Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, es zu dulden, dass er den Teil des …wegs sperrt, der über sein Grundstück Fl.Nr. … Gemarkung … verläuft, hilfsweise die Feststellung, dass er hierzu berechtigt ist.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Gebäude bebauten Grundstücks Fl.Nr. …, das an seiner Ostseite an das zum …weg gehörende Straßengrundstück Fl.Nr. … Gemarkung … angrenzt. Der …weg wurde nach Aktenlage anlässlich der erstmaligen Anlegung der Bestandsverzeichnisse nach Art. 67 BayStrWG ins Bestandsverzeichnis für Gemeindestraßen, Blatt Nr. …, als Orts Straße eingetragen. Als Straßengrundstücke sind im Bestandsverzeichnis die Grundstücke Fl.Nrn. …, …, … und … Gemarkung … aufgeführt, nicht hingegen das klägerische Grundstück Fl.Nr. … Dennoch verläuft in der Natur ein Teil des …wegs auf diesem klägerischen Grundstück. Hierbei handelt es sich um einen teilweise gepflasterten, teilweise asphaltierten Straßenstreifen, der sich unmittelbar an der östlichen Grenze des klägerischen Grundstücks befindet.
Nachdem der Kläger diesen Straßenstreifen mittels Pfosten und eines Absperrbandes abgesperrt hatte, hörte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 18. August 2016 zum Erlass einer Beseitigungsanordnung an. Bei diesem Straßenstreifen handele es sich um eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche, die der Kläger nicht ohne weiteres sperren dürfe. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 29. August 2016 ließ der Kläger der Beklagten mitteilen, dass er die vorgenommene Sperrung bis 31. August 2016 beseitigen werde. Mit weiterem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 30. August 2016 ließ er eine etwa der Beklagten gegenüber erteilte Zustimmung zur Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. … als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche mit sofortiger Wirkung widerrufen und erbat die Bestätigung der Beklagten, dass ihm nunmehr die Befugnis zur Beseitigung oder Sperrung dieser Verkehrsfläche zustehe. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14. September 2016 ließ die Beklagte hierzu mitteilen, dass das Recht des Klägers zum Widerruf der Duldung zumindest verwirkt sei. Die Aufpflasterung der Gehbahn auf Kosten des Straßenbaulastträgers sei Ende der 1990-er Jahre im ausdrücklichen Einvernehmen erfolgt.
Am 26. Oktober 2016 ließ der Kläger durch seine Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben. Der Kläger sei im Rahmen seiner aus dem privaten Eigentumsrecht folgenden Rechtsmacht berechtigt, die Allgemeinheit von der Nutzung des …wegs, soweit dieser auf seinem Grundstück verlaufe, auszuschließen und diesen Teil des Wegs zu sperren. Die Zustimmung zur Aufpflasterung könne nicht ohne weiteres als Zustimmung zur Nutzung als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche gewertet werden. Jedenfalls sei eine etwaige Zustimmung des Klägers zur Nutzung als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche nicht unwiderruflich erteilt und zwischenzeitlich wirksam widerrufen worden. Dem klägerischen Anspruch stehe auch nicht die geltend gemachte Verwirkung entgegen. Für eine Verwirkung reiche nicht aus, dass die Allgemeinheit die Wegefläche seit längerer Zeit nutze. Gegen eine Verwirkung spreche u.a., dass sich der Berechtigte nicht darauf einrichten dürfe, dass der Eigentümer auch künftig auf die Geltendmachung seiner Eigentumsrechte verzichte. Vielmehr müsse er damit rechnen, dass eine Nutzungsbefugnis enden könne. Dies müsse gerade im vorliegenden Fall geltend, wenn sich das Verkehrsaufkommen auf Grund von Baumaßnahmen der Beklagten (Kindertagesstätte, Gemeindehaus) im Verlauf der Jahre erhöht habe.