Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid vom 23. Juni 2016 (Az. …*) wird hinsichtlich der Beantwortung der Frage 1b), 1c), 1d) und 2 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, die Fragen 1b), 1c), 1d) und 2 entsprechend des Antrags vom 31. Mai 2016 positiv zu beantworten.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin der beiden streitgegenständlichen Grundstücke …str. 10 und 12, FlNr. … und …, Gem. …, die derzeit mit einem Doppelhaus bebaut sind. Sie begehrt mit ihrer Verpflichtungsklage die Erteilung eines Vorbescheids für den Abbruch von zwei Doppelhaushälften und den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern (je fünf Wohneinheiten) samt gemeinsamer Tiefgarage.

Für die Vorhabengrundstücke ist eine vordere Baugrenze im Abstand von ca. 5 m von der Grundstücksgrenze festgesetzt.

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgerecht)

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 31. Mai 2015 (Eingangsdatum) mit Plan-Nr. … die Erteilung eines Vorbescheids für das streitgegenständliche Vorhaben. Laut den Bauvorlagen soll auf jedem der streitgegenständlichen Grundstücke ein Mehrfamilienhaus errichtet werden. Die beiden Mehrfamilienhäuser sind giebelständig zur …straße geplant. Beide Gebäude sind mit einem Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss geplant.

Das auf dem Grundstück …straße 10 geplante Mehrfamilienhaus weist eine Grundfläche von 180,63 m² (abgegriffen aus den Bauvorlagen) bei einer Grundstücksgröße von 636,04 m² (abgegriffen aus den Bauvorlagen) auf. Die Wandhöhe beträgt 6 m (vermasst), die Firsthöhe 11,5 m (vermasst).

Das auf dem Grundstück …straße 12 geplante Mehrfamilienhaus weist eine Grundfläche von 180,41 m² (abgegriffen aus den Bauvorlagen) bei einer Grundstücksgröße von 636,05 m² (abgegriffen aus den Bauvorlagen) auf. Es ist mit einem Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss geplant. Die Wandhöhe beträgt 6 m (vermasst), die Firsthöhe 11,5 m (vermasst).

Dem Vorbescheidsantrag fügte die Klägerin folgenden Fragenkatalog bei:

„1. Ist die Errichtung von zwei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage,

a. hinsichtlich Art

b. hinsichtlich Maß

c. hinsichtlich Bauweise

d. hinsichtlich überbauter und unterbauter Grundstücksfläche wie in den beiliegenden Plänen dargestellt und erläutert, planungsrechtlich zulässig?

2. Ist das Bauvorhaben, wie in den beiliegenden Plänen dargestellt, baumschutzrechtlich zulässig? Wird eine Fällgenehmigung für die zur Fällung beantragten Bäume, gemäß beiliegendem Baumbestandsplan in Aussicht gestellt?“

Mit Vorbescheid vom 23. Juni 2016 (Az. …*), der Klägerin laut Zustellungsurkunde am 25. Juni 2016 zugestellt, beantwortete die Beklagte die im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen wie folgt:

Frage 1 a) bejahte die Beklagte.

Frage 1 b) verneinte die Beklagte. In ihren beantragten Breiten von 11,26 m bzw. 11,29 m und Längen von 16,00 m sowie der Höhenentwicklung Erdgeschoss, Obergeschoss und Dachgeschoss würden die abgefragten Mehrfamilienhäuser deutlich das Nutzungsmaß der benachbarten Grundstücke im maßgeblichen Vergleichsbereich übersteigen. Sie würden einen Bezug für eine wesentlich andere Entwicklung im Sinn städtebaulicher Spannungen schaffen.

Frage 1 c) verneinte die Beklagte. Die zwei Einzelbaukörper mit den Schmalseiten zur …straße würden die homogene Gesamtkonzeption entlang der …straße aufheben und einen unerwünschten Bezug für eine wesentlich andere Entwicklung im Sinn städtebaulicher Spannungen schaffen.

Hinsichtlich Frage 1 d) führte die Beklagte aus, dass die überbaubare Grundstücksfläche in nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilenden Bereichen nur eine von vielen Kriterien sei. Wesentlich sei, ob sich das beantragte Gebäude insgesamt nach § 34 BauGB einfüge. Das sei hier, wie zuvor ausgeführt, nicht der Fall. Die Frage nach der unterbauten Fläche, die für die Tiefgaragennutzung abgefragt werde, erübrige sich durch die negative Beantwortung der vorigen Fragen.

Hinsichtlich Frage 2 führte die Beklagte aus, dass, da das abgefragte Vorhaben planungsrechtlich negativ gesehen werde, eine Fällung für die in diesem Sachzusammenhang zur Fällung beantragten Bäume im Rahmen dieses Vorbescheids nicht in Aussicht gestellt werden könne.

Der Beantwortung der Fragen stellte die Beklagte insbesondere voraus, dass eine Baugrenze von 5 m Abstand zur …straße festgesetzt sei und dass die nähere Umgebung hier die Bebauung beidseitig der …straße sei, welche von kleinformatigen eingeschossigen Doppelhäusern mit traufständigen Satteldächern geprägt sei und in seiner Gesamtheit städtebaulich völlig homogen wirke.

Die Klägerin hat durch ihre Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 18. Juli 2016, beim Verwaltungsgericht München am 19. Juli 2016 eingegangen, Klage gegen den streitgegenständlichen Vorbescheid erheben lassen mit den Anträgen:

I. Der Vorbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2016, Az.: …, wird insoweit aufgehoben, als darin die Fragen 1b), 1c), 1d) und 2) negativ beantwortet werden.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, den Vorbescheid, so wie mit Antrag vom 31. Mai 2016 beantragt, auch hinsichtlich der Fragen 1b), 1c), 1d) und 2) zu erteilen.

Zur Begründung tragen die Bevollmächtigten der Klägerin im Wesentlichen vor:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erteilung eines positiven Vorbescheids entsprechend ihres Antrags vom 31. Mai 2016 zu. Zur näheren Umgebung zähle zum einen das Straßengeviert, begrenzt durch die … Straße im Norden, die …straße im Osten, die …straße im Süden und die … Straße im Westen, sowie zum anderen auch der gegenüberliegende Bereich der …straße. Auch bei einem engeren Umgebungsrahmen sei das Grundstück … Straße 7, FlNr. …, mit einzubeziehen. Das Vorhaben füge sich in diese Umgebung ein. Dies gelte hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, da die Wandhöhe von 6,0 m und der Firsthöhe von 11,50 m gleich bzw. geringer sei als die des Gebäudes auf dem Grundstück … Straße 7 (6,0 m bzw. 12,33 m). Hinsichtlich der Bauweise füge sich das in offener Bauweise geplante Vorhaben ein, da in der näheren Umgebung sowohl offene als auch halboffene Bauweise vorhabend sei.

Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2016 hat die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass die prägende Umgebung nur die …straße sei. Keines der in dieser näheren Umgebung befindlichen Doppelhäuser weise eine vergleichbare Gebäudetiefe, Geschossigkeit oder Firsthöhe auf. Aufgrund der starken Homogenität der umliegenden Bebauung sei die Bauweise auf Doppelhäuser beschränkt. Es müsse auch von einer faktischen Baugrenze ausgegangen werden. Schließlich sei eine Vorbildwirkung zu befürchten.

Das Gericht hat am 3. Juli 2017 über die Verhältnisse auf den klägerischen Grundstücken sowie in deren Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tag wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch begründet und hat daher Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf positive Beantwortung der Vorbescheidsfragen 1 b), 1 c), 1 d) und 2 gemäß dem Antrag vom 31. Mai 2016 nach Plan-Nr. … Die negative Beantwortung dieser Fragen ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

I.

Gemäß Art. 71 Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1 Bayerische Bauordnung (BayBO) ist ein positiver Vorbescheid im Sinne der positiven Beantwortung der gestellten Vorbescheidsfragen zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben hinsichtlich der gestellten Frage keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Die streitgegenständlichen Vorbescheidsfragen unter 1. bezogen sich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung zweier Mehrfamilienhäuser auf den Vorhabengrundstücken. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer baulichen Anlage gehört im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO zum Prüfungsmaßstab und ist damit auch zulässiger Gegenstand eines Vorbescheidsverfahrens.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bestimmt sich vorliegend im Hinblick auf das vorhandene, gemäß § 173 Abs. 3 BBauG und § 233 Abs. 3 BauGB übergeleitete und fortgeltende Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 BauGB und im Übrigen, da keine weitergehenden bauplanungsrechtlichen Festsetzungen vorhanden sind, nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.

Hiernach ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und sich andererseits diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19 m.w.N.). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 122. EL August 2016, § 34 Rn. 45). Diese kann so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinander stoßen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2). Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist dabei nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2; BVerwG, B.v. 10.6.1991 – BVerwG 4 B 88.91 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 143). Umgekehrt führt ihr Fehlen nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74/03 – juris Rn. 2). Dies gilt insbesondere in entsprechend differenzierten städtebaulichen Strukturen, etwa in Wohngebieten vor allem bei kleinteiliger Bebauung, oder wenn städtebauliche Strukturen stark wechseln (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 122. EL August 2016, § 34 Rn. 45).

Bei einem inmitten eines Wohngebietes gelegenen Vorhaben kann als Bereich gegenseitiger Prägung in der Regel das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite angesehen werden (BayVGH, B.v. 30.1.2013 – 2 ZB 12.198 – juris Rn. 5; B.v. 27.9.2010 – 2 ZB 08.2775 – juris Rn. 4; U.v. 10.7.1998 – 2 B 96.2819 – juris Rn. 25).

Die nähere Umgebung ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 –, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N.).

II.

Die Frage 1 b) ist positiv zu beantworten, da sich die geplanten zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügen.

1. Die maßgebliche nähere Umgebung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung umfasst neben der …straße jedenfalls auch das Grundstück … Straße 7.

1.1 Wie soeben ausgeführt, gehört zum Bereich der gegenseitigen Prägung in der Regel das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straße. Dies ist im vorliegenden Fall das durch die …straße im Süden, die … Straße im Westen, die … Straße im Norden und die …straße im Osten begrenzte Straßengeviert sowie die südlich entlang der …straße situierte Bebauung. Eine Abweichung von dieser grundsätzlichen Annahme ist vorliegend nicht gerechtfertigt. Denn von den streitgegenständlichen Grundstücken besteht – wie sich im Augenschein gezeigt hat – eine deutliche Sichtbeziehung zu dem Anwesen … Straße 7, aber auch z.B. zu den Anwesen … Straße 103/105 und … Straße 97a. Eine irgendwie geartete Trennung zwischen der Bebauung nördlich entlang der …straße (* …straße 2-16) in Gestalt eines Strukturschnitts ist nicht erkennbar. Unterschiedliche Nutzungsstrukturen liegen bereits deshalb nicht vor, weil sich die gesamte, im Augenschein festgestellte Bebauung als Wohnbebauung dargestellt hat. Grundsätzlich unterschiedliche bauliche Strukturen zwischen der Bebauung auf den Anwesen …straße 2-16 und den nördlich hiervon gelegenen Anwesen waren im Augenschein ebenfalls nicht erkennbar. Das Vorhaben wird daher jedenfalls auch von der … Straße 7 geprägt.

1.2 Die nach Ansicht der Beklagten einheitliche Bebauung nördlich und südlich entlang der …straße führt zu keiner anderen Beurteilung. Wie im Augenschein festgestellt wurde, finden sich entlang der …straße zwar in der Regel eingeschossige Gebäude mit zwei Dachgeschossebenen und relativ steil gestellten Satteldächern sowie in etwa vergleichbaren Grundflächen. Von einem einheitlich geprägten Bebauungskomplex, der sich völlig von der übrigen Bebauung in der Umgebung abgrenzt, kann jedoch nicht die Rede sein. Denn das Gericht hat im Augenschein insbesondere festgestellt, dass mehrere Gebäude über zwei massiv ausgebaute Dachgeschossebenen, erkennbar anhand massiver straßenseitiger Gauben oder großer Dachliegefenster, verfügen (v.a. …straße 3 und 6), wohingegen die zweite Dachgeschossebenen anderer Gebäude, erkennbar anhand speichertypischer Fenster, nicht ausgebaut sind (v.a. …straße 5, 7, 9 und 11). Durch die massiven straßenseitigen Gauben auf den Anwesen …straße 3 und 6 wird das im Übrigen einheitliche Erscheinungsbild der Bebauung entlang der …straße so erheblich aufgeweicht, dass sich keine klare Trennung zum nördlichen Teil der Bebauung im Geviert mehr erkennen lässt. Hierfür spricht zudem, dass sich – wie sich aus dem Lageplan ergibt – auch im nördlichen Teil des Gevierts Doppelhäuser (v.a. … Straße 95a/95b) und in Ost-West-Richtung ausgerichtete Gebäude (v.a. … Straße 95a/95b, 97a und 101) befinden.

1.3 Das Gebäude der … Straße 7 ist auch nicht dergestalt als „Ausreißer“ anzusehen, dass es aufgrund seiner Erscheinung als ein sich von der Umgebung absetzender Fremdkörper anzusehen wäre, der diese nicht prägt.

Auszusondern sind insoweit unter anderem solche baulichen Anlagen, die nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Dies ist namentlich dann anzunehmen, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. In Betracht kommen insbesondere solche baulichen Anlagen, die nach ihrer – auch äußerlich erkennbaren – Zweckbestimmung in der näheren Umgebung einzigartig sind. Sie erlangen die Stellung eines „Unikats“ umso eher, je einheitlicher die nähere Umgebung im Übrigen baulich genutzt ist. Trotz ihrer deutlich in Erscheinung tretenden Größe und ihres nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmen sie nicht deren Eigenart, weil sie wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägt vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dastehen (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23/86 – juris Rn. 15; VG München, U.v. 27.6.2016 – M 8 K 15.2110 – juris Rn. 46).

Vorliegend zeichnet sich das Gebäude … Straße 7 zwar gegenüber den unmittelbar benachbarten Gebäuden durch eine massivere Kubatur aus. Da es aber sowohl die Grundflächen, die Geschossigkeit und die Höhen der Gebäude der Umgebung aufnimmt – vgl. als Bezugsobjekte nur die … Straße 97 und 95c –, erweist es sich in der keineswegs von homogener Baustruktur geprägten Umgebung nicht als so einzig- und andersartig, dass es sich gewissermaßen auf den ersten Blick von dieser abheben würde.

2. In diese maßgebliche nähere Umgebung fügt sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein.

2.1 Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der obergerichtlichen Rechtsprechung solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 17 m.w.N.).

Dabei ist kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 20).

2.2. Nach diesen Grundsätzen fügt sich das klägerische Vorhaben in die maßgebliche nähere Umgebung ein.

Das auf dem Grundstück …straße 10 geplante Mehrfamilienhaus weist eine Grundfläche von 180,63 m² bei einer Grundstücksgröße von 636,04 m² auf. 28,40% des Grundstücks sind daher mit dem Wohngebäude bebaut. Es ist mit einem Erdgeschoss, einem Obergeschoss und einem Dachgeschoss geplant. Die Wandhöhe beträgt 6 m, die Firsthöhe 11,5 m.

