Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger stand bis zu der hier streitgegenständlichen Ruhestandsversetzung als verbeamteter Flussmeister (Besoldungsgruppe A8 Stufe10) beim Landratsamt R. in Diensten des Beklagten. Zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung hatte er - soweit er dies der Regierung von O. (im Folgenden: „Regierung“) mitgeteilt hatte - einen Grad der Behinderung von 40.

Bei der Überprüfung einer Abwasseranlage der „T. Al“ am … Juni 2011 stürzte der Kläger und verdrehte sich das Knie. Dieser Vorfall wurde mit Bescheid vom 25. Juli 2012 als Dienstunfall und eine dabei erlittene Distorsion der Bizepssehne als Dienstunfallfolge anerkannt. Die Anerkennung weiterer Körperschäden als Dienstunfallfolge wurde abgelehnt.

Am … Dezember 2014 unterzog sich der Kläger aufgrund einer Anordnung der Regierung einer amtsärztlichen Untersuchung bei der Medizinischen Untersuchungsstelle der Regierung (im Folgenden: „MUS“) durch die Fachärztin für Psychiatrie, Suchtmedizinische Grundversorgung und Verkehrsmedizin Frau Dr. B.-W. Diese empfahl zur abschließenden Begutachtung die Einholung einer Schädel-Magnetresonanztomographie (im Folgenden: „MRT“; auch Kernspintomographie genannt) des Klägers sowie eine ergänzende Untersuchung durch Frau Dipl.-Psychologin M. Einen zunächst für den … Februar 2015 terminierten Untersuchungstermin bei Frau Dipl.-Psychologin M. nahm der Kläger aufgrund einer Hand-Operation nicht wahr. In der Folge legte Frau Dr. G. der MUS unter dem … März 2015 ein nur vorläufiges Gesundheitszeugnis für den Kläger vor, wonach die Untersuchung am … Dezember 2014 gravierende Hinweise auf eine organische Erkrankung im neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet ergeben habe. Im September 2015 teilte Frau Dr. B.-W. mit, dass sie eine MRT-Untersuchung des Gehirns des Klägers in Auftrag gegeben habe und hoffe, der Kläger werde dort einen Termin wahrnehmen. Am … September sowie am … Oktober 2015 nahm der Kläger einen Termin bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. wahr und leitete die Rechnung im Dezember 2015 an die MUS - jedoch ohne Befunde - weiter. Daher forderte Frau Dr. B.-W. den Kläger mit Schreiben vom 23. Dezember 2015 auf, Befunde von Dr. L. vorzulegen und einen Termin zur MRT-Untersuchung wahrzunehmen. Da der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkam, forderte die Regierung den Kläger mit Schreiben vom … Februar 2016 auf, Befunde von Dr. L. und das Ergebnis einer MRT-Untersuchung bis spätestens … Februar 2016 bei der MUS vorzulegen. Am … März 2016 unterzog sich der Kläger einer MRT-Untersuchung des Schädels. Unter dem … April 2016 erstellte Fr. Dr. B.-W. ein Gesundheitszeugnis für den Kläger unter Einbeziehung der Ergebnisse ihrer Untersuchung des Klägers vom … Dezember 2014, eines Attests des Nervenarztes Dr. L. vom ... November 2015 (das in dem Gesundheitszeugnis genannte Jahr „2012“ ist wohl ein Schreibfehler), eines neuropsychologischen Gutachtens der Dipl.-Psychologin Frau M. vom ... Mai 2015 sowie des MRT-Befunds des Schädels des Klägers vom ... März 2016 und kam zu dem Schluss, dass der Kläger aufgrund eines komplexen psychoorganischen Störungsbildes auf Dauer nicht in der Lage sein werde, seine Dienstpflichten adäquat zu erfüllen.

Mit Schreiben vom … April 2016 hörte die Regierung den Kläger zu der aufgrund des Gesundheitszeugnisses vom … April 2016 beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit an. Der Landrat des Landkreises R. teilte der Regierung unter dem … April 2016 mit, dass er den Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd dienstunfähig halte. Unter dem … Mai 2016 äußerte der Kläger gegenüber der Regierung, dass das Gesundheitszeugnis vom … April 2016 nicht den Tatsachen entspreche, sodass die Regierung eine erneute amtsärztliche Untersuchung des Klägers durch die MUS am ... Juli 2016 veranlasste.

Aufgrund dieser Untersuchung kam die begutachtende Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Frau Dr. R. in ihrem Gesundheitszeugnis an die Regierung vom … Juli 2016 zu dem Schluss, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers aufgrund psychischer Beeinträchtigungen dauerhaft eingeschränkt sei und er die an seine Tätigkeit gestellten Anforderungen nicht in vollem Umfang erfüllen könne. Es sei jedoch genug Leistungsfähigkeit vorhanden, damit der Kläger seinen Dienst weiter ausüben könne. Verantwortliche Tätigkeiten sollten ihm jedoch nicht zugeteilt werden. Für eine abschließende gutachterliche Stellungnahme sei die Vorstellungen des Klägers in einer speziellen fachärztlichen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der technischen Universität M. erforderlich.

Mit Bescheid vom 21. Juli 2016, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 26. Juli 2016 zugestellt, forderte die Regierung den Kläger unter Beifügung des Gesundheitszeugnisses vom … Juli 2016 auf, (1.) eine notwendige fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung zu beginnen bzw. fortzuführen, (2.) sich in einer speziellen fachärztlichen Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der technischen Universität M. vorzustellen und (3.) einschlägige Rückmeldungen, Bescheinigungen, Stellungnahmen, Diagnosen, usw. bis zum … Dezember 2016 vorzulegen.

Mit Schreiben vom … August 2016, eingegangen bei der Regierung am … August 2016, teilte der Kläger der Regierung mit, dass ihr Schreiben vom … Juli 2016 so nicht hinnehmbar sei. Mit weiterem Schreiben vom … September 2016, eingegangen bei der Regierung am … September 2016, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Juli 2016 ein. Diesen wies die Regierung unter dem … Oktober 2016 wegen Verfristung zurück.

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2016, eingegangen bei Gericht am 28. Oktober 2016, bat der Kläger das Gericht unter Bezugnahme auf verschiedene Anlagen (Schreiben der Regierung vom …6.2016; Schreiben an die Regierung vom …8.2016, E-Mail an die Regierung vom …5.2016, Aktennotiz an die Regierung vom …10.2016, Schreibens an die Regierung vom …10.2016, Auszug aus dem oberbayerischen Volksblatt) um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung, welches er mit Schreiben vom … November 2016 unter ausdrücklicher Klageerhebung präzisierte (Az. M 5 K 16.5162).

