Tenor

I.

Die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer III. des Bescheids vom ... März 2015 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung einer Genehmigung der Nutzungsänderung und eine Nutzungsuntersagung.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstück FlNr. 1800/64 der Gemarkung ..., das mit einem Zweifamilienhaus bebaut ist. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans der Beklagten Nr. 99 „...“, der keine Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung enthält. Der Flächennutzungsplan der Beklagten stellt für das Grundstück des Klägers ein reines Wohngebiet dar.

Das Grundstück des Klägers bildet die westliche Ecke des westlich und südlich von der A.-straße, östlich von der B.-straße, nordöstlich von der C.-straße und nordwestlich von der D.-straße umschlossenen Gevierts. Mit Ausnahme des Grundstück FlNr. 1800/62 befinden sich in diesem Bereich ausschließlich größere Ein- oder Zweifamilienhäuser auf großen Grundstücken. Das am E.-platz gelegene Grundstück FlNr. 1800/62 ist mit einem Gebäude bebaut, in dem sich im Erdgeschoss ein ...-büro, ein ...-geschäft und ein Restaurant befinden. Im ersten und zweiten Obergeschoss sowie im Dachgeschoss befinden sich Wohnungen. Das Gebäude ist entlang der B.-straße etwa 39 m lang und entlang der A.-straße etwa 14 m breit (Maßentnahme aus Lageplan). Nördlich, südlich und östlich des E.-platzes befinden sich ähnliche Mehrfamilienhäuser.

Der Kläger vermietet das auf seinem Grundstück gelegene Haus. Seine Mieterin nutzt das Objekt als Wohnunterkunft für Arbeitnehmer, Selbstständige und Gastarbeiter. Dabei werden Plätze in der Wohnunterkunft an diesen Personenkreis vermietet. Nach Angaben des Klägers mieten beispielsweise Baufirmen, die Wohnraum für Arbeiter bei Großbauprojekten benötigten, diesen über einen längeren Zeitraum an, der zu Beginn oft noch nicht abschließend abgeschätzt werden könne. Im Eingangsbereich der südlichen Wohneinheit sind eine Hausordnung und eine Zimmerordnung aufgehängt. In der Hausordnung werden unter anderem eine Ruhezeit, Kochzeiten in der Küche und Waschzeiten geregelt. Nach der Zimmerordnung ist in den Zimmern unter anderem das Rauchen verboten, ebenso sind Heizgeräte und das Kochen untersagt.

Am 10. Juni 2014 waren an der Adresse des klägerischen Grundstücks 22 Personen mit Hauptwohnsitz gemeldet. 15 davon hatten ein Gewerbe angemeldet.

Mit Schreiben vom ... Juni 2014 teilte die Beklagte dem Kläger erstmals mit, dass ihrer Auffassung nach eine unzulässige Nutzungsänderung vorliege. Es sei beabsichtigt, die derzeitige Nutzung zu untersagen, wenn nicht bis spätestens zum 31. Juli 2014 ordnungsgemäß Zustände auf dem Grundstück hergestellt worden seien.

Unter dem ... September 2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Genehmigung einer Nutzungsänderung. In der Baubeschreibung wird das Vorhaben als Nutzungsänderung von Wohnen (Zweifamilienhaus) in Wohnunterkunft für Arbeitnehmer, Selbstständige und Gastarbeiter beschrieben. Mit Schreiben vom ... November 2014 teilten die Bevollmächtigten des Klägers ergänzend mit, die Unterkunft werde maximal durch 28 Personen genutzt. Dies beinhalte jedoch vier Notbetten. Im Durchschnitt würden Plätze lediglich an 18 bis 22 Personen vermietet. Unter dem ... November 2014 reichte der Architekt des Klägers gegenüber der ursprünglichen Fassung geänderte Pläne ein, die sieben Stellplätze auf dem Grundstück und eine geänderte Nutzung derjenigen Kellerräume vorsehen, die nur über Schächte belichtet sind. Nach den Plänen befinden sich im Erdgeschoss und im Obergeschoss je vier, im Untergeschoss zwei Wohn-/Schlafzimmer. Von diesen insgesamt zehn Zimmern sind zwei Durchgangszimmer.

Mit Schreiben vom ... Januar 2015 wurde den Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass die Ablehnung des Antrags und die Untersagung der Nutzung beabsichtigt seien. Mit Schreiben vom ... Februar 2015 nahmen die Bevollmächtigten des Klägers erneut Stellung.

Mit dem angegriffenen Bescheid vom ... März 2015 lehnte die Beklagte unter Ziffer I. den Antrag auf Genehmigung der Nutzungsänderung ab. Unter Ziffer II. wurde dem Kläger aufgegeben, die Nutzung des Grundstücks als Beherbergungsbetrieb zu unterlassen, und unter Ziffer III. unter Fristsetzung von einem Monat nach Bestandskraft des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro angedroht. Unter Ziffer IV. wurden dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt und unter Ziffer V. Kosten in Höhe von 300,00 Euro festgesetzt.

Die Umgebung des klägerischen Grundstücks sei im Flächennutzungsplan als reines Wohngebiet dargestellt und auch faktisch als solches einzustufen, da sich im maßgeblichen Quartier ausschließlich Wohngebäude und vereinzelt in einem reinen Wohngebiet zulässige gewerbliche bzw. freiberufliche Nutzungen befänden. Gemeinschaftsküche, die zentralen Sanitäreinrichtungen und die Funktion als Arbeiterunterkunft deuteten darauf hin, dass es sich nicht um eine Wohnunterkunft sondern um einen Beherbergungsbetrieb handle. Auch die wechselnde Belegung und die befristete Aufenthaltsdauer seien ein Indiz dafür, dass es sich dem Konzept nach nicht um ein auf Dauer angelegtes Wohnen handle. Bis auf eine Person hätten sich alle Bewohner melderechtlich wieder abgemeldet. Es liege kein in einem reinen Wohngebiet zulässiger kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes vor. Da es sich bei dem Gebiet um eine besonders ruhige Wohnlage mit kleinteiliger Bebauung handle, sprenge die Unterbringung von 28 Personen den Rahmen eines kleinen Beherbergungsbetriebes erheblich. Eine solche Anzahl von Nutzern sei auch für ein möglicherweise vorliegendes Boardinghouse in diesem Gebiet nicht verträglich. Der zu erwartende Fahrzeugverkehr sei nicht gebietstypisch und könne zu einem erhöhten Störpotential führen. Auch wenn es sich um ein Wohnheim handeln würde und damit nach der Art der baulichen Nutzung um eine Wohnnutzung, sei diese wegen eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig. Durch das Wohnheim würden sich unzumutbare Störungen der Wohnruhe ergeben, da das mit 28 Personen belegte Wohnhaus erheblichen Verkehrslärm in das Gebiet trage und wegen der Zimmergrößen und des jedem Bewohner eigenen Lebensrhythmus ein erhebliches Kommen und Gehen zu erwarten sei. Bei lediglich 310 m² Wohnfläche für 28 Personen seien auch die gesunden Wohnverhältnisse i. S. des Art. 3 BayBO nicht gewahrt. Der Eigentümer werde in Anspruch genommen, da durch die Vielzahl der untergebrachten Personen bei deren Inanspruchnahme ein schnelles und effektives Verwaltungshandeln nur schwer möglich sei und zudem bei einer Fluktuation der Bewohner die Anordnung ins Leere laufen würde.

Am ... April 2015 fasste die Beklagte den Beschluss, für einen Teilbereich des Bebauungsplans Nr. 99 für das Gebiet „südlich der C.-straße, nördlich der F.-straße“ einen qualifizierten Teilbebauungsplan inklusive Grünordnungsplan aufzustellen. Planungsziel sei die Sicherstellung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung mit maßvoller Nachverdichtung und Sicherung einer Einfamilienhausstruktur durch die Ausweisung eines reinen bzw. allgemeinen Wohngebietes mit kleinteiligen Bebauungsstrukturen. Dabei solle auch die Zahl der Wohneinheiten pro Wohngebäude begrenzt werden und die gartenstadtähnliche Struktur mit den umgebenden größeren Grundstücken erhalten werden. Zur Sicherung dieser Planung wurde eine Veränderungssperre beschlossen. Am ... Mai 2015 wurde die zugleich mit dem Aufstellungsbeschluss beschlossene Veränderungssperre aufgehoben und erneut eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschlossen, dass Vorhaben i. S. v. § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen und dass erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderung nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen. Der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre wurden durch Aushang vom 13. Mai bis zum 16. Juni 2015 bekannt gemacht.

Bereits mit Schriftsatz vom ... April 2015 haben die Bevollmächtigten des Klägers Klage erhoben. Sie beantragen zuletzt,

I.

den Bescheid der Beklagten vom ... März 2015 aufzuheben,

II.

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Zweifamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. 1800/64, Gemarkung ..., in eine Wohnunterkunft für Arbeitnehmer, Selbstständige und Gastarbeiter zu erteilen,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

weiter hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet war, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Veränderungssperre sei unwirksam, weil das Planungsziel einer kleinteiligen Bebauungs- und Einfamilienhausstruktur nicht erreichbar sei. Im Plangebiet befänden sich bereits Nutzungen, die mit der Festsetzung eines reinen Wohngebiets nicht zu vereinbaren seien und bereits jetzt liege nicht durchgehend eine kleinteilige Einfamilienhausstruktur vor. Der Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre lasse auf eine Negativplanung schließen. Jedenfalls bestehe ein Anspruch auf eine Ausnahme, weil die Baugenehmigung vor Erlass der Veränderungssperre rechtswidrig versagt worden sei. Das Vorhaben sei planungsrechtlich zulässig. Die Umgebung weise nicht den Charakter eines reinen Wohngebiets auf. Weiterhin seien sämtliche Merkmale des Begriffs des Wohnens erfüllt. Jedenfalls habe die Nutzung wohnähnlichen Charakter. Es sei unrichtig, wie die Beklagte von einer ständigen Maximalbelegung mit 28 Personen auszugehen. Es liege auch kein nur lediglich provisorisches, kurzzeitiges und einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen vor. Von dem Gebäude ausgehende Belästigungen oder Störungen seien über pauschal gehaltene Annahmen hinaus nicht vorgetragen. Die Lebensäußerungen der Bewohner der Wohnunterkunft seien wohngebietstypisch. Das Bauplanungsrecht könne gerade keinen Milieuschutz gewährleisten. Die Nutzungsuntersagung sei rechtswidrig. Selbst wenn eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vorläge, sei diese offensichtlich genehmigungsfähig und die Nutzungsuntersagung damit unverhältnismäßig.

Die Beklagte beantragt durch ihre Prozessbevollmächtigten,

die Klage abzuweisen.

Dem Vorhaben des Klägers stehe eine wirksame Veränderungssperre entgegen. Eine ausreichend konkretisierte planerische Vorstellung sei mit der Zielsetzung einer maßvollen Entwicklung der Nachverdichtungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung des Gebietscharakters und dem Ziel einer Festlegung des Nutzungsmaßes gegeben. Eine Bebauung mit Mehrfamilienhäusern wie am E.-platz solle vermieden und die höchstzulässige Zahl an Wohneinheiten in Wohngebäuden begrenzt werden. Es handle sich nicht um eine Negativplanung, weil die Beklagte das positive Planungsziel verfolge, den Gebietscharakter zu schützen. Ein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre bestehe nicht, da öffentliche Belange entgegenstünden, weil damit zu rechnen sei, dass das klägerische Vorhaben dem künftigen Bebauungsplan widerspreche und die Planung durch dessen Zulassung unmöglich gemacht werde. Das Vorhaben sei auch unabhängig von der Veränderungssperre planungsrechtlich unzulässig.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 30. September 2015. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Niederschrift vom gleichen Tag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg, soweit beantragt ist, die Beklagte zu verpflichten, die Nutzungsänderung zu genehmigen.

Das Vorhaben ist planungsrechtlich nicht genehmigungsfähig. Ihm steht die wirksame Veränderungssperre der Beklagten entgegen, § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.

Die Veränderungssperre erfasst das Vorhaben des Klägers nach ihrem sachlichen Anwendungsbereich. Es liegt ein Vorhaben i. S. des § 29 Abs. 1 BauGB in Form der Nutzungsänderung vor. Dies ist der Fall, wenn die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und bodenrechtliche Belange neu berührt werden können, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit unter bodenrechtlichen Aspekten neu stellt (vgl. BVerwG, U. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 12). Das ist bei der Nutzungsänderung eines Zweifamilienhauses in eine Wohnunterkunft für Arbeitnehmer, Selbstständige und Gastarbeiter, wie vom Kläger beantragt, gegeben. Aus der neuen Nutzungsform, die sich insbesondere hinsichtlich der zahlenmäßigen Belegung des Gebäudes und der Aufteilung in Wohneinheiten erheblich von der vorherigen unterscheidet, können neuer bodenrechtlicher Beurteilung unterliegende Spannungen entstehen.

