Tenor

I. Der Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags für die erstmalige Herstellung des k* … (auf Fl.Nr. 1051/11 Gemarkung …*) einschließlich seiner fünf unselbstständigen Stichstraßen (drei Stichstraßen namens K* … ebenfalls auf Fl.Nr. 1051/11, eine Stichstraße namens t* … auf Fl.Nr. 1051/12 Gemarkung … eine Stichstraße namens e* … auf Fl.Nr. 1051/13 Gemarkung …; vgl. Bl. 79 der Akte der Widerspruchsbehörde -WA). Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. 1052/9 Gemarkung …, das am K* … anliegt.

Die Beklagte führte die abgerechneten Straßenbaumaßnahmen im K* … einschließlich seiner unselbstständigen Stichstraßen gemessen an ihren Angaben in den Jahren 1989 bis 1997 durch. Die letzte Unternehmerrechnung ging nach Aktenlage im Jahr 2006 ein (Bl. 76 WA).

Die Festsetzung des K* … und seiner unselbstständigen Stichstraßen als öffentliche Verkehrsflächen erfolgte im Bebauungsplan Nr. 56 von 1990.

Der Gemeinderat der Beklagten beschloss am 23. Februar 2000 u.a. den K* … und seine unselbstständigen Stichstraßen als Ortsstraßen zu widmen (Bl. 117 Rückseite WA). Mit Verfügung vom 29. April 2009 widmete die Beklagte den K* … rückwirkend zum 6. März 2000 als Ortsstraße (Bl. 117 f. WA). Entsprechende Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 erließ die Beklagte für den T* … und den e* … (vgl. Bl. 113 Rückseite WA).

Einen für das klägerische Grundstück ergangenen Erschließungsbeitragsbescheid vom 11. August 2008 in Gestalt eines Änderungsbescheids vom 29. Dezember 2010 hob das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 12. Juli 2011 (M 2 K 10.5605 -juris) wegen Verstoßes gegen § 125 BauGB infolge einer planabweichenden Ausführung der Straßenbaumaßnahmen auf. In weiteren Verfahren ergingen am 12. Juli 2011 vergleichbare Urteile.

Die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 56 in der Fassung vom 26. Mai 2011, mit der u.a. die Planung an die tatsächliche Ausführung angepasst wurde, hat die Beklagte am 21. Oktober 2011 ortsüblich bekannt gemacht.

Nach eigenen Angaben im Nachgang zu den mündlichen Verhandlungen am 12. Juli 2011 hat die Beklagte ferner die Bekanntmachung der Widmungen von 2009 überprüft. Gemäß einem an die Beklagte gerichteten Schreiben deren Bevollmächtigter vom 7. März 2012 (in der mündlichen Verhandlung übergegeben) hat die Beklagte diesem u.a. mitgeteilt, dass die Bekanntmachung der Widmungsverfügungen für den K* … möglicherweise noch nicht erfolgt sei. Es sei dringend erforderlich, die Widmungsverfügungen umgehend amtlich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung einer Widmung könne jedoch nicht rückwirkend erfolgen. Es empfehle sich, die Widmung neu zu verfügen und bekannt zu machen.

Mit Verfügung vom 20. März 2012 widmete die Beklagte den K* … ohne Rückwirkung als Ortsstraße (Bl. 115 f. WA). Über diese Widmung erfolgte eine Bekanntmachung durch Aushang an den Amtstafeln (Bl. 114 WA). Entsprechende Widmungsverfügungen vom 20. März 2012 und Bekanntmachungen erfolgten für den t* … und den e* … (vgl. die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Widmungsunterlagen).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 26. Oktober 2016 setzte die Beklagte für das klägerische Grundstück Fl.Nr. 1052/9 einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 16.916,89 € fest und erließ ein Zahlungsgebot in dieser Höhe. Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am … November 2016 Widerspruch einlegen (Bl. 91 WA). Zur Begründung wurde vorgetragen, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten.

Am … April 2017 ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Untätigkeitsklage gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2016 zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017 bestellten sich die Bevollmächtigten der Beklagten.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2017 legte das Landratsamt seine Widerspruchsakten vor.

