Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Apr. 2017 - M 2 K 17.30353

bei uns veröffentlicht am11.04.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie verließ zusammen mit ihrer älteren Tochter am 10. Februar 2016 den Iran und reiste über die Türkei und Griechenland – dort Aufenthalt sieben Monate – am 20. September 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben). Am 6. Oktober 2016 stellte die Klägerin einen Asylantrag. Dabei gab sie an, sie gehöre der Religion des Islam an.

Die ältere Tochter der Klägerin reiste ebenfalls in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10. November 2016 einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unter einem gesonderten Aktenzeichen führte. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamts zum Verwaltungsgericht München erhobene Klage der älteren Tochter wurde zunächst unter dem Aktenzeichen M 2 K 17.31767 und wird nunmehr unter dem Aktenzeichen M 28 K 17.31767 geführt.

Der Ehemann der Klägerin hatte sein Heimatland bereits im Juni 2015 verlassen und war zunächst in die Türkei gereist. Etwa 45 Tage später waren die Klägerin und deren jüngere, noch minderjährige Tochter zum Ehemann in die Türkei gereist. Die Klägerin war vorerst wieder in den Iran zurückgekehrt. Der Ehemann und die jüngere Tochter waren zusammen von der Türkei aus bereits Ende September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist (alles eigene Angaben). Am 7. Januar 2017 hatten der Ehemann und die jüngere Tochter Asylanträge gestellt, die das Bundesamt unter einem gemeinsamen Aktenzeichen führte. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamts zum Verwaltungsgericht München erhobene Klage des Ehemanns und der jüngeren Tochter wird unter dem Aktenzeichen M 2 K 16.34947 geführt.

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 18. Oktober 2016 äußerte sich die Klägerin zur Begründung ihres Asylantrags im Wesentlichen wie folgt: Sie sei Muslima. Die Hauptprobleme hätten bei ihrem Mann gelegen, weshalb dieser den Iran verlassen habe. Sie selbst habe den Iran verlassen, da sie wieder mit ihrem Ehemann zusammen sein habe wollen. Sie selbst habe keine Probleme mit der Regierung gehabt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung wird auf die Niederschrift (Bl. 44 ff. der Akte des Bundesamts – BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2016, zugestellt am 29. Dezember 2016, entschied das Bundesamt, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werde (Ziffer 1.), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt werde (Ziffer 2.), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde (Ziffer 3.), Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4.), forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls würde sie in den Iran abgeschoben (Ziffer 5.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor. Die Klägerin habe keine eigenen Asylgründe geltend gemacht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Es seien von der Klägerin keinerlei Gründe vorgebracht worden, die darauf schließen ließen, dass ihr im Iran ein ernsthafter Schaden drohe. Der Wunsch, mit ihrem Ehemann zusammenleben zu wollen, sei zwar verständlich, aber asylrechtlich unerheblich. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bescheidsbegründung wird auf den Bescheid (Bl. 74 ff. BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 4. Januar 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München.

Am 11. Januar 2017 ließe die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten nochmals Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Aktenzeichen M 2 K 17.30592 geführt wurde. Nach Klagerücknahme wurde dieses Verfahren mit Beschluss vom 17. Februar 2017 eingestellt.

Am 26. Januar 2017 legte das Bundesamt seine Akten vor.

Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2017 bestellten sich die Bevollmächtigten auch für vorliegendes Verfahren und verwiesen auf den im eingestellten Verfahren eingereichten Schriftsatz vom 11. Januar 2017. In diesem heißt es u.a., zwar sei die Klägerin anders als ihr Ehemann und ihre jüngere Tochter nicht zum Christentum konvertiert, jedoch wäre sie als engstes Familienmitglied bei einer Rückkehr in den Iran ebenso einer Verfolgung ausgesetzt.

Mit Beschluss vom 16. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Beschluss vom 4. April 2017 wurde ein Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin … abgelehnt.

Am 11. April 2017 fand die mündliche Verhandlung im Verfahren der Klägerin sowie im Verfahren des Ehemanns und der jüngeren Tochter der Klägerin (M 2 K 16.34947) statt. Die Klägerin und ihr Ehemann wurden informatorisch gehört. Die jüngere, noch minderjährige Tochter der Klägerin war nicht erschienen. Der Ehemann erklärte, die Klägerin sei getauft worden. Die Bevollmächtigte zeigte eine Taufbescheinigung des Evang.-Luth. Pfarramts … vor, wonach die Klägerin am 29. Januar 2017 getauft worden sei. Die Klägerin bestätigte, dass sie selbst im Iran nicht verfolgt und nicht bedroht war. Sie wurde hinsichtlich einer Konversion zum Christentum befragt, u.a. hinsichtlich ihrer Hinwendung zum Christentum, zu ihrer Taufe, zu ihrer Glaubensbetätigung und zu ihrem Glaubenswissen. Ferner kamen zur Vorlage zwei Arztbriefe, wonach sich die Klägerin am 27. Dezember 2016 und am 31. März 2017 jeweils wegen Herzrasens behandeln hat lassen.

Die Klägerin ließ beantragen,

den Bescheid vom 27. Dezember 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliege und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG ist der Bescheid vom 27. Dezember 2016 bestandskräftig geworden, nachdem insoweit zuletzt kein Verpflichtungsantrag gestellt wurde). Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 27. Dezember 2016 und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. dieses Bescheids sind rechtmäßig.

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 27. Dezember 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:

1. Die Klägerin ist nicht vorverfolgt aus dem Iran ausgereist. Dies ergibt sich aus den eigenen Angaben der Klägerin beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht: Danach habe ihr Ehemann im Iran Probleme gehabt, dieser habe deshalb den Iran verlassen. Sie selbst habe im Iran keine Probleme mit der Regierung gehabt, sie selbst sei im Iran nicht verfolgt und nicht bedroht worden. Sie haben den Iran verlassen, weil sie wieder mit ihrem Ehemann zusammen sein habe wollen. Hinzu kommt, dass die Klägerin, nachdem sie Mitte des Jahres 2015 zu ihrem Ehemann in die Türkei ausgereist war, wieder freiwillig in den Iran zurückreiste. Wäre die Klägerin im Iran asylrelevant und asylerheblich bedroht, verfolgt oder gefährdet im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG gewesen, dann wäre sie nicht aus der sicheren Türkei wieder in den Iran zurückgekehrt, um dort u.a. ihr Haus zu verkaufen und erst wieder im Februar 2016 per Flugzeug in die Türkei auszureisen. Allein der Hinweis auf die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Ehemann und der jüngeren, noch minderjährigen Tochter und die Stellung als „engstes Familienmitglied“ reichen schon im Ansatz nicht aus, um die Annahme einer eigenen asylrelevanten und asylerheblichen Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung rechtfertigen zu können. Familienasyl setzte voraus, dass die Anerkennung hinsichtlich des Ehemanns oder der minderjährigen Tochter unanfechtbar wäre (s. § 26 AsylG). Dies ist nicht der Fall, vielmehr wurde die Klage des Ehemanns und der minderjährigen Tochter (M 2 K 16.34947) ebenfalls abgewiesen.

2. Auch die in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachte Hinwendung der Klägerin zum Christentum kann der Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Erfolg verhelfen:

a) Zwar können im Iran gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. etwa die Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015, S. 15 f., sowie vom 8. Dezember 2016, S. 10) zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 ff. AsylG) oder zumindest des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder zumindest die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) in Betracht kommen kann (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.).

Die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht. Das Gericht ist auch nicht an die Beurteilung des Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des Betroffenen liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Eine beachtliche Verfolgungsgefährdung lässt sich ferner auch nicht allein daraus ableiten, dass sich der Asylsuchende in Deutschland religiös betätigt hat, selbst wenn dies öffentlich (z.B. im Internet) bekannt geworden ist. Das Gericht muss vielmehr die volle Überzeugung gewinnen, dass der Asylsuchende die religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet. Es muss davon ausgehen können, dass der Asylsuchende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion aktiv lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; BayVGH, B. v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7 ff., 12, B. v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.2.2017 – 13 A 2648/16.A – juris Rn. 11 f., B. v. 27.4.2015 – 13 A 440/15.A – juris Rn. 10 ff. m.w.N., B. v. 24.5.2013 – 5 A 1062/12.A – juris Rn. 8 ff. m.w.N.; U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 37 ff. m.w.N; OVG Lüneburg, B. v. 16.9.2014 – 13 LA 93/14 – juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VGH BW, B. v. 23.4.2014 – A 3 S 269/14 – juris Rn. 6 m.w.N.).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Fall der Klägerin bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere ihrer Einlassung in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachte Hinwendung zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche die religiöse Identität der Klägerin prägte, vielmehr dass dieser ganz offensichtlich Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen:

Bei der Befragung in der mündlichen Verhandlung offenbarte sich, dass der Klägerin selbst grundlegendste Kenntnisse über den von ihr angeblichen angenommen christlichen Glauben fehlen. So musste sie etwa auf Frage einräumen, kein christliches Gebet zu kennen. Die Frage nach christlichen Glaubensinhalten und zentralen Glaubensinhalten konnte die Klägerin nur mit „ich weiß nicht“ beantworten.

Hinsichtlich ihrer Glaubensbetätigung hat die Klägerin zwar vorgebracht, während ihres siebenmonatigen Aufenthalts in Griechenland ständig in die Kirche gegangen zu sein. Dieses Vorbringen ist indes schon unglaubwürdig: Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin diesen für ihren Asylantrag relevanten Umstand bei ihrer Anhörung beim Bundesamt vorbringt, was indes nicht einmal ansatzweise geschehen ist. Nicht gefolgt werden kann der Klägerin in diesem Zusammenhang, wenn sie meint, sie sei beim Bundesamt nicht nach den Kirchenbesuchen gefragt worden: Das Bundesamt hat ihr eingangs nicht nur die offene Frage gestellt, welche Tatsachen und Umstände ihren Asylantrag begründen, sondern sie z.B. am Ende nochmals gefragt, ob sie sonst noch etwas vorzubringen habe. Mithin hätte die Klägerin ausreichend Gelegenheit gehabt, die angeblichen Kirchenbesuche in Griechenland vorzubringen. Letztlich kommt es hierauf allerdings gar nicht an: Denn selbst bei Wahrunterstellung reichte allein das Vorbringen von Kirchenbesuchen nicht aus, um die Annahme einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung zu rechtfertigen, da derartigen Kirchenbesuchen auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. Gegen eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung spricht zudem, dass die Klägerin die Frage nach der Betätigung ihres christlichen Glaubens im Rahmen der religiösen Erziehung ihrer Tochter nicht beantworten konnte. Vielmehr stellte sie die Rückfrage, ob es eine spezielle christliche Erziehung gebe. Wer sich aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung dem Christentum im Sinne eines religiösen Bekenntnisses zugewandt hat, bei dem ist zu erwarten, dass er sich zumindest Gedanken darüber macht, wie er diesen für seine religiöse Identität wichtigen Glauben an seine Kinder weitergeben kann.

Dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung lässt sich auch nicht entnehmen, dass ihre Taufe am 29. Januar 2017 (siehe die Bescheinigung der Jesus-Christus-Kirche … vom 30. Januar 2017) Ausdruck einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung war: Das konkrete Datum ihrer Taufe konnte die Klägerin nicht nennen. Vielmehr meinte sie, sie glaube, die Taufe sei vor zwei oder drei Monaten gewesen. Wer tatsächlich aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung den christlichen Glauben annimmt, bei dem ist zu erwarten, dass er viel genauer weiß, wann das für ihn wichtige Fest der Taufe stattfand, zumal wenn sich diese erst wenige Wochen zuvor ereignet hatte. Gefragt nach ihren Gründen und Motiven für die Taufe brachte die Klägerin nur vor, es habe sie „einfach fasziniert“, immer wenn sie ein Problem gehabt habe, sei sie in die Kirche gegangen und dann sei es ihr „besser gegangen“. Dieses oberflächliche und substanzlose Vorbringen kann schon im Ansatz nicht deutlich machen, dass der Taufe der Klägerin eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung zu Grunde gelegen hätte. Die Klägerin hat auch sonst nicht dargelegt, dass und aufgrund welcher Erlebnisse oder sonstigen Umstände sie sich dem Christentum im Sinne eines religiösen Bekenntnisses zugewandt hatte. Schließlich spricht auch der frühe Zeitpunkt der Taufe bereits am 29. Januar 2017 für ein asyltaktisches Vorgehen der Klägerin: Bei ihrer Antragstellung am 6. Oktober 2016 hat die Klägerin als ihre Religion den Islam genannt, noch in der Anhörung am 18. Oktober 2016 hat sie sich ausdrücklich als „Muslima“ bezeichnet. Hingegen war von einem etwaigen Interesse für das Christentum nicht einmal ansatzweise die Rede gewesen. Gerade einmal gut drei Monate später lässt sich die Klägerin am 29. Januar 2017 taufen. Zudem hat die gerichtliche Befragung der Klägerin ergeben, dass ihr noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung selbst die grundlegendsten Kenntnisse über den christlichen Glauben fehlten (siehe oben). Es kann deshalb erst Recht nicht angenommen werden, die Klägerin habe bei ihrer Taufe substantielle Kenntnisse über den von ihr neu angenommen Glauben gehabt. Dass sich die Klägerin als erwachsene Konvertitin dennoch taufen ließ, streitet zusätzlich gegen die Annahme, ihre Taufe sei Ausdruck ihrer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung.

Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum im Fall der Klägerin nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche deren religiöse Identität prägte, vielmehr dass dieser Behauptung Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen.

3. Schließlich kommt in Bezug auf die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Arztbriefe, wonach sich die Klägerin am 27. Dezember 2016 und am 31. März 2017 jeweils wegen Herzrasens behandeln hat lassen, schon im Ansatz kein sog. krankheitsbedingtes, zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Sätze 1 – 4 AufenthG in Betracht (vgl. zu diesem etwa: BVerwG, U. v. 25.11.1997 – Az. 9 C 58.96 – juris; BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02 – juris; BayVGH, U. v. 8.3.2012 – 13a B 10.30172 – juris; OVG NW, U. v. 27.1.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn. 45). Unbeschadet dessen, ob diesbezüglich überhaupt eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt, was die Klägerin nicht nachgewiesen hat, stünde dieser eine etwaig notwendige Behandlung des Herzrasens oder anderer Herzprobleme auch im Iran grundsätzlich zur Verfügung (vgl. dazu den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 8. Dezember 2016, S. 17). Es gibt gemessen am Vorbringen der Klägerin zu ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Situation auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie etwa erforderliche finanzielle Eigenleistungen nicht aufbringen könnte. Abgesehen davon liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei den von der Klägerin angegebenen Beschwerden um eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG) handeln könnte, die sich bei einer etwaigen Nichtbehandlung alsbald nach Ankunft im Zielstaat der Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann im Zusammenhang mit den von der Klägerin vorgebrachten Beschwerden deshalb schon im Ansatz keine Rede sein.

Die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage war nach alldem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 38 Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags


(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26 Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige


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Tatbestand

Die Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie verließ zusammen mit ihrer Mutter am 10. Februar 2016 mit dem Flugzeug von T … aus den Iran und reiste über die Türkei nach Griechenland, wo sie sich etwa acht Monate aufhielt. Am 27. Oktober 2016 reiste sie in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben). Am 10. November 2016 stellte sie einen Asylantrag. Dabei gab sie an, sie sei konfessionslos.

Die Mutter der Klägerin reiste ebenfalls in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 6. Oktober 2016 einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) unter einem gesonderten Aktenzeichen führte. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamts zum Verwaltungsgericht München erhobene Klage der Mutter wies das Gericht ab (U. v. 11.4.2017 - M 2 K 17.30353 - juris).

Der Vater der Klägerin hatte sein Heimatland bereits im Juni 2015 verlassen und war zunächst in die Türkei gereist. Etwa 45 Tage später waren die Mutter der Klägerin und die jüngere, noch minderjährige Schwester der Klägerin zum Vater in die Türkei gereist. Die Mutter war vorerst wieder in den Iran zurückgekehrt. Der Vater und die jüngere Schwester waren zusammen von der Türkei aus bereits Ende September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist (alles deren eigene Angaben). Am 7. Januar 2017 hatten der Vater und die jüngere Schwester Asylanträge gestellt, die das Bundesamt unter einem gemeinsamen Aktenzeichen führte. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamts zum Verwaltungsgericht München erhobene Klage des Vaters und der jüngeren Schwester wies das Gericht ab (U. v. 11.4.2017 - M 2 K 16.34947 - juris).