Die Veränderungssperrensatzung der Beklagten vom ... Mai 2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Satzung über die Veränderungssperre oder den Beschluss zur Aufstellung des Änderungsbebauungsplans sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.

Die Veränderungssperre ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde eine Veränderungssperre beschließen, wenn sie einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst hat, der eine hinreichend konkretisierte Planungsabsicht erkennen lässt, und die Veränderungssperre zur Sicherung dieser Planung erforderlich ist.

Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (BVerwG, U. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - juris Rn. 38 m. w. N.). Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits hinreichend konkrete, positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Es genügt dabei bereits, wenn sich das städtebauliche Konzept der Gemeinde in der Benennung eines Baugebietstyps der Baunutzungsverordnung erschöpft (BVerwG, B. v. 15.8.2000 - 4 BN 35/00 - juris Rn. 3). Denn die Art der baulichen Nutzung gehört zu den für die Bauleitplanung wesentlichen Festsetzungselementen.

Danach ist die Planung hier hinreichend konkretisiert. Die Beklagte hatte zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre ihr städtebauliches Konzept bereits dahingehend entwickelt, dass im vom Planaufstellungsbeschluss umfassten Bereich teilweise ein reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO und teilweise ein allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO festgesetzt werden sollte. Weiter konkretisiert ist das Planungskonzept durch die Absicht, Festsetzungen zur Beschränkung der maximalen Anzahl der Wohneinheiten pro Wohngebäude zu treffen und die gartenstadtähnliche Struktur mit den umgebenden großen Grundstücken zu erhalten.

Die Veränderungssperre wurde nicht zur Sicherung einer Planung erlassen, die nicht erforderlich i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB ist. Es handelt sich bei der zur sichernden Planung nicht um eine Negativplanung, die nur dazu dient, das Vorhaben des Klägers zu verhindern.

Eine Bauleitplanung ist nur dann nicht erforderlich i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB, wenn sie einer positiven Planungskonzeption entbehrt und ersichtlich der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind. Eine auf bloße Verhinderung gerichtete Planung ist nicht schon dann gegeben, wenn die künftigen Festsetzungen der Bauleitplanung der Verhinderung bestimmter Nutzungen dienen. Eine solche unzulässige Verhinderungsplanung liegt nur dann vor, wenn die Planung nicht der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung auf Grundlage eines planerischen Gesamtkonzepts dienen soll (BayVGH, B. v. 4.3.2010 - 15 ZB 09.1323 - juris Rn. 11).

Das ist hier nicht der Fall. Im Aufstellungsbeschluss vom ... April 2015 werden positive Planungsziele, nämlich die Steuerung der Nachverdichtung und die Sicherung der Einfamilienhausstruktur mit kleinteiligen Bebauungsstrukturen benannt. Auch der Erhalt der „gartenstadtähnlichen Struktur“ ist ein legitimes positives Planungsziel. Die vom Aufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre erfassten Grundstücke sind überwiegend sehr groß und bieten erhebliches Potential für weitere bauliche Nutzung. Es besteht ein städtebauliches Bedürfnis, die gegebenen Möglichkeiten zur Nachverdichtung zu steuern und zu ordnen. Der vorhandene faktische Gebietscharakter im Geltungsbereich des Aufstellungsbeschlusses und der Veränderungssperre unterscheidet sich erheblich beispielsweise zwischen dem Bereich des E.-platzes und der D.-straße zwischen den Einmündungen von C.- und A.-straße. Es besteht ein städtebauliches Bedürfnis, den jeweiligen Gebietscharakter durch Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung auch für eine zukünftige Entwicklung zu bewahren und zu steuern.

Der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Antrag auf Nutzungsänderung des Klägers und dem Aufstellungsbeschluss sowie der Veränderungssperre stellt kein maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer unzulässigen Negativplanung dar. Auf den Anlass und den Zeitpunkt der Entwicklung eines Bauleitplans kommt es für dessen Erforderlichkeit in aller Regel nicht an (BayVGH, B. v. 4.3.2010 - 15 ZB 09.1323 - juris Rn. 12). Es ist naheliegend und rechtlich nicht zu beanstanden, dass ein Planungsträger erst aus Anlass eines Bauantrags zu der Erkenntnis kommt, dass eine städtebauliche Planung erforderlich wird.

Der Wirksamkeit der Veränderungssperre steht auch nicht entgegen, dass sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ergebende Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen ließe. Als Sicherungsmittel ungeeignet ist eine Veränderungssperre nur dann, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt. Es kommt nur darauf an, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (BVerwG, B. v. 21.12.1993 - 4 NB 40/93 - juris Rn. 3).

Das Planungsziel ist hier in diesem Sinne erreichbar. Insbesondere stehen die Ziele der Planung nicht im Widerspruch zu den im Plangebiet vorzufindenden tatsächlichen Verhältnissen. Nach dem Aufstellungsbeschluss sind die Festsetzung eines allgemeinen bzw. reinen Wohngebiets und die Sicherstellung der kleinteiligen Bebauungsstruktur beabsichtigt. Die Festsetzung eines reinen Wohngebiets für den Gebietsteil, in dem das Vorhabengrundstück liegt, ist mit den im Augenschein festgestellten tatsächlichen Verhältnissen vereinbar. Es liegt dort faktisch ein reines Wohngebiet nach § 3 BauNVO vor. Der maßgebliche Umgriff ist dabei das von D.-straße, C.-straße, B.-straße und A.-straße umschlossene Geviert exklusive des Grundstücks FlNr. 1800/62. Das letztere Grundstück befindet sich in einer nach Südwesten ausgreifenden Ecke des Gevierts und ist mit seiner Bebauung optisch dem E.-platz zugeordnet. Es vermag daher in dem Geviert keine prägende Wirkung zu entfalten. In dem demnach maßgeblichen Umgriff befinden sich nur Wohngebäude. Andere Nutzungen halten sich allenfalls in dem gemäß § 13 BauNVO in einem reinen Wohngebiet zulässigen Rahmen der Nutzung von Räumen für freiberufliche Tätigkeit oder dieser ähnlich ausgeübte Gewerbe.

Es besteht kein Anspruch auf Ausnahme von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Der von der Klägerseite geltend gemacht Anspruch auf Ausnahme bei zuvor rechtswidriger Ablehnung der Genehmigung betrifft nur die Ermessensausübung, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ausnahme vorliegen, also öffentliche Belange nicht entgegenstehen (vgl. BVerwG, B. v. 9.2.1989 - 4 B 236/88 - juris Rn. 7). Überwiegende öffentliche Belange stehen entgegen, wenn ein Vorhaben möglicherweise in Widerspruch zu zukünftigen Festsetzungen steht (vgl. BVerwG, a. a. O.).

Mit der planerisch beabsichtigten Festsetzung eines reinen Wohngebiets ist das Vorhaben nicht vereinbar. Die beantragte Nutzung ist nicht als Wohngebäudenutzung nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässig, da die Nutzungsart nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens erfüllt. Bei der Vermietung von Plätzen in mehrfach belegten Zimmern fehlt eine Rückzugsmöglichkeit und daher eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre (vgl. BayVGH, U. v. 15.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 26). Die zum Begriff des Wohnens im Sinne des Bauplanungsrechts gehörende Möglichkeit der Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises ist deshalb nicht gegeben (vgl. Nds. OVG, B. v. 11.5.2015 - 1 ME 31/15 - juris Rn. 20). Diese Merkmale der Wohnnutzung gelten auch für ein unter den Begriff des Wohnens fallendes Wohnheim. Ein solches liegt überdies hier nicht vor, weil eine einheitliche Struktur der Benutzerbeziehungen zu einem Träger des Heims und eine Heimleitung, die den ordnungsgemäßen Betrieb des Wohnheims sicherstellt, fehlt (vgl. BayVGH, B. v. 28.7.1992 - 2 CS 92.1044 - UA S. 11).

Das Vorhaben wäre auch nicht als kleiner Betrieb des Beherbergungsgewerbes nach § 3 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in einem festgesetzten reinen Wohngebiet zulässig. Das Vorhaben des Klägers ist kein Betrieb des Beherbergungsgewerbes im Sinne des Bauplanungsrechts, weil es an einer entsprechenden eingerichteten betrieblichen Struktur fehlt. So soll kein betriebliches Personal vor Ort anwesend sein und ein Angebot von Nebenleistungen nicht erfolgen. Auch unter dem Gesichtspunkt der sogenannten wohnähnlichen Nutzung müsste das Vorhaben nicht in einem reinen Wohngebiet zugelassen werden. Zunächst ist festzustellen, dass die Wohnähnlichkeit eines Vorhabens in der einschlägigen Rechtsprechung jeweils ein Gesichtspunkt nicht für die Zulässigkeit eines Vorhabens, sondern für dessen Unzulässigkeit in einem bestimmten Baugebiet war (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.1992 - 4 C 43/89 - juris Rn. 20 f.; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 26). Jedenfalls bedarf eine wohnähnliche Nutzung, wenn sie nicht unter eine nach § 3 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO zulässige Nutzungsart fällt, im reinen Wohngebiet einer Befreiung. Auf diese besteht kein Anspruch.

Auch im Hilfsantrag auf Verpflichtung zur Neubescheidung ist die Klage unbegründet. Das Vorhaben ist wegen der entgegenstehenden Veränderungssperre planungsrechtlich unzulässig und es besteht, wie dargelegt, kein Anspruch auf eine Ausnahme von der Veränderungssperre, weil überwiegende öffentliche Belange entgegenstehen.

Auch hinsichtlich des Fortsetzungsfeststellungsantrags hat die Klage in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte war bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre nicht verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Das Vorhaben war planungsrechtlich unzulässig. Wie oben festgestellt, liegt das Vorhabengrundstück faktisch in einem reinen Wohngebiet und die beantragte Nutzung ist in dieser Gebietsart nicht zulässig.

Auch soweit sich die Klage im Wege der Anfechtung gegen die Nutzungsuntersagung unter Ziffer II. des angegriffenen Bescheids richtet, hat sie in der Sache keinen Erfolg.

Voraussetzung einer Nutzungsuntersagung ist nach Art. 76 Abs. 2 BayBO, das Anlagen in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Das Gebäude auf dem Grundstück des Klägers wird in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, da formell illegal eine Nutzungsänderung ohne die erforderliche Genehmigung erfolgt ist. Eine Nutzungsänderung i. S. des Art. 55 BayBO besteht zunächst, wie oben dargelegt, in planungsrechtlicher Hinsicht. Zudem ergeben sich bauordnungsrechtlich andere Anforderungen im Hinblick auf die notwendigen Stellplätze nach § 47 Abs. 1 und 2 BayBO, Art. 81 Abs. 1 Nr. 4 BayBO, § 5 der Satzung über die Herstellung von Garagen, Stellplätzen und Fahrradabstellplätzen und deren Ablösung der Beklagten vom 13. Januar 2009 und § 20 Satz 1 und 2 der Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen sowie über die Zahl der notwendigen Stellplätze (GaStellV) i. V. m. Nr. 1.8 der Anlage zur GaStellV. Die Nutzungsänderung ist nicht genehmigungsfrei nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO, weil sich bauplanungsrechtlich und im Hinblick auf die Stellplatzanforderungen andere öffentlich-rechtliche Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO ergeben.

Für den Erlass einer Nutzungsuntersagung genügt grundsätzlich die formelle Rechtswidrigkeit (BayVGH, U. v. 5.12.2006 - 1 B 03.2608 - juris Rn. 23; B. v. 4.8.2004 - 15 CS 04.1648 - juris Rn. 15; U. v. 25.4.2004 - 2 B 01.2147 - juris Rn. 10). Auf die materielle Rechtmäßigkeit kommt es allein insofern an, als eine Nutzungsuntersagung unverhältnismäßig ist, wenn die Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 6; U. v. 5.12.2006 - 1 B 03.2608 - juris Rn. 23; B. v. 4.8.2004 - 15 CS 04.1648 - juris Rn. 18). Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit war und ist, wie dargelegt, nicht gegeben.

Erfolg hat die Klage, soweit die Zwangsgeldandrohung angefochten ist.

