Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Nov. 2016 - M 5 K 16.30962

bei uns veröffentlicht am09.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) hinsichtlich der Republik Kosovo für die Klägerinnen vorliegen. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... April 2016 wird in Nrn. 4,5,6 und 7 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

III.

Die Klagepartei hat ¾, die Beklagte ¼ der Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerinnen sind kosovarische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten hier am 2. März 2015 Asylantrag.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gaben sie im Wesentlichen an, sie hätten den Kosovo verlassen, da die vier älteren Töchter der Klägerin zu 1 von den Söhnen einer weiteren Ehefrau des mittlerweile verstorbenen Ehemannes der Klägerin zu 1 und Vater der Klägerinnen zu 2 und 3 vergewaltigt worden seien. Das sei ihnen schon im Kindesalter zugestoßen. Die Klägerinnen seien von diesen Söhnen, von denen einer bereits im Gefängnis gesessen sei, auch sonst belästigt und bedroht worden. Die Klägerin zu 1 habe das jahrelang ertragen. Als sie ein Bruder ihres verstorbenen Mannes etwa Mitte Januar 2015 am Hals gepackt und bedrängt habe, habe sie sich entschlossen, auszureisen.

Mit Bescheid vom ... April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, lehnte den Antrag auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet ab (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Kosovo oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 10 bzw. 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Zur Begründung führte das Bundesamt insbesondere aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen, da die Klägerinnen keine Verfolgungsmaßnahmen durch den Staat oder zu berücksichtigende schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen seitens nichtstaatlicher Dritter zu befürchten hätten. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor, insbesondere sei weder von der kosovarischen Regierung noch durch nichtstaatliche Dritte eine unmenschliche Behandlung zu erwarten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Eine allgemein schwierige soziale und wirtschaftliche Lage begründe kein Abschiebungsverbot, sie müsse und könne von der Klagepartei ebenso wie von vielen seiner Landsleute ggf. unter Aufbietung entsprechender Aktivitäten bewältigt werden. Eine Rückkehr sei insofern zumutbar. Durch die im Heimatland verfügbare Behandlung werde jedenfalls eine erhebliche und konkrete Gefahr für Leib oder Leben ausgeschlossen. Der Bescheid wurde am 27. April 2016 als Einschreiben zur Post gegeben.

Nach einem Antrag auf Verhaltenstherapie eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom ... Juni 2015 liege bei der Klägerin zu 1 eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung auf dem Boden einer Persönlichkeit mit am ehesten histrionischen und dependenten Zügen vor.

Nach einem Attest einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom ... November 2015 leidet die Klägerin zu 1 an einer Anpassungsstörung (F 43.2 nach der ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen). Eine Medikation wurde verordnet, Psychotherapie empfohlen. Suizidalität liege nicht vor.

Gegen den Bescheid des Bundesamtes hat die Klagepartei am 3. Mai 2016 Klage bis auf die Nr. 2 des Bescheids erhoben. In der mündlichen Verhandlung wurde nach Klagerücknahme im Übrigen zuletzt beantragt,

festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 des AufenthaltG für die Klägerinnen vorliegen und den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufzuheben, soweit der dem entgegensteht.

In einem Attest einer Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom ... April 2016 ist als Diagnose für die Klägerin zu 1 wiederum F 43.2 (Anpassungsstörung) ausgewiesen wie auch eine kontinuierlich andauernde Behandlung seit 4. November 2015.

Die Beklagte legte die Akten vor und stellte keinen Antrag.

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde mit Beschluss vom 24. Mai 2016 (M 5 S 16.30964) abgelehnt.

Eine ausführliche psychiatrische Begutachtung hinsichtlich der Klägerin zu 1 vom ... Oktober 2016 durch Frau R.E. - Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie - kommt zu dem Ergebnis, dass die Ausländerin an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und komorbide an einer zurzeit schweren depressiven Episode leide. Auch wenn der Kosovo als sicheres Land gelte, die medizinische Versorgung als ausreichend angesehen werde, müsse die persönliche Sichtweise der Klägerin berücksichtigt werden. Für sie seien die Ereignisse im Kosovo wie gegenwärtig, sie erlebe immer noch die gleichen Ängste und Gefühle von Bedrohung. Ein erforderliches Sicherheitsgefühl für eine Behandlung von Traumapatienten sei dort nicht gegeben. Es liege ein Sonderfall vor, da aufgrund der schweren psychischen Störung mit einer erheblichen dauerhaften Gefährdung des Gesundheitszustandes zu rechnen sei. Auch sei eine kaum zu kontrollierende Suizidhandlung der Klägerin zu 1 bis hin einem erweiterten Suizid der Töchter und massive Verschlechterung des Gesundheitszustands bei einer Rückführung in den Kosovo zu befürchten.

Vom ... August 2016 bis ... September 2016 wurde die Klägerin zu 1 stationär in einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie behandelt. Als Diagnose bei der Entlassung wurde der V.a. Anpassungsstörung (F 43.2) sowie eine posttraumatische Belastungsstörung angegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 9. November 2016 verwiesen.

Gründe

1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

2. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet, § 113 Abs. 1 und Abs. 5 VwGO.

Der Bescheid des Bundesamtes vom ... April 2016 ist rechtswidrig, soweit hinsichtlich der Klägerinnen das Vorliegen eines (nationalen) Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) abgelehnt wurde; sie haben im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes/AsylG) einen Anspruch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift hinsichtlich der Republik Kosovo vorliegen. Der Bescheid ist daher in den Nrn. 4,5,6 und 7 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

a) Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben (z. B. die fehlende Reisefähigkeit eines Asylbewerbers), nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können.