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 28. November 2016 gab die Klägerin an, sie sei konfessionslos. Zur Begründung ihres Asylantrags wies sie auf Probleme ihres Vaters im Iran hin. Dieser sei Politiker und deswegen im Gefängnis gewesen. Sie selbst habe im Iran Schwierigkeiten gehabt allgemein zu leben. Sie habe einen Schulabschluss machen wollen. Der Oberlehrer habe ihr diesen nicht gegeben, weil er von ihrer Familiensituation gewusst habe. Persönlich habe sie Probleme mit den Sicherheitsbehörden wegen der Verschleierung gehabt, wenn man die Haare ein bisschen rausziehe oder kurzärmelig gehe. Einmal hätten sie sie kurz festgenommen. Ein weiteres Mal, es sei auf einer Geburtstagsfeier ihres Cousins gewesen, habe ihre Mutter sie beschützt. Die Verschleierung mache das Leben schwer, denn wenn man nicht genau auf die Vorschriften achte, dann werde man sofort angesprochen. Sie sei oft angesprochen worden, sie solle sich ordentlicher kleiden. Weitere Probleme mit den Sicherheitsbehörden habe sie nicht gehabt. In der Schule habe sie das Diplom nicht bekommen, weil ihr Lehrer Angst gehabt habe, wenn er es ihr gebe, dass er dann mit einer politischen Familie zusammenarbeite. Ihre Religionslosigkeit habe sie nur heimlich für sich, aber nicht öffentlich gesagt. Momentan habe sie keinen Glauben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung wird auf die Niederschrift (Bl. 60 ff. der Akte des Bundesamts - BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Mit Bescheid vom 16. Januar 2017, zugestellt am 20. Januar 2017, entschied das Bundesamt, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werde (Ziffer 1.), der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt werde (Ziffer 2.), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde (Ziffer 3.), Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4.), forderte die Klägerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls würde sie in den Iran abgeschoben (Ziffer 5.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor. Die Klägerin habe selbst keine Umstände vorgetragen, die zur Bejahung einer Verfolgung führen würden. Dafür, dass die Klägerin nicht von den iranischen Sicherheitsbehörden gesucht worden sei, spreche die problemlose Ausreise über den Flughafen I … … Die von der Klägerin gemachten Angaben zu ihrer eigenen Verfolgung könnten nicht nachvollzogen werden. Die Klägerin habe ihr Heimaltland nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bescheidsbegründung wird auf den Bescheid (Bl. 75 ff. BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte am 30. Januar 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben. Zur Begründung ließ sie mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 30. Januar 2017 u.a. eine Taufbescheinigung des E … G … vom 30. Januar 2017 vorlegen, wonach sie am 29. Januar 2017 getauft worden sei. Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 14. Februar 2017 ließ sie die Klage u.a. wie folgt weiter begründen: Sie habe persönliche Probleme mit der Sittenpolizei im Iran gehabt, da sie im Sommer aufgehalten worden sei, da ihre Kleidung nicht angemessen gewesen sei. Das nächste große Problem habe sich bei einer Party der Cousinen ergeben. Die Sittenpolizei sei erschienen und die meisten Mädchen unverschleiert gewesen. Die Klägerin habe aber rechtzeitig fliehen können. Die Klägerin habe auch angegeben, aufgrund ihrer sehr kritischen Einstellung zum islamischen Glauben auch tatsächlich nie in die Moschee gegangen zu sein. Dies sei auch der Grund gewesen, warum die Schulleitung ihr ganz bewusst schlechte Schulnoten gegeben habe, damit sie den Übergang zu einer universitären Ausbildung nicht schaffe. Nunmehr sei die Klägerin auch noch freiwillig zum christlichen Glauben konvertiert und wolle diesen Glauben auch frei nach außen ausleben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze vom 30. Januar 2017 und vom 14. Februar 2017 verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Am 14. Februar 2017 legte das Bundesamt seine Akten vor.

Mit Beschluss vom 10. Juli 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Am 3. August 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Die Klägerin wurde informatorisch gehört. Sie äußerte sich u.a. zu ihren persönlichen Problemen im Iran, u.a. dazu, dass sie kein Schulzeugnis erhalten habe, zur Verschleierung sowie zu ihrer Religionslosigkeit, ferner zu ihrer Ausreise aus dem Iran über den Flughafen I … … Ferner äußerte sich die Klägern auf zahlreiche Fragen des Gerichts zu ihrer Hinwendung zum Christentum, zu ihrer Taufe, zu ihrer Glaubensbetätigung, zu ihren Kenntnissen über den christlichen Glauben sowie zu ihrer inneren Glaubensüberzeugung. Zur Vorlage kam eine Bestätigung der Pfarrerin der J … G … vom 21. Juli 2017, wonach die Klägerin u.a. regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltung der Kirchengemeinde teilnehme. Die Klägerin beantragte sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2017 in Ziffern 1. und 3. - 6. aufzuheben,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliegt und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG ist der Bescheid vom 16. Januar 2017 bestandskräftig geworden, nachdem insoweit ausdrücklich kein Verpflichtungsantrag gestellt wurde und beim Aufhebungsantrag Ziffer 2. des Bescheids ausdrücklich ausgenommen worden ist; ohnehin wäre eine Klage insoweit allein deshalb ohne Erfolg geblieben, weil die Klägerin nach eigenem Vortrag u.a. über Griechenland und damit über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland gelangt ist, Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 1 und 2 AsylG). Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 16. Januar 2017 und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. dieses Bescheids sind rechtmäßig.

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 16. Januar 2017 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:

1. Im Falle einer Rückkehr in den Iran droht der Klägerin keine von einer Vorverfolgung im Iran abzuleitende Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Zur Überzeugung des Gerichts ist die Klägerin nicht staatlicherseits vorverfolgt aus dem Iran ausgereist:

a) Dies wird schon allein dadurch belegt, dass die Klägerin gemessen an ihren eigenen Angaben (Bl. 61 BA, S. 9 des Sitzungsprotokolls - SP -, vgl. a. S. 5 SP) auf legalem Wege ohne Probleme vom T … Flughafen I … aus per Flugzeug den Iran verlassen konnte. Gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand: November 2015, vom 9. Dezember 2015, S. 32; vgl. ferner: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, Stand: Oktober 2016, vom 8. Dezember 2016, S. 18) wäre eine derartige Ausreise nicht möglich gewesen, wenn die Klägerin von den iranischen Sicherheitsbehörden gesucht worden wäre. Darüber hinaus wäre es auch gänzlich lebensfremd anzunehmen, dass die Klägerin, wenn sie eine staatliche Verfolgung befürchtet hätte, den für einen Verfolgten sehr risikoreichen und gefährlichen Weg der Ausreise über den T … Flughafen I … auch nur in Betracht gezogen hätte.

b) Hinzu kommt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden den Iran deshalb verlassen hat, weil ihr Vater entschieden hatte, dass sie und ihre Familie aufgrund der Probleme des Vaters den Iran verlassen (SP S. 4). Die Ausreise erfolgte am 10. Februar 2016 zusammen mit ihrer Mutter, nachdem ihr Vater und ihre (jüngere) Schwester bereits zuvor ausgereist waren (SP S. 10). Gemessen an diesen klägerischen Angaben waren demnach eigene Probleme der Klägerin mit dem iranischen Staat weder Anlass noch Ursache der klägerischen Ausreise aus dem Iran.

c) Unbeschadet des Vorstehenden ergibt sich aus den von der Klägerin beim Bundesamt und vor allem in der mündlichen Verhandlung geschilderten angeblichen persönlichen Probleme keine asylrelevante und asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG:

aa) Soweit sich die Klägerin sowohl bei ihrer Asylantragstellung (Bl. 3 BA) als auch in ihrer Anhörung (Bl. 61 BA) als konfessionslos bezeichnet hat, hat die Klägerin sowohl beim Bundesamt (Bl. 63 BA) als auch in der mündlichen Verhandlung (SP S. 8) klargestellt, dass sie diese Religionslosigkeit nicht öffentlich bekundet hatte und deshalb insoweit keine Probleme gehabt hatte. Daran gemessen gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im Hinblick auf ihre Religionslosigkeit im Iran asylrelevant und asylerheblich im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bedroht, verfolgt oder gefährdet gewesen sein könnte.

bb) Die von der Klägerin gegenüber dem Bundesamt und gegenüber dem Gericht vorgebrachten angeblichen Probleme mit der Sittenpolizei wegen ihrer Verschleierung - in der mündlichen Verhandlung erwähnte die Klägerin allein noch einen einmaligen Vorfall, der sich zwei bis zweieinhalb Jahre vor ihrer Ausreise ereignet haben soll (SP S. 4, S. 8 f.; vgl. auch das Vorbringen beim Bundesamt Bl. 63 und in der Klagebegründung) - stellen selbst bei Wahrunterstellung keine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG dar: Das Gericht stellt dabei nicht im Abrede, dass die Verschleierungsvorschriften im Iran nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Deutschlands im Einklang stehen. Asylrechtlich maßgeblich ist indes, dass es gemessen an der Darstellung der Klägerin weder zu asylerheblichen Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 a AsylG, noch zu einem ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG, insbesondere auch nicht zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, noch zu einer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 oder zu einer anderen konventionswidrigen Behandlung, noch zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gekommen ist. Soweit die Klägerin beim Bundesamt allgemein beklagt hat, die Verschleierung habe ihr das Leben schwer gemacht, wenn man nicht genau auf die Vorschriften achte, dann werde man sofort angesprochen, sie sei oft angesprochen worden, sie solle sich ordentlicher kleiden (Bl. 63 BA), ist ganz offensichtlich keine in diesem Sinne asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung angesprochen. Aber auch der von der Klägerin geschilderte einmalige Vorgang, bei dem sie wegen Verstoßes gegen die Verschleierungsvorschriften kurz festgenommen worden sein soll, reicht hierfür nicht aus.

Unbeschadet dessen handelte es sich bei diesem einmaligen Vorgang, der bereits zwei bis zweieinhalb Jahre vor der Ausreise der Klägerin stattgefunden haben soll, um einen seit längerem abgeschlossenen Sachverhalt. Allein aufgrund des Zeitablaufs wäre zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr zu befürchten, dass die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr nach Iran wegen dieses Vorfalls erneut bedroht wäre; die Vermutungsregelung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) wäre widerlegt.

Es kommt nach alldem nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, dass das Gericht auch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt dieses Vorbringens hat, da die Klägerin keine genaueren Angaben zum Zeitpunkt dieses angeblichen Vorkommnisses machen konnte (vgl. SP S. 8 f.).

cc) Ferner zeigt auch das Vorbringen der Klägerin, ihre Schule habe sich geweigert, ihr das Schulzeugnis auszustellen (offensichtlich unrichtig ist die Darstellung der Bevollmächtigten in der Klagebegründung, die Schulleitung habe der Klägerin bewusst schlechte Schulnoten gegeben; derartiges hat die Klägerin weder beim Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung vorgetragen) keine asylrelevante und asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG auf:

(1.) Das Gericht hält das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände schon für unglaubwürdig: In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin als Grund für die Nichtaushändigung des Zeugnisses ein angebliches Vorkommnis angeführt, bei dem sie an einer religiösen Veranstaltung im Gebetsraum der Schule nicht teilgenommen und anschließend provozierende Fragen gestellt haben will; eine Freundin habe gehört, wie im Büro unter den Lehrern über den Vorfall gesprochen worden sei, es sei gesagt worden, sie bekomme kein Zeugnis, weil sie ja dann immer weiter machen würde (SP S. 2 f.). Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 28. November 2016 hatte die Klägerin weder dieses Vorkommnis noch das von der Freundin belauschte Gespräch der Lehrer erwähnt, geschweige denn dieses Vorkommnis als Grund für die Nichtaushändigung des Zeugnisses angeführt. Vielmehr hatte sie dort zur Frage nach der Begründung für die Nichtaushändigung des Diploms vorgebracht, der Lehrer habe von der Familiensituation gewusst (Bl. 62 BA) sowie der Lehrer habe Angst gehabt, dass, wenn er es ihr gebe, er mit einer politischen Familie zusammenarbeiten würde, eine konkrete Begründung habe er nicht gegeben (Bl. 63 BA). Diese Widersprüche im zudem gesteigerten Vorbringen konnte die Klägerin auch auf diverse gerichtliche Vorhalte in der mündlichen Verhandlung hin (SP S. 5 ff.) nicht auflösen:

Die unsubstantiierte Behauptung der Klägerin, die Dolmetscherin sei eine Afghanin gewesen und habe es vielleicht nicht richtig verstanden (SP S. 6), überzeugt nicht. Die Niederschrift über die Anhörung wurde der Klägerin rückübersetzt, was diese auf dem Kontrollbogen mit ihrer Unterschrift bestätigt hat (Bl. 64, 70 BA). Spätestens bei dieser Rückübersetzung wäre ein etwaiges Missverständnis aufgefallen.

Auch der weitere Erklärungsversuch der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, die Sache mit der Freundin habe sie erst später erfahren (SP S. 6) - „später“ meint offenbar nach der Anhörung beim Bundesamt am 28. November 2016 -, überzeugt nicht: Selbst bei Wahrunterstellung dieses Vorbringens hätte die Klägerin das Vorkommnis selbst, also dass sie an einer religiösen Veranstaltung im Gebetsraum der Schule nicht teilgenommen und anschließend provozierende Fragen gestellt hatte, bereits bei ihrer Anhörung beim Bundesamt erwähnen können. Vor allem auch hat die Klägerin die diversen gerichtlichen Nachfragen, zu welchem konkreten Zeitpunkt sie das mit der Freundin erfahren habe (SP S. 6 ff,), zur Überzeugung des Gerichts bei Gesamtwürdigung aller Umstände gänzlich unglaubwürdig erst nach längerem Überlegen ausweichend, widersprüchlich und ungenau beantwortet. Das Gericht konnte sich in der mündlichen Verhandlung nicht des Eindrucks erwehren, dass dies nicht etwa an Erinnerungslücken lag, sondern dass die Klägerin bemüht war, ihre Antworten so zu gestalten, dass für ihre Kenntnis auch ein später Zeitpunkt in Betracht kommt, der nach der Anhörung beim Bundesamt am 28. November 2016 liegt: So hat die Klägerin etwa vorgebracht, die Freundin habe das Gespräch der Lehrer erst gehört, nachdem die Klägerin diese nach ihrer Ausreise aus dem Iran von Griechenland aus gebeten gehabt habe, in die Schule zu gehen und nach ihrem Zeugnis zu fragen (SP S. 7). Dieses Vorbringen ist unglaubwürdig: Es widerspricht der anfänglichen Einlassung der Klägerin (SP S. 2 ff.), bei der sie die angeblichen Ereignisse strikt chronologisch erzählt hatte, und gemessen an der die Freundin das Gespräch der Lehrer bereits erheblich früher, jedenfalls zeitlich deutlich vor der Ausreise der Klägerin aus dem Iran am 10. Februar 2016 gehört haben muss. Bei lebensnaher Betrachtungsweise ist auch allein plausibel, dass ein etwaiges Gespräch der Lehrer über das Vorkommnis und die Entscheidung über die hieraus zu ziehenden Konsequenzen im zeitlichen Zusammenhang mit dem angeblichen Vorkommnis geführt wurde. Der Klägerin wurde ja auch dann bereits im Juli 2014 die Aushändigung des Zeugnisses verweigert (SP S. 10), d.h. zu diesem Zeitpunkt muss die angebliche Entscheidung über die zu ziehenden Konsequenzen bereits gefallen gewesen sein. Hingegen erschließt sich nicht, warum die Lehrer zu einem erheblich späteren Zeitpunkt, nämlich etwa Mitte 2016 (vgl. SP S.8), als die Klägerin bereits in Griechenland war, (erneut) über das angebliche Vorkommnis und vor allem auch über die hieraus zu ziehenden Konsequenzen hätten sprechen sollen. Die Entscheidung, welche Konsequenzen aus dem Vorkommnis zu ziehen sind, nämlich der Klägerin das Zeugnis nicht auszuhändigen, war zu diesem Zeitpunkt längst gefallen und umgesetzt gewesen. Unglaubwürdig ist das klägerische Vorbringen einer späten Kenntnis zudem auch deshalb, weil die Klägerin die konkreten Nachfragen des Gerichts, zu welchem Zeitpunkt ihre Freundin ihr über das Gespräch der Lehrer berichtet habe, nicht überzeugend beantworten konnte: Nach längerem Überlegen meinte sie, es sei zwei Monate nachdem sie nach Deutschland gekommen sei gewesen, es sei im November 2016 gewesen. Nicht festlegen wollte sie sich auf erneute Nachfrage, ob es Anfang, Mitte oder Ende November 2016 gewesen sei. Auf Vorhalt ihrer mit diesem Vorbringen nicht vereinbaren anderen Einlassung, sie sei am 27. Oktober 2016 in Deutschland eingereist, meinte sie dann abweichend, es seien ein, zwei Monate gewesen. Schließlich meinte sie dann, es sei in der Zeit ihres Aufenthalts in Z … gewesen. Derart ausweichende, ungenaue und widersprüchliche Angaben zum Zeitpunkt ihrer Kenntnis haben unter Berücksichtigung des Eindrucks von der Klägerin, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, zu durchgreifenden Zweifeln am Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens geführt.