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 30. Januar 2017 ließ die Beklagte ihre Akten vorlegen und u.a. wie folgt erwidern: Der …weg sei im verfahrensgegenständlichen Bereich einer der ältesten Wege in der Ortslage. Die Wegefläche sei bereits in Flurkarten des 19. Jahrhunderts dargestellt. Erstmalig asphaltiert habe die Beklagte den …weg etwa im Jahr 1966 und zwar schon damals an ihrem westlichen Rand bis zum klägerischen Anwesen hin. Die heutige bauliche Situation habe die Beklagte im ausdrücklichen Einvernehmen zwischen den Parteien geschaffen: Ende der 1990-er Jahre sei durch die Beklagte auf der nun strittig gewordenen Teilfläche eine Aufpflasterung erfolgt. Mit dieser „Gehbahn“ sei versucht worden, die Verkehrssituation für die Schulkinder zu verbessern. Unzutreffend sei, dass es zu einer erheblichen Zunahme des Verkehrs auf dem …weg gekommen sei. Die Sperrung des …wegs, soweit dieser über das klägerische Grundstück verlaufe, verstoße gegen Treu und Glauben. Der Kläger habe das Recht, den Weg der Allgemeinheit wieder zu entziehen, verwirkt. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Eigentümer eines tatsächlich-öffentlichen Wegs seine Grundstücke dem allgemeinen Verkehr auch unter Verzicht auf das Recht des Widerrufs überlassen kann. Selbst wenn der Berechtigte seinen Willen zum Widerruf eindeutig kenntlich gemacht habe, bleibe der Charakter als öffentlicher Verkehrsraum erhalten, wenn der Widerruf wegen langjähriger Duldung und beträchtlichen Investitionsaufwandes unzulässig sei. So liege es auch hier.
In Beantwortung eines gerichtlichen Aufklärungsschreibens ließ die Beklagte mit Schreiben vom 27. Februar 2017 u.a. einen Auszug aus dem Bestandsverzeichnis sowie Eintragungsverfügungen zum …weg vorlegen. Ferner wurde mitgeteilt, der Vortrag, der …weg sei bereits im Jahr 1966 bis zum bestehenden Anwesen des Klägers hin befestigt worden, werde nach nochmaliger Durchsicht der Unterlagen nicht aufrechterhalten. Wie sich aus Unterlagen aus dem Jahr 1999 ergebe, sei die Straße bis dahin auf Höhe des klägerischen Grundstücks nur auf einer Breite von etwa 4,50 m asphaltiert gewesen. Schriftliche Zustimmungen des Klägers oder seines Rechtsvorgängers zu der Pflasterung Ende der 1990-er Jahre lägen nicht vor. Es seien nur mündliche Vereinbarungen getroffen worden.
Mit Schriftsatz vom 10. März 2017 ließ der Kläger ergänzend vorbringen, aufgrund des Vortrags der Beklagten sei deutlich geworden, dass die Nutzung des Grundstücks des Klägers keinesfalls unwiderruflich erteilt worden sei und dem Anspruch auf Widerruf keine Verwirkung entgegenstehe. Ferner ließ er das Vorbringen hinsichtlich der Verkehrszunahme vertiefen.
Mit Beschluss vom 3. März 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Am 23. Juni 2017 fand die mündliche Verhandlung statt. Die Sach- und Rechtslage wurde eingehend erörtert, insbesondere hinsichtlich der Subsidiarität einer Feststellungsklage, der Widerruflichkeit einer Zustimmung zur Nutzung als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche und der Frage der Verwirkung des Duldungsanspruchs bzw. des Widerrufsrechts. Eine gütliche Einigung kam nicht zustande. Der Kläger ließ zuletzt beantragen,
die Beklagte zu verpflichten, es zu dulden, dass der Kläger den …weg, soweit dieser über das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … verläuft, zu sperren, sowie hilfsweise festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, den …weg, soweit dieser über das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … verläuft, zu sperren.
