Verwaltungsgericht München Urteil, 07. Juli 2015 - M 2 K 14.1058, M 2 K 14.1060

bei uns veröffentlicht am07.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 2 K 14.1058

M 2 K 14.1060

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 7. Juli 2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1030

Hauptpunkte: Wasserrecht; Rücknahme einer Planfeststellung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagter -

wegen

Wasserrecht; Ausbau ...-graben in ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 2. Kammer,

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2015 am 7. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom ... Februar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom ... Juli 2008 wird in Ziffern 1, 3, 5 und 6 aufgehoben.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klage ist gegen den Bescheid des Landratsamts ... (Landratsamt) vom ... Februar 2008 in der Fassung des Änderungsbescheids vom ... Juli 2008 gerichtet, durch den im Wesentlichen die 1990 erteilte Planfeststellung für den 1994 durchgeführten Ausbau des ...-grabens zurückgenommen und der Kläger unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet wird, „zur nachträglichen Genehmigung des rechtswidrigen Ausbaus des ...-grabens … genehmigungsfähige Antragsunterlagen einzureichen.“

Der Kläger war Eigentümer des Grundstücks Fl. Nrn. ..., ... der Gemarkung ..., über das von Westen kommend in einem Betongerinne der ...-graben, ein Gewässer III. Ordnung mit Wildbachcharakter, verläuft. Südlich des Baches bestand seit Längerem ein Wohnhaus, an dessen Nordseite ein über den Graben ragendes Bürogebäude angebaut ist. Unter diesem Bürogebäude schwenkte der Bach in einer dort beginnenden Verrohrung in nordöstlicher Richtung ab, um nach ca. 14 m in einer leichten Rechtskurve weiter nach Osten zur ...-Straße und unter dieser hindurch zu fließen. Nachdem der Kläger nordöstlich des Bürogebäudes und über der Verrohrungsstrecke ein weiteres Wohngebäude mit Tiefgarage errichten wollte, und die Gemeinde ... (Gemeinde) mit einer Überbauung der Verrohrung nicht einverstanden war, beantragte der Kläger unter Vorlage von Plänen des Landschaftsarchitekten ... die Durchführung eines wasserrechtlichen Verfahrens für die Verlegung und Freilegung des ...-grabens auf Fl. Nrn. ..., ... Nach dieser Planung sollte der Bach unter dem Bürogebäude nicht mehr in nordöstlicher Richtung in die Verrohrung abschwenken, sondern diesen Anbau in gerader östlicher Richtung unterqueren und anschließend ab einem Mauerdurchbruch an der Ostseite des Bürogebäudes als offenes naturnah ausgebautes Gerinne leicht mäandrierend dem natürlichen Gefälle folgend nach Osten und nach ca. 35 m in nordöstlicher Richtung fließen, um im nordöstlichen Bereich des Baugrundstücks in das vorhandene Gerinne zu münden. Nachdem das Wasserwirtschaftsamt ... die Planung unter dem 30. Juli 1990 begutachtet hatte, stellte das Landratsamt mit Bescheid vom ... August 1990 den Plan für den Ausbau des ...-grabens fest, wobei dem Kläger die Unterhaltungslast für die Ausbaustrecke übertragen wurde. Der Bescheid wurde mit weiterem Bescheid vom ... September 1991 um eine das Durchlassbauwerk am Ende der Ausbaustrecke betreffende Nebenbestimmung ergänzt. Nachdem mit Schreiben vom 28. Juni 1994 die Fertigstellung der Baumaßnahme angezeigt worden war, teilte das Landratsamt dem Kläger mit Schreiben vom 30. November 1994 mit, das Wasserwirtschaftsamt ... habe Mitte November eine Ortseinsicht zur Bauausführung durchgeführt; die mit Bescheid vom ... August 1990 geforderten Auflagen und Bedingungen seien erfüllt und eingehalten worden; nach Ansicht des Wasserwirtschaftsamts könne auch der noch vorhandene alte verrohrte Graben (dessen Verfüllung in den festgestellten Plänen vorgesehen war) als Notüberlauf verwendet werden, die Unterhaltungslast für den ...-graben beziehe sich aber auch auf diesen Notüberlauf.

In der Folgezeit kam es oberhalb der Ausbaustrecke zu Sedimentablagerungen und Geröllanlandungen, die bei Starkregen dazu führten, dass der Bach über die Ufer trat und auch Schäden an den Gebäuden auf dem Grundstück Fl. Nrn. ..., ... anrichtete. Während der Kläger dies auf eine jahrelange Vernachlässigung der Gewässerunterhaltung durch die Gemeinde zurückführte, sah diese die vom Kläger durchgeführte Ausbaumaßnahme als Ursache der Ablagerungen an. Das Wasserwirtschaftsamt ... konnte keine der beiden Versionen bestätigen (Schreiben vom 8. Mai 2000). Nachdem die Gemeinde das Bachbett oberhalb der Ausbaustrecke und auch in dem schwerzugänglichen Bereich unter dem Bürogebäude geräumt hatte, beauftragte sie das Ingenieurbüro ... & ... mit einer Bestandaufnahme, die dem Landratsamt mit Schreiben vom 13. Dezember 2004 vorgelegt wurde. Zu der höhenmäßigen Erfassung der Ausbaustrecke durch das Ingenieurbüro nahm die fachkundige Stelle des Landratsamts mit Vermerk vom 17. Dezember 2004 Stellung. Aus dem Bestandsplan sei ersichtlich, dass die ursprüngliche Bachsohle unmittelbar vor dem Büro eine Höhe von 608,90 m ü. NN aufweise, während Herr ... hier von einer Höhenkote von 609,20 m ü. NN ausgehe. Unmittelbar hinter dem Büro weise die jetzige Sohle des verlegten ...-grabens eine Höhenkote von 609,41 m ü. NN auf, während von Herrn ... eine Höhenkote von 609,18 m ü. NN geplant gewesen sei. Hiermit sei ersichtlich, dass auf einer Fließstrecke von ca. 8 m eine Erhöhung der Gewässersohle um 51 cm vorgenommen worden sei, was wiederum bedeute, dass sich der ...-graben in diesen Bereich aufstaue. Der Aufstau des Gewässers verringere die Fließgeschwindigkeit und der aufgestaute Teil wirke als Absetzbecken, das Gewässer lagere mitgeführte Materialen (Geschiebe) durch die verringerte Fließgeschwindigkeit ab. Durch diesen, nicht den eingereichten Plänen entsprechenden Ausbau sei es zur Erhöhung der vorhandenen Sohle des Gewässers, zu größeren Ablagerungen und letztendlich zu einem Übertritt des Gewässers über das vorhandene Ufer gekommen. Weiterhin sei durch die jetzige höhenmäßige Erfassung des Grabens festgestellt worden, dass die Sohlhöhe in keinem Bereich den Planunterlagen entspreche, sondern durchgängig höher ausgeführt worden sei. In einem weiteren Vermerk der fachkundigen Stelle vom 3. Mai 2005 wurde erneut hervorgehoben, es sei eindeutig festgestellt worden, dass sich der Kläger oder die von ihm beauftragte Firma nicht an die beantragte, geprüfte und genehmigte Planung zur Verlegung des Grabens gehalten habe.