Das auf dem Grundstück …straße 12 geplante Mehrfamilienhaus weist eine Grundfläche von 180,41 m² bei einer Grundstücksgröße von 636,05 m² auf. 28,36% des Grundstücks sind daher mit dem Wohngebäude bebaut. Es ist mit einem Erdgeschoss, einem Obergeschoss und einem Dachgeschoss geplant. Die Wandhöhe beträgt 6 m, die Firsthöhe 11,5 m.

Das Gebäude dem Anwesen … Straße 7 weist laut Baugenehmigung und Bauvorlagen eine Grundfläche von 264,72 m² bei einer Grundstücksgröße von 821 m² auf. 32,24% des Grundstücks sind daher mit dem Wohngebäude bebaut. Es verfügt über ein Erdgeschoss und ein Obergeschoss sowie über zwei ausgebaute Dachgeschossebenen. Die Wandhöhe beträgt 6,65 m (in den Bauvorlagen vermasst), die Firsthöhe 13,51 m (in den Bauvorlagen vermasst).

In allen nach außen wahrnehmbaren Faktoren hält sich das Vorhaben damit im Rahmen der näheren Umgebung in Gestalt des Bezugsobjekts … Straße 7.

Die von der Beklagten angeführten Längen und Breiten der Vorhabengebäude sind dagegen keine tauglichen Kriterien zur Bestimmung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung.

III.

Die Frage 1 c) ist positiv zu beantworten, da sich die geplanten zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage hinsichtlich der Bauweise in die nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügen.

Die maßgebliche nähere Umgebung hinsichtlich der Bauweise umfasst – wie hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung – neben der …straße jedenfalls auch das Grundstück … Straße 7, da dieses auch hinsichtlich seiner offenen Bauweise (vgl. § 22 Abs. 2 BauNVO) die Vorhabengrundstück prägt.

In diese maßgebliche nähere Umgebung fügt sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, da im Geviert sogar vorwiegend die offene Bauweise (z. B. … Straße 7 oder …straße 14-16) vorhanden ist.

Eine weitere Aufteilung des Kriteriums der offenen Bauweise entsprechend der Differenzierung in § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO (Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen) ist im Rahmen des Einfügenskriteriums nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB unzulässig, sodass es hiernach darauf ankommt, ob offene, geschlossene oder gar keine einheitliche Bauweise in der näheren Umgebung vorhanden ist. Denn für dieses Kriterium der Bauweise ist allein entscheidend, ob Gebäude mit oder ohne seitlichen Grenzabstand errichtet worden sind (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 BauNVO).

Die von der Beklagten angeführte Stellung der Gebäude (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) ist keine Frage der Bauweise.

IV.

Die Frage 1 d) hinsichtlich der über- und unterbaubaren Grundstücksfläche ist positiv zu beantworten, da das Vorhaben der festgesetzten vorderen Baugrenze nicht widerspricht.

Offen bleiben kann die Frage, ob das übergeleitete Bauliniengefüge abschließend die überbaubare Grundstücksfläche festsetzt, sodass insoweit § 34 Abs. 1 BauGB nicht zur Anwendung kommt (vgl. zur Diskussion VG München, U.v. 13.5.2013 – M 8 K 12.2534 – juris Rn. 81 ff. m.w.N.).

Denn jedenfalls ist vorliegend keine einheitliche, faktische Baugrenze vorhanden. Eine vordere, straßenseitige, zusätzliche faktische Baugrenze kommt bereits deshalb nicht in Betracht, da selbst die Bebauung nördlich und südlich entlang der …straße – diese Bebauung hält die Beklagte für die maßgebliche Umgebung – unterschiedlich weit von der …straße bzw. von der festgesetzten vorderen Baugrenze situiert ist. Das Vorhaben hielte sich aber auch im Rahmen einer solchen faktischen vorderen Baugrenzen, da die Bebauung südlich entlang der …straße bis an die festgesetzte Baugrenze reicht, das Vorhaben jedoch zu dieser einen Abstand von ca. 7,5 m (abgegriffen aus den Bauvorlagen) einhält.

Dies gilt entsprechend auch für eine mögliche rückwärtige faktische Baugrenze. Hinsichtlich der nördlich entlang der …straße situierten Bebauung würde das Vorhaben aber eine faktische Baugrenze einhalten.

Auch eine einheitliche, faktische Bebauungstiefe (vgl. § 23 Abs. 4 BauNVO) liegt aus denselben Gründen nicht vor. Da die Bebauungstiefe in Bezug auf die jeweilige Erschließungsstraße zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.6.2009 – 4 B 50/08 – juris Rn. 4; VG München, B.v. 6.4.2017 – M 8 SN 17.676 – juris Rn. 93), entspricht das Bauvorhaben aber sogar der Bebauungstiefe der nördlich der …straße gelegenen Bebauung, da die Vorhabengrundstücke – wie z.B. das Nachbargrundstück …straße 14 – bis zu einer Bebauungstiefe von 28,965 m (vermasst), gemessen von der vorderen Grundstücksgrenze, bebaut werden sollen.

V.

Anhaltspunkte für eine bauplanungsrechtliche Rücksichtslosigkeit des Vorhabens sind weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen worden.

VI.

Die Frage 2 ist positiv zu beantworten. Sofern ein Vorhaben im Innenbereich bauplanungsrechtlich zulässig ist, muss der Natur- und Baumschutz insoweit im Regelfall zurücktreten (Rechtsgedanke des § 18 Abs. 2 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – und Art. 31 Grundgesetz – GG). Auch § 5 Abs. 1 Nr. 1 der Baumschutzverordnung der Beklagten vom 18. Januar 2013 selbst geht von einem solchen Rangverhältnis aus (vgl. dazu grundsätzlich BayVGH, U.v. 27.9.1991 – 1 B 91.738 – juris; VG München, U.v. 28.7.2008 – M 8 K 07.3586 – juris Rn. 40). In engen Ausnahmefällen mag dies anders sein, dafür bietet jedoch der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte.

VII.

Daher war der Klage in vollem Umfang mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Genehmigung wird durch die Gemeinde erteilt; § 22 Absatz 5 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden. Ist eine baurechtliche Genehmigung oder an ihrer Stelle eine baurechtliche Zustimmung erforderlich, wird die Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt; im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren wird über die in § 172 Absatz 3 bis 5 bezeichneten Belange entschieden.

(2) Wird in den Fällen des § 172 Absatz 3 die Genehmigung versagt, kann der Eigentümer von der Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 2 die Übernahme des Grundstücks verlangen. § 43 Absatz 1, 4 und 5 sowie § 44 Absatz 3 und 4 sind entsprechend anzuwenden.

(3) Vor der Entscheidung über den Genehmigungsantrag hat die Gemeinde mit dem Eigentümer oder sonstigen zur Unterhaltung Verpflichteten die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu erörtern. In den Fällen des § 172 Absatz 4 und 5 hat sie auch Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte zu hören. In den Fällen des § 172 Absatz 4 Satz 3 Nummer 6 hat sie die nach Satz 2 anzuhörenden Personen über die Erteilung einer Genehmigung zu informieren.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften, insbesondere über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern, bleiben unberührt.

(1) Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, werden nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist. Ist mit gesetzlich vorgeschriebenen einzelnen Schritten des Verfahrens noch nicht begonnen worden, können diese auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführt werden.

(2) Die Vorschriften des Dritten Kapitels Zweiter Teil Vierter Abschnitt zur Planerhaltung sind auch auf Flächennutzungspläne und Satzungen entsprechend anzuwenden, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Unbeschadet des Satzes 1 sind auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes unbeachtliche oder durch Fristablauf unbeachtliche Fehler bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen und Satzungen auch weiterhin für die Rechtswirksamkeit dieser Flächennutzungspläne und Satzungen unbeachtlich. Abweichend von Satz 1 sind für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden.

(3) Auf der Grundlage bisheriger Fassungen dieses Gesetzes wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen gelten fort.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Der Bescheid vom 27. April 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, den Bauantrag vom 2. Januar 2015 nach Plan-Nr. … zu genehmigen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin stellte am 2. Januar 2015 den Antrag auf Genehmigung des Neubaus von zwei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage auf dem Grundstück …str. 9, Fl.Nr. …, Gemarkung …

Das südliche straßennahe Haus 1 weist eine beabsichtigte Grundfläche von 17 m x 12,50 m und eine Höhenentwicklung mit E + I + DG (Mansarddach) mit einer Wandhöhe von 6,30 m und einer Firsthöhe von 10,20 m auf. Die Dachneigung beträgt bis zum Mansardknick 45°, darüber 10°.

Das nördliche, im rückwärtigen Grundstücksbereich liegende Haus 2 soll über eine Grundfläche von 10,55 m x 10,50 m, eine Höhenentwicklung mit E + I + DG (Mansarddach), eine Wandhöhe von 6,30 m und eine Fristhöhe von 9,60 m verfügen. Die Mansarddachgestaltung entspricht der von Haus 1.

Bild

(Lageplan aufgrund Einscannens möglicherweise nicht mehr maßstabsgetreu)

Mit Schreiben vom 13. Februar 2015 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass die vorgelegten Bauantragsunterlagen bestimmte Mängel aufwiesen, wobei diese sich aber nicht auf die Darstellung der Balkone in den Ansichten bezogen.

Mit Bescheid vom 27. April 2015 lehnte die Beklagte den Bauantrag vom 2. Januar 2015 ab. Zur Begründung wurde unter Darstellung der baurechtlichen Grundlagen ausgeführt, dass das Vorhaben sich in seine maßgebliche Umgebung nicht einfüge, da eine Bebauung mit zwei Gebäuden vorbildlos sei. Die Bauraumüberschreitung durch 2 Terrassen, 3 Balkone und 1 Dachterrasse sowie 5 Lichtschächten führe städtebaulich zu Spannungen, da Befreiungen im Vorgarten nur für Garagen oder deren Zufahrten im Geviert vorhanden und damit zulässig seien. Das beantragte Vorhaben überschreite insgesamt das Maß der zulässigen baulichen Nutzung auf dem Grundstück, beeinträchtige das Gesamtbild und löse eine städtebaulich unerwünschte Vorbildwirkung aus, da eine erhebliche bauliche Nachverdichtung in Gang gesetzt würde.

Das beantragte Vorhaben sei auch aus bauordnungsrechtlichen Gründen unzulässig, da die in dieser Form beantragte Dachform mit dem „Dachknick“ die Abstandsfläche nicht einhalte, da die zusätzliche Dachfläche nicht dazu gerechnet worden sei. Die Darstellung der Pläne sei unvollständig; es fehlten in den Ansichten teilweise die in den Grundrissen und Schnitten dargestellten Balkone. Der beantragte Dachbalkon könne in dieser Form nicht akzeptiert werden, da dieser den Regeln der Baukunst widerspreche.

Der Bescheid vom 27. April 2015 wurde der Klägerin am 30. April 2015 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2015, am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangen, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2015 aufzuheben

und

die Beklagte zu verpflichten, die Baugenehmigung gemäß Bauantrag vom 29. Dezember 2014 für die Fl.Nr. …, Gemarkung …, zu erteilen.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2016 hat die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Bescheid vom 27. August 2015 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 28. April 2016 begründeten die Bevollmächtigten der Klägerin die Klage wie folgt:

Der Umgriff müsse weiter gefasst werden, als im Bescheid vom 27. April 2015 vorgenommen und insoweit sei auch eine Wohnbebauung in zweiter Reihe vorhanden. Die …straße habe keine trennende Wirkung, so dass auch die Bebauung …str. 7 und 13 zur maßgeblichen Umgebung zähle. Auch die …str. 5 sei, da die Bebauung weder der ersten noch der zweiten Reihe zuzuordnen sei, maßgeblich. Ähnliches gelte für die …str. 11/11 a.

Hinsichtlich der Bauraumüberschreitung entstünden keine städtebaulichen Spannungen, da solche in einer Vielzahl im Geviert vorhanden seien, wie zum Beispiel bei der …str. 8 (Balkone + Terrassen), …str. 7 (Balkone + Terrasse + Wintergarten), …str. 8 (Balkone + Terrassen) und die …str. 22 (Lichtschächte im Vorgarten); zudem stünden eine Vielzahl von Garagen in den Vorgärten. Die Überschreitung des Maßes der baulichen Nutzung der Umgebung habe die Beklagte zwar beanstandet, aber nicht belegt.

Das Vorhaben füge sich ein, die …str. 22 weise eine höhere Grundflächenzahl (0,3006) als das Bauvorhaben (0,2854) auf.

Im Übrigen sei die Umgebung äußerst heterogen.

Die Abstandsflächen seien eingehalten; es sei nicht nachvollziehbar, inwieweit ein Abstandsflächenverstoß vorliege. Das Dach sei in die abstandsflächenrelevante Wandhöhe nicht mit einzurechnen.

Der Verstoß gegen die Regeln der Baukunst sei abwegig; außerdem bestehe eine Vielzahl von entsprechenden Vorbildern - die auch im Schriftsatz im Einzelnen benannt wurden.

Die Pläne seien nicht unvollständig; sollte die Beklagte die Ansicht „Ost“ von Haus 2 beanstanden, sei festzustellen, dass der Entwurfsverfasser bei der Ansicht „Schnitt-Rampe“ auf die Rampe und weniger auf die Ansicht der beiden Häuser abgestellt habe.

Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2016 übermittelten die Bevollmächtigten der Klägerin weitere Bezugsfälle mit den entsprechenden Unterlagen.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2016 erwiderte die Beklagte auf den Schriftsatz der Klagepartei vom 28. April 2016, wobei im Wesentlichen das Vorbringen hinsichtlich des Nichteinfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung aufgrund der beabsichtigten Errichtung von zwei Gebäuden auf einem Grundstück vertieft wurde.

Weiterhin wurde ausgeführt, dass das Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche sei in der maßgeblichen Umgebung vorbildlos sei.

Hinsichtlich der Nichteinhaltung der Abstandsflächen wurde auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 11. November 2014 - M 8 E1 14.4665 - verwiesen und ausgeführt, dass es sich in dem genannten Bezugsfall zwar um ein Krüppelwalmdach gehandelt habe, die hier aufgestellten Grundsätze auf Mansarddächer entsprechend anzuwenden seien, da diese auf die Nachbarn nahezu dieselbe Wirkung hätten.

Das Gericht hat am 27. Juni 2016 Beweis über die baulichen und örtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück sowie in dessen Umgebung durch Einnahme eines Augenscheinscheines erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins sowie der anschließenden mündlichen Verhandlung, in der der Bevollmächtigte der Klägerin den Antrag aus dem Schriftsatz vom 27. Mai 2015 stellte und die Vertreter der Beklagten Klageabweisung beantragten, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte und das schriftsätzliche Vorbingen der Beteiligten im Einzelnen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Klägerin ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich im Hinblick auf das übergeleitete Bauliniengefüge nach § 30 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) und im Übrigen nach § 34 BauGB. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

1.1 Maßgeblicher Beurteilungsrahmen für das Vorhaben ist die nähere Umgebung. Berücksichtigt werden muss hier die Umgebung einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zum anderen insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 m. w. N.). Daraus folgt, dass nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft des Baugrundstücks zu berücksichtigen ist, sondern auch die Bebauung der Umgebung insoweit berücksichtigt werden muss, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück wirkt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 119. EL November 2015, § 34 Rn. 36). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. In der Regel gilt bei einem, inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite (BayVGH, B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4; U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19 und U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20).

Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172.97, NVwZ-RR 1998, 539; BayVGH, U.v. 18.7.2013 - 14 B 11.1238 - juris Rn. 19). Bei den Kriterien Nutzungsmaß und überbaubare Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Nutzungsart (BayVGH, B.v. 16.12.2009 - 1 CS 09.1774 - juris Rn. 21 m. w. N.).

Nach diesen Maßgaben ist vorliegend der Bereich des Quartiers …straße/…straße/…straße/…straße sowie die dem Vorhaben gegenüberliegende Bebauung auf der Südseite der nur 8 m breiten …straße die maßgebliche Umgebung mit gegenseitiger Prägung. Hier finden sich auf unterschiedlich großen Grundstücken im Wesentlichen freistehende Einfamilien- und Doppelhäuser mit einer Höhenentwicklung bis zu zwei Geschossen plus zum Teil massiv ausgebauten Dachgeschossen. Diese Gebäude weisen zwar hinsichtlich ihrer Grundflächen deutliche Unterschiede auf, jedoch keine derartige Inhomogenität, die eine wechselseitige Prägung ausschließen würde.

1.2 Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung und auch der Bauweise fügt sich das Vorhaben unproblematisch in die ausschließlich von Wohnnutzung und in offener Bauweise geprägte Umgebung ein.

1.3 Die beiden Häuser fügen sich auch nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die maßgebliche Umgebung ein.

1.3.1 Das Vorhaben befindet sich auf einer Grundstücksfläche, die im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB überbaut werden darf. Der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendete Parameter „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ umfasst sowohl die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage im Sinne einer absoluten Zahl als auch ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1987 - 4 B 60/87 - juris Rn. 2; B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4). Damit werden an das zweite Tatbestandsmerkmal des Parameters „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück gestellt, bei denen zu prüfen ist, ob sich aus der als Vergleichsmaßstab heranzuziehenden Umgebungsbebauung Beschränkungen in Form von faktischen Baulinien/Baugrenzen entnehmen lassen, welche bei einer Realisierung des Bauvorhabens beachtet werden müssen.

Vorliegend liegt das Vorhaben mit seiner von der Erschließungsstraße aus (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - juris Rn. 7) zu bestimmenden Bebauungstiefe (faktische rückwärtige Baugrenze) in dem im maßgeblichen Quartier vorhandenen Rahmen.

1.3.2 aus 2 (rückwärtiges Gebäude) erreicht eine Bebauungstiefe von 43 m. Das Gebäude …str. 7 weist eine Bebauungstiefe von 40,50 m auf; die Bebauungstiefe der …str. 13 liegt bei 47 m. Insoweit hält sich das Vorhaben im Rahmen der im Quartier verwirklichten Bebauungstiefen. Die Bebauungstiefe der …str. 13 kann auch nicht als sogenannter, sich von den übrigen Bebauungstiefen absetzender „Ausreißer“ angesehen werden, da die Bebauungstiefe der …str. 7 ebenfalls über 40 m liegt und auch das Doppelhaus …str. 11/11 a mit einer Bebauungstiefe von 32 m weit in den rückwärtigen Grundstücksbereich hinein situiert wurde.

1.3.3 Entgegen der Auffassung der Beklagten sprengt das Vorhaben hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche auch insoweit nicht den maßgeblichen Rahmen, als das streitgegenständliche Grundstück - anders als die benachbarten Grundstücke und auch die der weiteren Umgebung - nur mit einem Baukörper bebaut sind.

Hinsichtlich der Bebauungstiefe sind - wie oben dargestellt - nur Anforderungen an die räumliche Lage des Baukörpers auf dem Grundstück in Bezug auf Beschränkungen in Form von faktischen Baugrenzen zu stellen, weshalb sich insoweit keine Differenzierungen hinsichtlich eines einheitlichen Baukörpers oder einer Bebauung in zweiter Reihe treffen lassen. Ob - wie die Beklagte meint - insoweit ein „neuer städtebaulicher Typus“ in Form einer zweiten Baureihe gegenüber einheitlichen, sich in die entsprechende zulässige Bebauungstiefe hinein erstreckenden Gebäuden geschaffen wird, spielt für den in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Parameter „Grundfläche, die überbaut werden soll“ keine Rolle (vgl. auch VG München, U.v. 30.6.2014 - M 8 K 13.2180 - juris).

1.4 Hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung fügt sich das Vorhaben ebenfalls ein, da es in dem schräg gegenüberliegenden, im Rohbau bereits fertiggestellten und mit Bescheid vom 23. Juli 2015 nach Plan-Nr. … genehmigten Gebäude (…str. 22) insoweit ein Vorbild hat.

1.4.1 Dieses Mehrfamilienhaus mit 8 Wohneinheiten, das insgesamt 24,40 m lang ist, weist auf einer Länge von 13,72 m eine Breite von 12,20 m und auf einer Länge von 9,68 m eine solche von 10,40 m auf und verfügt über zwei Geschosse zuzüglich einem massiv ausgebauten Dachgeschoss mit Galerie. Zwar liegt die Wandhöhe gegenüber der des Vorhabens von jeweils 6,30 m nur bei 6 m; die Firsthöhen des zum Teil mit massiven Gauben ausgestatteten Dachs liegen bei 10,83 m und 10,01 m (vermaßt mit + 9,98 m und 9,96 m bei einer Geländeoberkante von - 0,05 m) und somit 0,63 m bzw. 0,41 m höher als bei den streitgegenständlichen Häusern. Damit bleibt sowohl deren Höhenentwicklung unter der der …str. 22, als auch deren Grundfläche mit 268,054 m² weit über den geplanten Grundflächen von 212,50 m² und 152,775 m² der Häuser 1 und 2 liegt, ganz abgesehen von der erheblich massiver wirkenden Gesamtkubatur der …str. 22.

Ähnliches gilt für das Verhältnis von bebauter Fläche zu Freifläche, das bei offener Bebauung auch als Bezugsgröße zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung relevant ist (BVerwG, B.v. 23.3.1994 - 4 C 18/92, NVwZ 1994, 106; B.v. 14.3.2013 - 4 B 49/12 - und B.v. 3.4.2014 - 4 B 12/14 - jeweils juris). Dieses manifestiert sich weniger im Rahmen der Maßzahlen entsprechend § 16 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO), sondern vor allem dadurch, wie diese Bezugsgrößen nach außen hin deutlich in Erscheinung treten.

Vorliegend fällt dieser Vergleich zugunsten des streitgegenständlichen Vorhabens aus. Bei diesem findet sich ein 10 m tiefer Vorgarten, sowie ein ebenfalls 10 m breiter Freibereich zwischen den Häusern und ein 6,50 m breiter freier rückwärtiger Grundstücksbereich auf dem gegenüber der …str. 22 ohnehin 4 m breiteren und 7 m tieferen streitgegenständlichen Grundstück. Demgegenüber verbleibt bei der …str. 22 lediglich ein 6 m tiefer Vorgarten und ein 13,50 m breiter, freier rückwärtiger Grundstücksbereich.

Insgesamt ist daher festzustellen, dass sich das Vorhaben mit beiden Einzelhäusern deutlich unter dem Rahmen des auf dem Grundstück …str. 22 verwirklichten Gebäudes bewegt.

1.4.2Das Gebäude …str. 22 ist auch nicht dergestalt als „Ausreißer“ anzusehen, dass es aufgrund seiner Erscheinung als ein sich von der Umgebung absetzender Fremdkörper anzusehen wäre, der diese nicht prägt. Auszusondern sind insoweit unter anderem solche baulichen Anlagen, die nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Dies ist namentlich dann anzunehmen, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. In Betracht kommen insbesondere solche baulichen Anlagen, die nach ihrer - auch äußerlich erkennbaren - Zweckbestimmung in der näheren Umgebung einzigartig sind. Sie erlangen die Stellung eines „Unikats“ umso eher, je einheitlicher die nähere Umgebung im Übrigen baulich genutzt ist. Trotz ihrer deutlich in Erscheinung tretenden Größe und ihres nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmen sie nicht deren Eigenart, weil sie wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägt vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dastehen (BVerwG, U.v. 15.2.1990 - 4 C 23/86 - juris Rn. 15).

Vorliegend zeichnet sich das Gebäude …str. 22 zwar gegenüber seiner Umgebung durch eine deutlich massivere Kubatur aus. Da es aber sowohl die Geschossigkeit der Gebäude der Umgebung - in etwa auch deren Höhenentwicklung - und die dort vorhandene Bebauungstiefe (…str. 24) aufnimmt, erweist es sich in der keineswegs von homogener Baustruktur geprägten Umgebung nicht als so einzig- und andersartig, dass es sich gewissermaßen auf den ersten Blick von dieser abheben würde. Unabhängig von dem Auslösen etwaiger städtebaulicher Spannungen ist auch die Beklagte von der Zulässigkeit des Gebäudes …str. 22 ausgegangen und hat daher entsprechende Maßstäbe gesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit der Genehmigung des Gebäudes …str. 22 bewusst einen nicht prägenden, städtebaulichen Akzent hätte setzen wollen, bestehen nicht, zumal sich das Gebäude hierfür gerade nicht deutlich genug von seiner Umgebung abhebt.

Das Vorhaben erweist sich daher auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB, da es sich innerhalb dessen Bezugsgrößen hält, als planungsrechtlich zulässig.

1.5 Aufgrund der in der Umgebung vorhandenen Überschreitung der vorderen Baugrenzen durch Garagen und auch ähnlichen Anlagen wie beim Vorhaben, stehen einer hierfür notwendigen Befreiung weder die Grundzüge der Planung entgegen, noch ergeben sich Ermessensgesichtspunkte für eine Ablehnung, zumal die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung zwischen Garagen und Zufahrten einerseits und Terrassen und Lichtschächten andererseits der sachlichen und rechtlichen Grundalge entbehrt.

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehen auch keine bauordnungsrechtlichen Ablehnungsgründe im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Bayerische Bauordnung (BayBO).

2.1 Die Abstandsfläche berechnet sich bei „Haus 1“ folgendermaßen:

Nach Süden und nach Norden entspricht 1 H der Wandhöhe von 6,30 m. Das Mansarddach mit einer Neigung von 45° bis zum Mansardknick und 10° zwischen Mansardknick und First kommt gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO nicht in Anrechnung. Im Süden beträgt der Abstand zur Grundstücksgrenze 10 m, im Norden der Abstand zwischen den Häusern ebenfalls. An den Giebelseiten im Osten und Westen beträgt ½ H 3,80 m - (6,30 m + [10,20 m - 6,30 m = 3,90 m : 3 =] - 1,30 m) = 2 m. Bei Abständen zur Grundstücksgrenze im Westen von 4,33 m und im Osten von 4,66 m kann dieses Maß problemlos eingehalten werden.

Bei „Haus 2“ beträgt 1 H gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO ebenfalls 6,30 m. Nach Süden kann aufgrund des Gesamtabstandes der beiden Häuser zueinander von 10 m ½ H = 3,65 m eingehalten werden, da sich die beiden Abstandsflächen der Häuser hier auf 9,95 m addieren. Nach Westen kann „Haus 2“ ebenfalls 1 H einhalten, das sich hier mit 7,40 m berechnet (6,30 m + [9,60 m - 6,80 m : 3 =] 1,10 m), bei einem Abstand zur Grundstücksgrenze von vermaßt 7,41 m. Nach Norden hin wird bei „Haus 2“ bei einem Abstand zur Grundstücksgrenze von abgegriffen 6,50 m 1 H (= 6,30 m) problemlos eingehalten. Auf der Ostseite beträgt der Abstand zur Grundstücksgrenze 4,01 m (vermaßt); ½ H beträgt hier 3,70 m und kann ohne weiteres eingehalten werden.

Inwieweit die Beklagte zu einem anderen Ansatz der Abstandsflächen kommt, bleibt unerfindlich. Das hierbei von der Beklagten im Schriftsatz vom 31. Mai 2016 in Bezug genommene Verfahren M 8 E1 14.4665 hatte bei der Berechnung der Abstandsflächen ein Krüppelwalmdach zum Gegenstand, das insoweit die Giebelwand sowohl maßgeblich als auch ungerechtfertigt verkürzte, weshalb eine Berechnung ausschließlich gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 4 BayBO insoweit fragwürdig erschien.

Vorliegend werden die Giebelwände aber gerade nicht durch in sie hinein-gezogene Dachteile verkürzt, sondern entsprechen vielmehr genau der, der Berechnungsregel von Art. 6 Abs. 4 Satz 4 BayBO zugrunde gelegten Baustruktur.

2.2 Auch liegt - anders als von der Beklagten behauptet - kein Mangel der Bauvorlagen vor. Sämtliche Balkone sind in den Ansichten und Schnitten richtig und vollständig dargestellt. Im Plan „Ober-, und Dachgeschoss Haus 1 und Haus 2, Ansichten Haus 1 und Haus 2 (alle Maßstab 1:100)“ sind die Ansichten aller Häuser in jeder Himmelsrichtung dargestellt, dementsprechend auch soweit sie sich in der Ansicht „Ost“ und der Ansicht „West“ gegenüber liegen. Hier sind auch die vorhandenen Balkone entsprechend der Darstellung in den Grundrissen dargestellt. Insoweit ergibt sich keine Unvollständigkeit der Bauvorlagen, die eine Überprüfung des Vorhabens in bauplanungs- oder bauordnungsrechtlicher Hinsicht erschweren oder gar vereiteln würde (§ 1 Abs. 1 Bauvorlagenverordnung - BauVorlV). Soweit in der Darstellung „Schnitt - Rampe und Ansicht von Osten Haus 1“ das hier ebenfalls dargestellte „Haus 2“ von Osten auf seiner Südseite keinen Balkon aufweist, ist dies unschädlich, da dieses ganz offensichtlich - wie sich aus der Bezeichnung dieser Darstellung ergibt - nur zur Vervollständigung des Bildes miteingezeichnet worden ist, und um den Verlauf der Rampe bzw. der Tiefgarage plastisch zu machen. Eine Unvollständigkeit der Bauvorlagen im Widerspruch zu § 1 Abs. 1 BauVorlV kann das Gericht hierin nicht erkennen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte im Schreiben vom 13. Februar 2015, in dem die Klägerin aufgefordert wurde, bestimmte Mängel der Bauvorlagen zu beheben, auf einen solchen Mangel gerade nicht hingewiesen hat.

2.3 Soweit die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid eine Verletzung der „anerkannten Regeln der Baukunst durch den Dachbalkon“ - gemeint sind wohl die beiden Balkone im Dachgeschoss auf der Südseite von Haus 1 - rügt, bleibt sie eine substantiierte Begründung hierfür schuldig.