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot kann sich - bei Nachweis nach den Maßgaben des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG - auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn sich die Erkrankung im Heimatstaat erheblich verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Dabei liegt eine abschiebungsschutzrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht schon dann vor, wenn „nur“ eine bestmögliche Vorsorge, Linderung oder Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungszielland im Vergleich zu einer (Weiter-)Behandlung im Bundesgebiet nicht zu erwarten ist, sondern erst dann, wenn im Fall der Rückkehr alsbald eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung mit der Folge einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben zu befürchten wäre. Diese in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze hat der Gesetzgeber mittlerweile in § 60 Abs. 7 Sätze 2 - 4 AufenthG verankert: Danach liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung (d. h. infolge der Abschiebung) wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot kann sich nach wie vor trotz an sich verfügbarer medikamentöser oder ärztlicher Behandlung auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. insgesamt hierzu: BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris Rn. 13 ff.; B.v. 24.5.2006 - 1 B 118/05 - juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 17.3.2016 - 13a B 16.30007 - juris Rn. 15; B.v. 24.8.2010 - 11 B 08.30320 - juris Rn. 26).

b) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für das Vorliegen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei der Klägerin zu 1 vor.

Es ist durchgängig eine schwere psychische Erkrankung diagnostiziert, insb. im fachpsychiatrischen Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie R.E. vom ... Oktober 2016 (schwere posttraumatische Belastungsstörung komorbide mit einer schweren depressiven Episode). Das Gutachten erfüllt auch die Kriterien des § 60a Abs. 2c Sätze 2 und 3 AufenthG.

Die Einschätzung, dass sich bei einer Abschiebung in den Kosovo die schwere psychische Erkrankung der Klägerin zu 1 wesentlich verschlechtern würde, ist in dem genannten Fachgutachten vom ... Oktober 2016 nachvollziehbar dargelegt. Auch wenn im Kosovo die Behandlung einer schweren psychischen Erkrankung (siehe hierzu: Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 9.12.2015, IV. 1.2,, 1.2.4, 2.) grundsätzlich möglich ist, so sind im Fall der Klägerin zu 1 zwei Besonderheiten gegeben, die in der Summe eine abweichende Einschätzung bedingen:

Zum einen schildert die Fachärztin R.E. in ihrem Gutachten vom ... Oktober 2016 eine mit hoher Wahrscheinlichkeit drohende massive Reaktivierung und Retraumatisierung der früheren Erlebnisse bei einer Rückkehr in den Kosovo. Das führe zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes bis hin zu unkontrollierbaren Handlungen mit autodestruktiven Handlungen und Suizidalität. Die Behandlung der Erkrankung der Ausländerin bedinge ein als sicher empfundenes Umfeld. Die von der Gutachterin als Sonderfall geschilderten Umstände überzeugen.

Zum anderen kehrt die Klägerin zu 1 als Witwe (mit zwei minderjährigen Töchtern) ohne männliche Begleitperson in den Kosovo zurück. Auch wenn ihr grundsätzlich eine Rückkehr zuzumuten ist, so bedingt das Zusammentreffen von Rückkehrsituation ohne männliche Begleitung bei schwerer psychischer Erkrankung und das Therapieerfordernis einer sicheren Umgebung, dass die Klägerin zu 1 die ihr im Kosovo grundsätzlich zugängliche Therapie nur schwer durchsetzen kann. Hinzu kommt, dass sie im Kosovo kaum tragfähige familiäre Verbindungen hat. Ihre wohl überwiegend außerhalb des Kosovo lebenden Schwestern hatten sie finanziell unterstützt, sie aber nicht bei sich aufgenommen.

c) Angemerkt sei schließlich noch, dass die Feststellung eines krankheitsbedingten, zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Asylverfahren kein Daueraufenthaltsrecht begründet (vgl. § 25 Abs. 3 Satz 1, § 26 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2, § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 a) AufenthG), sondern dazu dient, einer im Fall der Abschiebung aktuell, individuell und konkret in der Person eines Ausländers im Heimatland bestehenden erheblichen Gefahrenlage für hochrangige Schutzgüter vorübergehend zu begegnen. Die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist deshalb auch nach § 73 c AsylG durch das Bundesamt, ohne dass diesem insoweit ein Ermessen zukäme (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2015 - 1 C 2/15 - juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 22.7.2015 - 13a ZB 15.30130 - juris Rn. 7), zwingend und ohne Einschränkung zu widerrufen, sobald seine Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Hingegen erscheint es - jedenfalls im Hauptsacheverfahren - nicht zulässig, die gerichtliche Verpflichtung zum Ausspruch des Abschiebungsverbots ihrerseits zu befristen (vgl. hierzu: VG München, U.v. 8.5.2001 - M 21 K 99.51634 - juris Rn. 47 ff.). Das Bundesamt ist deshalb gehalten, regelmäßig zu überprüfen, ob die Rechtfertigung für das Abschiebungsverbot nach wie vor besteht. Mithin kann und muss der künftige Therapieerfolg und der Fortbestand des Behandlungsbedarfs in angemessenen Zeiträumen behördlicherseits überprüft und hierauf dann ggf. - auch mit ausländerrechtlicher Folgewirkung - reagiert werden (vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 20.4.2016 - M 2 K 15.31390).

d) Das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für die minderjährigen Klägerinnen zu 2 und 3 bezüglich des Kosovo folgt aus dem Umstand, dass ihnen ohne familiäre Unterstützung und Bindung dort die Existenzgrundlage fehlt.

3. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, haben die Klägerinnen die Kosten des Verfahrens nach § 155 Abs. 2 VwGO zu tragen. Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist sie erfolgreich. Dem Anteil der gesetzlichen Kostenpflicht sowie des Obsiegens bzw. Unterliegen entspricht es, der Klagepartei ¾ und der Beklagten ¼ der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Nr. I des Tenors ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Im Übrigen ergeht folgende

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf des ihm gewährten Abschiebungsschutzes. 2

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. Oktober 2015 wird wie folgt geändert: Unter Änderung der Nr. 4 und Aufhebung der Nr. 5 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10. Juli 2015 wird die Beklagte verpflichtet, bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Von den Kosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht trägt der Kläger ¾, die Beklagte ¼.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der in Wayrana (Wirana) in der Provinz Maidan-Wardak geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger sunnitisch-muslimischen Glaubens. Als Geburtsdatum wurde der 31. Juli 1994 angenommen. Nach seinen Angaben reiste er von Pakistan mit dem Flugzeug an einen unbekannten Ort und von da aus nach München, wo er am 26. September 2012 eintraf und am 29. Oktober 2012 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag stellte.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 12. September 2014 gab der Kläger an, bis zu seiner Ausreise im Dorf Wirana gelebt und in der Landwirtschaft gearbeitet zu haben. Eine richtige Schule habe er in Afghanistan nicht besucht, Geschwister habe er keine. Einen Monat vor seiner Ausreise seien sein Vater und auch viele andere durch Bombardements getötet worden. Taliban hätten versucht, die Leute zu bewegen, sich ihnen anzuschließen. Nach dem Tod seines Vaters hätten die Dorfbewohner, die mehrheitlich Taliban gewesen seien, gesagt, die Regierung habe seinen Vater getötet, und ihn aufgefordert, seinen Vater zu rächen. Seine Mutter habe dann gemeint, dass sein Leben in Gefahr sei und er sich so schnell wie möglich retten müsse. Er habe dann ca. eineinhalb Monate in Peshāwar in Pakistan verbracht, ehe er mit dem Flugzeug über ein arabisches Land ausgereist sei. Wenn er nach Afghanistan zurückkehren müsste, würden ihn die Taliban töten. Wenn er sich an seine Eltern erinnere, gehe es ihm nicht gut und er mache sich immer viele Sorgen und Gedanken. Möglicherweise habe er dadurch auch den starken Haarausfall bekommen.

Auf die Aufforderung des Bundesamts, ein Attest nachzureichen, legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung eines Facharztes für Allgemeinmedizin vom 16. September 2014 vor, wonach er aus ärztlicher Sicht gesund und frei von ansteckenden Erkrankungen sei.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 10. Juli 2014 wurde (1.) die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, (2.) der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, (3.) der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt und (4.) festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, sowie (5.) der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, andernfalls er nach Afghanistan abgeschoben werde. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien nicht gegeben. Insbesondere seien laut der ärztlichen Bescheinigung vom 16. September 2014 keine krankheitsbedingten Gefahren anzunehmen.

Am 7. August 2015 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg. Er befürchte die Verfolgung und die Tötung durch Mitglieder der Taliban, da er deren Aufforderung, den Tod seines Vaters zu rächen, nicht Folge geleistet und sich den Taliban nicht angeschlossen habe. Auch befinde er sich zwischenzeitlich in Behandlung bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und werde mit Psychopharmaka medikamentös behandelt. Mit weiteren Schreiben legte er einen psychiatrischen Befundbericht vom 10. September 2015 vor. Unter der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1), einer ängstlichen depressiven Störung (F41.2) und einer Somatisierungsstörung (F45.0) sei eine kombinierte antidepressive Behandlung initiiert worden. Psychiatrischerseits bestehe ein komplexes Krankheitsbild bei Traumaerfahrung im Heimatland, Retraumatisierung aufgrund des negativen Asylbescheids sowie eingeschränkte Artikulationsmöglichkeiten aufgrund der Sprachbarriere.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Oktober 2015 erläuterte der Kläger seine Verfolgungsgeschichte. Seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen würden weiter bestehen. Sie hätten mit dem Tod des Vaters begonnen. Die ärztliche Bescheinigung vom 16. September 2014 habe er auf Anforderung des Bundesamts vorgelegt. Er sei dann beim Arzt gewesen und habe ihm von seinen Problemen erzählt. Dieser habe dann etwas geschrieben; was er geschrieben habe, wisse er nicht. Zum Facharzt sei er zunächst nicht gegangen, da er Angst gehabt habe, als verrückt erklärt zu werden. Zum Beweis der Tatsache, dass er an einer erheblichen psychischen Erkrankung leide, beantragte er hilfsweise die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens.

Mit Urteil vom 7. Oktober 2015 wurde die Klage abgewiesen. Dem Kläger drohe wegen seines vorgetragenen Verfolgungsschicksals derzeit keine Gefahr einer landesweiten Verfolgung. Der bedingte Beweisantrag sei abzulehnen, da nach Überzeugung des Gerichts keine hinreichenden konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen der geltend gemachten psychischen Erkrankung bestünden.

Auf Antrag des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Januar 2016 die Berufung hinsichtlich des Begehrens nach Feststellung eines national begründeten Abschiebungsverbots zugelassen (Az. 13a ZB 15.30245). Durch die Ablehnung des Beweisantrags sei dem Kläger das rechtliche Gehör versagt worden. Ein Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nur dann unzulässig, wenn ein unsubstantiierter „Ausforschungs“-Beweisantrag vorliege und für die zugrunde liegenden Tatsachenbehauptungen nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spreche. Dies sei hier nach dem psychiatrischen Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie anzunehmen.

Im Berufungsverfahren weist der Kläger darauf hin, dass er nach dem vorgelegten Attest an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer ängstlichen depressiven Störung und einer Somatisierungsstörung leide. Im Falle einer Rückführung in sein Heimatland sei mit einer Verschlechterung des psychischen Zustandsbildes zu rechnen. Auch habe er bereits vor Bescheidserlass Anstrengungen zur Einleitung einer psychiatrischen Behandlung unternommen. Im Raum Vilshofen sei es für ihn nicht möglich gewesen, einen Facharzt für Psychiatrie mit einem raschen freien Behandlungstermin zu finden, so dass er nach München ausgewichen sei. Er stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Juli 2015 in den Ziff. 4 und 5 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt, hilfsweise ein psychiatrisches Sachverständigengutachtens durch das Max-Planck-Institut in München einzuholen.

