicht vergleichbar. Wären die Befreiungen rechtswidrig erteilt, besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2016 - 15 CS 15.2451 - juris). Schließlich spricht gegen eine Befreiung der Umstand, dass mit der 2. Änderung des Bebauungsplans für das klägerische Grundstück unter Abwägung aller relevanten Gesichtspunkt ein Baurecht in bestimmtem Umfang hergestellt wurde und weitere Bebauungsmöglichkeiten ausgeschlossen blieben. Durch diese Anpassung der Planungskonzeption wurde die Grundlage geschaffen für die aus Sicht des Beigeladenen noch in Betracht kommenden, (abschließend) mit den erläuterten Zielen in Einklang zu bringenden Veränderungen; darüber hinausgehende Erweiterungen gehen mit dem planerischen Willen (endgültig) nicht mehr konform und können dann auch nicht im Wege einer Befreiung umgesetzt werden (vgl. dazu auch Battis u.a., BauGB, Stand: 13. Aufl. 2016, § 31 Rn. 29; zur Berücksichtigung sogar von noch nicht realisierten Planänderungsabsichten BVerwG, U.v. 19.9.2002 - 4 C 13/01 - juris; BayVGH, U.v. 30.3.2009 - 1 B 05.616 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

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(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.

(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.

(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.

(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Unbeachtlich werden

1.
eine nach § 214 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 beachtliche Verletzung der dort bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2.
eine unter Berücksichtigung des § 214 Absatz 2 beachtliche Verletzung der Vorschriften über das Verhältnis des Bebauungsplans und des Flächennutzungsplans und
3.
nach § 214 Absatz 3 Satz 2 beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs,
wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Satz 1 gilt entsprechend, wenn Fehler nach § 214 Absatz 2a beachtlich sind.

(2) Bei Inkraftsetzung des Flächennutzungsplans oder der Satzung ist auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hinzuweisen.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 B 14.1652

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 22. September 2015

(VG München, Entscheidung vom 14. Juni 2012, Az.: M 11 K 11.5045)

1. Senat

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Beseitigungsanordnungen für zwei Terrassen, soweit außerhalb der Baugrenzen errichtet; Beseitigungsanordnungen für vier Balkone; Inzidentprüfung eines Bebauungsplans; Festsetzung der Größe der Grundflächen; Beseitigungsermessen.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

...

vertreten durch die ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

beigeladen: Gemeinde ...

vertreten durch den ersten Bürgermeister, ...

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Anfechtung einer Beseitigungsanordnung (Balkone u. Terrassen) (FlNr. 316 und 316/4 Gemarkung ...);

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Juni 2012,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller ohne weitere mündliche Verhandlung am 22. September 2015

folgendes Urteil:

I.

Soweit die Klage in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit gegenstandslos geworden.

II.

Ziffer I des Tenors des Urteils des Verwaltungsgerichts wird insoweit aufgehoben, als er Ziffer 3 des Bescheids des Landratsamts S. vom 12. Oktober 2011 aufhebt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die vom Landratsamt S. mit Bescheid vom 12. Oktober 2011 (geändert mit Bescheid vom 8. Juni 2012 und durch Erklärung des Beklagten zur Niederschrift in der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2015) verfügten Anordnungen‚ die an den Südostfassaden der beiden benachbarten, weitgehend baugleichen Einfamilienhäuser auf den Grundstücken FlNr. 316 und 316/3‚ Gemarkung G., errichteten je zwei Balkone (Ziffer 1) sowie die beiden aufgeständerten, teilweise in den Hangbereich hineinragenden Terrassen zu beseitigen, soweit sie die im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen überschreiten (Ziffer 2). Die Mieter der beiden Einfamilienhäuser wurden zur Duldung der angeordneten Maßnahmen verpflichtet (Ziffer 3). Für den Fall, dass die Klägerin ihren Verpflich-tungen nicht vollständig und unter Beachtung der gesetzten Fristen nachkommt‚ wurden Zwangsgelder angedroht (Ziffer 4).

Beide Grundstücke liegen im Bereich des ein reines Wohngebiet festsetzenden Bebauungsplans Nr. 137 in der Fassung vom 2. März 2004‚ geändert am 8. Juli 2008 durch den Bebauungsplan Nr. 137-1 mit Geltung für die beiden streitgegenständlichen Grundstücke. Nach den zeichnerischen Festsetzungen im Bebauungsplan Nr. 137-1 sind zwei Baufenster von etwa 12 m x 15 m vorgesehen, die sich bis zur Hangkante und damit bis zum Beginn des Geländeabfalls zum W-tal erstrecken; unmittelbar anschließend an die Hangkante ist die gesamte Hangfläche als „Fläche für Maßnahmen zum Schutz‚ zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft“ ausgewiesen (Festsetzung A.9.5: „Die nordwestliche Begrenzung dieser Fläche stellt die ortsbildprägende und zu schützende Hangkante dar“). Nebenanlagen und Einrichtungen i. S. des § 14 Abs. 1 und 2 BauNVO sind „nur innerhalb des Baufensters und bis zu einer Maximalfläche von 5 m² pro Grundstück (ausgenommen Garagen) zulässig“ (Festsetzung A.2.2). Für jedes der beiden Grundstücke wird eine Grundfläche („GR = 92‚5“) festgesetzt; zur Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung heißt es in A.3.1: „höchstzulässige Grundfläche z. B. 140 m² (inklusive der Fläche möglicher Balkone)“. In der textlichen Festsetzung zur baulichen Gestaltung Nr. 5.4 (Balkone und Erker) heißt es u. a.: „Balkone und Erker sind außerhalb des Bauraums nur zulässig‚ soweit sie untergeordnete Bauteile i. S. der BayBO darstellen‚ d. h. wenn ihre Gesamtbreite pro Fassade kleiner als 1/3 Fassadenbreite ist und ihre Tiefe die Baugrenzen um nicht mehr als 1‚5 m überschreitet.“ Zwischen den beiden Einfamilienhäusern ist eine 6 m breite private, von Bebauung freizuhaltende Grünfläche festgesetzt, die der Sicherung des Durchblicks zwischen den beiden Gebäuden zur oberen Hangkante hin dient (Festsetzung A.9.1).

In der auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützten Beseitigungsanordnung vom 12. Oktober 2011 wird ausgeführt, die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der -entgegen der Bau- und Tekturgenehmigungen vom 27. Oktober 2009 und 17. Mai 2010 errichteten - Balkone und Terrassen lägen nicht vor‚ weil eine Überschreitung der festgesetzten Bauräume dem Schutz der ortsbildprägenden Hangkante und der mit Gehölzen bewachsenen Hangfläche zuwiderlaufe. Die Festsetzung der höchstzulässigen Grundfläche von je 92‚5 m² schließe ausdrücklich die Fläche möglicher Balkone ein; dieses Maß sei aber bereits durch die ohne Zulassung von Balkonen erteilten Baugenehmigungen ausgeschöpft. Die Terrassen lägen größtenteils außerhalb der Bauräume und reichten über die geschützte Hangkante hinaus. Die Festsetzung A.9.5 stelle einen planerischen Grundzug im Sinn von § 31 Abs. 2 Satz 1 BauGB dar, eine Befreiung hiervon sei ausgeschlossen. Zudem seien die errichteten Terrassen abstandsflächenpflichtig‚ hielten jedoch die Mindestabstandsfläche von 3 m nach Art. 6 Abs. 5 BayBO zur Grenze nicht ein.

Mit Urteil vom 14. Juni 2012 hob das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts vom 12. Oktober 2011 (in der Fassung des Änderungsbescheids vom 8. Juni 2012) in vollem Umfang‚ also auch die an die Mieter gerichteten Duldungsanordnungen auf. Zwar überschritten beide Gebäude einschließlich der nicht genehmigten Balkone und Terrassen die zulässigen Grundflächen von je 92‚5 m². Es könne dahinstehen, ob diese Festsetzung von im Vergleich zum sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans relativ geringen Grundflächen in abwägungsfehlerfreier Weise getroffen habe werden können. Denn es sei zweifelhaft‚ ob die zulässige Grundfläche tatsächlich als „Summenmaß“ aller baulichen Anlagen‚ also auch der untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinn von § 14 Abs. 1 und 2 BauNVO oder nur als Grundfläche für ein Einzelhaus als „Hauptanlage“ festgesetzt worden sei. Gehe man zugunsten des Beklagten von der Wirksamkeit der Grundflächenfestsetzung aus‚ so komme jedenfalls die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB in Betracht, denn es sei „nicht plausibel‚ warum eine derart geringfügige Überschreitung der Grundflächenzahl die Grundzüge der Planung berühren oder städtebaulich nicht vertretbar sein sollte“. Die auf einen Kompromiss im vom Ehemann der Klägerin 2006 gegen den Bebauungsplan angestrengten Normenkontrollverfahren (1 N 06.177; später: 1 N 08.2270 und 2271) zurückgehende maximale Grundfläche sei nur durch diese Einigung‚ nicht jedoch durch besondere städtebauliche Gründe zu erklären. Auch die Aussage in der Festsetzung A.3.1‚ wonach die Grundfläche „inklusive der Fläche möglicher Balkone“ zu verstehen sei‚ führe nicht zu einem Ausschluss jeglicher Befreiungsmöglichkeit; in dieser Festsetzung liege nur eine Klarstellung, wonach auch Balkone bei der Berechnung der Grundfläche zu berücksichtigen seien. Die Möglichkeit einer geringfügigen Überschreitung der Baugrenzen durch die Terrassen ergebe sich aus § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO; sie seien Gebäudeteile von geringfügigem Ausmaß. Die Wohngebäude habe man etwa 2 m weiter als aufgrund der festgesetzten Baufenster erforderlich von der Straße abgerückt‚ was angesichts der beengten Zufahrtsmöglichkeiten nachvollziehbar sei; das Heranrücken der Terrassen an den Hang erscheine zum sicheren Betreten des hinteren Grundstücksbereichs sinnvoll. Die vorrangig schützenswerten Hangflächen seien nicht betroffen; die Hangkante‚ bei der es sich nicht um eine klare Linie handele und die im Übergangsbereich allenfalls geringfügig überbaut worden sei‚ bleibe nach wie vor erkennbar. Auch hinsichtlich der Überschreitung der Baugrenzen komme eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB in Betracht. Von den aufgeständerten Terrassen gehe keine gebäudeähnliche Wirkung aus. Der Bescheid erweise sich schließlich als ermessensfehlerhaft‚ weil das Landratsamt die Genehmigungsfähigkeit der zu beseitigenden Anlagenteile falsch eingeschätzt und daher weder eine Befreiung im Hinblick auf die zulässigen Grundflächen noch eine Abweichung für die Überschreitung der Baugrenzen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO in Betracht gezogen habe.

Der Beklagte begründet seine wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zugelassene Berufung in erster Linie damit‚ dass gegen die Wirksamkeit der Festsetzungen A.2.2 und A.3.1 bei sachgerechter Auslegung keine Bedenken bestünden. Die Beigeladene habe nicht nur die zulässige Grundfläche für Hauptgebäude festlegen wollen‚ sondern auch die der gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO mitzurechnenden Anlagen. Der Schluss‚ dass sich die Festsetzung der Grundfläche nur auf Hauptgebäude beziehe‚ weil sich in A.2.2 eine weitere Regelung zu Nebengebäuden befinde‚ sei schon deshalb nicht zwingend‚ weil sich diese Regelung unter der Überschrift „Art der baulichen Nutzung“ befinde und deshalb nicht das Maß der baulichen Nutzung betreffe. Selbst wenn man die Bestimmungen zum Maß der Bebauung im Bebauungsplan als unwirksam ansehen wolle‚ bleibe in jedem Fall eine deutliche faktische Baugrenze an der Hangkante erkennbar‚ die durch beide Terrassen überschritten werde und deren Beseitigung rechtfertige. Das Verwaltungsgericht lasse das originäre Ziel der Bauleitplanung‚ den Schutz und Erhalt der Flächen an der Hangkante‚ mit den von ihm bejahten Abweichungsmöglichkeiten außer Acht. In der Entscheidung fänden insbesondere die zu befürchtenden Bezugnahmen anderer Grundeigentümer von an der Hangkante gelegenen Grundstücken auf die Vorhaben der Klägerin keine Erwähnung‚ obwohl ihnen im Rahmen der Ermessenausübung ausschlaggebende Bedeutung zugekommen sei. Die geringfügige Überschreitung der Baugrenzen durch die Balkone werde durch die Festsetzung in Nr. A.5.4 des Bebauungsplans ermöglicht. Auch im Lauf des Normenkontrollverfahrens aus dem Jahr 2006 habe die Beigeladene neben dem Erhalt der Durchblicksmöglichkeit zwischen den beiden Gebäuden stets den Schutz der Hangkante und -fläche als Planungsziel weiterverfolgt. Nachdem im Rahmen des Normenkontrollverfahrens das auf den Grundstücken liegende Baurecht untersucht worden sei‚ habe der Senat der Beigeladenen - entsprechend dem Wunsch des Grundeigentümers‚ statt des zunächst vorgesehenen einen Bauraums nun zwei getrennte Bauräume zu erhalten - empfohlen, zwei Grundflächen von jeweils 7 m x 12/13 m zur Verfügung zu stellen. Die Festsetzung, wonach Balkone in die Grundflächen miteinzurechnen seien‚ habe ein Auskragen größerer Gebäudeteile in die freien Schneisen verhindern sollen. Die nicht genehmigten Balkone und Terrassen verstießen gegen die planerische Überlegung‚ bei den Wohngebäuden dem Eindruck der Massivität entgegenzuwirken‚ Balkone also nur unter Anrechnung auf die Grundfläche zu ermöglichen. Die Klägerin habe die ihr zur Verfügung stehenden Grundflächen bereits durch die Gebäudekörper ohne Berücksichtigung von Terrassen und Balkonen ausgeschöpft. Das Verwaltungsgericht habe weiter völlig verkannt‚ dass nur bei Vorliegen der Befreiungstatbestände ein Ermessen möglich sei‚ ohne jedoch die zu fordernde, hier nicht gegebene Atypik in der Grundstückssituation zu prüfen. Die Verpflichtung zu einem sensiblen Umgang mit der Hangkante treffe die Klägerin genauso wie die Nachbargrundstücke. Zudem sei eine Bebauung möglich gewesen‚ die den Festsetzungen des Bebauungsplans in jeder Hinsicht entsprochen hätte, denn erst das ohne Not erfolgte Abrücken der Gebäude von der Straße habe dazu geführt‚ dass die beiden rückwärtigen Gebäudewände fast direkt auf der Baugrenze und damit unmittelbar an der Hangkante errichtet worden seien. Eine Befreiung nach § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO scheide schon deshalb aus‚ weil die Terrassen keine geringfügig hervortretenden Bauteile seien‚ da sie mehr als 1/3 der jeweiligen Fassade einnähmen. Schließlich gebe es auch keinen Anspruch auf Befreiungen‚ da ihre Erteilung im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde liege und Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung nicht erkennbar seien. Die aufgeständerten Terrassen seien im Übrigen sehr wohl abstandsflächenrelevant‚ weil sie bereits von ihrem Störpotential her unter dem Aspekt des nachbarlichen Wohnfriedens eine gebäudeähnliche Wirkung entfalteten.