Daraufhin verpflichtete das Landratsamt den Kläger mit Bescheid vom ... Dezember 2005, den planfestgestellten Gewässerausbau gemäß den eingereichten und genehmigten Plänen herzustellen oder - alternativ - das Gewässerufer oberhalb des Ausbaus in einem ausreichenden Maß zu erhöhen. Das Landratsamt half dem hiergegen erhobenen Widerspruch nicht ab und legte ihn der Regierung ... (Regierung) vor.

Nachdem die Gemeinde einer Anordnung des Landratsamts, den Graben (oberhalb der Ausbaustrecke) erneut zu räumen, nicht nachgekommen war, wurde die Räumung vom 9. bis 17. Juli 2007 im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt und auch die Teilstrecke unter dem über den Bach ragenden Bürogebäude weitgehend geräumt. Dabei wurden laut Vermerk der fachkundigen Stelle vom 19. Juli 2007 ca. 102 m³ Geschiebe entnommen, davon 14 m³ aus dem vom Kläger (unter dem Bürogebäude) erstellten Gerinne. Ein am 13. Juli 2007 vom Landratsamt in dem weitgehend geräumten Gerinne durchgeführtes Nivellement habe bestätigt, dass die Gewässersohle am Beginn des 1994 erstellten offenen Gerinnes (also ab dem Mauerdurchbruch) wesentlichen höher lag, als bachaufwärts. Laut Vermerk vom 19. Juli 2007 ergab die Auswertung des Nivellements einen Sohlsprung von 0,59 m. Der Sohlsprung bewirke, dass sich die Wasserspiegelhöhe auf rund 20 m zurückstaue. Damit sei aus wasserwirtschaftlicher Sicht bereits der Nachweis erbracht, dass mit dieser Sohlschwelle ein Rückhaltebecken geschaffen worden sei. Auf 20 m Länge verringere sich die Fließgeschwindigkeit und die Schleppspannung des Gewässers gehe in diesem Bereich verloren. Es komme zwangsläufig zur Ablagerung von mitgeführtem Geschiebe. Bei der Beweissicherung sei aber auch ersichtlich geworden, dass die zur Prüfung vorgelegten Planunterlagen des Landschaftsarchitekten ... nicht der Realität entsprochen hätten. Am Beginn der Ausbaustrecke (also am Mauerdurchbruch) weise Herr ... eine Höhenkote von 609,18 m ü. NN aus, womit diese 0,365 m über der tatsächlich vorhandenen Sohle des ...-grabens liege. Diese Höhenkote sei aber bei der Umsetzung der Maßnahme nochmals um 0,225 m übertroffen worden. Mit der Einreichung der falschen Höhenkoten könne mit den jetzt ermittelten Erkenntnissen aber auch nicht mehr der bescheidsgemäße Ausbau gefordert werden. Diese Forderung würde den Beginn der Gewässersohle der Ausbaustrecke (also am Mauerdurchbruch) nur um 0,225 m senken, was aber immer noch 0,365 m über der (westlich des Bürogebäudes) tatsächlich vorhandenen Gewässersohle des ...-grabens wäre. Diese Sohlerhöhung entspräche immer noch einem Rückstaubereich von ca. 12 m. Die Auswertung des Nivellements habe außerdem das Messergebnis des Ingenieurbüros ... & ... vom 13. Dezember 2004 bestätigt, es sei aber jetzt eine Erhöhung der Gewässersohle um 0,59 m anstatt um 51 cm gemessen worden.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2007 vertrat die Widerspruchsbehörde die Auffassung, dass sowohl der Planfeststellungsbeschluss vom ... August 1990 in der Fassung des Änderungsbescheids vom ... September 1991 als auch der vom Kläger angefochtene Bescheid vom ... Dezember 2005 rechtswidrig seien. Das vom Landratsamt durchgeführte Nivellement habe „erstmals“ ergeben, dass die vom Kläger durchgeführte Ausbaumaßnahme nicht den planfestgestellten Plänen entspricht und darüber hinaus die Pläne fehlerhaft erstellt worden sind, weshalb der mit dem angefochtenen Bescheid geforderte Ausbau gemäß diesen Plänen nicht mehr verlangt werden könne. Ein plangemäßer Ausbau würde die Gewässersohle nur um 0,225 m senken, aber dann läge immer noch eine Sohlerhöhung um 0,365 m im Vergleich zur ursprünglich vorhandenen Gewässersohle mit der Folge eines Rückstaus von ca. 12 m vor. Da bei Erlass der Planfeststellung von einem falschen Sachverhalt, nämlich von der Korrektheit der in den eingereichten Plänen angegebenen Höhenkoten ausgegangen worden sei, seien der Planfeststellungsbeschluss und infolge dessen auch der angefochtene Bescheid vom ... Dezember 2005 rechtswidrig. Das Landratsamt möge prüfen, ob es den Bescheid vom ... Dezember 2005 im Wege der Abhilfe aufheben könne. Außerdem sei es aus wasserwirtschaftlicher Sicht dringend erforderlich, dass der Kläger dem Landratsamt eine Plantektur für den Übergangsbereich zum neuen Gewässer vorlege, deren Genehmigung beantrage, eine in diesem Bereich als Abflusshindernis wirkende Drainageleitung beseitige und (näher beschriebene) Maßnahmen zur Ertüchtigung des Hochwasserabflusses über das alte verrohrte Gerinne ergreife. Falls der Kläger nicht bereit sei, freiwillig eine Plantektur vorzulegen und die entsprechenden Arbeiten auszuführen, müsse der Planfeststellungsbeschluss aufgehoben werden. Denn die Erteilung einer behördlichen Genehmigung für einen Gewässerausbau schließe es aus, „den bestimmungsgemäßen Betrieb des Unternehmens innerhalb der von der Genehmigung festgesetzten Grenzen als polizeiwidrige Störung zu werten und mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungswidrigkeitenrechts zu bekämpfen (vgl. Urteil des BGH vom 3.02.2000, III ZR 296/98 …)“. Vor der Anordnung einer Tektur müsse also zunächst der Planfeststellungsbeschluss unter Beachtung der Jahresfrist zurückgenommen und anschließend eine neue Planfeststellung durchgeführt werden. Sofern sich der Kläger weigern sollte, die erforderlichen Antragsunterlagen, die die geforderte Plantektur enthalten müssten, vorzulegen, könnte dann über Art. 68 i. V. m. Art. 77 Abs. 1 BayWG [1994] eine entsprechende Anordnung ergehen. Eine Möglichkeit, die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und das sich daran anschließende aufwendige neue Planfeststellungsverfahren zu umgehen, werde darin gesehen, dass der Kläger die Tektur freiwillig vorlege und sich verpflichte, zusammen mit den Bauarbeiten im Übergangsbereich die weiteren genannten Maßnahmen durchzuführen. In diesem Fall würde es ausreichen, den Planfeststellungsbescheid zu ändern und im Katalog der festgestellten Pläne den Tekturplan aufzuführen. Im Zusammenhang mit der Aufhebung und Änderung bzw. Neuerteilung des Planfeststellungsbescheides solle das Landratsamt auch prüfen, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft (die das Grundstück Fl. Nr. ..., ... vom Kläger erworben hatte) Rechtsnachfolgerin des Klägers bezüglich des Planfeststellungsbescheids geworden sei.