Bei einer Gesamtwürdigung aller vorgenannten Umstände konnte das Gericht mithin nicht die Überzeugung gewinnen, dass das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der Verweigerung des Schulzeugnisses der Wahrheit entspricht.

(2.) Unbeschadet des Vorstehenden läge selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Vorbringens in rechtlicher Hinsicht keine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor: Gemessen an der klägerischen Darstellung ist es auch im Zusammenhang mit der angeblichen Verweigerung des Schulzeugnisses weder zu asylerheblichen Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 a AsylG, noch zu einem ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG, insbesondere auch nicht zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG, noch zu einer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK oder zu einer anderen konventionswidrigen Behandlung, noch zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gekommen.

2. Auch die behauptete Hinwendung der Klägerin zum Christentum kann der Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Erfolg verhelfen:

a) Zwar können im Iran gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. etwa die Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015, S. 15 f., sowie vom 8. Dezember 2016, S. 10) zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 ff. AsylG) oder zumindest des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder zumindest die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) in Betracht kommen kann (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 - 6 A 2105/08.A - juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 - 5 A 1999/07.A - juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 - A 2 B 36/06 - juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 - 14 B 06.30315 - juris Rn. 20 f.).

Die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht. Das Gericht ist auch nicht an die Beurteilung des Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des Betroffenen liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Eine beachtliche Verfolgungsgefährdung lässt sich ferner auch nicht allein daraus ableiten, dass sich der Asylsuchende in Deutschland religiös betätigt hat, selbst wenn dies öffentlich (z.B. im Internet) bekannt geworden ist. Das Gericht muss vielmehr die volle Überzeugung gewinnen, dass der Asylsuchende die religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet. Es muss davon ausgehen können, dass der Asylsuchende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion aktiv lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - juris Rn. 9 ff. m.w.N.; BayVGH, B. v. 7.11.2016 - 14 ZB 16.30380 - juris Rn. 7 ff., 12, B. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris Rn. 5 ff. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.2.2017 - 13 A 2648/16.A - juris Rn. 11 f., B. v. 27.4.2015 - 13 A 440/15.A - juris Rn. 10 ff. m.w.N., B. v. 24.5.2013 - 5 A 1062/12.A - juris Rn. 8 ff. m.w.N.; U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 37 ff. m.w.N; OVG Lüneburg, B. v. 16.9.2014 - 13 LA 93/14 - juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VGH BW, B. v. 23.4.2014 - A 3 S 269/14 - juris Rn. 6 m.w.N.).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Fall der Klägerin bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere ihrer Einlassung im behördlichen Asylverfahren und gegenüber dem Gericht zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche die religiöse Identität der Klägerin prägte, vielmehr dass dieser asyltaktische Überlegungen zugrunde liegen. Im Einzelnen:

Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was darauf hindeutete, dass und ggf. aufgrund welcher Erlebnisse, Erfahrungen oder sonstigen eigenen Beweggründe sie sich dem Christentum im Sinne eines religiösen Bekenntnisses zugewandt hätte. Vielmehr zeigen allein die näheren Umstände der Taufe der Klägerin am 29. Januar 2017 eindrücklich, dass hierfür für die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts rein asyltaktische Gründe maßgeblich waren: Gemessen an ihrer Einlassung beim Bundesamt hat sich die Klägerin im Iran - nicht öffentlich, aber doch heimlich - als religionslos verstanden (Bl. 63 BA). Auch in Deutschland hat sie sich sowohl bei ihrer Asylantragstellung am 10. November 2016 als auch bei der Anhörung durch das Bundesamt am 28. November 2016 ausdrücklich als konfessionslos bezeichnet (Bl. 3 BA, Bl. 61 BA). Dies hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt und bekräftigt, dass sie noch keine neue Religion angenommen hatte (SP S. 11). Indes hat sich die Klägerin dann nur zwei Monate später am 29. Januar 2017 taufen lassen (SP S. 12, S. 13; vgl. auch die Taufbescheinigung des E … … … … G … vom 30. Januar 2017; die Klageerhebung erfolgte nur einen Tag später am 30. Januar 2017). Schon diese sehr kurze Zeitspanne zwischen der Religionslosigkeit der Klägerin und ihrer Taufe streiten massiv gegen die Annahme, dieser Taufe habe eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung zugrunde gelegen. Hinzu kommt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden vor ihrer Taufe nicht einmal eine besondere Taufvorbereitung absolviert hatte (SP S. 13) und zum Zeitpunkt der Taufe trotz angeblicher Kurse vom Christentum „noch nicht viel verstanden“ hatte (SP S. 12). Dass sich die Klägerin als erwachsene Konvertitin dennoch taufen ließ, belegt zusätzlich, dass die Taufe der Klägerin nicht Ausdruck einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung gewesen sein kann. Die Klägerin konnte in der mündlichen Verhandlung auch kein überzeugendes Motiv für ihre Taufe nennen: Die substanzlosen Einlassungen, was sie verstanden habe, sei für sie „interessant“ gewesen, es habe ihr „innerliche Ruhe“ gegeben, haben mit einem spezifisch religiösen Bekenntnis aufgrund einer identitätsprägenden Hinwendung zum Christentum nicht ansatzweise etwas zu tun.

Auch aus den Angaben der Klägerin zu ihren Glaubensbetätigungen lassen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung im Sinne eines religiösen Bekenntnisses ableiten. Zwar hat die Klägerin eine Bestätigung der Pfarrerin der J … G … vom 21. Juli 2017 vorgelegt, wonach sie regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltung der Kirchengemeinde teilnehme. Derartige Verhaltensweisen sind für sich allein betrachtet für die gerichtliche Überzeugungsbildung hinsichtlich einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung allerdings nicht ausreichend, weil einem derartigen Verhalten auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. Hinsichtlich der Betätigung des christlichen Glaubens in ihrem Leben hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zum einen davon gesprochen, sie habe gelernt „Nächstenliebe zu geben“, sie „bete für alle“, das sei für sie ein „schönes Gefühl“, sie habe „gelernt, den Namen Gottes nicht einfach so zu erwähnen“ (SP S. 13 f.). Derart oberflächliche und floskelhafte Wendungen streiten nicht durchgreifend für eine von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung getragene Glaubensbetätigung. Zum andern hat die Klägerin davon gesprochen, es sei für sie das Wichtigste, ihren „Zorn abzulegen“, sie habe zuvor eine „sehr scharfe Zunge“ gehabt, sie sei „nervös“ gewesen, habe „Vater und Mutter angeschrien“, wenn sie jemand sie um Hilfe bitte, dann leiste sie Hilfe (SP S. 13 f.). Damit weist die Klägerin auf allgemein moralisch erwünschte Verhaltensweisen hin, hingegen nicht auf eine spezifisch christlich-religiöse Glaubensbetätigung, die auf eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung im Sinne eines religiösen Bekenntnisses hinweisen könnte.

Obwohl die Klägerin gemessen an der von ihr vorgelegten Bestätigung der Pfarrerin der J … G … vom 21. Juli 2017 regelmäßig an Gottesdiensten teilnimmt, deutet auch das Wissen der Klägerin über die christliche Religion nicht hinreichend auf eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung hin. Zwar konnte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung christliche Feiertage und deren Bedeutung nennen. Die gerichtliche Frage nach der Leidensgeschichte Jesu Christi, von der die Klägerin bei ihren Gottesdienstbesuchen an Karfreitag und Ostern 2017 gehört haben muss, konnte sie indes nur höchst rudimentär - Jesus wurde gekreuzigt, Pilatus war Herrscher, Jesus habe sehr viel leiden müssen - beantworten, vielmehr musste sie einräumen, dass sie die Frage nicht beantworten könne (SP S. 14 f.). Wer als erwachsener Konvertit den christlichen Glauben aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung annimmt, bei dem ist zu erwarten, dass er die für den christlichen Glauben zentrale Leidensgeschichte Jesu Christi viel genauer schildern kann. Auf die Frage nach den zentralen wichtigen Glaubensaussagen des Christentums wies die Klägerin nur auf Aussagen Jesu zum Beten und zum Almosengeben hin. Weitere, für das Christentum weitaus bedeutsamere und zentralere Glaubensaussagen konnte die Klägerin nicht nennen.

Auch sonst hat das Vorbringen der Klägerin das Gericht nicht davon überzeugen können, sie habe sich aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung dem Christentum zugewandt. Ihre Einlassung, sie habe „innerlich geglaubt“, dass Jesus für uns sein Leben hingegeben habe und dass durch die Taufe alle Sünden vergeben seien, hat sich in den entsprechenden Behauptungen erschöpft und ist substanzlos und oberflächlich geblieben. Unglaubwürdig ist das klägerische Vorbringen, sie habe „wirklich innerlich geglaubt und gewünscht“, dass durch die Taufe alle ihre Sünden vergeben seien, nachdem sich die Klägerin aus den oben genannten Gründen zur Überzeugung des Gerichts aus rein asyltaktischen Gründen taufen lies: Wer sich noch am 28. November 2016 als religionslos bezeichnet und angibt, keinen Glauben zu haben, dem kann schlechterdings nicht geglaubt werden, dass er am 29. Januar 2017 wirklich und innerlich glaubt und wünscht, durch seine Taufe würden seine Sünden vergeben, zumal wenn diese Person keine besondere Taufvorbereitung absolviert hat, selbst einräumt, bei der Taufe vom Christentum noch nicht viel verstanden zu haben, und keine Erlebnisse, Erfahrungen oder sonstigen eigenen Beweggründe für die Hinwendung zum Christentum nennen kann. Sonstige Einlassungen der Klägerin, die auf eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung im Sinne eines religiösen Bekenntnisses hindeuten könnten, sind für das Gericht ersichtlich.

Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum im Fall der Klägerin nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche deren religiöse Identität prägte, vielmehr dass dieser Behauptung Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen.

Die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage war nach alldem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind iranische Staatsangehörige. Die minderjährige Klägerin zu 2) ist die (jüngere) Tochter des Klägers zu 1). Der Kläger zu 1) verließ sein Heimatland im Juni 2015 und reiste zunächst in die Türkei. Etwa 45 Tage später reisten die Ehefrau des Klägers zu 1) und ihre Tochter, die Klägerin zu 2), in die Türkei und trafen den Kläger zu 1). Die Ehefrau des Klägers zu 1) kehrte wieder in den Iran zurück. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) reisten zusammen von der Türkei aus über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich kommend Ende September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben). Am 7. Januar 2016 stellten die Kläger Asylanträge. Dabei gab der Kläger zu 1) für sich und die Klägerin zu 2) an, sie seien konfessionslos.

Die Ehefrau und die (ältere) Tochter des Klägers zu 1) verließen den Iran nach eigenen Angaben im Februar 2016 und reisten Ende September 2016 bzw. Ende Oktober 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Für die jeweiligen Asylanträge der Ehefrau und der älteren Tochter des Klägers zu 1) führte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) jeweils gesonderte Verfahren unter gesonderten Aktenzeichen durch. Gegen die jeweils ablehnenden Bescheide wurde beim Verwaltungsgericht München jeweils Klage eingereicht. Die Klage der Ehefrau wird unter dem Aktenzeichen M 2 K 17.30353, die Klage der älteren Tochter wurde zunächst unter dem Aktenzeichen M 2 K 17.31767 und wird nunmehr unter dem Aktenzeichen M 28 K 17.31767 geführt.

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 18. Oktober 2016 äußerte sich der Kläger zu 1) zur Begründung der Asylanträge der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Er sei seit fünf Jahren konfessionslos, früher sei er Moslem gewesen. Er habe eine Mutter, deren zwei Söhne hingerichtet worden seien, finanziell unterstützt. Die Mutter habe Kontakt zu den Mujhidien Khalk Libarti gehabt, was er nicht gewusst habe. Er selbst sei 1985 festgenommen und verurteilt worden. Von 1986 bis 1989 sei er inhaftiert gewesen. Zur Vorlage kam ein Schreiben der Staatsanwaltschaft … vom 23. Juli 2009 nebst Übersetzung in die deutsche Sprache, wonach der Kläger zu 1) wegen Zusammenarbeit mit den Volksmudschahedin und bewaffneten Aufstands zu 15 Jahren Haft verurteilt worden sei, mit Schreiben vom 25. November 1986 dem Gefängnis von … übergeben worden und am 19. Februar 1989 aufgrund einer Generalamnestie aus dem Gefängnis entlassen worden sei. Weiter führte der Kläger zu 1) aus, die Mutter sei 2015 vom Regime verhaftet und inhaftiert worden. Aus Angst, wegen des Kontakts zur Mutter und deren finanzielle Unterstützung selbst beschuldigt und festgenommen zu werden, habe er das Land verlassen. Zwei Wochen (an anderer Stelle: eine Woche) vor seine Ausreise habe ihn ein Sohn der Mutter informiert. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sei er überwacht worden, zuletzt habe er sich ständig melden müssen. Kurz vor seiner Ausreise habe er einen Anruf von Ittalaat bekommen, er solle sich melden. Da er sich nicht gemeldet habe, habe er sich entschieden, das Land zu verlassen. Früher sei er hingegangen, weil er nichts gemacht habe, zuletzt habe er gewusst, dass es um die Mutter gehe. Nach der Ausreise habe ihn ein Freund und Nachbar angerufen und mitgeteilt, dass die Sicherheitsbehörden eines Tages zu ihnen gekommen seien und dabei persönliche Sachen mitgenommen hätten. Er sei noch jung gewesen, als er Mitglied der Mujhidien Khalk Libarti gewesen sei. Jetzt denke er völlig anders. Seit fünf Jahren entferne er sich vom Islam Seit diesem Zeitpunkt lese er auch die Bibel. Einmal in der Woche gehe er in die Kirche. Er sei noch nicht getauft worden, er müsse sich zuerst darüber informieren und Unterrichtsstunden nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung wird auf die Niederschrift (Bl. 40 ff. der Akte des Bundesamts – BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Mit Bescheid vom 22. November 2016, zugestellt am 28. November 2016, entschied das Bundesamt, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werde (Ziffer 1.), die Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt würden (Ziffer 2.), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde (Ziffer 3.), Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4.), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls würden sie in den Iran abgeschoben (Ziffer 5.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor. Der Kläger zu 1) verneine selbst die Möglichkeit einer Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung. Zusätzlich sei sein Vortrag nicht schlüssig und mithin nicht glaubhaft. Es fehle in jedem Fall an der für die Verfolgung notwendigen schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte. Mithin seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Flüchtlingsschutz vorliegend nicht gegeben. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte lägen somit ebenfalls nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Da der Vortrag des Klägers zu 1) nicht glaubhaft sei, sei nicht davon auszugehen, dass ihm im Iran eine Inhaftierung drohe. Im Hinblick auf die Klägerin zu 2) habe der Kläger zu 1) keinen schutzbegründenden Sachverhalt angegeben. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bescheidsbegründung wird auf den Bescheid (Bl. 51 ff. BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gegen diesen Bescheid ließen die Kläger durch ihre Bevollmächtigten am 6. Dezember 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und sinngemäß beantragen,

den Bescheid vom 22. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliege und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung ließen die Kläger im Wesentlichen das Vorbringen des Klägers zu 1) beim Bundesamt vertiefen. Bei dem Anruf sei ihm der Grund für die Aufforderung zur Vorsprache nicht mitgeteilt worden, so dass er nur mutmaßen habe können, dass diese außertourliche Vorsprache im Zusammenhang mit der Verhaftung der Mutter stehen könnte. Er sei zu der Ansicht gelangt, dass er wegen der finanziellen Unterstützung einer nicht unerheblichen Gefährdung unterlegen hätte. Zu erwähnen sei, dass der Kläger zu 1) in den letzten vier Jahren in einem Gartenhäuschen gelebt habe, da er seine Frau und seine Familie nicht belasten habe wollen. Er habe seine Ehefrau ziemlich im Unklaren darüber gelassen, warum er vor der Ehe inhaftiert gewesen sei. Die Ehefrau habe nicht gewusst, dass es zu einer Durchsuchung gekommen sei, da die Sicherheitsbehörden das Gartenhaus und nicht das Wohnhaus durchsucht hätten. Die Ehefrau sei fünf Monate später aus dem Iran ausgereist, da sie Zeit gebraucht habe, die Wohnung zu verkaufen. Bezüglich der Konversion zum Christentum habe der Kläger zu 1) im Iran dazu tendiert, mit keiner Religion etwas zu tun haben zu wollen. In der Türkei habe er zusammen mit Christen ein Zimmer bezogen, die viele Gespräche über das Christentum mit ihm begonnen hätten. In Deutschland hätten er und die Klägerin zu 2) angefangen, sich sehr für das Christentum zu interessieren. Nunmehr sei der Kläger zu 1) aktiver Christ, gehe wöchentlich einmal in die Kirche und betreibe ein Bibelstudium in Selbstregie. Zur Vorlage kam eine erneute Übersetzung des Schreibens der Staatsanwaltschaft … vom 23. Juli 2009, die sinngemäß der bereits bei der Anhörung vorgelegten Übersetzung entspricht. Mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 21. Dezember 2016 ließen die Kläger Prozesskostenhilfe beantragten und jeweils Bescheinigungen der Jesus-Christus-Kirche … vom 20. Dezember 2016 vorlegen, wonach sie jeweils am 17. Dezember 2016 getauft worden seien.