Zur Klagebegründung berief sich die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom *. Juli 2017 und … Oktober 2017 insbesondere darauf, dass Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

Zur Klageerwiderung ließ die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. Dezember 2017 u.a. vortragen, eine im Februar 2012 von ihr vorgenommene Überprüfung habe ergeben, dass die Widmungsverfügung nicht bekannt gemacht worden sei. Eine diesbezügliche Bekanntmachung sei in den Akten nicht vorhanden gewesen. Dessen ungeachtet sei die Widmungsverfügung vom 29. April 2009 aber auch inhaltlich fehlerhaft gewesen. Sie habe die Anordnung enthalten, dass die Verfügung rückwirkend zum 6. März 2000 wirksam werde. Straßen könnten nicht rückwirkend gewidmet werden. Eine rückwirkend verfügte Widmung sei nichtig. Die Beklagte habe ihre kompletten Akten dem Landratsamt vorgelegt, über das Landratsamt sei die Aktenvorlage an das Gericht erfolgt. Im Straßenbestandsverzeichnis gebe es für den K* … keine Eintragung. Seitens der Beklagten sei das Bestandsverzeichnis mehrfach überprüft worden. Es finde sich dort kein Karteiblatt zum K* … Mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 legte die Beklagte ergänzend Kopien des Bebauungsplans Nr. 56 sowie dessen 1. Änderung vor.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom … Februar 2018 ließ die Klägerin vortragen, der Beitragsfestsetzung stünde entgegen, dass die Vorteilslage sowie Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Dem trat die Beklagte mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 6. März 2018 entgegen. In Beantwortung eines gerichtlichen Aufklärungsschreibens vom 20. März 2018 äußerte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 23. März 2018 zu Art und Zeitpunkt der zuletzt ausgeführten Straßenbauarbeiten. Danach sei zuletzt die Asphaltdeckschicht im Jahr 1997 aufgebracht worden.

Am 27. März 2018 fand die mündliche Verhandlung statt. Erörtert wurde insbesondere, inwieweit die Vorteilslage oder Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Zur Frage der Bekanntgabe der Widmungsverfügungen von 2009 kam das Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten an die Beklagte vom 7. März 2012 zur Vorlage. Der Vertreter der Beklagten erklärte u.a., er gehen davon aus, dass die Widmungen aus dem Jahr 2009 nicht bekannt gemacht worden seien, er könne aber auch nicht gänzlich ausschließen, dass die entsprechende Bekanntmachung mit dem Vermerk über das Anheften und Abnehmen verloren gegangen sei. Die Klägerin ließ beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2016 aufzuheben.

Die Beklagte ließ beantragen,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) zulässig. Die Sperrfrist von drei Monaten seit Einlegung des Widerspruchs am 10. November 2016 (§ 75 Satz 2 VwGO) ist abgelaufen. Es ist auch kein zureichender Grund ersichtlich, der es rechtfertigen könnte, dass über den Widerspruch bislang noch nicht entschieden ist (§ 75 Satz 1 VwGO).

Die Klage ist begründet. Der Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil von Festsetzungsverjährung auszugehen ist.

1. Die Festsetzungsverjährung einer Erschließungsbeitragsforderung richtet sich nach Art. 10 Nr. 2 KAG, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) - dd), Abs. 2 KAG i.V.m. §§ 169 ff. AO. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) cc), Abs. 2 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. Die Festsetzungsfrist beträgt gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) KAG i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO vier Jahre. Für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten gemäß Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist maßgebend der Zeitpunkt, in dem die Erschließungsanlage endgültig hergestellt ist und alle weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten erfüllt sind, wobei die Reihenfolge unerheblich ist (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 19 Rn. 4 m.w.N.). Das Entstehen der Beitragspflichten infolge endgültiger Herstellung der Erschließungsanlage setzt voraus, dass der umlagefähige Aufwand ermittlungsfähig ist. Dies ist regelmäßig im Zeitpunkt des Eingangs der letzten, nach Abschluss der Bauarbeiten erteilten Unternehmerrechnung der Fall (Driehaus, a.a.O., § 19 Rn. 9 ff. m.w.N.). Weitere gesetzliche Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflichten sind, dass eine rechtswirksame Erschließungsbeitragssatzung vorhanden ist, die Erschließungsanlage straßenrechtlich gewidmet ist sowie ein Bebauungsplan in Kraft getreten ist, dem die Herstellung der Anlage unter Berücksichtigung von Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 125 Abs. 3 BauGB entspricht, oder eine planersetzende Planung im Sinne des Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 125 Abs. 2 BauGB vorliegt (Driehaus, a.a.O., § 19 Rn. 15 ff.).

Vorliegend ist hinsichtlich des K* … einschließlich seiner unselbstständigen Stichstraßen davon auszugehen, dass die sachlichen Beitragspflichten, nachdem bereits zuvor alle sonstigen Voraussetzung einschließlich der straßenrechtlichen Widmung vorlagen, mit In-Kraft-Treten der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 56 zum 21. Oktober 2011 als zeitlich letzte Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten entstanden sind (dazu sogleich im Einzelnen unter 2.). Davon ausgehend begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2011 und endete nach vier Jahren zum 31. Dezember 2015. Mithin war zum Zeitpunkt der Festsetzung der streitgegenständlichen Beitragsforderung mit Bescheid vom 26. Oktober 2016 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten.