Mit E-Mail vom 19. Oktober 2007 führte die Regierung ergänzend aus, vor Anordnung einer Tektur müsse der Planfeststellungsbescheid unter Beachtung der Jahresfrist nach Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG zurückgenommen bzw. geändert und im Anschluss in jedem Fall ein neues Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden.

Nachdem der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 29. Oktober 2007 mitgeteilt hatte, dass der Kläger weder für den Bescheid vom ... Dezember 2005 noch für ein neues Planfeststellungsverfahren „Ansprechpartner“ sei, erließ der Beklagte den angefochtenen Bescheid vom ... Februar 2008, mit dem der Planfeststellungsbescheid vom ... August 1990 in der Fassung des Änderungsbescheids vom ... September 1991 zurückgenommen wird (Ziffer 1), der Bescheid vom ... Dezember 2005 zurückgenommen wird (Ziffer 2) und der Kläger verpflichtet wird, bis zum 30. Juni 2008 „zur nachträglichen Genehmigung des rechtswidrigen Ausbaus des ...-grabens auf dem Grundstück Fl. Nr. ... und ... Gemarkung ... genehmigungsfähige Antragsunterlagen einzureichen“ (Ziffer 3); zudem wurden in Ziffer 4 die sofortige Vollziehung der Ziffer 3 angeordnet, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro angedroht (Ziffer 5), dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffer 6) und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig erklärt (Ziffer 7). Die Planfeststellung werde nach Art. 48 BayVwVfG zurückgenommen. Sie sei rechtswidrig, weil das Landratsamt bei ihrem Erlass von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei, nämlich davon, dass die Höhenkoten in den Plänen korrekt angegeben worden seien. Die Nachmessung während der Räumungsarbeiten in der Zeit vom 9. bis 17. Juli 2007 hätte erstmals ergeben, dass die vom Landschaftsarchitekten ... eingereichten Pläne fehlerhaft erstellt worden seien. Die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG sei gewahrt. Die Rücknahme der Planfeststellung sei auch ermessensgerecht, insbesondere erforderlich und angemessen, mildere Mittel zur Herstellung rechtmäßiger Zustände und zur Beseitigung der Hochwassergefahr seien nicht ersichtlich. Gemäß Art. 68 Abs. 3 i. V. m. Art. 77 Abs. 1 BayWG [1994] könne die Verwaltungsbehörde die Antragstellung mit Planunterlagen verlangen, wenn ein Gewässer ohne die erforderliche Planfeststellung ausgebaut worden sei. Nach Rücknahme der Planfeststellung durch Ziffer 1 des Bescheids sei der ...-graben ohne entsprechende Planfeststellung ausgebaut worden. Der Kläger sei als ursprünglicher Bescheidsnehmer Vorlagepflichtiger gemäß Art. 77 Abs. 2 BayWG (a. F.). Die Entscheidung sei auch ermessensgerecht, in Anbetracht der latenten Hochwassergefahr notwendig, ein Gewässerausbau ohne die erforderliche Genehmigung könne nicht toleriert werden. Die Verpflichtung zur Antragsstellung sei auch die geeignete und erforderliche Maßnahme zur Herstellung rechtmäßiger Zustände, die Forderung der Herstellung des ursprünglichen Zustands oder der komplette Rückbau des Gewässers würde den Kläger mehr belasten. Die Erstellung genehmigungsfähiger Unterlagen sei das mildere Mittel, damit ließen sich auch nachträglich durch geeignete Umbaumaßnahmen am Gewässer ein schadloser Hochwasserabfluss erreichen und weitere Geschiebeanlandungen vermeiden. Der Kläger werde als Handlungsstörer herangezogen, er habe den planabweichenden Gewässerausbau verursacht, während die Wohnungseigentümergemeinschaft als mögliche Zustandsstörerin keinen Verursachungsbeitrag geleistet habe.