Hinsichtlich der der Dachgestaltung beinhalten die anerkannten Regeln der Baukunst, Art. 3 Abs. 1 BayBO, dass, da sich das Dach als grundlegender Bestandteil jedes Gebäudes darstellt und ein herausragendes Gestaltungselement von erheblicher Bedeutung ist, sich jeder Dachaufbau als dessen Durchbrechung gewissermaßen als Ausnahme unterordnen muss. Aufbauten sind vom First, der Traufe und den seitlichen Dachrändern ausreichend abzusetzen, um die Konturen des Daches nicht zu verwischen. Das Dach darf nicht überlagert und die Fläche „aufgerissen“ werden. Auch müssen sich Dachaufbauten harmonisch in die Gesamtarchitektur einfügen (BayVGH, U.v. 20.07.1999 - 2 B 98.1405 - juris Rn. 22).

Zwar durchbrechen vorliegend die Dachgeschossbalkone auf der Südseite von Haus 1 in Teilbereichen die Traufe. In Kombination mit einer 3,12 m langen Gaube und einem zwar gleich langen, aber dezenter wirkenden Dachaustritt sowie einem in der Mitte des Daches aufgebrachten Dachliegefenster dominieren sie das Dach nicht in einer unangemessenen Weise; sie stellen sich vielmehr als eine harmonische Fortsetzung der Balkone im 1. Obergeschoss dar und lassen die Dachfläche weder zurücktreten, noch asymetrisch erscheinen.

Die Berufung der Beklagten auf eine Verletzung der anerkannten Regeln der Baukunst erscheint umso weniger nachvollziehbar, als bei dem Gebäude …str. 22 die Dachfläche im Westen in völlig asymetrischer Weise mit einem massiven 4,30 m langen und 2,70 m hohen Dachaufbau in Kombination mit drei weiteren Einzelgauben und einer Doppelgaube durchbrochen wird, wodurch das harmonische Gesamterscheinungsbild des Daches eher in Frage gestellt wird als bei den Dachbalkonen auf der Südseite von Haus 1.

3. Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 50.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Ziff. 9.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung in Anspruch.

2

Er ist Eigentümer eines Grundstücks in P. Das Grundstück, das im unbeplanten Innenbereich liegt, ist mit einem ehemaligen Einfirsthof und einem Nebengebäude bebaut. Bei dem Einfirsthof handelt es sich um ein Gebäude, das in einen Wohntrakt mit einer Grundfläche von ca. 11 m x 13 m und in einen Stalltrakt mit einer Grundfläche von ca. 19 m x 13 m unterteilt ist. Der Wohntrakt wird nach wie vor bewohnt, der Stalltrakt wird seit 1992 auf der Grundlage einer entsprechenden Genehmigung als Lager mit Büro/Aufenthaltsraum und Sozialräumen genutzt.

3

Der Kläger beabsichtigt, das Dach des Einfirsthofs über dem Stalltrakt abzutragen, auf die Außenwände des bislang eingeschossigen Stalltrakts ein mit dem Obergeschoss des Wohntrakts höhengleiches Obergeschoss aufzusetzen und das Dach in nunmehr symmetrischer Form und mit verringerter Firsthöhe wiederherzustellen. Das neue Satteldach soll jeweils vier 2,5 m breite Dachgauben sowie zwei weitere, jeweils etwa 1,5 m breite Gauben erhalten. In das neue Obergeschoss und das Dachgeschoss sollen zwei Maisonettewohnungen und zwei Büroräume eingebaut werden.

4

Den Antrag auf Genehmigung des Vorhabens lehnte das Landratsamt ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfüge. Zumindest im Ober- und Dachgeschoss würde ein Wohnbaukörper mit einer durchgängigen Wohnnutzung entstehen, für den es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild gebe. Verstärkt würden die überdimensionale Erscheinung als Wohngebäude und damit seine rahmensprengende Wirkung durch die geplanten sechs Dachgauben. Die umgebende Wohnbebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne Dachaufbauten. Zur Belichtung ausgebauter Dachgeschosse gebe es bis auf eine Ausnahme lediglich Dachflächenfenster.

5

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass das klägerische Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig sei. Es füge sich nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, sondern entgegen der Auffassung des Beklagten auch nach dem Maß der baulichen Nutzung. Die Eigenart der näheren Umgebung werde durch den 30 m langen Einfirsthof des Klägers und einen unmittelbar benachbarten, nahezu gleich langen ehemaligen Einfirsthof geprägt, dessen Wirtschaftsteil inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt werde und der zusammen mit dem Wohnteil mit dem Gebäude des Klägers vergleichbar sei. Das klägerische Gebäude sei kein Fremdkörper im bestehenden Dorfgebiet, sondern eine für ein Dorfgebiet typische Anlage. Das Vorhaben des Klägers füge sich nach der unverändert gebliebenen Grundfläche, der etwas verringerten Firsthöhe und der um ein Geschoss erhöhten Geschosszahl ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein. Unbeachtlich sei, dass es in der näheren Umgebung kein derartig langes Wohngebäude gebe. Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müsse, seien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Füge sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so komme es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfüge, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht sei. Mit der höheren Geschosszahl halte sich das Vorhaben im Rahmen der Umgebungsbebauung, weil sich in der Nachbarschaft bereits ein dreigeschossiges Gebäude befinde. Der Umstand, dass das Referenzgebäude eine Länge von nur etwa 18 m aufweise‚ sei unerheblich. Die einzelnen Kriterien der Grundfläche, der Höhe und der Geschossigkeit‚ die das Maß der baulichen Nutzung konkretisierten‚ würden nicht nur durch einzelne Gebäude in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern durch alle die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Gebäude in ihrer Gesamtheit bestimmt. Daraus folge, dass sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann einfüge, wenn es eine größere Grundfläche aufweise als ein ansonsten maßstabsbildendes dreigeschossiges Gebäude.

6

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht.

8

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des umstrittenen Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil das Baugrundstück Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ebenfalls nicht streitig ist, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hängt mithin allein davon ab, ob es sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen Bundesrecht bejaht.

9

1. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>; Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 75). Er ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217 S. 24). Der Verwaltungsgerichtshof hat die geografischen Grenzen der näheren Umgebung des Baugrundstücks für die Beurteilung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht markiert. Die Beteiligten waren sich aber schon erstinstanzlich einig, dass sich die nähere Umgebung insoweit aus den das Baugrundstück umgebenden Flurstücken 42, 322/2, 326/1, 45/1 und 182/4 zusammensetzt. Hierauf darf das Revisionsurteil gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1968 - 6 C 53.65 - BVerwGE 29, 127 <130>).

10

2. Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 101 f.). Nach der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz wird die Eigenart der näheren Umgebung durch den Einfirsthof auf dem Baugrundstück des Klägers und den vergleichbar langen und ähnlich hohen Einfirsthof auf dem östlich gelegenen Flurstück 322/2 geprägt. Beide Gebäude bildeten den Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung (UA S. 9). Dieser Würdigung liegt kein materiellrechtlich fehlerhafter Maßstab zugrunde.

11

Der Beklagte beruft sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275 Rn. 20), wonach Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, für sich allein genommen in der Regel keine Bauten sind, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können. Die Stalltrakte der ehemaligen Einfirsthöfe seien deshalb auch nicht imstande, für die Eigenart der näheren Umgebung maßstabbildend zu sein. Dem folgt der Senat nicht.

12

Das in Bezug genommene Urteil des Senats deckt den Standpunkt des Beklagten schon deshalb nicht, weil es sich nur zu Anlagen verhält, die eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen und mithin in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zur landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind. Nebenanlagen sind die Stalltrakte der aufgelassenen Einfirsthöfe aber nicht, weil es sich bei ihnen nicht um eigenständige Gebäude handelt. Sie sind vielmehr unselbständige Teile der Einfirsthöfe, die ihrerseits als bauliche Einheiten in Erscheinung treten.

13

Darüber hinaus befasst sich das vom Beklagten bemühte Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275) nicht mit dem Tatbestandsmerkmal der Eigenart der näheren Umgebung, sondern allein mit dem Merkmal des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Nur hinsichtlich dieses Merkmals ist Gebäuden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, sowie Nebengebäuden "in der Regel" die prägende und damit maßstabbildende Kraft abzusprechen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 a.a.O. Rn. 15). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist demgegenüber alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279>); außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325>). Deshalb rechtfertigt das Urteil nicht den Schluss, dass Baulichkeiten, die keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können, auch nicht in der Lage sind, in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen.

14

Der Beklagte hält die Einschränkung des Tatbestands der Eigenart der näheren Umgebung für erforderlich, um einer unerwünschten städtebaulichen Entwicklung Einhalt gebieten zu können. Andernfalls ließe sich das vom Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung verfolgte Leitbild einer geordneten Siedlungsstruktur für P. oder vergleichbare Dorfgebiete im Umland von M. nicht mehr angemessen steuern. Trügen die in den Innenbereichen gelegenen Ställe und Scheunen mit ihren für eine landwirtschaftliche Nutzung typischerweise sinnvollen und erforderlichen Gebäudegrößen zum Charakter der Eigenart der näheren Umgebung bei, ließe sich über § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht verhindern, dass sie in mehrgeschossige Wohngebäude umgewandelt würden und sich die Dörfer im Umkreis M. in Schlaf- bzw. Vorstädte mit Wohngebietscharakter verwandelten mit den entsprechenden Folgeerscheinungen für die Infrastruktur (Verkehrswege, Kinderbetreuung, Schulen etc.).

15

Die Vorstellungen des Beklagten zur Siedlungsentwicklung im Umkreis von Großstädten sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 BauGB. Sie haben einen typisch planerischen Einschlag. Die Baugenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 BauGB anwendet, keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 S. 78). Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind Gebäude im Innenbereich tendenziell einer Änderung ihrer Zweckbestimmung zugänglich. Die vorhandene Bebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor. Der Senat stimmt dem Beklagten zwar darin zu, dass sich die Zulassung von Wohnnutzung in bisher nicht gekanntem Umfang negativ auf die von den Gemeinden vorgehaltene Infrastruktur auswirken kann. Dem lässt sich aber nur mit den Mitteln der Bauleitplanung begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <283>) oder - auf überörtlicher Ebene - mit Hilfe von Zielen der Raumordnung.

16

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass sich das Vorhaben des Klägers nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Bei dieser Beurteilung ist ihm ein Rechtsfehler unterlaufen.

17

In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>). Allerdings kann sich im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch in seine nähere Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 172 S. 22). Diese Grundsätze gelten nicht nur für eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, sondern auch für ein Überschreiten des Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 102). Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3).

18

a) Nach der Grundfläche und der Höhe hält sich das Vorhaben im bisherigen Rahmen, weil der ehemalige Einfirsthof des Klägers hinsichtlich beider Bestimmungsfaktoren keine wesentlichen Änderungen erfährt. Die Grundfläche bleibt gleich, die Firsthöhe reduziert sich geringfügig. Dass das Vorhaben mit der Änderung der Art der baulichen Nutzung einhergeht und ein Wohnhaus mit einer Grundfläche entstehen lässt, für das es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild geben soll, ist ohne Belang. Zwar ist im Fall der Änderung eines Teils einer baulichen Anlage Gegenstand der bebauungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 329 S. 92). Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind aber jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Fügt sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so kommt es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 29 und Beschluss vom 6. November 1997 - 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57).

19

b) Durch den Umbau des Stalltrakts erhöht sich die Zahl der Geschosse von zwei auf drei. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, wird der dreigeschossige Ausbau aufgrund der verlängerten Fensterreihe im Obergeschoss und der darüber liegenden Dachgauben auch von außen "auf den ersten Blick" ins Auge fallen (UA S. 9). Wegen der größeren baulichen Veränderungen, die mit dem Umbau verbunden sind, kommt dem Kläger daher nicht zugute, dass das Gebäude trotz des Dachgeschossausbaus in seinen Ausmaßen nahezu unverändert bleibt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279> und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 4 B 8.07 - ZfBR 2007, 687 Rn. 11). Darin ist dem Verwaltungsgerichtshof beizupflichten.

20

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass sich das Vorhaben des Klägers deswegen auch nach der Geschosszahl in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil sich auf dem Grundstück 326/1 bereits ein dreigeschossiges Gebäude befindet (UA S. 12). Die Grundfläche des Gebäudes hat er nicht ermittelt, weil er von dem rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, dass Gebäude mit derselben Geschosszahl unabhängig von ihrer Grundfläche als Referenzobjekte in Betracht kommen (UA S. 13). Dieser Ansatz ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen "Gebäude" in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3). Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das hat den Senat schon in seinem Urteil vom 23. März 1994 (a.a.O. <279>) dazu bewogen, kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten.

21

Die Sache ist nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen, damit der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt weiter aufklärt und würdigt. Eine in etwa gleiche Gebäudehöhe unterstellt, muss er feststellen, mit welcher Grundfläche das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 einen Vergleichsmaßstab bildet und ob die Grundfläche des Einfirsthofs des Klägers diesem Maßstab entspricht. Bei dem Abgleich der Grundflächen kommt es nicht auf mathematische Präzision an. Da das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität zwingt (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>), ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält. Es können sich deshalb auch solche Vorhaben hinsichtlich in Rede stehender Beurteilungsmaßstäbe einfügen, die über den vorhandenen Rahmen unwesentlich hinausgehen (OVG Saarlouis, Urteil vom 8. Januar 1988 - 2 R 208/85 - BRS 48 Nr. 4 S. 17). Erst bei einer wesentlichen Überschreitung des Rahmens schließt sich die Frage an, ob sich ein Vorhaben dennoch einfügt, weil es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen.

22

Der Senat kann von der Zurückverweisung nicht deshalb absehen, weil sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, dass das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 18 m lang ist. Denn die Länge lässt keinen Rückschluss auf die Größe der Grundfläche zu, und ein Vergleich der Länge mit der ebenfalls bekannten Länge des Einfirsthofs des Klägers ist nicht zielführend, weil die Längenmaße keine Bestimmungsgröße für das Maß der baulichen Nutzung sind (vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erteilung einer Baugenehmigung in Anspruch.

2

Er ist Eigentümer eines Grundstücks in P. Das Grundstück, das im unbeplanten Innenbereich liegt, ist mit einem ehemaligen Einfirsthof und einem Nebengebäude bebaut. Bei dem Einfirsthof handelt es sich um ein Gebäude, das in einen Wohntrakt mit einer Grundfläche von ca. 11 m x 13 m und in einen Stalltrakt mit einer Grundfläche von ca. 19 m x 13 m unterteilt ist. Der Wohntrakt wird nach wie vor bewohnt, der Stalltrakt wird seit 1992 auf der Grundlage einer entsprechenden Genehmigung als Lager mit Büro/Aufenthaltsraum und Sozialräumen genutzt.

3

Der Kläger beabsichtigt, das Dach des Einfirsthofs über dem Stalltrakt abzutragen, auf die Außenwände des bislang eingeschossigen Stalltrakts ein mit dem Obergeschoss des Wohntrakts höhengleiches Obergeschoss aufzusetzen und das Dach in nunmehr symmetrischer Form und mit verringerter Firsthöhe wiederherzustellen. Das neue Satteldach soll jeweils vier 2,5 m breite Dachgauben sowie zwei weitere, jeweils etwa 1,5 m breite Gauben erhalten. In das neue Obergeschoss und das Dachgeschoss sollen zwei Maisonettewohnungen und zwei Büroräume eingebaut werden.