Die Beigeladene erinnert daran‚ dass ursprünglich im Bebauungsplan Nr. 137 ein mittiges Baufenster mit einer Grundfläche von 150 m² festgesetzt gewesen sei; auf Betreiben der Klägerin sei der Plan im Verlauf des Normenkontrollverfahren so geändert worden‚ dass anstelle eines Gebäudes nun zwei freistehende Häuser errichtet werden könnten und deshalb die „Durchblicksfläche“ in die Mitte der beiden Grundstücke verlegt worden sei. Da in den Eingabeplänen der Klägerin zu den Baugenehmigungen die Hangkante und damit die östliche Baugrenze falsch dargestellt worden sei‚ habe der Beklagte in den Plänen die entsprechenden Berichtigungen vorgenommen; danach stünden die südöstlichen Gebäudewände fast auf der dortigen Baugrenze und die sich anschließenden Terrassen seien fast in vollem Umfang außerhalb der Baugrenze errichtet worden. Ihre Aufständerung gehe teilweise bis zu 1 m über die Geländeoberkante hinaus. Die Klägerin selbst habe die Überschreitung der Baugrenze durch die Terrasse um ca. 2‚3 m dokumentiert (Anlage 3 zu ihrem Schriftsatz vom 2.5.2012). Die streitbefangenen Balkone und Terrassen wichen von der jeweils am 27. Oktober 2009 für den Neubau der Einfamilienhäuser erteilten Baugenehmigungen in Gestalt der Tekturgenehmigungen vom 17. Mai 2010 ab. Nur um die Attraktivität ihrer Immobilien zu erhöhen‚ habe die Klägerin gezielt gegen die Baugenehmigungen und damit gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 137-1 verstoßen. Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB im Hinblick auf die Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen und der parzellenscharf festgelegten überbaubaren Grundstücksflächen würden schon deswegen ausscheiden‚ weil sie gegen Grundzüge der Planung verstießen. Die Festsetzung der östlichen Grenze der Baukörper bzw. der westlichen Grenze der geschützten Hangzone durchziehe das gesamte Plangebiet „wie ein roter Faden“. Folge einer der Klägerin gewährten Befreiung wären entsprechende Wünsche der benachbarten Grundeigentümer im Plangebiet‚ die ihre Gebäude an der attraktiven Ostseite zum W***tal hin ebenfalls über die jeweiligen Baufenster hinaus ausweiten wollten. Im Übrigen sei die Verschiebung der Gebäude innerhalb des Baufensters unmittelbar an die südöstliche Grundstücksgrenze hin nicht erforderlich gewesen‚ um in das Grundstück sicher von der Straße her einfahren zu können. Die Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung unter Nr. A.2.2 sei so zu verstehen‚ dass der Grundstückseigentümer die Möglichkeit habe zu entscheiden‚ ob er die 50%ige Überschreitung der zulässigen Grundfläche vollständig auf eine Garage übertrage oder hiervon bis zu 5 m² auf eine Nebenanlage. Die Regelung beschränke innerhalb des Anwendungsbereichs von § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO die Abweichung für bestimmte Nebenanlagen auf 5 m² und sei von § 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO abgedeckt. Mangels Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung des § 31 Abs. 2 BauGB sei kein Ermessen auf der Rechtsfolgeseite eröffnet; erst recht liege keine Ermessensreduzierung auf Null vor‚ was das Verwaltungsgericht nicht geprüft habe. Schließlich liege auch keine unbillige Härte vor‚ denn die Klägerin habe die Grundstücksteilung vorgenommen und die Bebauung mit zwei Gebäuden durchgesetzt‚ so dass sie sich nun nicht gegen den Umstand wehren könne‚ die hieraus resultierende Beschränkung des zur Verfügung stehenden Raums führe zu Einschränkungen bei der Dimensionierung der Gebäude.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 14. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Die Festsetzungen zur zulässigen Grundfläche (3.1) und zu Nebenanlagen (2.2) seien unwirksam, weil kein eindeutiges Summenmaß bestimmt worden sei. Gehe man mit dem Beklagten davon aus, dass mit der Festsetzung 2.2 lediglich Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinn von § 14 Abs. 1 und 2 BauNVO in ihrer Größe beschränkt hätten werden sollen, hätte auf den Klammerzusatz „ausgenommen Garagen“ verzichtet werden müssen. So aber bleibe unklar, ob die in Abweichung zur Regel des § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO aufgestellte Beschränkung für die in § 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauNVO genannten Anlagen ebenfalls gelten solle oder nicht; der Anwendungsbereich der Festsetzung sei daher unbestimmt. Die Flächen von Balkonen seien bei der Grundflächenberechnung von Hauptbaukörpern ohnehin zwingend zu berücksichtigen. Im Übrigen entspreche das Maß von 92,5 m² genau dem im vorangegangenen Normenkontrollverfahren gefundenen Kompromiss für die Fläche der Hauptgebäude auf den beiden Grundstücken, was gegen die Annahme einer Gesamtgrundfläche in dieser Höhe zuzüglich 46,25 m² für Garagen und Nebengebäuden spreche. Die streitgegenständlichen baulichen Anlagen seien daher nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen und hiernach zulässig. Eine faktische hintere Baugrenze bestehe nicht; eine solche könne nicht durch den Verlauf einer Hangkante gebildet werden, außerdem reiche die vorhandene Bebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. 317/3 in vergleichbarer Weise in den Hangbereich hinein. Aber auch bei unterstellter Wirksamkeit der Festsetzungen könne einer möglichen Befreiung nicht die Festsetzung Nr. 9.5 zum Schutz der Hangkante entgegengehalten werden, weil die vorhandene Geländesituation nicht mehr dem historischen Verlauf und Bestand der Geländekante bzw. des Hangs entspreche, sondern durch die ehemals vorhandene, inzwischen beseitigte Bebauung und deren wegemäßige Erschließung im abfallenden Hangbereich künstlich verändert worden sei. Die beanstandeten Anlagen griffen daher nicht in den natürlichen Verlauf der Hangkante ein.

Der Senat hat am 26. Juni 2015 eine Ortsbesichtigung vorgenommen‚ wegen deren Ablauf auf die Niederschrift mit der beiliegenden Fotodokumentation verwiesen wird. In der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2015 beschränkte der Beklagte die die beiden Terrassen betreffenden Beseitigungsanordnungen durch Erklärung zu Proto-koll insoweit‚ als sie nur noch in dem Umfang zurückzubauen sind‚ in dem sie die „im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen überschreiten“. Mit Beschluss vom 10. Juli 2015 erhielten die Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zur Wirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 3.1 des Bebauungsplans 137, nachdem bisher dem Senat nicht bekannte Dokumente aus den Normaufstellungsverfahren vorgelegt worden waren. Mit weiteren Schriftsätzen vertieften die Beteiligten ihren bisherigen Vortrag und verzichteten auf weitere mündliche Verhandlung.

Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Den Streitgegenstand bildet der angefochtene Bescheid nur noch in der Form‚ die er durch die Erklärung des Beklagten zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2015 gefunden hat; in der Sache hat die Erklärung zu einer teilweisen Rücknahme des angefochtenen Bescheids geführt. Ob die vom Beklagten zu Protokoll erklärte neue Tenorierung der Beseitigungsanordnungen für die beiden Terrassen dem Bestimmtheitsgrundsatz entspricht‚ obwohl der Adressat des Bescheids nicht ohne weiteres den Umfang der von ihm zu beseitigenden Bauteile erkennen kann, kann offen bleiben. Denn die teilweise Aufhebung der den Kläger belastenden Verwaltungsakte führt jedenfalls zur Erledigung des prozessualen Aufhebungsanspruchs im gleichen Umfang. Dem haben die Hauptbeteiligten durch Abgabe der entsprechenden Erklärungen zur Hauptsacheerledigung Rechnung getragen, womit das Klageverfahren in analoger Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO insoweit einzustellen war.

Die Berufung, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO nach entsprechendem Verzicht der Beteiligten auf weitere mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden konnte, hat nur in geringem Umfang insoweit Erfolg‚ als sie sich gegen die Aufhebung der an die Mieter gerichteten Duldungsanordnung richtet. Die Klage ist insoweit mangels Vorliegens einer Klagebefugnis unzulässig‚ denn die Duldungsanordnung entfaltet Rechtswirkungen ausschließlich gegenüber den dort benannten Mietern, denen gegenüber sie bestandskräftig geworden ist.

Im Übrigen‚ weit überwiegenden Teil ist die zulässige Berufung zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Umfang der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben.

Allerdings vermag die Begründung des angefochtenen Urteils‚ schon die Wirksamkeit der Festsetzung der zulässigen Grundfläche sei fraglich‚ jedenfalls aber „käme die Erteilung einer Befreiung…in Betracht“ (UA, S. 7), weil durch sie keine Grundzüge der Planung berührt würden und nur eine „geringfügige Überschreitung der Grundflächenzahl für Balkone und Terrassen“ vorliege, die Aufhebung des angefochtenen Bescheids nicht zu tragen. Auch wenn die Festsetzung der Größe der Grundflächen (inklusive Balkone) auf jeweils 92‚5 m² je Grundstück auf einen Kompromiss im früheren Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgeht‚ bedeutet dies nicht‚ dass die Begrenzung der Grundflächen auf beiden Grundstücken eher zufällig erfolgt und „nur durch eine verfahrensrechtliche Besonderheit zu erklären“ (UA, S. 9) ist. Vielmehr hat die Beigeladene damit dem städtebaulich gerechtfertigten Ziel einer maßvollen Verdichtung im sensiblen Bereich „nahe der Hangkante“ nach ihrem im Normaufstellungsverfahren immer wieder betonten Willen oberste Priorität einräumen wollen (vgl. insbes. Nr. 1.2 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 137 v. 2.3.2004). Abweichend von diesem Grundsatz können Befreiungen auch nicht deshalb erteilt werden‚ weil die Überschreitungen - wie das Verwaltungsgericht ohne konkrete Angabe eines Wertes meint - geringfügig seien. Außerdem übergeht das angefochtene Urteil, dass die Erteilung der notwendigen Befreiungen im Ermessen des Beklagten liegt, eine Reduzierung dieses Ermessens auf Null aber nicht erkennbar ist.

Indes bedarf es keiner Befreiungen von den hier in Rede stehenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 137 in der Fassung des Änderungsbebauungsplans Nr. 137-1 für die zwei Terrassen und vier Balkone‚ weil sich die im Rahmen einer Inzidentkontrolle zu überprüfenden Festsetzungen der höchstzulässigen Grundflächen (vgl. Darstellungen in den Schablonen für die einzelnen Grundstücke i. V. m. Nr. 2.2 und 3.1 der textlichen Festsetzungen) als unwirksam erweisen (1.). Dieser Fehler hat die gesamte Unwirksamkeit beider Bebauungspläne zur Folge (2.). Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte das ihm nach Art. 76 Satz 1 BayBO eingeräumte Beseitigungsermessen fehlerhaft ausgeübt (3.).

1. Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung sind nach der im Berufungsverfahren gebotenen inzidenten Überprüfung (1.1) insgesamt unwirksam (1.2).

1.1. Die für die hier streitgegenständlichen Beseitigungsanordnungen maßgeblichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 137 in der Fassung des Bebauungsplans Nr. 137-1 sind inzident auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Keine Rolle spielt dabei‚ dass die für eine prinzipale Normenkontrolle geltende Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO abgelaufen ist (vgl. etwa: HessVGH‚ U.v. 15.12.2014 - 3 C 1990/13.N - DVBl 2015‚ 504). Der Umfang der Inzidentkontrolle ist allerdings eingeschränkt auf die nicht von der Rügepflicht des § 215 Abs. 1 BauGB erfassten, dort abschließend genannten Fälle der stets beachtlichen Mängel‚ insbesondere also des Verstoßes gegen den Erforderlichkeitsgrundsatz (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB) oder gegen den Bestimmtheitsgrundsatz sowie im Falle eines fehlerhaften Abwägungsergebnisses (§ 1 Abs. 7 BauGB) und des Fehlens jeglicher oder der Überschreitung einer Rechtsgrundlage. Denn § 215 Abs. 1 BauGB zielt auf eine Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle nicht nur im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO‚ son-dern auch im Rahmen einer bei einer Anfechtungsklage vorzunehmenden inzidenten Prüfung (Petz in Berliner Kommentar‚ BauGB‚ 3. Aufl., Stand: Juli 2014‚ § 215 Rn. 7 u. § 214 Rn. 23). Die Gemeinde soll nach Ablauf der einjährigen Rügefrist davon ausgehen können‚ dass der Bestand ihres Bebauungsplans jedenfalls insoweit gesichert ist‚ als keine stets beachtlichen‚ nicht von § 215 Abs. 1 BauGB erfassten Mängel des Plans mehr geltend gemacht werden können (vgl. Kuschnerus‚ Der sachgerechte Bebauungsplan‚ 4. Aufl., S. 556‚ 4). Damit wird auch die Möglichkeit einer inzidenten Verwerfung der Norm durch ein Gericht im Interesse der Bestandserhaltung des Bebauungsplans auf beachtliche Rechtsverstöße begrenzt‚ die auf Dauer seiner Wirksamkeit entgegenstehen (Petz‚ a. a. O., § 214 Rn. 27 bis 30: sog. Ewigkeitsfehler).

Mit dem Vortrag der Klägerin, die Festsetzungen zur Größe der Grundflächen verstießen gegen § 16 Abs. 3 Nr. 1, § 19 BauNVO, behauptet sie ein Überschreiten der Rechtsgrundlage und damit einen Verstoß gegen den Typenzwang der Baunutzungsverordnung. Damit steht ein nicht unter § 215 Abs. 1 BauGB fallender, stets beachtlicher materieller Verstoß des Bebauungsplans gegen Bundesrecht in Rede.

1.2. Die hier strittigen Festsetzungen zur Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO legen zwar für jedes einzelne Grundstück im Umgriff des Bebauungsplans eine nach Quadratmetern bezeichnete Grundfläche fest (vgl. die jeweilige Schablone i. V. m. Nr. 3.1 der Festsetzungen durch Text). Diese Bestimmungen sind aber unwirksam, weil sie die Ermächtigungsgrundlage der §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 16 Abs. 2 Nr. 1, § 19 BauNVO überschreiten.