2. Die gerichtliche Überzeugung, dass die sachlichen Beitragspflichten im Jahr 2011 entstanden waren, beruht auf Folgendem: Die Beklagte verfügte zu diesem Zeitpunkt über eine wirksame Erschießungsbeitragssatzung (Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen - Erschließungsbeitragssatzung - vom 13. Oktober 1992). Gemessen an den Angaben der Beklagten waren der K* … und seine unselbstständigen Stichstraßen mit Abschluss der Bauarbeiten durch Aufbringung der Asphaltdeckschicht im Jahr 1997 endgültig hergestellt. Die letzte Unternehmerrechnung ging im Jahr 2006 ein (Bl. 76 WA). Hinsichtlich der Widmung ist unter Berücksichtigung der Regeln zur materiellen Beweislast im Fall eines non liquet davon auszugehen, dass der k* … und seine unselbstständigen Stichstraßen nicht erst durch die Widmungsverfügungen vom 20. März 2012, sondern bereits durch die Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 wirksam gewidmet worden waren (dazu sogleich im Einzelnen unter 3.). Als zeitlich letzte Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflichten trat am 21. Oktober 2011 die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 56 in Kraft, mit welcher der zuvor bestehende Verstoß gegen § 125 BauGB beseitigt wurde, durch die mithin ein Bebauungsplan in Kraft trat, dem die Herstellung der Anlage entsprach.

3. Aus folgenden Gründen ist entgegen der Auffassung der Beklagten davon auszugehen, dass der K* … und seine unselbstständigen Stichstraßen bereits durch die Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 wirksam gewidmet worden waren:

a) Der Umstand, dass diese Widmungen rückwirkend zum 6. März 2000 verfügt waren, führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur deren gänzlicher Unwirksamkeit: Nichtig ist die Widmung, soweit sie rückwirkend erfolgt ist; nichtig ist nicht die Widmung als solche, sondern nur die Anordnung deren Rückwirkung (SächsOVG, U. v. 8.6.2012 - 5 A 455/09 - juris Rn. 31; BayVGH, B. v. 12.3.2003 - 6 CS 02.2979 - juris Rn. 12 ff.; so auch noch die Rechtsauffassung der Beklagten auf S. 3 unter d) des Schriftsatzes vom 25. April 2012 im früheren Verfahren M 2 K 11.4386, der in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht wurde).

b) Ferner ist die Widmung zwar ein Verwaltungsakt und bedarf deshalb zu ihrer Wirksamkeit der Bekanntgabe gemäß Art. 41 BayVwVfG, wobei sie als Allgemeinverfügung öffentlich bekanntgemacht werden darf (vgl. Art. 41 Abs. 3 BayVwVfG). Das Vorbringen der Beklagten, sie habe die Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 nicht bekannt gemacht, ist indes unerweislich geblieben (nonliquet). Die Unerweislichkeit dieser Tatsache geht im vorliegenden Einzelfall bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zu Lasten der insoweit materiell beweispflichtigen Beklagten:

aa) Vorliegend ist trotz Aufklärungsbemühens seitens der Beklagten und des Gerichts auch zuletzt noch unerweislich geblieben, dass die Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 nicht öffentlich bekannt gemacht worden sind. Zwar hat die Beklagte dies vorgetragen. Dies schließt sie allein daraus, dass sie in ihren Unterlagen keinen Nachweis über deren öffentliche Bekanntmachung gefunden hat. Indes kann die Beklagte nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung auch nicht ausschließen, dass die entsprechende Bekanntmachung mit dem Vermerk über das Anheften und Abnehmen der Bekanntmachung verloren gegangen ist. Es wäre auch gänzlich unplausibel davon auszugehen, dass ein solcher Geschehensablauf nicht in Betracht käme. Ferner lässt sich auch dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten vom 7. März 2012 entnehmen, dass die Beklagte auch damals schon lediglich davon ausging, die Bekanntmachung sei „möglicherweise“ noch nicht erfolgt. Mithin hat die Beklagte auch bereits 2012 andere Möglichkeiten, wie etwa einen Verlust des Nachweises über die Bekanntmachung, keineswegs ausgeschlossen gehabt. Hinzu kommt, dass sich die Beklagte etwa im Vorlageschreiben an das Landratsamt vom 18. Mai 2017 (Bl. 95 WA) hinsichtlich der fehlenden Festsetzungsverjährung nur auf die Rückwirkungsproblematik, nicht hingegen auf eine fehlende Bekanntmachung der Widmungsverfügungen berufen hatte. Letztgenanntes wäre indes zu erwarten gewesen, wenn sich die Beklagte sicher gewesen wäre, dass keine Bekanntmachung erfolgte. Auch sonst sind für das Gericht keine durchgreifenden Indizien vorgetragen oder sonst erkennbar geworden, die hinreichend verlässlich für das Unterbleiben einer öffentlichen Bekanntmachung sprächen: So ist etwa der Umstand, dass sich auf der Rückseite der Widmungsverfügung für den K* … vom 29. April 2009 keine Eintragungen bei den Bekanntmachungsnachweisen befinden (Bl. 118 WA), nicht aussagekräftig. Denn auch auf der Rückseite der Widmungsverfügung vom 20. März 2012 ist dort nichts eingetragen (Bl. 116 WA), obwohl doch hinsichtlich dieser Verfügung nachweislich (Bl. 114 WA) eine öffentliche Bekanntgabe durch Aushang an den Amtstafeln erfolgte. Das Gericht hat zuletzt auch keine weiteren Möglichkeiten zu einer weitergehenden Aufklärung gesehen: Die Beklagte hatte schon mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 selbst vortragen lassen, sie habe ihre kompletten Akten dem Landratsamt vorgelegt, über das Landratsamt sei die Aktenvorlage an das Gericht erfolgt. Auch hat die Beklagte nach eigener Einlassung trotz mehrfacher Überprüfung in ihrem Straßenbestandsverzeichnis (entgegen Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG) keine Karteikarte für den k* … gefunden. Mit Hilfe des Bestandsverzeichnisses können deshalb keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf gerichtliche Frage zudem vorgetragen, die Widmungsunterlagen seien im Zusammenhang mit den Unterlagen für die Erschließungsbeitragsabrechnung aufbewahrt worden. Mithin existieren über die bereits vorgelegten Widmungsunterlagen hinaus auch nicht etwa geordnete und paginierte Widmungsakten, aus denen sich möglicherweise neue Erkenntnisse ergeben könnten. Auf weitere gerichtliche Fragen hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung dann erläutert, dass es auch kein Tagebuch oder ähnliche Unterlagen gebe, aus denen die an der gemeindlichen Anschlagtafel ausgehängten Bekanntmachungen ersichtlich wären, sowie dass auch kein Aktenvermerk zeitnah anlässlich der Überprüfung der Bekanntmachungen angefertigt worden sei. Bei dieser Sachlage hat das Gericht keine Möglichkeiten mehr gesehen, die Frage einer Bekanntmachung der Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 näher aufzuklären. Mithin ist die Tatsache, dass die Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 wie von der Beklagten vorgetragen nicht bekannt gemacht worden sind, unerweislich geblieben (non liquet).

bb) Die Unerweislichkeit dieser Tatsache geht zu Lasten der insoweit materiell beweispflichtigen Beklagten. Auch im Verwaltungsstreitverfahren greift vorbehaltlich besonderer Regelungen der allgemeine Rechtsgrundsatz ein, dass die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter ihm günstige Rechtsfolgen ableitet, zu seinen Lasten geht (BVerwG, U. v. 21.5.2008 - 6 C 13.07 - juris Rn. 41 m.w.N.; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 108 Rn. 5). Besondere gesetzliche Regelungen zur Verteilung der materiellen Beweislast bestehen vorliegend nicht. Gemessen am Günstigkeitsprinzip obliegt der Nachweis der Tatsache, dass die Widmungsverfügungen vom 29. April 2009 - obwohl unstreitig verfügt - nicht bekanntgemacht worden sind, der Beklagten: Denn nur dann, wenn keine Bekanntmachung erfolgt wäre, wäre keine Festsetzungsverjährung eingetreten, weil dann die sachlichen Beitragspflichten erst mit den wirksamen Widmungsverfügungen vom 20. März 2012 entstanden wären. Für die materielle Beweislast der Beklagten streitet zusätzlich der Umstand, dass die Bekanntmachung einer verfügten und von einem Gemeinderatsbeschluss getragenen Widmungsverfügung den Regelfall, hingegen ein Unterbleiben der Bekanntmachung den Ausnahmefall darstellt. Nicht zuletzt ergibt sich die materielle Beweislast der Beklagten zudem auch daraus, dass die Bekanntmachung einer Widmungsverfügung zweifellos nicht der Sphäre der Klagepartei, sondern allein jener der Beklagten zuzuordnen ist. Im Gegensatz zur Klagepartei wäre es der Beklagten trotz der Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, eine negative Tatsache nachzuweisen, mit Hilfe einer sorgfältigen und vollständigen Aktenführung auch durchaus möglich gewesen, das Unterlassen der Bekanntgabe der Widmungsverfügungen nachzuweisen.

Nach alldem war der Bescheid vom 26. Oktober 2016 wegen entgegenstehender Festsetzungsverjährung aufzuheben. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Juli 2018 - 6 ZB 18.1054

bei uns veröffentlicht am 05.07.2018

Tenor I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. März 2018 – M 28 K 17.1763 – wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfah

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(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.

(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.

(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und

1.
die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben oder
2.
die Erschließungsbeitragspflichtigen nicht mehr als bei einer plangemäßen Herstellung belastet werden und die Abweichungen die Nutzung der betroffenen Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.