Gegen den am 27. Februar 2008 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 25. März 2008 Anfechtungsklage (M 2 K 08.1370). Der Kläger habe die Baumaßnahme als Bauträger durchgeführt und vor einem Jahrzehnt das Grundstück in Form von Eigentumswohnungen veräußert, weshalb er der falsche Adressat für den Bescheid sei. Bei dem Planfeststellungsbescheid handele es sich um einen grundstücksbezogenen Verwaltungsakt, der - soweit er aufgehoben werden sollte - gegenüber den nunmehrigen Grundstückseigentümern aufzuheben wäre. Der Kläger könne auch nicht als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus sei eine rückwirkende Rücknahme unzulässig. Der zurückgenommene Planfeststellungsbescheid sei möglicherweise nicht rechtswidrig, sondern nur falsch. Soweit er auf einem Fehler des Planers beruhen sollte, sei dieser Fehler mit der erfolgten Abnahme durch das Landratsamt zugelassen worden. Darüber hinaus sei für die aufgetretene Hochwassersituation nicht dieser Fehler ursächlich, sondern der fachlich absolut unzulängliche Ausbau gemäß Planfeststellungsbescheid, der einen völlig neuen Ausbau des gesamten Bachbereichs erfordere, der sich nicht nur auf den Bereich gemäß Planfeststellungsbeschluss beziehe. Die Inanspruchnahme des Klägers sei auch ermessensfehlerhaft, da der Kläger keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten mehr auf das fremde Grundstück habe. Möglicherweise seien die jetzigen Grundstückseigentümer verpflichtet, erneut Planunterlagen einzureichen. Auch wäre das jetzt vom Kläger geforderte Planfeststellungsverfahren gar nicht sachdienlich, weil das Gewässer insgesamt neu ausgebaut werden müsse und der neue Ausbau sowohl die Gemeinde als auch teilweise die jetzigen Eigentümer des Grundstücks betreffe.

In seiner Klageerwiderung vom 27. Mai 2008 bezog sich das Landratsamt zunächst auf die Gründe des angefochtenen Bescheids und führte ergänzend unter anderem aus, die fehlende Verfügungsgewalt des Klägers über das Grundstück könne soweit notwendig mittels Duldungsanordnung gegenüber den jetzigen Eigentümern überwunden werden.

Mit weiterem Schriftsatz vom 10. April 2008 verwies der Klägerbevollmächtigte ergänzend auf ein an die Rechtsvertreter der Gemeinde gerichtetes Schreiben der Regierung vom 8. April 2008; darin heißt es u. a., da die gegen den Kläger ergangene Anordnung die Geschiebeproblematik zwar verbessern, aber nicht zufriedenstellend lösen könne, müsse zunächst die Gemeinde als Trägerin der Unterhaltungslast durch ein geeignetes Ingenieurbüro die Geschiebeproblematik für den gesamten ...-graben aufzeigen.

Am 3. Juni 2008 schlug das Gericht den Beteiligten in einem Erörterungstermin im Wesentlichen vor, dass auf Grundlage einer vom Kläger vorzulegenden Planung von der Regierung und der fachkundigen Stelle des Landratsamts ein Lösungsvorschlag unterbreitet wird und die Kosten der erforderlichen Maßnahmen vom Kläger, der Wohnungseigentümergemeinschaft und der Gemeinde ... zu je einem Drittel getragen werden. Daraufhin wurde auf Antrag der Parteien das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Um Zeit für die vom Gericht vorgeschlagenen Abstimmungs- und Zwischenschritte zu haben, verlängerte das Landratsamt mit Bescheid vom ... Juli 2008 die Frist zur Vorlage von Antragsunterlagen bis zum 30. September 2008, wobei auch die sofortige Vollziehung von Ziffern 1 und 2 des Bescheides vom ... Februar 2008 angeordnet wurde. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 18. August 2008 Anfechtungsklage (M 2 K 08.3989), die mit Beschluss des Gerichts vom 22. August 2008 gemäß § 93 VwGO mit dem Verfahrens M 2 K 08.1370 verbunden wurde.

Die Anträge des Klägers, die aufschiebende Wirkung der Klagen vom 25.03.2008 und vom 18.08.2008 wieder herzustellen, Az. M 2 S 08.1658 und M 2 S 08.3995, wurden mit Beschluss vom 22. August 2008 ebenfalls gemäß § 93 VwGO verbunden; diese Verfahren wurden nach Aufhebung der Vollzugsanordnungen mit Beschluss vom 7. Juli 2015, Az. M 2 S 14.1059, eingestellt.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2008 legte die Klägerseite einen vom Ingenieurbüro ... & ... erstellten Bestandsplan vor. Der Beklagte äußerte hierzu mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2008, dieser Plan entspreche in keiner Weise der im Erörterungstermin vom 3. Juni 2008 vereinbarten Form.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 7. März 2014, das ruhende Klageverfahren fortzusetzen, da der fehlerhafte Gewässerausbau nach wie vor unverändert bestehe und eine Bereitschaft der Klägerseite zur Mitwirkung nicht erkennbar sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 8. April 2014 wies der Beklagte auf den durch den fehlerhaften Gewässerausbau verursachten Unterhaltungsaufwand der Gemeinde hin.

Der Kläger trat dieser Behauptung mit Schriftsatz vom 17. April 2014 entgegen. Ein in einem Zivilrechtsstreits zwischen der Gemeinde und dem Kläger eingeholtes Gutachten des Sachverständigen für Wasserbau Dr. ... vom 30. Juni 2012 habe diese Behauptung widerlegt und die Behauptung des Klägers bestätigt, dass der vom Landratsamt genehmigte und abgenommene Gewässerumbau von vornherein nicht geeignet gewesen sei, den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Für den Hochwasserschutz sei ausschließlich die Gemeinde zuständig, und ein von dieser dazu eingeholter Erläuterungsbericht des Dipl.-Ing. ... vom 30. November 2010 habe ergeben, dass ein völliger Umbau zur Beseitigung der Hochwassergefahren notwendig sei.

