Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Apr. 2017 - M 2 K 17.30353
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
den Bescheid vom 27. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliege und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Gründe
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht München Urteil, 11. Apr. 2017 - M 2 K 17.30353 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2017 in Ziffern 1. und 3. - 6. aufzuheben,
die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliegt und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.
Gründe
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
den Bescheid vom 22. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliege und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Gründe
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
- 1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn
- 1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, - 2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, - 3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und - 4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn
- 1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist, - 2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird, - 3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben, - 4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und - 5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.
(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.
(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
den Bescheid vom 22. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliege und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Gründe
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die ausdrücklich bzw. sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 des Asylverfahrensgesetzes – AsylVfG) zuzulassen.
3Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen,
41. ob es einem staatlichen Gericht aus staatskirchenrechtlichen Gründen verwehrt ist, den ernsthaften Übertritt zu einer Religionsgesellschaft oder Kirche im Sinne des Art. 140 GG, Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung zu überprüfen,
52. ob einem gegebenenfalls unverfolgt ausgereisten iranischen Staatsangehörigen schon aufgrund der Asylantragstellung i.V.m. dem – sei es auch nur formalen – Übertritt zum christlichen Glauben durch Taufe (hier: bei einer evangelisch-lutherischen Landeskirche) bei freiwilliger oder unfreiwilliger Rückkehr, insbesondere Abschiebung, in sein Heimatland gemäß §§ 3, 4 AsylVfG und § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG relevanter Repressalien wegen Glaubensabfall vom Islam – selbst wenn diese Konversion nicht von einem ernst gemeinten religiös motivierten Einstellungswandel getragen ist – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, und
63. ob eine Strafbarkeit nach iranischem Recht dann entfällt, wenn der Übertritt zum Christentum aus Sicht iranischer Stellen nicht von einer Ernsthaftigkeit getragen ist,
7rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung.
8Dies folgt in Bezug auf die zu Ziff. 1. und Ziff. 2. aufgeworfenen Fragen bereits aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Senats zu den Maßstäben einer Verfolgungsgefahr wegen eines Religionswechsels, der erst nach der Flucht erfolgt ist. Beruft sich ein Schutzsuchender auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft macht, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2004 - 1 C 9.03 ‑, Juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rn. 37 f. m. w. N.
10Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist, lässt sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewonnen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer Überzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gelöst und dem anderen Glauben zugewandt haben. Für die Frage, ob ein ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt, kommt es entscheidend auf die Glaubhaftigkeit der Schilderung und die Glaubwürdigkeit der Person des Asylbewerbers an, die das Gericht selbst im Rahmen einer persönlichen Anhörung des Asylbewerbers zu überprüfen und tatrichterlich zu würdigen hat. Da maßgeblich ist, ob sich der Betroffene nach Rückkehr in sein Herkunftsland in einer Art und Weise religiös betätigen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen wird, genügt der Formalakt der Taufe regelmäßig nicht.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 10 C 19.09 -, juris Rn.19; OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris, sowie Beschlüsse vom 10. Februar 2015 - 13 A 2569/14.A - und vom 3. November 2014 - 13 A 1646/14.A -, jeweils juris; Bay.VGH, Beschluss vom 8. August 2013 - 14 ZB 13.30199 -, juris, Rn. 5 ff. m.w.N.
12Die vom Kläger zu Ziff. 2 aufgeworfene Frage ist damit hinreichend geklärt. Das Verwaltungsgericht hat diese Maßstäbe seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
13Aber auch die zu Ziff. 1 gestellte Frage der Befugnis staatlicher Gerichte zur Überprüfung der Glaubensüberzeugung des Schutzsuchenden ist unter Berücksichtigung dieser Ausführungen nicht mehr klärungsbedürftig. Sämtliche genannten Entscheidungen setzen als selbstverständlich voraus, dass die Gerichte die Glaubensüberzeugung des Schutzsuchenden, der einen Religionswechsel vollzogen hat bzw. geltend macht, überprüfen dürfen.
14Vgl. ebenso Bay.VGH, a. a. O., Rn. 8.
15Dies kollidiert zudem auch nicht mit den Vorschriften des Grundgesetzes bzw. der Weimarer Reichsverfassung, da nicht die kirchenrechtliche Rechtmäßigkeit oder Wirksamkeit der Taufe oder anderer den Religionsgesellschaften vorbehaltener Akte geprüft oder in Frage gestellt wird, sondern allein für das Asyl- oder Flüchtlingsrecht Fragen der Verfolgungsgefahr untersucht werden, ohne die erfolgte Taufe kirchenrechtlich zu bewerten.