Am 23. Januar 2017 legte das Bundesamt seine Akten vor.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Beschluss vom 4. April 2017 wurde den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin … beigeordnet.

Am 11. April 2017 fand die mündliche Verhandlung im Verfahren der Kläger sowie im Verfahren der Ehefrau des Klägers zu 1) (M 2 K 17.30353) statt. Der Kläger zu 1) und seine Ehefrau wurden informatorisch gehört. Die Klägerin zu 2) war nicht erschienen. Der Kläger zu 1) äußerte sich u.a. zu Fragen seiner Wohnung in den letzten Jahren vor seiner Ausreise, zu seinen politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis, zur finanziellen Unterstützung der Mutter, zu seiner Überwachung durch die iranischen Sicherheitsbehörden nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, zur Frage, inwiefern und wann seine Ehefrau und seine Kinder informiert waren, zu den vorgebrachten Geschehnissen unmittelbar vor der Ausreise aus dem Iran sowie der Durchsuchung nach seiner Ausreise. Ferner wurde er hinsichtlich der vorgebrachten Konversion zum Christentum befragt, u.a. hinsichtlich seiner Hinwendung zum Christentum, zu seiner Taufe, zu seiner Glaubensbetätigung und zu seinem Glaubenswissen. Zur Vorlage kam eine Bestätigung der Pfarrerin der Jesus-Christus-Kirche … vom 7. April 2017, wonach der Kläger zu 1) u.a. regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltung der Kirchengemeinde teilnehme. Ferner wurde auch – in Anwesenheit des Klägers zu 1) – dessen Ehefrau informatorisch gehört, u.a. zu Fragen der Wohnung des Klägers zu 1) in den letzten Jahren vor seiner Ausreise und zur Frage, inwiefern sie der Kläger zu 1) informiert hatte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (hinsichtlich der Ablehnung der Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG ist der Bescheid vom 22. November 2016 bestandskräftig geworden, nachdem insoweit kein Verpflichtungsantrag gestellt wurde). Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 22. November 2016 und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. dieses Bescheids sind rechtmäßig.

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 22. November 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:

1. Die Kläger sind zur Überzeugung des Gerichts nicht vorverfolgt aus dem Iran ausgereist. Eine solche Vorverfolgung ergibt sich weder aus dem Umstand, dass der Kläger zu 1) bis 1989 inhaftiert gewesen sein soll (sogleich a)), noch im Zusammenhang mit den Maßnahmen des iranischen Staates, denen der Kläger zu 1) nach seiner Freilassung bis zur Ausreise unterworfen gewesen sein soll (sogleich b)). Vor allem auch hält das Gericht das Vorbringen des Klägers zu 1), er habe wegen eines Kontakts mit einer Mutter, deren zwei Söhne hingerichtet worden waren, und deren finanzieller Unterstützung eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung seitens des iranischen Staates zu befürchten gehabt und sei deshalb ausgereist, für unglaubwürdig (sogleich c)).

a) Gemäß den vom Kläger zu 1) vorgelegten Übersetzungen des Schreibens der Staatsanwaltschaft … vom 23. Juli 2009 war der Kläger zu 1) wegen Zusammenarbeit mit den Volksmudschahedin und bewaffneten Aufstands zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, mit Schreiben vom 25. November 1986 dem Gefängnis von … übergeben worden und am 19. Februar 1989 aufgrund einer Generalamnestie aus dem Gefängnis entlassen worden. Aus dem Umstand sowie der Art und Weise dieser Bestrafung und Inhaftierung kann von vornherein keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG des Klägers zu 1) abgeleitet werden: Bei dieser Bestrafung und Inhaftierung handelt es sich um einen Sachverhalt, der bereits seit Februar 1989, mithin zum Zeitpunkt der Ausreise im Juni 2015 schon seit mehr als 26 Jahren abgeschlossen war. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis war der Kläger zu 1) nach eigenem Bekunden nicht mehr politisch aktiv (so sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung), er sei als junger Mensch Mitglied der Volksmudschahedin gewesen, heute denke er völlig anders (so seine Angaben beim Bundesamt), so dass insoweit keine Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung des Klägers zu 1) zu befürchten ist.

b) Auch im Zusammenhang mit den Überwachungsmaßnahmen seitens der iranischen Staatsorgane, denen der Kläger zu 1) nach seiner Freilassung im Februar 1989 bis zu seiner Ausreise im Juni 2015 unterworfen gewesen sein soll, kann keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festgestellt werden: Gemessen an den Angaben des Klägers zu 1) beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht musste sich der Kläger zu 1) nach seiner Freilassung 1989 die ersten fünf Jahre regelmäßig melden und unterlag für zehn Jahre einem Ausreiseverbot. Auch insoweit handelt es sich um zum Zeitpunkt der Ausreise im Juni 2015 seit vielen Jahren abgeschlossene Sachverhalte. Soweit der Kläger zu 1) darüber hinaus beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht vorgebracht hat, in der nachfolgenden Zeit bis zu seiner Ausreise 2015 habe er sich immer wieder bei den Sicherheitsorganen melden müssen – er sei angerufen worden, habe sich dann vorstellen müssen und sei befragt worden, etwa wenn etwas im Land passiert sei, bzw. er habe bei einer Vorsprache einen Termin für die nächste Vorsprache erhalten –, liegt hinsichtlich Art und Intensität dieser staatlichen Maßnahmen keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vor: Derartige bloße Meldeverpflichtungen stellen insbesondere weder eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte im Sinne des § 3 a Abs. 1 AsylG, insbesondere keine diskriminierenden Maßnahmen im Sinne des § 3 a Abs. 2 Nr. 2 AsylG, noch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, noch eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar.

c) Der Kläger zu 1) hat hinsichtlich einer Vorverfolgung im Iran sowohl beim Bundesamt als auch gegenüber dem Gericht vorgebracht, er sei letztlich ausgereist, weil er wegen des Kontakts mit der Mutter und deren finanzieller Unterstützung eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung seitens des iranischen Staates befürchtet habe. Dieses Vorbringen ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere der Einlassung des Klägers zu 1) beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht, zur Überzeugung des Gerichts nicht glaubwürdig. Im Einzelnen:

Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vorgebracht, er habe die Mutter regelmäßig besucht und ca. seit dem Jahr 2000 – zehn bis zwölf Jahre nach seiner Entlassung 1989 – mit etwa 250 € monatlich finanziell unterstützt. Etwa zwei Wochen vor seiner Ausreise im Juni 2015 sei die Mutter verhaftet worden. Etwa eine Woche nach der Verhaftung habe ein Sohn der Mutter ihn über die Verhaftung und den Grund hierfür – telefonischer Kontakt mit dem im Irak gelegenen Lager der Volksmudschahedin „Liberty“, von dem er zuvor nichts gewusst habe – informiert. Etwa eine Woche später habe er einen Anruf der iranischen Sicherheitsorgane erhalten, er solle sich zwei Tage später melden. Er sei aber nicht hingegangen. Die Mutter sei verhaftet worden und es sei der Name „Liberty“ gefallen. Er habe gewusst, dass sie einen Vorwand suchten, damit sie jene, die früher tätig gewesen seien, belangen könnten. Er habe befürchtet, verhaftet, gefoltert und gequält zu werden. Er habe zwei Tage Zeit gehabt um den Iran zu verlassen. In der Türkei habe er einen Anruf von einem Freund erhalten, sein Gartenhaus sei von den Sicherheitsbehörden durchsucht worden, nachdem er zu dem Termin nicht erschienen sei.

Dieses Vorbringen kann schon deshalb nicht überzeugen, weil der iranische Staat, wenn er im Zusammenhang mit der Verhaftung der Mutter wegen deren Kontakts mit den Volksmudschahedin tatsächlich auch des Klägers zu 1) hätte habhaft werden wollen, um ihn zu verhaften, zu foltern und zu quälen oder sonst asylerheblich und asylrelevant zu verfolgen, hierfür bis zur Ausreise des Klägers zu 1) hinreichend Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, dies in die Tat umzusetzen. Vor allem hätten die iranischen Sicherheitsorgane den Kläger zu 1), statt diesen telefonisch zur Vorsprache zu laden und ihn dadurch letztlich nur vorzuwarnen, sogleich festnehmen können, wenn sie dies tatsächlich gewollt hätten. Den Behörden war auch bekannt, wo der Kläger zu 1) wohnte und arbeitete, wie dieser beim Bundesamt selbst vorgebracht hatte. Versteckt hatte sich der Kläger zu 1) gemessen an seinen Angaben nicht, selbst dann nicht, als er von dem Sohn der Mutter über deren Verhaftung und den Grund hierfür informiert worden sein soll.

Nicht plausibel erklären konnte der Kläger zu 1) auch, warum er den angeblichen Anruf der iranischen Sicherheitsbehörden, mit der Aufforderung vorzusprechen, so gedeutet haben will, dass er verhaftet, gefoltert und gequält werden sollte. Wie der Kläger zu 1) sowohl beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, war er über viele Jahre hinweg immer wieder regelmäßig sowie anlässlich besonderer Ereignisse von den Sicherheitsbehörden vorgeladen und befragt worden und war er diesen Vorladungen auch stets gefolgt, ohne dass es zu einer asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung gekommen wäre. Nicht gefolgt werden kann dem Erklärungsversuch in der Klagebegründung, dem Kläger zu 1) sei bei jeder Vorsprache mitgeteilt worden, wann er wieder zu erscheinen habe, aus diesem Grund sei es für ihn sehr ungewöhnlich gewesen, dass ihn ein Anruf mit der Aufforderung vorzusprechen erreicht habe, ein Grund sei ihm nicht mitgeteilt worden, so dass er nur mutmaßen habe können, dass diese außertourliche Vorsprache mit der Verhaftung der Mutter zusammenhängen könne. Diese Darstellung widerspricht ganz offensichtlich der mehrfachen Einlassung des Klägers zu 1), er sei von den Sicherheitsbehörden über Jahre hinweg immer wieder angerufen worden, so etwa beim Bundesamt „früher haben die sich gemeldet, sie sagten: ‚Wir haben ein paar Fragen, kommen Sie.‘“ oder in der mündlichen Verhandlung „Immer, wenn die Sicherheitsbehörden etwas von mir wollten, haben sie angerufen und mir gesagt, ich solle zu dem und dem Zeitpunkt zu ihnen hingegen.“ Es kann also keine Rede davon sein, dass der Anruf für den Kläger zu 1) ungewöhnlich gewesen wäre und es sich um eine außertourliche Vorsprache gehandelt hätte. Dem Kläger zu 1) kann auch nicht geglaubt werden, bei diesem Anruf habe es sich deshalb um eine ganz andere Situation gehandelt, weil es einen konkreten Fall – die Mutter sei verhaftet und der Name „Liberty“ sei gefallen – gegeben habe: Denn die Vorladungen des Klägers zu 1) erfolgten auch in anderen Fällen anlässlich besonderer Ereignisse, wie sich etwa aus seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung „egal was im Land passiert ist, man hat uns immer befragt, vorgeladen, man hat uns gefragt, ob wir etwas damit zu tun haben“ ergibt. Wenn die iranischen Sicherheitsbehörden tatsächlich – wie der Kläger zu 1) vorbringt – einen Vorwand gesucht hätten, um ihn belangen zu können, dann hätten sie nicht bis zu der angeblichen Verhaftung der von ihm finanziell unterstützten Mutter warten müssen. Vielmehr hätten sie den Kläger zu 1) vielfach schon früher belangen können, entweder anlässlich anderer konkreter Ereignisse oder allein wegen seines Kontakts zu einer Mutter zweier hingerichteter Söhne, die er regelmäßig besucht und ca. seit dem Jahr 2000 mit etwa 250 € monatlich finanziell unterstützt haben will. Letzteres wäre den iranischen Sicherheitsbehörden über die Jahre hinweg sicherlich nicht verborgen geblieben, wenn sie tatsächlich nach einer Möglichkeit gesucht hätten, den Kläger zu 1) zu belangen.

Nicht plausibel ist auch, dass es dem Kläger zu 1) gelungen sein könnte, den Iran nur zwei Tage nach dem angeblichen Anruf zu verlassen. Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung selbst vorgebracht, er habe schon länger den Wunsch gehabt, den Iran zu verlassen, zuvor habe es aber nicht funktioniert. Warum es nach dem angeblichen Anruf noch dazu in so kurzer Zeit dann plötzlich doch funktioniert haben sollte, konnte der Kläger zu 1) trotz Vorhalts nicht plausibel erklären. Allein die Notwendigkeit und der Wille zur Ausreise reichen nicht aus, es muss auch die tatsächliche Möglichkeit zur Ausreise bestehen.

Unglaubwürdig ist auch das klägerische Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Durchsuchung durch die Sicherheitsbehörden, das der Kläger zu 1) zum Beleg dafür anführt, dass sein Furcht vor einer Verfolgung durch den iranischen Staat berechtigt gewesen sei. Das im Zusammenhang mit der angeblichen Durchsuchung stehende Vorbringen ist höchst widersprüchlich: Beim Bundesamt hatte der Kläger zu 1) zunächst angegeben, nach seiner Ausreise habe er von einem Freund erfahren, die Sicherheitsbehörden seien eines Tages „zu uns“ gekommen und hätten alle seine persönlichen Sachen mitgenommen. Im Bescheid vom 22. November 2016 hält das Bundesamt dem Kläger zu 1) diesbezüglich dann vor, seine Ehefrau habe bei ihrer Anhörung nichts von einem Besuch der Sicherheitsbehörden erwähnt, obwohl diese den Iran deutlich später verlassen habe. In der Klagebegründung vom 6. Dezember 2016 lässt der Kläger zu 1) dies dann damit erklären, seine Ehefrau habe von der Durchsuchung nichts gewusst, da die Sicherheitsbehörden das Gartenhäuschen durchsucht hätten, in dem er die letzten vier Jahre gelebt habe, und nicht das gemeinsame Wohnhaus. Dem steht allerdings schon die Einlassung der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung entgegen, ihr Ehemann habe ihr von dem Bericht des Freundes und der Durchsuchung während des Aufenthalts in der Türkei erzählt (SP S. 21 f.), wo sich der Kläger zu 1) und seine Ehefrau etwa 45 Tage nach der Ausreise des Klägers im Juni 2015 getroffen hatten. Danach wusste die Ehefrau bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 18. Oktober 2016, dass die Durchsuchung (des Gartenhauses) stattfand, und hätte hierüber berichten können, was angesichts der Bedeutung dieses Ereignisses auch zu erwarten gewesen wäre. Hinzu kommt, dass der Kläger zu 1) bei seiner Anhörung durch das Bundesamt als letzten Aufenthalt bis zu seiner Ausreise ausdrücklich das gemeinsame Wohnhaus genannt hatte (Bl. 41 BA, SP S. 3). Hingegen hatte er von einem Gartenhaus, in dem er angeblich die letzten vier Jahre vor seine Ausreise gelebt haben will, nicht gesprochen. Erst recht war keine Rede davon gewesen, dass die Durchsuchung in dem Gartenhaus stattgefunden haben soll. Vielmehr hatte der Kläger zu 1) davon gesprochen, die Sicherheitsbehörden seien „zu uns“ gekommen, was eher auf das gemeinsame Wohnhaus hindeutet. Soweit der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt behauptet, er habe in der Anhörung von dem Gartenhaus und der dortigen Durchsuchung gesprochen (SP S. 3 und S. 14), lässt sich dies der Niederschrift nicht entnehmen. Der Kläger zu 1) konnte auch keinen plausiblen Grund dafür nennen, warum er in dem Gartenhaus (nicht nur gearbeitet), sondern auch gewohnt haben will: In der mündlichen Verhandlung meinte er hierzu, er habe aus Sicherheitsgründen seltener zuhause sein wollen, weil er dort ständig vom Geheimdienst aufgesucht worden sei, er habe so tun wollen, als ob sie getrennt lebten. Diese Einlassung überzeugt schon deshalb nicht, weil der Kläger zu 1) bei seiner Beschreibung der staatlichen Überwachungsmaßnahmen beim Bundesamt (Bl. 43 BA) und in der mündlichen Verhandlung (SP S. 5 ff.) nicht erwähnt hatte, dass er zuhause ständig vom Geheimdienst aufgesucht worden sei. Im Widerspruch zu dem angegeben Zweck steht zudem die andere Einlassung des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung, wenn das Gartenhaus größer gewesen wäre, dann hätte er sich gewünscht, dass seine Kinder und seine Frau auch dort gewohnt hätten (SP S. 8). Überdies ist es auch wenig plausibel, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden von einem solchen Vorgehen täuschen hätten lassen. Dies gilt zumal der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung (in Abweichung von der Klagebegründung) auch angegeben hatte, er sei zwei- bis dreimal die Woche nach Hause gekommen und die Ehefrau des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung erklärte, sie hätten sich gegenseitig besucht. In jedem Fall wäre bei lebensnaher Betrachtungsweise zu erwarten gewesen, dass die iranischen Sicherheitsbehörden nicht nur das Gartenhaus, sondern auch das gemeinsame Wohnhaus durchsucht hätten, weil sich die angeblich gesuchten persönlichen Sachen des Klägers zu 1) genauso gut auch in dem Wohnhaus hätten befinden können. Letzteres wäre der Klägerin zu 1) sicherlich nicht entgangen und von ihr wegen der Bedeutung des Ereignisses bei ihrer Anhörung erwähnt worden.