Die Beklagte ließ beantragen,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Die als allgemeine Leistungsklage zulässige Klage hat Erfolg. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch darauf, dass diese es duldet, dass der Kläger den …weg auf eigene Kosten sperrt, soweit dieser über das klägerische Grundstück Fl.Nr. … Gemarkung … verläuft. Da mithin die Klage bereits im Hauptantrag erfolgreich ist, war über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag nicht mehr zu entscheiden.
1. Ein solcher Duldungsanspruch folgt aus dem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrecht. Dieses beinhaltet u.a. das Recht des Eigentümers, rechtswidrige Störungen seines Eigentums durch hoheitliche Maßnahmen auf eigene Kosten zu beseitigen. Umfasst ist auch der Anspruch gegenüber dem Störer, dass dieser die Maßnahmen zu dulden hat, die nötig sind, die rechtswidrige Eigentumsstörung zu beseitigen (BVerwG, B. v. 12.7.2013 – 9 B 12.13 – juris Rn. 4). Diese Befugnis zur Beseitigung der rechtswidrigen Störung auf eigene Kosten und der entsprechende Duldungsanspruch gegenüber dem Störer ist als Ausübung des Eigentumsrechts kraft der grundgesetzlichen Gewährleistung bzw. gemäß § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB unverjährbar (BVerwG, B. v. 12.7.2013 – 9 B 12.13 – juris Rn. 5; BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 33). Vor allem bestehen diese Ansprüche selbst dann noch, wenn ein Folgenbeseitigungsanspruch infolge Verjährung erloschen ist (BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 33; BayVGH, B. v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – juris Rn. 19).
Liegt eine Straßenfläche auf nicht gewidmeten Straßengrund, wird diese nicht durch Art. 6 Abs. 5 BayStrWG geschützt, wonach die öffentlich-rechtliche Widmung das private Eigentumsrecht überlagert, und liegt mithin grundsätzlich eine rechtswidrige Störung des Grundeigentums vor (BayVGH, B. v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – juris Rn. 17). Nicht rechtswidrig ist ein solcher Eingriff ins Eigentum allerdings dann, wenn der Verfügungsberechtigte der Nutzung der Straßenfläche durch die Allgemeinheit zugestimmt hat. Eine solche Zustimmung kann, wenn sie nicht unwiderruflich erteilt wurde, grundsätzlich jederzeit widerrufen werden (BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 33).
Bei einer Straßenfläche auf nicht gewidmetem Grund handelt es sich um eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche. Hat der Verfügungsberechtigte aufgrund ausdrücklicher oder stillschweigender Duldung die Benutzung durch die Allgemeinheit zugelassen oder ist zumindest aus der Sicht der Verkehrsteilnehmer nach objektiv erkennbaren äußeren Umständen von einer konkludenten Freigabe zur Verkehrsnutzung auszugehen, unterliegt die Fläche dem Straßenverkehrsrecht mit der Folge, dass der Berechtigte keine Verkehrshindernisse errichten darf. Selbst dann, wenn die Nutzung der Fläche durch die Allgemeinheit ohne Zustimmung erfolgt oder die Zustimmung nach ihrer Erteilung widerrufen wird, ist der Grundstückseigentümer nicht ohne Weiteres berechtigt, den Weg zu beseitigen oder zu sperren. Dies stellte eine unzulässige Selbsthilfe (§ 229 BGB) und verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) dar. Er kann zur Wahrnehmung seiner Rechte aber die von der Rechtsordnung vorgesehenen behördlichen und gerichtlichen Mittel ergreifen. Hierzu gehört insbesondere eine gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs gegen den Störer auf Duldung der Störungsbeseitigung auf eigene Kosten (BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 32 - 34; BayVGH, B. v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – juris Rn. 20; Schmid in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Art. 53 Rn. 35 m.w.N.). Eine solche Klage kann sowohl auf Duldung der Beseitigung der nicht gewidmeten Straßenflächen als auch – als Minus – auf Duldung der Sperrung dieser Straßenflächen gerichtet sein (BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 34). Hierbei kann nach Auffassung des Gerichts nicht nur der Anspruch auf Duldung der Beseitigung der Straßenflächen (vgl. dazu etwa BayVGH, B. v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – juris), sondern auch jener auf Duldung der Sperrung der Straßenflächen im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden. Angesichts dieser möglichen Leistungsklage wäre eine Feststellungsklage wegen der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO nicht zulässig (hierzu nimmt BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 22 nicht Stellung).