Die Beklagte hat sich nicht geäußert.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Verwaltungsstreitsache ist trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif. Nach § 102 Abs. 2 VwGO konnte auch ohne sie verhandelt und entschieden werden.

Die (nur) die Feststellung eines national begründeten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG betreffende Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1‚ § 128 Satz 1 VwGO). Insoweit ist der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 10. Juli 2014 rechtswidrig und das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 7. Oktober 2014 abzuändern. Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) verpflichtet festzustellen‚ dass bei dem Kläger das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt. Einer Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG bedarf es nicht, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17).

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden‚ wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib‚ Leben oder Freiheit besteht. Dabei erfasst diese Regelung nur solche Gefahren‚ die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind‚ während Gefahren‚ die sich aus der Abschiebung als solche ergeben‚ nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr. zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG; siehe BVerwG‚ U. v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66 = DVBl 2003, 463; U. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 - BVerwGE 105‚ 383 = NVwZ 1998‚ 524 m. w. N.). Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben‚ wenn diese sich im Heimatstaat verschlimmert‚ weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Es kann sich darüber hinaus trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben‚ die dazu führen‚ dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann‚ wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht‚ dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. In die Beurteilung miteinzubeziehen und bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände‚ die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können (BVerwG‚ U. v. 17.10.2006 - 1 C 18.05 - BVerwGE 127‚ 33 = NVwZ 2007‚ 712). Für die Annahme einer „konkreten Gefahr“ genügt nicht die bloße theoretische Möglichkeit‚ Opfer von Eingriffen in Leib‚ Leben oder Freiheit zu werden. Vielmehr ist der Begriff der Gefahr im Sinn von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Ansatz kein anderer als der im asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ angelegte‚ wobei allerdings das Element der Konkretheit der Gefahr für „diesen“ Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation statuiert (BVerwG‚ U. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 - BVerwGE 99‚ 324 zu § 53 Abs. 6 AuslG; vgl. auch B. v. 17.6.2010 - 10 B 8.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff AufenthG Nr. 40). Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist damit in Krankheitsfällen, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (BVerwG, U. v. 22.3.2012 - 1 C 3.11 - BVerwGE 142, 179 = InfAuslR 2012, 261; B. v.17.8.2011 - 10 B 13.11 - juris).

Wegen seiner Erkrankung droht dem Kläger bei Rückkehr in die Heimat eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr. Der vom ihm im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte psychiatrische Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom 10. September 2015 kommt zu dem Ergebnis‚ dass er an einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer ängstlichen depressiven Störung und einer Somatisierungsstörung leidet, gekennzeichnet nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) mit F43.1, F41.2 und F45.0. Gegen diese Diagnose und die Sachkunde des Arztes bestehen keine Bedenken. Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie besitzt er unstreitig die notwendige Sachkunde. Das Ergebnis ist zwar kurz, aber nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei dargelegt (BVerwG‚ B. v. 26.6.1992 - 4 B 1.92 u. a. - NVwZ 1993‚ 572). Es beruht auf einer persönlichen Untersuchung des Klägers, die zunächst - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - unter Einschaltung eines Dolmetschers erfolgte. Die Folgekonsultation erfolgte ohne Dolmetscher. Zusammenfassend stellt der Facharzt fest‚ das psychiatrischerseits ein komplexes Krankheitsbild bestehe und bei einer Rückführung ins Heimatland mit einer Verschlechterung des psychischen Zustandsbildes zu rechnen sei. Gleichzeitig initiierte er eine kombinierte antidepressive Behandlung mit Citalopram und Quetiapin.

Damit legt das Gutachten zur Überzeugung des Senats dar‚ dass der Kläger an mehreren psychischen Beschwerden leidet. Die Beklagte ist diesem Befund weder im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im Berufungsverfahren entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof vom 17. März 2016 hat der Kläger seine Beschwerden persönlich geschildert, die von ihm eingenommenen Medikamente vorgezeigt und ausgeführt‚ dass er weiterhin in ärztlicher Behandlung sei. Die psychischen Probleme seien erst nach dem Tod des Vaters in Afghanistan aufgetreten. Auch insoweit wird dem nichts entgegengesetzt. Der Kläger hat zudem bereits bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 12. September 2014 auf seine psychischen Probleme hingewiesen. Die dann dort vorgelegte ärztliche Bescheinigung eines Facharztes für Allgemeinmedizin vom 16. September 2014, wonach er gesund und frei von ansteckenden Krankheiten sei, kann den Befund bereits deswegen nicht in Frage stellen, da sie sich mangels Kompetenz des Bescheinigungsausstellers nicht auf psychische Beschwerden erstrecken und nur die fachärztliche Stellungnahme maßgeblich sein kann. Im Übrigen gibt es für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen (Diagnose von Art und Schwere der Erkrankung, Einschätzung des Krankheitsverlaufs bzw. der gesundheitlichen Folgen je nach Behandlungs- sowie Therapiemöglichkeiten im Heimatland) grundsätzlich keine eigene Sachkunde des Richters (BVerwG, B. v. 17.08.2011 - 10 B 13.11 - juris; B. v. 24.5.2006 - 1 B 118.05 - NVwZ 2007, 345).

Dem psychiatrischen Befundbericht vom 10. September 2015 zufolge besteht Behandlungsbedarf. Eine fachkompetente medikamentöse psychiatrische Behandlung ist geboten. Diese ist in Afghanistan nicht gewährleistet. Bereits im Befundbericht ist ausgeführt‚ dass davon auszugehen sei‚ dass das Krankheitsbild des Patienten in Afghanistan nicht angemessen behandelt werden könne. In seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 3. Juli 2012 (13a B 11.30064 - juris) hat der Senat festgestellt, dass eine rezidivierende depressive Störung mittelgradiger Ausbildung in Afghanistan nicht ausreichend behandelbar ist und zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führt. Nach einer vom Gericht in jenem Verfahren eingeholten und den Parteien dieses Verfahrens bekannten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 3. Juli 2011 bestehen zwar in Kabul einige psychiatrische Kliniken. Allerdings müssten Familienangehörige verfügbar sein‚ die den Patienten versorgten. Dass sich an dieser Situation etwas geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr leidet nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 6. November 2015 (Lagebericht - LB) die medizinische Versorgung in Afghanistan trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattungen der Kliniken‚ insbesondere aber an fehlenden Ärzten und Ärztinnen sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal. Die Behandlung von psychischen Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - finde‚ abgesehen von einzelnen Pilotprojekten‚ nach wie vor nicht in einem ausreichenden Maß statt. Traditionell mangele es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke (LB IV.1.2.).