4

Den Antrag auf Genehmigung des Vorhabens lehnte das Landratsamt ab. Zur Begründung führte es aus, dass sich das Vorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in den durch die Umgebungsbebauung vorgegebenen Rahmen einfüge. Zumindest im Ober- und Dachgeschoss würde ein Wohnbaukörper mit einer durchgängigen Wohnnutzung entstehen, für den es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild gebe. Verstärkt würden die überdimensionale Erscheinung als Wohngebäude und damit seine rahmensprengende Wirkung durch die geplanten sechs Dachgauben. Die umgebende Wohnbebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne Dachaufbauten. Zur Belichtung ausgebauter Dachgeschosse gebe es bis auf eine Ausnahme lediglich Dachflächenfenster.

5

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass das klägerische Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB genehmigungsfähig sei. Es füge sich nicht nur nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein, sondern entgegen der Auffassung des Beklagten auch nach dem Maß der baulichen Nutzung. Die Eigenart der näheren Umgebung werde durch den 30 m langen Einfirsthof des Klägers und einen unmittelbar benachbarten, nahezu gleich langen ehemaligen Einfirsthof geprägt, dessen Wirtschaftsteil inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt werde und der zusammen mit dem Wohnteil mit dem Gebäude des Klägers vergleichbar sei. Das klägerische Gebäude sei kein Fremdkörper im bestehenden Dorfgebiet, sondern eine für ein Dorfgebiet typische Anlage. Das Vorhaben des Klägers füge sich nach der unverändert gebliebenen Grundfläche, der etwas verringerten Firsthöhe und der um ein Geschoss erhöhten Geschosszahl ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein. Unbeachtlich sei, dass es in der näheren Umgebung kein derartig langes Wohngebäude gebe. Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müsse, seien jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Füge sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so komme es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfüge, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht sei. Mit der höheren Geschosszahl halte sich das Vorhaben im Rahmen der Umgebungsbebauung, weil sich in der Nachbarschaft bereits ein dreigeschossiges Gebäude befinde. Der Umstand, dass das Referenzgebäude eine Länge von nur etwa 18 m aufweise‚ sei unerheblich. Die einzelnen Kriterien der Grundfläche, der Höhe und der Geschossigkeit‚ die das Maß der baulichen Nutzung konkretisierten‚ würden nicht nur durch einzelne Gebäude in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern durch alle die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Gebäude in ihrer Gesamtheit bestimmt. Daraus folge, dass sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann einfüge, wenn es eine größere Grundfläche aufweise als ein ansonsten maßstabsbildendes dreigeschossiges Gebäude.

6

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs beruht auf der Verletzung von Bundesrecht.

8

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des umstrittenen Vorhabens beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, weil das Baugrundstück Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ebenfalls nicht streitig ist, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens hängt mithin allein davon ab, ob es sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das hat der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen Bundesrecht bejaht.

9

1. Der die nähere Umgebung bildende Bereich reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>; Beschluss vom 20. August 1998 - 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 75). Er ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217 S. 24). Der Verwaltungsgerichtshof hat die geografischen Grenzen der näheren Umgebung des Baugrundstücks für die Beurteilung des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht markiert. Die Beteiligten waren sich aber schon erstinstanzlich einig, dass sich die nähere Umgebung insoweit aus den das Baugrundstück umgebenden Flurstücken 42, 322/2, 326/1, 45/1 und 182/4 zusammensetzt. Hierauf darf das Revisionsurteil gestützt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1968 - 6 C 53.65 - BVerwGE 29, 127 <130>).

10

2. Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 101 f.). Nach der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz wird die Eigenart der näheren Umgebung durch den Einfirsthof auf dem Baugrundstück des Klägers und den vergleichbar langen und ähnlich hohen Einfirsthof auf dem östlich gelegenen Flurstück 322/2 geprägt. Beide Gebäude bildeten den Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung (UA S. 9). Dieser Würdigung liegt kein materiellrechtlich fehlerhafter Maßstab zugrunde.

11

Der Beklagte beruft sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275 Rn. 20), wonach Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z.B. Scheunen oder Ställe), Freizeitzwecken (z.B. Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, für sich allein genommen in der Regel keine Bauten sind, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können. Die Stalltrakte der ehemaligen Einfirsthöfe seien deshalb auch nicht imstande, für die Eigenart der näheren Umgebung maßstabbildend zu sein. Dem folgt der Senat nicht.

12

Das in Bezug genommene Urteil des Senats deckt den Standpunkt des Beklagten schon deshalb nicht, weil es sich nur zu Anlagen verhält, die eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion aufweisen und mithin in einem weiteren Sinne "Nebenanlagen" zur landwirtschaftlichen, (klein-)gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind. Nebenanlagen sind die Stalltrakte der aufgelassenen Einfirsthöfe aber nicht, weil es sich bei ihnen nicht um eigenständige Gebäude handelt. Sie sind vielmehr unselbständige Teile der Einfirsthöfe, die ihrerseits als bauliche Einheiten in Erscheinung treten.

13

Darüber hinaus befasst sich das vom Beklagten bemühte Urteil des Senats vom 30. Juni 2015 - 4 C 5.14 - (BVerwGE 152, 275) nicht mit dem Tatbestandsmerkmal der Eigenart der näheren Umgebung, sondern allein mit dem Merkmal des im Zusammenhang bebauten Ortsteils. Nur hinsichtlich dieses Merkmals ist Gebäuden, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, sowie Nebengebäuden "in der Regel" die prägende und damit maßstabbildende Kraft abzusprechen (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2015 a.a.O. Rn. 15). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist demgegenüber alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279>); außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325>). Deshalb rechtfertigt das Urteil nicht den Schluss, dass Baulichkeiten, die keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden können, auch nicht in der Lage sind, in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Eigenart der näheren Umgebung zu prägen.

14

Der Beklagte hält die Einschränkung des Tatbestands der Eigenart der näheren Umgebung für erforderlich, um einer unerwünschten städtebaulichen Entwicklung Einhalt gebieten zu können. Andernfalls ließe sich das vom Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung verfolgte Leitbild einer geordneten Siedlungsstruktur für P. oder vergleichbare Dorfgebiete im Umland von M. nicht mehr angemessen steuern. Trügen die in den Innenbereichen gelegenen Ställe und Scheunen mit ihren für eine landwirtschaftliche Nutzung typischerweise sinnvollen und erforderlichen Gebäudegrößen zum Charakter der Eigenart der näheren Umgebung bei, ließe sich über § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht verhindern, dass sie in mehrgeschossige Wohngebäude umgewandelt würden und sich die Dörfer im Umkreis M. in Schlaf- bzw. Vorstädte mit Wohngebietscharakter verwandelten mit den entsprechenden Folgeerscheinungen für die Infrastruktur (Verkehrswege, Kinderbetreuung, Schulen etc.).

15

Die Vorstellungen des Beklagten zur Siedlungsentwicklung im Umkreis von Großstädten sprengen den Beurteilungsrahmen des § 34 Abs. 1 BauGB. Sie haben einen typisch planerischen Einschlag. Die Baugenehmigungsbehörde hat indes, wenn sie § 34 Abs. 1 BauGB anwendet, keine planerische Entscheidung zu treffen, die Einfluss auf künftige Entwicklungen nimmt oder künftige Ereignisse bereits vorwegnehmend berücksichtigt (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 155 S. 78). Die planungsrechtliche Vorentscheidung hat der Gesetzgeber selbst getroffen. Danach sind Gebäude im Innenbereich tendenziell einer Änderung ihrer Zweckbestimmung zugänglich. Die vorhandene Bebauung bestimmt den Gebietscharakter und gibt als Planersatz auch den Maßstab für den Umfang der neuen baulichen Nutzung vor. Der Senat stimmt dem Beklagten zwar darin zu, dass sich die Zulassung von Wohnnutzung in bisher nicht gekanntem Umfang negativ auf die von den Gemeinden vorgehaltene Infrastruktur auswirken kann. Dem lässt sich aber nur mit den Mitteln der Bauleitplanung begegnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <283>) oder - auf überörtlicher Ebene - mit Hilfe von Zielen der Raumordnung.

16

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass sich das Vorhaben des Klägers nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Bei dieser Beurteilung ist ihm ein Rechtsfehler unterlaufen.

17

In die Eigenart der näheren Umgebung fügt sich ein Vorhaben ein, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, es sei denn, es lässt die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>). Allerdings kann sich im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch in seine nähere Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 13.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 172 S. 22). Diese Grundsätze gelten nicht nur für eine Überschreitung des vorgegebenen Rahmens hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, sondern auch für ein Überschreiten des Maßes der baulichen Nutzung (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 1993 - 4 C 17.91 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 158 S. 102). Bedeutsam für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind nach der Rechtsprechung des Senats solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung an (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3).

18

a) Nach der Grundfläche und der Höhe hält sich das Vorhaben im bisherigen Rahmen, weil der ehemalige Einfirsthof des Klägers hinsichtlich beider Bestimmungsfaktoren keine wesentlichen Änderungen erfährt. Die Grundfläche bleibt gleich, die Firsthöhe reduziert sich geringfügig. Dass das Vorhaben mit der Änderung der Art der baulichen Nutzung einhergeht und ein Wohnhaus mit einer Grundfläche entstehen lässt, für das es in der Umgebungsbebauung kein Vorbild geben soll, ist ohne Belang. Zwar ist im Fall der Änderung eines Teils einer baulichen Anlage Gegenstand der bebauungsrechtlichen Prüfung das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 - 4 C 23.95 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 329 S. 92). Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind aber jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. Fügt sich - wie hier - ein Vorhaben seiner Art nach ein, so kommt es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maße nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, nämlich darauf, welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 4 C 19.93 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 173 S. 29 und Beschluss vom 6. November 1997 - 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57).

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b) Durch den Umbau des Stalltrakts erhöht sich die Zahl der Geschosse von zwei auf drei. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, wird der dreigeschossige Ausbau aufgrund der verlängerten Fensterreihe im Obergeschoss und der darüber liegenden Dachgauben auch von außen "auf den ersten Blick" ins Auge fallen (UA S. 9). Wegen der größeren baulichen Veränderungen, die mit dem Umbau verbunden sind, kommt dem Kläger daher nicht zugute, dass das Gebäude trotz des Dachgeschossausbaus in seinen Ausmaßen nahezu unverändert bleibt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <279> und Beschluss vom 21. Juni 2007 - 4 B 8.07 - ZfBR 2007, 687 Rn. 11). Darin ist dem Verwaltungsgerichtshof beizupflichten.

20

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass sich das Vorhaben des Klägers deswegen auch nach der Geschosszahl in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, weil sich auf dem Grundstück 326/1 bereits ein dreigeschossiges Gebäude befindet (UA S. 12). Die Grundfläche des Gebäudes hat er nicht ermittelt, weil er von dem rechtlichen Ansatz ausgegangen ist, dass Gebäude mit derselben Geschosszahl unabhängig von ihrer Grundfläche als Referenzobjekte in Betracht kommen (UA S. 13). Dieser Ansatz ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sind die vorhandenen "Gebäude" in der näheren Umgebung zueinander in Beziehung zu setzen (BVerwG, Urteil vom 23. März 1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.> und Beschluss vom 3. April 2014 - 4 B 12.14 - ZfBR 2014, 493 Rn. 3). Gebäude prägen ihre Umgebung nicht durch einzelne Maßbestimmungsfaktoren im Sinne des § 16 Abs. 2 BauNVO, sondern erzielen ihre optische maßstabbildende Wirkung durch ihr gesamtes Erscheinungsbild. Das hat den Senat schon in seinem Urteil vom 23. März 1994 (a.a.O. <279>) dazu bewogen, kumulierend auf die absolute Größe der Gebäude nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe abzustellen. Die Übereinstimmung von Vorhaben und Referenzobjekten nur in einem Maßfaktor genügt nicht, weil sie dazu führen könnte, dass durch eine Kombination von Bestimmungsgrößen, die einzelnen Gebäuden in der näheren Umgebung jeweils separat entnommen werden, Baulichkeiten entstehen, die in ihrer Dimension kein Vorbild in der näheren Umgebung haben. Dies widerspräche der planersetzenden Funktion des § 34 Abs. 1 BauGB, eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zu gewährleisten.

21

Die Sache ist nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen, damit der Verwaltungsgerichtshof den Sachverhalt weiter aufklärt und würdigt. Eine in etwa gleiche Gebäudehöhe unterstellt, muss er feststellen, mit welcher Grundfläche das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 einen Vergleichsmaßstab bildet und ob die Grundfläche des Einfirsthofs des Klägers diesem Maßstab entspricht. Bei dem Abgleich der Grundflächen kommt es nicht auf mathematische Präzision an. Da das Erfordernis des Einfügens nicht zur Uniformität zwingt (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <386>), ist es nicht notwendig, dass ein streitiges Vorhaben den aus der Umgebung abzuleitenden Rahmen exakt einhält. Es können sich deshalb auch solche Vorhaben hinsichtlich in Rede stehender Beurteilungsmaßstäbe einfügen, die über den vorhandenen Rahmen unwesentlich hinausgehen (OVG Saarlouis, Urteil vom 8. Januar 1988 - 2 R 208/85 - BRS 48 Nr. 4 S. 17). Erst bei einer wesentlichen Überschreitung des Rahmens schließt sich die Frage an, ob sich ein Vorhaben dennoch einfügt, weil es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen.

22

Der Senat kann von der Zurückverweisung nicht deshalb absehen, weil sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, dass das Gebäude auf dem Grundstück 326/1 18 m lang ist. Denn die Länge lässt keinen Rückschluss auf die Größe der Grundfläche zu, und ein Vergleich der Länge mit der ebenfalls bekannten Länge des Einfirsthofs des Klägers ist nicht zielführend, weil die Längenmaße keine Bestimmungsgröße für das Maß der baulichen Nutzung sind (vgl. § 16 Abs. 2 BauNVO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird auf € 3.750,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit seiner am 3. Februar 2017 erhobenen Klage (M 8 K 17.677) die Aufhebung der der Beigeladenen am 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 erteilten Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines Mehrfamilienhauses und eines Rückgebäudes mit Tiefgarage auf dem Grundstück …-strasse 40, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … … Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 3. Februar 2017 strebt er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage an.

Das Grundstück des Antragstellers …-strasse 38, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … …, ist mit einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit seiner nordwestlichen Außenwand auf einer Länge von ca. 11 m an die gemeinsame Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks angebaut ist. Auf der Südostseite weist das Gebäude des Antragstellers einen Grenzabstand auf. Das Gebäude ist straßenseitig 12,6 m lang und hat in diesem Bereich eine Höhe von 19,7 m. Straßenseitig befindet sich ein 80 cm tiefer und 3,95 m langer viergeschossiger Erker.