Der Charakter der Zwangsgeldandrohung bedingt notwendig, dass der in die Pflicht Genommene rechtlich und auch tatsächlich in die Lage versetzt sein muss, die ihm im konkreten Einzelfall auferlegte Rechtspflicht zur Vornahme eines Handlung, zu einer Duldung oder zu einer Unterlassung innerhalb der gesetzten Frist zu erfüllen. Ist der Verpflichtete durch Rechte eines anderen in seiner Verfügungsgewalt beschränkt, so muss der andere (Dritte) ebenfalls durch hoheitlichen Akt - zumindest zur Duldung der Maßnahme - verpflichtet werden, damit (originär) Pflichtige seinerseits der ihm gegenüber getroffenen Anordnung zum Handeln, Dulden oder Unterlassen nachkommen kann. Dementsprechend hat die anordnende Verwaltungsbehörde neben der Zwangsgeldandrohung wenigstens ein Duldungsgebot gegenüber allen Personen zu verfügen, von deren Willen oder Einflussnahmemöglichkeit der Vollzug der Anordnung rechtlich abhängt. Das Fehlen einer solche Verpflichtung der Mitberechtigten führt, da sie grundsätzlich nachgeholt werden, nur dann zur Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung, wenn die Nachholung nicht so rechtzeitig erfolgen kann, dass dem Pflichtigen noch eine Frist bleibt, innerhalb derer er der ihn belastenden Anordnung billigerweise nachkommen kann (vgl. BayVGH, U. v. 27.5.1993 - 24 B 90.1654 - juris Rn. 19).

Danach erweist sich hier die Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig. Duldungsanordnungen oder weitere Nutzungsuntersagungsanordnungen oder sind gegenüber der Mieterin und deren Untermietern nicht ergangen. Es wurde eine Frist von lediglich einem Monat ab Bestandskraft des Bescheids gesetzt. Damit bliebe dem Kläger bei Nachholung der entsprechenden Anordnung keine ausreichende Frist, in der ihm die Erfüllung der Verpflichtung billigerweise zugemutet werden kann.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, weil der andere Teil nur geringfügig unterlegen ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 40.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 3 Reine Wohngebiete


(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

Baugesetzbuch - BBauG | § 14 Veränderungssperre


(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass 1. Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgefüh

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 13 Gebäude und Räume für freie Berufe


Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Sept. 2015 - M 9 K 15.1411 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Sept. 2015 - M 9 K 15.1411 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2015 - 15 ZB 13.2378

bei uns veröffentlicht am 23.04.2015

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 16. Feb. 2015 - 1 B 13.648

bei uns veröffentlicht am 16.02.2015

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 30. Sept. 2015 - M 9 K 15.1411.

Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Juli 2017 - M 9 K 16.3340

bei uns veröffentlicht am 12.07.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Ta

Referenzen

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger und solcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben, sind in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 4 Räume, in den Baugebieten nach den §§ 4a bis 9 auch Gebäude zulässig.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine gegen sie als Mieterin verfügte Untersagung der Nutzung des Obergeschosses des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 562/1 Gemarkung E. zu Wohnzwecken.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. Die nördliche Grenze seines Geltungsbereichs bildeten damals die Grundstücke FlNr. 962/1, 963/1 und 963/2. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan mit den zwischenzeitlich erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen sei. Zugleich wurde der „Vorgängerbebauungsplan“ aus dem Jahr 1980 mit zwei Änderungen aus dem Jahr 1981 aufgehoben. Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan wurde laut der „Verfahrensvermerke“ am 17. März 2004 ausgefertigt, am 25. Mai 2004 beschlossen und die Bekanntmachung am 26. Mai 2004 unterschrieben; sie erfolgte am 27. Mai 2004 („Schlussbekanntmachung“). Die beiden Unterschriften des Bürgermeisters in den Verfahrensvermerken sind nicht datiert. Am 21. August 2012 machte die Gemeinde die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans zum 27. Mai 2004 zur Heilung eines Verfahrensfehlers bekannt, nachdem das Landratsamt B. ein solches Vorgehen am 20. August 2012 wegen möglicher Ausfertigungsmängel der ursprünglichen Pläne empfohlen hatte.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen die Klägerin von ihr beschäftigte Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafstätten, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 3) aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro für jeden zu Wohnzwecken genutzten Raum fällig (Nr. 5). Die Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet, die Nutzungsuntersagung zu dulden (Nr. 2 und 6). Sollte die Klägerin der Nutzungsuntersagung nach Nr. 1 nicht fristgerecht nachkommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro je Wohnung fällig (Nr. 5). Die Kosten des Bescheids wurden der Klägerin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung, also formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Die Nutzungsuntersagung werde als Ermessensentscheidung verfügt, um den widerrechtlichen Zustand zu beenden und Bezugsfälle zu vermeiden. Als Adressat der Anordnung sei die Klägerin als Handlungsstörerin ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne.

Das Landratsamt hatte eine Bestandsaufnahme aller Wohnnutzungen im Gewerbegebiet E. erstellt, auf deren Basis im Mai/Juni 2012 eine ganze Reihe weiterer Nutzungsuntersagungen ausgesprochen wurden, gegen die die Betroffenen (derzeit ruhende) Klageverfahren angestrengt haben. Am 13. August 2012 wurde dem Verwaltungsgericht ein Ordner des Landratsamts mit Kurzinformationen zu den einzelnen Grundstücken im Gewerbegebiet vorgelegt‚ aus denen insbesondere Angaben zu den festgestellten Wohnnutzungen und den inzwischen veranlassten Nutzungsuntersagungen hervorgehen.

Das Verwaltungsgericht München gab der Anfechtungsklage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 statt. Die Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in dem Bereich nördlich der Staatsstraße ... bis einschließlich der Grundstücke FlNr. 961/4 und 961/3 sei nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände funktionslos geworden; das Baugebiet stelle sich insoweit vielmehr als faktisches Mischgebiet dar, denn es sei von einem gleichrangigen Nebeneinander von Wohnen und von nicht störendem Gewerbe geprägt. Schon äußerlich falle die in den Ober- und Dachgeschossen weit verbreitete Wohnnutzung auf. Die massive Wohnbebauung, die bereits mit der Ersterrichtung der Gewerbebauten vor rund 30 Jahren begonnen habe, schließe eine Entwicklung hin zu einem Gewerbegebiet aus. Die als Betriebsleiterwohnungen genehmigten Gebäude seien stattliche Wohnhäuser und könnten nicht mehr als „untergeordnet“ i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen werden. Nach der Aufstellung des Landratsamts vom 11. September 2012 hätten nur vier der 14 Anwesen keine Betriebsleiterwohnung. Vier der Betriebsleiterwohnungen seien frei vermietet. Aus dem Kontrollbericht des Landratsamts vom 27. Dezember 2010 gehe hervor, dass insgesamt 89 Personen als im Gewerbegebiet wohnhaft gemeldet seien, die in 28 bis 45 Wohneinheiten wohnten, obwohl im fraglichen Bereich nur neun Wohnungen genehmigt worden seien. Die Nutzungsuntersagung sei auch ermessensfehlerhaft verfügt worden; zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen bestünden keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe‚ warum der Beklagte im Rahmen seines Sanierungskonzepts nicht auch diejenigen Wohnnutzungen von Betriebsleiterwohnungen aufgreife‚ die privat und ohne Bezug zu einem Betrieb vermietet worden seien. Auch die gegenüber der Eigentümerin ausgesprochene Duldungsanordnung müsse aufgehoben werden‚ da sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der gegenüber der Klägerin ergangenen Nutzungsuntersagung stehe.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 (M 11 S 12.2711) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Anfechtungsklage wieder her; die Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 18.3.2013 - 1 CS 12.2070 - juris), weil die brandschutztechnischen Mängel inzwischen behoben worden seien und die behauptete illegale, seit vielen Jahren unbeanstandet hingenommene Nutzung nicht vor einer Entscheidung in der Hauptsache beendet werden müsse.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013 (1 ZB 12.2777) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus, es sei im Lichte von § 1 Abs. 3 BauGB nicht erkennbar, warum die festgestellten illegalen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet die ordnende Wirkung dieser Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließen sollten; der von der Gebietsart abweichende Zustand habe sich noch nicht in einer solchen Weise verfestigt, dass eine Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen ausgeschlossen werden müsse. Dies zeige bereits der Umstand, dass zahlreiche Nutzungsuntersagungen gegen weitere Eigentümer mit dem Ziel der Rückkehr zur plankonformen Nutzung verfügt worden seien. Im Übrigen sei das Gewerbegebiet mit am 23. Juni 2010 in Kraft getretener Änderung des Bebauungsplans in Richtung Norden erweitert worden. Für die bereits 1981 genehmigten Betriebsleitergebäude gälten nicht die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung 1990 und damit auch nicht § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1990, wonach nur untergeordnete Wohnhäuser als Betriebsleitergebäude zulässig seien. Der vom Verwaltungsgericht angenommenen Einordnung als faktisches Mischgebiet stehe entgegen, dass im fraglichen Bereich des Bebauungsplans auch Gewerbebetriebe bestünden, die nicht ohne weiteres mischgebietsverträglich seien (Kfz-Werkstätten, Landmaschinenwerkstatt, Schreinerei). Schließlich genüge das von der Bauaufsichtsbehörde erstellte Sanierungskonzept, das die Verhältnisse auf sämtlichen Grundstücken des Gewerbegebiets betrachte, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die frei vermieteten Betriebsleiterwohnungen hätten noch nicht sofort und im gleichen Umfang aufgegriffen werden müssen, zumal sie durch nachträgliche Eingliederung in einen betrieblichen Zusammenhang oder auch die erstmalige Schaffung dieses Zusammenhangs einer legalisierten Nutzung zugeführt werden könnten. Damit sei das Vorgehen des Beklagten weder willkürlich noch systemlos; auch das langjährige Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindere nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine Aufhebung der gegenüber der Eigentümerin verfügten Duldungsanordnung sei im vorliegenden Klageverfahren schon mangels Adressatenstellung und Beschwer der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte legt eine zum 14. April 2014 aktualisierte Übersicht (mit Lageplan) der erlaubten wie der unerlaubten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet und der hiergegen eingeleiteten Maßnahmen vor. Das Sanierungskonzept sehe in einem ersten Schritt die Behandlung derjenigen Fälle vor, in denen gewerblich genutzte Räume ohne Genehmigung zu Wohnräumen umgewandelt worden seien; als nächstes seien die genehmigten Betriebsleiterwohnungen überprüft worden, ohne dass hier bereits Untersagungen ausgesprochen worden seien. Hingenommen würden dagegen Wohn-nutzungen ehemaliger Betriebsleiter oder deren Angehöriger sowie von Bereitschaftspersonal in Betriebsleiterwohnungen. Dementsprechend ergänzt der Beklagte seine im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die Frage eines gleichheitssatzgemäßen Einschreitens dahingehend, dass die bekannten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet entsprechend dem jeweiligen Gewicht des Verstoßes Schritt für Schritt aufgegriffen würden; im vorliegenden Fall bestehe ein gravierender und offenkundiger Verstoß.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Vorlage des zwischen ihr und der Eigentümerin geschlossenen Mietvertrags vom 13. November 2006 über „gewerbliche Räume“ mit einer Fläche von 530 m² trägt die Klägerin vor, das Baugebiet habe sich bereits seit Jahrzehnten in Richtung eines Mischgebiets entwickelt, wie die auf fast jedem Grundstück nachweisbaren Wohneinheiten und zum Teil stattlichen Wohnhäuser bewiesen. Die Festsetzung Gewerbegebiet sei wegen der eingetretenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zugelassenen Nutzung außer Kraft getreten; die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung auf absehbare Zeit als unwirtschaftlich ausschließe. Damit richte sich die Beurteilung der Situation nach § 34 BauGB, wonach aber die untersagte Nutzung zulässig sei. Im Übrigen erfüllten die nicht abgeschlossenen Übernachtungszimmer nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens, der eine auf Dauer angeleg-te Häuslichkeit und Möglichkeit der Eigengestaltung der Haushaltsführung voraussetze. Es handele sich vielmehr um gewerbliche Arbeitnehmerunterkünfte, in denen nur an Werktagen übernachtet werde und die keine Privatsphäre zuließen; die Mehrbettzimmer hätten keine festen Kochgelegenheiten und keine Nasszellen, es gebe lediglich zwei gemeinschaftliche Sanitärräume. Für jede Übernachtung in der kasernenartigen Unterkunft würden vom Lohn des Arbeitnehmers 6,50 Euro einbehalten. Die Mitarbeiter kehrten an ihren freien Tagen, an den Wochenenden und in den Zeiten der saisonalen Betriebsschließungen an den jeweiligen Heimatort zurück. Es könne mangels eines auf Dauer angelegten Wohnungsersatzes und wegen der Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte auch nicht von einer wohnähnlichen Nutzung ausgegangen werden. Das Angebot von Übernachtungsplätzen sei unabdingbar für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Klägerin.