Nach all dem ist nach Überzeugung des Gerichts mit ausreichender Sicherheit anzunehmen‚ dass dem Kläger eine deutliche Verschlechterung seiner psychischen Erkrankung in Afghanistan droht. Er befände sich bei einer Rückkehr dorthin in einer aussichtslosen Lage. Dabei geht die Beurteilung von der Situation aus‚ die den Kläger in seiner Heimat erwarten würde. Nur solche zielstaatsbezogenen Umstände sind bei der Gefahrenprognose zu berücksichtigen. Dies ist hier der Fall‚ denn eine Verschlechterung der psychischen Erkrankungen des Klägers tritt vorliegend wegen der fehlenden Behandlungsmöglichkeiten in Afghanistan ein.

Die Beklagte war daher unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2015 zu verpflichten‚ unter Änderung der Nr. 4 und Aufhebung der Nr. 5 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 10. Juli 2015 bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan festzustellen. Nachdem nur insoweit die Berufung zugelassen war‚ verbleibt es im Übrigen bei der erstinstanzlichen Klageabweisungsentscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen‚ da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf des ihm gewährten Abschiebungsschutzes.

2

Der 1972 in Kabul/Afghanistan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, tadschikischer Volks- und schiitischer Religionszugehörigkeit. Nach Abschluss seiner Schulausbildung war er sechs Jahre in Mazar-e-Sharif als Lehrer tätig. Er reiste im Herbst 1998 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Er gab an, als Jugendlicher in der kommunistisch geprägten Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) aktiv gewesen zu sein, was die Taliban zum Anlass genommen hätten, seinen Bruder vor den Augen seiner Eltern zu töten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stellte unter Ablehnung des Antrages im Übrigen mit Bescheid vom 1. Februar 1999 fest, dass hinsichtlich Afghanistan ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG vorliegt, weil der Kläger sowohl wegen seiner Religionszugehörigkeit zu den Schiiten als auch der Tätigkeit für die früheren Machthaber gefährdet ist.

3

Das Bundesamt hörte den Kläger im Januar 2007 zu seiner Absicht an, den gewährten Abschiebungsschutz gemäß § 73 AsylVfG zu widerrufen, weil dem Kläger aufgrund der veränderten Situation in Afghanistan zumindest im Raum Kabul keine erhebliche oder gar extreme Gefahr für Leib oder Leben drohe. Es widerrief mit Bescheid vom 3. April 2008 die mit Bescheid vom 1. Februar 1999 getroffene Feststellung eines Abschiebungshindernisses. Zur Begründung führte es im Kern aus, dass die zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses wegen der durch die damalige allgemeine Situation bestehenden Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG gegebene Lage nicht mehr bestehe. Der Kläger habe auch keine Ausführungen dazu gemacht, dass ihm bei seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 1 bis 4 AuslG bzw. eine erhebliche konkrete Gefährdung im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG drohen könnte; im Raum Kabul bestehe auch keine extreme Gefahrenlage, die bei verfassungskonformer Auslegung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG führen würde.

4

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, ihm drohe weiterhin aufgrund seiner früheren Mitgliedschaft in der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA) durch die Taliban Verfolgung. Das Verwaltungsgericht hat unter Abweisung der auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gerichteten Klage die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Widerrufsbescheides verpflichtet festzustellen, dass in Bezug auf den Zielstaat Afghanistan ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt. Bei einer Rückkehr sei der Kläger mit Blick auf seinen langjährigen Aufenthalt im westlichen Ausland und den damit einhergehenden Verlust sozialer und familiärer Netzwerke einer extremen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt, da er voraussichtlich nicht in der Lage wäre, sich im alltäglichen Existenzkampf zu behaupten.

5

Mit der hiergegen gerichteten Berufung machte die Beklagte geltend, dass für Rückkehrer in Afghanistan auch dann keine extreme Gefahrenlage bestehe, wenn die Aufnahme in einen funktionierenden Familienverband nicht gewährleistet sei; im Zuge des Berufungsverfahrens machte sie weiterhin geltend, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufs des Abschiebungsschutzes weder mit Blick auf seine kommunistische Vergangenheit noch auf seine tadschikische Volkszugehörigkeit mit Verfolgung rechnen müsse.