Im rückwärtigen - nordöstlichen - Gebäudeteil befindet sich ein ebenfalls viergeschossiger, ca. 15,5 m hoher (abgegriffen aus dem Eingabeplan vom 3. September 1974, Plan-Nr. …), 3 m tiefer und 6,2 m langer Gebäudevorsprung, der sich etwa über die Hälfte der rückwärtigen Außenwand erstreckt. In diesem Bereich weist das Gebäude des Antragstellers eine Tiefe von 14 m auf. Die nordwestliche Außenwand des Gebäudevorsprungs verfügt über keine Fenster. An diese Außenwand schließt sich ein erdgeschossiger Wintergarten an, der unmittelbar an der nordwestlichen Grundstücksgrenze endet.

Das nordwestlich des Antragstelleranwesens liegende Vorhabengrundstück war ursprünglich mit einem dreigeschossigen, grenzständigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit seiner südöstlichen Außenwand profilgleich an das Gebäude des Antragstellers angeschlossen war und im nordwestlichen rückwärtigen Bereich über einen zweigeschossigen Anbau verfügte, der nur mit seiner Nord-West-Seite an eine Grundstücksgrenze angebaut war. Zum Grundstück des Antragstellers hin wies der Anbau einen Grenzabstand auf. Der rückwärtige Bereich des Vorhabengrundstücks war mit einem eingeschossigen Rückgebäude an der rückwärtigen und seitlichen - nordwestlichen - Grundstücksgrenze bebaut. Das Rückgebäude diente zuletzt Aufenthaltszwecken und wurde ausweislich der vorgelegten Behördenakten mit Baugenehmigung vom 12. Dezember 1947 widerruflich auf die Dauer von 5 Jahren als ein „Werkstätten-Gebäude“ genehmigt.

Das nordwestlich benachbarte Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, Gemarkung …, … …, ist mit einem fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus bebaut, das mit einer Tiefe von ca. 12 m zu dem Vorhabengrundstück hin grenzständig errichtet ist. Auf der Nord-West-Seite hält das Gebäude einen Grenzabstand ein. Auch dieses Gebäude verfügt im rückwärtigen Bereich über einen Gebäudevorsprung. Die Gesamttiefe des Gebäudes im Bereich des Gebäudevorsprungs beträgt 18 m (abgegriffen aus dem Lageplan). Das Grundstück ist im rückwärtigen Bereich mit einem an drei Grundstücksgrenzen angebauten zweigeschossigen Rückgebäude mit einer Wandhöhe von 6,65 m bebaut. Im erdgeschossigen Bereich findet eine Garagennutzung statt. Mit Baugenehmigung vom 25. Mai 1960 nach Plan-Nr. … wurde die Aufstockung des Garagengebäudes um ein weiteres Geschoss mit Büronutzung (5 Büros) genehmigt.

Im Übrigen befinden sich entlang der …-strasse weitere straßenseitige Bebauungen mit bis zu fünf Geschossen und Gebäudetiefen mit bis zu 20 m, wobei die nordwestlich bzw. südöstlich des Gebäudekomplexes …strasse 38-42 liegenden Anwesen …-strasse 44 bzw. 36 jeweils einen seitlichen Grenzabstand zu diesen Grundstücken aufweisen. Das Gebäude …-straße 15 ist fünf- bis sechsgeschossig und setzt sich durch seine Kubatur und Bauweise deutlich von dem Gebäude …-strasse 36 ab.

Entlang der …-strasse ist durch die Festsetzung einer Baulinie ein 4 m breiter Vorgarten festgesetzt.

 

Lageplan Bestand Mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 erteilte die Antragsgegnerin für das streitgegenständliche Grundstück einen (teilweise) positiven Vorbescheid nach Plan-Nr. … Gegenstand des Vorbescheidsverfahrens war im Wesentlichen die planungsrechtliche Zulässigkeit der Neuerrichtung eines straßenseitigen Mehrfamilienhauses mit einer Tiefe von 17 m und einer Wandhöhe von 17,75 m in der Variante A - mit Flachdach und einem zurückgesetzten Terrassengeschoss - sowie eines Gebäudes mit einer Firsthöhe von 18,8 m in der Variante B - mit Mansarddach. Als Variante 2 wurde die planungsrechtliche Zulässigkeit der Neuerrichtung eines Rückgebäudes an der rückwärtigen und seitlichen - westlichen - Grundstücksgrenze abgefragt. Die Antragsgegnerin beurteilte das Vorhaben nur hinsichtlich des Vordergebäudes in beiden Varianten A und B, nicht jedoch hinsichtlich des Rückgebäudes positiv. Die gestellten Vorbescheidsfragen hinsichtlich der Abweichungen von den Abstandsflächen blieben wegen mangelnder Plandarstellung unbeantwortet.

Gegen diesen Vorbescheid der Antragsgegnerin erhob der Antragsteller Klage vor dem erkennenden Gericht (M 8 K 13.4942), die aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 abgewiesen wurde. Einen Antrag des Antragstellers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil der Kammer vom 24. November 2014 lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Januar 2016 (2 ZB 15.384) ab.

Mit Bauantrag vom 26. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene nach Plan-Nr. … die Erteilung einer Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines straßenseitigen Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage und eines grenzständigen Rückgebäudes.

Das Vordergebäude war fünfgeschossig mit ausgebautem Dachgeschoss im Mansarddach und straßenseitig mit einer Traufhöhe von 15,15 m und eine Firsthöhe von 19,15 m geplant. Im östlichen Bereich des Gebäudes sollte sich im Vorgartenbereich ab dem ersten Obergeschoss ein ca. 1,2 m tiefer und ca. 4 m breiter viergeschossiger Erker befinden.

Zum Innenhof hin sollte das Dachgeschoss des Vordergebäudes als ein Terrassengeschoss ausgebildet werden. Die Wandhöhe bis zur Oberkante der Terrassenbrüstung beträgt 15,75 m. Das Vordergebäude sollte auf den nordwestlichen und südöstlichen Grundstücksgrenzen errichtet werden.

An der nordöstlichen Außenwand zum Innenhof hin waren ab dem ersten bis zum vierten Obergeschoss Balkone geplant, die im Wesentlichen 1,7 m tief waren. Der Abstand der Balkone zu der westlichen Grundstücksgrenze des Antragstellers beträgt 93 cm. Die nordöstliche Außenwand sollte ca. 11,7 m breit, die Balkone sollten maximal 3,85 m werden.

Das geplante Rückgebäude war zweigeschossig mit Flachdach und sollte an der rückwärtigen und den seitlichen Grundstücksgrenzen des Vorhabengrundstücks errichtet werden. Dieses Gebäude verfügt über eine Höhe von 6,25 m, eine Gebäudebreite von 11,59 m bzw. 11,65 und eine Tiefe von 5,06 m bzw. 5,10 m. Das erste Obergeschoss sollte im östlichen, dem Antragstellergrundstück zugewandten, Bereich als ein um 3 bzw. 3,16 m nach Westen zurückversetztes Terrassengeschoss ausgebildet werden. Die Wandhöhe bis zur Oberkante der Terrassenbrüstung im ersten Obergeschoss beträgt 3,97 m. Der Terrassenbereich wurde durch Handeintrag vom 2. Mai 2016 auf 81 cm x 3,31 m verkleinert, wobei der restliche Bereich der Bepflanzung dienen soll.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen die beantragte Genehmigung nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 23. November, 21. April und 2. Mai 2015, Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 2. Mai 2015, Baumbestandsplan Plan-Nr. … sowie Freiflächengestaltungsplan nach Plan-Nr. … mit Handeintragungen vom 21. April und 2. Mai 2015.

Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Mai 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit einem am 15. Juni 2016 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz eine Anfechtungsklage (M 8 K 16. 2682).

Mit Schriftsatz vom 5. August 2016, beim Gericht am selben Tag per Telefax eingegangen, stellten die Antragstellerbevollmächtigten einen Antrag nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO (M 8 SN 16.3499).

Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 10. November 2016 im Verfahren M 8 SN 16.3499 die aufschiebende Wirkung der am 15. Juni 2016 erhobenen Klage (M 8 K 16.2682) gegen die Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 für den Neubau eines Wohngebäudes mit Tiefgarage und Hinterhaus auf dem Grundstück …-strasse 40, Fl.Nr. …, angeordnet und der Beigeladenen und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auferlegt. Nach summarischer Prüfung sei die Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 rechtswidrig. Der Antragsteller sei nicht durch den Vorbescheid vom 16. Oktober 2013 an der Anfechtung gehindert gewesen. Die genehmigten Planunterlagen hätten aufgrund unvollständiger und missverständlicher Planangaben keine geeignete Grundlage der Baugenehmigung sein können, da zum einen die Abstandsflächen des grenzständigen Rückgebäudes zum Grundstück des Antragstellers hin nicht dargestellt gewesen seien, obwohl diese - soweit die östliche Außenwand des Gebäudes von der Grundstücksgrenze abrückt - anfallen, und zum anderen die genehmigten Planunterlagen auch insoweit unvollständig waren, als darin keine Abstandsflächen der hofseitigen Balkone zu dem Antragstellergrundstück hin und in Richtung Norden dargestellt waren. In diesen Mängeln der Bauvorlagen lag eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Antragstellers.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Im Klageverfahren M 8 K 16. 2682 erklärten die Beteiligten die Hauptsache für erledigt, nachdem die Beigeladene den Bauantrag vom 26. Oktober 2015 mit Schreiben vom 22. Februar 2017 zurückgezogen hatte. Das erkennende Gericht stellte daraufhin das Verfahren mit Beschluss vom 6. April 2017 ein und legte der Beigeladenen und der Beklagten die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auf.

Für das Bauvorhaben wurde von der Antragsgegnerin am 6. Dezember 2016 eine Teilbaugenehmigung für den Baugrubenverbau und die Errichtung der Kellerbodenplatte (Az.: …) erteilt.

Am 19. Januar 2017 genehmigte die Beklagte im vereinfachten Genehmigungsverfahren den Bauantrag vom 18. November 2016 nach Plan Nr. … mit Änderungsantrag vom 12. Dezember 2016 nach Plan Nr. … und Freiflächengestaltungsplan nach Plan Nr. … … Der Antragsteller erhielt einen Abdruck des Baugenehmigungsbescheids.

Die Pläne entsprechen im Wesentlichen den Plänen zur mit Bescheid vom 23. Mai 2016 erteilten Baugenehmigung. Die hofseitigen Balkone sind nun aber nur 1,5 m tief. Als Anlage wurde der Baugenehmigung zudem auch eine „Abstandsflächendarstellung (Abweichungen M 1:200)“ - laut Anlage als „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ bezeichnet - beigefügt, die Bestandteil des Bescheids ist.

 

Lageplan Bauvorhaben (Baugenehmigung vom 19. Januar 2017) Wie in der Baugenehmigung vom 23. Mai 2016 erteilte die Antragsgegnerin auch in der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 zahlreiche Befreiungen und Abweichungen.

Unter Nummer 4 der Abweichungen erteilte die Antragsgegnerin eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung (Überschreitung) erforderlicher Abstandsflächen (1H) durch den straßenseitigen Erker zum Grundstück des Antragsteller.

Zur Begründung wurde zunächst auf die Darstellung der Abweichung nach dem Plan „Abweichungen“ Antrag (4) verwiesen.

Die Erteilung begründete die Antragsgegnerin sodann damit, dass die Beigeladene das gleiche Recht in Anspruch nehme, welches von Seiten des Antragstellers in Form einer Abstandsflächenübertretung auf das streitgegenständliche Grundstück beansprucht werde. Belichtung und Belüftung der Räume auf dem Nachbargrundstück wurden nicht wesentlich beeinträchtigt und ein ausreichender Sozialabstand bliebe gewahrt.

Unter Nummer 8 der Abweichungen erklärte die Antragsgegnerin ausdrücklich, dass keine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO wegen Nichteinhaltung erforderlicher Abstandsflächen (1H) durch das Rückgebäude zum Grundstück des Antragstellers notwendig sei.

Mit Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen in Abänderung der Nr. 8 zu den Abweichungen der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 die beantragte Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 BayBO. Der Antragsteller erhielt einen Abdruck des Nachgangsbescheides.

In der Begründung gibt die Antragsgegnerin an, dass sie die beantragte Abweichung in Anbetracht rechtlicher Unsicherheit (vorsorglich) erteile. Die Abweichung könne auch unter Berücksichtigung nachbarlicher Interessen erteilt werden, da sie die ordnungsgemäße Belichtung und Belüftung sowie Besonnung der Nachbargrundstücke gewährleistet sei.

Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Januar 2017 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers mit einem am 3. Februar 2017 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz eine Anfechtungsklage.

Mit Beschluss des Gerichts vom 20. Februar 2017 wurde die am 3. Februar 2017 erhobene Klage gegen die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 vom Verfahren M 8 K 16.2682 getrennt und unter dem Aktenzeichen M 8 K 17.677 fortgeführt.

Mit demselben Schriftsatz vom 3. Februar 2017 stellten die Antragstellerbevollmächtigten einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 VwGO und beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 anzuordnen.

Mit Schriftsätzen vom 29. März 2017 wurde die Einbeziehung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 in das Klageverfahren und das Eilrechtsschutzverfahrens erklärt, sodass nunmehr die Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 streitgegenständlich ist.

Zur Begründung führen die Bevollmächtigten des Antragstellers in tatsächlicher Hinsicht aus, dass mit den Baumaßnahmen bereits begonnen worden sei. Der Baugrubenverbau sei fertiggestellt.

Der Antragsteller meint, die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen, da das Vorhaben die im Prüfprogramm enthaltenen Abstandsflächenvorschriften und das Rücksichtnahmegebot verletze.

Hinsichtlich der Abstandsflächen des Rückgebäudes meint der Antragsteller, dass er die Feststellung im Beschluss vom 10. November 2016 (M 8 SN 16.3499), die Errichtung eines grenzständigen Rückgebäudes auf dem Baugrundstück sei planungsrechtlich zulässig und löse insoweit - soweit es an der Grundstücksgrenze errichtet wurde - deshalb keine Abstandsflächen aus, nicht mittrage.

Jedenfalls sei festzustellen, dass die östliche Außenwand des Rückgebäudes insoweit, als sie nicht grenzständig errichtet werde, Abstandsflächen auslöse. Eine für die Abweichung erforderliche Atypik liege zudem nicht vor.

Auch die östliche Außenwand des Vordergebäudes löse insoweit Abstandsflächen aus, als sie über die vorhandene Bautiefe hinweg reiche. Die Grundstücke …-strasse 38, 40 und 42 seien die maßgebliche Umgebung. Die beiden zum Vorhabengrundstück benachbarten Grundstücke seien mit jeweils einer Länge von ca. 11 m bzw. ca. 12 m grenzständig bebaut. Die beiden Gebäude auf diesen Nachbargrundstücken würden einen tiefer in das jeweilige Grundstück hineinreichenden Gebäudeteil aufweisen, der aber jeweils nicht grenzständig bebaut sei. Diese Bauweise, geschlossene Bauweise nur bis zu einer bestimmten Tiefe, finde sich auch in der näheren Umgebung. Hinzu komme noch die Tiefe der Bebauung durch das Rückgebäude. Ein Grenzanbau sei in dieser Tiefe ohne Einhaltung von Abstandsflächen wegen Art. 6 BayBO nicht zulässig.