1.2.1 Der Senat hat zur Reichweite dieser Vorschriften in seinem Normenkontrollurteil vom 13. April 2006 - 1 N 04.3519 - Folgendes ausgeführt:

„§ 16 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 BauNVO ermächtigt zwar dazu, die - nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zwingend erforderliche - Regelung des Umfangs, in dem die im Bauland liegende Fläche des Baugrundstücks (§ 19 Abs. 3 BauNVO) von baulichen Anlagen überdeckt werden darf (§ 19 Abs. 2 BauNVO), durch Festsetzung einer absoluten Quadratmeterzahl zu bestimmen. Bei einer solchen Begrenzung der zulässigen Grundfläche muss aber ein jeweils auf das Baugrundstück bezogenes „Summenmaß“ (Ziegler in Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand März 1998, § 16 BauNVO RdNr. 25) für alle baulichen Anlagen, die beim Maß der baulichen Nutzung zu Buche schlagen, festgesetzt werden. Eine auf einzelne Anlagen bezogene Festsetzung ist jedenfalls als alleinige Regelung gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 BauNVO deswegen nicht von der Ermächtigung gedeckt, weil bei einer solchen Festsetzung die Anrechnungsvorschrift des § 19 Abs. 4 BauNVO... nicht vollzogen werden könnte.“

Bei der nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO stets festzusetzenden Grundflächenzahl oder Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen ist demnach die Größe der Grundflächen aller relevanten baulichen Anlagen zu berücksichtigen. Dazu gehören auch die von § 19 Abs. 4 BauNVO (sowie ergänzend § 21a BauNVO) erfassten Nebenanlagen. Während nach § 19 Abs. 4 BauNVO 1962/1968/1977 im Einzelnen umschriebene Nebenanlagen nicht auf die zulässige Grundfläche anzurechnen waren, hat der Verordnungsgeber mit der Verordnung vom 23. Januar 1990 (BGBl. I S. 127) in § 19 Abs. 4 Satz 1 BauVO 1990 mit genau umgekehrter Zielrichtung bestimmt, dass u. a. Garagen und Stellplätze (Nr. 1) und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO (Nr. 2) bei der Ermittlung der Grundfläche mitzurechnen sind. Zweck dieser „Mitrechnungsregelung“ ist es, einen Beitrag zur Umsetzung der Bodenschutzklausel des § 1 a Abs. 2 Satz 1 BauGB zu leisten und eine „Begrenzung der Bodenversiegelung durch Nebenanlagen“ zu erreichen (vgl. BR-Drs. 354/89 S. 35 f.). Die Gemeinde soll sich bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung darüber Rechenschaft ablegen und durch Festsetzung eines entsprechenden „Summenmaßes“ offenlegen, inwieweit durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Bodenversiegelung - nicht nur durch „Haupt-“, sondern eben auch durch „Nebenanlagen“ - insgesamt zugelassen wird (BayVGH, U.v. 10.8.2006 - 1 N 04.1371 u. a. - NVwZ-RR 2007, 447 = juris Rn. 36). Trifft die Gemeinde Festsetzungen zur Grundflächenzahl oder zur Größe der Grundflächen ohne Zusatz über die mitzurechnenden Anlagen, muss sie sich über die Reichweite der Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 1 BauNVO einschließlich der sog. Überschreitungsregelung des § 19 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 BauNVO im Klaren sein. Soll klarstellend auch ausgesagt werden, welche Anlagen mitzurechnen sind, dann muss die Festsetzung den Vorgaben der Baunutzungsverordnung entsprechen. Eine Festsetzung, welche die zulässige Grundfläche nur für „Hauptgebäude“ bestimmt, ist dagegen nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt, weil sie diesem Kriterium einen anderen Inhalt gibt, als ihn die Baunutzungsverordnung seit 1990 in ihrem § 19 Abs. 4 vorschreibt (BayVGH, U.v. 10.8.2006 a. a. O.).

1.2.2 Mit der Festsetzung der „höchstzulässigen Grundfläche…inklusive der Fläche möglicher Balkone“ für die im Plangebiet liegenden Grundstücke hat die Antragsgegnerin eine in diesem Sinn nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckte Regelung getroffen. Die hier maßgebliche Festsetzung bezieht sich nicht auf alle mitzurechnenden Anlagen, sondern nur auf den jeweiligen Hauptbaukörper. Dass die Beigeladene die Bestimmung des § 19 Abs. 4 BauNVO nicht im Auge hatte, ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Bei Erlass des ursprünglichen Bebauungsplans Nr. 137 im Jahr 2004 lag die dargestellte Rechtsprechung des Senats (Urteile v. 13. April und 10. August 2006, a. a. O.) noch nicht vor. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsbebauungsplans Nr. 137-1 im Jahr 2008 war die Rechtsprechung zwar bekannt; sie wurde jedoch weder von der Beigeladenen im Normänderungsverfahren beachtet noch vom Senat in der mündlichen Verhandlung am 20. November 2007 im Normenkontrollverfahren (1 N 06.1717) thematisiert‚ in dem es - wie sich aus den beigezogenen Gerichtsakten ergibt - in erster Linie um die Frage ging‚ ob die Beigeladene die überbaubaren Grundstücksflächen und zulässigen Grundflächen für den oder die Hauptbaukörper auf den Grundstücken Fl.Nr. 316 und 316/4 auf 150 m² abwägungsfehlerfrei reduziert hat; in diesem Zusammenhang hat der Senat damals die Empfehlung abgegeben‚ angesichts der auf den Nachbargrundstücken bestehenden Wohngebäude und der dort festgelegten zulässigen Grundflächen auf den beiden Grundstücken der Klägerin eine Grundfläche von mindestens 185 m² in der Summe auszuweisen. Nachdem man sich im damaligen Verfahren auf Einräumung von Baurecht für zwei Baukörper mit einer Grundfläche von jeweils 92‚5 m² geeinigt hatte‚ war der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, was zum Einstellungsbeschluss vom 29. September 2008 (1 N 08.2270) führte‚ in dem die nunmehr erkennbar gewordene Problematik nicht mehr thematisiert wurde. Dass der Senat im damaligen Verfahren an der jetzt problematisierten Festsetzung unter dem Gesichtspunkt der 2006 begründeten eigenen Rechtsprechung keine rechtlichen Zweifel geäußert hat‚ lässt nicht den Schluss zu, er sei damals von der Festsetzung eines Summenmaßes ausgegangen.

Vielmehr spricht alles dafür‚ dass das 2004 mit dem Bebauungsplan Nr. 137 begründete System im Änderungsbebauungsplan Nr. 137-1 im Jahr 2008 bei der Änderung nicht verlassen‚ sondern fortgeschrieben wurde. Hierfür sprechen insbesondere die Beschlussvorlagen der Beigeladenen für die Sitzungen des Bauausschusses am 11. Dezember 2007 und 8. Juli 2008 sowie die Begründung vom gleichen Tage. Aus der Beschlussvorlage N 0667 für die Sitzung am 11. Dezember 2007 (d 3.) geht deutlich hervor‚ dass die Diskussion ausschließlich auf die Frage fokussiert war‚ welche „Gesamtgrundfläche“ für die jeweiligen Hauptbaukörper abwägungsfehlerfrei festgesetzt werden könne. Dementsprechend heißt es dort‚ dass auf den beiden Grundstücken „zwei Baukörper“ verwirklicht werden könnten‚ die „in etwa einem Maß von 7 m x 13 m (angenähert an die Bebauung des Grundstücks FlNr. 317/2)“ ausgeführt werden sollten. Entsprechendes ergibt sich auch aus der Beschlussvorlage Ö 0044 für den Bauausschuss am 8. Juli 2008 (dort: S. 2‚ 3), wenn davon die Rede ist‚ dass „zwei Gebäude mit einer Gesamt-GR von 185 m² zu errichten“ seien. Diese Ausführungen sprechen ebenfalls dafür‚ dass ausschließlich die Hauptgebäude in den Blick genommen wurden. Auch der Senat hatte in der damaligen mündlichen Verhandlung deutlich gemacht‚ dass er das ursprünglich vorgesehene Baurecht von 150 m² nach überschlägiger Betrachtung als zu geringfügig angesehen hat‚ weil nach § 34 BauGB eine „GR von 185 m²“ hätte realisiert werden können; diese Angabe bezieht sich zweifelsfrei nur auf die Grundfläche eines Hauptgebäudes. Der Umstand‚ dass nach dem Willen der Beigeladenen eine „absolute GR“ festgelegt werden sollte‚ lässt keine Rückschlüsse auf die hier zu betrachtende Problematik zu; er bedeutet lediglich‚ dass keine (relativen) Grundflächenzahlen i. S. v. § 19 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden sollten, sondern Grundflächen in absoluten Zahlen.

Nichts anderes ergibt sich aus der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 137-1 vom 8. Juli 2008. Dort werden die bereits zitierten Aussagen aus den beiden Beschlussvorlagen übernommen‚ ohne die Problematik des fehlenden Summenmaßes zu erkennen. Entscheidend ist‚ dass letztlich keine Abkehr von der in der Begründung zum ursprünglichen Bebauungsplan vom 2. März 2004 deutlich gewordene Herangehensweise erfolgt ist. Aus der dort gefertigten Übersicht („Beiblatt Vergleichsberechnungen“)‚ die für die Bauräume der im Baugebiet liegenden Grundstücke jeweils die nach § 34 BauGB ermittelte Grundfläche („GR Bestand“) der nunmehr ausgewiesenen Grundfläche gegenüberstellt und daraus eine Grundflächenzahl errechnet‚ wird deutlich‚ dass es hier nur um den Hauptbaukörper gehen sollte. In der Begründung vom 2. März 2004 wird zentral auf die Vergleichsberechnung verwiesen, in der die maßgeblichen Kriterien für die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung („vor allem die jeweilige Fläche des potenziellen Bauraums“ sowie „der auf dem Grundstück bereits vorhandene Baubestand“) für die einzelnen Grundstücke berechnet und gegenüberstellt werden. Auch der Zusatz in der textlichen Festsetzung Nr. 3.1, wonach die höchstzulässige Grundfläche „inklusive der Fläche möglicher Balkone“ ausgewiesen wird, deutet darauf hin‚ dass nur die Hauptbaukörper gemeint waren. Denn werden ausschließlich Balkone, die Bestandteile der Hauptbaukörper sind, als grundflächenrelevant bezeichnet‚ aber keine anderen‚ außerhalb des Gebäudes gelegenen Nebenanlagen i. S. v. § 14 BauNVO, die auch zur Bodenversiegelung beitragen, spricht dies gegen den Willen der Beigeladenen‚ ein Summenmaß festzulegen. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin die sich aus den bereits genannten Maßen von 7 m x 13 m (vgl. Beschlussvorlage N 0667, 3.) ergebende Grundfläche von 91 m² noch geringfügig um 1,5 m² für einen - im Übrigen auch außerhalb des Bauraums bis zu einer Tiefe von 1,5 m zulässigen (vgl. textliche Festsetzung Nr. 5.4) - Balkon erhöht hat, woraus sich in der Summe die festgesetzte Grundfläche von 92,5 m² je Grundstück errechnet.

Zu keinem anderen Ergebnis führt der von der Beigeladenen betonte Umstand‚ dass die beiden auf den streitgegenständlichen Grundstücken festgelegten Baufenster mit einer Größe von 150 m² ausreichend dimensioniert sind‚ um bauliche Anlagen in einem Umfang von 92‚5 m² zuzüglich 46‚25 m² (entspricht Grundfläche nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 und § 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO) realisieren zu können. Diese Betrachtung verkennt die unterschiedlichen Funktionen, die der Festsetzung eines Baufensters einerseits und derjenigen einer maximal zulässigen Grundfläche andererseits zukommen, und gibt keinen Hinweis auf den der Festsetzung zugrundeliegenden Willen des Satzungsgebers.

2. Die Unwirksamkeit der Festsetzung Nr. 3.1 führt zur Gesamtunwirksamkeit der beiden Bebauungspläne. Ein Bebauungsplan bleibt trotz der Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen in seinen nicht betroffenen Teilen nur dann gültig‚ wenn diese für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 BauGB entsprechende Regelung darstellen und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG‚ st.Rspr., z. B. BVerwG‚ U.v. 19.9.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117‚ 58). Gemessen an diesem Maßstab führt der Mangel bei der Fest-setzung der zulässigen Grundfläche zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans‚ weil nicht anzunehmen ist‚ dass die Antragsgegnerin den Plan auch als einfachen Bebauungsplan ohne Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung erlassen hätte. Ohne Regelung der Grundfläche wäre keine sinnvolle‚ dem mutmaßlichen Willen der Beigeladenen entsprechende städtebauliche Ordnung gegeben (vgl. BVerwG‚ U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - BVerwGE 133‚ 377).

3. Aus der Unwirksamkeit des Bebauungsplans folgt, dass die Beseitigungsanordnung vom 12. Oktober 2011 - auch wenn man annehmen wollte‚ dass die Balkone und Terrassen im Widerspruch zu anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden sein sollten - jedenfalls nach fehlerhafter Ausübung des in Art. 76 Satz 1 BayBO eröffneten Beseitigungsermessens erfolgt ist, weil von dem Ermessen nicht in einer der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (§ 114 Satz 1 VwGO).

3.1 Geht die Bauaufsichtsbehörde bei einer Beseitigungsanordnung davon aus‚ dass die zu beseitigende Anlage nicht in Übereinstimmung mit einem bestehenden Bebauungsplan errichtet wurde‚ der sich jedoch als unwirksam herausstellt‚ so unterliegt sie einer Fehleinschätzung der Grundlagen ihrer Ermessensausübung. Es stellt ein Ermessensdefizit dar‚ wenn die Bauaufsichtsbehörde bei Erlass einer Beseitigungsanordnung von falschen rechtlichen Voraussetzungen ausgeht (Decker in Simon/Busse‚ BayBO Stand: Mai 2015, Art. 76 Rn. 264) und damit einer rechtlich nicht existenten Vorschrift zur Geltung verhelfen will. Hat demnach der Beklagte die Genehmigungsfähigkeit der zu beseitigenden baulichen Anlagen an einer unwirksamen Vorschrift gemessen, konnte er auch sein Ermessen nicht entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung ausüben (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

3.2 Die Ermessensausübung rechtfertigt sich auch nicht vor dem Hintergrund der vom Beklagten behaupteten Abstandsflächenrelevanz der Terrassen. Es ist schon sehr zweifelhaft, ob sich der für die Beseitigungsanordnungen erforderliche Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften daraus ergeben kann, dass von den Terrassen wegen des den nachbarlichen Wohnfrieden beeinträchtigenden Störpotentials „Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen“ (Art 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO). Jedenfalls hat der Beklagte durch die teilweise Rücknahme der Beseitigungsanordnung in der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2015 die Terrassen insoweit, als sie nicht die Baugrenzen überschreiten, ausdrücklich hingenommen und damit (unausgesprochen) den zuvor behaupteten Verstoß gegen Abstandsflächen-recht nicht mehr zum Gegenstand seiner Ermessensausübung gemacht.

3.3 Anders als bei einer Verpflichtungsklage braucht im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen eine Beseitigungsanordnung nicht entschieden zu werden‚ ob das maßgebliche Baugebiet nach inzidenter Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nunmehr als Innenbereich (§ 34 BauGB) zu behandeln ist und sich die (ungenehmigten) Bauteile in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen oder - wie der Beklagte meint - das Baugrundstück im Außenbereich liegt‚ in dem die Bauteile als sonstige Vorhaben möglicherweise öffentliche Belange beeinträchtigen. Diese Fragen wären im Rahmen eines denkbaren Tekturverfahrens‚ mit dem sich die Klägerin um den Erhalt einer Genehmigung für die bislang nicht genehmigten Balkone und Terrassen bemüht, aufzuklären.