2. Auch die behauptete Hinwendung der Kläger zum Christentum kann der Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Erfolg verhelfen:

a) Zwar können im Iran gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. etwa die Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015, S. 15 f., sowie vom 8. Dezember 2016, S. 10) zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 ff. AsylG) oder zumindest des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder zumindest die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) in Betracht kommen kann (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.).

Die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht. Das Gericht ist auch nicht an die Beurteilung des Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des Betroffenen liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Eine beachtliche Verfolgungsgefährdung lässt sich ferner auch nicht allein daraus ableiten, dass sich der Asylsuchende in Deutschland religiös betätigt hat, selbst wenn dies öffentlich (z.B. im Internet) bekannt geworden ist. Das Gericht muss vielmehr die volle Überzeugung gewinnen, dass der Asylsuchende die religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet. Es muss davon ausgehen können, dass der Asylsuchende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion aktiv lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; BayVGH, B. v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7 ff., 12, B. v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.2.2017 – 13 A 2648/16.A – juris Rn. 11 f., B. v. 27.4.2015 – 13 A 440/15.A – juris Rn. 10 ff. m.w.N., B. v. 24.5.2013 – 5 A 1062/12.A – juris Rn. 8 ff. m.w.N.; U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 37 ff. m.w.N; OVG Lüneburg, B. v. 16.9.2014 – 13 LA 93/14 – juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VGH BW, B. v. 23.4.2014 – A 3 S 269/14 – juris Rn. 6 m.w.N.).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Fall des Klägers zu 1) bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere seiner Einlassung beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche die religiöse Identität des Klägers zu 1) prägte, vielmehr dass dieser Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen. Im Einzelnen:

Der Kläger zu 1) konnte trotz zahlreicher Anstoßfragen schon nicht überzeugend darlegen, dass und aufgrund welcher Erlebnisse oder sonstigen Umstände er sich dem Christentum im Sinne eines religiösen Bekenntnisses zugewandt hatte: Zwar hat er beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht vorgebracht, ungefähr fünf Jahre vor dem Verlassen des Irans – also seit ca. 2010 – das Interesse am Islam verloren zu haben und sich von diesem entfernt zu haben, ab diesem Zeitpunkt will er angeblich in der Bibel gelesen haben, auch im Koran gebe es Geschichten von Jesus, Jesus habe ihn fasziniert (Bl. 43 BA, SP S. 14 f.). Ferner will er – so sein neues Vorbringen gegenüber dem Gericht – in der Türkei mit Freunden und Zimmergenossen über das Thema Christentum gesprochen haben (Klagebegründung, SP S. 15)* Dieses oberflächliche und substanzlose Vorbringen kann indes schon im Ansatz nicht plausibel erklären, warum sich der Kläger zu 1) aufgrund einer inneren Überzeugung dem Christentum zugewandt haben will. Der Umstand, dass der Kläger zu 1) sich (negativ) vom Islam abgewandt haben will, erklärt noch nicht, warum er sich (positiv) dem Christentum zugewandt haben will. Allein der nicht näher spezifizierte Hinweis auf das angebliche Lesen in der Bibel und die angeblichen Gespräche über das Christentum macht nicht deutlich, dass und warum die Klägerin zu 1) das Christentum im Sinne eines tief empfundenen religiösen Bekenntnisses angenommen hätte. Vor allem auch hat sich der Kläger zu 1) sowohl bei der Asylantragstellung am 7. Januar 2016 als auch noch bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 18. Oktober 2016 ausdrücklich als „konfessionslos“ bezeichnet, was er in der mündlichen Verhandlung auf Frage ausdrücklich bestätigte.

Der Kläger zu 1) hat auch nicht deutlich machen können, dass seine Taufe am 17. Dezember 2016 (siehe die Bescheinigung der Jesus-Christus-Kirche … vom 20. Dezember 2016) Ausdruck einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung war: Gefragt nach seinen Gründen und Motiven für die Taufe brachte der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung nur die angeblichen Gespräche in der Türkei mit Freunden und Zimmergenossen über das Thema Christentum vor, ferner habe er „viel gelesen“, sein Motiv sei, dass er aus „tiefster Überzeugung Christ“ sei. Dieses oberflächliche und substanzlose Vorbringen kann schon im Ansatz nicht deutlich machen, dass der Taufe des Klägers zu 1) eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung zu Grunde lag. Auch kannte der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung seinen persönlichen Taufspruch nicht, offenbar wusste er gar nicht, dass es einen solchen gibt. Auch dies spricht dagegen, dass der Kläger zu 1) seine Taufe als wichtiges, seine religiöse Identität prägendes Ereignis empfunden hat. Vor allem auch der frühe Zeitpunkt der Taufe bereits am 17. Dezember 2016 spricht für ein asyltaktisches Vorgehen des Klägers zu 1): Noch in der Anhörung am 18. Oktober 2016 hatte sich der Kläger zu 1) als „konfessionslos“ bezeichnet und angegeben, er sei noch nicht getauft, weil er sich zuerst darüber informieren und Unterrichtsstunden nehmen müsse. Gerade einmal zwei Monate später lässt sich der Kläger zu 1) taufen. Zudem lag dieser Taufe offenbar keine substantielle Taufvorbereitung zugrunde: Auf die entsprechende Frage antwortete der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung ausweichend, er sei ja ein Jahr in die Kirche gegangen, gefragt nach Kursen antwortete er wiederum ausweichend, er sei ja vorbereitet gewesen, er habe viel über das Christentum gewusst, nachdem die mit ihm gesprochen hätten, sei er einen Monat später getauft worden. Im weiteren Verlauf der Anhörung meinte er dann auf Frage der Bevollmächtigten nach Bibelunterricht, dass ihm die Bibel keiner erklärt habe. Dass sich der Kläger zu 1) als erwachsener Konvertit offenbar ohne die von ihm noch in der Anhörung am 18. Oktober 2016 selbst für notwendig gehaltenen „Unterrichtsstunden“ taufen ließ, streitet zusätzlich gegen die Annahme, die Taufe des Klägers zu 1) sei Ausdruck seiner inneren Glaubensüberzeugung.

Auch aus den Angaben des Klägers zu 1) zu seiner Glaubensbetätigung lassen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung ableiten. Zwar hat der Kläger zu 1) eine Bestätigung der Pfarrerin der Jesus-Christus-Kirche … vom 7. April 2017 vorlegen lassen, wonach er regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltung der Kirchengemeinde teilnehme. Dies allein reicht aber nicht aus, weil derartige Verhaltensweisen auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. Gegen eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung spricht, dass der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung die Fragen nach der Betätigung seines christlichen Glaubens im Alltag trotz zahlreicher Anstoßfragen nicht beantworten konnte. Selbst als ihn die Bevollmächtigte konkret fragte, ob er bete, ob er missioniere, ob er beichte, machte der Kläger zu 1) keinerlei Angaben zu seiner Glaubensbetätigung, vielmehr antwortete er nur, nein, er habe den Glauben neu bekommen, wie solle er da missionieren.

Massiv gegen eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung streitet das fehlende Wissen des Klägers zu 1) über den christlichen Glauben. Auf die Frage nach christlichen Glaubensinhalten und zentralen Aussagen des Christentums konnte der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung allein den Begriff „Liebe“ nennen. Dass dieser Begriff im Christentum eine Rolle spielt, dürfte indes selbst in der muslimischen Welt zum Allgemeinwissen zu zählen sein. Jedenfalls zeugt es nicht von substantiellem Wissen des Klägers zu 1) über das Christentum, dass er selbst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung allein diesen Begriff vorbringen konnte. Zu Unrecht meint der Kläger zu 1), es komme nicht darauf an, was er über den christlichen Glauben wisse. Wem – wie dem Kläger zu 1) – nicht einmal die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, bei dem kann nicht von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung ausgegangen werden. Dieses Wissen kann, anders als der Kläger zu 1) zu meinen scheint, nicht durch das Vorbringen substanzloser Phrasen wie z.B. der Glaube komme vom „tiefsten Herzen“ oder es komme „auf die Liebe an“ ersetzt werden.

Auch sonst ist die Einlassung des Klägers zu 1) zu seinen inneren Beweggründen für die Hinwendung zum Christentum sowohl beim Bundesamt als auch gegenüber dem Gericht oberflächlich, substanzlos und phrasenhaft geblieben. Der Kläger zu 1) hat insoweit nur allgemein gehaltene Wendungen bemüht, wie z.B.: das Lesen der Bibel habe ihn „beruhigt“, in der Kirche habe man ihm „sehr viel geholfen“, er habe nach der Taufe seinen „inneren Frieden“ gefunden, es sei wie eine „Wiedergeburt“, seine Sicht habe sich „geändert“, ein Christ sei wie eine „leuchtende Kerze“, es sei eine „Herzensgeschichte“, etc.. Derart unspezifische, substanzlose und phrasenhafte Wendungen können es nicht rechtfertigen, von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung des Klägers zu 1) im Sinne eines religiösen Bekenntnisses auszugehen.

Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum im Fall des Klägers zu 1) nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche dessen religiöse Identität prägte, vielmehr dass dieser Behauptung Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen.

c) Kann mithin schon bezüglich des Klägers zu 1) keine Verfolgungsgefährdung wegen der behaupteten Hinwendung zum Christentum festgestellt werden, so ist dies erst Recht hinsichtlich der minderjährigen Klägerin zu 2) ausgeschlossen. Zwar wurde auch die Klägerin zu 2) getauft. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe führt indes – wie eingangs bereits ausgeführt – nicht zu einer beachtlichen Verfolgungsgefährdung. Eine vom Kläger zu 1) auf die Klägerin zu 2) als dessen minderjährige Tochter abgeleitete Verfolgungsgefährdung scheidet schon deshalb aus, weil beim Kläger zu 1) selbst mangels identitätsprägender innerer Glaubensüberzeugung keine Verfolgungsgefährdung besteht. Auf eine eigenständige Verfolgungsgefährdung der Klägerin zu 2) hindeutende Umstände wurden nicht vorgetragen – weder beim Bundesamt, noch in der Klagebegründung, noch in der mündlichen Verhandlung, zu der die Klägerin zu 2) nicht erschien –, auch sonst sind solche Umstände nicht ersichtlich geworden.

Die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage war nach alldem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind iranische Staatsangehörige. Die minderjährige Klägerin zu 2) ist die (jüngere) Tochter des Klägers zu 1). Der Kläger zu 1) verließ sein Heimatland im Juni 2015 und reiste zunächst in die Türkei. Etwa 45 Tage später reisten die Ehefrau des Klägers zu 1) und ihre Tochter, die Klägerin zu 2), in die Türkei und trafen den Kläger zu 1). Die Ehefrau des Klägers zu 1) kehrte wieder in den Iran zurück. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) reisten zusammen von der Türkei aus über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich kommend Ende September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben). Am 7. Januar 2016 stellten die Kläger Asylanträge. Dabei gab der Kläger zu 1) für sich und die Klägerin zu 2) an, sie seien konfessionslos.

Die Ehefrau und die (ältere) Tochter des Klägers zu 1) verließen den Iran nach eigenen Angaben im Februar 2016 und reisten Ende September 2016 bzw. Ende Oktober 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Für die jeweiligen Asylanträge der Ehefrau und der älteren Tochter des Klägers zu 1) führte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) jeweils gesonderte Verfahren unter gesonderten Aktenzeichen durch. Gegen die jeweils ablehnenden Bescheide wurde beim Verwaltungsgericht München jeweils Klage eingereicht. Die Klage der Ehefrau wird unter dem Aktenzeichen M 2 K 17.30353, die Klage der älteren Tochter wurde zunächst unter dem Aktenzeichen M 2 K 17.31767 und wird nunmehr unter dem Aktenzeichen M 28 K 17.31767 geführt.

Bei der Anhörung durch das Bundesamt am 18. Oktober 2016 äußerte sich der Kläger zu 1) zur Begründung der Asylanträge der Kläger im Wesentlichen wie folgt: Er sei seit fünf Jahren konfessionslos, früher sei er Moslem gewesen. Er habe eine Mutter, deren zwei Söhne hingerichtet worden seien, finanziell unterstützt. Die Mutter habe Kontakt zu den Mujhidien Khalk Libarti gehabt, was er nicht gewusst habe. Er selbst sei 1985 festgenommen und verurteilt worden. Von 1986 bis 1989 sei er inhaftiert gewesen. Zur Vorlage kam ein Schreiben der Staatsanwaltschaft … vom 23. Juli 2009 nebst Übersetzung in die deutsche Sprache, wonach der Kläger zu 1) wegen Zusammenarbeit mit den Volksmudschahedin und bewaffneten Aufstands zu 15 Jahren Haft verurteilt worden sei, mit Schreiben vom 25. November 1986 dem Gefängnis von … übergeben worden und am 19. Februar 1989 aufgrund einer Generalamnestie aus dem Gefängnis entlassen worden sei. Weiter führte der Kläger zu 1) aus, die Mutter sei 2015 vom Regime verhaftet und inhaftiert worden. Aus Angst, wegen des Kontakts zur Mutter und deren finanzielle Unterstützung selbst beschuldigt und festgenommen zu werden, habe er das Land verlassen. Zwei Wochen (an anderer Stelle: eine Woche) vor seine Ausreise habe ihn ein Sohn der Mutter informiert. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis sei er überwacht worden, zuletzt habe er sich ständig melden müssen. Kurz vor seiner Ausreise habe er einen Anruf von Ittalaat bekommen, er solle sich melden. Da er sich nicht gemeldet habe, habe er sich entschieden, das Land zu verlassen. Früher sei er hingegangen, weil er nichts gemacht habe, zuletzt habe er gewusst, dass es um die Mutter gehe. Nach der Ausreise habe ihn ein Freund und Nachbar angerufen und mitgeteilt, dass die Sicherheitsbehörden eines Tages zu ihnen gekommen seien und dabei persönliche Sachen mitgenommen hätten. Er sei noch jung gewesen, als er Mitglied der Mujhidien Khalk Libarti gewesen sei. Jetzt denke er völlig anders. Seit fünf Jahren entferne er sich vom Islam Seit diesem Zeitpunkt lese er auch die Bibel. Einmal in der Woche gehe er in die Kirche. Er sei noch nicht getauft worden, er müsse sich zuerst darüber informieren und Unterrichtsstunden nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anhörung wird auf die Niederschrift (Bl. 40 ff. der Akte des Bundesamts – BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Mit Bescheid vom 22. November 2016, zugestellt am 28. November 2016, entschied das Bundesamt, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werde (Ziffer 1.), die Anträge auf Asylanerkennung abgelehnt würden (Ziffer 2.), der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt werde (Ziffer 3.), Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 4.), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen, andernfalls würden sie in den Iran abgeschoben (Ziffer 5.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen nicht vor. Der Kläger zu 1) verneine selbst die Möglichkeit einer Verfolgung wegen seiner politischen Überzeugung. Zusätzlich sei sein Vortrag nicht schlüssig und mithin nicht glaubhaft. Es fehle in jedem Fall an der für die Verfolgung notwendigen schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte. Mithin seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Flüchtlingsschutz vorliegend nicht gegeben. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte lägen somit ebenfalls nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Da der Vortrag des Klägers zu 1) nicht glaubhaft sei, sei nicht davon auszugehen, dass ihm im Iran eine Inhaftierung drohe. Im Hinblick auf die Klägerin zu 2) habe der Kläger zu 1) keinen schutzbegründenden Sachverhalt angegeben. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist ergebe sich aus § 38 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Bescheidsbegründung wird auf den Bescheid (Bl. 51 ff. BA) verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gegen diesen Bescheid ließen die Kläger durch ihre Bevollmächtigten am 6. Dezember 2016 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und sinngemäß beantragen,