2. An diesen Grundsätzen gemessen hat vorliegend der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch darauf, dass diese es duldet, dass der Kläger den …weg, soweit dieser über sein Grundstück Fl.Nr. … verläuft, auf eigene Kosten sperrt. Diesen Anspruch macht der Kläger zulässigerweise im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend.
a) Der teilweise gepflasterte, teilweise asphaltierte Straßenstreifen des …wegs, der sich auf dem klägerischen Grundstück Fl.Nr. … befindet, ist straßenrechtlich weder nach Art. 6 BayStrWG gewidmet noch gilt er gemäß Art. 67 Abs. 4 BayStrWG als gewidmet. Dies haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich unstreitig gestellt und ergibt sich überdies auch aus dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus dem Bestandsverzeichnis und den zugehörigen Eintragungsverfügungen: Danach wurden anlässlich der erstmaligen Anlegung der Bestandsverzeichnisse nach Art. 67 BayStrWG hinsichtlich des …wegs als Straßengrundstücke nur die Grundstücke Fl.Nrn. …, …, … und … Gemarkung …, nicht hingegen das klägerische Grundstück Fl.Nr. … eingetragen. Die Anlegung eines Bestandsverzeichnisses nach Art. 67 Abs. 3 BayStrWG äußert indes regelmäßig nur für solche Grundstücke Rechtswirkungen, deren Flurnummern genannt sind (BayVGH, U. v. 15.5.1990 – 8 B 86.558 – juris Rn. 20 f.). Es liegt auch kein Ausnahmefall vor: Es gibt weder durch einen besonderen Beschrieb, noch durch bei der Eintragung enthaltene Merkmale, noch durch offenkundige zusätzliche Umstände (vgl. dazu BayVGH, U. v. 28.2.2012 – 8 B 11.2934 – juris Rn. 47 ff.; U. v. 19.3.2002 – 8 B 00.881 – juris Rn. 51 ff.; U. v. 12.12.2000 – 8 B 99.3111 – juris Rn. 53 ff.) auch nur ansatzweise irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass westlich des Straßengrundstücks Fl.Nr. … noch ein Straßenstreifen auf dem klägerischen Grundstück Fl.Nr. … als gewidmet gelten soll.
b) Die Rechtswidrigkeit der Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks durch die nicht gewidmete Straßenfläche entfällt auch nicht etwa deshalb, weil eine Zustimmung des Klägers zur Nutzung dieser Fläche durch die Allgemeinheit vorläge.
Zwar spricht bei lebensnaher Betrachtungsweise alles dafür, dass der Kläger oder dessen Rechtsvorgänger im Zuge der Baumaßnahmen Ende der 1990-er Jahre einer solchen Nutzung ursprünglich zugestimmt hatte: Im Rahmen dieser Baumaßnahmen erfolgte erstmalig die Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks für den …weg u.a. durch Pflasterung der „Gehbahn“ des östlich des klägerischen Gebäudes liegenden Streifens (ausdrücklich aufgegeben hat die Beklagte ihr anfängliches Prozessvorbringen, diese Fläche sei bereits zuvor im Jahr 1966 bis zum bestehenden Anwesen des Klägers hin befestigt worden). Auch hat die Beklagte vorgetragen, dies sei mit mündlich erklärtem Einverständnis des Klägers oder dessen Rechtsvorgängers erfolgt, was unwidersprochen geblieben ist. Es wäre auch schwerlich vorstellbar, dass eine solche Baumaßnahme ohne Einverständnis des Klägers oder seines Rechtsvorgängers erfolgt sein könnte und dies all die Jahre unbeanstandet geblieben sein könnte. Entgegen dem klägerischen Vorbringen wäre es auch lebensfremd davon auszugehen, der Kläger oder dessen Rechtsvorgänger habe zwar u.a. der Pflasterung der „Gehbahn“ durch die Beklagte zugestimmt, nicht aber der Nutzung dieser Fläche für die Allgemeinheit.