In dem Gutachten vom 30. Juni 2012 heißt es zusammenfassend:

„8.1. Behauptung A:

‚Auch ohne den Fehler der Planung ... betreffend der Höhenkote und ohne Ausführungsfehler durch Erhöhung des Sohlsprungs wären die dreimal geräumten Kiesanlandungen im Ausbaubereich nach Planfeststellungsbeschluss angefallen und hätten von der Klägerin geräumt werden müssen.‘

Antwort zur Behauptung A:

Dies ist insoweit richtig, dass die Räumungen auch erforderlich gewesen wären, wenn das Gerinne in der bezeichneten Form mit korrektem Höhenanschluss an die vorhandene Betonsohle unter dem Bebauungsbereich ausgeführt worden wäre. Die Anlandungen hätten sich mit der Zeit ebenfalls auf die jetzigen Verhältnisse hin entwickelt.

Anmerkung:

Wenn neben den im Beweisbeschluss angesprochenen Höhenkotenfehlern das Gerinne im Bereich unterstrom der Bebauung versteilt und mit gleichmäßiger Sohlschubspannung ausgebildet worden wäre, wären nur geringe oder gar keine Anlandungen zu räumen gewesen …

8.2. Behauptung B:

‚Die Kieseinschwemmungen seien ausschließlich auf die mangelhafte Unterhaltung des ...-grabens durch die Klägerin [Gemeinde] zurückzuführen, da diese die fachlich gebotenen Kiesauffangbecken nicht errichtete.‘

Antwort zur Behauptung B:

Dies ist nicht richtig. Die geplanten Kiesauffangbecken … hätten keine oder kaum Wirkung auf die Auffüllung bei kleinen Hochwässern im streitgegenständlichen Bereich erzielt. Eine Wirkung auf den natürlichen Geschiebetrieb im streitgegenständlichen Bereich wäre auf Extremereignisse beschränkt und würde bestenfalls langfristig zu beobachten sein.

Für den streitgegenständlichen Bereich wirksame Kiesauffangbecken müssten direkt oberstrom des überbauten Bereichs angeordnet werden. Dies ist aufgrund der topografischen Verhältnisse und der mangelnden Zugänglichkeit aus wasserbaulicher Sicht nicht realisierbar …“

Am 16. Mai 2014 wurde der Rechtsstreit vor Ort nochmals mit den Beteiligten erörtert, wobei sich keine Möglichkeit einer einvernehmlichen Lösung mehr abzeichnete.

Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2014 verwies die Klägerseite auf das Urteil des Landgerichts München II vom 19. Dezember 2013, mit dem die Klage der Gemeinde gegen den Kläger auf Erstattung von Unterhaltungskosten in Höhe von 40.947,74 Euro und auf Beseitigung der Sohlschwelle, des Drainagerohrs und des unzureichenden Gefälles abgewiesen wurde.

Mit weiterem Schriftsatz vom 10. Juli 2014 verwies die Klägerseite auf den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 25. Juni 2014, mit dem die Absicht der Zurückweisung der von der Gemeinde gegen das Urteil des Landgerichts eingelegten Berufung mitgeteilt wurde.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2015 erläuterten die Vertreter des Wasserwirtschaftsamts ... und der fachkundigen Stelle des Landratsamts, zur Beseitigung der Hochwassergefahr müsste das Bachbett nicht nur unterhalb des Bürogebäudes, also am Beginn des offenen Gerinnes, um 59 cm tiefer gelegt werden, sondern auf der ganzen Länge bis zum Anschluss an den alten Bachlauf vor der Brücke. Nur dadurch könne das wasserwirtschaftlich anzustrebende gleichmäßige Gefälle, das für einen Geschiebetransport erforderlich ist, hergestellt werden. Eine Reaktivierung des alten verrohrten Gerinnes sei aus wasserwirtschaftlicher Sicht keine Option, weil eine Verklausungsgefahr bestehe und weil die Verrohrung nicht die erforderliche hydraulische Leistungsfähigkeit aufweise, um einen schadlosen Hochwasserabfluss zu gewährleisten.

Zuletzt beantragte die Klägerseite,

den Bescheid vom ... Februar 2008 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom ... Juli 2008 mit Ausnahme von Ziffern 2 und 7 aufzuheben.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten und der Einzelheiten im Übrigen wird auf die vorgelegte Verwaltungsakte und die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die fristgerecht erhobenen, zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen sind zulässig und begründet. Die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses vom ... August 1990 in der Fassung des Änderungsbescheids vom ... September 1991 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) darf nur unter den Einschränkungen von Art. 48 Abs. 2 bis 4 BayVwVfG zurückgenommen werden. Nach Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt, zu dem die Behörde von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat, zulässig. Zudem hat die Behörde über die Rücknahme nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Art. 40 BayVwVfG).

Die Planfeststellung für den Ausbau des ...-grabens ist ein den Kläger begünstigender Verwaltungsakt, da sie ihm die grundsätzlich verbotene wesentliche Umgestaltung dieses Gewässers III. Ordnung gestattet und damit einen rechtlichen Vorteil im Sinne von Art. 48 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG begründet hat.

Der Planfeststellungsbeschluss vom ... August 1990 ist insofern rechtswidrig, als in Ziff. A.I.3. auch der Lageplan 1:100 und darin für das bestehende Betongerinne unmittelbar westlich des über das Bachbett gebauten Bürogebäudes fälschlich eine Höhenkote von 609,20 m ü NN angegeben wird. Bereits durch diese um 30 cm über der tatsächlichen Höhenkote von 608,90 m ü NN liegende Angabe wird für den an dieser Stelle beginnenden Ausbau des ...-grabens ein Sohlsprung vorprogrammiert, der mangels ausreichenden Gefälles einen schadlosen Wasserabfluss mit der für den Geschiebetransport erforderlichen Schleppspannung verhindert und zu einem Geschieberückstau und zu Ausuferungen führt. Auch ohne die zusätzliche Planabweichung beim tatsächlichen Ausbau, die den Sohlsprung noch verstärkt hat, war von diesem Plan eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten, der Plan hätte mit diesem Inhalt nicht festgestellt werden dürfen (§ 31 Abs. 2 WHG i. d. F. d. Bek. v. 23.9.1986, Art. 58 Abs. 2 BayWG i. d. F. d. Bek. v. 7.3.1975).