Die Beigeladene stellt erstmals im Berufungsverfahren einen Antrag; sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Die vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans lägen nicht vor. Das Vorgehen des Beklagten belege, dass die planerische Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gerade hier-durch (wieder)hergestellt werden solle; die tatsächlichen Verhältnisse stünden einer Umsetzung des Bebauungsplans keineswegs dauerhaft entgegen. Zudem sei das schutzwürdige Vertrauen der planunterworfenen Grundeigentümer in die Zweckbestimmung des Bebauungsplans nicht durch die Aufnahme rechtswidriger Nutzungen entfallen. Daran ändere auch das lange Zuwarten der Bauaufsichtsbehörde nichts, denn es fehle insoweit an einem positiven Tätigwerden. Die Beigeladene halte jedenfalls an der Festsetzung eines Gewerbegebiets fest.

Der Senat hat am 16. Mai 2014 das gesamte Gewerbegebiet E. und insbesondere das Gebäude auf FlNr. 964 besichtigt und am 6. Juni 2014 erstmals mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Bauakten‚ die von der Beigeladenen vorgelegten Aufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im Klageverfahren, hier insbesondere auf die Niederschriften über die Ortsbesichtigung und die mündlichen Verhandlungen, Bezug genommen.

Gründe

Im Berufungsverfahren ist maßgeblicher Streitgegenstand der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 1 (Nutzungsuntersagung)‚ Nr. 5 (Androhung von Zwangsgeldern) sowie Nr. 7 (Kosten). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten, auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht jedoch nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichteten Anordnungen im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollten‚ nicht hingegen die an die Eigentümerin des Gebäudes (Vermieterin) gerichtete Duldungsverpflichtung mit Zwangsgeldandrohung (Nr. 2‚ 6 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Eigentümerin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (Az. M 11 K 12.2708 und 1 B 13.649) angefochten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt. Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Duldungsanordnung aufgehoben hat‚ konnte das Urteil insoweit keinen Bestand haben und war in diesem Umfang schon deshalb aufzuheben.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach nur noch gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Nr. 1‚ 5 und 7 des Bescheids richtet‚ ist begründet. Das der Klage zu Unrecht stattgebende Urteil war daher insgesamt aufzuheben. Die Untersagung der Nutzung der angemieteten Räume „zu Wohnzwecken“ ist rechtmäßig‚ weil die Überlassung an Arbeitnehmer der Klägerin zum Zwecke der Übernachtung zu einer wohnähnlichen Nutzung führt‚ die formell und im Gewerbegebiet materiell rechtswidrig ist (1.). Die Nutzungsuntersagung wurde vom Landratsamt in fehlerfreier Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens angeordnet (2.).

1. Die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 76 Satz 2 BayBO‚ wonach die unter-sagte Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen muss‚ ist im vor-liegenden Fall bereits wegen der formellen Illegalität der Nutzung erfüllt (1.1). Darüber hinaus verstößt sie gegen materielles Bauplanungsrecht (1.2).

1.1 Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 23). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (BayVGH‚ B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayBVl 2005‚ 369).

Die Nutzung von zu gewerblichen Zwecken genehmigten Räumlichkeiten als Übernachtungsplätze für Arbeitnehmer stellt eine der Baugenehmigungspflicht unterliegende Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO dar‚ die nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist‚ weil die Nutzungsänderung der bauplanungsrechtlichen Überprüfung bedarf. Mit der Weitergabe der gemieteten Räumlichkeiten an eigene Arbeitnehmer zu Übernachtungszwecken ohne vorherige Einholung einer Genehmigung verstößt die Klägerin (wie auch die Grundeigentümerin) gegen Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 BayBO‚ der eine „Bauausführung“ vor Bekanntgabe der Baugenehmigung verbietet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung liegen schon angesichts der entgegenstehenden bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. 1.2) nicht vor.

1.2 Die untersagte Wohnnutzung ist im Gewerbegebiet E. weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (1.2.1); der Bebauungsplan ist wirksam erlassen worden (1.2.2) und nicht funktionslos geworden (1.2.3). Die untersagte Nutzung hat zu keinem Zeitpunkt seit ihrer Aufnahme bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen (vgl. zu diesem Erfordernis‚ das sich aus der Eigenschaft einer Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ergibt: OVG NW‚ U.v. 19.12.1995 - 11 A 2734/93 - UPR 1996‚ 458; Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 291).

1.2.1 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung dient ein Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO); dagegen soll im Gewerbegebiet nicht gewohnt werden. Dieser Grundsatz wird durch § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestätigt‚ wonach gleichsam nur als notwendige Ergänzung einer gewerblichen Nutzung Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden können; Bauvorhaben‚ die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohnnutzung oder zumindest wohnähnlichen Nutzung dienen sollen‚ sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets nicht vereinbar (vgl. z. B. zur Unzulässigkeit eines Seniorenpflegeheims im Gewerbegebiet: BVerwG‚ B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002‚ 1384). Unzulässig sind daher auch Gewerbebetriebe in Form eines Beherbergungsbetriebs oder einer Fremdenpension‚ soweit in ihnen gewohnt wird oder eine wohnähnliche Nutzung stattfindet (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Die Rechtsprechung hat daher gewerbliche Beherbergungsbetriebe als gebietsunverträglich angesehen‚ die der Erholung dienen oder in denen Personen nicht nur kurzzeitig untergebracht sind (BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Allein der Umstand‚ dass der Bewohner in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem vermietenden gewerblich tätigen Unternehmen steht‚ vermag eine Wohnnutzung nicht in eine gewerbliche Nutzung zu verwandeln (Stock in König/Roeser/Stock‚ 3. Aufl. 2014‚ § 3 Rn. 26).

Zwar erfüllt die Unterbringung der Arbeitnehmer der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung (Mehrbettzimmer ohne eigenen Küchen- und Sanitärbereich in nicht verschlossenen Räumen und Abrechnung der jeweils in Anspruch genommenen Übernachtungen) nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens‚ der insbesondere eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit‚ Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie des häuslichen Wirkungskreises voraussetzt und damit von anderen Nutzungsformen wie etwa der Unterbringung‚ der Verwahrung oder einer bloßen Übernachtungsmöglichkeit in einer sozialen Einrichtung abzugrenzen ist (BVerwG‚ B.v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996‚ 893). Die Unterbringung in der konkreten Ausgestaltung ermöglicht den Arbeitnehmern kein selbstbestimmtes privates Leben „in den eigenen vier Wänden“ (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18), wovon sich der Senat im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nach dem von der Klägerin verfolgten Nutzungskonzept kann von einem Wohnen schon deshalb nicht die Rede sein‚ weil es an jeglichem Rückzugsraum fehlt‚ der erst eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre ermöglicht. Gleichwohl hat die konkrete Nutzung wohnähnlichen Charakter und ist mit der Unterbringung in einem Wohnheim vergleichbar‚ die nach allgemeiner Auffassung dem Wohnen gleichsteht. Auch ein Arbeitnehmerwohnheim bietet zumindest dann einen auf Dauer angelegten Wohnungsersatz und widerspricht daher der Eigenart eines Gewerbegebiets‚ wenn nach dem Nutzungskonzept Arbeitnehmer für eine Dauer von etwa zwei bis sechs Monaten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 a. a. O.). Im vorliegenden Fall nutzen die Arbeitnehmer die ihnen von der Klägerin zur Verfügung gestellten Schlafstätten während der Beschäftigungsperiode mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie halten sich daher über erhebliche Zeiträume des Jahres und in jährlich wiederkehrendem Rhythmus in den Unterkünften auf. Demgegenüber tritt in den Hintergrund‚ dass die Unterkünfte offenbar an den Wochenenden und in den arbeitsfreien Zeiten (z. B. Zeiten saisonal bedingter Betriebsschließungen) von den dann in ihre Herkunftsorte zurückgekehrten Arbeitnehmern nicht genutzt werden; denn mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des Wohnens soll nicht auf den Gegensatz zwischen einer längerem und kürzeren Aufenthaltsdauer oder einer solchen von unbestimmter und befristeter Dauer abgestellt‚ sondern danach unterschieden werden‚ ob ein Gebäude als „Heimstatt im Alltag“ anzusehen ist oder nur ein provisorisches‚ einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen ermöglicht (Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18). Nach dem dargestellten, auf Dauer angelegten Nutzungskonzept ist die Unterbringung dem Wohnen angenähert und verfolgt keine nur kurzzeitige und provisorische Lösung. Im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit bedeutet dies eine grundsätzlich störempfindliche und daher unzulässige Nutzung‚ die ungeachtet der Geräuschbelastung im konkreten Fall nicht den gebietstypischen Lärm- und sonstigen Belästigungen ausgesetzt werden soll. Werksunterkünfte für die längerfristige Unterbringung von Mitarbeitern gewerblich tätiger Unternehmen sind unzulässig (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 8 Rn. 19, 19a).

Auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit der Unterbringung von Soldaten in Kasernen führt nicht weiter; Soldaten sind nämlich aufgrund eines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die regelmäßig in Sondergebieten oder auf Gemeinbedarfsflächen liegen (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O., § 3 Rn. 27). Im vorliegenden Fall liegt schließlich auch keine Unterbringung in einer sozialen Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) vor‚ die eine besondere Funktion im Zusammenhang für eine im Gewer-begebiet zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (vgl. VGH Mannheim‚ B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014‚ 752: Lehrlingswohnheim ausnahmsweise im Gewerbegebiet zulässig trotz wohnähnlicher Nutzung wegen der engen funktionalen Verklammerung mit angeschlossener Werkstätte).

1.2.2 Der maßgebliche Bebauungsplan der Beigeladenen vom 27. Mai 2004 ist formell fehlerfrei in Kraft getreten und auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Gewerbegebiet funktionslos geworden. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ dass der am 25. Mai 2004 beschlossene Satzungstext vom ersten Bürgermeister der Beigeladenen am 27. Mai 2004 vor der Bekanntmachung am gleichen Tage ausgefertigt wurde‚ obwohl auf der Bebauungsplanurkunde (vgl. „F. Verfahrensvermerke“) die „Ausfertigung“ bereits auf den 17. März 2004 datiert wurde. Der 17. März 2004 bezeichnet nämlich nach dem Deckblatt des Bebauungsplans das Datum der Planerstellung („Plandatum“), das unrichtigerweise in die Rubrik „Ausfertigung“ eingetragen wurde. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran‚ dass die vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde erst nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat ausgefertigt und anschließend bekanntgemacht wurde. Auch die Klägerin hat die entsprechenden Überlegungen des Erstgerichts nicht angegriffen.

1.2.3 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht dadurch funktionslos und damit unwirksam geworden‚ dass sich materiell baurechtswidrige Wohnnutzungen im Gewerbegebiet befinden‚ als deren Folge nunmehr von einem faktischen Mischgebiet auszugehen wäre. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden funktionslos und damit unwirksam‚ wenn - zum einen - die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und - zum anderen - diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (st. Rspr., grundlegend: BVerwG‚ U.v. 29.4.1977 - 4 C 39.75 - BVerwGE 54‚ 5‚ 11; B.v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001‚ 1005; U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004‚ 1567). Dabei sind die Anforderungen an das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit streng und es ist große Zurückhaltung geboten (BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Uechtritz/Hartmannsberger‚ DVBl 2013‚ 70). Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus; er tritt nur außer Kraft‚ wenn offenkundig ist‚ dass er seine Funktion als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung verloren hat (BVerwG‚ U.v. 18.11.2004 - 4 C N 11.03 - BVerwGE 122/207‚ 214). Die einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung zugrunde liegende Plankonzeption wird insbesondere nicht schon dann sinnlos‚ wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG‚ B.v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 - BauR 1997‚ 803). Angesichts dessen hängt die Beurteilung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung auch nicht davon ab‚ ob eine Bebauung oder ihre Nutzung materiell legal oder illegal entstanden ist. Entscheidend sind die Art der Festsetzung‚ das Maß der Abweichung im tatsächlichen Bereich und die Irreversibilität der entstandenen Verhältnisse, wobei es nicht auf einzelne Grundstücke ankommt.

Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erweist sich die Festsetzung als Gewerbegebiet im vorliegenden Fall trotz des Vorhandenseins zum Teil seit Jahren bestehender, bauplanungsrechtlich unzulässiger Wohnnutzungen nicht als funktionslos; nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisses kommt dem Bebauungsplan nach wie vor eine städtebauliche Steuerungsfunktion zu. Es ist schon nicht erkennbar‚ warum die zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten nicht in ihrem derzeitigen baulichen Zustand oder nach bestimmten Umbaumaßnahmen (wieder oder erstmals) einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnten. Bereits in dieser Hinsicht weicht der vorliegende Fall von den in der Rechtsprechung bejahten Fällen einer Funktionslosigkeit ab (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2001, a. a. O. Wiederansiedlung von nicht mehr bestehenden landwirtschaftlichen Hofstellen in einem Dorfgebiet praktisch ausgeschlossen; BVerwG, U.v. 28.4.2004, a. a. O. zur Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets‚ weil im betreffenden Gebiet mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit auf den Grundstücken gewonnenen Nahrungsmitteln nicht mehr zu rechnen war; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris zur Funktionslosigkeit eines Sondergebiets „Kurheime und Sanatorien“ nach jahrzehntelanger Genehmigung von Wohnbauvorhaben). Es spricht aus tatsächlichen Gründen - ungeachtet der aktuellen Verhältnisse des Mietmarktes für Gewerberäume - nichts gegen eine (erstmalige oder erneute) Aufnahme der gewerblichen Nutzungen in den Räumlichkeiten, in denen derzeit gewohnt wird. Gerade das umfassende Aufgreifen aller Fälle unzulässiger Wohnnutzungen durch die Bauaufsichtsbehörde zeigt, dass die Verhältnisse keineswegs irreversibel sind, sondern eine Rückkehr zu unter bauplanungs- und -ordnungsrechtlichen Aspekten rechtmäßigen Zuständen durchaus realistisch erscheint. Im Übrigen hat auch die beigeladene Gemeinde in all den Jahren an der Konzeption eines Gewerbegebiets festgehalten. Im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beigeladene diese Konzeption noch einmal überprüft und bestätigt.

Auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild ist das Baugebiet keineswegs als Mischgebiet oder gar als allgemeines Wohngebiet einzustufen‚ wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nahezu auf jedem Grundstück ist eine gewerbliche Nutzung erkennbar‚ die das Baugebiet durchgehend prägt. Die nur teilweise erkennbare Wohnnutzung steht dem Eindruck eines gewerblich geprägten Gebiets schon deshalb nicht entgegen, weil in einem Gewerbegebiet auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässige Wohnungen anzutreffen sind und ein unbefangener Betrachter die Abgrenzung zum allgemeinen Wohnen nicht ohne weiteres feststellen kann. Damit fehlt es auch an dem Merkmal der Offenkundigkeit der zur (behaupteten) Funktionslosigkeit führenden Umstände. Die Abweichung zwischen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung Gewerbegebiet und der tatsächlich vorgefundenen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit bei weitem nicht den Grad erreicht‚ der einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehmen würde.

Der Bebauungsplan hat auch nicht deswegen seine städtebauliche Steuerungsfunktion eingebüßt, weil die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die behauptete Unvermietbarkeit von Gewerberäumen einen Grad erreicht hätten, der eine Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen ausschließt, weil sie auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich nicht mehr tragfähig und damit unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2004 - 25 N 01.308 - BayVBl 2005,366). Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil sich die getroffenen Festsetzungen für den Grundeigentümer nicht ohne weiteres als rentabel erweisen, oder gar deshalb, weil sich wirtschaftlichere Festsetzungen denken lassen. Trotz der vorgetragenen aktuell schwierigen Vermarktungssituation für Gewerberäume besteht im Gewerbegebiet E. eine Vielzahl von - teils lange Jahre ansässigen, teils neu zugezogenen - Gewerbebetrieben; von einer generellen Unvermietbarkeit der Gewerberäume kann schon vor dem Hintergrund der mehrfachen Erweiterung des Gewerbegebiets nach Norden hin nicht ausgegangen werden. Auch nimmt die Ausweisung eines Gewerbegebiets dem Grundeigentümer nicht das wirtschaftliche Risiko ab, das sich aus den mit einer Vermietung zusammenhängenden Problemen ergibt, denn die Wirtschaftlichkeit von Grundstücksnutzungen ist erfahrungsgemäß Schwankungen unterworfen. Errichtet ein Eigentümer ohne vorherige Bedarfsanalyse in großem Umfang Gewerberaum, der über die spätere Nachfrage hinausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass damit unter Missachtung der planerischen Festsetzung eine Wohnraumnutzung zulässig wird; die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung ergebenden Risiken, die mit wirtschaftlichen Chancen korrespondieren, sind im Grundsatz Lasten des Eigentums und nicht Lasten der Bauleitplanung (BVerwG, U.v. 29.9.1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283/290).

Schließlich vermag auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass mindestens vier der genehmigten Betriebsleiterwohnungen zwischenzeitlich frei vermietet wurden und weitere Betriebsleiterwohnungen und -häuser von ehemaligen Betriebsinhabern bewohnt werden‚ nicht die Plankonzeption eines Gewerbegebiets in Frage zu stellen. Hierbei kann erst recht nicht von einer Unumkehrbarkeit der derzeitigen Nutzungen ausgegangen werden‚ weil eine Rückkehr zur Wohnnutzung durch den berechtigten Personenkreis der Betriebsinhaber und -leiter ohne weiteres möglich ist. Dementsprechend hat das Landratsamt angekündigt, in einem weiteren Schritt auch insoweit rechtmäßige Verhältnisse im Gewerbegebiet E. wiederherzustellen. Selbst wenn dieses Ziel nicht in jedem Fall erreicht werden sollte oder sich entsprechende Bemühungen über einen erheblichen Zeitraum („Auslauffristen“) hinziehen würden, wäre auch damit eine Funktionslosigkeit nicht zu begründen.

2. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; das Landratsamt hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005‚ a. a. O.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ a. a. O. Art. 76 Rn. 301).

2.1 Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Mieterin der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen, denn - ungeachtet der bei Bescheidserlass noch bestehenden brandschutzrechtlichen Problematik - legt der Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes hier ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber nahe, der die angemieteten Räume seinen Arbeitnehmern für eine wohnähnliche Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. für die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung im Miet-/Pachtverhältnis: BayVGH, B.v. 28.7.2014 - 2 CS 14.1326 - juris Rn. 4; OVG Rhld.-Pf., B.v. 13.7.2010 - 8 A 10623/10 - NVwZ-RR 2010,755; OVG NW, B.v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 16 -18; Decker in Simon/Busse, a. a. O. Art. 76 Rn. 295; Jäde, Bayer. Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 495).

2.2 Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die Bauaufsichtsbehörde ist nämlich nicht nur gegen die Klägerin‚ sondern in sachgerechter Weise auch gegen andere Eigentümer und Mieter von Gewerbebauten vorgegangen, in denen unerlaubte Wohnnutzungen festgestellt wurden. Aus dem vom Landratsamt im Verlaufe des Verfahrens im Jahr 2012 erstellten „Sanierungsplan“‚ der sämtliche Wohnnutzungen auflistet‚ ergibt sich‚ dass etliche weitere Nutzungsuntersagungen ergangen sind‚ die den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilden‚ welche im Hinblick auf das erst kürzlich entschiedene Parallelverfahren (1 B 13.646, U. v. 13.2.2015) derzeit ruhen. Das Landratsamt beabsichtigte, zunächst den Ausgang dieses und des vorliegenden Rechtsstreits zur gerichtlichen Klärung der Frage der Funktionslosigkeit abzuwarten‚ bevor es sich im Falle der Bestätigung seiner Rechtsauffassung der Durchsetzung der weiteren Nutzungsuntersagungen im Gewerbegebiet widmet; ein derart abgestuftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die präventive Wirkung der Maßnahmen nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 11.3.1991 - 4 B 26.91 - juris).

Der Bauaufsichtsbehörde können im Übrigen vergleichbare Fälle‚ in denen sie noch nicht eingeschritten ist‚ nur ausnahmsweise entgegengehalten werden‚ wenn es nach der Art des Einschreitens an jedem System fehlt‚ für diese Art des Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden muss (BVerwG‚ B.v. 23.11.1998 - 4 B 99.98 - BauR 1999‚ 734; U.v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 - DVBl 1973‚ 636). Rechtswidrige Zustände‚ die sich bei einer Vielzahl von Grundstücken ergeben‚ müssen nicht in jedem Fall in flächendeckender Art und Weise bekämpft werden‚ vielmehr darf sich die Bauaufsichtsbehörde auf die Regelung von Einzelfällen beschränken‚ wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG‚ B.v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR1992‚ 360). Vor dem so umrissenen Hintergrund vermag der Senat ein willkürliches Vorgehen gegen die Klägerin nicht zu erkennen; der vorliegende „Sanierungsplan“ bildet die Grundlage für ein gleichheitssatzgemäßes Einschreiten.

Schließlich macht auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass die baurechtswidrigen Nutzungen von Betriebsleiterwohnungen im derzeitigen Stadium noch nicht aufgegriffen wurden‚ das Vorgehen gegen die Klägerin nicht willkürlich. Zum einen hat der Beklagte inzwischen nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auch sämtliche nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigte Wohnnutzungen im Gewerbegebiet erhoben und festgestellt, welche dieser Wohnungen nicht im Sinn dieser Bestimmung zulässig genutzt werden; Anhörungsschreiben zu den geplanten Nutzungsuntersagungen wurden in den Fällen versandt, in denen die Betriebsleiterwohnungen “frei vermietet“ wurden, während bei Wohnnutzungen durch ehemalige Betriebsleiter, deren Angehörige oder betriebszugehöriges Bereitschaftspersonal von einem Einschreiten abgesehen werden soll (vgl. Schr. LAB v. 8.5.2014, S. 2). Auch insoweit liegen ohne weiteres erkennbare sachliche Gründe für ein unterschiedliches Verwaltungshandeln vor, das sich jedenfalls nicht als gleichheitssatzwidrig darstellt.

Auch die für jeden Fall der unerlaubten Nutzung zu Wohnzwecken angedrohten Zwangsgelder (vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

3. Die Klägerin trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren‚ die dort einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO); die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens‚ in dem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat‚ trägt sie selbst.

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine gegen sie als Mieterin verfügte Untersagung der Nutzung des Obergeschosses des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 562/1 Gemarkung E. zu Wohnzwecken.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. Die nördliche Grenze seines Geltungsbereichs bildeten damals die Grundstücke FlNr. 962/1, 963/1 und 963/2. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan mit den zwischenzeitlich erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen sei. Zugleich wurde der „Vorgängerbebauungsplan“ aus dem Jahr 1980 mit zwei Änderungen aus dem Jahr 1981 aufgehoben. Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan wurde laut der „Verfahrensvermerke“ am 17. März 2004 ausgefertigt, am 25. Mai 2004 beschlossen und die Bekanntmachung am 26. Mai 2004 unterschrieben; sie erfolgte am 27. Mai 2004 („Schlussbekanntmachung“). Die beiden Unterschriften des Bürgermeisters in den Verfahrensvermerken sind nicht datiert. Am 21. August 2012 machte die Gemeinde die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans zum 27. Mai 2004 zur Heilung eines Verfahrensfehlers bekannt, nachdem das Landratsamt B. ein solches Vorgehen am 20. August 2012 wegen möglicher Ausfertigungsmängel der ursprünglichen Pläne empfohlen hatte.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen die Klägerin von ihr beschäftigte Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafstätten, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 3) aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro für jeden zu Wohnzwecken genutzten Raum fällig (Nr. 5). Die Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet, die Nutzungsuntersagung zu dulden (Nr. 2 und 6). Sollte die Klägerin der Nutzungsuntersagung nach Nr. 1 nicht fristgerecht nachkommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro je Wohnung fällig (Nr. 5). Die Kosten des Bescheids wurden der Klägerin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung, also formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Die Nutzungsuntersagung werde als Ermessensentscheidung verfügt, um den widerrechtlichen Zustand zu beenden und Bezugsfälle zu vermeiden. Als Adressat der Anordnung sei die Klägerin als Handlungsstörerin ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne.

Das Landratsamt hatte eine Bestandsaufnahme aller Wohnnutzungen im Gewerbegebiet E. erstellt, auf deren Basis im Mai/Juni 2012 eine ganze Reihe weiterer Nutzungsuntersagungen ausgesprochen wurden, gegen die die Betroffenen (derzeit ruhende) Klageverfahren angestrengt haben. Am 13. August 2012 wurde dem Verwaltungsgericht ein Ordner des Landratsamts mit Kurzinformationen zu den einzelnen Grundstücken im Gewerbegebiet vorgelegt‚ aus denen insbesondere Angaben zu den festgestellten Wohnnutzungen und den inzwischen veranlassten Nutzungsuntersagungen hervorgehen.