Das Bauvorhaben sei auch planungsrechtlich unzulässig, weil es das Rücksichtnahmegebot verletze. Nach den Bauunterlagen sei beabsichtigt, die gemeinsame Grundstücksgrenze in einer Tiefe von insgesamt 22 m grenzständig zu bebauen. Im rückwärtigen Bereich bleibe lediglich eine Tiefe von 10,29 m unbebaut; dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass in diesem Bereich noch mit nur geringem „Sozialabstand“ eine Terrasse mit einer Tiefe von 2,40 m errichtet werden würde.

Diese massive Bebauung auf dem verhältnismäßig kleinen Vorhabengrundstück führe zu einer Riegelwirkung gegenüber dem Anwesen des Antragstellers. Hinzu kommen würden zahlreiche Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers, sowohl durch die Terrassen des Rückgebäudes als wie auch durch die Terrassen und Balkone des Vordergebäudes.

Mit Schreiben vom 8. März 2017 beantragten die Bevollmächtigten der Beigeladenen, den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich des Vordergebäudes verweist die Beigeladene zunächst auf die Entscheidung des BayVGH im Vorbescheidsverfahren (B.v. vom 27.1.2016 - 2 ZB 15.384), in welcher bestätigt worden sei, dass die geplante Errichtung eines Gebäudes von 11,73 m Länge und 17 m Tiefe nicht wegen Rücksichtlosigkeit gegenüber dem Antragsteller unzulässig sei. Auch die erkennende Kammer habe bestätigt, dass eine grenzständige Bebauung des Vordergebäudes in der genehmigten Tiefe planungsrechtlich vorgegeben und insoweit zulässig sei mit der Folge, dass keine Abstandsflächen zu Lasten des Antragstellers ausgelöst werden.

Hinsichtlich des Rückgebäudes verweist die Beigeladene auf die Rechtsprechung des BayVGH vom 26. Januar 2000, Az. 26 CS 09.2733. Die Form der Abstufung sei gerade deshalb gewählt worden, um den Belangen des Antragstellers Rechnung zu tragen.

Höchst vorsorglich habe die Beigeladene nochmals einen Abweichungsantrag gestellt, der von Seiten der Antragsgegnerin auch im Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilt worden sei.

Die gerügte Einsichtnahmemöglichkeit in das Anwesen des Antragstellers sei kein nachbarschützender Belang, wie der BayVGH für einen derart verdichteten Bereich bereits entschieden habe.

Mit Schreiben vom 9. März 2017 beantragt die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, die zum Grundstück des Antragstellers hin erteilten Abweichungen Nummer 4 und die im Nachgangsbescheid vom 08.03.2017 erteilte (vorsorglich) erteilte Abweichung Nummer 8 seien rechtmäßig.

Selbst bei Unterstellen der Rechtswidrigkeit könne sich der Antragsteller wegen § 242 BGB nicht darauf berufen. Das Gebäude des Antragstellers werfe selbst insgesamt 39,52 m² seiner Abstandsflächen auf das Vorhabengrundstück. Das Bauvorhaben seinerseits werfe auf das Grundstück des Antragstellers dagegen nur 23,19 m² seiner Abstandsfläche.

Die östliche grenzständig zu errichtende Außenwand des Vordergebäudes löse keine Abstandsflächen aus. Die Bebauungstiefe sei im Geviert bereits vorhanden und damit zulässig. Abgesehen davon handele es sich vorliegend um geschlossene Bauweise.

Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liege nicht vor. Unzumutbare Beeinträchtigungen hinsichtlich Licht- und Luftverhältnissen oder des Sozialabstandes seien nicht ersichtlich. Auch würden keine neuen, nicht hinzunehmenden Einsichtmöglichkeiten durch das Vorhaben geschaffen. Eine „einmauernde“, „erdrückende“ oder „abriegelnde“ Wirkung gegenüber der Bebauung des Grundstücks des Antragstellers komme dem Vorhaben nicht zu. Der Baukörper sei nicht erheblich höher als das betroffene Gebäude des Antragstellers.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 verletzt bei summarischer Prüfung nicht das Rücksichtnahmegebot. Daher ist der Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Übrigen verletzt die Baugenehmigung zwar möglicherweise nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, der Antragsteller kann sich hierauf aber gemäß § 242 BGB analog nicht berufen.

1. Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung eine Anfechtungsklage ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 146; Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 73 ff.).

2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244/96 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2132 - juris Rn. 3).

3. Zunächst ist festzustellen, dass der Antragsteller nicht durch den bestandskräftigen Vorbescheid vom 16. Oktober 2013 (Art. 71 BayBO) daran gehindert ist, gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 gerichtlich vorzugehen.

Der sachliche Umfang der Bindungswirkung eines Vorbescheids ergibt sich aus den im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen und den dem Vorbescheidsantrag zu Grunde liegenden Planzeichnungen (vgl. Decker: in Simon/Busse, BayBO, 122. EL Januar 2016, Art. 71 Rn. 103). Die Bindung erstreckt sich nur auf Vorhaben, die inhaltlich dem Vorbescheid vollständig entsprechen oder von diesem ohne Veränderung der Grundkonzeption allenfalls geringfügig abweichen (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 8). Das Vorhaben darf mithin nicht derart verändert werden, dass wegen dieser Änderung die Genehmigungsfrage in bauplanungsrechtlicher und/oder bauordnungsrechtlicher Hinsicht erneut aufgeworfen wird. Wird das Vorhaben derart verändert, dass es in rechtserheblicher Weise von den entschiedenen Punkten abweicht und die Genehmigungsfrage neu aufwirft, entfällt die Bindungswirkung des Vorbescheids (vgl. BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341 f.; BayVGH, B.v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 8).

Das im Baugenehmigungsverfahren genehmigte Vorhaben ist bereits durch die Veränderung der Wand- und Firsthöhen des Vordergebäudes und durch die geplante Terrasse im Dachgeschoss sowie durch die hierdurch verursachte Änderung der abstandsflächenrechtlichen Situation gegenüber der des Vorbescheidsvorhabens nicht mehr im ausreichenden Umfang mit dem ursprünglich geplanten Bauvorhaben identisch. Hinzu kommt, dass das mit streitgegenständlicher Baugenehmigung genehmigte Rückgebäude - das ein Teil des einheitlichen Gesamtvorhabens ist - anders situiert werden soll, als das im Vorbescheidsverfahren abgefragte Rückgebäude. Auch aus diesem Grund weicht das streitgegenständliche Vorhaben von dem Vorbescheidsvorhaben so weit ab, dass eine Bindungswirkung des Vorbescheids vom 16. Oktober 2013 nicht mehr angenommen werden kann. Die Änderungen in dem Baugenehmigungsverfahren haben zur Folge, dass sich die Prüfungsvoraussetzungen in bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Hinsicht geändert haben. Das streitgegenständliche Vorhaben, das ein an drei Grundstücksgrenzen angebautes Rückgebäude beinhaltet, erfordert eine erneute Prüfung im Hinblick auf das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme sowie - aufgrund der veränderten Wand- und Firsthöhen des Vordergebäudes - eine abstandsflächenrechtliche Neubetrachtung, was zum Entfall der Bindungswirkung des Vorbescheids führt (vgl. BayVGH, U.v. 4.11.1996 - 1 B 94.2923 - BayVBl. 1997, 341 f.).

4. Zudem ist vorab festzustellen, dass die eingereichten Planunterlagen vollständig und verständlich sind, sodass sie eine geeignete Grundlage für die Baugenehmigung sein können.

Die in dem Beschluss vom 10. November 2016 - M 8 SN 16.3499 - festgestellte Mängel der Planunterlagen wurden beseitigt.

Durch die Beifügung der Anlage „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ werden die Abstandsflächen entsprechend der Vorgaben der Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO, § 1 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 3 Nr. 13 BauVorlV dargestellt.

Dies gilt insbesondere für die Abstandsflächen des grenzständigen Rückgebäudes zum Grundstück des Antragstellers (im Plan als „ABSTANDSFLÄCHE RGB 15,15 M²; (6) ANTRAG ABW.AF RGB AUF LI38“ bezeichnet).

Die fehlende Darstellung von Abstandsflächen von den hofseitigen Balkonen ist nicht zu beanstanden, da diese - entgegen des ursprünglichen Bauvorhabens - bei der Bemessung der Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO außer Betracht bleiben. Statt der ursprünglichen Tiefe der Balkone von 1,7 m, sind die Balkone in den Plänen nunmehr mit einer Tiefe von 1,5 m vermasst, sodass die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. b BayBO erfüllt ist; auch die übrigen, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO sind gegeben, da der breiteste Balkon mit 3,85 m nicht mehr als ein Drittel der Breite der nördlichen Außenwand (ca. 12,6 m) ausmacht (Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. a BayBO) und der Abstand zum gegenüberliegenden Nachbarn deutlich mehr als 2 m beträgt (Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 lit. c BayBO).

5. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt ist.

5.1 Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12).

Für die Verletzung von nachbarlichen Rechten kommt es daher vorliegend allein darauf an, ob das Vorhaben die mit dem Gebot des Einfügens (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) geforderte Rücksichtnahme auf den Antragsteller einhält (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12; B.v. 12.12.2013 - 2 ZB 12.1513 - juris Rn. 4).

Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Das Rücksichtnahmegebot ist dann verletzt, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was billigerweise noch zumutbar ist, überschritten wird (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22.75 - juris Rn. 22).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85 - juris Rn. 15: drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris Rn. 23; B .v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 2 CS 15.17 n.v.). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 19.03.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 23.4.2014 - 9 CS 14.222 - juris Rn. 12 m.w.N.). Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9; BayVGH B.v. 9.2.2015 - 2 CS 15.17 n.v).

5.2 Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben nicht als rücksichtlos dar.

Zunächst ist festzustellen, dass einer etwaigen Nichteinhaltung der Abstandsflächen keine Indizwirkung hinsichtlich einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots zukommt. Vielmehr gilt eine entsprechende Indizwirkung nur umgekehrt, sodass bei Einhaltung der landesrechtlich geltenden Abstandsflächen regelmäßig die Wahrung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots anzunehmen ist (BayVGH, B.v. 5.11.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 29).

Ein „übergroßer“ Baukörper in unmittelbarer Nähe des Grundstücks des Antragstellers liegt nicht vor.

Die Höhe des geplanten Vordergebäudes (Firsthöhe: 19,15 m) übersteigt die des Gebäudes des Antragstellers (Firsthöhe: 19,7 m) nicht, sodass sich das Vorhaben diesbezüglich in die nähere Umgebung einfügt und nicht als rücksichtlos darstellt.

Hinsichtlich des geplanten Rückgebäudes gilt dies entsprechend, da dieses die Höhe des Rückgebäudes der …-strasse 42 (Wandhöhe ca. 6,65 m) mit 6,20 m unterschreitet.

Auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche fügt sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein. Selbst wenn man die größeren Bebauungstiefen der …-strasse 36 und 44 als nicht maßstabbildend ansehen würde, da die Gebäude …-strasse 38 - 42 sich hiervon strukturell unterscheiden, wird durch die Bebauungstiefe der …-strasse 42 (18 m) der Maßstab für die Gebäude …-strasse 38 und 40 vorgegeben. Abgesehen davon wird von dem Rückgebäude der …-strasse 42 eine Bebauungstiefe von ca. 34 m verwirklicht, da die Bebauungstiefe grundsätzlich von der Erschließungsstrasse her zu ermitteln ist (vgl. § 23 Abs. 4 BauNVO).

Keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist dagegen in der behaupteten Abweichung des Bauvorhabens von der laut Antragsteller vorhandenen geschlossenen Bauweise bis zu einer bestimmten Bebauungstiefe zu sehen. Die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen. (BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 -, juris Rn. 7; BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 -, juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 15.12.1994 - 4 C 19/93 -, juris Rn. 17). Dies ist auch im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots zu beachten. Die vom Antragsteller vorgetragene Kombination zweier Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB kann daher kein Maßstab für das Einfügen bzw. das Rücksichtnahmegebot sein.

Auch eine „einmauernde“ Wirkung des Vorhabens auf das Grundstück des Antragstellers besteht nicht.

Hinsichtlich des geplanten Vordergebäudes auf dem Vorhabengrundstück ist anzumerken, dass eine unverbaute, nicht beeinträchtigte Sicht im innerstädtischen Bereich nicht verlangt werden kann. Ein solches Interesse ist wegen der notwendigen Verdichtung zur Schaffung von Wohnraum nicht schützenswert, vgl. § 1a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BauGB. Der Blick vom Grundstück des Antragstellers war zudem nach Westen hin auch bisher schon durch die früheren Gebäude auf dem streitgegenständlichen Grundstück eingeschränkt. Diese Beschränkung dürfte mit der früheren Bebauung auf dem streitgegenständlichen Grundstück wohl sogar größer gewesen sein. Denn neben dem dort befindlichen, früheren Vordergebäude mit gleicher Bebauungstiefe wie das jetzige Vorhaben, war das frühere Rückgebäude entlang der nordwestlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück …-strasse 42 situiert, sodass früher ein fast geschlossener „Riegel“ nach Westen hin bestand. Schließlich überragt das geplante Vordergebäude das Gebäude des Antragstellers mit seiner Höhe trotz der unterschiedlichen Geschosszahl nicht bzw. nicht erheblich (s.o.).

Das streitgegenständliche Vordergebäude ist zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze 6 m tiefer als der dort vorhandene Gebäudeteil des Antragstellers. Von einer einmauernden Wirkung des ebenfalls viergeschossigen, nach Nordosten vorspringenden Gebäudeteils des Antragstellers kann aber nicht ausgegangen werden, da dieser einen Abstand von knapp 7 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze aufweist.

Die Beschränkung der Sicht nach Norden hin durch das Rückgebäude des streitgegenständlichen Grundstücks wird dadurch abgemildert, dass neben dem freien Blick auf das Grundstück mit Fl.Nr. … auch durch das zurückgesetzte Terrassengeschoss des Rückgebäudes die Sicht nach Norden hin erleichtert wird. Die zurückgesetzte Bebauung steht auch angesichts der wohl zulässigen, zweigeschossigen Grenzbebauung im Einklang mit dem Rücksichtnahmegebot. Zudem befindet sich das Rückgebäude in deutlicher Entfernung von der Wohnnutzung auf dem Grundstück des Antragstellers. Gerade für die Bewohner in den oberen Etagen wird das zwei- bzw. eingeschossige Rückgebäude kaum beeinträchtigende Wirkung entfalten.

5.3 Im Übrigen gibt das Rücksichtnahmegebot dem Nachbarn insbesondere nicht das Recht, vor jeglicher Beeinträchtigung, speziell vor jeglichen Einblicken verschont zu bleiben (vgl. Sächs. OVG, B.v. 23.2.2010 - 1 B 581/09 - juris Rn. 5). Gegenseitige Einsichtnahmemöglichkeiten sind im dicht bebauten innerstädtischen Bereich unvermeidlich. Die - auch insoweit gegenseitig - Betroffenen können sich durch das Anbringen von Jalousien oder verspiegelten Fenstern behelfen (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.2010 - 2 B 09.328 - juris Rn. 30).