Der Beklagte hat als unterlegener Rechtsmittelführer die Hälfte der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die andere Hälfte wird der Beigeladenen auferlegt‚ die einen Antrag im Berufungsverfahren gestellt hat, mit dem sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO). In gleicher Weise sind die Kosten des erledigten Teils des Verfahrens zu verteilen, ohne dass insoweit ein gesonderter Ausspruch erfolgen musste; diese Verteilung entspricht billigem Ermessen, weil sie ohne dass erledigende Ereignis bei Obsiegen der Klägerin ebenso ausgesprochen worden wäre. Die für den ersten Rechtszug vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Kostenlastentscheidung war trotz teilweisen Erfolgs der Berufung nicht zugunsten des Beklagten abzuändern, weil sich die Aufhebung des von ihm angefochtenen Urteils nur auf einen untergeordneten, geringfügigen Teil des Bescheids - die an die Mieter gerichtete Duldungsanordnung (Zi. 3) - bezieht (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwert beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG und orientiert sich an der entsprechenden Festsetzung des Verwaltungsgerichts München.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Die Darlegungen im Zulassungsantrag vermögen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht zu begründen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Kläger, die eine Einfriedung auf ihrem Wohngrundstück vorgelagerten Grundstücken errichten wollen, die durch Bebauungsplan als Verkehrsfläche festgesetzt sind, dringen weder mit dem Argument durch, dass die Festsetzung funktionslos und damit unwirksam geworden sei, noch haben sie Anspruch auf eine Befreiung von der Festsetzung.

Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Festsetzung der Verkehrsfläche weiterhin wirksam ist. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden nur dann funktionslos, wenn die tatsächliche Entwicklung einen Zustand erreicht hat, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und wenn die dadurch fehlende Steuerungsfunktion der Festsetzung offenkundig ist, so dass ein Vertrauen auf die Fortgeltung der Festsetzung nicht mehr schutzwürdig ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 - IV C 39.75 - BVerwGE 54, 5). Eine der Realisierung entgegenstehende tatsächliche Entwicklung kann nicht nur durch planwidrige Grundstücksnutzungen, sondern auch durch andere Umstände, wie beispielsweise das Fehlen der erforderlichen Finanzmittel für die Realisierung der geplanten Maßnahme, ausgelöst werden. Die Festsetzung von Verkehrsflächen kann daher funktionslos werden, wenn die Gemeinde den Bau einer Straße endgültig aufgegeben hat und dies bei einem mehr als 40 Jahre alten Plan offenkundig ist (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2010 - 4 B 22.10 - BauR 2010, 2060). Davon, dass die Beklagte die Verbreiterung der Erschließungs Straße einschließlich der Anlegung von Gehwegen endgültig aufgegeben hat oder die tatsächliche Entwicklung einer Verbreiterung der Erschließungs Straße entgegensteht, kann nicht die Rede sein. Dass die Verkehrsbedeutung der Straße nach Sperrung der Brücke über die Bahn geringer geworden ist, rechtfertigt nicht den Schluss auf den Verzicht des Ausbaus, weil der Neubau der Brücke weiterhin im Haushaltsplan der Beklagten aufgeführt ist. Auch die vor anderen Wohngebäuden auf der Verkehrsfläche errichteten Einfriedungen stehen der Realisierung der Verbreiterung nicht entgegen, weil diese Anlagen keinen Bestandsschutz genießen und gegebenenfalls beseitigt werden können.

Entgegen der Auffassung der Kläger kommt für die Einfriedung der Kläger auch keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht, weil diese Maßnahme die Verbreiterung der Erschließungs Straße auf Dauer unmöglich machen und dadurch Grundzüge der Planung berühren würde. Das städtebauliche Konzept der Beklagten geht von einer ausreichend leistungsfähigen Straße aus, über die ein größeres Gebiet erschlossen werden soll. Daran vermögen auch die von den Klägern geäußerten Zweifel an der Realisierung des festgesetzten Straßenausbaus nichts zu ändern, weil es für die Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, allein darauf ankommt, ob das mit dem Bebauungsplan verfolgte Konzept noch realisiert werden kann.

2. Angesichts der Ausführungen unter Nummer 1 weist die Rechtssache auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 3 GKG.

Mit diesem Beschluss wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Dhom Widmann Dr. Volckens

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I. In Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2015 wird die Klage auch hinsichtlich der Beantwortung der Vorbescheidsfragen 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014 abgewiesen. Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner vier Fünftel und die Beklagte ein Fünftel. Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der Berufung sowie der Anschlussberufung.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren von der Beklagten die Erteilung eines positiven Vorbescheids für ihren Antrag vom 2. Oktober 2013. Beantragt wurde ein Anbau an ein bestehendes zweigeschossiges Einfamilienhaus auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung F. im S.-weg … sowie die Errichtung eines Terrassengeschosses auf dem Bestandsgebäude. Mit ihrem Vorbescheidsantrag haben die Kläger insgesamt fünf Vorbescheidsfragen gestellt, die von der Beklagten mit negativem Vorbescheid vom 20. März 2014 allesamt negativ beantwortet wurden:

Frage 1: Ist die Nutzung als Wohngebäude (Einfamilienhaus) möglich?

Antwort: Nein.

Begründung: Unter Maßgabe der Beantwortung der Frage 4 und damit der hinsichtlich der Lage des Erweiterungsbaukörpers grundlegenden planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens werde die Frage 1 negativ beantwortet und im Übrigen auf die ausführliche Begründung im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage 4 verwiesen.

Die Beklagte wies ausdrücklich darauf hin, dass für ein innerhalb des Bauraums situiertes, im Übrigen hinsichtlich des Nutzungsmaßes planungsrechtlich zulässiges Vorhaben die Art der Nutzung - Wohnung - zulässig und positiv zu beantworten wäre.

Frage 2: Ist das Maß der Nutzung (GRZ) - wie in den Plänen dargestellt - planungsrechtlich möglich?

Antwort: Nein. Eine Aussage zur GRZ könne nicht getroffen werden, da für den fraglichen Bereich nicht festgesetzt.

Begründung: Aussagen zur GRZ könnten nur in Bereichen getroffen werden, für die qualifizierte Bebauungspläne, welche entsprechende Zahlen festsetzen, vorhanden und nach § 30 Abs. 1 BauGB zu beurteilen seien. Für Bereiche, in denen sich, wie im vorliegenden Fall, die Zulässigkeit von Bauvorhaben nach § 34 BauGB richte, seien Angaben zur GRZ nicht möglich, da diese nach gängiger Betrachtungsweise keine Einfügungskriterien im Sinn des § 34 BauGB darstellten.

Frage 3: Ist die in den Plänen dargestellte Höhenentwicklung des Anbaus planungsrechtlich möglich?

Antwort: Nein.

Begründung: Unter Maßgabe der Beantwortung der Frage 4 und damit der hinsichtlich der Lage des Baukörpers grundlegenden planungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens, werde die Frage 1 negativ beantwortet und im Übrigen auf die Beantwortung der Frage 4 verwiesen.

Frage 4: Der Bauraum im rückwärtigen Bereich - festgesetzt durch die Baugrenze - wurde von der Nachbarbebauung (s. Referenzobjekt Nachbargrundstück FlNr. … und FlNr. …) nicht eingehalten. Ist die Lage auf dem Grundstück - wie dargestellt - möglich?

Antwort: Nein, die abgefragte und in den Plänen Nr. ... dargestellte Lage des Erweiterungsbaukörpers auf dem Grundstück ist nicht möglich.

Begründung: Das beantragte Bauvorhaben in Form eines Erweiterungsbaukörpers solle im rückwärtigen Grundstücksbereich vollständig außerhalb des mit einfachem übergeleitetem Bebauungsplan festgesetzten Bauliniengefüges errichtet werden. Die Sachbehandlung im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens ergebe, dass die hierfür erforderliche Befreiung und Berücksichtigung der Einfügungskriterien nach § 34 BauGB i.V.m. der unmittelbaren bzw. maßgeblichen Umgebungsbebauung nicht in Aussicht gestellt werden könne. Als maßgeblicher Umgriff werde die Bebauung nördlich des Bebauungsplanumgriffs Nr. 568 angesehen. Hier sei eine kleinteilige Bebauung mit zweigeschossigen Wohngebäuden mit Satteldach vorherrschend. Die Gebäude hielten die festgesetzten Bauräume ein. Das Notwohngebäude F.-straße … könne nicht als Bezugsfall herangezogen werden. Im südlichen Bereich des Gevierts gelte der Bebauungsplan Nr. ..., der hier ein Mischgebiet festsetze und eine erkennbar andere städtebauliche Struktur mit sehr großen Baukörpern ermögliche. Hier seien bei den Gebäuden S.-weg … - … (FlNr. … und FlNr. …) rückwärtige Bauraumüberschreitungen vorhanden. Dieses Bebauungsplangebiet könne aber nicht als Bezugsfall zur Beurteilung des Bauvorhabens dienen, da es sowohl hinsichtlich der Art als auch hinsichtlich des Maßes der Nutzung eine deutlich andere städtebauliche Struktur aufweise und zudem einer anderen Rechtsgrundlage unterliege.

Zwar sei mit dem Anwesen F.-straße … ein Rückgebäude in der städtebaulich maßgeblichen Umgebung vorhanden, aber hierbei handle es sich um ein widerrechtlich errichtetes Notwohngebäude, das seinerzeit mit einer Nichteinschreitensverfügung belassen worden sei und keine Genehmigung besitze. Zudem würden im maßgeblichen Geviert Rückgebäude bzw. Erweiterungen von bestehenden Gebäuden über die rückwärtige Baugrenze, die außerhalb des festgesetzten Bauliniengefüges errichtet werden sollten, als städtebauliche Fehlentwicklung gesehen. Damit könne gerade um keine entsprechende städtebauliche Entwicklung einzuleiten bzw. um keine negative Vorbild-/Bezugsfallwirkung entstehen zu lassen, eine Befreiung weder in Aussicht gestellt noch erteilt werden. Das Bauvorhaben sei folglich im Widerspruch zu dem einfachen übergeleiteten Bauliniengefüge im rückwärtigen Grundstücksbereich außerhalb des festgesetzten Bauraums nicht zulässig.

Frage 5: Ist der in den Plänen dargestellte Dachaufbau planungsrechtlich möglich?

Antwort: Nein.

Begründung: Das abgefragte Terrassengeschoss erreiche mit 8,73 m eine Wandhöhe, die aus der maßgeblichen Umgebungsbebauung nicht herzuleiten sei. Zudem sei auch die dargestellte Höhenentwicklung (3 Geschosse) und Dachgestaltung in der maßgeblichen Umgebungsbebauung nicht vorzufinden. Folglich seien die Einfügenskriterien im Sinne des § 34 BauGB nicht erfüllt. Im Gegenteil werde mit der geplanten Wandhöhe von 8,73 m und dem dritten Geschoss als Terrassengeschoss ein „neuer Takt“ in das Geviert hineingetragen, was zu städtebaulichen Spannungen führe. Das in den Plänen dargestellte Terrassengeschoss sei daher nach § 34 BauGB planungsrechtlich unzulässig.

Mit Urteil vom 16. März 2015 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 1, 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014, die Vorbescheidsfragen 1, 3 und 5 nach dem Vorbescheidsantrag vom 2. Oktober 2013 positiv zu beantworten. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Frage 1 wurde die Vorgehensweise der Beklagten für unzulässig gehalten. Wenn vom Antragsteller eine zulässige Einzelfrage gestellt werde, habe die Bauaufsichtsbehörde diese Frage zu beantworten und könne nicht unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich eines anderen Einfügungsmerkmals - etwa der überbaubaren Grundstücksfläche - die Frage nach der Zulässigkeit der Art der Nutzung verneinen. Auch hinsichtlich Frage 3 hätte die Beklagte einen positiven Vorbescheid erteilen müssen, da sich das Vorhaben mit der geplanten Höhenentwicklung des Anbaus in das in der Umgebung vorhandene Maß der baulichen Nutzung einfüge. Wie schon bei Frage 1 hätte die Beklagte auch bei der Frage 3 nicht auf die negative Beantwortung der Frage 4 im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche verweisen dürfen. Hinsichtlich der Frage 5 hätte die Beklagte eine positive Antwort geben müssen, da sich der auf dem Bestandsgebäude vorgesehene Dachaufbau bzw. das in den Plänen dargestellte Terrassengeschoss mit einer Höhe von 8,73 m als bauplanungsrechtlich zulässig darstelle. Bei Frage 2 sei zu Recht eine negative Antwort gegeben worden. Eine Vorbescheidsfrage, mit der das Maß der baulichen Nutzung allein anhand der Grundflächenzahl abgefragt werden soll, stelle sich als unzulässige Fragestellung dar, da in erster Linie auf die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretenden Maße abzustellen sei. Auch die Frage 4 sei zu Recht verneint worden.

Der Verwaltungsgerichtshof ließ mit Beschluss vom 9. August 2016 die Berufung der Beklagten zu.

Nach Auffassung der Beklagten kann die Frage nach der zulässigen Höhenentwicklung des Anbaus ohne die Frage zu dessen Situierung nicht selbständig beantwortet werden. Daher hätte die Vorbescheidsfrage 3 richtigerweise mit Verweis auf die negative Beantwortung der Vorbescheidsfrage 4 zur überbaubaren Grundstücksfläche negativ beantwortet werden dürfen. Die Frage nach der Situierung des Gebäudes außerhalb des Bauraums und der Gebäudehöhe außerhalb des Bauraums seien untrennbar miteinander verbunden, da außerhalb des Bauraums überhaupt kein Baukörper zulässig sei. Hinsichtlich Vorbescheidsfrage 5 vertritt die Beklagte die Auffassung, dass das Bauvorhaben eine Wandhöhe von bis 8,73 m aufweise, teilweise dreigeschossig sei, und sich daher nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Im vorliegenden Fall sei das als Beurteilungsbereich herangezogene Gebiet auf die Wohnbebauung im nördlichen Bereich des Gevierts K.-straße, F.-straße, H.-weg und S.-weg sowie die dem Bauvorhaben gegenüberliegende Bebauung geprägt. Dort befänden sich zweigeschossige Gebäude mit teilweise ausgebautem Dachgeschoss, Satteldächern und Wandhöhen um 6 m bis 6,50 m. Die Gebäude im Bereich des Bebauungsplans Nr. ... (FlNrn. …) seien nicht mehr zum Umgriff der prägenden näheren Umgebung zu zählen. In der Rechtsprechung sei zwar anerkannt, dass die Traufhöhe nicht immer prägend sein müsse. Wenn sich dies aus den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten ergebe, könne auch die absolute Höhe der in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäude das Baugrundstück entscheidend prägen. Allerdings fehlten vorliegend entsprechende örtliche Gegebenheiten, so dass die Wandhöhe prägend sei. Denn die nähere Umgebung sei von einer zweigeschossigen Bebauung mit teilweise ausgebautem Dachgeschoss und von Satteldächern geprägt. Daher hätte das Verwaltungsgericht Wand- und Firsthöhen nicht miteinander vergleichen dürfen. Die Zulassung des Vorhabens sei auch geeignet, städtebauliche Spannungen auszulösen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2015 dahin abzuändern, dass die Klage auch hinsichtlich der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014 abgewiesen wird, und die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Weiter erheben sie Anschlussberufung insoweit, als die Klage abgewiesen wurde und beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 16. März 2015 insoweit aufzuheben, als die Vorbescheidsfragen 2 und 4 negativ beantwortet wurden, und die Beklagte zu verpflichten, den beantragten Vorbescheid (auch) dahin zu erteilen, dass festgestellt wird, dass die Lage des beantragten Erweiterungsbaus auf dem Grundstück wie dargestellt planungsrechtlich zulässig ist, ebenso das Maß der Nutzung.