6

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt: Der Widerrufsbescheid vom 3. April 2008 sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten, weil die Beklagte bei Widerruf des dem Kläger mit Bescheid vom 1. Februar 1999 zugebilligten Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG nicht auf eine Änderung der ursprünglichen Anerkennungsvoraussetzungen, sondern der allgemeinen Gefahrenlage abgestellt habe. Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sei auf die im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltende Sach- und Rechtslage und damit auf § 73c Abs. 2 AsylVfG abzustellen. Der formell nicht zu beanstandende Widerruf sei in dem noch zu prüfenden Umfang materiell rechtswidrig, weil § 73c Abs. 2 AsylVfG die Feststellung erfordere, dass sich die Sachlage so verändert habe, dass die Voraussetzungen für das festgestellte Abschiebungshindernis entfallen seien und keine anderen nationalen Abschiebungsverbote vorliegen; es müsse sich also durch neue Tatsachen eine andere Grundlage für die Gefahrenprognose bei dem jeweiligen Abschiebungsverbot ergeben. Eine nachträglich lediglich geänderte Beurteilung der Gefahrenlage rechtfertige den Widerruf nicht. Dem Kläger sei mit Bescheid vom 1. Februar 1999 unabhängig von der allgemeinen Versorgungs- und Sicherheitslage in Afghanistan Abschiebungsschutz mit Blick auf seine schiitische Religionszugehörigkeit und seine Tätigkeit für die früheren Machthaber und damit aufgrund von seiner Person innewohnenden gefahrerhöhenden Umständen gewährt worden. Der Widerrufsbescheid stelle indes allein auf eine Veränderung der allgemeinen Situation in Afghanistan ab, die auch als ursächlich für die Zuerkennung von Abschiebungsschutz gesehen werde. Als Folge dieser irrtümlichen Annahme enthalte der Widerrufsbescheid keinen auf die ursprünglichen Anerkennungsvoraussetzungen bezogenen Vergleich zwischen den damaligen und den aktuellen Verhältnissen. Es fehle daher an dem für den Widerruf nach § 73c Abs. 2 AsylVfG erforderlichen und von der Beklagten zu erbringenden Nachweis, dass sich die Sachlage mit Blick auf die ursprünglich angenommene Gefährdung des Klägers wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit und seiner Tätigkeit für die früheren Machthaber so verändert habe, dass die Voraussetzungen für das festgestellte Abschiebungshindernis entfallen seien. An der aus diesem Begründungsmangel folgenden Rechtswidrigkeit des Widerrufsbescheides ändere das auf die individuelle Gefährdungsprognose bezogene Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nichts, weil hierin ein unzulässiges Nachschieben von Gründen liege. Ein Nachschieben von Gründen sei bei gebundenen Verwaltungsakten wie dem Widerruf zwar grundsätzlich zulässig. Die nachträglich vorgebrachten Gründe müssten indes schon bei Erlass des streitigen Verwaltungsakts vorgelegen haben, dürften diesen nicht in seinem Wesen verändern und den Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigen. Diese Grenzen seien hier überschritten, weil der Verwaltungsakt trotz gleichbleibenden Tenors auf einen anderen Sachverhalt gestützt werde. Das Gericht sei auch nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, weil die Heranziehung anderer als in dem angefochtenen Bescheid genannter Normen und Tatsachen dem Gericht dann verwehrt sei, wenn dies - wie hier - zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führte.

7

Zur Begründung ihrer durch den Senat zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe den Regelungsbereich von § 73c AsylVfG i.V.m. § 77 AsylVfG fehlerhaft bestimmt und so von einer umfassenden Prüfung aller Widerrufsgründe abgesehen; zudem habe es unter Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO das Fehlen von Widerrufsgründen festgestellt.

8

Der Kläger verteidigt unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen das Berufungsurteil.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, es seien für die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Feststellung von Abschiebungshindernissen mögliche Änderungen der dem Kläger individuell drohenden Gefahren nicht zu prüfen, weil die Beklagte den Widerrufsbescheid allein auf eine allgemeine Veränderung der Verfolgungslage gestützt habe und die Berücksichtigung einer veränderten individuellen Gefährdungsprognose zu einer Wesensveränderung des angegriffenen Bescheides führe, ist mit § 73 c Abs. 2 AsylVfG unvereinbar und verletzt damit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat hinreichende tatsächliche Feststellungen zu der Frage, ob die von der Beklagten im Berufungsverfahren geltend gemachten Veränderungen der individuellen Gefährdungsprognose einen Widerruf der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG tragen, nicht getroffen, so dass der Senat die Frage, ob sich die Berufungsentscheidung aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO), nicht abschließend beantworten kann und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

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1. Für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Widerrufsbescheides ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht abzustellen. Das Berufungsgericht hat daher seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit des hier ausgesprochenen Widerrufs eines Abschiebungsverbotes im rechtlichen Ansatz zutreffend § 73c AsylVfG (eingefügt durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474) zu Grunde gelegt und zutreffend ausgeführt, dass insoweit eine Änderung des Streitgegenstandes nicht eingetreten ist. In dieser Fassung hat auch der Senat das Gesetz zu Grunde zu legen; das Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer (vom 31. Oktober 2014, BGBl. I S. 1649) und das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern (vom 23. Dezember 2014, BGBl. I S. 2439) haben keine sachliche Änderung der entscheidungserheblichen Normen bewirkt.

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2. Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Berufungsgericht allerdings entschieden, dass der Widerruf des nach § 53 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1990 ausgesprochenen Abschiebungshindernisses nicht bereits in formeller Hinsicht zu beanstanden ist. Insbesondere findet die Ausschlussfrist des § 49 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG auf den Widerruf der Asylberechtigung oder der Flüchtlingseigenschaft keine Anwendung (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2012 - 10 C 4.11 - BVerwGE 143, 183 Rn. 17); dies gilt gleichermaßen auch für den Widerruf von Abschiebungsverboten nach § 73c Abs. 2 AsylVfG. Auch diese Entscheidung knüpft allein an den Wegfall der Voraussetzungen eines zuvor festgestellten Abschiebungshindernisses und damit an die objektive Sach- und Rechtslage an.

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3. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht entschieden, dass es an dem für den Widerruf nach § 73c Abs. 2 AsylVfG erforderlichen und von der Beklagten zu erbringenden Nachweis fehle, dass sich die Sachlage mit Blick auf die ursprünglich angenommene Gefährdung des Klägers wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit und seiner Tätigkeit für die früheren Machthaber so verändert habe, dass die Voraussetzungen für das festgestellte Abschiebungshindernis entfallen seien, und hierbei dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht näher nachzugehen sei, weil hierin ein unzulässiges Nachschieben von Gründen liege.