16Die vom Kläger zu Ziff. 3 formulierte Frage kann die Zulassung der Berufung ebenfalls nicht rechtfertigen, weil sie in einem Berufungsverfahren nicht geklärt würde. Auf diese – materiell strafrechtliche – Frage kommt es nicht an, da nach dem Vorstehenden allein entscheidend ist, ob sich der Betroffene nach Rückkehr in sein Herkunftsland in einer Art und Weise religiös betätigen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen wird. Der ohne innere Glaubensüberzeugung nur „formal“ Getaufte wird sich im Herkunftsland nicht in einer Weise betätigen, dass die Strafverfolgungsorgane ihm gegenüber tätig werden, so dass sich die Frage der strafrechtlichen Bewertung der rein formalen Taufe überhaupt nicht stellt.
17In diesem Zusammenhang hat der Senat im Übrigen in Auswertung zahlreicher Erkenntnisquellen zur Frage einer Verfolgungsgefahr wegen Apostasie entschieden, dass der Abfall vom Islam im Iran nach wie vor nach weltlichem Recht nicht mit Strafe bedroht ist und dass trotz des im September 2008 beschlossenen Apostasiestrafgesetzes jedenfalls bei Apostaten, die nicht exponiert tätig sind, Verurteilungen zu Todesstrafen nicht erfolgen,
18vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. April 2012 - 13 A 796/12. A -, juris, Rn. 14, sowie Urteil vom 9. Juni 2011 - 13 A 947/10.A -, juris, Rn. 71 ff.
19Diese Situation wird durch den aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrechtliche Lage in der Islamischen Republik Iran vom 24. Februar 2015 bestätigt. Insbesondere wurde danach die letzte Todesstrafe nach Scharia-Recht im Jahre 1990 vollstreckt (vgl. dort Ziff. II.1.4. sowie 1.4.2., S. 16 ff., und Ziff. III.3., S. 28).
20Schließlich hat der Kläger auch keine aktuellen Erkenntnisquellen benannt, die in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Senats eine verfolgungsrelevante Gefährdung schon bei einem rein formal durch Taufe erfolgten Übertritt zum Christentum als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die von ihm im Zulassungsantrag genannten Anlagen, die auf Nachfrage des Gerichts jetzt vorgelegt wurden, sind weder neue Erkenntnisse, noch stellen sie die in der Senatsrechtsprechung erfolgte Bewertung der tatsächlichen Situation im Iran durchgreifend in Frage. Dies gilt sowohl für den Internet-Artikel über Aktivitäten des iranischen Geheimdienstes in Deutschland, als auch für den Internet-Artikel der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte über Apostasie im Iran sowie den Wikipedia-Artikel zur Apostasie, soweit sich dieser auf den Iran bezieht. Letzterer deckt sich im Übrigen mit den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen und bestätigt insbesondere, dass die letzte Hinrichtung wegen eines Abfalls vom Islam im Iran im Jahr 1990 erfolgt sein soll. Sämtliche in den beigebrachten Erkenntnissen konkret benannten Fälle betreffen Situationen, in denen Konvertiten im Iran exponiert bzw. jedenfalls öffentlich erkennbar ihren Glaubensüberzeugungen entsprochen haben und teilweise auch missionarisch tätig waren.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Dezember 2013 - A 5 K 122/13 - zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungszulassungsverfahrens.
Gründe
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Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der 1992 in der afghanischen Provinz Ghazni geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, tadschikischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan im Mai/Juni 2009 lebte er ledig in dem Dorf L. R. im Bezirk R. in der Provinz Ghazni. Dort betätigte er sich eigenen Angaben zufolge - nachdem er die Schule nach der sechsten Klasse verlassen hatte - damit, seinem Vater bei Polsterarbeiten zu helfen.
3Der Kläger ist als damals 16-jähriger am 20. Juni 2009 nach ungefähr einmonatiger Landwegreise über den Iran, die Türkei und Griechenland und von dort kommend auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist. Hier beantragte er am 17. August 2009 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
4Am 2. September 2009 und am 30. September 2010 wurde der Kläger vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) angehört, wo er u.a. folgende Angaben machte: Er habe in Afghanistan Bodybuilding betrieben und dabei einen Unfall verursacht. Während er mit einer Langhantel mit aufgesteckten ungesicherten Gewichtscheiben trainiert habe, seien zwei Scheiben mit einem Gewicht von jeweils 15 kg abgerutscht und auf das Gesicht und die Brust eines Mannes gefallen, der auf dem Rücken liegend in seiner Nähe trainiert habe. Als er dessen blutüberströmtes Gesicht gesehen und der Mann keine Reaktion gezeigt habe, sei er aus Angst davon gelaufen. Er habe einer anderen Person - die er bei der zweiten Anhörung als seinen Cousin bezeichnet hat - von dem Vorfall erzählt. Auf den Rat und mit der finanziellen Hilfe dieser Person sei er wenig später nach Kabul gereist. Dort habe er sich einige Zeit bei der ersten Frau seines Onkels aufgehalten. Anlass dafür sei gewesen, dass es sich bei dem Vater des Verletzten um I. A. , der so etwas Ähnliches wie ein einflussreicher Politiker sei, handele. Kurz darauf sei sein eigener Vater auf dessen Anzeige hin inhaftiert und ungefähr eine Woche später auf Initiative des Ältestenrates wieder freigelassen worden. Er gehe davon aus, in Afghanistan von dem Vater des Verletzten, dem I. A. , Tag und Nacht verfolgt zu werden.