Die im November 1991 von der fachkundigen Stelle durchgeführte Bauabnahme hat an der Rechtswidrigkeit der Planfeststellung nichts geändert. Zwar konnten nach Art. 69 Abs. 3 Satz 2 BayWG in der z. Z. der Bauabnahme geltenden (durch Gesetz v. 27.10.1970, GVBl S. 469, geänderten) Fassung geringfügige Abweichungen von der zugelassenen Bauausführung im Abnahmeschein genehmigt werden. Vorliegend geht es aber gerade nicht (nur) um eine Abweichung der Bauausführung von der Planfeststellung, sondern um einen Mangel der Zulassungsentscheidung selbst, der im Übrigen weder geringfügig (d. h. marginal, vgl. BayVGH, B. v. 21.08.2007 - 8 ZB 07.4 - LS 1, BayVBl 2008, 537 ff.) noch der abnehmenden Stelle überhaupt bewusst war. Zudem soll die Bauabnahme nicht dem Unternehmer die Verantwortung abnehmen (Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme, BayWG, Stand 15.10.2009, Rn. 2 zu Art. 69).

Im vorliegenden Fall wurde die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG gewahrt. Die Frist des Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (BVerwG Großer Senat, B. v. 19.12.1984 - GrSen 1/84, GrSen 2/84 - Leitsatz 2, BayVBl 1985, 311 ff.). Zwar hat die fachkundige Stelle des Landratsamts bereits im Dezember 2004 erkannt, dass die Höhenkote im festgestellten Lageplan M 1:100 am Beginn des Überbaus im Vergleich zu dem tatsächlichen Verhältnissen um ca. 30 cm zu hoch angegeben wurde, diese Planunterlage mithin fehlerhaft war (Vermerk der fachkundigen Stelle vom 17.12.2004). Das am 13. Juli 2007 vom Landratsamt durchgeführte Nivellement hat an dieser Stelle mit 608,94 m ü NN insoweit keine grundlegend neue Erkenntnis erbracht. Das Landratsamt ist dennoch weiterhin von der Rechtmäßigkeit der Planfeststellung ausgegangen, wie der Bescheid vom ... Dezember 2005 zeigt. Erst mit dem Regierungsschreiben vom 4. Oktober 2007 wurde erkannt, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 28. August 1990 insofern mangelhaft ist.

Dennoch liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme des rechtswidrigen, den Kläger begünstigenden Planfeststellungsbeschlusses nicht vor. Zwar kann auch eine bestandskräftige rechtswidrige Planfeststellung im Einzelfall zurückgenommen werden. Die Anwendbarkeit von Art. 48 BayVwVfG auf Planfeststellungen wird nicht durch die speziellen Vorschriften über nachträgliche Entscheidungen nach Art. 75 Abs. 2 Satz 2, Art. 76 und 77 BayVwVfG ausgeschlossen, wie sich aus Art. 72 Abs. 1 BayVwVfG ergibt; da im 2. Halbsatz dieser Vorschrift die Anwendbarkeit von Art. 51 BayVwVfG ausgeschlossen wird, ist im Umkehrschluss anzunehmen, dass Art. 48 BayVwVfG auch auf Planfeststellung Anwendung findet (BVerwG, U. v. 31.7.2012 - 4 A 7001/11 u. a. - NVwZ 2013, 297 ff., juris Rn. 23; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, Rn. 42 zu § 48; Zeitler in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, Stand August 2004, Rn. 413 zu § 31, dort auch zum Streitstand; Neumann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, Rn. 114 ff. zu § 72).

Die Möglichkeit der Rücknahme eines bestandskräftigen, rechtswidrigen Planfeststellungsbeschlusses wird jedoch durch die Sonderregelungen der Art. 72 ff. VwVfG erheblich eingeschränkt (Neumann a. a. O. Rn. 114; enger BayVGH, B. v. 12.10.1995 - 20 B 94.1188 - BayVBl 1996, 400 ff. juris Rn. 27, wonach § 48 VwVfG auf Planfeststellungen allenfalls in krassen Ausnahmefällen anwendbar ist; siehe auch Kemper in Bader/Ronellenfitsch, Beck OKVwVfG Rn. 13 zu § 77, wonach ein Widerruf nur ultima ratio sein kann und Entsprechendes für eine Rücknahme gilt). Diese Beschränkung folgt aus der erhöhten Bestandskraft von Planfeststellungen. So gewährt Art. 75 Abs. 2 BayVwVfG einen erhöhten Bestandsschutz gegen nachträgliche Forderungen und Angriffe Dritter, und nach Art. 75 Abs. 1 a BayVwVfG führen auch erhebliche Abwägungsmängel nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn sie nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können. Diese Vorschrift „schränkt zwar unmittelbar nur einen gerichtlich geltend gemachten Aufhebungsanspruch eines planbetroffenen Dritten ein, ist aber Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes der Planerhaltung. Kann ein Mangel des Planfeststellungsbeschlusses im ergänzenden Verfahren oder durch Planergänzung behoben werden, scheidet seine auf diesen Mangel geschützte vollständige Rücknahme aus“ (Neumann a. a. O. Rn. 117 zu § 72, Rn.37-38 zu § 75). Dies gilt umso mehr, wenn der von der Planfeststellung begünstigte Vorhabenträger von der Planfeststellung Gebrauch gemacht und das Vorhaben bereits verwirklicht hat.