Unter dem … Dezember 2016 und erneut unter dem ... März 2017 forderte die Regierung den Kläger auf, die Umsetzung der in ihrem Schreiben vom … Juli 2016 geforderten Maßnahmen nachzuweisen und sich unter Vorlage der angeforderten Dokumente einer amtsärztlichen Untersuchung bei der MUS zu unterziehen.

Mit Schreiben vom … März 2017 bat die Regierung den Kläger, sich am … April 2017 zu einem Termin in der MUS zwecks amtsärztlicher Untersuchung einzufinden. Aufgrund dieser Untersuchung kam die begutachtende Fachärztin für Neurologie Frau Dr. E. in ihrem Gesundheitszeugnis vom … Mai 2017 zu dem Schluss, dass der Kläger aufgrund von chronischen Funktionsstörungen psychoorganischen Ursprungs dienstunfähig und mit einer Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten und darüber hinaus nicht zu rechnen sei. Seine Dienstfähigkeit sei auf komplexe, nachhaltige und gravierende Weise eingeschränkt. Es bestünde die Notwendigkeit einer fachärztlich-psychiatrischen Behandlung im Rahmen einer stationär-psychiatrischen Aufnahme. Der Charakter der gesundheitlichen Beeinträchtigungen würde auch einen stabilen und geordneten Diensteinsatz in anderen Verwendungen nicht zulassen.

Daraufhin hörte die Regierung den Kläger mit Schreiben vom … Mai 2017, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am … Mai 2017 zugestellt, unter Verweis auf das Gesundheitszeugnis vom … Mai 2017 zu der von ihr beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit mit einmonatiger Stellungnahmefrist an und wies den Kläger auf die Möglichkeit der Beantragung einer Mitwirkung des Personalrats hin. Unter dem … Mai 2017 teilte der Landrat im Landkreis R. der Regierung mit, dass er den Kläger nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd unfähig halte, die Dienstpflichten zu erfüllen.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2017, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 6. Juli 2017 zugestellt, versetzte die Regierung den Kläger unter Berufung auf Art. 66 Abs. 2, 65 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) mit Ende des Monats, in dem ihm die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt wurde, in den Ruhestand. Mit Schreiben vom 6. Juli 2017, eingegangen bei der Regierung am 7. Juli 2017, teilte der Kläger (vertreten durch seinen Bevollmächtigten) mit, dass er mit einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht einverstanden sei.

Gegen die Ruhestandsversetzung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 3. August 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid der Regierung vom 4. Juli 2017 zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand ab dem 1. August 2017 aufzuheben.

Er verweist auf ein ärztliches Attest vom … August 2017. Darin erklärt Dr. G. B. - Facharzt für Allgemeinmedizin -, dass die vorzeitige Aufgabe seines Berufes für den Kläger eine erhebliche psychische Belastung darstelle. Seines Erachtens sei der Kläger für mindestens geringwertige Tätigkeiten weiterhin dienstfähig. Weiter bezieht sich der Kläger auf eine Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamts durch die Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Frau Dr. Bo. vom ... September 2017. Darin ist festgehalten, dass der Gutachter Dr. Be. in seinem nervenärztlichen Gutachten vom … August 2017 zu dem Ergebnis komme, dass eine depressive Störung des Klägers im engeren Sinne nicht wirklich feststellbar sei und sich kein Hinweis auf das Vorliegen eines hirnorganischen Psychosyndroms gegeben habe. Beim Kläger läge eine narzisstisch gestörte Primärpersönlichkeit vor. Daraus folge eine relativ deutlich ausgeprägte Minderung der kognitiven Flexibilität und der Introspektionsfähigkeit sowie eine erhebliche soziale Anpassungsstörung. Zusammenfassend sei zu empfehlen, dem Kläger einen neuen Gesamt-GdB von 50 zu bescheinigen. Der Kläger ist der Ansicht, diese Stellungnahmen belegten seine weiterhin vorhandene Dienstunfähigkeit. Dafür spreche auch, dass er seit 2014 (dem erstmaligen „Feststellen“ seiner angeblichen Dienstunfähigkeit) weiterhin beanstandungsfrei Dienst geleistet habe. Zudem würden sich die verschiedenen Gesundheitszeugnisse der MUS widersprechen und keine konkreten Gutachten darstellen.

Die Regierung - Prozessvertretung - hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben dauerhaft nicht fähig. Dies folge aus dem aus sich heraus verständlichen, plausiblen und nachvollziehbaren Gesundheitszeugnis der MUS vom … Mai 2017. Dieser amtsärztlichen Beurteilung komme als neutrale, unabhängige Einschätzung im Verhältnis zu dem klägerseits vorgelegten privatärztlichen Attest eine vorrangige Bedeutung zu. Zudem erfolge dort keine Auseinandersetzung mit den in dem Gesundheitszeugnis konkret angesprochenen Auffälligkeiten des Klägers. Die versorgungsärztliche Stellungnahme vom … September 2017 nehme zwar ein „hirnorganisches Psychosyndrom oder eine Wesensveränderung“ nicht an, gehe aber in der Konsequenz - weitestgehend übereinstimmend mit dem streitgegenständlichen Gesundheitszeugnis - von einer „gemischten Persönlichkeitsstörung mit daraus resultierender Affektstörung“ aus. Im Übrigen enthalte die versorgungsärztliche Stellungnahme keine Aussage zur Dienst(un) fähigkeit des Klägers, sondern lediglich zum Grad seiner Schwerbehinderung. Auch sei der Kläger ausweislich der Stellungnahme von Frau D., einer Kollegin des Klägers, unter Bezugnahme auf konkrete Einzelvorgänge eben nicht mehr in der Lage gewesen, seine Dienstaufgaben in fachlicher und sozial-kollegialer Art adäquat zu erfüllen.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar hat der Kläger die Klage Az. M 5 K 16.5162 zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 13. Februar 2019 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet und bleibt in der Sache daher erfolglos. Der angefochtene Bescheid der Regierung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Ruhestandsversetzungsverfügung ist § 26 Abs. 1 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - BeamtStG) i.V.m. Art. 66 Abs. 2 Bayerisches Beamtengesetzes - BayBG.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Hierzu bestimmt Art. 65 Abs. 1 BayBG, dass Beamtinnen und Beamte auch dann als dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG angesehen werden können, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig werden.

Soweit - wie vorliegend - die Dienstunfähigkeit umstritten ist, kommt es für die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzungsverfügung materiell-rechtlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (BVerwG, U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1/3 Rn. 10; U.v. 16.10.1997 - 2 C 7/97 - BVerwGE 105, 267; BayVGH, B.v. 12.8.2005 - 3 B 98.1080 - juris; VG München, U.v. 10.12.2014 - M 5 K 14.2534 - juris Rn. 17).