den Bescheid vom 22. November 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, festzustellen, dass ein subsidiärer Schutzstatus vorliege und Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung ließen die Kläger im Wesentlichen das Vorbringen des Klägers zu 1) beim Bundesamt vertiefen. Bei dem Anruf sei ihm der Grund für die Aufforderung zur Vorsprache nicht mitgeteilt worden, so dass er nur mutmaßen habe können, dass diese außertourliche Vorsprache im Zusammenhang mit der Verhaftung der Mutter stehen könnte. Er sei zu der Ansicht gelangt, dass er wegen der finanziellen Unterstützung einer nicht unerheblichen Gefährdung unterlegen hätte. Zu erwähnen sei, dass der Kläger zu 1) in den letzten vier Jahren in einem Gartenhäuschen gelebt habe, da er seine Frau und seine Familie nicht belasten habe wollen. Er habe seine Ehefrau ziemlich im Unklaren darüber gelassen, warum er vor der Ehe inhaftiert gewesen sei. Die Ehefrau habe nicht gewusst, dass es zu einer Durchsuchung gekommen sei, da die Sicherheitsbehörden das Gartenhaus und nicht das Wohnhaus durchsucht hätten. Die Ehefrau sei fünf Monate später aus dem Iran ausgereist, da sie Zeit gebraucht habe, die Wohnung zu verkaufen. Bezüglich der Konversion zum Christentum habe der Kläger zu 1) im Iran dazu tendiert, mit keiner Religion etwas zu tun haben zu wollen. In der Türkei habe er zusammen mit Christen ein Zimmer bezogen, die viele Gespräche über das Christentum mit ihm begonnen hätten. In Deutschland hätten er und die Klägerin zu 2) angefangen, sich sehr für das Christentum zu interessieren. Nunmehr sei der Kläger zu 1) aktiver Christ, gehe wöchentlich einmal in die Kirche und betreibe ein Bibelstudium in Selbstregie. Zur Vorlage kam eine erneute Übersetzung des Schreibens der Staatsanwaltschaft … vom 23. Juli 2009, die sinngemäß der bereits bei der Anhörung vorgelegten Übersetzung entspricht. Mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 21. Dezember 2016 ließen die Kläger Prozesskostenhilfe beantragten und jeweils Bescheinigungen der Jesus-Christus-Kirche … vom 20. Dezember 2016 vorlegen, wonach sie jeweils am 17. Dezember 2016 getauft worden seien.

Am 23. Januar 2017 legte das Bundesamt seine Akten vor.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Beschluss vom 4. April 2017 wurde den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin … beigeordnet.

Am 11. April 2017 fand die mündliche Verhandlung im Verfahren der Kläger sowie im Verfahren der Ehefrau des Klägers zu 1) (M 2 K 17.30353) statt. Der Kläger zu 1) und seine Ehefrau wurden informatorisch gehört. Die Klägerin zu 2) war nicht erschienen. Der Kläger zu 1) äußerte sich u.a. zu Fragen seiner Wohnung in den letzten Jahren vor seiner Ausreise, zu seinen politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis, zur finanziellen Unterstützung der Mutter, zu seiner Überwachung durch die iranischen Sicherheitsbehörden nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, zur Frage, inwiefern und wann seine Ehefrau und seine Kinder informiert waren, zu den vorgebrachten Geschehnissen unmittelbar vor der Ausreise aus dem Iran sowie der Durchsuchung nach seiner Ausreise. Ferner wurde er hinsichtlich der vorgebrachten Konversion zum Christentum befragt, u.a. hinsichtlich seiner Hinwendung zum Christentum, zu seiner Taufe, zu seiner Glaubensbetätigung und zu seinem Glaubenswissen. Zur Vorlage kam eine Bestätigung der Pfarrerin der Jesus-Christus-Kirche … vom 7. April 2017, wonach der Kläger zu 1) u.a. regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltung der Kirchengemeinde teilnehme. Ferner wurde auch – in Anwesenheit des Klägers zu 1) – dessen Ehefrau informatorisch gehört, u.a. zu Fragen der Wohnung des Klägers zu 1) in den letzten Jahren vor seiner Ausreise und zur Frage, inwiefern sie der Kläger zu 1) informiert hatte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (hinsichtlich der Ablehnung der Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG ist der Bescheid vom 22. November 2016 bestandskräftig geworden, nachdem insoweit kein Verpflichtungsantrag gestellt wurde). Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 22. November 2016 und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. dieses Bescheids sind rechtmäßig.

Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 22. November 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:

1. Die Kläger sind zur Überzeugung des Gerichts nicht vorverfolgt aus dem Iran ausgereist. Eine solche Vorverfolgung ergibt sich weder aus dem Umstand, dass der Kläger zu 1) bis 1989 inhaftiert gewesen sein soll (sogleich a)), noch im Zusammenhang mit den Maßnahmen des iranischen Staates, denen der Kläger zu 1) nach seiner Freilassung bis zur Ausreise unterworfen gewesen sein soll (sogleich b)). Vor allem auch hält das Gericht das Vorbringen des Klägers zu 1), er habe wegen eines Kontakts mit einer Mutter, deren zwei Söhne hingerichtet worden waren, und deren finanzieller Unterstützung eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung seitens des iranischen Staates zu befürchten gehabt und sei deshalb ausgereist, für unglaubwürdig (sogleich c)).

a) Gemäß den vom Kläger zu 1) vorgelegten Übersetzungen des Schreibens der Staatsanwaltschaft … vom 23. Juli 2009 war der Kläger zu 1) wegen Zusammenarbeit mit den Volksmudschahedin und bewaffneten Aufstands zu 15 Jahren Haft verurteilt worden, mit Schreiben vom 25. November 1986 dem Gefängnis von … übergeben worden und am 19. Februar 1989 aufgrund einer Generalamnestie aus dem Gefängnis entlassen worden. Aus dem Umstand sowie der Art und Weise dieser Bestrafung und Inhaftierung kann von vornherein keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG des Klägers zu 1) abgeleitet werden: Bei dieser Bestrafung und Inhaftierung handelt es sich um einen Sachverhalt, der bereits seit Februar 1989, mithin zum Zeitpunkt der Ausreise im Juni 2015 schon seit mehr als 26 Jahren abgeschlossen war. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis war der Kläger zu 1) nach eigenem Bekunden nicht mehr politisch aktiv (so sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung), er sei als junger Mensch Mitglied der Volksmudschahedin gewesen, heute denke er völlig anders (so seine Angaben beim Bundesamt), so dass insoweit keine Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung des Klägers zu 1) zu befürchten ist.

b) Auch im Zusammenhang mit den Überwachungsmaßnahmen seitens der iranischen Staatsorgane, denen der Kläger zu 1) nach seiner Freilassung im Februar 1989 bis zu seiner Ausreise im Juni 2015 unterworfen gewesen sein soll, kann keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG, § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festgestellt werden: Gemessen an den Angaben des Klägers zu 1) beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht musste sich der Kläger zu 1) nach seiner Freilassung 1989 die ersten fünf Jahre regelmäßig melden und unterlag für zehn Jahre einem Ausreiseverbot. Auch insoweit handelt es sich um zum Zeitpunkt der Ausreise im Juni 2015 seit vielen Jahren abgeschlossene Sachverhalte. Soweit der Kläger zu 1) darüber hinaus beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht vorgebracht hat, in der nachfolgenden Zeit bis zu seiner Ausreise 2015 habe er sich immer wieder bei den Sicherheitsorganen melden müssen – er sei angerufen worden, habe sich dann vorstellen müssen und sei befragt worden, etwa wenn etwas im Land passiert sei, bzw. er habe bei einer Vorsprache einen Termin für die nächste Vorsprache erhalten –, liegt hinsichtlich Art und Intensität dieser staatlichen Maßnahmen keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vor: Derartige bloße Meldeverpflichtungen stellen insbesondere weder eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte im Sinne des § 3 a Abs. 1 AsylG, insbesondere keine diskriminierenden Maßnahmen im Sinne des § 3 a Abs. 2 Nr. 2 AsylG, noch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK, noch eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar.

c) Der Kläger zu 1) hat hinsichtlich einer Vorverfolgung im Iran sowohl beim Bundesamt als auch gegenüber dem Gericht vorgebracht, er sei letztlich ausgereist, weil er wegen des Kontakts mit der Mutter und deren finanzieller Unterstützung eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung seitens des iranischen Staates befürchtet habe. Dieses Vorbringen ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere der Einlassung des Klägers zu 1) beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht, zur Überzeugung des Gerichts nicht glaubwürdig. Im Einzelnen:

Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen vorgebracht, er habe die Mutter regelmäßig besucht und ca. seit dem Jahr 2000 – zehn bis zwölf Jahre nach seiner Entlassung 1989 – mit etwa 250 € monatlich finanziell unterstützt. Etwa zwei Wochen vor seiner Ausreise im Juni 2015 sei die Mutter verhaftet worden. Etwa eine Woche nach der Verhaftung habe ein Sohn der Mutter ihn über die Verhaftung und den Grund hierfür – telefonischer Kontakt mit dem im Irak gelegenen Lager der Volksmudschahedin „Liberty“, von dem er zuvor nichts gewusst habe – informiert. Etwa eine Woche später habe er einen Anruf der iranischen Sicherheitsorgane erhalten, er solle sich zwei Tage später melden. Er sei aber nicht hingegangen. Die Mutter sei verhaftet worden und es sei der Name „Liberty“ gefallen. Er habe gewusst, dass sie einen Vorwand suchten, damit sie jene, die früher tätig gewesen seien, belangen könnten. Er habe befürchtet, verhaftet, gefoltert und gequält zu werden. Er habe zwei Tage Zeit gehabt um den Iran zu verlassen. In der Türkei habe er einen Anruf von einem Freund erhalten, sein Gartenhaus sei von den Sicherheitsbehörden durchsucht worden, nachdem er zu dem Termin nicht erschienen sei.

Dieses Vorbringen kann schon deshalb nicht überzeugen, weil der iranische Staat, wenn er im Zusammenhang mit der Verhaftung der Mutter wegen deren Kontakts mit den Volksmudschahedin tatsächlich auch des Klägers zu 1) hätte habhaft werden wollen, um ihn zu verhaften, zu foltern und zu quälen oder sonst asylerheblich und asylrelevant zu verfolgen, hierfür bis zur Ausreise des Klägers zu 1) hinreichend Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, dies in die Tat umzusetzen. Vor allem hätten die iranischen Sicherheitsorgane den Kläger zu 1), statt diesen telefonisch zur Vorsprache zu laden und ihn dadurch letztlich nur vorzuwarnen, sogleich festnehmen können, wenn sie dies tatsächlich gewollt hätten. Den Behörden war auch bekannt, wo der Kläger zu 1) wohnte und arbeitete, wie dieser beim Bundesamt selbst vorgebracht hatte. Versteckt hatte sich der Kläger zu 1) gemessen an seinen Angaben nicht, selbst dann nicht, als er von dem Sohn der Mutter über deren Verhaftung und den Grund hierfür informiert worden sein soll.

Nicht plausibel erklären konnte der Kläger zu 1) auch, warum er den angeblichen Anruf der iranischen Sicherheitsbehörden, mit der Aufforderung vorzusprechen, so gedeutet haben will, dass er verhaftet, gefoltert und gequält werden sollte. Wie der Kläger zu 1) sowohl beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hat, war er über viele Jahre hinweg immer wieder regelmäßig sowie anlässlich besonderer Ereignisse von den Sicherheitsbehörden vorgeladen und befragt worden und war er diesen Vorladungen auch stets gefolgt, ohne dass es zu einer asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung gekommen wäre. Nicht gefolgt werden kann dem Erklärungsversuch in der Klagebegründung, dem Kläger zu 1) sei bei jeder Vorsprache mitgeteilt worden, wann er wieder zu erscheinen habe, aus diesem Grund sei es für ihn sehr ungewöhnlich gewesen, dass ihn ein Anruf mit der Aufforderung vorzusprechen erreicht habe, ein Grund sei ihm nicht mitgeteilt worden, so dass er nur mutmaßen habe können, dass diese außertourliche Vorsprache mit der Verhaftung der Mutter zusammenhängen könne. Diese Darstellung widerspricht ganz offensichtlich der mehrfachen Einlassung des Klägers zu 1), er sei von den Sicherheitsbehörden über Jahre hinweg immer wieder angerufen worden, so etwa beim Bundesamt „früher haben die sich gemeldet, sie sagten: ‚Wir haben ein paar Fragen, kommen Sie.‘“ oder in der mündlichen Verhandlung „Immer, wenn die Sicherheitsbehörden etwas von mir wollten, haben sie angerufen und mir gesagt, ich solle zu dem und dem Zeitpunkt zu ihnen hingegen.“ Es kann also keine Rede davon sein, dass der Anruf für den Kläger zu 1) ungewöhnlich gewesen wäre und es sich um eine außertourliche Vorsprache gehandelt hätte. Dem Kläger zu 1) kann auch nicht geglaubt werden, bei diesem Anruf habe es sich deshalb um eine ganz andere Situation gehandelt, weil es einen konkreten Fall – die Mutter sei verhaftet und der Name „Liberty“ sei gefallen – gegeben habe: Denn die Vorladungen des Klägers zu 1) erfolgten auch in anderen Fällen anlässlich besonderer Ereignisse, wie sich etwa aus seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung „egal was im Land passiert ist, man hat uns immer befragt, vorgeladen, man hat uns gefragt, ob wir etwas damit zu tun haben“ ergibt. Wenn die iranischen Sicherheitsbehörden tatsächlich – wie der Kläger zu 1) vorbringt – einen Vorwand gesucht hätten, um ihn belangen zu können, dann hätten sie nicht bis zu der angeblichen Verhaftung der von ihm finanziell unterstützten Mutter warten müssen. Vielmehr hätten sie den Kläger zu 1) vielfach schon früher belangen können, entweder anlässlich anderer konkreter Ereignisse oder allein wegen seines Kontakts zu einer Mutter zweier hingerichteter Söhne, die er regelmäßig besucht und ca. seit dem Jahr 2000 mit etwa 250 € monatlich finanziell unterstützt haben will. Letzteres wäre den iranischen Sicherheitsbehörden über die Jahre hinweg sicherlich nicht verborgen geblieben, wenn sie tatsächlich nach einer Möglichkeit gesucht hätten, den Kläger zu 1) zu belangen.

Nicht plausibel ist auch, dass es dem Kläger zu 1) gelungen sein könnte, den Iran nur zwei Tage nach dem angeblichen Anruf zu verlassen. Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung selbst vorgebracht, er habe schon länger den Wunsch gehabt, den Iran zu verlassen, zuvor habe es aber nicht funktioniert. Warum es nach dem angeblichen Anruf noch dazu in so kurzer Zeit dann plötzlich doch funktioniert haben sollte, konnte der Kläger zu 1) trotz Vorhalts nicht plausibel erklären. Allein die Notwendigkeit und der Wille zur Ausreise reichen nicht aus, es muss auch die tatsächliche Möglichkeit zur Ausreise bestehen.