Das Verwaltungsgericht München gab der Anfechtungsklage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 statt. Die Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in dem Bereich nördlich der Staatsstraße ... bis einschließlich der Grundstücke FlNr. 961/4 und 961/3 sei nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände funktionslos geworden; das Baugebiet stelle sich insoweit vielmehr als faktisches Mischgebiet dar, denn es sei von einem gleichrangigen Nebeneinander von Wohnen und von nicht störendem Gewerbe geprägt. Schon äußerlich falle die in den Ober- und Dachgeschossen weit verbreitete Wohnnutzung auf. Die massive Wohnbebauung, die bereits mit der Ersterrichtung der Gewerbebauten vor rund 30 Jahren begonnen habe, schließe eine Entwicklung hin zu einem Gewerbegebiet aus. Die als Betriebsleiterwohnungen genehmigten Gebäude seien stattliche Wohnhäuser und könnten nicht mehr als „untergeordnet“ i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen werden. Nach der Aufstellung des Landratsamts vom 11. September 2012 hätten nur vier der 14 Anwesen keine Betriebsleiterwohnung. Vier der Betriebsleiterwohnungen seien frei vermietet. Aus dem Kontrollbericht des Landratsamts vom 27. Dezember 2010 gehe hervor, dass insgesamt 89 Personen als im Gewerbegebiet wohnhaft gemeldet seien, die in 28 bis 45 Wohneinheiten wohnten, obwohl im fraglichen Bereich nur neun Wohnungen genehmigt worden seien. Die Nutzungsuntersagung sei auch ermessensfehlerhaft verfügt worden; zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen bestünden keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe‚ warum der Beklagte im Rahmen seines Sanierungskonzepts nicht auch diejenigen Wohnnutzungen von Betriebsleiterwohnungen aufgreife‚ die privat und ohne Bezug zu einem Betrieb vermietet worden seien. Auch die gegenüber der Eigentümerin ausgesprochene Duldungsanordnung müsse aufgehoben werden‚ da sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der gegenüber der Klägerin ergangenen Nutzungsuntersagung stehe.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 (M 11 S 12.2711) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Anfechtungsklage wieder her; die Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 18.3.2013 - 1 CS 12.2070 - juris), weil die brandschutztechnischen Mängel inzwischen behoben worden seien und die behauptete illegale, seit vielen Jahren unbeanstandet hingenommene Nutzung nicht vor einer Entscheidung in der Hauptsache beendet werden müsse.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013 (1 ZB 12.2777) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus, es sei im Lichte von § 1 Abs. 3 BauGB nicht erkennbar, warum die festgestellten illegalen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet die ordnende Wirkung dieser Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließen sollten; der von der Gebietsart abweichende Zustand habe sich noch nicht in einer solchen Weise verfestigt, dass eine Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen ausgeschlossen werden müsse. Dies zeige bereits der Umstand, dass zahlreiche Nutzungsuntersagungen gegen weitere Eigentümer mit dem Ziel der Rückkehr zur plankonformen Nutzung verfügt worden seien. Im Übrigen sei das Gewerbegebiet mit am 23. Juni 2010 in Kraft getretener Änderung des Bebauungsplans in Richtung Norden erweitert worden. Für die bereits 1981 genehmigten Betriebsleitergebäude gälten nicht die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung 1990 und damit auch nicht § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1990, wonach nur untergeordnete Wohnhäuser als Betriebsleitergebäude zulässig seien. Der vom Verwaltungsgericht angenommenen Einordnung als faktisches Mischgebiet stehe entgegen, dass im fraglichen Bereich des Bebauungsplans auch Gewerbebetriebe bestünden, die nicht ohne weiteres mischgebietsverträglich seien (Kfz-Werkstätten, Landmaschinenwerkstatt, Schreinerei). Schließlich genüge das von der Bauaufsichtsbehörde erstellte Sanierungskonzept, das die Verhältnisse auf sämtlichen Grundstücken des Gewerbegebiets betrachte, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die frei vermieteten Betriebsleiterwohnungen hätten noch nicht sofort und im gleichen Umfang aufgegriffen werden müssen, zumal sie durch nachträgliche Eingliederung in einen betrieblichen Zusammenhang oder auch die erstmalige Schaffung dieses Zusammenhangs einer legalisierten Nutzung zugeführt werden könnten. Damit sei das Vorgehen des Beklagten weder willkürlich noch systemlos; auch das langjährige Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindere nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine Aufhebung der gegenüber der Eigentümerin verfügten Duldungsanordnung sei im vorliegenden Klageverfahren schon mangels Adressatenstellung und Beschwer der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte legt eine zum 14. April 2014 aktualisierte Übersicht (mit Lageplan) der erlaubten wie der unerlaubten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet und der hiergegen eingeleiteten Maßnahmen vor. Das Sanierungskonzept sehe in einem ersten Schritt die Behandlung derjenigen Fälle vor, in denen gewerblich genutzte Räume ohne Genehmigung zu Wohnräumen umgewandelt worden seien; als nächstes seien die genehmigten Betriebsleiterwohnungen überprüft worden, ohne dass hier bereits Untersagungen ausgesprochen worden seien. Hingenommen würden dagegen Wohn-nutzungen ehemaliger Betriebsleiter oder deren Angehöriger sowie von Bereitschaftspersonal in Betriebsleiterwohnungen. Dementsprechend ergänzt der Beklagte seine im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die Frage eines gleichheitssatzgemäßen Einschreitens dahingehend, dass die bekannten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet entsprechend dem jeweiligen Gewicht des Verstoßes Schritt für Schritt aufgegriffen würden; im vorliegenden Fall bestehe ein gravierender und offenkundiger Verstoß.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Vorlage des zwischen ihr und der Eigentümerin geschlossenen Mietvertrags vom 13. November 2006 über „gewerbliche Räume“ mit einer Fläche von 530 m² trägt die Klägerin vor, das Baugebiet habe sich bereits seit Jahrzehnten in Richtung eines Mischgebiets entwickelt, wie die auf fast jedem Grundstück nachweisbaren Wohneinheiten und zum Teil stattlichen Wohnhäuser bewiesen. Die Festsetzung Gewerbegebiet sei wegen der eingetretenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zugelassenen Nutzung außer Kraft getreten; die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung auf absehbare Zeit als unwirtschaftlich ausschließe. Damit richte sich die Beurteilung der Situation nach § 34 BauGB, wonach aber die untersagte Nutzung zulässig sei. Im Übrigen erfüllten die nicht abgeschlossenen Übernachtungszimmer nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens, der eine auf Dauer angeleg-te Häuslichkeit und Möglichkeit der Eigengestaltung der Haushaltsführung voraussetze. Es handele sich vielmehr um gewerbliche Arbeitnehmerunterkünfte, in denen nur an Werktagen übernachtet werde und die keine Privatsphäre zuließen; die Mehrbettzimmer hätten keine festen Kochgelegenheiten und keine Nasszellen, es gebe lediglich zwei gemeinschaftliche Sanitärräume. Für jede Übernachtung in der kasernenartigen Unterkunft würden vom Lohn des Arbeitnehmers 6,50 Euro einbehalten. Die Mitarbeiter kehrten an ihren freien Tagen, an den Wochenenden und in den Zeiten der saisonalen Betriebsschließungen an den jeweiligen Heimatort zurück. Es könne mangels eines auf Dauer angelegten Wohnungsersatzes und wegen der Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte auch nicht von einer wohnähnlichen Nutzung ausgegangen werden. Das Angebot von Übernachtungsplätzen sei unabdingbar für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Klägerin.

Die Beigeladene stellt erstmals im Berufungsverfahren einen Antrag; sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Die vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans lägen nicht vor. Das Vorgehen des Beklagten belege, dass die planerische Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gerade hier-durch (wieder)hergestellt werden solle; die tatsächlichen Verhältnisse stünden einer Umsetzung des Bebauungsplans keineswegs dauerhaft entgegen. Zudem sei das schutzwürdige Vertrauen der planunterworfenen Grundeigentümer in die Zweckbestimmung des Bebauungsplans nicht durch die Aufnahme rechtswidriger Nutzungen entfallen. Daran ändere auch das lange Zuwarten der Bauaufsichtsbehörde nichts, denn es fehle insoweit an einem positiven Tätigwerden. Die Beigeladene halte jedenfalls an der Festsetzung eines Gewerbegebiets fest.

Der Senat hat am 16. Mai 2014 das gesamte Gewerbegebiet E. und insbesondere das Gebäude auf FlNr. 964 besichtigt und am 6. Juni 2014 erstmals mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Bauakten‚ die von der Beigeladenen vorgelegten Aufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im Klageverfahren, hier insbesondere auf die Niederschriften über die Ortsbesichtigung und die mündlichen Verhandlungen, Bezug genommen.

Gründe

Im Berufungsverfahren ist maßgeblicher Streitgegenstand der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 1 (Nutzungsuntersagung)‚ Nr. 5 (Androhung von Zwangsgeldern) sowie Nr. 7 (Kosten). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten, auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht jedoch nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichteten Anordnungen im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollten‚ nicht hingegen die an die Eigentümerin des Gebäudes (Vermieterin) gerichtete Duldungsverpflichtung mit Zwangsgeldandrohung (Nr. 2‚ 6 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Eigentümerin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (Az. M 11 K 12.2708 und 1 B 13.649) angefochten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt. Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Duldungsanordnung aufgehoben hat‚ konnte das Urteil insoweit keinen Bestand haben und war in diesem Umfang schon deshalb aufzuheben.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach nur noch gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Nr. 1‚ 5 und 7 des Bescheids richtet‚ ist begründet. Das der Klage zu Unrecht stattgebende Urteil war daher insgesamt aufzuheben. Die Untersagung der Nutzung der angemieteten Räume „zu Wohnzwecken“ ist rechtmäßig‚ weil die Überlassung an Arbeitnehmer der Klägerin zum Zwecke der Übernachtung zu einer wohnähnlichen Nutzung führt‚ die formell und im Gewerbegebiet materiell rechtswidrig ist (1.). Die Nutzungsuntersagung wurde vom Landratsamt in fehlerfreier Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens angeordnet (2.).

1. Die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 76 Satz 2 BayBO‚ wonach die unter-sagte Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen muss‚ ist im vor-liegenden Fall bereits wegen der formellen Illegalität der Nutzung erfüllt (1.1). Darüber hinaus verstößt sie gegen materielles Bauplanungsrecht (1.2).

1.1 Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 23). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (BayVGH‚ B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayBVl 2005‚ 369).

Die Nutzung von zu gewerblichen Zwecken genehmigten Räumlichkeiten als Übernachtungsplätze für Arbeitnehmer stellt eine der Baugenehmigungspflicht unterliegende Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO dar‚ die nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist‚ weil die Nutzungsänderung der bauplanungsrechtlichen Überprüfung bedarf. Mit der Weitergabe der gemieteten Räumlichkeiten an eigene Arbeitnehmer zu Übernachtungszwecken ohne vorherige Einholung einer Genehmigung verstößt die Klägerin (wie auch die Grundeigentümerin) gegen Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 BayBO‚ der eine „Bauausführung“ vor Bekanntgabe der Baugenehmigung verbietet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung liegen schon angesichts der entgegenstehenden bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. 1.2) nicht vor.

1.2 Die untersagte Wohnnutzung ist im Gewerbegebiet E. weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (1.2.1); der Bebauungsplan ist wirksam erlassen worden (1.2.2) und nicht funktionslos geworden (1.2.3). Die untersagte Nutzung hat zu keinem Zeitpunkt seit ihrer Aufnahme bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen (vgl. zu diesem Erfordernis‚ das sich aus der Eigenschaft einer Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ergibt: OVG NW‚ U.v. 19.12.1995 - 11 A 2734/93 - UPR 1996‚ 458; Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 291).

1.2.1 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung dient ein Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO); dagegen soll im Gewerbegebiet nicht gewohnt werden. Dieser Grundsatz wird durch § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestätigt‚ wonach gleichsam nur als notwendige Ergänzung einer gewerblichen Nutzung Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden können; Bauvorhaben‚ die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohnnutzung oder zumindest wohnähnlichen Nutzung dienen sollen‚ sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets nicht vereinbar (vgl. z. B. zur Unzulässigkeit eines Seniorenpflegeheims im Gewerbegebiet: BVerwG‚ B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002‚ 1384). Unzulässig sind daher auch Gewerbebetriebe in Form eines Beherbergungsbetriebs oder einer Fremdenpension‚ soweit in ihnen gewohnt wird oder eine wohnähnliche Nutzung stattfindet (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Die Rechtsprechung hat daher gewerbliche Beherbergungsbetriebe als gebietsunverträglich angesehen‚ die der Erholung dienen oder in denen Personen nicht nur kurzzeitig untergebracht sind (BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Allein der Umstand‚ dass der Bewohner in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem vermietenden gewerblich tätigen Unternehmen steht‚ vermag eine Wohnnutzung nicht in eine gewerbliche Nutzung zu verwandeln (Stock in König/Roeser/Stock‚ 3. Aufl. 2014‚ § 3 Rn. 26).