Die Kläger hätten einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Befreiung bezüglich der Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt würden. Im Quartier würden eine Vielzahl von Gebäuden die (rückwärtigen) Baugrenzen überschreiten. Nicht nur innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 568 im südlichen Teil des Gevierts seien zahlreiche Befreiungen von dessen Festsetzungen betreffend die Bauräume durch die Beklagte erteilt worden, sondern auch im übrigen Teil des Gevierts außerhalb dieses Bebauungsplans (FlNr. …). Im nördlichen Teil des Gevierts, für welches kein Bebauungsplan existiere, überschreite das Rückgebäude auf dem Grundstück F.-straße … (FlNr. …) ebenfalls die Baugrenzen. Dort sei ein freistehendes Gebäude inmitten des Gevierts errichtet. Darüber hinaus sei das Geviert auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung durch eine uneinheitliche Bebauung geprägt. Hinsichtlich der Berufung der Beklagten weist die Klägerin darauf hin, dass ein Betrachter ein Terrassengeschoss mit einer maximalen Höhe von 8,73 m städtebaulich weniger dominant empfinden werde als ein Satteldach mit einer Höhe von 10,50 m.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf die Niederschriften über den Augenschein und die mündliche Verhandlung, die Gerichtsakten sowie die dem Gericht vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist auch hinsichtlich der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 3 und 5 im Vorbescheid vom 20. März 2014 unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf eine positive Beantwortung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die zulässige Anschlussberufung der Kläger ist unbegründet, weil ihre Klage hinsichtlich der negativen Beantwortung der Vorbescheidsfragen 2 und 4 zu Recht abgewiesen wurde.

1. Die Beklagte hat die Frage 4 „Ist die Lage auf dem Grundstück wie dargestellt möglich?“ zu Recht verneint. Eine Bebauung widerspricht bauplanerischen Festsetzungen. Eine Befreiung kann nicht erteilt werden.

a) Auf dem Vorhabensgrundstück verläuft im hinteren Bereich eine rückwärtige Baugrenze. Der beantragte Anbau soll vollständig hinter dieser Baugrenze errichtet werden. Die überbaubare Grundstücksfläche bestimmt sich gemäß § 30 Abs. 3 BauGB nach dem gemäß § 173 BBauG 1960 und § 233 Abs. 3 BauGB als einfacher Bebauungsplan übergeleiteten Bauliniengefüge. Regelungen eines auf der Grundlage der Münchner Bauordnung vom 29. Juli 1895 (BayBS II S. 430) erlassenen Baulinienplans gelten als Festsetzungen eines einfachen Bebauungsplans weiter, soweit es sich um verbindliche Regelungen der in § 9 BBauG 1960 bezeichneten Art handelt (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2007 - 2 ZB 05.476 - juris; U.v. 26.10.2004 - 2 B 03.321 - juris; U.v. 11.9.2003 - 2 B 00.1400 - juris).

Die Regelungen des Baulinienplans sind nicht funktionslos geworden. Eine bauplanerische Festsetzung tritt wegen Funktionslosigkeit nur dann außer Kraft, wenn und soweit die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die Erkennbarkeit dieser Tatsache einen Grad erreicht hat, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Entscheidend ist dabei, ob die jeweilige Festsetzung überhaupt noch geeignet ist, zur städtebaulichen Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen sinnvollen Beitrag zu leisten (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 - 4 B 85.03 - BauR 2014, 1128; BayVGH, B.v. 9.9.2013 - 2 ZB 12.1544 - juris). Dies ist hier der Fall.

Die städtebauliche Funktion des Bauliniengefüges ist es, die rückwärtigen Grundstücksbereiche im Interesse einer Durchgrünung des Geviertsinneren von Bebauung freizuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2011 - 2 ZB 10.166 - juris). Dieses Ziel wurde bis auf die Ausnahme des Anwesens F.-straße … (FlNr. …) und geringfügige Überschreitungen erreicht. Wie der Senat beim Augenschein festgestellt hat, haben die Anwesen, die das Grundstück der Kläger umgeben, größere Gärten mit Gartenhäuschen und ähnlichem. Allein das rückwärtige Gebäude auf dem Anwesen F.-straße … (FlNr. …) steht im hinteren Bereich; es handelt sich hierbei um ein Wohngebäude mit Erdgeschoss und ausgebautem Dachgeschoss (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 2). Die rückwärtige Bebauung auf dem Grundstück F.-straße … (FlNr. …) ist als Ausreißer nicht geeignet, die Funktionslosigkeit des Bauliniengefüges zu begründen. Unabhängig davon, ob dieses Anwesen ein Fremdkörper ist, stellt es sich als einziger gewichtiger Ausreißer der im Übrigen im nördlichen Bereich des Gevierts weitestgehend intakten rückwärtigen Baugrenze dar. Die übrigen, in der unmittelbaren Umgebung des Vorhabens im nördlichen Geviert vorhandenen Überschreitungen der rückwärtigen Baugrenze (S.-weg, FlNr. …; K.-straße, FlNr. …) sind flächenmäßig absolut untergeordnet oder betreffen relativ geringfügige Überschreitungen durch untergeordnete Nebenanlagen (F.-straße …, FlNr. …). Der Senat teilt die Einschätzung des Erstgerichts, dass diese Überschreitungen nicht geeignet sind, die Wirksamkeit des übergeleiteten Bauliniengefüges in Frage zu stellen. Es kann keine Rede davon sein, dass die Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist. Vielmehr leistet die Festsetzung auch heute noch zur städtebaulichen Ordnung einen sinnvollen Beitrag.

Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte im südlichen Teil des Quartiers mit dem Bebauungsplan Nr. 568 vom 2. April 1970 gemäß § 1 Abs. 3 der Bebauungsplansatzung den Umgriff des gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 übergeleiteten Bebauungsplans aufgehoben und eine eigenständige Festsetzung zu den überbaubaren Grundstücksflächen getroffen hat. Denn damit wurde nur im südlichen Teil des Quartiers eine neue städtebauliche Ordnung begründet, die jedoch die städtebaulichen Zielsetzungen im nördlichen Teil des Quartiers und das dort geltende Bauliniengefüge unberührt lässt.

b) Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass ihnen eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt wird. Gemäß § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde (Nr. 3), und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Mit den Grundzügen der Planung umschreibt das Gesetz in § 31 Abs. 2 BauGB die planerische Grundkonzeption, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zu Grunde liegt und in ihnen zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67, 83). Hierzu gehören die Planungsüberlegungen, die für die Verwirklichung der Hauptziele der Planung sowie den mit den Festsetzungen insoweit verfolgten Interessenausgleich und damit für das Abwägungsergebnis maßgeblich sind (vgl. BayVGH, U.v. 30.3.2009 - 1 B 05.616 - BauR 2009, 1414). Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Veränderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Weg der (Um-)Planung möglich ist. Ob eine Befreiung die Grundzüge der Planung berührt oder von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, nämlich dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten planerischen Wollen.

Gemessen an diesen Vorgaben würde eine Befreiung hier Grundzüge der Planung berühren. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Befreiung nicht mehr im Bereich dessen läge, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung erkannt hätte (vgl. BVerwG, U.v. 4.8.2009 - 4 CN 4.08 - juris). Insbesondere können sich die Kläger in diesem Zusammenhang nicht auf die rückwärtige Bebauung des Grundstücks F.-straße … (FlNr. …) berufen. Denn dieses stellt sich aufgrund seiner Eingeschossigkeit und seiner Situierung inmitten des Gevierts als Ausreißer dar, der nicht die Kraft hat, die durchweg zweigeschossige und unter weitestgehender Einhaltung des Bauliniengefüges bebaute nähere Umgebung zu prägen. Die Zulassung einer weiteren Hauptnutzung in Form des streitgegenständlichen Bauvorhabens hinter der rückwärtigen Baugrenze könnte nicht mehr als Ausreißer angesehen werden und würde somit im Gegensatz zum Anwesen F.-straße … (FlNr. …) eine Bezugsfallwirkung entfalten. Dies würde die Grundzüge der Planung berühren, da die Beklagte weiteren Bauwünschen jenseits der rückwärtigen Baugrenze nicht mehr entgegentreten könnte.

Die Anwesen S.-weg … (FlNr. …) und … (FlNr. …) spielen für die Frage der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB keine Rolle, da sie in einem anderen Plangebiet liegen. Gleiches gilt für die Bebauung auf dem Grundstück F.-straße … (FlNr. …). Dabei ist es in diesem Zusammenhang unerheblich, ob der Bebauungsplan Nr. 568 eventuell funktionslos ist. Selbst wenn er funktionslos wäre, hätte dies keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Bauliniengefüges im nördlichen Teil des Quartiers und die Frage der Erteilung einer Befreiung. Denn wie oben dargelegt wurde, ist der übergeleitete Baulinienplan im nördlichen Teil des Quartiers wirksam.

Zudem geht der Senat davon aus, dass zwischen der Bebauung im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 568 und der Bebauung im nördlichen Teil des Quartiers auch ein struktureller Unterschied besteht, der trennende Wirkung hat. Denn die Bebauungsdichte im Gebiet des Bebauungsplans Nr. 568 ist viel höher, als im nördlichen Teil des Quartiers, das durch Reihenhäuser, Doppelhäuser und Einfamilienhäuser geprägt ist. Dieser strukturelle Unterschied wird dadurch unterstrichen, dass der große westliche Teil des Grundstücks FlNr. … unbebaut ist und die beiden Gebiete voneinander trennt. Auch von daher kann die Bebauung auf dem Gebiet des Bebauungsplans Nr. 568 keine Auswirkungen auf die Frage der Befreiung haben.

2. Die Frage 2 „Ist das Maß der Nutzung (GRZ, siehe beiliegende Berechnungen) wie in den Plänen dargestellt, planungsrechtlich möglich?“ wurde von der Beklagten ebenfalls zu Recht negativ beantwortet. Dabei ist fraglich, ob die Beklagte und das Erstgericht die Frage richtig dahingehend verstanden haben, dass das Maß der baulichen Nutzung allein anhand der Grundflächenzahl abgefragt werden soll. Nach Art. 71 Satz 1 BayBO ist auf Antrag vor Einreichung des Bauantrags zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid zu erteilen. Bei Fragen zur bauplanungsrechtlichen Bebaubarkeit nach § 34 BauGB kann entweder die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach den §§ 30 ff. BauGB in Form einer „Bebauungsgenehmigung“ abgefragt werden, oder aber es können, sofern sie selbständig prüfungsfähig sind, einzelne Zulässigkeitskriterien des § 34 BauGB, etwa das Maß der baulichen Nutzfläche (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 71 Rn. 4). Der Senat legt zugunsten der Kläger die Frage 2 so aus, dass das Maß der baulichen Nutzung abgefragt werden soll und der Klammerzusatz „GRZ, siehe beiliegende Berechnungen“ die Frage nach dem Maß der baulichen Nutzung - ohne eine genaue GRZ-Berechnung - lediglich verdeutlicht.

Die so verstandene Frage wurde von der Beklagten im Ergebnis zu Recht verneint. Denn jede Einzelfrage muss einer separaten Entscheidung zugänglich sein (vgl. Decker in Simon/Busse, Bayer. Bauordnung, Stand: Februar 2015, Art. 71 BayBO Rn. 73). Eine Frage ist nur dann als Einzelfrage zulässig, wenn die Frage unabhängig von den sonst gestellten Fragen beantwortet werden kann. Dies ist hier nicht der Fall. Denn das Vorhaben ist als einheitliches Vorhaben anzusehen, das nicht aufgespaltet werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.1998 - 1 B 93.274 - juris Rn. 41). Die Fragen nach der Situierung des Gebäudes außerhalb des Bauraums (Frage 4) und des Maßes der baulichen Nutzung (Frage 2) außerhalb des Bauraums sind untrennbar miteinander verbunden, da außerhalb des Bauraums überhaupt kein Baukörper zulässig ist. Ein Bauantrag und damit auch die Baugenehmigung sind nur dann teilbar, wenn sie getrennt voneinander genehmigbare Bauteile betreffen (vgl. BayVGH, B.v. 10.2.2014 -2 CS 13.2472 - juris; BayVGH, U.v. 18.4.2013 - 2 B 13.423 - juris). Entsprechendes muss bei einem Vorbescheid gelten, wenn den Fragen ein einheitliches Bauvorhaben zugrunde liegt und mit der negativen Beantwortung einer Frage alle anderen Fragen negativ beantwortet werden müssen. So liegt es hier. Vorliegend ist bei einem Anbau an ein bereits bestehendes Gebäude der Ort des Bauwerks festgelegt. Der Genehmigungsbehörde wurde ein einheitliches Bauvorhaben zur Beurteilung vorgelegt. Dies ergibt sich aus den Akten, in denen als Art des Vorhabens ein Anbau an ein Einfamilienhaus genannt wird. Zur Auslegung der Vorbescheidsfragen dienen die textliche Formulierung der Frage und die Planunterlagen. In den Ansichten und Grundrissen zum Vorbescheidsantrag ist ein einheitlicher Baukörper dargestellt. Ausweislich der vorgelegten Pläne soll der Anbau aus Untergeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss bestehen. Über dem Obergeschoss von Anbau und Bestand soll eine Dachterrasse situiert werden, wobei im Bereich der Dachterrasse über dem Bestand zusätzlich ein Dachgeschoss errichtet werden soll. Durch die Dachterrasse sind im vorliegenden Fall die einzelnen Komponenten - insbesondere das geplante Dachgeschoss mit dem geplanten Anbau - so miteinander verwoben, dass für den Fall der Unzulässigkeit des Anbaus wegen negativer Beantwortung der Frage 4 eine positive Beantwortung etwa hinsichtlich des Teils der Planung, der sich mit der Errichtung des Dachgeschosses befasst, nicht möglich ist. Das Bauvorhaben kann nicht in verschiedene Komponenten aufgespaltet werden. Mithin ist die Frage 2 bereits deshalb negativ zu beantworten, weil die Frage 4 zutreffenderweise negativ beantwortet wurde.

3. Die Beklagte hat die Frage 3 „Ist die in den Plänen dargestellte Höhenentwicklung des Anbaus planungsrechtlich möglich?“ zutreffenderweise verneint.