Unglaubwürdig ist auch das klägerische Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Durchsuchung durch die Sicherheitsbehörden, das der Kläger zu 1) zum Beleg dafür anführt, dass sein Furcht vor einer Verfolgung durch den iranischen Staat berechtigt gewesen sei. Das im Zusammenhang mit der angeblichen Durchsuchung stehende Vorbringen ist höchst widersprüchlich: Beim Bundesamt hatte der Kläger zu 1) zunächst angegeben, nach seiner Ausreise habe er von einem Freund erfahren, die Sicherheitsbehörden seien eines Tages „zu uns“ gekommen und hätten alle seine persönlichen Sachen mitgenommen. Im Bescheid vom 22. November 2016 hält das Bundesamt dem Kläger zu 1) diesbezüglich dann vor, seine Ehefrau habe bei ihrer Anhörung nichts von einem Besuch der Sicherheitsbehörden erwähnt, obwohl diese den Iran deutlich später verlassen habe. In der Klagebegründung vom 6. Dezember 2016 lässt der Kläger zu 1) dies dann damit erklären, seine Ehefrau habe von der Durchsuchung nichts gewusst, da die Sicherheitsbehörden das Gartenhäuschen durchsucht hätten, in dem er die letzten vier Jahre gelebt habe, und nicht das gemeinsame Wohnhaus. Dem steht allerdings schon die Einlassung der Ehefrau in der mündlichen Verhandlung entgegen, ihr Ehemann habe ihr von dem Bericht des Freundes und der Durchsuchung während des Aufenthalts in der Türkei erzählt (SP S. 21 f.), wo sich der Kläger zu 1) und seine Ehefrau etwa 45 Tage nach der Ausreise des Klägers im Juni 2015 getroffen hatten. Danach wusste die Ehefrau bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 18. Oktober 2016, dass die Durchsuchung (des Gartenhauses) stattfand, und hätte hierüber berichten können, was angesichts der Bedeutung dieses Ereignisses auch zu erwarten gewesen wäre. Hinzu kommt, dass der Kläger zu 1) bei seiner Anhörung durch das Bundesamt als letzten Aufenthalt bis zu seiner Ausreise ausdrücklich das gemeinsame Wohnhaus genannt hatte (Bl. 41 BA, SP S. 3). Hingegen hatte er von einem Gartenhaus, in dem er angeblich die letzten vier Jahre vor seine Ausreise gelebt haben will, nicht gesprochen. Erst recht war keine Rede davon gewesen, dass die Durchsuchung in dem Gartenhaus stattgefunden haben soll. Vielmehr hatte der Kläger zu 1) davon gesprochen, die Sicherheitsbehörden seien „zu uns“ gekommen, was eher auf das gemeinsame Wohnhaus hindeutet. Soweit der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt behauptet, er habe in der Anhörung von dem Gartenhaus und der dortigen Durchsuchung gesprochen (SP S. 3 und S. 14), lässt sich dies der Niederschrift nicht entnehmen. Der Kläger zu 1) konnte auch keinen plausiblen Grund dafür nennen, warum er in dem Gartenhaus (nicht nur gearbeitet), sondern auch gewohnt haben will: In der mündlichen Verhandlung meinte er hierzu, er habe aus Sicherheitsgründen seltener zuhause sein wollen, weil er dort ständig vom Geheimdienst aufgesucht worden sei, er habe so tun wollen, als ob sie getrennt lebten. Diese Einlassung überzeugt schon deshalb nicht, weil der Kläger zu 1) bei seiner Beschreibung der staatlichen Überwachungsmaßnahmen beim Bundesamt (Bl. 43 BA) und in der mündlichen Verhandlung (SP S. 5 ff.) nicht erwähnt hatte, dass er zuhause ständig vom Geheimdienst aufgesucht worden sei. Im Widerspruch zu dem angegeben Zweck steht zudem die andere Einlassung des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung, wenn das Gartenhaus größer gewesen wäre, dann hätte er sich gewünscht, dass seine Kinder und seine Frau auch dort gewohnt hätten (SP S. 8). Überdies ist es auch wenig plausibel, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden von einem solchen Vorgehen täuschen hätten lassen. Dies gilt zumal der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung (in Abweichung von der Klagebegründung) auch angegeben hatte, er sei zwei- bis dreimal die Woche nach Hause gekommen und die Ehefrau des Klägers zu 1) in der mündlichen Verhandlung erklärte, sie hätten sich gegenseitig besucht. In jedem Fall wäre bei lebensnaher Betrachtungsweise zu erwarten gewesen, dass die iranischen Sicherheitsbehörden nicht nur das Gartenhaus, sondern auch das gemeinsame Wohnhaus durchsucht hätten, weil sich die angeblich gesuchten persönlichen Sachen des Klägers zu 1) genauso gut auch in dem Wohnhaus hätten befinden können. Letzteres wäre der Klägerin zu 1) sicherlich nicht entgangen und von ihr wegen der Bedeutung des Ereignisses bei ihrer Anhörung erwähnt worden.

2. Auch die behauptete Hinwendung der Kläger zum Christentum kann der Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Erfolg verhelfen:

a) Zwar können im Iran gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. etwa die Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015, S. 15 f., sowie vom 8. Dezember 2016, S. 10) zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 ff. AsylG) oder zumindest des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder zumindest die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) in Betracht kommen kann (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.).

Die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht. Das Gericht ist auch nicht an die Beurteilung des Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des Betroffenen liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Eine beachtliche Verfolgungsgefährdung lässt sich ferner auch nicht allein daraus ableiten, dass sich der Asylsuchende in Deutschland religiös betätigt hat, selbst wenn dies öffentlich (z.B. im Internet) bekannt geworden ist. Das Gericht muss vielmehr die volle Überzeugung gewinnen, dass der Asylsuchende die religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet. Es muss davon ausgehen können, dass der Asylsuchende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion aktiv lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; BayVGH, B. v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7 ff., 12, B. v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.2.2017 – 13 A 2648/16.A – juris Rn. 11 f., B. v. 27.4.2015 – 13 A 440/15.A – juris Rn. 10 ff. m.w.N., B. v. 24.5.2013 – 5 A 1062/12.A – juris Rn. 8 ff. m.w.N.; U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 37 ff. m.w.N; OVG Lüneburg, B. v. 16.9.2014 – 13 LA 93/14 – juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VGH BW, B. v. 23.4.2014 – A 3 S 269/14 – juris Rn. 6 m.w.N.).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Fall des Klägers zu 1) bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere seiner Einlassung beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche die religiöse Identität des Klägers zu 1) prägte, vielmehr dass dieser Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen. Im Einzelnen:

Der Kläger zu 1) konnte trotz zahlreicher Anstoßfragen schon nicht überzeugend darlegen, dass und aufgrund welcher Erlebnisse oder sonstigen Umstände er sich dem Christentum im Sinne eines religiösen Bekenntnisses zugewandt hatte: Zwar hat er beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht vorgebracht, ungefähr fünf Jahre vor dem Verlassen des Irans – also seit ca. 2010 – das Interesse am Islam verloren zu haben und sich von diesem entfernt zu haben, ab diesem Zeitpunkt will er angeblich in der Bibel gelesen haben, auch im Koran gebe es Geschichten von Jesus, Jesus habe ihn fasziniert (Bl. 43 BA, SP S. 14 f.). Ferner will er – so sein neues Vorbringen gegenüber dem Gericht – in der Türkei mit Freunden und Zimmergenossen über das Thema Christentum gesprochen haben (Klagebegründung, SP S. 15)* Dieses oberflächliche und substanzlose Vorbringen kann indes schon im Ansatz nicht plausibel erklären, warum sich der Kläger zu 1) aufgrund einer inneren Überzeugung dem Christentum zugewandt haben will. Der Umstand, dass der Kläger zu 1) sich (negativ) vom Islam abgewandt haben will, erklärt noch nicht, warum er sich (positiv) dem Christentum zugewandt haben will. Allein der nicht näher spezifizierte Hinweis auf das angebliche Lesen in der Bibel und die angeblichen Gespräche über das Christentum macht nicht deutlich, dass und warum die Klägerin zu 1) das Christentum im Sinne eines tief empfundenen religiösen Bekenntnisses angenommen hätte. Vor allem auch hat sich der Kläger zu 1) sowohl bei der Asylantragstellung am 7. Januar 2016 als auch noch bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 18. Oktober 2016 ausdrücklich als „konfessionslos“ bezeichnet, was er in der mündlichen Verhandlung auf Frage ausdrücklich bestätigte.

Der Kläger zu 1) hat auch nicht deutlich machen können, dass seine Taufe am 17. Dezember 2016 (siehe die Bescheinigung der Jesus-Christus-Kirche … vom 20. Dezember 2016) Ausdruck einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung war: Gefragt nach seinen Gründen und Motiven für die Taufe brachte der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung nur die angeblichen Gespräche in der Türkei mit Freunden und Zimmergenossen über das Thema Christentum vor, ferner habe er „viel gelesen“, sein Motiv sei, dass er aus „tiefster Überzeugung Christ“ sei. Dieses oberflächliche und substanzlose Vorbringen kann schon im Ansatz nicht deutlich machen, dass der Taufe des Klägers zu 1) eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung zu Grunde lag. Auch kannte der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung seinen persönlichen Taufspruch nicht, offenbar wusste er gar nicht, dass es einen solchen gibt. Auch dies spricht dagegen, dass der Kläger zu 1) seine Taufe als wichtiges, seine religiöse Identität prägendes Ereignis empfunden hat. Vor allem auch der frühe Zeitpunkt der Taufe bereits am 17. Dezember 2016 spricht für ein asyltaktisches Vorgehen des Klägers zu 1): Noch in der Anhörung am 18. Oktober 2016 hatte sich der Kläger zu 1) als „konfessionslos“ bezeichnet und angegeben, er sei noch nicht getauft, weil er sich zuerst darüber informieren und Unterrichtsstunden nehmen müsse. Gerade einmal zwei Monate später lässt sich der Kläger zu 1) taufen. Zudem lag dieser Taufe offenbar keine substantielle Taufvorbereitung zugrunde: Auf die entsprechende Frage antwortete der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung ausweichend, er sei ja ein Jahr in die Kirche gegangen, gefragt nach Kursen antwortete er wiederum ausweichend, er sei ja vorbereitet gewesen, er habe viel über das Christentum gewusst, nachdem die mit ihm gesprochen hätten, sei er einen Monat später getauft worden. Im weiteren Verlauf der Anhörung meinte er dann auf Frage der Bevollmächtigten nach Bibelunterricht, dass ihm die Bibel keiner erklärt habe. Dass sich der Kläger zu 1) als erwachsener Konvertit offenbar ohne die von ihm noch in der Anhörung am 18. Oktober 2016 selbst für notwendig gehaltenen „Unterrichtsstunden“ taufen ließ, streitet zusätzlich gegen die Annahme, die Taufe des Klägers zu 1) sei Ausdruck seiner inneren Glaubensüberzeugung.

Auch aus den Angaben des Klägers zu 1) zu seiner Glaubensbetätigung lassen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung ableiten. Zwar hat der Kläger zu 1) eine Bestätigung der Pfarrerin der Jesus-Christus-Kirche … vom 7. April 2017 vorlegen lassen, wonach er regelmäßig an Gottesdiensten und Veranstaltung der Kirchengemeinde teilnehme. Dies allein reicht aber nicht aus, weil derartige Verhaltensweisen auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. Gegen eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung spricht, dass der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung die Fragen nach der Betätigung seines christlichen Glaubens im Alltag trotz zahlreicher Anstoßfragen nicht beantworten konnte. Selbst als ihn die Bevollmächtigte konkret fragte, ob er bete, ob er missioniere, ob er beichte, machte der Kläger zu 1) keinerlei Angaben zu seiner Glaubensbetätigung, vielmehr antwortete er nur, nein, er habe den Glauben neu bekommen, wie solle er da missionieren.

Massiv gegen eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung streitet das fehlende Wissen des Klägers zu 1) über den christlichen Glauben. Auf die Frage nach christlichen Glaubensinhalten und zentralen Aussagen des Christentums konnte der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung allein den Begriff „Liebe“ nennen. Dass dieser Begriff im Christentum eine Rolle spielt, dürfte indes selbst in der muslimischen Welt zum Allgemeinwissen zu zählen sein. Jedenfalls zeugt es nicht von substantiellem Wissen des Klägers zu 1) über das Christentum, dass er selbst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung allein diesen Begriff vorbringen konnte. Zu Unrecht meint der Kläger zu 1), es komme nicht darauf an, was er über den christlichen Glauben wisse. Wem – wie dem Kläger zu 1) – nicht einmal die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, bei dem kann nicht von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung ausgegangen werden. Dieses Wissen kann, anders als der Kläger zu 1) zu meinen scheint, nicht durch das Vorbringen substanzloser Phrasen wie z.B. der Glaube komme vom „tiefsten Herzen“ oder es komme „auf die Liebe an“ ersetzt werden.

Auch sonst ist die Einlassung des Klägers zu 1) zu seinen inneren Beweggründen für die Hinwendung zum Christentum sowohl beim Bundesamt als auch gegenüber dem Gericht oberflächlich, substanzlos und phrasenhaft geblieben. Der Kläger zu 1) hat insoweit nur allgemein gehaltene Wendungen bemüht, wie z.B.: das Lesen der Bibel habe ihn „beruhigt“, in der Kirche habe man ihm „sehr viel geholfen“, er habe nach der Taufe seinen „inneren Frieden“ gefunden, es sei wie eine „Wiedergeburt“, seine Sicht habe sich „geändert“, ein Christ sei wie eine „leuchtende Kerze“, es sei eine „Herzensgeschichte“, etc.. Derart unspezifische, substanzlose und phrasenhafte Wendungen können es nicht rechtfertigen, von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung des Klägers zu 1) im Sinne eines religiösen Bekenntnisses auszugehen.

Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum im Fall des Klägers zu 1) nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche dessen religiöse Identität prägte, vielmehr dass dieser Behauptung Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen.

c) Kann mithin schon bezüglich des Klägers zu 1) keine Verfolgungsgefährdung wegen der behaupteten Hinwendung zum Christentum festgestellt werden, so ist dies erst Recht hinsichtlich der minderjährigen Klägerin zu 2) ausgeschlossen. Zwar wurde auch die Klägerin zu 2) getauft. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe führt indes – wie eingangs bereits ausgeführt – nicht zu einer beachtlichen Verfolgungsgefährdung. Eine vom Kläger zu 1) auf die Klägerin zu 2) als dessen minderjährige Tochter abgeleitete Verfolgungsgefährdung scheidet schon deshalb aus, weil beim Kläger zu 1) selbst mangels identitätsprägender innerer Glaubensüberzeugung keine Verfolgungsgefährdung besteht. Auf eine eigenständige Verfolgungsgefährdung der Klägerin zu 2) hindeutende Umstände wurden nicht vorgetragen – weder beim Bundesamt, noch in der Klagebegründung, noch in der mündlichen Verhandlung, zu der die Klägerin zu 2) nicht erschien –, auch sonst sind solche Umstände nicht ersichtlich geworden.

Die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage war nach alldem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

1. Eine grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, B. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris Rn. 2 m. w. N.; vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36 ff. m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Die vom Kläger gestellte (Tatsachen)Frage,

„ob einem vom Islam zum Christentum konvertierten iranischen Staatsbürger, der sich öffentlich auch in den sozialen Medien (Facebook) zu seinem christlichen Glauben bekennt, im Falle einer Rückkehr in den Iran dort eine asylrechtlich relevante Verfolgung droht, und zwar auch in dem Fall, in dem - wie vorliegend - das erkennende Gericht nicht die notwendige Überzeugungsgewissheit gewinnen konnte, dass die Hinwendung zum christlichen Glauben auf einer ernsthaften Gewissensentscheidung, also auf einem ernstgemeinten religiösen Einstellungswandel in einer identitätsprägenden festen Überzeugung beruht“,

hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hinreichend geklärt. Danach gibt es keine Erkenntnisse dahingehend, dass einem allein aus formalen bzw. asyltaktischen Gründen zum christlichen Glauben Übergetretenen wie dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran allein wegen des formalen Glaubenswechsels oder wegen seiner bisherigen religiösen Betätigung in Deutschland eine asylrechtlich relevante und/oder abschiebungsrelevante Verfolgung drohen könnte (vgl. BayVGH, B. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris Rn. 5 f. m. w. N.). Diese Einschätzung wird durch den aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 9. Dezember 2015 bestätigt (S. 14 ff., 26). Erkennbar beziehen sich die dortigen Aussagen auf solche Konvertiten, die ihren neu aufgenommenen Glauben - und die damit verbundene Abkehr vom Islam - aktiv im Iran ausüben (vgl. BayVGH, B. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris Rn. 6 zum Lagebericht vom 24.2.2015). Der Kläger hat auch keine aktuellen Erkenntnisquellen benannt, die in Abweichung von dieser Rechtsprechung eine verfolgungsrelevante Gefährdung schon bei einem rein formal durch Taufe erfolgten Übertritt zum Christentum als annähernd wahrscheinlich erscheinen lassen. Der von ihm im Zulassungsverfahren vorgelegte Bericht aus der Frankfurter Rundschau vom 25. August 2016 mit dem Titel bzw. Untertitel „Erbitterter Kulturkampf. Konservative Iraner wollen mit harschen Aktionen die Öffnung des Landes verhindern“ verhält sich zu diesem Thema nicht. Die Frage asylrelevanter Verfolgung eines lediglich formal Getauften stellt sich nach alledem auch dann nicht, wenn er sich öffentlich in sozialen Medien (Facebook) zu seinem - angeblichen - christlichen Glauben bekennt.