Zwar erfüllt die Unterbringung der Arbeitnehmer der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung (Mehrbettzimmer ohne eigenen Küchen- und Sanitärbereich in nicht verschlossenen Räumen und Abrechnung der jeweils in Anspruch genommenen Übernachtungen) nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens‚ der insbesondere eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit‚ Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie des häuslichen Wirkungskreises voraussetzt und damit von anderen Nutzungsformen wie etwa der Unterbringung‚ der Verwahrung oder einer bloßen Übernachtungsmöglichkeit in einer sozialen Einrichtung abzugrenzen ist (BVerwG‚ B.v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996‚ 893). Die Unterbringung in der konkreten Ausgestaltung ermöglicht den Arbeitnehmern kein selbstbestimmtes privates Leben „in den eigenen vier Wänden“ (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18), wovon sich der Senat im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nach dem von der Klägerin verfolgten Nutzungskonzept kann von einem Wohnen schon deshalb nicht die Rede sein‚ weil es an jeglichem Rückzugsraum fehlt‚ der erst eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre ermöglicht. Gleichwohl hat die konkrete Nutzung wohnähnlichen Charakter und ist mit der Unterbringung in einem Wohnheim vergleichbar‚ die nach allgemeiner Auffassung dem Wohnen gleichsteht. Auch ein Arbeitnehmerwohnheim bietet zumindest dann einen auf Dauer angelegten Wohnungsersatz und widerspricht daher der Eigenart eines Gewerbegebiets‚ wenn nach dem Nutzungskonzept Arbeitnehmer für eine Dauer von etwa zwei bis sechs Monaten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 a. a. O.). Im vorliegenden Fall nutzen die Arbeitnehmer die ihnen von der Klägerin zur Verfügung gestellten Schlafstätten während der Beschäftigungsperiode mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie halten sich daher über erhebliche Zeiträume des Jahres und in jährlich wiederkehrendem Rhythmus in den Unterkünften auf. Demgegenüber tritt in den Hintergrund‚ dass die Unterkünfte offenbar an den Wochenenden und in den arbeitsfreien Zeiten (z. B. Zeiten saisonal bedingter Betriebsschließungen) von den dann in ihre Herkunftsorte zurückgekehrten Arbeitnehmern nicht genutzt werden; denn mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des Wohnens soll nicht auf den Gegensatz zwischen einer längerem und kürzeren Aufenthaltsdauer oder einer solchen von unbestimmter und befristeter Dauer abgestellt‚ sondern danach unterschieden werden‚ ob ein Gebäude als „Heimstatt im Alltag“ anzusehen ist oder nur ein provisorisches‚ einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen ermöglicht (Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18). Nach dem dargestellten, auf Dauer angelegten Nutzungskonzept ist die Unterbringung dem Wohnen angenähert und verfolgt keine nur kurzzeitige und provisorische Lösung. Im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit bedeutet dies eine grundsätzlich störempfindliche und daher unzulässige Nutzung‚ die ungeachtet der Geräuschbelastung im konkreten Fall nicht den gebietstypischen Lärm- und sonstigen Belästigungen ausgesetzt werden soll. Werksunterkünfte für die längerfristige Unterbringung von Mitarbeitern gewerblich tätiger Unternehmen sind unzulässig (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 8 Rn. 19, 19a).

Auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit der Unterbringung von Soldaten in Kasernen führt nicht weiter; Soldaten sind nämlich aufgrund eines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die regelmäßig in Sondergebieten oder auf Gemeinbedarfsflächen liegen (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O., § 3 Rn. 27). Im vorliegenden Fall liegt schließlich auch keine Unterbringung in einer sozialen Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) vor‚ die eine besondere Funktion im Zusammenhang für eine im Gewer-begebiet zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (vgl. VGH Mannheim‚ B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014‚ 752: Lehrlingswohnheim ausnahmsweise im Gewerbegebiet zulässig trotz wohnähnlicher Nutzung wegen der engen funktionalen Verklammerung mit angeschlossener Werkstätte).

1.2.2 Der maßgebliche Bebauungsplan der Beigeladenen vom 27. Mai 2004 ist formell fehlerfrei in Kraft getreten und auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Gewerbegebiet funktionslos geworden. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ dass der am 25. Mai 2004 beschlossene Satzungstext vom ersten Bürgermeister der Beigeladenen am 27. Mai 2004 vor der Bekanntmachung am gleichen Tage ausgefertigt wurde‚ obwohl auf der Bebauungsplanurkunde (vgl. „F. Verfahrensvermerke“) die „Ausfertigung“ bereits auf den 17. März 2004 datiert wurde. Der 17. März 2004 bezeichnet nämlich nach dem Deckblatt des Bebauungsplans das Datum der Planerstellung („Plandatum“), das unrichtigerweise in die Rubrik „Ausfertigung“ eingetragen wurde. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran‚ dass die vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde erst nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat ausgefertigt und anschließend bekanntgemacht wurde. Auch die Klägerin hat die entsprechenden Überlegungen des Erstgerichts nicht angegriffen.

1.2.3 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht dadurch funktionslos und damit unwirksam geworden‚ dass sich materiell baurechtswidrige Wohnnutzungen im Gewerbegebiet befinden‚ als deren Folge nunmehr von einem faktischen Mischgebiet auszugehen wäre. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden funktionslos und damit unwirksam‚ wenn - zum einen - die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und - zum anderen - diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (st. Rspr., grundlegend: BVerwG‚ U.v. 29.4.1977 - 4 C 39.75 - BVerwGE 54‚ 5‚ 11; B.v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001‚ 1005; U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004‚ 1567). Dabei sind die Anforderungen an das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit streng und es ist große Zurückhaltung geboten (BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Uechtritz/Hartmannsberger‚ DVBl 2013‚ 70). Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus; er tritt nur außer Kraft‚ wenn offenkundig ist‚ dass er seine Funktion als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung verloren hat (BVerwG‚ U.v. 18.11.2004 - 4 C N 11.03 - BVerwGE 122/207‚ 214). Die einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung zugrunde liegende Plankonzeption wird insbesondere nicht schon dann sinnlos‚ wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG‚ B.v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 - BauR 1997‚ 803). Angesichts dessen hängt die Beurteilung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung auch nicht davon ab‚ ob eine Bebauung oder ihre Nutzung materiell legal oder illegal entstanden ist. Entscheidend sind die Art der Festsetzung‚ das Maß der Abweichung im tatsächlichen Bereich und die Irreversibilität der entstandenen Verhältnisse, wobei es nicht auf einzelne Grundstücke ankommt.

Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erweist sich die Festsetzung als Gewerbegebiet im vorliegenden Fall trotz des Vorhandenseins zum Teil seit Jahren bestehender, bauplanungsrechtlich unzulässiger Wohnnutzungen nicht als funktionslos; nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisses kommt dem Bebauungsplan nach wie vor eine städtebauliche Steuerungsfunktion zu. Es ist schon nicht erkennbar‚ warum die zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten nicht in ihrem derzeitigen baulichen Zustand oder nach bestimmten Umbaumaßnahmen (wieder oder erstmals) einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnten. Bereits in dieser Hinsicht weicht der vorliegende Fall von den in der Rechtsprechung bejahten Fällen einer Funktionslosigkeit ab (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2001, a. a. O. Wiederansiedlung von nicht mehr bestehenden landwirtschaftlichen Hofstellen in einem Dorfgebiet praktisch ausgeschlossen; BVerwG, U.v. 28.4.2004, a. a. O. zur Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets‚ weil im betreffenden Gebiet mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit auf den Grundstücken gewonnenen Nahrungsmitteln nicht mehr zu rechnen war; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris zur Funktionslosigkeit eines Sondergebiets „Kurheime und Sanatorien“ nach jahrzehntelanger Genehmigung von Wohnbauvorhaben). Es spricht aus tatsächlichen Gründen - ungeachtet der aktuellen Verhältnisse des Mietmarktes für Gewerberäume - nichts gegen eine (erstmalige oder erneute) Aufnahme der gewerblichen Nutzungen in den Räumlichkeiten, in denen derzeit gewohnt wird. Gerade das umfassende Aufgreifen aller Fälle unzulässiger Wohnnutzungen durch die Bauaufsichtsbehörde zeigt, dass die Verhältnisse keineswegs irreversibel sind, sondern eine Rückkehr zu unter bauplanungs- und -ordnungsrechtlichen Aspekten rechtmäßigen Zuständen durchaus realistisch erscheint. Im Übrigen hat auch die beigeladene Gemeinde in all den Jahren an der Konzeption eines Gewerbegebiets festgehalten. Im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beigeladene diese Konzeption noch einmal überprüft und bestätigt.

Auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild ist das Baugebiet keineswegs als Mischgebiet oder gar als allgemeines Wohngebiet einzustufen‚ wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nahezu auf jedem Grundstück ist eine gewerbliche Nutzung erkennbar‚ die das Baugebiet durchgehend prägt. Die nur teilweise erkennbare Wohnnutzung steht dem Eindruck eines gewerblich geprägten Gebiets schon deshalb nicht entgegen, weil in einem Gewerbegebiet auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässige Wohnungen anzutreffen sind und ein unbefangener Betrachter die Abgrenzung zum allgemeinen Wohnen nicht ohne weiteres feststellen kann. Damit fehlt es auch an dem Merkmal der Offenkundigkeit der zur (behaupteten) Funktionslosigkeit führenden Umstände. Die Abweichung zwischen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung Gewerbegebiet und der tatsächlich vorgefundenen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit bei weitem nicht den Grad erreicht‚ der einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehmen würde.

Der Bebauungsplan hat auch nicht deswegen seine städtebauliche Steuerungsfunktion eingebüßt, weil die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die behauptete Unvermietbarkeit von Gewerberäumen einen Grad erreicht hätten, der eine Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen ausschließt, weil sie auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich nicht mehr tragfähig und damit unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2004 - 25 N 01.308 - BayVBl 2005,366). Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil sich die getroffenen Festsetzungen für den Grundeigentümer nicht ohne weiteres als rentabel erweisen, oder gar deshalb, weil sich wirtschaftlichere Festsetzungen denken lassen. Trotz der vorgetragenen aktuell schwierigen Vermarktungssituation für Gewerberäume besteht im Gewerbegebiet E. eine Vielzahl von - teils lange Jahre ansässigen, teils neu zugezogenen - Gewerbebetrieben; von einer generellen Unvermietbarkeit der Gewerberäume kann schon vor dem Hintergrund der mehrfachen Erweiterung des Gewerbegebiets nach Norden hin nicht ausgegangen werden. Auch nimmt die Ausweisung eines Gewerbegebiets dem Grundeigentümer nicht das wirtschaftliche Risiko ab, das sich aus den mit einer Vermietung zusammenhängenden Problemen ergibt, denn die Wirtschaftlichkeit von Grundstücksnutzungen ist erfahrungsgemäß Schwankungen unterworfen. Errichtet ein Eigentümer ohne vorherige Bedarfsanalyse in großem Umfang Gewerberaum, der über die spätere Nachfrage hinausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass damit unter Missachtung der planerischen Festsetzung eine Wohnraumnutzung zulässig wird; die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung ergebenden Risiken, die mit wirtschaftlichen Chancen korrespondieren, sind im Grundsatz Lasten des Eigentums und nicht Lasten der Bauleitplanung (BVerwG, U.v. 29.9.1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283/290).

Schließlich vermag auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass mindestens vier der genehmigten Betriebsleiterwohnungen zwischenzeitlich frei vermietet wurden und weitere Betriebsleiterwohnungen und -häuser von ehemaligen Betriebsinhabern bewohnt werden‚ nicht die Plankonzeption eines Gewerbegebiets in Frage zu stellen. Hierbei kann erst recht nicht von einer Unumkehrbarkeit der derzeitigen Nutzungen ausgegangen werden‚ weil eine Rückkehr zur Wohnnutzung durch den berechtigten Personenkreis der Betriebsinhaber und -leiter ohne weiteres möglich ist. Dementsprechend hat das Landratsamt angekündigt, in einem weiteren Schritt auch insoweit rechtmäßige Verhältnisse im Gewerbegebiet E. wiederherzustellen. Selbst wenn dieses Ziel nicht in jedem Fall erreicht werden sollte oder sich entsprechende Bemühungen über einen erheblichen Zeitraum („Auslauffristen“) hinziehen würden, wäre auch damit eine Funktionslosigkeit nicht zu begründen.

2. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; das Landratsamt hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005‚ a. a. O.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ a. a. O. Art. 76 Rn. 301).

2.1 Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Mieterin der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen, denn - ungeachtet der bei Bescheidserlass noch bestehenden brandschutzrechtlichen Problematik - legt der Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes hier ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber nahe, der die angemieteten Räume seinen Arbeitnehmern für eine wohnähnliche Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. für die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung im Miet-/Pachtverhältnis: BayVGH, B.v. 28.7.2014 - 2 CS 14.1326 - juris Rn. 4; OVG Rhld.-Pf., B.v. 13.7.2010 - 8 A 10623/10 - NVwZ-RR 2010,755; OVG NW, B.v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 16 -18; Decker in Simon/Busse, a. a. O. Art. 76 Rn. 295; Jäde, Bayer. Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 495).