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3.1 Gegenstand auch des Berufungsverfahrens war vorrangig die Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheides der Beklagten vom 3. April 2008 und in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Voraussetzungen für die Gewährung nationalen Abschiebungsschutzes (§ 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 oder 2 AufenthG), der insoweit einen einheitlichen, nicht weiter teilbaren Schutz mit mehreren Anspruchsgrundlagen bietet (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 10 C 23.10 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 45), nicht mehr vorliegen. Für den Widerruf der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung (§ 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass der Widerrufsbescheid umfassend auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen ist und das Gericht auch vom Kläger nicht geltend gemachte Anfechtungsgründe sowie von der Behörde nicht angeführte Widerrufsgründe einzubeziehen hat (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 17.12 - BVerwGE 146, 31 Rn. 9). Denn die Aufhebung eines solchen, nicht im Ermessen der Behörde stehenden, Verwaltungsaktes setzt nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unter anderem seine objektive Rechtswidrigkeit voraus; daran fehlt es auch dann, wenn er aus einem im Bescheid oder im Verfahren nicht angesprochenen Grund rechtmäßig ist. Liegt der im Widerrufsbescheid allein angeführte Widerrufsgrund nicht vor, so ist eine Klage erst dann begründet, wenn der Bescheid auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbar ist und er den Adressaten in seinen Rechten verletzt, insbesondere also wenn auch andere in Betracht kommende Widerrufsgründe ausscheiden. Dies entspricht der im Asylverfahren geltenden Konzentrations-und Beschleunigungsmaxime, nach der alle in einem Asylprozess typischerweise relevanten Fragen in einem Prozess abschließend geklärt werden sollen (s.a. BVerwG, Urteil vom 8. September 2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 10; Beschluss vom 10. Oktober 2011 - 10 B 24.11 - juris Rn. 4).

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3.2 Diese Grundsätze gelten gleichermaßen auch für den Widerruf der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 73c Abs. 2 AsylVfG. Nach § 73c Abs. 2 AsylVfG ist eine solche Feststellung zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Ein Ermessen ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge insoweit nicht eingeräumt. Es handelt sich um eine rechtlich gebundene Entscheidung. Dies erkennt im rechtlichen Ansatz auch das Berufungsgericht. Die von ihm angenommene Beschränkung für ein "Nachschieben von Gründen", das auch bei gebundenen Verwaltungsakt grundsätzlich zulässig sei, auf solche nachträglich vorgebrachten Gründe, die schon bei Erlass des streitigen Verwaltungsakts vorgelegen hätten, und auf Fälle, in denen die nachgeschobenen Gründe den Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen veränderten und der Betroffene auch nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt werde, greift jedenfalls nicht für den Widerruf von Schutzentscheidungen nach dem Asylverfahrensgesetz. Aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, dass in Streitigkeiten nach diesem Gesetz das Gericht stets auf dieser Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat (§ 77 Abs. 1 AsylVfG), ergibt sich, dass nicht nur solche Tatsachen einen Widerrufsbescheid als rechtmäßig tragen können, die schon bei dessen Erlass vorgelegen haben, sondern gerade auch weitere Tatsachen zu berücksichtigen sind. Dies gilt gleichermaßen für die Verpflichtungs- wie für die Anfechtungsklage. Damit ist grundsätzlich auch das Auswechseln des einem Bescheid zu Grunde liegenden Sachverhaltes jedenfalls dann möglich, wenn - wie hier - die Entscheidungsformel unverändert bleibt (zur Umdeutung des Widerrufs einer Asylanerkennung in eine Rücknahme bei Täuschung über die Staatsangehörigkeit s.a. BVerwG, Beschluss vom 29. April 2013 - 10 B 40.12 - InfAuslR 2013, 314). Dadurch wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht beeinträchtigt. Denn dem Betroffenen ist zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung rechtliches Gehör zu solchen Tatsachen zu gewähren, die nicht schon in dem angefochtenen Bescheid zur Stützung des Widerrufs herangezogen worden sind und mit deren Verwertung der Betroffene nicht zu rechnen hatte. Das auch aus der im Asylverfahren geltenden Konzentrations- und Beschleunigungsmaxime folgende Gebot einer umfassenden Prüfung eines Widerrufsbescheides auf seine Rechtmäßigkeit erfasst daher nicht nur die Berücksichtigung unterschiedlicher Widerrufstatbestände, sondern innerhalb des Widerrufstatbestandes nach § 73c Abs. 2 AsylVfG auch die Frage, ob die Voraussetzungen für die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht mehr vorliegen, weil sich die schutzbegründenden Umstände erheblich und dauerhaft verändert haben. Eine Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung auf die im Widerrufsbescheid benannten oder diesen zumindest wesensgleichen Gründe, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, ist hiermit unvereinbar.

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3.3 Das Berufungsgericht hat mithin die Frage, ob der angegriffene Widerrufsbescheid deswegen auf § 73c Abs. 2 AsylVfG gestützt werden kann, weil sich in Bezug auf die ursprünglich angenommene Gefährdung des Klägers wegen seiner schiitischen Religionszugehörigkeit, seiner Tätigkeit für die früheren Machthaber sowie seiner "kommunistischen Vergangenheit" (objektiv) solche Veränderungen ergeben haben, dass die Voraussetzungen für das festgestellte Abschiebungshindernis entfallen sind, nicht im Einklang mit revisiblen Recht beantwortet. Von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig hat das Berufungsgericht insoweit auch davon abgesehen, durch weitere Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) die Sache spruchreif zu machen und insoweit die zur Prüfung der Frage, ob ein Wegfall der Verfolgungslage gegeben ist, erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Deshalb kann der Senat die Frage, ob die Berufungsentscheidung aus anderen Gründen richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO) nicht beantworten und auch nicht zu Lasten des Klägers in der Sache selbst entscheiden. Vielmehr ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem die Gelegenheit zu geben, die für § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG maßgeblichen Tatsachen aufzuklären.