5Mit Bescheid vom 6. Dezember 2010 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers mit der Begründung ab, dass dieser nicht geltend gemacht habe, aufgrund asylrelevanter Persönlichkeitsmerkmale verfolgt zu werden. Gleichzeitig stellte es fest, dass angesichts dessen auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorlägen. Ferner enthält der Bescheid die Feststellung, dass Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a. F.) nicht gegeben sind. Ob dem Kläger aufgrund der von ihm geschilderten Ereignisse eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 2 AufenthG (a. F.) drohe, könne dahin stehen, da er die Möglichkeit habe, in Afghanistan, namentlich in Herat oder Kabul, internen Schutz zu erlangen. Entsprechendes gelte bezogen auf Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (a. F.). Dass der Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan einer extremen allgemeinen Gefahr ausgesetzt sei, sei nicht feststellbar. Da kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig sei, müsse er auch nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 60 Abs. 3 AufenthG) befürchten. Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, andernfalls er nach Afghanistan oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben werde.
6Der Kläger hat am 28. Dezember 2010 Klage erhoben, zu deren Begründung er sein Vorbringen vor dem Bundesamt wiederholt und vertieft und ergänzend u.a. Folgendes vorgetragen hat: Seine Familie habe vergebens versucht, sich von der zu erwartenden Rache frei zu kaufen. Obwohl der Vater des Verletzten, dessen Machtbasis in der Provinz Nangarhar angesiedelt gewesen sei, im Februar 2010 bei einem Bombenattentat zu Tode gekommen sei, bestehe für ihn weiterhin ein Verfolgungsrisiko. Denn es wäre überraschend, wenn das Verlangen nach Rache nicht auf Seiten der gesamten Familie des Opfers bestünde. Deswegen könne unterstellt werden, dass diese nach wie vor ein Interesse daran habe, ihn zu bestrafen, wobei damit zu rechnen sei, dass dies mit Misshandlungen einhergehe und rechtsstaatliche Prinzipien dabei außer Acht blieben. Für ihn bestehe keine inländische Fluchtalternative. Denn der Zuzug in eine Stadt würde sich in einer auf informellen Strukturen fußenden Gesellschaft wie der afghanischen schnell herumsprechen. Dass vorliegend ein nicht nur lokales Verfolgungsinteresse bestehe, ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Familie des Opfers provinzübergreifend tätig geworden sei. Seine eigene Familie hingegen verfüge nicht über ausreichend Macht und Einfluss, um ihm Schutz zu gewähren. Mit Schriftsatz vom 1. März 2012 hat der Kläger ergänzend mitgeteilt, dass das Opfer sich zwar schwere, teilweise wohl bleibende Verletzungen zugezogen, den Unfall aber überlebt habe. Dies ändere aber nichts an der fortbestehenden Verfolgungsgefahr durch dessen Familie und daran, dass er selbst - wie sich aus den dem Schriftsatz beigefügten Attesten ergebe - traumatisiert und im Falle einer erzwungenen Rückkehr nach Afghanistan gefährdet sei, retraumatisiert zu werden.
7Der Kläger hat beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Dezember 2010‑ zugestellt am 14. Dezember 2010 - Aktenzeichen 5386602 - 423 - zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
9hilfsweise
10die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 S. 2 AufenthG vorliegen,
11weiter hilfsweise
12die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 4, 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
13Die Beklagte hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG. Ferner stehe ihm kein Anspruch darauf zu, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 2, 3, 4, 5 und 7 Satz 2 AufenthG festgestellt werden. Insoweit werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Seine Schilderung des fluchtauslösenden Vorfalls im Sportstudio, dessentwegen er der Blutrache ausgesetzt sein wolle, sei nicht glaubhaft. Die attestierte posttraumatische Belastungsstörung stelle keine den § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (gemeint gewesen sein dürfte § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) auslösende Anomalie dar. Der Kläger habe trotz gerichtlicher Nachfrage keine Auswirkungen der Traumatisierung auf alltägliche Verrichtungen aufgezeigt. Angstzustände oder Schlafstörungen stellten keine Besonderheiten dar, die eine
16extreme Gefahr begründen könnten. Im Ergebnis könne der Kläger ohne Gefährdung nach Afghanistan zurückkehren.
17Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat mit Beschluss vom 22. März 2013 (nur) hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach
18§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG (a.F.) zugelassenen Berufung, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Ergänzend weist er darauf hin, das Verwaltungsgericht habe die Schilderungen zu seinem Verfolgungsschicksal zu Unrecht als unglaubhaft bewertet. Zu folgen sei insoweit der Beurteilung der Beklagten, die die Abläufe nicht in Frage gestellt habe. Wegen der in Afghanistan herrschenden Strukturen sei es ihm auch nicht möglich, dort „unterzutauchen“. Aufgrund drohender Rache bestehe für ihn eine Gefahr, die gleichermaßen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und die des § 60 Abs. 5 AufenthG erfülle. Seine Gefährdung ergebe sich zum einen aus dem Umstand, dass er nach wie vor wegen der von ihm verursachten Körperverletzung Vergeltungsabsichten ausgesetzt sei, und zum anderen daraus, dass er unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom leide. Eine Weiterbehandlung dieser Erkrankung sei schon aufgrund der Gefahr der Retraumatisierung in Afghanistan nicht möglich.
19Die Kläger beantragt,
20das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2012 zu ändern und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Dezember 2010 zu verpflichten, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung zurückzuweisen.
23Der Senat hat mit Beschluss vom 18. September 2014 Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Psychiatrie Dr. med. K. T. dazu erhoben, ob der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, diese ggf. behandlungsbedürftig ist und ob im Falle einer Abschiebung mit einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung zu rechnen wäre. In der Sitzung am 27. Januar 2014 hat der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 7. Dezember 2014 und das Sitzungsprotokoll vom 27. Januar 2014 verwiesen.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen.
25Entscheidungsgründe:
26Die nur hinsichtlich der Feststellung des Vorliegens nationaler Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG eingelegte Berufung hat keinen Erfolg.
27Sie ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid des Bundesamts ist in diesem Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf die Feststellung in seiner Person begründeter Abschiebungsverbote gemäß
28§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (1) und § 60 Abs. 5 AufenthG (2).
29Für die Entscheidung über die Berufung ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage maßgebend. Das ist hier die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337/9; im Folgenden: QRL II) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) am 1. Dezember 2013 geltende Fassung des Aufenthalts- und des Asylverfahrensgesetzes. Eine Änderung des Streitgegenstandes ist durch diese Neufassung nicht eingetreten.
30Vgl. OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2014 - 9 A 2561/10.A - und vom 26. August 2014 - 13 A 2998/11 -, jeweils juris; Sächsisches OVG, Urteil vom 29. April 2014 A - 4 A 104/14 -, juris.
31(1) Der geltend gemachte Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG steht dem Kläger nicht zu. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Umständen sie beruht. Für die Annahme einer „konkreten Gefahr" im Sinne dieser Vorschrift genügt aber nicht die bloße Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die geschützten Rechtsgüter zu werden. Vielmehr ist insoweit wie im Asylrecht der Maßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit" anzuwenden, und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Zudem ergibt sich aus dem Element der „Konkretheit" der Gefahr für „diesen" Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer auf den Einzelfall bezogenen, individuell bestimmten und erheblichen, also auch alsbald nach der Rückkehr eintretenden Gefährdungssituation. Schließlich muss es sich um Gefahren handeln, die dem Ausländer landesweit drohen, denen er sich also nicht durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - 9 C 9.95 - sowie Beschlüsse vom 18. Juli 2001 - 1 B 71.01 - und vom 4. Februar 2004 - 1 B 291.03 -, jeweils juris.
33Allerdings erfasst § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen allgemein ausgesetzt ist bzw. sind, werden bei Entscheidungen über eine vorübergehende Abschiebung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berücksichtigt. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne unterfallen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG selbst dann nicht, wenn sie den Einzelnen konkret und individuali-sierbar zu treffen drohen. Angesichts der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG kann ein Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur dann beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr in sein Heimatland aufgrund der dortigen Existenzbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren.
34Wann danach allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist ohne Unterschied in der Sache in der Formulierung damit umschrieben, dass die Abschiebung dann ausgesetzt werden muss, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde". Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage beispielsweise auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 ‑ 10 C 24.10 -, juris.
36Bezogen auf krankheitsbedingte Verschlechterungen des Gesundheitszustands eines Ausländers bei Rückkehr in sein Heimatland muss daher ernsthaft zu befürchten stehen, dass sich sein Gesundheitszustand in seinem Heimatland wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, etwa weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte. Erforderlich ist, dass die drohende Gesundheitsgefahr von besonderer Intensität ist und die zu erwartende Gesundheitsverschlechterung alsbald nach Rückkehr in den Zielstaat einzutreten droht.
37Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 - und vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, jeweils juris.
38Dementsprechend kann von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich" eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungsfall nicht zu erwarten ist. Eine solche Gefahr ist auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur, wenn außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden alsbald nach der Einreise des Betroffenen in den Zielstaat drohen.
39Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Oktober 2006 - 13 A 2820/04.A - und vom 30. Dezember 2004 - 13 A 1250/04.A -, jeweils juris.
40Diese Befürchtung kann auch dann begründet sein, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Herkunftsland des Ausländers zwar allgemein zur Verfügung steht, sie dem betroffenen Ausländer im Einzelfall jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist. Die mögliche Unterstützung durch Angehörige ist dabei in die gerichtliche Prognose, ob eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes droht, einzubeziehen.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, juris.