2. Auch der Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das Verwaltungsgericht habe im Urteil ausgeführt, es sei auch den iranischen Behörden bekannt, dass iranische Staatsangehörige in Asylverfahren häufig zum christlichen Glauben konvertierten, um so bessere Chancen im Asylverfahren zu erhalten. Hinzu komme, dass sich iranische Staatsangehörige in der Bundesrepublik Deutschland „im Feindesland“ befänden, und dort sei es durchaus erlaubt, durch Täuschungshandlungen den Feind zu überlisten. Der rein formale Glaubensübertritt und eventuelle Facebook-Einträge würden bei einer Rückkehr in den Iran damit keine nachteiligen Folgen für den Kläger haben. Diese Bewertung des Verwaltungsgerichts finde keine Grundlage in den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen, so dass das Verwaltungsgericht Tatsachen bzw. Beweisergebnisse verwertet habe, die nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden seien und zu denen sich die Beteiligten nicht hätten äußern können.

Aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Soweit ein Gericht einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten, und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten, liegt eine unzulässige Überraschungsentscheidung vor (BVerwG, B. v. 27.7.2015 - 9 B 33.15 - DVBl 2015, 1381 Rn. 8 m. w. N.). Im Asylverfahren dürfen bei Wahrung des rechtlichen Gehörs nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse - einschließlich Presseberichten und Behördenauskünften - verwertet werden, die von einem Verfahrensbeteiligten oder dem Gericht im Einzelnen bezeichnet zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden (BVerfG, B. v. 18.6.1985 - 2 BvR 414/84 - BVerfGE 70, 180 m. w. N.). Diese Erkenntnismittel müssen ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt sein (BVerwG, U. v. 29.12.1983 - 9 C 68.83 - InfAuslR 1984, 89).

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts weisen nicht darauf hin, dass es Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. Jedenfalls benennt das Verwaltungsgericht keine derartigen, nicht in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse für seine nach § 108 Abs. 1 VwGO getroffene Einschätzung. Soweit das Verwaltungsgericht auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. März 2016 - AN 1 K 16.30035 - (juris) hinweist, zieht es dieses ersichtlich nur als bestätigenden Beleg für seine eigene Würdigung heran; solche Bezugnahmen unterliegen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 Rn. 11 m. w. N.; BayVGH, B. v. 25.8.2016 - 14 ZB 16.30133 - juris Rn. 9 m. w. N.).

Soweit der Kläger meint, die Bewertung des Verwaltungsgerichts finde keine Grundlage in den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen, macht er im Ergebnis ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend, die jedoch im Asylverfahren eine Zulassung der Berufung mangels eines entsprechenden Zulassungsgrunds nicht rechtfertigen können. Er verweist in diesem Zusammenhang auf den o.g. Bericht aus der Frankfurter Rundschau vom 25. August 2016, der sich zu Konvertiten nicht verhält, und darauf, dass die Vorstellung, iranische Institutionen würden bei der Ahndung von Facebook-Einträgen unterscheiden, ob diesen eine ernsthafte Überzeugung des Nutzers oder andere Motive zugrunde lägen, nicht den im Iran herrschenden realen Verhältnissen entspreche und nicht vorstellbar sei; damit setzt er nur seine eigene Wertung an die Stelle der Wertung des Verwaltungsgerichts. Im Übrigen finden sich, etwa im Lagebericht vom 9. Dezember 2015 (S. 14 ff., 26), sehr wohl Anhaltspunkte darauf, dass der iranische Staat unterscheidet, da Repressionen - wie oben ausgeführt - nur Konvertiten treffen, die die neue Religion aktiv im Iran ausüben, und nicht formal im Ausland Übergetretene, obwohl der Kläger selbst davon ausgeht, dass im Exil lebende Iraner durch den iranischen Geheimdienst überwacht werden und diesem ein Glaubensübertritt bekannt wird. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die iranischen Behörden könnten unterscheiden, ob ein ernsthafter Abfall vom Islam vorliege oder nicht, entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, dass den iranischen Stellen bekannt ist, dass eine große Zahl iranischer Asylbewerber aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, im westlichen Ausland und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland dauernden Aufenthalt zu finden, und hierzu Asylverfahren betreibt, in deren Verlauf bestimmte Asylgründe geltend gemacht werden und deshalb auch entsprechende Betätigungen stattfinden, etwa eine oppositionelle Betätigung in Exilgruppen (vgl. BayVGH, B. v. 9.8.2012 - 14 ZB 12.30263 - juris Rn. 5 m. w. N.) oder der Beitritt zu religiösen Exilorganisationen, die häufig, wenn nicht vorwiegend dazu dienen, Nachfluchtgründe zu belegen (BayVGH, B. v. 2.3.2010 - 14 ZB 10.30050 - juris Rn. 5). Auch insoweit geht die ständige Rechtsprechung davon aus, dass die iranischen Behörden diese Nachfluchtaktivitäten realistisch einschätzen (BayVGH, B. v. 2.3.2010 a. a. O.; vgl. auch Lagebericht vom 9.12.2015 S. 24, 30). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf sein Recht auf Religionsfreiheit gemäß Art. 9 EMRK hinweist, ist anzumerken, dass ein formaler Übertritt nicht durch das Recht auf Religionsfreiheit geschützt ist.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

II. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil sein Antrag auf Zulassung der Berufung aus den unter Nr. I genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1, § 115 ZPO).

Einer Entscheidung über die Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens bedarf es nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden und eine Kostenerstattung nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO ausgeschlossen ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die ausdrücklich bzw. sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor.

I. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (st. Rspr., z. B. BayVGH, B. v. 25.2.2013 - 14 ZB 13.30023 - juris Rn. 2 m. w. N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36 ff. m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

1. Die vom Kläger gestellte (Tatsachen)Frage,

„ob ein iranischer Staatsangehöriger, der in Deutschland um Asyl ersucht hat und gegen seinen Willen in den Iran zurückgeführt wird, bei Bekanntwerden des Glaubensübertritts während seines Aufenthalts in Deutschland im Iran keinerlei relevanten Verfolgungsmaßnahmen unterliegt“,

hat keine grundsätzliche Bedeutung. Der Kläger hat bereits nicht dargelegt, dass es eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass sein formaler Glaubenswechsel durch seine in Deutschland lebenden Verwandten im Iran bekannt werden könnte. Zudem fehlt es dieser Frage an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Bekenntnis des Klägers zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruhe; es sei der Eindruck entstanden, der Kläger sei nur formal und aus asyltaktischen Gründen zum christlichen Glauben übergetreten. Die aufgeworfene Frage könnte in einem Berufungsverfahren daher nur dann entscheidungserheblich sein, wenn allein der formale Akt des Übertritts zum christlichen Glauben - vorliegend also die durch die Taufe des Klägers bewirkte Mitgliedschaft in der evangelischen Landeskirche Bayern - zu Repressionen seitens des iranischen Staates führen könnte, ohne dass der christliche Glaube nach einer Rückkehr in den Iran gelebt würde. Der Kläger nennt zwar mögliche Lebensbereiche, in denen es nach seiner Ansicht für ihn zu Repressionen kommen könnte, die - aufgrund der Kumulation - als Verfolgungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL 2011/95/EU - Qualifikationsrichtlinie - anzusehen seien. Nachvollziehbare Belege, die die Möglichkeit derartiger Repressionen bestätigen, benennt er jedoch nicht.

Es gibt auch keine entsprechenden Erkenntnisse, dass dem Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran allein wegen des formalen Glaubenswechsels oder wegen seiner bisherigen religiösen Betätigung in Deutschland eine asylrechtlich relevante und/oder abschiebungsrelevante Verfolgung drohen könnte. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat unter Auswertung zahlreicher Erkenntnisquellen zur Frage einer Verfolgungsgefahr wegen Apostasie in seinem Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A - (juris Rn. 49 ff.) festgestellt, dass der Abfall vom Islam im Iran nach wie vor nach weltlichem Recht nicht mit Strafe bedroht ist und dass trotz des im September 2008 in erster Lesung beschlossenen Apostasiestrafgesetzes jedenfalls bei Apostaten, die nicht exponiert tätig sind, Verurteilungen zu Todesstrafen nicht erfolgen. Andere staatliche oder nichtstaatliche Repressionen sind demnach auch nur für solche konvertierten Christen festzustellen, die in Ausübung ihres Glaubens an öffentlichen Riten wie etwa Gottesdiensten teilnehmen, oder zumindest ihren neu angenommenen Glauben - und die damit verbundene Abkehr vom Islam - nach außen zeigen wollen. Diese Situation wird durch den aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrechtliche Lage in der Islamischen Republik Iran vom 24. Februar 2015 bestätigt (vgl. S. 16 ff.). Erkennbar beziehen sich die dortigen Aussagen auf solche Konvertiten, die die neue Religion aktiv im Iran ausüben (so im Ergebnis auch: BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 13.30120 - juris Rn. 6; VGH BW, B. v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 - juris Rn. 14; U. v. 15.4.2015 - A 3 S 1923/14 - n. v. UA S. 21; OVG NW, B. v. 27.8.2012 - 13 A 1703/12.A - juris Rn. 8; B. v. 27.4.2015 - 13 A 440/15.A - juris Rn. 10 f.).

2. Aus den gleichen Gründen sind auch die zweite (Tatsachen)Frage,

„ob ein zum Christentum konvertierter iranischer Staatsangehöriger, der im Falle einer Rückkehr sich weigert, den (nicht gelebten) christlichen Glauben formal abzulegen und sich wieder zum Islam zu bekennen, verfolgungsrelevante Maßnahmen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Qualifikationsrichtlinie zu befürchten hat, wenn der Glaubensübertritt bekannt wird“,

sowie die vierte (Tatsachen)Frage,

‚ob ein „Taufscheinchrist“, wie vorher beschrieben, der also keine innere tiefe Glaubensüberzeugung besitzt, gleichwohl aber Mitglied der Glaubensgemeinschaft sein will und im Falle der Rückkehr auch sein wird, bei einem Bekenntnis zu dieser Art von Mitgliedschaft im Iran eine Verfolgung zu befürchten hat, wenn er sich weigert, wieder Moslem zu werden‘,

nicht klärungsbedürftig.

Bei einem, ohne innere Glaubensüberzeugung lediglich formal konvertierten Christen, steht weder im Raum, dass er seine religiöse Identität nach Rückkehr in sein Heimatland unterdrücken müsste, noch dass er sich im Heimatland religiös betätigen wird. Wie zuvor ausgeführt, stellt sich somit die Frage asylrelevanter Verfolgung des lediglich formal Getauften nicht. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob es einem, ohne innere Glaubensüberzeugung lediglich formal konvertierten Christen zumutbar ist, seine (formale) Mitgliedschaft in einer christlichen Religionsgemeinschaft aufzugeben, ohne in sein durch Art. 10 Abs. 1 GR-Charta garantiertes Recht auf Religionsfreiheit einzugreifen. Ungeachtet dessen ist zweifelhaft, warum sich der Kläger als lediglich formaler Christ weigern könnte, dem Christentum abzuschwören bzw. wieder Moslem zu werden, zumal er nur vorträgt, nach „seiner inneren Überzeugung (wie sei das Gericht versteht)“ lediglich „möglicherweise“ Atheist zu sein.

3. Auch die vom Kläger gestellte Rechtsfrage,

„ob die ‚innere identitätsprägende Überzeugung‘ eines Glaubens, wie vom VG verlangt, ein ‚Verständnis der Glaubensinhalte‘ erfordert oder ob die identitätsprägende Überzeugung allein in dem Willen der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft, getragen von sonstigen Motiven z. B. einer Emotionalität, dem Wunsch der kulturellen Zugehörigkeit ect. bestehen kann“

bedarf keiner grundsätzlichen Klärung. Zum einen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt (vgl. BVerwG, U. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 30 im Anschluss an EuGH, U. v. 5.9.2012 - C-71/11 u. C-99/11 - NVwZ 2012, 1612; U. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 Rn. 19), dass der Schutzsuchende, der nicht bereits wegen seiner Religion verfolgt oder unmittelbar mit Verfolgung bedroht war und bei dem nicht bereits die Taufe als solche zu einer Verfolgung führt, die inneren Beweggründe, die ihn zur Konversion veranlasst haben, glaubhaft machen muss, wenn er sich auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung beruft, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten. Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Zum anderen kommt der Frage regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Prüfung, ob ein (identitätsprägender) Glaubenswechsel vorliegt, kann jeweils nur anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Sachverhalts erfolgen (BVerwG, B. v. 25.8.2015 - 1 B 40.15 - Asylmagazin 2015, 345 Rn. 11; BayVGH, B. v. 9.4.2015 - 14 ZB 13.30444 - juris Rn. 5 m. w. N.). Wann eine solche Prägung anzuerkennen ist und welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich nicht allgemein beschreiben, sondern richtet sich vorwiegend nach der Persönlichkeit des Schutzsuchenden und seiner intellektuellen Disposition (OVG NW, U. v. 7.11.2012 - 13 A 1999/07.A - juris Rn. 39). Es ist ureigene Sache des Gerichts, im Rahmen der Beweiswürdigung anhand der individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu klären, ob ein Glaubenswechsel vorliegt.

II. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) geltend machen wollte mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe gegen die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze verstoßen, wonach es im Hinblick auf die Gefahrenprognose auf das persönliche Glaubensverständnis des Individuums und das Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft ankomme, ist er bereits seinen diesbezüglichen Darlegungspflichten (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) nicht nachgekommen. Mit seinem Einwand, das Verwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 20. März 2013 - 10 C 23.12 - auf das „Verständnis der Glaubensinhalte“ und auf die „innere identitätsprägende Überzeugung“ abgestellt, hat er keinen abstrakten Rechtssatz dargelegt, sondern lediglich eine - seiner Ansicht nach fehlerhafte - gerichtliche Bewertung des Einzelfalls aufgezeigt. Den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sieht § 78 Abs. 3 AsylG nicht vor.

III. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 9. November 2015 vorgetragen hat, dass er seine am 6. März 2015 geborene Tochter entsprechend seiner Glaubensüberzeugung am 25. Oktober 2015 hat taufen lassen, kann dies im Zulassungsverfahren gemäß § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG nicht mehr berücksichtigt werden.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 20. Dezember 2013 - A 5 K 122/13 - zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungszulassungsverfahrens.

Gründe

Der auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg hat keinen Erfolg.
Die aufgeworfene Frage,
ob eine Grundsatzentscheidung des zuständigen kirchlichen Würdenträgers, des Pfarrers, der einen ernsthaften Glaubensübertritt (eines Asylbewerbers) bejaht hat, das staatliche Gericht staatskirchenrechtlich bindet,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67; Beschl. v. 9.12.2010 - 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289) bereits ausreichend geklärt.
Ein hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben nach Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich in einer Weise ausübt, die ihn der Gefahr der Verfolgung aussetzt. Vielmehr kann bereits der unter dem Druck der Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht auf die Glaubensbetätigung die Qualität einer Verfolgung erreichen. Die Beurteilung, ob eine Verletzung der Religionsfreiheit die erforderliche Schwere aufweist, um die Voraussetzungen einer Verfolgungshandlung im Sinne der genannten Vorschrift zu erfüllen, hängt aber außer von objektiven auch von subjektiven Gesichtspunkten ab. Objektive Gesichtspunkte sind insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Verletzung anderer Rechtsgüter wie z.B. Leib und Leben. Als relevanten subjektiven Gesichtspunkt für die Schwere der drohenden Verletzung der Religionsfreiheit ist der Umstand anzusehen, ob für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Es reicht dafür nicht aus, dass der Asylbewerber eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen - jedenfalls im Aufnahmemitgliedstaat - nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten.
Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, Urt. v. 20.2.2013, a.a.O., Rn. 30; Beschl. v. 9.12.2010, a.a.O.). Der formale, kirchenrechtlich wirksam vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe reicht für die Gewinnung dieser Überzeugung jedenfalls im Regelfall nicht aus (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.2.2014 - A 3 S 2023/12 -; Beschl. v. 9.1.2014 - A 2 S 1812/13 -; OVG Niedersachsen, 7.3.2014 - 13 LA 118/13 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.5.2013 - 5 A 1062/12.A - juris; BayVGH, Beschl. v. 12.1.2012 - 14 ZB 11.30346 - juris). Ob ein von diesem Regelfall abweichender Sonderfall vorliegt, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und ist deshalb einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylVfG.
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.