Für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG und des Art. 65 Abs. 1 BayBG reicht es aus, dass keine Aussicht auf Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht. Eine Aussicht auf Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht dann, wenn ein (medizinischer) Sachverhalt vorliegt, aus dem sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ergibt (Summer in Weiss/Niedermaier/ Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: September 2018, Art. 65 BayBG Rn. 4).

Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1/5, Rn. 18). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann, wenn der Amtsarzt über die entsprechende Sachkunde wie der Privatarzt verfügt und seine medizinische Beurteilung in sich stimmig und nachvollziehbar ist (BVerwGE, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.; U.v. 12.10.2006 - 1 D 2/05 - juris Rn. 34).

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, kommt der Behörde kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr handelt es sich um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt somit nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Aus diesem Grund sind die Feststellungen oder Schlussfolgerungen aus ärztlichen Gutachten vom Gericht - in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis - nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen (BVerwG, U.v. 5.6.2014 - 2 C 22.13 - BVerwGE 150, 1/5, Rn. 17; OVG Saarl, U.v. 24.4.2012 - 2 K 984/10 - juris; OVG NW, B.v. 3.2.2012 - 1 B 1490/11 - juris, IÖD 2012, 50; U.v. 22.1.2010 - 1 A 2211/07 - juris).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Ruhestandsversetzungsverfügung zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses am … Juli 2017 rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Sie ist formell rechtmäßig ergangen.

Die Regierung hat dem Kläger als für die Ruhestandsversetzung zuständige Behörde (Art. 71 Abs. 1 Satz 1 BayBG, § 1 Verordnung über beamten-, richter-, besoldungs-, reisekosten-, trennungsgeld- und umzugskostenrechtliche Zuständigkeiten für Staatsbeamte im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr und über die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Versagung der Aussagegenehmigung für Kommunalbeamte - StMI Zuständigkeitsverordnung Beamtenrecht - ZustV-IM) einen Monat nach der erforderlichen Anhörung (Art. 66 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BayBG, Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz - BAyVwVfG) den streitgegenständlichen Bescheid zugestellt und ihn mit dem Ende des Monats, in dem die Zustellung erfolgte, in den Ruhestand versetzt (Art. 66 Abs. 2 Satz 2 BayBG). Eine Beteiligung des Personalrats (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Bayerisches Personalvertretungsgesetz - BayPVG) war mangels entsprechendem Antrag des Klägers und nach Hinweis der Regierung auf diese Möglichkeit (Anhörungsschreiben v. 17.5.2017) nicht erforderlich.

Auch einer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gem. § 95 Abs. 2 Satz 1, § 84 SGB IX (in der bis zum 31.12.2017 geltenden a.F.), Nr. 10.2 und 10.4 Teilhaberichtlinien - Inklusion behinderter Angehöriger des Öffentlichen Dienstes in Bayern (TeilR) bedurfte es nicht, da der Kläger mit einem - jedenfalls bei Entscheidung über die Ruhestandsversetzung bescheinigten und der Regierung bekannten - Grad der Behinderung von 40 (ohne Gleichstellung) zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt nicht ersichtlich schwerbehindert war, vgl. § 2 Abs. 2 SGB IX a.F., Nr. 2.1 TeilR. Dies gilt auch im Hinblick auf den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, ihm sei durch eine Entscheidung des Sozialgerichts München aufgrund der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamts vom ... September 2017 ein Grad der Behinderung von 50 wohl rückwirkend zuerkannt worden. Denn der Kläger hat die Regierung weder über das sozialgerichtliche Klageverfahren noch über dessen - nach Wirksamwerden der Ruhestandsversetzung liegenden - Ausgang in Kenntnis gesetzt. Die Regierung konnte eine mögliche Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers daher gar nicht berücksichtigen. Die Ruhestandsversetzung ist auch nicht unter Berücksichtigung einer ggf. rückwirkenden Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers zum Zeitpunkt seiner Antragstellung formell rechtswidrig. Denn es ist grundsätzlich Sache des Beamten, den Dienstherrn über einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung bzw. ein laufendes Klageverfahren auf Erhöhung des festgestellten Grades der Behinderung zu informieren, wenn er den mit der Schwerbehinderteneigenschaft einhergehenden erhöhten Schutz in Anspruch nehmen will (vgl. BVerwG, B.v. 7.4.2011 - 2 B 79/10 - juris Rn. 6 ff.; Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Aufl. 2019, § 178 SGB IX Rn. 8; teilweise wird dem Arbeitnehmer / Beamten eine Frist zur Mitteilung von drei Wochen ab Zugang der Kündigung / Ruhestandsversetzung zugestanden: Däubler in Deinert/Welti, StichwortKommentar Behindertenrecht, 2. Aufl. 2018, Schwerbehindertenvertretung Rn. 19). Selbst wenn eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erforderlich gewesen wäre, könnte die Aufhebung der Ruhestandsversetzung gem. Art. 46 BayVwVfG wohl nicht allein deshalb beansprucht werden (BVerwG, B.v. 20.12.2010 - 2 B 39/10 - juris Rn. 6; VGH BW, U.v. 4.9.2018 - 4 S 142/18 - juris Rn. 46 ff.).

b) Auch in materieller Hinsicht ist gegen die Ruhestandsversetzungsverfügung nichts zu erinnern. Das der Verfügung zugrunde liegende Gesundheitszeugnis vom … Mai 2017 ist plausibel und widerspruchsfrei.

Konkrete Angaben zu dem Gesundheitszustand des Klägers in Form von Anamnese und Befundung muss und darf es nicht enthalten, da der Amtsarzt dem Dienstherrn gem. Art. 67 Abs. 1 BayBG zum Schutze der Persönlichkeitsrechte des begutachteten Beamten nur die tragenden Feststellungen und Gründe des Gutachtens, nicht aber das zugrunde liegende Gutachten selbst mitteilen darf.

Das Gesundheitszeugnis vom … Mai 2015 steht auch nicht in Widerspruch zu vorherigen Gesundheitszeugnissen der MUS, sondern stellt sich vielmehr als deren konsequente Fortschreibung dar. Sowohl im (vorläufigen) Gesundheitszeugnis vom ... März 2015 als auch im Gesundheitszeugnis vom … April 2016 und auch im Gesundheitszeugnis vom … Juli 2016 wird dem Kläger eine Erkrankung im neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet bzw. ein komplexes psychoorganisches Störungsbild bzw. eine psychische Beeinträchtigung attestiert. Der Umstand, dass die Regierung über einen Zeitraum von zwei Jahren verschiedene Gesundheitszeugnisse in Auftrag gegeben hat, rührt allein daher, dass der Kläger sich einer konstruktiven Mitwirkung an deren Erstellung teilweise verweigerte (Teilnahme an Zusatzuntersuchungen, Beibringung fachärztlicher Befunde) und Einwendungen gegen deren Ergebnisse vorbrachte.