42Ausgehend hiervon ist nicht feststellbar, dass für den Kläger eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht. Eine den Anforderungen dieser Vorschrift genügende individuelle, also gerade in den persönlichen Eigenschaften und Verhältnissen des Klägers angelegte Gefahr ist in Anknüpfung an das von ihm geschilderte Vorfluchtschicksal nicht gegeben (a). Ferner sind keine schwerwiegenden gesundheitlichen Nachteile im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan feststellbar (b). Ebenso wenig besteht eine hohe oder auch nur beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger in diesem Fall mit einer extremen Gefahrenlage, die ihrer Dimension nach geeignet wäre, die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AsylVfG zu durchbrechen, konfrontiert wäre (c).
43(a) Die Schilderungen des Klägers zu seinem Vorfluchtschicksal rechtfertigen die Annahme eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht. Das gilt unabhängig davon, ob sie - wenngleich hieran erhebliche Bedenken bestehen - der Wahrheit entsprechen oder nicht. Denn seine Darlegungen erlauben bereits für sich genommen nicht die Prognose einer erheblichen konkreten Gefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Einschätzung des Klägers, dass sein Leben in Afghanistan aufgrund des geschilderten Vorfalls im Fitnessstudio in Gefahr sei, ist spekulativ. Sein Vorbringen vor dem Bundesamt und im Klageverfahren beinhaltet keine tragfähigen Anknüpfungstatsachen dafür, sondern erschöpft sich in Vermutungen. Danach haben weder tätliche Übergriffe auf den Kläger stattgefunden noch ist er in irgendeiner Form persönlich bedroht worden. Der Umstand, dass sein eigener Vater auf die Anzeige des Vaters des Verletzten hin eine Woche von der Polizei festgehalten und anschließend nach Aufklärung durch den Ältestenrat wieder freigelassen worden sein soll, begründet kein Indiz dafür, dass der Kläger in Afghanistan von der Familie des Verletzten verfolgt wird. Im Gegenteil wird daran allenfalls deutlich, dass dessen Familie jedenfalls keine Vergeltung außerhalb des staatlichen Strafverfolgungssystems sucht. Hinzu kommt, dass nach dem Vorfall einerseits zwischenzeitlich beinahe sechs Jahre verstrichen sind und andererseits mittlerweile bekannt geworden ist, dass der Trainingskollege des Klägers bei dem Unfall nicht verstorben ist, womit zugleich das vom Kläger angenommene Motiv für etwaige Verfolgungsmaßnahmen entfallen ist. Angesichts dessen, dass überdies diejenige Person, die der Kläger als mutmaßlichen Verfolger benannt und mit deren Einfluss er die vermutete Gefahr begründet hat, zwischenzeitlich verstorben ist, kann nicht von einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Gefahr ausgegangen werden. Der pauschale Hinweis des Klägers, die „Familie des Verletzten“ habe gegenüber seinen zwischenzeitlich wieder in Ghazni lebenden Eltern geäußert, sie werde seine Rückkehr abwarten, um Rache zu üben, ist nicht hinreichend substantiiert und führt deswegen zu keiner anderen Bewertung. Mangels feststellbarer Gefahrensituation kann dahinstehen, ob die Familie des Verletzten tatsächlich die vom Kläger ohne nähere Erläuterung behaupteten Einflussmöglichkeiten hat.
44(b) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats ebenfalls fest, dass dem Kläger keine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen einer zielstaatsbezogenen wesentlichen Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes, namentlich der Verschlechterung einer bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung droht. Diese Überzeugung beruht auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. K. T. vom 7. Dezember 2014 und seinen ergänzenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 2015. Hierin ist der Sachverständige in Beantwortung der vom Senat mit Beweisbeschluss vom 18. September 2014 gestellten Fragen zu folgenden Aussagen gelangt: Er habe seiner Begutachtung die Befunde von Frau Dr. med. N. aus Oktober 2010 und Januar 2012 zugrunde gelegt. Es sei davon auszugehen, dass die anfänglich bestehende posttraumatische Belastungsstörung durch die stattgefundene therapeutische Behandlung deutlich rückläufig sei, so dass nunmehr diagnostisch festgestellt werden könne, dass es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung in weitgehender Teilremission handele. Dieser Befund sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine Vollremission grundsätzlich nicht erreichbar sei, da das Trauma - erkrankungsspezifisch - bestehen bleibe. Die einzig verbliebenen Symptome seien die Alpträume und die Kopfschmerzen. Kognitive Beeinträchtigungen seien während der beiden durchgeführten Untersuchungen nicht feststellbar gewesen. Für die therapeutische Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung seien in der Regel zwischen fünf und fünfzehn Sitzungen ausreichend. Im Anschluss daran komme es maßgebend auf die Vermittlung lebenspraktischer Fertigkeiten und Fähigkeiten an. Der Kläger habe - seiner Einschätzung zufolge - an mehr als fünfzehn therapeutischen Sitzungen teilgenommen. Die bisherige Behandlung sei intensiv, adäquat und vorbildlich gewesen und habe zu einem weitgehenden Rückgang der Symptomatik geführt. Die Symptome seien nur noch in verdünnter Form vorhanden und beeinträchtigten den Kläger nicht mehr so wie früher.