Ausgehend von dem soeben Dargelegten war auch die Frage 3 zu verneinen. Denn die Frage nach der zulässigen Höhenentwicklung des Anbaus kann ohne die Frage zu dessen Situierung nicht selbständig beantwortet werden. Die Beklagte hat daher zu Recht die Vorbescheidsfrage 3 mit Verweis auf die negative Beantwortung der Vorbescheidsfrage 4 zur überbaubaren Grundstücksfläche negativ beantwortet. Auch hier sind die Fragen nach der Situierung des Gebäudes außerhalb des Bauraums und nach der Gebäudehöhe außerhalb des Bauraums untrennbar miteinander verbunden, weil außerhalb des Bauraums überhaupt kein Baukörper zulässig ist.

4. Die Frage 5 „Ist der in den Plänen dargestellte Dachaufbau planungsrechtlich möglich?“ wurde zu Recht negativ beantwortet. Der auf dem Bestandsgebäude vorgesehene Dachaufbau bzw. das in den Plänen dargestellte Terrassengeschoss mit einer Höhe von 8,73 m stellt sich als planungsrechtlich unzulässig dar. Vorrangig ist bei der Prüfung des Einfügens im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt. Das ist in Fällen wie diesem vor allem die (absolute) Grundfläche, die Anzahl der Vollgeschosse und die Höhe des Gebäudes (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 - 4 C 17.92 - juris; BayVGH, U.v. 18.12.2009 - 2 B 08.2154 - juris).

Wie oben dargelegt wurde, kann der Anbau nicht außerhalb des Bauraums situiert werden. Denkt man den Anbau hinweg, schließt das Terrassengeschoss auf einer Breite von 5,34 m bündig mit der Ostfassade des Bestandsgebäudes ab. Damit handelt es sich um ein teilweise dreigeschossiges Gebäude mit einer Wandhöhe von bis zu 8,73 m und einem Flachdach. Dieses Bauvorhaben überschreitet den vorgegebenen Rahmen im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

a) Der maßgebliche Bereich der näheren Umgebung beschränkt sich hier auf die Wohnbebauung im nördlichen Bereich des Gevierts K.-straße, F.-straße, H.-weg und S.-weg sowie die dem Bauvorhaben gegenüberliegende Bebauung. Die Gebäude im Bereich des Bebauungsplans Nr. ... sind nicht mehr zum Umgriff der prägenden näheren Umgebung zu zählen. Es handelt sich wegen ihrer im Vergleich zu den nördlichen Gebäuden deutlich größeren Ausmaße, ihrer Massivität und ihrer andersartigen Nutzung um eine Bebauung mit deutlich unterschiedlichem Gepräge. Entlang der F.-straße folgt ein großflächiges Autohaus (Audi und VW) mit Hallen und Bürogebäuden (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 3). Beim Anwesen S.-weg … (FlNr. …) und … (FlNr. …) handelt es sich um ein zweigeschossiges Mehrfamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoss (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 3). Die mit diesem Bebauungsplan beabsichtigten städtebaulichen Zielsetzungen sind noch erkennbar. Sie können sich nicht auf das Bauvorhaben auswirken.

b) Das Bauvorhaben überschreitet sowohl hinsichtlich der Geschossigkeit als auch bezüglich der Wandhöhe den vorgegebenen Rahmen.

aa) Im maßgeblichen Bereich finden sich zweigeschossige Wohngebäude mit einem flachen Walmdach (S.-weg …, FlNr. …). Beim Anwesen S.-weg ... (FlNr. …) handelt es sich um ein entsprechendes Gebäude. Die Anwesen S.-weg (FlNr. …) und ... (FlNr. …) sind zwei Doppelhaushälften mit jeweils zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss. Bei den Anwesen S.-weg, … und … (alle auf FlNr. …) handelt es sich um Reihenhäuser mit zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen S.-weg ... (FlNr. …) ist ein größeres Wohnhaus mit zwei Geschossen und ausgebautem Dachgeschoss. Bei den Anwesen K.-straße ... bis … (FlNrn. …, …, …, …, …, …) handelt es sich um zweigeschossige Reihenhäuser. Die Anwesen F.-straße … (FlNr. …) bis … (FlNr. …) stellen zweigeschossige Reihenhäuser dar, wobei bei F.-straße … (FlNr. …) das ausgebaute Dachgeschoss aufgesetzt ist. Bei den Anwesen F.-straße … (FlNr. …) und … (FlNr. …) handelt es sich um zwei Doppelhaushälften mit zwei Geschossen sowie ausgebautem Dachgeschoss. Das Anwesen F.-straße … (FlNr. …) ist ein zweigeschossiges Wohnhaus. Das Anwesen F.-straße … (FlNr. …) stellt ein zweigeschossiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss dar. Beim Vordergebäude des Anwesens F.-straße … (FlNr. …) handelt es sich um ein kleines eingeschossiges Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss und kleinerem Anbau. Auf der gegenüberliegenden Seite des S.-wegs findet sich zweigeschossige Wohnbebauung, teilweise mit ausgebautem Dachgeschoss (Niederschrift über den Augenschein vom 5.12.2016, S. 2 und 3). In der Umgebung sind somit keine dreigeschossigen Baukörper vorhanden. Bereits von daher überschreitet das Bauvorhaben den vorgegebenen Rahmen.

bb) In der näheren Umgebung sind auch keine Wandhöhen von 8,73 m vorhanden. Das Verwaltungsgericht hat zwar zur Begründung seiner Entscheidung auf die Firsthöhen der näheren Umgebung abgestellt. Die Gebäude in der näheren Umgebung weisen danach folgende Höhen auf:

S.-weg ... (FlNr. …) Firsthöhe 8,70 m,

S.-weg ... (FlNr. …) Firsthöhe 10,50 m,

S.-weg … (FlNr. …) Firsthöhe 10,50 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 8,60 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 9,55 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 9,80 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 8,60 m,

F.-straße … (FlNr. …) Firsthöhe 8,60 m,

S.-weg … (FlNr. …) Firsthöhe 8,30 m,

K.-straße ... (FlNr. …) Firsthöhe ca. 8,25 m.

Im vorliegenden Fall können Wand- und Firsthöhen aber nicht miteinander verglichen werden. Denn die nähere Umgebung ist von Satteldächern geprägt. Die Wandhöhe liegt bei Satteldächern naturgemäß wesentlich niedriger als bei entsprechenden Flachdächern. Nach der nicht bestrittenen Darlegung der Beklagten beträgt die Wandhöhe in der Umgebungsbebauung 6,00 m bis 6,50 m. Bei Satteldächern ist für die Frage nach dem Einfügen nicht nur auf die Firsthöhe, sondern auch auf die Wandhöhe abzustellen. Es liegt auf der Hand, dass ein Gebäude mit Flachdach bei einer Wandhöhe von 8,73 m wesentlich massiver wirkt, als ein Gebäude mit Satteldach und einer entsprechenden Firsthöhe. Da sich in der näheren Umgebung keine Wandhöhen von 8,73 m finden, überschreitet das Bauvorhaben auch insofern den vorgegebenen Rahmen.

c) Ein Vorhaben kann gleichwohl zulässig sein, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - juris; BayVGH, U.v. 18.12.2009 - 2 B 08.2154 - juris). Die Zulassung des Vorhabens wäre hier geeignet, städtebauliche Spanungen auszulösen. Die Wandhöhe von 8,73 m und die Dreigeschossigkeit würden sich im Osten auf einer Breite von 5,34 m und damit über mehr als die Hälfte der Ostfassade von 9,74 m erstrecken. Das Dachgeschoss wirkt aufgrund seiner Dimensionierung nicht mehr wie ein bloßer Dachaufbau, sondern wie eine neue prägende Wandhöhe. Der Senat ist der Auffassung, dass die Wandhöhe und die Dreigeschossigkeit des Vorhabens bei Bauvorhaben in der für eine Nachverdichtung offenen näheren Umgebung zum Vorbild genommen werden könnten. Insofern besteht die Gefahr, dass das Vorhaben eine ungesteuerte Bezugsfallwirkung auslöst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine Beseitigungsanordnung für einen Carport.

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin des mit einem Reihenwohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../6 Gemarkung Z. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 19. Juni 1969 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Teilbebauungsplan Z. - West“, der durch die am 17. April 1971 in Kraft getretene „Bebauungsplanänderung im Bereich westlich der W...strasse“ geändert wurde. Der Bebauungsplan weist ein allgemeines Wohngebiet und Bauräume für insgesamt sechs Reihenhausanlagen aus; innerhalb des nördlichsten Bauraums steht das Wohnhaus der Antragstellerin. Weiterhin sind im mittleren Teil und im südöstlichen Bereich des Änderungsplangebiets Bauräume für Gemeinschaftsgaragen festgesetzt.

Bei einer Baukontrolle am 30. April 2014 stellte die Antragsgegnerin fest, dass im nordwestlichen Teil des Grundstücks der Antragstellerin außerhalb der Baugrenzen ein überdachter Stellplatz errichtet worden war. Mit Bescheid vom 18. August 2015 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf, den Carport bis spätestens 30. Oktober 2015 und im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs innerhalb von sechs Wochen nach Bestandskraft des Bescheid vollständig zu beseitigen (Nr. 1 des Bescheidtenors). Der weitere Miteigentümer wurde verpflichtet, diese Anordnung zu dulden (Nr. 2 des Bescheidtenors). Nr. 1 und 2 des Bescheids wurden für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 3 des Bescheidtenors). Für den Fall, dass die Antragstellerin der Verpflichtung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € angedroht (Nr. 4 des Bescheidtenors).

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 21. Oktober 2015 mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Das Interesse an der sofortigen Vollziehung der überwiege das gegenläufige Interesse der Antragstellerin. Die auf der Grundlage von Art. 76 Satz 1 BayBO erlassene Beseitigungsanordnung sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Der Carport sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil er außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen errichtet worden sei. Eine Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO komme nicht in Betracht. Es könne offen bleiben, ob der Carport von § 23 Abs. 5 Satz 1 oder Satz 2 BauNVO erfasst sei. Der Bebauungsplan habe jedenfalls eine anderweitige Festsetzung getroffen. Eine solche Festsetzung sei in der Festsetzung der Sammelgaragen zu sehen, die zentral zwischen den sechs für die Wohnbebauung vorgesehenen Gebäudekomplexen ausgewiesen seien und in der Anzahl derjenigen der vorgesehenen Wohnungen entsprächen. Dieses planerische Konzept sei durch die tatsächliche Entwicklung nicht obsolet geworden. Soweit im Südosten auf den Grundstücken FlNr. .../7 und .../9 („W...straße 50“) ein Doppelcarport außerhalb der vorgesehenen Garagenstandorte errichtet worden sei, beruhe dies nicht auf einer Aufgabe des Planungskonzepts, sondern auf einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Im Übrigen sei die Erschließungssituation hier nicht vergleichbar. Auch die Errichtung mehrerer Nebenanlagen im Sinn des § 14 Abs. 1 BauNVO rechtfertigten nicht die Annahme der Funktionslosigkeit des Bebauungsplans. Eine Befreiung komme für das Vorhaben der Antragstellerin nicht in Betracht, weil hierdurch die Grundzüge der Planung berührt würden. Das städtebauliche Konzept sehe allein die Errichtung von zentral angeordneten Garagenkomplexen und Mehrfachgaragen vor, wobei sich die Zahl der Garagenflächen an dem Stellplatzbedarf orientiere. Insoweit liege auch keine nicht beabsichtigte Härte im Sinn des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei ebenfalls nicht gegeben. Die Beseitigungsanordnung sei auch weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig.

Hiergegen wendet sich Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2015 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. August 2015 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt.

Die Beseitigungsanordnung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt. Der Carport steht in einem nicht durch Zulassung einer Ausnahme nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO oder durch Erteilung einer isolierten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ausräumbaren Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften (vgl. unten 1.). Die Beseitigungsanordnung ist nicht deswegen fehlerhaft, weil die Antragstellerin im Bescheid (auch) als Handlungsstörerin bezeichnet wurde (vgl. unten 2.). Ebenso wenig ist die Zwangsgeldandrohung wegen einer zu kurzen Fristsetzung rechtswidrig (vgl. unten 3.). Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Carport mit hoher Wahrscheinlichkeit bauplanungsrechtlich unzulässig ist, weil er außerhalb der wirksam durch Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche errichtet wurde und die Antragstellerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB oder einer Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO hat.

a) Der Bebauungsplan ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht deswegen unwirksam, weil seine Ursprungsfassung als „Teilbebauungsplan“ bezeichnet ist. Abgesehen davon, dass die Ursprungsfassung durch die hier maßgebliche Bebauungsplanänderung vom 17. April 1971, die diese Bezeichnung nicht mehr trägt, vollständig ersetzt wurde, ist der „Teilbebauungsplan“ vom 19. Juni 1969 nicht auf sachliche Teilregelungen beschränkt. Das Gesetz sieht bei einem Bebauungsplan - anders als beim Flächennutzungsplan, bei dem nach § 5 Abs. 2b BauGB als sachliche Teilregelung eine Darstellung von Vorrangflächen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben mit Ausschlusswirkung für Vorhaben außerhalb dieser Flächen zulässig ist - die Möglichkeit solcher Teilregelungen nicht vor. Derartige Regelungen sind indes weder in der Ursprungsfassung des Bebauungsplans noch im Änderungsbebauungsplan enthalten.

b) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein Anspruch der Antragstellerin auf Zulassung des Carports nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO durch den Bebauungsplan ausgeschlossen sein dürfte.

Richtig ist zwar, dass hier nicht § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO, sondern § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO Anwendung findet, weil ein Carport keine Nebenanlage im Sinn des § 14 BauNVO ist. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 12 BauNVO, der die Zulässigkeit von Garagen und Stellplätzen gesondert regelt (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2013 - 4 C 15/11 - juris Rn. 17; BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 22 f.; König in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 23 Rn. 32). Unter den (bundesrechtlichen) Begriff der Stellplätze fällt - als überdachter Stellplatz (vgl. BVerwG, U. v. 4.10.1985 - 4 C 26/81 - NVwZ 1986, 120) - auch ein Carport. Dies ändert jedoch nichts am fehlenden Zulassungsanspruch der Antragstellerin. Denn abgesehen davon, dass es sich bei der Zulassungsentscheidung nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der die Haltung der betroffenen Gemeinde zu berücksichtigen ist (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 23 Rn. 34; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: November 2014, § 23 BauNVO Rn. 48), hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der Bebauungsplan mit der Festsetzung von Gemeinschaftsgaragen die Zulassung von Garagen und Stellplätzen einschließlich der überdachten Stellplätze an anderen Stellen im Plangebiet ausgeschlossen hat.