Die amtsärztliche Gesamtbeurteilung in dem Gesundheitszeugnis vom … Mai 2017 wird zudem durch die klägerseits vorgelegte Stellungnahme des ärztlichen Dienstes des Landesversorgungsamts vom … September 2017 gestützt und nicht gar entkräftet. Denn auch demzufolge kommt der begutachtende Herr Dr. Be. - basierend auf einer Untersuchung des Klägers vom … Juli 2017 - zu dem Schluss, dass der Kläger an einer Persönlichkeitsstörung und daraus resultierenden Affektstörung leidet, auch wenn er die Ursache dieses Krankheitsbilds im Gegensatz zu der Amtsärztin nicht im hirn- bzw. psychoorganischen Bereich verortet, sondern aus einer narzisstisch gestörten Primärpersönlichkeit des Klägers herleitet.

Auch das klägerseits beigebrachte privatärztliche Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom … August 2017 steht dem nicht entgegen. Denn zum einen stammt dieses Attest - anders als das Gesundheitszeugnis durch eine Fachärztin für Neurologie - lediglich von einem Allgemeinmediziner. Zudem setzt sich Dr. B. weder mit den Inhalten des Gesundheitszeugnisses vom … Mai 2017 auseinander, noch legt er die tatsächlichen und fachlichen Grundlagen seiner Einschätzung, dass der Kläger mindestens für geringwertige Tätigkeiten weiterhin dienstfähig sei, offen. Substantiierte Einwendungen gegen das der Ruhestandsversetzungsverfügung zugrunde liegende Gesundheitszeugnis werden mithin nicht erhoben. Dementsprechend war die Regierung auch nicht gehalten, das Ergebnis des Gesundheitszeugnisses vom … Mai 2017 erneut zu überprüfen.

Die subjektive Einschätzung des Klägers, dass er seit dem Jahr 2014 bis zu seiner Ruhestandsversetzung „tadellosen“ Dienst geleistet habe, ist für die Beurteilung seines gesundheitlichen Zustands und der daraus folgenden Dienstunfähigkeit grundsätzlich irrelevant und im Übrigen Sache des Dienstherrn. Letzterer hat nachvollziehbar dargelegt, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers aus gesundheitlichen Gründen (Aufmerksamkeits-, Auffassungs- und Denkstörungen, Stimmungsinstabilitäten, Antriebssteigerungen und Unruhezustände, vgl. Gesundheitszeugnis v. … Mai 2017) nicht möglich ist und der positiven Selbstwahrnehmung seiner Dienstleistung eher ein Mangel an selbstkritischer Einschätzung und Einsicht in die eigenen Leistungsgrenzen seitens des Klägers zugrunde liegen (vgl. Gesundheitszeugnis v. … Mai 2017).

3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, 708 Nr. 11 Alt. 2, 711 Zivilprozessordnung.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am ... 1965 geborene Kläger steht als Beamter auf Lebenszeit in Diensten der Beklagten.

Nachdem der Kläger seit 11. Juli 2012 durchgängig dienstunfähig erkrankt war, wurde er amtsärztlich untersucht. Im amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom ... Januar 2013 ist festgehalten, dass der Kläger an einer orthopädischen wie auch internistisch-kardiologischen Erkrankung leide. Die kardiologische Erkrankung erfordere einen operativen Eingriff, der für Ende Februar/Anfang März 2013 geplant sei. Vor dieser Operation bestehe keine Dienstfähigkeit, auch keine Teildienstfähigkeit. Nach durchgeführter Operation sei die Prognose generell gut. Vorbehaltlich des Verlaufs im Einzelfall sei daher mit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate zu rechnen.

Nachdem der Kläger weiter dienstunfähig erkrankt war, wurde er erneut amtsärztlich untersucht. Im Gesundheitszeugnis vom ... Januar 2014 ist festgehalten, dass die orthopädischen Beschwerden keine Rolle mehr spielten. Zur Behandlung der internistisch-kardiologischen Erkrankung habe sich der Kläger für eine alternative Operationsmethode entschieden, bei der ein Spenderorgan benötigt werde. Das bedinge eine nicht absehbare Wartezeit für den Eingriff. Der Beamte habe weiter angegeben, unter belastungsabhängigen Schwindelsymptomen zu leiden und körperlich wie psychisch nicht belastbar zu sein. Er sei daher nicht dienstfähig, nicht teildienstfähig und es bestehe auch keine begrenzte Dienstfähigkeit. Da der Operationszeitpunkt nicht konkret absehbar sei, sei mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate nicht zu rechnen. Nach einer operativen Intervention sei grundsätzlich von einer vollzeitigen Dienstfähigkeit für leichte und mittelschwere Arbeiten auszugehen. Die Amtsärztin stützte sich dabei auf eine von ihr veranlasste ergänzende Begutachtung des Klägers durch einen Internisten und Kardiologen (Bericht Dr. C. vom ... 2014).

Mit Schreiben vom ... Februar 2014 wurde der Kläger dazu gehört, dass beabsichtigt sei, ihn in den Ruhestand aufgrund Dienstunfähigkeit zu versetzen. Die Beteiligung des Personalrats könne hierzu beantragt werden, was der Kläger nicht in Anspruch nahm. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass die Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit derzeit nicht vorlägen. Denn die Prognose für die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit nach dem Eingriff sei gut.

Mit Bescheid vom ... Mai 2014, dem Kläger durch Amtsboten am selben Tag zugestellt, wurde er wegen Dienstunfähigkeit vorübergehend für ein Jahr in den Ruhestand versetzt. Der Ruhestand beginne mit dem Ende des Monats in dem die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt worden sei. Nach dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom ... Januar 2014 lägen die Voraussetzungen für die Versetzung in den Ruhestand vor. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich in der Zukunft eine Besserung des Krankheitszustands ergeben könnte, insbesondere nach einer erfolgreich durchgeführten Operation. Daher werde eine Nachuntersuchung in etwa einem Jahr erfolgen.

Dem Bescheid vom ... Mai 2014 war eine vom Ersten Bürgermeister der Beklagten unterzeichnete Urkunde beigefügt, wonach der Kläger im Namen der Beklagten gemäß Art. 66 des Bayerischen Beamtengesetzes in den Ruhestand versetzt werde.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2014, eingegangen bei Gericht am 13. Juni 2014, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 aufzuheben.