45Erste Maßnahme bei einer posttraumatischen Belastungsstörung sei das Herstellen einer sicheren Umgebung. In der zweiten Phase erfolge dann die Stabilisierung, in der der Proband lerne, im Alltag besser mit den bestehenden Symptomen umzugehen. Beides sei bei dem Kläger intensiv erfolgt und gelungen. In der dritten Phase werde versucht, das Trauma zu überwinden, hierzu müsse aber zunächst eine gewisse emotionale Stabilität vorliegen. Unter der Anleitung von Frau L1. und in dem geschützten Bereich des Internats habe sich der Kläger mit seinen inneren Traumata auseinandergesetzt. Er habe diese analysiert und auch ansatzweise verarbeitet. Eine zwingende Notwendigkeit zur Weiterführung dieser Therapie sei aus psychiatrisch-forensischer Sicht nicht zu erkennen. Eine medikamentöse Behandlung sei zu keiner Zeit durchgeführt worden und sei auch nicht indiziert gewesen. Eine wesentliche Gesundheitsverschlechterung sei mit der Abschiebung nicht zwangsläufig verbunden. Es liege auf der Hand, dass sich die psychopathologischen Symptome Angst, Gereiztheit, Schreckhaftigkeit und auch vegetative Übererregbarkeit nach einer Rückkehr mit unsicherer Perspektive zwangsläufig wieder verstärken würden. Dies seien aber vorübergehende Änderungen, die in einer sicheren Umgebung mit familiärer und sozialer Unterstützung im Zeitverlauf rückläufig seien dürften. Demgegenüber könne es bei einer direkten Konfrontation mit dem traumaauslösenden Ereignis zu einer Retraumatisierung kommen.
46Das schriftliche Gutachten des Sachverständigen enthält abschließend den Hinweis, dass bei einer Abschiebung möglicherweise eine suizidale Krise auftreten könne. Diese Anmerkung geht auf die Äußerung des Klägers zurück, er werde sich, wenn er wieder nach Afghanistan zurück müsse, vorher das Leben nehmen. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige diesen Aspekt näher erläutert: Suizid sei ein allgemeines Phänomen. Die Äußerung des Klägers sei nicht als traumaspezifische Reaktion zu werten, sondern nicht ungewöhnlich für jemanden, der aus einer sicheren Lebenslage gerissen werde und einer unsicheren Zukunft entgegengehe. Diese Suizidankündigung lasse aber derzeit nur den Rückschluss auf eine gedankliche Befassung mit der Selbsttötung im Sinne einer passiven Suizidalität zu.
47Nach diesen eindeutigen fachlichen Aussagen lässt die maßgebende gegenwärtige Gesundheitssituation des Klägers nicht den Rückschluss auf eine alsbald nach seiner Rückkehr nach Afghanistan drohende Gesundheitsgefahr von besonderer Intensität zu. Die Befunderhebung ist unter umfassender Berücksichtigung des Akteninhalts und nach ausführlicher und differenzierter Anamnese des Klägers erfolgt. Sie ist erkennbar von besonderer Fachkunde getragen und durchgehend nachvollziehbar und plausibel begründet. Das gilt insbesondere mit Bezug auf die beschriebene rückläufige Symptomatik. Diese ist angesichts dessen, dass der Kläger nach Einschätzung des Sachverständigen einerseits ideale Rahmenbedingungen vorgefunden hat, indem er ein gut betreutes Internat besucht hat, schulisch gefördert wurde und andererseits - seit nunmehr fast drei Jahren - sehr gut therapeutisch betreut wurde, nicht nur nachvollziehbar, sondern auch naheliegend, zumal die Therapie mit eben diesem Ziel begonnen wurde. Dabei ist ein weitergehender Therapieerfolg als die festgestellte weitgehende Teilremission nicht zu erwarten, denn eine Vollremission ist bei einer posttraumatischen Belastungsstörung den Erläuterungen des Sachverständigen zufolge nicht erreichbar. Darüber hinaus steht der Befund in Einklang mit den in dem Gutachten beschriebenen schulischen und beruflichen Entwicklungen des Klägers und seiner Freizeitgestaltung, hinsichtlich derer keinerlei Anhalt für krankheitsbedingte Einschränkungen besteht.
48Zudem hat der Sachverständige die Vermutung der - insoweit fachfremden - Pädagogin C. T1. in ihrer Stellungnahme von Februar 2012, der Kläger leide an einer Borderline-Störung, überzeugend widerlegt. Insofern hat er darauf hingewiesen, dass eine solche Erkrankung mit schwerwiegenden Störungen der Affektregulation einhergehe, die bei dem Kläger nicht vorlägen. Die körperliche Überbeanspruchung, der er sich beim Bodybuilding aussetze, finde sich bei sehr vielen Hochleistungssportlern und sei kein spezifisches Symptom einer psychischen Störung.