Die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom ... August 1990 ist auch nicht Voraussetzung für den Erlass einer gewässeraufsichtlichen Anordnung nach § 100 WHG mit dem Ziel, die Herstellung des erforderlichen Gefälles zu erreichen. Zwar können Anordnungen nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG 2010 (zum früheren Recht: Art. 68 Abs. 3 BayWG a. F.) nicht eingesetzt werden, um die in einer Erlaubnis oder Planfeststellung zugelassene Tätigkeit zu unterbinden, solange diese Gestattung nicht aufgehoben wurde (BGH, U. v. 3.2.2000 - III ZR 296/98 - DÖV 2000, 509, 511 unter Hinweis auf die Legalisierungswirkung der Erlaubnis für einen Kiesabbau, der ohne Widerruf dieser Erlaubnis nicht aufgrund einer später erlassenen Wasserschutzgebietsverordnung untersagt werden dürfe; Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG,l Stand 1.9.2014, Rn. 89 zu § 100). Der Beklagte will jedoch mit der Rücknahme der Planfeststellung den Ausbau des ...-grabens nicht endgültig untersagen oder rückgängig machen, sondern lediglich die Korrektur des mangelhaften Ausbaus, soweit er auf einem Planungsmangel beruht, vorbereiten. Dafür ist nicht erforderlich, die gesamte Planfeststellung aufzuheben (Ziff. 1 des angefochtenen Bescheids) und den Kläger zugleich zu verpflichten, „zur nachträglichen Genehmigung des rechtswidrigen Ausbaus des ...-grabens … genehmigungsfähige Antragsunterlagen einzureichen“ (Ziff. 3 des angefochtenen Bescheids). Vielmehr genügt insofern die Anordnung, zunächst eine Tekturplanung für den 1994 durchgeführten Ausbau vorzulegen, damit nach Vorlage und Prüfung dieser Planung der Planfeststellungsbeschluss dahingehend geändert werden kann, dass das Vorhaben den wasserwirtschaftlichen Erfordernissen und dem Wohl der Allgemeinheit entspricht.

Nach Angaben der Fachbehörden ist zur Gewährleistung eines schadlosen Hochwasserabflusses, zur Verhinderung übermäßiger Sedimentablagerungen und zur Herstellung einer funktionierenden Geschiebeführung keine Verlegung des Gewässerbetts erforderlich, und kommt eine Rückverlegung des Bachbettes auf die ursprüngliche, weitgehend verrohrte und inzwischen mit einem Wohnhaus samt Tiefgarage bebaute Strecke gar nicht in Betracht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist die Tieferlegung des Bachbettes, wodurch weder Verlauf, Anfangs- und Endpunkt der Ausbaustrecke noch die Menge und Herkunft des abzuführenden Wassers verändert werden. Die erforderlichen Korrekturmaßnahmen, die voraussichtlich auch einen Um- oder Neubau der Uferbefestigung zur Folge haben werden, stellen nicht die Beseitigung eines bestehenden und die nachfolgende Herstellung eines neuen Gewässers (§ 67 Abs. 2 Satz 1, 1. u. 2. Alt. WHG) dar. Durch die Tieferlegung der Ausbaustrecke vom Beginn des Bürogebäudes bis zur Wiedereinmündung in das ursprüngliche Bachbett wird, auch wenn die Maßnahme technisch und finanziell einen beträchtlichen Aufwand erfordern wird, die Identität dieses Gewässerabschnitts nicht geändert, es handelt sich nicht um ein ganz anderes als das 1990 planfestgestellte und 1994 durchgeführte Ausbauvorhaben, sondern um das gleiche Vorhaben in verbesserter Ausführung.

Im Übrigen erscheint die Rücknahme der Planfeststellung auch aus anderen Gründen ermessenswidrig (Art. 40 BayVwVfG). Durch die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses vom ... August 1990 würde bis auf weiteres ein nicht nur mangelhafter, sondern auch ein rechtlich überhaupt nicht mehr bewältigter Gewässerausbau im Raum stehen, wobei fraglich wäre, ob und bis wann eine neue bestandskräftige Planfeststellung erreicht werden könnte. Zudem erscheint die Aufhebung der Planfeststellung in Verbindung mit der Forderung komplett neuer Planfeststellungsunterlagen unverhältnismäßig, da die Vorlage einer bloßen Tekturplanung als milderes, in die Rechte der Beteiligten weniger eingreifendes Mittel zur Verfügung steht.

Ziffer 3 des Bescheids vom ... Februar 2008, wonach der Kläger zur Vorlage genehmigungsfähiger Antragsunterlagen zur nachträglichen Genehmigung verpflichtet wird, ist nicht erforderlich und deshalb aufzuheben, nachdem die Rücknahme der Planfeststellung keinen Bestand hat. Es kann auch nicht angenommen werden, dass in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids die Verpflichtung zur Vorlage einer Tektur als minus enthalten ist, da die Forderung insoweit nicht hinreichend bestimmt und insbesondere nicht klar ist, welche Planunterlagen im Einzelnen vorzulegen sind (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG).

Ziffern 5 und 6 des angefochtenen Bescheids haben nach Aufhebung von Ziffern 1 und 3 ebenfalls keinen Bestand.

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 5.000,00 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

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Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Feb. 2000 - III ZR 296/98

bei uns veröffentlicht am 03.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 296/98 Verkündet am: 3. Februar 2000 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja -----------

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 296/98
Verkündet am:
3. Februar 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------

a) Die nach § 7 WHG erteilte wasserrechtliche Erlaubnis begründet eine
Legalisierungswirkung für die gestattete Gewässerbenutzung. Ohne
Widerruf der Erlaubnis kann eine solche Nutzung - soweit sie sich im
Rahmen der Erlaubnis hält - nicht auf der Grundlage der (wasser-)polizeilichen
Generalklausel untersagt werden. Das gilt auch dann, wenn
die Gewässerbenutzung nun im Widerspruch zu einer nachträglich ergangenen
Wasserschutzgebietsverordnung steht.