Der Bescheid sei bereits widersprüchlich. Eine vorübergehende Ruhestandsversetzung für ein Jahr sei rechtlich unzulässig. Der Bescheid stehe in Widerspruch zu der Urkunde, die eine solche Einschränkung nicht wiedergebe. Auch die materiellen Voraussetzungen für eine Versetzung in den Ruhestand lägen nicht vor. Es sei derzeit ungewiss, ob der Kläger seine Dienstfähigkeit wiedererlangen werde, hierfür spreche nach einer erfolgreichen Operation viel. Es sei nicht ersichtlich, dass der Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“ hinreichend beachtet worden sei.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Ruhestandsversetzung sei nicht widersprüchlich. Vielmehr ergebe sich aus der Begründung wie der Gesamtschau, dass eine Versetzung in den Ruhestand verfügt worden sei, wobei nach Ablauf eines Jahres eine amtsärztliche Nachuntersuchung zu einer möglichen Reaktivierung erfolge. Aus dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom ... Januar 2014 folge auch, dass die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung vorlägen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2014 zu den Umständen, die die Dienstunfähigkeit des Klägers begründen, sowie zur Erläuterung der Gutachten vom ... Januar 2013 und ... Januar 2014 durch Einvernahme von Medizinaloberrätin Dr. B.L. als sachverständige Zeugin Beweis erhoben. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie insbesondere zum Ergebnis der Beweisaufnahme auf die Niederschrift vom 10. Dezember 2014 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO.

1. Rechtsgrundlage für die Ruhestandsversetzungsverfügung ist § 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) i. V. m. Art. 66 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BayBG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Hierzu bestimmt Art. 65 Abs. 1 BayBG, dass Beamtinnen und Beamte auch dann als dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG angesehen werden können, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig werden.

Soweit - wie vorliegend - die Dienstunfähigkeit umstritten ist, kommt es für die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzungsverfügung materiell-rechtlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (BVerwG, U. v. 16.10.1997 - 2 C 7/97 - BVerwGE 105, 267; BayVGH, B. v. 12.8.2005 - 3 B 98.1080 - juris; VG München, U. v. 14.3.2012 - M 5 K 10.6195).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Ruhestandsverfügung zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses am ... Mai 2014 rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Den formellen Anforderungen des Zwangspensionierungsverfahrens ist die Beklagte nachgekommen, insbesondere wurde der Kläger mit Schreiben vom ... Februar 2014 ordnungsgemäß zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit angehört (Art. 66 Absatz 1 BayBG).

Die angefochtene Verfügung ist auch nicht widersprüchlich oder unbestimmt (Art. 37 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG). Der in Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG geforderten hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes ist Genüge getan, wenn der Regelungsinhalt bestimmbar ist (U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 5). Der Wille der Behörde muss vollständig zum Ausdruck kommen und es muss für die Beteiligten des Verfahrens unzweideutig erkennbar sein, welche Rechtsfolge gewollt ist (U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 37 Rn. 2). Aus der Gesamtschau von Nr. 1 der Verfügung der Beklagten vom ... Mai 2014 mit der Urkunde vom selben Tag folgt, dass der Kläger ohne Einschränkung in den Ruhestand versetzt wurde. Denn maßgeblicher Ausdruck für die Rechtsbeziehung des Klägers zur Beklagten ist die ausgehändigte Urkunde über den Statuswechsel (Nr. 5.2.1.4 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht [VV-BeamtR] vom 13.7.2009, FMBl 2009, 190, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 24. April 2014, FMBl S. 62), die den ebenfalls durch Urkunde zum Ausdruck gebrachten Ernennungsstatus verändert. Auch aus der Begründung des Bescheids vom ... Mai 2014 folgt, dass eine Ruhestandsversetzung aufgrund Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i. V. m. Art. 65 Abs. 1 BayBG erfolgt ist. Denn diese Rechtsfolge ist auf Seite 3 des Verwaltungsaktes ausdrücklich angegeben. Auf der folgenden Seite ist weiter ausgeführt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich in Zukunft eine Besserung des Gesundheitszustands ergeben könne, weshalb eine Nachuntersuchung in etwa einem Jahr erfolgen werde. Das zeigt, dass die Beklagte eine Ruhestandsversetzung des Klägers verfügt hat, wobei nach einem Jahr eine Nachuntersuchung durchgeführt werden soll. Eine vom Gesetz nicht vorgesehene zeitlich beschränkte Wirkung der Ruhestandsversetzung ist aus der objektiven Sicht eines verständigen Adressaten der Verfügung (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 37 Rn. 12) gerade nicht erfolgt. Das wird auch durch die Betreffzeile unterstrichen, in der ausdrücklich die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit angegeben ist.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klagepartei angegebenen Entscheidung des OVG Münster (B. v. 25.2.2008 - 6 B 1896/07 - juris, ZBR 2008, 394 [Leitsatz]). Denn der dortige Gegenstand war die vom Dienstherrn allgemein vorgesehene Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, die vorläufig im Rahmen einstweiligen Rechtsschutzes erstrebt wurde. Die vorliegende Klage richtet sich gegen eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit im Rahmen der allgemein bestehenden beamtenrechtlichen Regelungen. Die jeweiligen Fallkonstellationen unterscheiden sich grundlegend; daher kann der zitierte Beschluss des OVG Münster für die hier zu entscheidende Klage keine Bedeutung entfalten.

b) Darüber hinaus ist die Ruhestandsversetzung des Klägers auch materiell rechtmäßig.

Für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG und des Art. 65 Abs. 1 BayBG reicht es aus, dass keine Aussicht auf Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht. Eine Aussicht auf Wiedererlangung der Dienstfähigkeit besteht dann, wenn ein (medizinischer) Sachverhalt vorliegt, aus dem sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ergibt. Handelt es sich um eine Erkrankung, die erfahrungsgemäß bei üblichen Therapiemaßnahmen in einer absehbaren Zeit ausgeheilt ist, besteht auch Aussicht auf Wiederherstellung der Dienstfähigkeit (Summer in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: September 2014, Art. 65 BayBG Rn. 4).

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, kommt der Behörde kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr handelt es sich um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt somit nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Aus diesem Grund sind die Feststellungen oder Schlussfolgerungen aus ärztlichen Gutachten vom Gericht - in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis - nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen (OVG Saarl, U. v. 24.4.2012 - 2 K 984/10 - juris; OVG NRW, B. v. 3.2.2012 - 1 B 1490/11 - juris, IÖD 2012, 50; U. v. 22.1.2010 - 1 A 2211/07 - juris).

Die Amtsärztin hat die internistisch-kardiologische Erkrankung des Klägers und die daraus folgenden Einschränkungen für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen sorgfältig erhoben und geprüft. Diese Schlussfolgerungen sind nachvollziehbar und überzeugend. Das gilt auch für die Beurteilung, dass bei der vom Kläger gewählten Operationsmethode nicht innerhalb von sechs Monaten mit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zu rechnen ist. Das folgt aus dem Gesundheitszeugnis vom ... Januar 2014 und den Erläuterungen der Amtsärztin hierzu, die in der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2014 als sachverständige Zeugin vernommen worden ist.