49Zudem ist keine beachtliche Gefahr für eine Retraumatisierung feststellbar.
50Hierzu hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass diese Gefahr im Fall einer direkten Konfrontation mit dem traumaauslösenden Ereignis bestehe. Es fehlen aber tatsächlichen Anknüpfungspunkte dafür, dass es dazu bei einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan kommen wird, zumal als primär trauma-auslösend der Unfall beim Krafttraining beschrieben wird, so dass eine Retraumatisierung daher in erster Linie durch die Fortführung dieses Sports und nicht durch Rückkehr des Klägers in sein Heimatland in Betracht zu ziehen wäre. Da das Vorbringen des Klägers - wie dargelegt - nichts für eine stattgefundene Verfolgung durch die Familie des Verletzten hergibt und seine Befürchtung einer solchen bei Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt zu sein, angesichts des Tatsachenvorbringens rein spekulativ ist, besteht auch für die Prognose einer Retraumatisierung aus Furcht vor Rache keine tatsächliche Grundlage. Das gilt insbesondere deswegen, weil der Hauptakteur potentieller Vergeltungsmaßnahmen zwischenzeitlich verstorben und das vom Kläger zunächst vermutete Motiv ‑ der Tod des Trainingskollegen - entfallen ist.
51Soweit der Sachverständige auf die Möglichkeit einer suizidalen Krise bei der Abschiebung hingewiesen hat, begründet dies keine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Begriff Suizidalität umschreibt einen psychischen Zustand, in dem Gedanken, Phantasien, Impulse und Handlungen anhaltend, wiederholt oder in bestimmten krisenhaften Zuspitzungen darauf ausgerichtet sind, gezielt den eigenen Tod herbeizuführen. Es besteht eine graduelle Differenzierung zwischen Suizidgedanken ohne den Wunsch nach Selbsttötung ‑ die ebenfalls zur Suizidalität zählen - und drängenden Suizidgedanken mit konkreten Absichten, Plänen bis hin zu Vorbereitungen eines Suizids.
52http://de.wikipedia.org/wiki/Suizidalit%C3%A4t
53Daran wird deutlich, dass schon nicht jede Form der Suizidalität geeignet ist, eine Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen. Jedenfalls die zeitlich begrenzte bloße innere Hinwendung zu Selbsttötungsgedanken rechtfertigt ohne das Hinzutreten äußerer damit im Zusammenhang stehender Anzeichen einer Gesundheitsverschlechterung wie Verletzungshandlungen, körperlichem Verfall oder vegetativen Auffälligkeiten die Annahme einer besonders intensiven Gesundheitsverschlechterung nicht. Der Senat hat auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen schon nicht die Überzeugungsgewissheit gewonnen, dass der Kläger im Falle einer erzwungenen Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine suizidale Krise erleiden wird, die eine abschiebungsschutzrelevante Qualität erreicht. Der Hinweis des Sachverständigen auf eine „möglicherweise“ bei der Abschiebung auftretende suizidale Krise geht auf die Äußerung des Klägers zurück, er werde sich, wenn er wieder nach Afghanistan zurück müsse, vorher das Leben nehmen. Charakteristisch für derartige Ankündigungen ist, dass damit die Möglichkeit ihrer Umsetzung erst ins Blickfeld des Adressaten rückt und dies in der Regel auch bewusst veranlasst wird. Mangels zuverlässiger Überprüfbarkeit der dahinterstehenden Motivation und Ernsthaftigkeit muss schon die Äußerung als solche regelmäßig zu der Bewertung führen, dass suizidale Handlungen nicht ausgeschlossen werden können, was gleichbedeutend damit ist, dass die Möglichkeit einer Selbsttötung besteht. In gleichem Maße besteht diese Möglichkeit aber bei demjenigen, der entsprechende Gedanken hat, diese aber nicht äußert. Die Äußerung hat deswegen isoliert betrachtet wenig Aussagekraft. Die daraus allenfalls ableitbare Möglichkeit suizidaler Handlungen kann sich nur bei Hinzutreten weiterer Indizien zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit verdichten. Wie an der vom Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten gewählten Formulierung deutlich wird, fehlt es daran hier. Der Kläger hat seine Absicht, sich bei einer erzwungenen Rückkehr nach Afghanistan das Leben zu nehmen, im Rahmen der Anamnese eher beiläufig erwähnt. Seine Äußerungen dazu sind nicht hinreichend substantiell, um anhaltende und konkretisierte Selbsttötungsgedanken und -absichten als naheliegend erscheinen zu lassen. Das gilt zumal deswegen, weil in den vorgelegten Berichten seiner behandelnden Ärztin und Psychotherapeutin keine entsprechenden Gedankeninhalte dokumentiert sind. Hinzu kommt, dass das bisherige Leben des Klägers - folgt man seinem Vorbringen - durch eine Reihe krisenhafter Situationen gekennzeichnet war, die jedoch keine suizidalen Krisen bei ihm hervorgerufen haben. Es besteht kein Vortrag und Anhalt für in der Vergangenheit aufgetretene Suizidabsichten geschweige denn für auf eine Selbsttötung gerichtete selbstverletzende Handlungen. Die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen bestätigen diese Einschätzung. Angesichts dessen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht die im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit für die Gefahr einer Selbsttötung feststellbar.