Eine anderweitige Festsetzung im Sinn des § 23 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 BauNVO setzt nicht in jedem Fall eine ausdrückliche textliche Festsetzung voraus, sondern kann auch durch zeichnerische Festsetzungen erfolgen, wenn sich dadurch hinreichend bestimmt der Ausschluss oder die Beschränkung (vgl. § 12 Abs. 6 BauNVO) von in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Sätze 1 und 2 BauNVO fallenden baulichen Anlagen ergibt (vgl. BayVGH, U. v. 15.2.1999 - 2 B 95.1500 - BayVBl 2000, 113 = juris Leitsatz und Rn. 26; U. v. 26.2.2003 - 2 B 00.1313 - juris Rn. 27). So kann auch aus der Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen durch Baulinien und Baugrenzen verbunden mit der Festsetzung von Gemeinschaftsanlagen für Stellplätze und Garagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB folgen, dass der Bebauungsplan Einzelgaragen und Einzelstellplätze auf den Baugrundstücken ausnahmslos ausschließt (vgl. BayVGH, B. v. 16.5.1983 - 14.B-1294/79 - BayVBl. 1983, 593/594; VGH BW, U. v. 11.5.1989 - 5 S 3379/88 - BRS 49 Nr. 137 = juris Rn. 18; B. v. 9.4.1992 - 5 S 1233/90 - ZfBR 1992, 239 = juris Leitsatz und Rn. 19; B. v. 23.10.1997 - 5 S 1596/97 - BauR 1998, 521; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 23 Rn. 24; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 23 BauNVO Rn. 58; offen gelassen in BVerwG, B. v. 16.2.1998 - 4 B 2/98 - NVwZ 1998, 1066 = juris Rn. 5). Da anderweitige Festsetzungen im Sinn von § 23 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BauNVO die Baufreiheit einschränken, müssen sie jedoch hinreichend bestimmt sein (vgl. König in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 23 Rn. 31 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Aus der zeichnerischen Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen durch die Bebauungsplanänderung vom 17. April 1971 mittels Baugrenzen und Baulinien einerseits und der Festsetzung von Flächen für Gemeinschaftsgaragen in der Mitte und im südöstlichen Randbereich des Plangebiets andererseits ergibt sich mit hinreichender Bestimmtheit, dass nach der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin Garagen und Stellplätze für Kraftfahrzeuge nur an den im Bebauungsplan ausgewiesenen Standorten zulässig und an anderen Stellen ausgeschlossen sind. Dafür sprechen auch der Zusatz in der Erläuterung der Planlegende, dass die Flächen für die Gemeinschaftsgaragen „für die Reihenhäuser des Plangebiets“ bestimmt sind, sowie der Umstand, dass die Anzahl der festgesetzten Gemeinschaftsgaragenplätze bereits nach der Ursprungsfassung vom 19. Juni 1969 der Anzahl der ausgewiesenen Reihenhäuser entsprach, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Auch sind die Flächen für die Garagen innerhalb dieser Bauräume so angeordnet, dass sich die Zu- und Abfahrtswege für die Kraftfahrzeuge jeweils auf der von den Reihenwohngebäuden abgewandten Seite befinden. Dies lässt vermuten, dass aus Gründen des Lärmschutzes Fahrbewegungen von Kraftfahrzeugen möglichst weit entfernt von der Wohnnutzung der Reihenhäuser verlegt werden sollten. Aus allen diesen Umständen ergibt sich mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass der Plangeber neben den festgesetzten Garagenanlagen keine weiteren Garagen oder Stellplätze im Plangebiet zulassen wollte. Auf die Frage, ob es ihm dabei tatsächlich darauf ankam, die Garagenstandorte zur Lenkung des Verkehrs und insbesondere zur Freihaltung der Wohnbereiche von Zu- und Abfahrtsverkehr abschließend festzulegen, wie vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Antragstellerin bezweifelt wird, kommt es nicht an.

Der Ausschluss von Garagen und Stellplätzen an anderen Stellen als den für die Gemeinschaftsgaragen festgesetzten Standorten gilt auch für Carports. Der Auffassung der Antragstellerin, der Plangeber hätte Festsetzungen für Carports gar nicht treffen können, weil solche Anlagen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans noch nicht verbreitet gewesen seien, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar mag der Begriff des „Carport“ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans nicht gebräuchlich gewesen sein. Auch war er im bayerischen Landesrecht noch nicht verankert (er wurde - soweit ersichtlich - erst mit der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen - Garagen- und Stellplatzverordnung - GaStellV - vom 30.11.1993 (GVBl S. 910) in das bayerische Recht aufgenommen). Regelungen zu überdachten Stellplätzen fanden sich zum damaligen Zeitpunkt aber bereits in der als Bundesrecht aufrechterhaltenen (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1967 - IV C 12.65 - BVerwGE 26, 103 ff.), erst mit Wirkung vom 1. Juli 1987 durch Art. 2 Nr. 27 des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S. 2191) außer Kraft getretenen Vorschrift des § 13 Abs. 4 der Reichsgaragenordnung (RGaO) vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 219) in der Fassung des Erlasses vom 13. September 1944 (RArbBl I S. 325) („Schutzdächer über Kleineinstellplätzen“) sowie in der landesrechtlichen Garagenverordnung (GaV) vom 12. Oktober 1973 (GVBl S. 585) („Stellplätze mit Schutzdächern“). Es kann daher ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass überdachte Stellplätze bereits zum damaligen Zeitpunkt errichtet wurden, auch wenn sie noch nicht als „Carports“ bezeichnet wurden.

c) Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, dass der Antragstellerin aller Wahrscheinlichkeit nach kein Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der Festsetzung der Baugrenzen zusteht, weil durch die Abweichungen von dieser Festsetzung die Grundzüge der Planung berührt würden.

Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; B. v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; U. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 37; U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 22). Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde; hierfür ist ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter engen Voraussetzungen abgesehen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71/79 = juris Rn. 27; U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 22 m. w. N.). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein. Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110 = juris Rn. 6; B. v. 29.7.2008 - 4 B 11/08 - ZfBR 2008, 797 = juris Rn. 4; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2015, § 31 Rn. 36).

Nach diesem Maßstab ist die Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen für Garagen und Stellplätze (einschließlich Carports) hier ausgeschlossen, weil eine Abweichung von dieser Festsetzung die Grundzüge der Planung berühren würde. Wie sich aus Vorstehendem ergibt, hat die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen erkennbar das Ziel, neben den festgesetzten Garagenanlagen aus städtebaulichen Gründen keine weiteren Garagen oder Stellplätze im Plangebiet zulassen, sondern die Bereiche außerhalb der Baugrenzen von Bebauung freizuhalten. Ein Abweichen von dieser Festsetzung würde - auch wegen der Bezugswirkung für eine Vielzahl weiterer Grundstücke mit vergleichbarer Grundstückssituation - ein weitgehendes Abrücken von dieser planerischen Konzeption bedeuten und eine Umplanung durch den Stadtrat der Antragsgegnerin mit einer erneuten Abwägung der Interessenlagen erfordern, die im Wege eines behördlichen Einzelaktes nicht erfolgen kann. Da mithin ein Anspruch auf Zulassung einer Befreiung somit bereits daran scheitert, dass dadurch die Grundzüge der Planung berührt wären, kommt es auf das Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale des § 31 Abs. 2 BauGB nicht an.

d) Der Antragstellerin steht auch kein Befreiungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) zu, weil auf den ebenfalls im Plangebiet gelegenen Grundstücken FlNr. .../7 und .../9 eine Befreiung für einen Doppelcarport nach § 31 Abs. 2 BauGB zugelassen wurde, wie die Antragstellerin offenbar meint. Ist diese Zulassung rechtmäßig erfolgt, sind die Sachverhalte schon nicht vergleichbar. Wurde die Befreiung rechtswidrig erteilt, besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. BVerwG, U. v. 3.6.1977 - IV C 29.75 - BauR 1977, 402 = juris Rn. 32). Soweit ihr diesbezügliche Einwand so zu verstehen sein sollte, dass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot deswegen vorliege, weil das Landratsamt nicht auch gegen den Doppelcarport auf Grundstücken FlNr. .../7 und .../9 eingeschritten ist, kann die Antragstellerin damit ebenfalls nicht durchdringen. Denn abgesehen davon, dass eine Behörde grundsätzlich nicht fehlerhaft handelt, wenn sie in Einzelfällen, die wegen ihrer geringen Zahl noch kein Gesamtkonzept für planmäßiges Vorgehen gegen baurechtswidrige Zustände erfordern, Rechtsverstöße nicht sofort unterbindet (vgl. BVerwG, B. v. 26.3.2003 - 4 B 19/03 - Buchholz 300 § 21f GVG Nr. 7 = juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 28), sind die Verhältnisse hier nicht vergleichbar, weil für den Doppelcarport offenbar eine bestandskräftige Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB existiert. Rechtlich unbedeutend ist daher auch, dass der streitgegenständliche Carport optisch ansprechender ist als der Doppelcarport oder die Gemeinschaftsgaragen, wie die Antragstellerin meint.

2. Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Antragstellerin in der Begründung des angegriffenen Bescheids nicht nur als Zustandsstörerin, sondern - fehlerhaft - auch als Handlungsstörerin im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Alt. 1 LStVG bezeichnet und zur Beseitigung des Carports herangezogen wird. Da eine (vorrangige) Heranziehung des Handlungsstörer offenbar nicht (mehr) möglich ist, ist jedenfalls ihre Heranziehung als Zustandsstörerin ermessensfehlerfrei (Art. 40 BayVwVfG).

3. Nicht durchzudringend vermag die Antragstellerin schließlich mit der Rüge, die sechswöchige Frist für die Beseitigung des Carports sei nicht angemessen.

Zum einen dürfte der Antragstellerin für einen vorläufigen Rechtsschutz insoweit schon das Rechtsschutzinteresse fehlen, weil die bis zum 30. Oktober 2015 gesetzte Frist bereits abgelaufen ist und die Bedingung für die ersatzweise gesetzte Frist („im Falle der Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs“) mit dem Erlass dieser Beschwerdeentscheidung endgültig entfällt. Zum anderen ist die Frist nicht zu kurz bemessen. Nach Art. 31 VwZVG kann die Anordnungsbehörde (Art. 30 VwVfG) eine von ihr erlassene Beseitigungsanordnung durch Zwangsgeld vollstrecken, wenn die Pflicht zur Vornahme einer Handlung nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist bei der Androhung der Vollstreckung für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Eine Frist ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (vgl. Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand Okt. 2015, Art. 36 VwZVG, Anm. 4 m. w. N.; OVG Berlin-Bbg, B. v. 11.9.2014 - OVG 10 S 8.13 - NVwZ-RR 2015, 90 = juris Rn. 4 zur gleichlautenden Bestimmung des § 13 VwZG).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beseitigung eines Carports erfordert nach allgemeiner Lebenserfahrung keinen besonderen Aufwand, der nicht innerhalb von sechs Wochen zu bewältigen wäre. Besondere Gründe, die hier eine andere Bewertung rechtfertigen, hat die Antragstellerin nicht vorgebracht. Der Umstand, dass der Carport bereits vor 15 Jahren errichtet wurde und seitdem - rechtswidrig - genutzt wird, spricht im öffentlichen Interesse eher für eine kürzere als für eine längere Frist.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen eine Beseitigungsanordnung für einen Carport.

Die Antragstellerin ist Miteigentümerin des mit einem Reihenwohnhaus bebauten Grundstücks FlNr. .../6 Gemarkung Z. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des am 19. Juni 1969 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Teilbebauungsplan Z. - West“, der durch die am 17. April 1971 in Kraft getretene „Bebauungsplanänderung im Bereich westlich der W...strasse“ geändert wurde. Der Bebauungsplan weist ein allgemeines Wohngebiet und Bauräume für insgesamt sechs Reihenhausanlagen aus; innerhalb des nördlichsten Bauraums steht das Wohnhaus der Antragstellerin. Weiterhin sind im mittleren Teil und im südöstlichen Bereich des Änderungsplangebiets Bauräume für Gemeinschaftsgaragen festgesetzt.

Bei einer Baukontrolle am 30. April 2014 stellte die Antragsgegnerin fest, dass im nordwestlichen Teil des Grundstücks der Antragstellerin außerhalb der Baugrenzen ein überdachter Stellplatz errichtet worden war. Mit Bescheid vom 18. August 2015 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin auf, den Carport bis spätestens 30. Oktober 2015 und im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs innerhalb von sechs Wochen nach Bestandskraft des Bescheid vollständig zu beseitigen (Nr. 1 des Bescheidtenors). Der weitere Miteigentümer wurde verpflichtet, diese Anordnung zu dulden (Nr. 2 des Bescheidtenors). Nr. 1 und 2 des Bescheids wurden für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 3 des Bescheidtenors). Für den Fall, dass die Antragstellerin der Verpflichtung nicht oder nicht fristgerecht nachkommt, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € angedroht (Nr. 4 des Bescheidtenors).

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht Regensburg erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 21. Oktober 2015 mit im Wesentlichen folgender Begründung abgelehnt: Das Interesse an der sofortigen Vollziehung der überwiege das gegenläufige Interesse der Antragstellerin. Die auf der Grundlage von Art. 76 Satz 1 BayBO erlassene Beseitigungsanordnung sei nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Der Carport sei bauplanungsrechtlich unzulässig, weil er außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen errichtet worden sei. Eine Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO komme nicht in Betracht. Es könne offen bleiben, ob der Carport von § 23 Abs. 5 Satz 1 oder Satz 2 BauNVO erfasst sei. Der Bebauungsplan habe jedenfalls eine anderweitige Festsetzung getroffen. Eine solche Festsetzung sei in der Festsetzung der Sammelgaragen zu sehen, die zentral zwischen den sechs für die Wohnbebauung vorgesehenen Gebäudekomplexen ausgewiesen seien und in der Anzahl derjenigen der vorgesehenen Wohnungen entsprächen. Dieses planerische Konzept sei durch die tatsächliche Entwicklung nicht obsolet geworden. Soweit im Südosten auf den Grundstücken FlNr. .../7 und .../9 („W...straße 50“) ein Doppelcarport außerhalb der vorgesehenen Garagenstandorte errichtet worden sei, beruhe dies nicht auf einer Aufgabe des Planungskonzepts, sondern auf einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB. Im Übrigen sei die Erschließungssituation hier nicht vergleichbar. Auch die Errichtung mehrerer Nebenanlagen im Sinn des § 14 Abs. 1 BauNVO rechtfertigten nicht die Annahme der Funktionslosigkeit des Bebauungsplans. Eine Befreiung komme für das Vorhaben der Antragstellerin nicht in Betracht, weil hierdurch die Grundzüge der Planung berührt würden. Das städtebauliche Konzept sehe allein die Errichtung von zentral angeordneten Garagenkomplexen und Mehrfachgaragen vor, wobei sich die Zahl der Garagenflächen an dem Stellplatzbedarf orientiere. Insoweit liege auch keine nicht beabsichtigte Härte im Sinn des § 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB vor. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei ebenfalls nicht gegeben. Die Beseitigungsanordnung sei auch weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig.

Hiergegen wendet sich Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2015 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. August 2015 wiederherzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt.