Im Einzelnen hat die Ärztin als Grundlage für ihre Bewertung nicht nur die eigene Erkenntnis und Sachkunde herangezogen, sondern den Kläger auch durch eine Facharzt - Internist-Kardiologe Dr. C. - untersuchen und begutachten lassen. Sie hat auch mit der behandelnden Hausärztin Rücksprache gehalten und die vom Beamten beigebrachten Unterlagen über die zunächst erwogenen konventionellen Methoden eines Aortenklappenersatzes zugrunde gelegt. Die Schlussfolgerung, dass der Kläger ohne Operation dienstunfähig, auch nicht teil- oder eingeschränkt dienstfähig ist, ist nicht zu beanstanden. Denn aufgrund der vom Kläger geschilderten Schwindelattacken liegt ein Umstand vor, der eine an sich angegebene Restleistungsfähigkeit bei dieser Erkrankung ausschließt. Insoweit hat auch der Facharzt Dr. C. keine Dienstfähigkeit gesehen. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass der Kläger im Rahmen der Untersuchung, die zum Gesundheitszeugnis vom ... Januar 2014 geführt hat, eine Besserung seines Gesundheitszustandes darauf zurückgeführt hat, dass er dem Stress und der Belastung des Dienstes nicht mehr ausgesetzt gewesen sei.

Auch die von der Ärztin gestellte Prognose, dass mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit nicht innerhalb von sechs Monaten zu rechnen sei, ist beanstandungsfrei. Die Amtsärztin hat sich hierbei auch auf die Einschätzung des Facharztes Dr. C. gestützt und ergänzend sogar mit einem Oberarzt der Klinik gesprochen, die - soweit ersichtlich - als einzige in Deutschland die vom Kläger gewünschte Operationsmethode durchführt. Da hierbei ein Spenderherz benötigt wird, dessen Klappen bei dieser Behandlungsmethode in modifizierter Form dem Patienten eingesetzt werden, ist eine Wartezeit auf ein Spenderorgan gegeben. Diese Wartezeit ist nicht vorhersehbar und dauert im Fall des Klägers, der bei Herzchirurgie dieser Klinik am ... November 2013 als Patient bereits bekannt war, bereits seit längerer Zeit an. Auch aus dem Umstand, dass nach einem Schreiben dieser Klinik vom ... März 2014 der Kläger in die Warteliste für diese Operationsmethode aufgenommen worden sei, ändert nichts an dem Umstand, dass ein Operationstermin nicht absehbar war und ist. Das bedingt die Bewertung, dass keine Aussicht auf eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten besteht, die eine entsprechende Operation zur Voraussetzung hat. Anders als bei den konventionellen Methoden ist aufgrund des Erfordernisses eines menschlichen Spenderorgans für die vom Kläger gewählte Operationsmethode die Durchführung des Eingriffs zeitlich nicht konkret absehbar und führt zu einer entsprechend negativen Prognose für die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in sechs Monaten.

3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr.11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.

(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.

(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.

(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen (Sicherstellungsauftrag), soweit dieser Teil nichts Abweichendes bestimmt. Sie schließen hierzu Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern nach den Vorschriften des Kapitels 8 ab. Im Rahmen der Strukturplanung sind die Erkenntnisse aus der Gesamtplanung nach Kapitel 7 zu berücksichtigen.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Gründe

1

Die auf grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Der Kläger stand zuletzt als Polizeihauptkommissar im Dienst des beklagten Landes. Er ist gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Er wendet sich gegen seine auf Dienstunfähigkeit gestützte Versetzung in den Ruhestand. Während das Verwaltungsgericht der Klage wegen fehlender Anhörung der Schwerbehindertenvertretung stattgegeben hat, hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Zurruhesetzung nach § 77 Abs. 1 i.V.m. § 107 Abs. 1 LBG a.F. als rechtmäßig angesehen. Einer Anhörung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX habe es nicht bedurft, weil der Kläger den Beklagten im Verwaltungsverfahren weder von dem Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen noch von der Gleichstellung unterrichtet habe. Er habe vielmehr erstmals im gerichtlichen Verfahren auf den Gleichstellungsbescheid hingewiesen.

3

2. a) Die Beschwerde sieht als grundsätzlich bedeutsam die Frage an,

ob eine Mitteilungspflicht des Beamten über einen Gleichstellungsantrag nach § 2 Abs. 2 SGB IX besteht, wenn dieser Umstand dem Dienstherrn aufgrund einer Mitteilung der zuständigen Behörde bekannt ist.

4

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist oder sich anhand der bisherigen Rechtsprechung unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten lässt. Sie sind aber auch dann nicht erfüllt, wenn es auf die Frage nicht entscheidungserheblich ankäme. So verhält es sich hier.

5

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats ausgeführt, es habe keiner Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bedurft, da der Kläger den Beklagten im Verwaltungsverfahren nicht von seinem Antrag auf Gleichstellung bzw. von der erfolgten Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Abs. 3 SGB IX) in Kenntnis gesetzt, sondern erstmals im gerichtlichen Verfahren auf den Gleichstellungsbescheid hingewiesen habe. Nach der Rechtsprechung des Senats wird der mit der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bezweckte Schutz der Schwerbehinderten und diesen gleichgestellter Menschen nicht von Amts wegen gewährt. Vielmehr ist aus dem Erfordernis eines Antrages für die Feststellung einer Behinderung und die Ausstellung eines Ausweises über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch ebenso wie für die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen (vgl. § 68 Abs. 2 Satz 1, § 69 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 SGB IX) zu schließen, dass der gesetzliche Schutz nicht ohne weiteres eintritt, sondern von dem schwerbehinderten Menschen in Anspruch genommen werden muss. Die allein dem Betroffenen zuerkannte Befugnis, das Feststellungsverfahren in Gang zu setzen, dient dem Schutz seines Persönlichkeitsrechts, das den Status als Schwerbehinderter oder einem Schwerbehinderten Gleichgestellter umfasst. Dem Schutzbedürftigen, der den ihm zustehenden Schutz - aus welchen Gründen auch immer - nicht in Anspruch nehmen will, ist aus diesem Grund der Schutz nicht aus Fürsorgegründen "aufzudrängen" (Urteil vom 15. Dezember 1988 - BVerwG 5 C 67.85 - BVerwGE 81, 84 <86 f.> = Buchholz 436.61 Nr. 18 SchwbG Nr. 2 m.w.N.). Eine Maßnahme, die vom Dienstherrn in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Beamten diesem gegenüber getroffen wird, ist daher nicht wegen einer unterbliebenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung rechtswidrig, wenn der Beamte es unterlassen hat, den Dienstherrn von der Schwerbehinderung in Kenntnis zu setzen (vgl. Urteil vom 17. September 1981 - BVerwG 2 C 4.79 - Buchholz 232 § 32 Nr. 29 S. 5 ff., Beschlüsse vom 22. August 1990 - BVerwG 2 B 15.90 - Buchholz 436.61 § 50 SchwbG Nr. 3. S. 3 f. und vom 17. August 1998 - BVerwG 2 B 61.98 - juris Rn. 12 zu den insoweit im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften des seinerzeit geltenden SchwbG).