Diese ursprüngliche Zustimmung zur Nutzung einer Teilfläche des Grundstücks Fl.Nr. … als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche hat der Kläger allerdings mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 30. August 2016 mit sofortiger Wirkung ausdrücklich widerrufen lassen: Ein solcher Widerruf ist – wie oben bereits dargelegt – jederzeit möglich. Insbesondere muss auch kein besonderer Widerrufsgrund bestehen. Keine Rolle spielt deshalb etwa die Frage, ob und ggf. inwieweit sich das Verkehrsaufkommen im …weg auf Grund von Baumaßnahmen der Beklagten zuletzt verändert hat und ob dies ein rechtfertigender Anlass für den klägerischen Widerruf sein kann. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger oder sein Rechtsvorgänger die Zustimmung zur Nutzung durch die Allgemeinheit im Zuge der Baumaßnahmen Ende der 1990-er Jahre unwiderruflich erteilt hätte: Die insoweit objektiv beweisbelastete Beklagte hat hierfür keinerlei Belege beigebracht. Vielmehr gibt es laut Beklagter hinsichtlich einer Zustimmung keine schriftlichen Unterlagen, es seien nur mündliche Vereinbarungen getroffen worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, die Zustimmung zur Nutzung durch die Allgemeinheit sei unwiderruflich erfolgt.
c) Der Sperrung der verfahrensgegenständlichen Straßenfläche steht schließlich auch nicht entgegen, dass es sich nach den o.g. Grundsätzen um eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche handelt, die dem Straßenverkehrsrecht unterliegt. Durch die vorliegende allgemeine Leistungsklage auf Duldung der Störungsbeseitigung auf eigene Kosten durch Sperrung der nicht gewidmeten Straßenfläche auf dem klägerischen Grundstück hat der Kläger ein von der Rechtsordnung vorgesehenes Mittel ergriffen, um seine Rechte aus seinem Grundeigentum in zulässiger Weise wahrzunehmen.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht diesem Anspruch auch keine Verwirkung entgegen. Das Prinzip der Verwirkung hat seinen Ursprung im Rechtsprinzip von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Voraussetzung einer Verwirkung ist neben dem Verstreichen eines längeren Zeitraums – Zeitmoment – zusätzlich ein Verhalten des Berechtigten, das geeignet ist, beim anderen Teil die Vorstellung zu begründen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht werden, sowie eine Verletzung oder Gefährdung berechtigter Interessen des anderen Teils, etwa weil dieser sich auf die vom Berechtigten erweckte Erwartung der Nichtgeltendmachung des Rechts einrichten durfte und eingerichtet hat – Umstandsmoment – (BVerwG, U. v. 29.8.1996 – 2 C 23.95 – juris Rn. 24; BayVGH, U. v. 22.11.2006 – 8 BV 05.1918 – juris Rn. 76 ff.; vgl. ferner: BayVGH, U. v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – juris Rn. 29; BayVGH, U. v. 23.7.2009 – 8 B 08.1049 – juris Rn. 36; BayVGH, U. v. 17.7.2007 – 8 BV 06.1765 – juris Rn. 74 ff.).