Die Beseitigungsanordnung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt. Der Carport steht in einem nicht durch Zulassung einer Ausnahme nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO oder durch Erteilung einer isolierten Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ausräumbaren Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften (vgl. unten 1.). Die Beseitigungsanordnung ist nicht deswegen fehlerhaft, weil die Antragstellerin im Bescheid (auch) als Handlungsstörerin bezeichnet wurde (vgl. unten 2.). Ebenso wenig ist die Zwangsgeldandrohung wegen einer zu kurzen Fristsetzung rechtswidrig (vgl. unten 3.). Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Carport mit hoher Wahrscheinlichkeit bauplanungsrechtlich unzulässig ist, weil er außerhalb der wirksam durch Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche errichtet wurde und die Antragstellerin keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB oder einer Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO hat.

a) Der Bebauungsplan ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht deswegen unwirksam, weil seine Ursprungsfassung als „Teilbebauungsplan“ bezeichnet ist. Abgesehen davon, dass die Ursprungsfassung durch die hier maßgebliche Bebauungsplanänderung vom 17. April 1971, die diese Bezeichnung nicht mehr trägt, vollständig ersetzt wurde, ist der „Teilbebauungsplan“ vom 19. Juni 1969 nicht auf sachliche Teilregelungen beschränkt. Das Gesetz sieht bei einem Bebauungsplan - anders als beim Flächennutzungsplan, bei dem nach § 5 Abs. 2b BauGB als sachliche Teilregelung eine Darstellung von Vorrangflächen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für die in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB genannten Vorhaben mit Ausschlusswirkung für Vorhaben außerhalb dieser Flächen zulässig ist - die Möglichkeit solcher Teilregelungen nicht vor. Derartige Regelungen sind indes weder in der Ursprungsfassung des Bebauungsplans noch im Änderungsbebauungsplan enthalten.

b) Keinen rechtlichen Bedenken begegnet auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass ein Anspruch der Antragstellerin auf Zulassung des Carports nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO durch den Bebauungsplan ausgeschlossen sein dürfte.

Richtig ist zwar, dass hier nicht § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO, sondern § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO Anwendung findet, weil ein Carport keine Nebenanlage im Sinn des § 14 BauNVO ist. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 12 BauNVO, der die Zulässigkeit von Garagen und Stellplätzen gesondert regelt (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2013 - 4 C 15/11 - juris Rn. 17; BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 22 f.; König in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 23 Rn. 32). Unter den (bundesrechtlichen) Begriff der Stellplätze fällt - als überdachter Stellplatz (vgl. BVerwG, U. v. 4.10.1985 - 4 C 26/81 - NVwZ 1986, 120) - auch ein Carport. Dies ändert jedoch nichts am fehlenden Zulassungsanspruch der Antragstellerin. Denn abgesehen davon, dass es sich bei der Zulassungsentscheidung nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO um eine Ermessensentscheidung handelt, bei der die Haltung der betroffenen Gemeinde zu berücksichtigen ist (vgl. König in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 23 Rn. 34; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: November 2014, § 23 BauNVO Rn. 48), hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass der Bebauungsplan mit der Festsetzung von Gemeinschaftsgaragen die Zulassung von Garagen und Stellplätzen einschließlich der überdachten Stellplätze an anderen Stellen im Plangebiet ausgeschlossen hat.

Eine anderweitige Festsetzung im Sinn des § 23 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 BauNVO setzt nicht in jedem Fall eine ausdrückliche textliche Festsetzung voraus, sondern kann auch durch zeichnerische Festsetzungen erfolgen, wenn sich dadurch hinreichend bestimmt der Ausschluss oder die Beschränkung (vgl. § 12 Abs. 6 BauNVO) von in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Sätze 1 und 2 BauNVO fallenden baulichen Anlagen ergibt (vgl. BayVGH, U. v. 15.2.1999 - 2 B 95.1500 - BayVBl 2000, 113 = juris Leitsatz und Rn. 26; U. v. 26.2.2003 - 2 B 00.1313 - juris Rn. 27). So kann auch aus der Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen durch Baulinien und Baugrenzen verbunden mit der Festsetzung von Gemeinschaftsanlagen für Stellplätze und Garagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB folgen, dass der Bebauungsplan Einzelgaragen und Einzelstellplätze auf den Baugrundstücken ausnahmslos ausschließt (vgl. BayVGH, B. v. 16.5.1983 - 14.B-1294/79 - BayVBl. 1983, 593/594; VGH BW, U. v. 11.5.1989 - 5 S 3379/88 - BRS 49 Nr. 137 = juris Rn. 18; B. v. 9.4.1992 - 5 S 1233/90 - ZfBR 1992, 239 = juris Leitsatz und Rn. 19; B. v. 23.10.1997 - 5 S 1596/97 - BauR 1998, 521; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 23 Rn. 24; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 23 BauNVO Rn. 58; offen gelassen in BVerwG, B. v. 16.2.1998 - 4 B 2/98 - NVwZ 1998, 1066 = juris Rn. 5). Da anderweitige Festsetzungen im Sinn von § 23 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BauNVO die Baufreiheit einschränken, müssen sie jedoch hinreichend bestimmt sein (vgl. König in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 23 Rn. 31 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Aus der zeichnerischen Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen durch die Bebauungsplanänderung vom 17. April 1971 mittels Baugrenzen und Baulinien einerseits und der Festsetzung von Flächen für Gemeinschaftsgaragen in der Mitte und im südöstlichen Randbereich des Plangebiets andererseits ergibt sich mit hinreichender Bestimmtheit, dass nach der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin Garagen und Stellplätze für Kraftfahrzeuge nur an den im Bebauungsplan ausgewiesenen Standorten zulässig und an anderen Stellen ausgeschlossen sind. Dafür sprechen auch der Zusatz in der Erläuterung der Planlegende, dass die Flächen für die Gemeinschaftsgaragen „für die Reihenhäuser des Plangebiets“ bestimmt sind, sowie der Umstand, dass die Anzahl der festgesetzten Gemeinschaftsgaragenplätze bereits nach der Ursprungsfassung vom 19. Juni 1969 der Anzahl der ausgewiesenen Reihenhäuser entsprach, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat. Auch sind die Flächen für die Garagen innerhalb dieser Bauräume so angeordnet, dass sich die Zu- und Abfahrtswege für die Kraftfahrzeuge jeweils auf der von den Reihenwohngebäuden abgewandten Seite befinden. Dies lässt vermuten, dass aus Gründen des Lärmschutzes Fahrbewegungen von Kraftfahrzeugen möglichst weit entfernt von der Wohnnutzung der Reihenhäuser verlegt werden sollten. Aus allen diesen Umständen ergibt sich mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass der Plangeber neben den festgesetzten Garagenanlagen keine weiteren Garagen oder Stellplätze im Plangebiet zulassen wollte. Auf die Frage, ob es ihm dabei tatsächlich darauf ankam, die Garagenstandorte zur Lenkung des Verkehrs und insbesondere zur Freihaltung der Wohnbereiche von Zu- und Abfahrtsverkehr abschließend festzulegen, wie vom Verwaltungsgericht angenommen und von der Antragstellerin bezweifelt wird, kommt es nicht an.

Der Ausschluss von Garagen und Stellplätzen an anderen Stellen als den für die Gemeinschaftsgaragen festgesetzten Standorten gilt auch für Carports. Der Auffassung der Antragstellerin, der Plangeber hätte Festsetzungen für Carports gar nicht treffen können, weil solche Anlagen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans noch nicht verbreitet gewesen seien, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar mag der Begriff des „Carport“ zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans nicht gebräuchlich gewesen sein. Auch war er im bayerischen Landesrecht noch nicht verankert (er wurde - soweit ersichtlich - erst mit der Legaldefinition des § 1 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen - Garagen- und Stellplatzverordnung - GaStellV - vom 30.11.1993 (GVBl S. 910) in das bayerische Recht aufgenommen). Regelungen zu überdachten Stellplätzen fanden sich zum damaligen Zeitpunkt aber bereits in der als Bundesrecht aufrechterhaltenen (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1967 - IV C 12.65 - BVerwGE 26, 103 ff.), erst mit Wirkung vom 1. Juli 1987 durch Art. 2 Nr. 27 des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S. 2191) außer Kraft getretenen Vorschrift des § 13 Abs. 4 der Reichsgaragenordnung (RGaO) vom 17. Februar 1939 (RGBl I S. 219) in der Fassung des Erlasses vom 13. September 1944 (RArbBl I S. 325) („Schutzdächer über Kleineinstellplätzen“) sowie in der landesrechtlichen Garagenverordnung (GaV) vom 12. Oktober 1973 (GVBl S. 585) („Stellplätze mit Schutzdächern“). Es kann daher ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass überdachte Stellplätze bereits zum damaligen Zeitpunkt errichtet wurden, auch wenn sie noch nicht als „Carports“ bezeichnet wurden.

c) Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, dass der Antragstellerin aller Wahrscheinlichkeit nach kein Anspruch auf Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von der Festsetzung der Baugrenzen zusteht, weil durch die Abweichungen von dieser Festsetzung die Grundzüge der Planung berührt würden.

Ob die Grundzüge der Planung berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110; B. v. 19.5.2004 - 4 B 35.04 - BRS 67 Nr. 83; U. v. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - BVerwGE 138, 166 = juris Rn. 37; U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 Rn. 22). Was den Bebauungsplan in seinen „Grundzügen“, was seine „Planungskonzeption“ verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden. Denn die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde; hierfür ist ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter engen Voraussetzungen abgesehen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71/79 = juris Rn. 27; U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 22 m. w. N.). Von Bedeutung für die Beurteilung, ob die Zulassung eines Vorhabens im Wege der Befreiung die Grundzüge der Planung berührt, können auch Auswirkungen des Vorhabens im Hinblick auf mögliche Vorbild- und Folgewirkungen für die Umgebung sein. Eine Befreiung von einer Festsetzung, die für die Planung tragend ist, darf nicht aus Gründen erteilt werden, die sich in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle oder gar für alle von einer bestimmten Festsetzung betroffenen Grundstücke anführen ließen (vgl. BVerwG, B. v. 5.3.1999 - 4 B 5.99 - NVwZ 1999, 1110 = juris Rn. 6; B. v. 29.7.2008 - 4 B 11/08 - ZfBR 2008, 797 = juris Rn. 4; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2015, § 31 Rn. 36).

Nach diesem Maßstab ist die Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen für Garagen und Stellplätze (einschließlich Carports) hier ausgeschlossen, weil eine Abweichung von dieser Festsetzung die Grundzüge der Planung berühren würde. Wie sich aus Vorstehendem ergibt, hat die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen erkennbar das Ziel, neben den festgesetzten Garagenanlagen aus städtebaulichen Gründen keine weiteren Garagen oder Stellplätze im Plangebiet zulassen, sondern die Bereiche außerhalb der Baugrenzen von Bebauung freizuhalten. Ein Abweichen von dieser Festsetzung würde - auch wegen der Bezugswirkung für eine Vielzahl weiterer Grundstücke mit vergleichbarer Grundstückssituation - ein weitgehendes Abrücken von dieser planerischen Konzeption bedeuten und eine Umplanung durch den Stadtrat der Antragsgegnerin mit einer erneuten Abwägung der Interessenlagen erfordern, die im Wege eines behördlichen Einzelaktes nicht erfolgen kann. Da mithin ein Anspruch auf Zulassung einer Befreiung somit bereits daran scheitert, dass dadurch die Grundzüge der Planung berührt wären, kommt es auf das Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale des § 31 Abs. 2 BauGB nicht an.

d) Der Antragstellerin steht auch kein Befreiungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) zu, weil auf den ebenfalls im Plangebiet gelegenen Grundstücken FlNr. .../7 und .../9 eine Befreiung für einen Doppelcarport nach § 31 Abs. 2 BauGB zugelassen wurde, wie die Antragstellerin offenbar meint. Ist diese Zulassung rechtmäßig erfolgt, sind die Sachverhalte schon nicht vergleichbar. Wurde die Befreiung rechtswidrig erteilt, besteht kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. BVerwG, U. v. 3.6.1977 - IV C 29.75 - BauR 1977, 402 = juris Rn. 32). Soweit ihr diesbezügliche Einwand so zu verstehen sein sollte, dass ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot deswegen vorliege, weil das Landratsamt nicht auch gegen den Doppelcarport auf Grundstücken FlNr. .../7 und .../9 eingeschritten ist, kann die Antragstellerin damit ebenfalls nicht durchdringen. Denn abgesehen davon, dass eine Behörde grundsätzlich nicht fehlerhaft handelt, wenn sie in Einzelfällen, die wegen ihrer geringen Zahl noch kein Gesamtkonzept für planmäßiges Vorgehen gegen baurechtswidrige Zustände erfordern, Rechtsverstöße nicht sofort unterbindet (vgl. BVerwG, B. v. 26.3.2003 - 4 B 19/03 - Buchholz 300 § 21f GVG Nr. 7 = juris Rn. 8; BayVGH, U. v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 28), sind die Verhältnisse hier nicht vergleichbar, weil für den Doppelcarport offenbar eine bestandskräftige Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB existiert. Rechtlich unbedeutend ist daher auch, dass der streitgegenständliche Carport optisch ansprechender ist als der Doppelcarport oder die Gemeinschaftsgaragen, wie die Antragstellerin meint.

2. Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Antragstellerin in der Begründung des angegriffenen Bescheids nicht nur als Zustandsstörerin, sondern - fehlerhaft - auch als Handlungsstörerin im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Alt. 1 LStVG bezeichnet und zur Beseitigung des Carports herangezogen wird. Da eine (vorrangige) Heranziehung des Handlungsstörer offenbar nicht (mehr) möglich ist, ist jedenfalls ihre Heranziehung als Zustandsstörerin ermessensfehlerfrei (Art. 40 BayVwVfG).

3. Nicht durchzudringend vermag die Antragstellerin schließlich mit der Rüge, die sechswöchige Frist für die Beseitigung des Carports sei nicht angemessen.

Zum einen dürfte der Antragstellerin für einen vorläufigen Rechtsschutz insoweit schon das Rechtsschutzinteresse fehlen, weil die bis zum 30. Oktober 2015 gesetzte Frist bereits abgelaufen ist und die Bedingung für die ersatzweise gesetzte Frist („im Falle der Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs“) mit dem Erlass dieser Beschwerdeentscheidung endgültig entfällt. Zum anderen ist die Frist nicht zu kurz bemessen. Nach Art. 31 VwZVG kann die Anordnungsbehörde (Art. 30 VwVfG) eine von ihr erlassene Beseitigungsanordnung durch Zwangsgeld vollstrecken, wenn die Pflicht zur Vornahme einer Handlung nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist bei der Androhung der Vollstreckung für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Eine Frist ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (vgl. Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand Okt. 2015, Art. 36 VwZVG, Anm. 4 m. w. N.; OVG Berlin-Bbg, B. v. 11.9.2014 - OVG 10 S 8.13 - NVwZ-RR 2015, 90 = juris Rn. 4 zur gleichlautenden Bestimmung des § 13 VwZG).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Beseitigung eines Carports erfordert nach allgemeiner Lebenserfahrung keinen besonderen Aufwand, der nicht innerhalb von sechs Wochen zu bewältigen wäre. Besondere Gründe, die hier eine andere Bewertung rechtfertigen, hat die Antragstellerin nicht vorgebracht. Der Umstand, dass der Carport bereits vor 15 Jahren errichtet wurde und seitdem - rechtswidrig - genutzt wird, spricht im öffentlichen Interesse eher für eine kürzere als für eine längere Frist.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nrn. 1.5 und 9.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.