6

Dies gilt nicht erst nach erfolgter Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, sondern bereits während eines laufenden Antragsverfahrens. Der Beamte muss den Dienstherrn von dem laufenden Antragsverfahren unterrichten, wenn er den mit der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bezweckten Schutz in Anspruch nehmen will (Beschlüsse vom 22. August 1990 und vom 17. August 1998 jeweils a.a.O.). Für diese Fallgruppe besteht die Möglichkeit der vorsorglichen Anhörung der Schwerbehindertenvertretung auf Antrag des Betroffenen, der der Vorbehalt immanent ist, dass das Verfahren vor der zuständigen Stelle zu einer Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bzw. zu einer Gleichstellung führt (vgl. für die Anhörung der Hauptfürsorgestelle, dem heutigen Integrationsamt: Urteil vom 15. Dezember 1988 a.a.O. S. 94).

7

Auch der Verweis der Beschwerde auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2010 - 6 A 4435/06 - (ZBR 2010, 316 ff. = juris Rn. 39 f.) führt zu keinem anderen Ergebnis (vgl. § 127 Nr. 1 BRRG). Dieses hat ebenfalls unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats angenommen, dass der Beamte den Dienstherrn von der Antragstellung in Kenntnis setzen muss, will er eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erreichen.

8

Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit an den Beklagten die Mitteilung des Klägers, dass er sich auf die Rechte eines mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Menschen berufen wolle, nicht ersetzt habe, weil es den Willen des Klägers zu einer entsprechenden Unterrichtung des Beklagten nicht habe erkennen lassen. Wenn der mit der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bezweckte Schutz der Schwerbehinderten und diesen gleichgestellter Menschen nicht von Amts wegen gewährt wird, sondern in Anspruch genommen werden muss, dann kann einer Information einer dritten Behörde über ein laufendes Antragsverfahren nur dann die Wirkung einer Mitteilung des Beamten selbst zukommen, wenn die Übersendung erkennbar auf die Initiative des Beamten zurückzuführen ist.

9

Das Berufungsgericht hat das behördliche Schreiben ausgelegt und dies dem Schreiben nicht entnehmen können. Zum einen sei der Beklagte in dem Schreiben lediglich um Informationen zur Arbeitsplatzsituation des Klägers gebeten und damit gleichsam nur beiläufig über den Gleichstellungsantrag informiert worden. Zum anderen seien der Verfahrensstand und das Ergebnis des Gleichstellungsantrags noch völlig offen gewesen; der Kläger hätte den Antrag noch zurücknehmen oder der Antrag hätte abgelehnt werden können. Auch sei dem Schreiben nicht zu entnehmen gewesen, dass er der Unterrichtung des Beklagten über den vom Kläger gestellten Gleichstellungsantrag gedient habe oder im Auftrag des Klägers habe ergehen sollen. Zudem lasse sich ihm nicht entnehmen, ob der Kläger den gesetzlichen Schutz habe in Anspruch nehmen wollen oder nicht.

10

An diese Auslegung ist das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen worden sind.

11

b) Mangels Unterrichtung des Beklagten über den Gleichstellungsantrag durch den Kläger oder auf erkennbaren Wunsch des Klägers kommt es auf die anschließenden Fragen der Beschwerde,

ob der Dienstherr die Schwerbehindertenvertretung von einer bevorstehenden Zurruhesetzung unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung (vorsorglich) anzuhören habe, obwohl über den Antrag auf Gleichstellung des Beamten noch nicht entschieden worden sei, sofern der Beamte der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht ausdrücklich widerspreche,

und

ob der Dienstherr bei Kenntnis von dem Antrag auf Gleichstellung die Durchführung oder Vollziehung einer ohne Beteiligung nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX getroffenen Entscheidung auszusetzen habe, bis über den Antrag entschieden worden sei, sofern der Beamte der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht ausdrücklich widerspreche,

nicht mehr entscheidungserheblich an. Sie lassen sich zudem ebenfalls problemlos anhand der bisherigen Rechtsprechung des Senats und der einschlägigen Gesetzestexte beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf: Wie bereits ausgeführt, hat der Dienstherr, sobald ihn der Beamte über seine Antragstellung unterrichtet, vorsorglich die Schwerbehindertenvertretung anzuhören. Ansonsten besteht eine solche Pflicht des Dienstherrn nicht. Sie besteht auch dann nicht, wenn der Dienstherr lediglich von einer dritten Stelle oder Person von einer entsprechenden Antragstellung erfährt, ohne dass diese zum Ausdruck bringt, dass sie diese Information auf Wunsch des Beamten übermittelt.

12

3. Die Beschwerde sieht schließlich einen Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darin, dass das Berufungsgericht den Kläger mit seinen Einwendungen zur unterbliebenen Anhörung der Schwerbehindertenvertretung zu Unrecht für präkludiert erachtet habe. Damit habe es in verfahrensfehlerhafter Weise seinen Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verletzt. Weder § 95 SGB IX noch die Verwaltungsgerichtsordnung noch entsprechende beamtenrechtliche Verfahrensvorschriften enthielten eine Verpflichtung, Einwendungen bereits im Verwaltungsverfahren zu erheben. Unmittelbar nach der positiven Bescheidung seines Gleichstellungsantrages habe er den Beklagten hierüber in Kenntnis gesetzt. Deshalb habe der entsprechende Sachvortrag erst im Klageverfahren erfolgen können. Der Gleichstellungsbescheid wirke auf den Zeitpunkt der Antragstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX zurück.

13

Mit diesen Ausführungen rügt die Beschwerde im Gewand einer Verfahrensrüge die - zutreffende - Anwendung des materiellen Rechts durch das Berufungsgericht. Während des laufenden Antragsverfahrens auf Gleichstellung mit behinderten Menschen ist die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung davon abhängig, dass der Beamte den Dienstherrn hiervon in Kenntnis setzt. Dies stellt keine Präklusion dar, sondern macht die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung materiellrechtlich von einem entsprechenden Willensakt des Beamten abhängig. Dass der Gleichstellungsbescheid auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt, ändert hieran nichts. Der Gleichstellungsbescheid ist ein konstitutiver Verwaltungsakt, dem kraft Gesetzes rückwirkende Kraft ab dem Tag des Antragseingangs zukommt (vgl. § 68 Abs. 2 S. 2 SGB IX). Damit hat die Gleichstellung - rückwirkend - Auswirkungen auf die materiellrechtliche Stellung des Beamten. Die Gleichstellung kann aber nicht rückwirkend die im laufenden Verwaltungsverfahren erforderliche Information des Dienstherrn durch den Beamten nachholen oder ersetzen. Denn selbst in den Fällen, in denen der Beamte bereits als Schwerbehinderter anerkannt oder mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, ist die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung von einer entsprechenden Information des Dienstherrn abhängig (vgl. Urteil vom 17. September 1981 a.a.O., Beschlüsse vom 22. August 1990 a.a.O. und vom 17. August 1998 a.a.O.).