a) Vorliegend kann der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte darauf, dass diese es duldet, dass der Kläger den …weg auf eigene Kosten sperrt, soweit dieser über sein Grundstück Fl.Nr. … verläuft, schon mit Blick auf das Zeitmoment nicht verwirkt sein: Denn dieser Duldungsanspruch ist erst im Jahr 2016 dadurch entstanden, dass der Kläger die Zustimmung zur Nutzung seines Grundstücks als tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 30. August 2016 mit sofortiger Wirkung ausdrücklich widerrufen ließ. Die Verwirkung setzt indes die Nichtausübung eines bestehenden Rechts voraus. Ein Anspruch kann nicht zu einem Zeitpunkt verwirkt werden, zu dem er noch gar nicht entstanden ist (BVerwG, B. v. 16.1.2008 – 9 B 59.07 – juris Rn. 9 m.w.N.). Mithin fehlt es für eine Verwirkung des erst durch das Schreiben vom 30. August 2016 entstandenen Duldungsanspruchs ganz offensichtlich schon am Zeitmoment. Unbeschadet dessen fehlte es auch am Umstandsmoment, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen zur Verwirkung des Rechts auf Widerruf entsprechend auch für den Duldungsanspruch selbst ergäbe.
b) Auch bezüglich des klägerischen Rechts auf Widerruf der Zustimmung zur Nutzung der Verkehrsfläche durch die Allgemeinheit ist keine Verwirkung eingetreten.
Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zeitraum von lediglich ca. 17 Jahren – von der Zustimmung im Rahmen der Baumaßnahmen Ende der 1990-er Jahre (die vorgelegte Rechnung trägt das Datum 15. September 1999) bis zum Widerruf mit Schreiben vom 30. August 2016 – einen „längeren Zeitraum“ darstellt, der das Zeitmoment erfüllt. Keinerlei Anhaltspunkte gibt es dafür, dass der Kläger oder einer seiner Rechtsvorgänger bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Zustimmung zur Nutzung der verfahrensgegenständlichen Verkehrsfläche durch die Allgemeinheit erteilt haben könnte. Insbesondere hat die Beklagte ihr anfängliches Prozessvorbringen, diese Fläche sei bereits im Jahr 1966 bis zum bestehenden Anwesen des Klägers hin befestigt worden, ausdrücklich aufgegeben.
Außerdem fehlt es jedenfalls (auch) hinsichtlich des Rechts auf Widerruf der Zustimmung am Umstandsmoment: Es ist schon weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich geworden, dass der Kläger jemals ein Verhalten gezeigt hätte, dass bei der Beklagten die berechtigte Erwartung hätte hervorrufen können, dieser werde von seinem Recht auf jederzeitigen Widerruf keinen Gebrauch mehr machen. Der vorliegend inmitten stehende Zeitraum seit der Zustimmung im Zuge der Baumaßnahmen Ende der 1990-er Jahre ist auch keineswegs lang genug, als dass man erwägen müsste, ob und ggf. inwiefern eine bloße Untätigkeit des Klägers ein in diesem Sinne hinreichendes Verhalten darstellen könnte. Für ein positives Verhalten des Klägers – etwa eine entsprechende Willensäußerung oder ein erkennbar bewusstes Absehen von der Geltendmachung des Widerrufsrechts, obwohl dies aufgrund der Umstände zu erwarten gewesen wäre –, das bei der Beklagten zu einem schutzwürdigen Vertrauen hätten führen können, der Kläger werde sein jederzeitiges Widerrufsrecht niemals mehr ausüben, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Darüber hinaus ist auch weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich geworden, dass berechtigte Interessen der Beklagten berührt wären, weil sie sich darauf eingerichtet hätte, der Kläger werde sein Widerrufsrecht nicht ausüben. Insbesondere sind auch keine konkreten finanziellen Aufwendungen oder sonstige Dispositionen der Beklagten vorgetragen oder sonst ersichtlich geworden, die diese im Vertrauen auf einen ausbleibenden Widerruf des Klägers getätigt hätte und die nunmehr infolge des Widerrufs des Klägers nutzlos geworden wären.
Nach alldem war der Klage wie tenoriert stattzugeben. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.