2.2 Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die Bauaufsichtsbehörde ist nämlich nicht nur gegen die Klägerin‚ sondern in sachgerechter Weise auch gegen andere Eigentümer und Mieter von Gewerbebauten vorgegangen, in denen unerlaubte Wohnnutzungen festgestellt wurden. Aus dem vom Landratsamt im Verlaufe des Verfahrens im Jahr 2012 erstellten „Sanierungsplan“‚ der sämtliche Wohnnutzungen auflistet‚ ergibt sich‚ dass etliche weitere Nutzungsuntersagungen ergangen sind‚ die den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilden‚ welche im Hinblick auf das erst kürzlich entschiedene Parallelverfahren (1 B 13.646, U. v. 13.2.2015) derzeit ruhen. Das Landratsamt beabsichtigte, zunächst den Ausgang dieses und des vorliegenden Rechtsstreits zur gerichtlichen Klärung der Frage der Funktionslosigkeit abzuwarten‚ bevor es sich im Falle der Bestätigung seiner Rechtsauffassung der Durchsetzung der weiteren Nutzungsuntersagungen im Gewerbegebiet widmet; ein derart abgestuftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die präventive Wirkung der Maßnahmen nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 11.3.1991 - 4 B 26.91 - juris).

Der Bauaufsichtsbehörde können im Übrigen vergleichbare Fälle‚ in denen sie noch nicht eingeschritten ist‚ nur ausnahmsweise entgegengehalten werden‚ wenn es nach der Art des Einschreitens an jedem System fehlt‚ für diese Art des Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden muss (BVerwG‚ B.v. 23.11.1998 - 4 B 99.98 - BauR 1999‚ 734; U.v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 - DVBl 1973‚ 636). Rechtswidrige Zustände‚ die sich bei einer Vielzahl von Grundstücken ergeben‚ müssen nicht in jedem Fall in flächendeckender Art und Weise bekämpft werden‚ vielmehr darf sich die Bauaufsichtsbehörde auf die Regelung von Einzelfällen beschränken‚ wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG‚ B.v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR1992‚ 360). Vor dem so umrissenen Hintergrund vermag der Senat ein willkürliches Vorgehen gegen die Klägerin nicht zu erkennen; der vorliegende „Sanierungsplan“ bildet die Grundlage für ein gleichheitssatzgemäßes Einschreiten.

Schließlich macht auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass die baurechtswidrigen Nutzungen von Betriebsleiterwohnungen im derzeitigen Stadium noch nicht aufgegriffen wurden‚ das Vorgehen gegen die Klägerin nicht willkürlich. Zum einen hat der Beklagte inzwischen nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auch sämtliche nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigte Wohnnutzungen im Gewerbegebiet erhoben und festgestellt, welche dieser Wohnungen nicht im Sinn dieser Bestimmung zulässig genutzt werden; Anhörungsschreiben zu den geplanten Nutzungsuntersagungen wurden in den Fällen versandt, in denen die Betriebsleiterwohnungen “frei vermietet“ wurden, während bei Wohnnutzungen durch ehemalige Betriebsleiter, deren Angehörige oder betriebszugehöriges Bereitschaftspersonal von einem Einschreiten abgesehen werden soll (vgl. Schr. LAB v. 8.5.2014, S. 2). Auch insoweit liegen ohne weiteres erkennbare sachliche Gründe für ein unterschiedliches Verwaltungshandeln vor, das sich jedenfalls nicht als gleichheitssatzwidrig darstellt.

Auch die für jeden Fall der unerlaubten Nutzung zu Wohnzwecken angedrohten Zwangsgelder (vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

3. Die Klägerin trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren‚ die dort einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO); die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens‚ in dem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat‚ trägt sie selbst.

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Verfügung der Beklagten vom 29. Januar 2013, mit der ihm untersagt wird, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens W.-straße ..., FlNr. ... der Gemarkung A., als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hat das Verwaltungsgericht hat die in Nr. 2 des Bescheidstenors verfügte Zwangsgeldandrohung aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen die Klageabweisung im Übrigen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht geht von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung aus. Insbesondere sei die Aufnahme der Nutzung eines Wettbüros in den zur Nutzung als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten ohne die erforderliche Baugenehmigung erfolgt und die Nutzung als Wettbüro sei auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei. Dies ist nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte die Nutzungsänderung für genehmigungsfähig gehalten habe, weil sie andernfalls nicht nach mehr als sieben Monate nach Nutzungsaufnahme und Stellung eines Bauantrags eine Veränderungssperre erlassen und auf deren Grundlage eine Versagung ausgesprochen hätte, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 22 m. w. N.; vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Darauf stellt das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf sein Urteil zur Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung (ebenfalls) vom 26. September 2013 (Az. Au 5 K 12.1307) ab. Darlegungen, weshalb das Vorhaben des Klägers nach objektiven Gesichtspunkten offensichtlich genehmigungsfähig sei, lässt das Zulassungsvorbringen vermissen.

b) Der Vortrag, gegenüber einer bestandsgeschützten Nutzung scheide eine Nutzungsuntersagung aus, nach Ablauf von zwei Monaten nach Einreichung des Bauantrags gelte das Einvernehmen der Gemeinde als erteilt, der Kläger habe folglich gegenüber der Beklagten darauf vertrauen dürfen, dass sein Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen.

aa) Die Ausführungen des Klägers zur Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind nicht geeignet, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen.

(1) Richtig ist zunächst, dass die Notwendigkeit der Einvernehmenserklärung entfällt, wenn die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Dementsprechend kann die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bei Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde nicht eintreten, weil der Lauf der Äußerungsfrist und der Eintritt der Fiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB an das Erfordernis einer Erklärung der Gemeinde über ihr Einvernehmen zum Vorhaben geknüpft sind. Hinzuzufügen ist weiter, dass der Zweck des Fristerfordernisses des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, zu verhindern, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht, keine Rolle spielt, wenn das Einvernehmenserfordernis - wie hier - nicht zum Tragen kommt (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8).

(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, der Kläger als Bauantragsteller habe nach Ablauf von zwei Monaten darauf vertrauen dürfen, dass sein Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, weil er andernfalls schlechter gestellt werde, als ein Bauantragsteller, der sein Vorhaben im Bereich einer Gemeinde verwirklichen will, die nicht zugleich Baugenehmigungsbehörde ist. Nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Zweck der Fristenregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB vornehmlich dem Schutz des Bauantragstellers. Er darf darauf vertrauen, dass über „eine Teilfrage des Genehmigungsverfahrens“ innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB Klarheit geschaffen wird (BVerwG, B. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138 = juris Rn. 25). Die Klarheit beschränkt sich allerdings auf die Frage, ob die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt. Aus der Einvernehmenserteilung folgt aber lediglich, dass die Gemeinde dem Vorhaben zustimmt, nicht aber, dass das Vorhaben in planungsrechtlicher Hinsicht auch zu genehmigen ist. Diese Entscheidung obliegt vielmehr der Bauaufsichtsbehörde. Diese hat von sich aus und in eigener Verantwortung zu prüfen, ob das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist oder nicht (vgl. Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand November 2014, § 36 Rn. 14 m. w. N.). Dabei ist die Baugenehmigungsbehörde an ein erteiltes Einvernehmen nicht gebunden (vgl. BVerwG, B. v. 10.10.1991 - 4 B 167/91 - juris Rn. 3 m. w. N.). Deshalb kann ein Bauantragsteller auch dann nicht darauf vertrauen, sein Vorhaben sei planungsrechtlich zulässig und werde deshalb genehmigt, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt.

(3) Von Vorstehendem ausgehend trifft es auch nicht zu, dass die Ausführungen im Untersagungsbescheid zur planungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens als kerngebietstypische Vergnügungsstätte als verspätet zurückzuweisen wären, weil deren Berücksichtigung in ihren Auswirkungen einem Widerruf des gemeindlichen Einvernehmens gleichkommen würde.

bb) Im Übrigen tritt ein baurechtlicher Bestandsschutz bei einer ungenehmigten Nutzungsaufnahme nicht schon dann ein, wenn die Gemeinde zu einem entsprechenden Bauantrag ihr Einvernehmen erteilt hat (vgl. zur Frage des Bestandsschutzes für Bestands- und Funktionsänderungen baulicher Anlagen BVerfG, B. v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 - NVwZ-RR 1996, 483).

cc) Nachdem der vom Kläger behauptete, aus seinem Verständnis der Regelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hergeleitete Vertrauenstatbestand nicht besteht, konnte er bei den Ermessenserwägungen auch nicht berücksichtigt werden.

c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich schließlich nicht aus der Darlegung, das Verwaltungsgericht habe die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit offengelassen.

aa) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Nutzungsänderung des Ladenlokals in ein Wettbüro sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig, was sich aus den Ausführungen des Urteils vom 26. September 2013 im Verfahren Au 5 K 12.1307 ergebe (Rn. 22 d.UA). Darin hatte des Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Zulassung des klägerischen Vorhabens die von der Beklagten erlassene Veränderungssperre entgegenstehe (vgl. auch den Beschluss des Senats im Verfahren 15 ZB 13.2377 vom heutigen Tag). In den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Ermessensbetätigung wird an einer Stelle von der planungsrechtlich unzulässigen Nutzung gesprochen (Rn. 23 d.UA). Der Kläger beanstandet nun, das Verwaltungsgericht habe sich mit der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens an keiner Stelle auseinandergesetzt.

bb) Es ist offenkundig, dass dem Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Wettbüronutzung aufgrund der entgegenstehenden Veränderungssperre bewusst war; dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Hinweis auf seine Entscheidung vom 26. September 2013 (Az. Au 5 K 12.1307). Aus der Begründung des gegenständlichen Urteils folgt, dass das Verwaltungsgericht auf die formelle Unzulässigkeit der Nutzungsänderung abgestellt und deren „offensichtliche Genehmigungsfähigkeit“ lediglich aufgrund der entgegenstehenden Veränderungssperre verneint hat. Hiervon ausgehend ist die Formulierung, „Ist nämlich eine ausgeübte Nutzung wie hier planungsrechtlich unzulässig“, dahin zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht die entgegen der Veränderungssperre ausgeübte Nutzung des Ladenlokals als Wettbüro wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 BauGB für „unzulässig“ (vgl. BVerwG, U. v. 30.8.2012 - 4 C 1/11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 31) erachtet und diesen Verstoß als „planungsrechtliche“ Unzulässigkeit bezeichnet.

2. Die Rechtssache weist hinsichtlich der vom Kläger aufgeworfenen Frage weder besondere rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch kommt der Rechtssache insoweit eine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob die Gemeinde, die zugleich die Aufgaben der unteren staatlichen Bauaufsichtsbehörde wahrnimmt, im Zuge eines Nutzungsuntersagungsverfahrens dasselbe Bauvorhaben betreffend eine planungsrechtliche Beurteilung vornehmen kann, die im Gegensatz zur Einvernehmensfiktion steht oder ob insoweit eine Bindungswirkung gegenüber dem Bauherrn eingetreten ist, so dass eine Nutzungsuntersagung nur aus anderen Gründen - etwa bauordnungsrechtlichen Gründen - verfügt werden kann, nicht aber mehr wegen (vorgeblicher) planungsrechtlicher Unzulässigkeit“, ist nicht entscheidungserheblich und lässt zudem ein Verständnis der Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB erkennen, das ihr nicht zukommt.

a) § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB kommt bei Gemeinden, die selbst untere Bauauf-sichtsbehörde sind, nicht zur Anwendung (BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB kann im Fall der Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht eintreten, weil kein Einvernehmenserfordernis besteht. Der Zweck des Fristerfordernisses des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, zu verhindern, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht, spielt keine Rolle, wenn das Einvernehmenserfordernis - wie hier - nicht zum Tragen kommt (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8). Der vom Kläger angenommene Fall, dass in einem Bauantragsverfahren die Einvernehmensfiktion eingetreten ist, kommt deshalb bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht vor.

b) Ungeachtet der Vorschriften über das Mitwirkungsrecht der Gemeinde in § 36 BauGB kann die Bauaufsichtsbehörde eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehende Nutzung einer Anlage untersagen (Art. 76 Satz 2 BayBO). Eine Anlage wird auch dann im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, wenn die Nutzungsaufnahme zwar baugenehmigungspflichtig ist, eine Baugenehmigung aber nicht erteilt wurde (sog. formelle Illegalität). Die Erteilung des Einvernehmens oder das ihr gleichstehende fingierte Einvernehmen schließen den Verfahrensabschnitt der im Baugenehmigungsverfahren gebotenen Mitwirkung der Gemeinde ab, nicht aber das Baugenehmigungsverfahren. Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens kann den aus dem Fehlen einer Baugenehmigung folgenden Widerspruch einer Nutzung zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften deshalb nicht beheben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.