Gründe

1

Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.

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1. Der 1945 geborene, schwerbehinderte Kläger ist Lehrer im Dienst des beklagten Landes gewesen. Er wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Gleichstellungsbeauftragte vor der Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Mai 2005 nicht angehört worden war. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Die Versetzung in den Ruhestand sei zwar mangels Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten formell rechtswidrig gewesen, sie sei jedoch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, so dass nach § 46 VwVfG NRW eine Aufhebung der Zurruhesetzung ausgeschlossen sei.

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2. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er hält für klärungsbedürftig, ob es nach dem Sinn und Zweck des Landesgleichstellungsgesetzes vertretbar sei, im Wege einer vorherigen oder nachträglichen Bewertung eines Zurruhesetzungsverfahrens und seines Ergebnisses rechtfertigend zu begründen, dass eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten nicht erforderlich gewesen sei. § 46 VwVfG NRW wäre auch dann unbeachtlich, wenn in der Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten zugleich ein Verstoß gegen materielles Recht liege, was zu bejahen sei, da die Bestimmungen des Landesgleichstellungsgesetzes einem besonderen öffentlich-rechtlichen Ziel dienten. Deshalb stelle sich die Frage, ob es sich im Falle der Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten lediglich um einen nicht mehr relevanten Verfahrensfehler handele oder die Nichtbeteiligung zur Unwirksamkeit der Zurruhesetzung führe. Es sei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auszuschließen, dass diese dem Verfahren eine Wende zu Gunsten des Klägers gegeben hätte.

4

Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn eine von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf Grund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann. So verhält es sich hier.

5

Gegenstand der vom Kläger aufgeworfenen Fragen sind zwar Vorschriften des Landesrechts, diese sind jedoch revisibel. Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes unterliegen nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der Revision nur insoweit, als sie ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmen. Das ist bei der von der Beschwerde angeführten Bestimmung des § 46 VwVfG NRW der Fall, weil sie mit § 46 VwVfG übereinstimmt. Vorschriften der Landesgleichstellungsgesetze sind wie Vorschriften der Landespersonalvertretungsgesetze nur insoweit revisibel, als sie regeln, ob und in welcher Weise die Gleichstellungsbeauftragte an beamtenrechtlichen Maßnahmen zu beteiligen ist. Insoweit sind sie materiell dem Landesbeamtenrecht zuzuordnen; ihre Auslegung und Anwendung unterliegt daher insoweit gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 127 Nr. 2 BRRG der revisionsrichterlichen Prüfung (zu den Landespersonalvertretungsgesetzen: Urteile vom 1. Dezember 1982 - BVerwG 2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 = Buchholz 238.37 § 72 PersVG NW Nr. 7, vom 24. November 1983 - BVerwG 2 C 9.82 - BVerwGE 68, 189 <191> m.w.N., vom 9. Mai 1985 - BVerwG 2 C 23.83 - Buchholz 238.31 § 77 PersVG BW Nr 1 Rn.9 = juris und vom 12. März 1987 - BVerwG 2 C 39.85 -Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr 4; Beschluss vom 15. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 63.95 - Buchholz 251.8 § 122 RhPPersVG Nr. 1; Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - NVwZ-RR 2010, 814 ff. Rn. 13).

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Das Berufungsgericht hat die Frage, ob und in welcher Weise die Gleichstellungsbeauftragte an der Zurruhesetzung zu beteiligen ist, im Sinne des Klägers beantwortet und gemeint, auch diese Maßnahme unterliege nach § 17 Abs. 1 LGG der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten. Das Landesgleichstellungsgesetz normiert in § 17 Abs. 1 ein Beteiligungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten, ohne jedoch an die fehlende Mitwirkung die Rechtsfolge der Unwirksamkeit oder der Nichtigkeit der personellen Maßnahme zu knüpfen, wie dies beispielsweise die Personalvertretungsgesetze bei der fehlenden Mitwirkung des Personalrates bei Kündigungen vorsehen (vgl. § 79 Abs. 4 BPersVG). Im Gegenteil sieht es einerseits in § 18 Abs. 3 Satz 1 und 2 LGG die Möglichkeit der Aussetzung und Nachholung ihrer Beteiligung vor und gibt ihr andererseits in § 19 Abs. 1 Satz 1 LGG nur ein Widerspruchsrecht, dessen Folge nach § 19 Abs. 1 Satz 3 oder Abs. 2 LGG nur die erneute Entscheidung der ggf. übergeordneten Dienststelle ist. Damit ist ihr Beteiligungsrecht ähnlich ausgestaltet wie das der Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 SGB IX. Die Verletzung eines solchen Beteiligungsrechts zieht zwar regelmäßig die Rechtswidrigkeit von Ermessensentscheidungen nach sich (Beschluss vom 15. Februar 1990 - BVerwG 1 WB 36.88 - BVerwGE 86, 244 <252> und Urteil 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art 33 Abs 2 GG Nr. 35, Rn. 32). Nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG führt die fehlende Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bei gebundenen Entscheidungen jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahme (vgl. für die gleichlautende Vorschrift des § 25 Abs. 2 SchwbG: Beschlüsse vom 17. August 1998 - BVerwG 2 B 61.98 - Juris Rn. 12 und vom 25. Oktober 1989 - BVerwG 2 B 115.89 - m.w.N.). Das gleiche gilt für die fehlende Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten nach § 18 LGG.

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Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass für die Zurruhesetzung des Klägers auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F. dem Dienstherrn kein Entscheidungsspielraum zustand. Der Beklagte war nach dieser Vorschrift verpflichtet, den dienstunfähigen Kläger mit Ablauf des 31. Mai 2005 in den Ruhestand zu versetzen. Die Voraussetzungen der § 45 Abs. 3 oder § 46 LBG a.F. lagen nicht vor. Nach den dargestellten Rechtssätzen führt in einem solchen Fall die fehlende Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten nicht zur Rechtswidrigkeit der Zurruhesetzung, so dass es auf § 46 VwVfG NRW bereits aus diesem Grund nicht mehr ankommt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.