54Abgesehen davon liegt ein Abschiebungshindernis nach dieser Vorschrift aber auch deswegen nicht vor, weil die Äußerung des Klägers, sich das Leben nehmen zu wollen, im Zusammenhang mit der Abschiebung steht. Hierauf zielt auch der Hinweis des Sachverständigen ab, dass es „bei einer Abschiebung" möglicherweise zu einer suizidalen Krise kommen könne. In diese Richtung geht auch die Äußerung des Klägers, der erklärt hat, dass er sich vor einer Rückführung nach Afghanistan das Leben nehmen werde. Die als möglich erachtete suizidale Krise steht daher in Zusammenhang mit der Abschiebung als solcher, nicht hingegen mit den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat der Abschiebung. Bei dieser Sachlage sind aber nicht die Voraussetzungen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gegeben, sondern allenfalls diejenigen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG, das allein gegenüber der Ausländerbehörde geltend zu machen ist.
55(c) Eine extreme Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG lässt sich auch nicht mit der Sicherheits- und Versorgungslage begründen, der der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift angesichts der derzeitigen Situation in der Herkunftsregion des Klägers, der Provinz Ghazni, erfüllt sind, weil Kabul als inländische Fluchtalternative den Anspruch auf die Feststellungen eines Abschiebungshindernisses ausschließt. In seinem Urteil vom 26. August 2014 - 13 A 2298/11 - hat der Senat die Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul zusammenfassend dargestellt. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Dass sich seitdem grundlegende Veränderungen ergeben haben, ist ‑ abgesehen davon, dass der Kläger hierzu nichts vorgetragen hat - auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse nicht anzunehmen.
56Vgl. Die Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan 2014 (Stand: November 2014), S. 20; ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für Kabul, letzte Aktualisierung 13. Januar 2015
57https://www.ecoi.net/news/188769::afghanistan/101.general-security-situation-in-afghanistan-and-events-in-kabul.htm.
58Angesichts dessen muss sich der Kläger wegen seines sich als günstig erweisenden Risikoprofils auf Kabul als inländische Fluchtalternative verweisen lassen. Zwar ist die humanitäre Lage dort im Allgemeinen weiterhin äußerst schwierig. Das Verelendungsrisiko einzelner Bevölkerungsgruppen weicht indes stark voneinander ab. Jedenfalls für den Kläger als jungen, gesunden, arbeitsfähigen und alleinstehenden Mann besteht es allenfalls in einem geringfügigen Maße, denn es ist davon auszugehen, dass er seinen Lebensunterhalt nach einer Wiedereingliederungsphase zumindest auf einem nach westlichen Maßstäben niedrigen Niveau wird sicherstellen können. Der Kläger trägt keine Unterhaltslasten, muss nur für sich selbst sorgen und ist im Ausgangspunkt schon deswegen einem geringeren Armutsrisiko ausgesetzt. Die Beziehung zwischen Haushaltsgröße und Armutsrisiko ist für Afghanistan statistisch belegt. Danach steigt das Armutsrisiko bei einer Haushaltsgröße von drei Personen (11 %) bis zu einer Haushaltsgröße von neun Personen (über 40 %) kontinuierlich und liegt bei einer Haushaltsgröße von 15 Personen sogar bei über 45 %. Für eine alleinstehende Person bewegt es sich demgegenüber nur im Bereich zwischen 10 und 15 %.
59Vgl. Summary of the national risk and vulnerability assessment, 2007/8, A profile of Afghanistan, Main Report, S. 59.
60Hinzu kommt, dass der Kläger über Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt, die in Afghanistan nicht selbstverständlich sind und es ihm dort erleichtern dürften, eine Erwerbsgrundlage zu finden. Er hat in Afghanistan sechs Schuljahre beendet und kann von daher - anders als 70 % aller Afghanen - lesen und schreiben. Außerdem hat er dort handwerkliche Berufserfahrung gesammelt. Der Kläger spricht persisch, ein wenig paschtu und deutsch. Insbesondere der in Deutschland erfolgte Abschluss seiner Schulausbildung mit dem Fachabitur und die im Bereich des Einzelhandels erworbenen Berufserfahrungen dürften seine Erwerbsperspektiven in Afghanistan erheblich begünstigen. Zudem ist zu erwarten, dass anfängliche Wiedereingliederungsschwierigkeiten darüber abgefedert werden, dass eine Tante des Klägers in Kabul lebt und seine Eltern in der nahegelegenen Provinz Ghazni und er von daher über eine gewisse familiäre Anbindung verfügt.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.
62Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
63Die Revision war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.