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4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tenor

I.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da der Zulassungsantrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 17. Dezember 2014 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob der Widerruf eines national begründeten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gemäß § 73c AsylVfG dann als Ermessensentscheidung ergehen müsse, wenn zuvor ein Widerrufsverfahren eingestellt worden sei. Für den Widerruf von Asyl oder Flüchtlingseigenschaft sehe § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG eine derartige Regelung vor. Das Verwaltungsgericht habe die Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung verneint. Im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung sei zu klären, ob eine solche Schlechterstellung von Personen, bei denen vor vielen Jahren Abschiebungsverbote festgestellt worden seien, mit dem Grundgesetz vereinbar wäre.

Die Frage ist nicht klärungsbedürftig, da sich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - bereits aus dem Gesetz ergibt, dass die Vorschrift des § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG, wonach ein späterer Widerruf im Ermessen der Behörde steht, wenn nach einer früheren Prüfung kein Widerruf erfolgt ist, nicht für den Widerruf eines national begründeten Abschiebungsverbots nach § 73c AsylVfG gilt. § 73 AsylVfG betrifft ausschließlich den Widerruf (und die Rücknahme) der Asylberechtigung und der Flüchtlingseigenschaft. § 73c AsylVfG verweist zwar teilweise auf Regelungen des § 73 AsylVfG, indem nach § 73c Abs. 3 AsylVfG die Vorschrift des § 73 Abs. 2c bis 6 AsylVfG entsprechend gilt. § 73 Abs. 2a AsylVfG wird aber nicht genannt und findet daher auch keine Anwendung.

Mit dem Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) wurde durch die Einfügung von Absatz 2a in § 73 AsylVfG eine obligatorische Überprüfungspflicht hinsichtlich der Gewährung von Asyl und Flüchtlingseigenschaft eingefügt, um den in der Praxis weitgehend obsolet gewordenen Vorschriften über Widerruf und Rücknahme wieder eine Bedeutung zu verschaffen (BT-Drs. 15/420 S. 112). Weder dem Gesetzestext noch den Materialien lassen sich jedoch Hinweise entnehmen, dass diese Regelungen auch für das national begründete Abschiebungsverbot gelten sollten. Dessen Widerruf war in § 73 Abs. 3 AsylVfG geregelt. Die Einfügung von § 73c AsylVfG (und Änderung von § 73 Abs. 3 AsylVfG a. F.) durch das Umsetzungsrichtliniengesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) hat daran nichts geändert (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Mai 2015, § 73 Rn. 49; vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2015, § 73c AsylVfG Rn. 6).

Der Gesetzgeber hat damit bewusst für den Widerruf von Asyl bzw. Flüchtlingseigenschaft und für den Widerruf von national begründetem Abschiebungsverbot unterschiedliche Regelungskomplexe geschaffen. Während bei der Gewährung von Asyl bzw. Flüchtlingseigenschaft eine obligatorische Überprüfung mit weiteren Verfahrensvorschriften vorgesehen ist, gilt dies beim national begründeten Abschiebungsverbot nicht. Liegen die Voraussetzungen für dessen Widerruf vor, ist dieser immer zwingend und ohne jede Einschränkung vorgeschrieben (vgl. BVerwG, U. v. 29.9.2011 - 9 C 24.10 - NVwZ 2012, 451 zur inhaltlich identischen Vorgängerregelung des § 73 Abs. 3 AsylVfG a. F.; s. auch BVerwG, U. v. 29.6.2015 - 1 C 2.15 - Homepage BVerwG Rn. 15, ohne dass dabei freilich ein früheres Widerrufsverfahren eingestellt worden wäre). Dass der Gesetzgeber den Widerruf von Asyl bzw. Flüchtlingseigenschaft und von national begründetem Abschiebungsverbot völlig gleich regeln müsste, ist nicht ersichtlich.

Der Kläger macht zudem eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO geltend. In letzter Zeit habe sich die Sicherheitslage in Afghanistan wieder so verschlechtert, dass es wiederholt zu Attentaten in Kabul gekommen sei. Das Verwaltungsgericht hätte daher den Sachverhalt durch Einholung sachdienlicher Auskünfte weiter aufklären müssen.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt jedoch nicht vor. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigen bestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B. v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat (BVerwG, B. v. 20.7.2011 - 2 B 32.10 - juris Rn. 3; B. v. 19.4.2011 - 2 B 60.11 - juris Rn. 7; U. v. 13.5.1976 - 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1). Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist in jedem Fall die (erfolglose) vorherige Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneter und nach Lage der Dinge tauglicher Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BVerfG, B. v. 10.2.1987 - 2 BvR 314/86 - BVerfGE 74, 220/225 = NJW 1987, 1191).

Gemessen an diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt. Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich mit der Frage befasst, ob eine extreme Gefahrenlage in Afghanistan anzunehmen sei, dies aber letztlich verneint (UA S. 17). Auch unter dem Gesichtspunkt der mangelnden Sachverhaltsaufklärung ergibt sich keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Nach § 78 AsylVfG ist die Berufung nicht bei jedem Verfahrensfehler, auf dem das Urteil beruht, sondern nur dann zuzulassen, wenn ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG). Eine ungenügende Sachverhaltsaufklärung (Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO) würde nicht zu den in § 138 VwGO genannten Verfahrensmängeln gehören (siehe auch BayVerfGH, E. v. 29.1.2014 - Vf. 18-VI-12 - a. a. O.).

Letztlich wendet der Kläger sich gegen die Annahme der angegriffenen Entscheidung, die Voraussetzungen für einen national begründeten Abschiebungsschutz, insbesondere nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in unmittelbarer und auch analoger Anwendung, lägen nicht mehr vor und eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit bestehe nicht. Damit greift er in Wahrheit die Würdigung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht an. Die von der klägerischen Auffassung abweichende Bewertung stellt jedoch keine Frage des rechtlichen Gehörs dar, sondern der - im Rahmen von § 78 Abs. 3 AsylVfG nicht einschlägigen - Beweiswürdigung (BVerwG, B. v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.