Gemessen daran liegt auch hinsichtlich vermeintlicher Einsichtnahmemöglichkeiten keine Rücksichtlosigkeit vor. Im nördlichen Teil des Grundstücks des Antragstellers findet sich keine Bebauung, sodass die Einsicht von der Terrasse im ersten Obergeschoss des Rückgebäudes auf das Grundstück des Antragstellers nicht auf Wohnbereiche möglich ist, sondern lediglich auf die Freifläche im rückwärtigen Grundstücksteil des Antragstellers. Die Entfernung von der Terrasse des Rückgebäudes zur Wohnnutzung auf dem Grundstück des Antragstellers ist mit ca. 7 m Luftlinie erheblich; eine dennoch möglicherweise entstehende Beeinträchtigung ist als zumutbar hinzunehmen.

Vom Vordergebäude sind Einsichtmöglichkeiten nicht zu befürchten, da eine Einsicht von den Balkonen ebenfalls nur auf die Freifläche des Grundstücks des Antragstellers möglich sein dürfte; direkt zu dem Grundstück des Antragstellers ausgerichtete Fenster existieren nicht.

6. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte des Antragstellers verstößt (6.2), die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, Art. 59 Satz 1 BayBO (6.1) (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Antragsteller sich jedoch hierauf aufgrund der auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsätze von Treu und Glauben nicht berufen kann (6.3).

6.1 Das beantragte Bauvorhaben, das keinen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt, wurde im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO genehmigt. Da die Beigeladene zum Grundstück des Antragstellers Abweichungen von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach Art. 6 BayBO beantragt und die Antragsgegnerin diese gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO in der Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 bzw. mit Nachgangsbescheid vom 8. März 2017 erteilt hat, gehören die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO auch zum Prüfumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung, sodass sie im Rahmen des Nachbarrechtsbehelfes zu prüfen sind (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 5.11.2015 - 15 B 15.1371 - juris Rn. 15).

6.2 In bauordnungsrechtlicher Hinsicht stellen sich die in der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 in der Fassung des Nachgangsbescheides vom 8. März 2017 erteilten Abweichungen Nummer 4 und 8 bei summarischer Prüfung wohl als rechtswidrig dar.

6.2.1 Der straßenseitige Erker auf dem streitgegenständlichen Grundstück löst gemäß Art. 6 Abs. 1 und Abs. 5 BayBO Abstandsflächen aus, da Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht bei mehrgeschossigen Erkern - wie dem vorliegenden - anwendbar ist. Die nach Osten hin einzuhaltende Abstandsfläche von 11,7 m² (ca. 11,7 m mal 1 m) liegt jedoch mit 8,04 m² (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung) auf dem Grundstück des Antragstellers, weshalb ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO gegeben ist. Insoweit ist eine rechtmäßige Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderlich ist, damit die Baugenehmigung für das Vorhaben gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO erteilt werden darf.

6.2.2 Zwar löst die östliche Außenwand des streitgegenständlichen Rückgebäudes gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen aus, soweit das Gebäude an den Grundstücksgrenzen errichtet ist, da ein Grenzanbau nach der planungsrechtlichen Regelungen des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig ist (6.2.2.1). Jedoch fällt für die nach Westen zurückversetzte Außenwand des Terrassengeschosses eine Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 BayBO an, die entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht vollständig auf dem streitgegenständlichen Grundstück, sondern mit 15,15 m² auf dem Grundstück des Antragstellers liegt (6.2.2.2).

6.2.2.1 Der Grenzanbau ist nach der planungsrechtlichen Regelung des § 34 Abs. 1 BauGB zulässig.

Ob ein Grenzanbau im fraglichen Grundstücksbereich (dem Grunde nach) zulässig ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitskriterium der Bauweise, unter Umständen auch nach der überbaubaren Grundstücksfläche (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung zur BayBO 2008, LT-Drs. 15/7161, S. 41 und Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 6 Rn. 61, 82 und 83), wobei das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen bei Innenbereichsvorhaben, wenn entsprechende planerische Festsetzungen durch einfachen Bebauungsplan nicht getroffen wurden, gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Maßgabe des Einfügensgebots im Hinblick auf Eigenart der näheren Umgebung zu bestimmen ist.

Selbst wenn vorliegend für die Prüfung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB ein engerer Umgriff - bestehend aus den drei unmittelbar angrenzenden Grundstücken …-strasse 38, 40 und 42 - herangezogen wird, sind für eine grenzständige rückwärtige Bebauung entsprechende Vorbilder vorhanden. Das westlich benachbarte Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, ist im rückwärtigen Bereich mit einem grenzständigen Gebäude mit genehmigter Hauptnutzung im 1. Obergeschoss bebaut, an das sich das streitgegenständige Rückgebäude anschließen soll. Auch das Vorhabengrundstück war zuvor mit einem eingeschossigen, grenzständigen Rückgebäude bebaut, das der Aufenthaltsnutzung diente.

Auch hinsichtlich des Einfügungskriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche, die regelmäßig in Bezug auf die jeweilige Erschließungsstraße zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, B.v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - juris Rn. 4), können hier das rückwärtige Bestandsgebäude auf dem Vorhabengrundstück sowie das westlich benachbarte Rückgebäude als Vorbilder herangezogen werden.

6.2.2.2 Die Regelung des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO kommt allerdings nicht zur Anwendung, soweit die Außenwände der von der Grundstücksgrenze zurückversetzten Terrassengeschosse nicht unmittelbar an der Grundstücksgrenze stehen. Vor diesen zurückgesetzten Außenwänden ist eine Abstandsfläche nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO einzuhalten. Dabei berechnet sich die Abstandsfläche nach aktueller Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B.v. 11.11.2015 - 2 CS 15.1251 - juris Rn. 4) nach der fiktiv nach unten bis zum Schnitt mit der Geländeoberfläche verlängerten Außenwand der Staffelgeschosse und nicht von der Höhe des zurückgesetzten Wandteils ab dem Austrittspunkt aus dem auf die Grundstücksgrenze gebauten Gebäudeteil (so bislang allerdings BayVGH folgend dem B.v. 26.1.2000 - 26 CS 99.2733 - juris mit Blick auf den Rechtsgedanken des Art. 6 Abs. 1 Satz 4 BayBO 1998).

Unter Zugrundlegung der aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kommt vor der östlichen Außenwand eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 6,25 m (die fiktive Wandhöhe des Terrassengeschosses) und einer Breite von 5,10 m zu liegen. Von dieser Abstandsfläche von insgesamt 31,88 m² liegen 15,03 m² auf dem streitgegenständlichen Grundstück, 1,70 m² auf dem Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …, … … (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung), und 15,15 m² auf dem Grundstück des Antragstellers (abgegriffen aus der Abstandsflächendarstellung).

Die gesetzliche Abstandsfläche liegt daher entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO nicht (vollständig) auf dem eigenen Grundstück, weshalb insoweit eine rechtmäßige Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderlich ist, damit die Baugenehmigung für das Vorhaben gem. Art. 69 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO erteilt werden darf.

6.2.3 Gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Die Zulassung einer Abweichung setzt Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2014 - 2 ZB 13.530 - juris Rn. 3; B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). Es müssen rechtlich erhebliche Unterschiede vorliegen, die das Vorhaben als einen sich von der Regel unterscheidenden atypischen Fall erscheinen lassen und dadurch eine Abweichung rechtfertigen können (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2014 - 1 B 14.819 - juris Rn. 15; B.v. 11.12.2014 - 15 CS 14.1710 - juris Rn. 19). Diese können sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder dem Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2014 - 2 ZB 14.2077 - juris Rn. 4; B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16). In solchen Lagen kann auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen. Hingegen begründen allein Wünsche eines Eigentümers, sein Grundstück stärker auszunutzen als dies ohnehin schon zulässig wäre, noch keine Atypik, da Modernisierungsmaßnahmen, die nur der Gewinnmaximierung dienen sollen, auch in Ballungsräumen nicht besonders schützenswert sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2014 - 2 CS 14.2199 - juris Rn. 4; B.v. 2.12.2014 - 2 ZB 14.2077 - juris Rn. 3).

Liegt die erforderliche Atypik nicht vor, erweist sich eine trotzdem erteilte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Abstandsflächen von vornherein als rechtswidrig und ist auf eine Nachbarklage hin die Baugenehmigung grundsätzlich aufzuheben (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 - 15 ZB 12.1152 - juris Rn. 16).

6.2.4 Eine derartige Sondersituation (Atypik) ist im vorliegenden Fall hinsichtlich der streitgegenständlichen Abweichungen nicht gegeben, sodass die Erteilungen der Abweichungen aus diesem Grund bereits rechtswidrig sind.

6.2.4.1 Hinsichtlich des Erkers ist keine Sondersituation ersichtlich, die eine Abweichung rechtfertigen könnte. Insbesondere liegt straßenseitig ein normaler Grundstückszuschnitt vor. Auch aus der Begründung der Erteilung der Abweichung durch die Antragstellerin geht keine Atypik hervor. Die bloße Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch Nachbarn rechtfertigt nicht die Erteilung einer Abweichung. Dies stellt vor allem keine besondere städtebauliche Situation dar. Die Nutzung der Grundstücks durch Bebauung mit einem Wohnhaus ist auch ohne den Erker möglich.

6.2.4.2 Hinsichtlich des Rückgebäudes ist der Grundstückszuschnitt des streitgegenständlichen Grundstücks im Norden zwar grundsätzlich als atypisch zu bezeichnen, da die nordöstliche Grundstücksgrenze zum Grundstück mit Fl.Nr. … nicht rechtwinklig zur nordwestlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. …, und zur nordöstlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers verläuft.

Jedoch ist die Atypik nicht die Ursache, dass die Abstandsfläche nicht eingehalten wird. Der Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayBO liegt allein in der Kubatur des geplanten Rückgebäudes begründet. Ein einheitlich eingeschossiges Rückgebäude müsste wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers einhalten. Auch ein um weitere ca. 3 m zurückgesetztes Terrassengeschoss würde die Abstandsfläche zum Grundstück des Antragstellers die Abstandsflächen einhalten können.

Eine besondere städtebauliche Situation, die die Erteilung einer Abweichung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich (s.o.).

6.3 Dies führt voraussichtlich gleichwohl nicht zum Erfolg der Anfechtungsklage, da sich der Antragsteller aufgrund des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) hierauf nicht berufen kann.

Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B.v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).

Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VG München, U.v. 30.6.2014 - M 8 K 13.1102 - juris Rn. 54). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren (VG München, B.v. 12.8.2016 - M 8 SN 16.2967 -, juris Rn. 48).

Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43).

Hier verstößt der Antragsteller selbst in erheblichem Umfang gegen die Abstandsflächenvorgaben des Art. 6 BayBO.

Dies betrifft zunächst die Abstandsfläche, die von dem straßenseitigen Erker des Gebäudes des Antragstellers ausgelöst wird. Da dieser viergeschossig ist, ist Art. 6 Abs. 8 Nr. 2 BayBO nicht anzuwenden, sodass Abstandsflächen nach Art. 6 Abs. 1 und Abs. 4 BayBO einzuhalten sind. Wie aus der „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ ersichtlich wird, liegt ein Teil der einzuhaltenden Abstandsfläche, 10,12 m², entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Zudem muss der rückwärtige Gebäudevorsprung des Antragstellers Abstandsflächen einhalten. Wie aus der „ANLAGE LAGEPLÄNE ABWEICHUNGEN ABSTANDSFL. M. 1/200“ ersichtlich wird, liegt ein Teil der einzuhaltenden Abstandsfläche, 29,40 m², m², entgegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO auf dem streitgegenständlichen Grundstück der Beigeladenen.

Bei wertender Betrachtung stellen sich die Verstöße der Abstandsflächenvorschriften durch den Antragsteller im Vergleich zu den Verstößen durch das streitgegenständliche Bauvorhaben der Beigeladenen zumindest als gleichwertig, wenn nicht sogar als schwerwiegender dar, sodass die Forderung des Antragstellers auf Einhaltung der Abstandsflächen unbillig ist.

Während sich die Verstöße hinsichtlich der jeweiligen straßenseitigen Erker noch als gleichwertig darstellen (8,04 m² bzw. 10,12 m²), ist der Verstoß durch den nordöstlichen Gebäudevorsprung des Antragstellers mit 29,40 m² gegenüber dem Verstoß durch das geplante Rückgebäude mit 15,15 m² fast doppelt so groß. Erschwerend kommt hinzu, dass die Abstandsfläche durch das Rückgebäude zudem auf einem unbebauten Teil des Grundstücks des Antragstellers, deutlich entfernt von der Wohnnutzung im Gebäude des Antragstellers, liegt, wohingegen die Abstandsfläche des Gebäudevorsprungs des Antragstellers - bisher und auch nach dem geplanten Vorhaben - unmittelbar die Wohnnutzung betrifft (vgl. Abstandsflächendarstellung). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die geplanten hofseitigen Terrassen im 4. Obergeschoss und im Dachgeschoss des Vordergebäudes auf dem Vorhabengrundstück, die Belichtungsbeschränkungen unterliegen.

Schlechterdings untragbare, als Missstand zu qualifizierende Verhältnisse entstehen dadurch, dass dem Antragsteller die Möglichkeit sich auf die Abstandsflächenverstöße des Beigeladenen zu berufen verwehrt wird, nicht. Von den Verstößen ist die besonders schützenswerte Wohnnutzung nicht bzw. kaum betroffen.

6.4 Das Vordergebäude des Bauvorhabens hat dagegen wegen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO keine Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers einzuhalten.

Die Beigeladene darf nach planungsrechtlichen Vorschriften - hier nach § 34 Abs. 1 BauGB - an die Grundstücksgrenze zum Grundstück des Antragstellers bauen, da in der näheren Umgebung Vorbilder für eine geschlossene Bauweise vorhanden sind und sich deshalb das Bauvorhaben mit Grenzanbau im Osten in die nähere Umgebung einfügt.

Als Vorbild ist hierbei zunächst das Rückgebäude auf dem Grundstück …-strasse 42, Fl.Nr. … zu nennen. Hier erfolgt ein Grenzanbau sogar an drei Grundstücksgrenzen im Westen, Norden und Osten. Auch auf dem Vorhabengrundstück war das frühere Rückgebäude auf zwei Seiten (Westen und Norden) grenzständig errichtet worden. Zudem wurde auch das frühere Vordergebäude des Vorhabengrundstücks an zwei Seiten, im Westen vollständig, im Osten überwiegend, grenzständig errichtet.

Wegen dieser Vorbilder ist es unschädlich, dass die (Vorder-)Gebäude auf beiden, im Westen und Osten zum Vorhabengrundstück benachbarten Grundstücken nur einseitig grenzständig bebaut sind. Denn eine einheitliche Bauweise hinsichtlich Baugrenzen und Bebauungstiefen besteht ersichtlich nicht. Lediglich die festgesetzte, vordere Baulinie ist einheitlich, wobei sich auch diesbezüglich faktische Unterschiede bei den drei benachbarten Grundstücken ergeben. Somit fügt sich ein Grenzanbau in die nähere Umgebung ein.

7. Mangels Rechtsverletzung des Antragstellers durch die streitgegenständliche Baugenehmigung war den Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Es entspricht billigem Ermessen im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.