b) Gegenüber einem Amtshaftungsanspruch aufgrund rechtswidriger Untersagung
einer erlaubten Gewässerbenutzung ist der Einwand rechtmäßigen
Alternativverhaltens wegen eines sonst gebotenen Widerrufs
der wasserrechtlichen Erlaubnis jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn
ein solcher Widerruf der erkennbaren damaligen Absicht der Verwaltungsbehörde
widersprochen hätte.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2000 - III ZR 296/98 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. Oktober 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Feststellungsklage in bezug auf die Verpflichtung zum Ersatz des aus der polizeilichen Verfügung vom 4. Dezember 1992 folgenden weiteren Schadens abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist Inhaberin einer widerruflichen wasserrechtlichen Erlaubnis vom 28. Mai 1965 zur Naßauskiesung auf dem Grundstück Gemarkung H., Flur 6, Parzelle Nr. 1. Das Kiesabbaugebiet liegt nunmehr in den Schutzzonen II und III A einer von der Bezirksregierung Koblenz am 17. April 1991 erlassenen Wasserschutzgebietsverordnung. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 und Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung sind in beiden Schutzzonen Veränderungen und Aufschlüsse der Erdoberfläche, selbst wenn Grundwasser nicht aufgedeckt wird, insbesondere Fischteiche, Kies- und Sandgruben, verboten. Ein Normenkontrollantrag der Klägerin hiergegen ist erfolglos geblieben.
Durch sofort vollziehbare polizeiliche Verfügung vom 9. Januar 1992 untersagte die Bezirksregierung Koblenz als obere Wasserbehörde der Klägerin zunächst auf einer Teilfläche, sodann mit einer ebenfalls für sofort vollziehbar erklärten Verfügung vom 4. Dezember 1992 auch im übrigen Bereich des in der Erlaubnis umschriebenen Grundstücks den weiteren Kiesabbau. Die wasserpolizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 wurde mit Verstößen gegen die Schutzgebietsfestsetzung vom 17. April 1991 begründet, deren Verbote unmittelbar wirkten, ohne daß es dazu eines Widerrufs der wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfe. Über die von der Klägerin gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüche ist noch nicht entschieden; auf deren Antrag stellte jedoch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluß vom 1. September 1993 (1 B 10702/93) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die polizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 wieder her.
Mit der Klage hat die Klägerin das beklagte Land wegen beider Polizeiverfügungen aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz bzw. nach dem rheinland-pfälzischen Polizeiverwaltungsgesetz auf Entschädigung in Anspruch genommen. Ihren Schaden hat sie in erster Linie mit nutzlos aufgewendeten Vorhaltekosten für einen Radlader und einen LKWKipper begründet und ihn für die Jahre 1992 bis 1994 auf 1.020.000 DM beziffert. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Beklagte ihr zum Ersatz jedes weiteren durch die beiden polizeilichen Verfügungen entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet sei. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hat der Senat nur hinsichtlich der Feststellungsklage und nur insoweit angenommen , als diese die Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 betrifft.

Entscheidungsgründe


Im Umfang der Annahme führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe gegen den Beklagten weder Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB, Art. 34 GG) noch einen Ausgleichsanspruch gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 RhPfPOG (richtig: PVG in der
Fassung vom 1. August 1981, da die Neufassung des Polizeiverwaltungsgesetzes unter der Überschrift Polizei- und Ordnungsbehördengesetz [POG] durch das Ä nderungsgesetz vom 8. Juni 1993 erst am 1. September 1993 in Kraft getreten ist). Selbst wenn man die Polizeiverfügung vom 4. Dezember 1992 wegen der fortdauernden wasserrechtlichen Erlaubnis vom 28. Mai 1965 als rechtswidrig ansehe, hätte ein verfahrensmäßig rechtmäßiges Verhalten der Behörde, nämlich der Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis, zu demselben Schaden geführt. Der Bescheid vom 4. Dezember 1992 könne zwar nicht in einen Widerruf der Erlaubnis umgedeutet werden. Hätte die Bezirksregierung aber die Rechtsauffassung vertreten, die Schutzgebietsfestsetzung entziehe der wasserrechtlichen Erlaubnis nicht schon von sich aus die rechtliche Grundlage und Wirksamkeit, so hätte sie diese zwingend widerrufen müssen , da jede eigene Ermessensausübung bereits durch die Rechtsverordnung vorweggenommen worden sei. Eine Verpflichtung zur Entschädigung der Klägerin wäre damit nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht verbunden gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob das durch die Polizeiverfügung vom 4. Dezember 1992 angeordnete Verbot jeglichen weiteren Kiesabbaus rechtswidrig (und amtspflichtwidrig) war. Zugunsten der Klägerin ist dies deswegen - zunächst - auch für die Revisionsinstanz zu unterstellen.

2. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht indessen darin, daß das beklagte Land allen hieraus etwa hergeleiteten Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nach § 839 BGB, Art. 34 GG oder - sofern hier unmittelbar oder entsprechend anwendbar - gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 RhPfPVG, gegebenenfalls auch aus enteignungsgleichem Eingriff, den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegenhalten könne.

a) Die Berufung des Schädigers auf rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein (BGHZ 96, 157, 171 ff.; 120, 281, 285 f.; BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95 - NJW-RR 1997, 562, 563 f.; vom 24. April 1997 - VII ZR 106/95 - NJW-RR 1997, 1106, 1107 = WM 1997, 1583, 1584; Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97 - NJW 1998, 1307, 1308). Entscheidend ist der Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (BGHZ 96, 157, 173; 120, 281, 286). Bei Amtshaftungsansprüchen hat der Bundesgerichtshof rechtmäßiges Alternativverhalten insbesondere berücksichtigt, wenn der Behörde ein Verfahrensfehler unterlaufen war und sie bei einem ordnungsgemäßen Verfahren zu der gleichen Entscheidung hätte kommen oder sofern sie selbst eine fehlende Rechtsgrundlage pflichtgemäß hätte schaffen müssen (vgl. BGHZ 63, 319, 325 f.; Senatsurteile vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 - NJW 1959, 1316, 1317; vom 11. Juli 1963 - III ZR 44/62 - VersR 1963, 1175, 1176; vom 2. November 1970 - III ZR 173/67 - NJW 1971, 239; vom 6. Juli 1995 - III ZR 145/94 - NJW 1995, 2778, 2780; Beschluß vom 26. September 1996 - III ZR 244/95 - UPR 1997, 71, 72 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1
Kausalität 10; s. auch BGH, Urteil vom 16. Juni 1988 - IX ZR 69/87 - WM 1988, 1454, 1456 f.).

b) Mit diesen Fallgestaltungen ist der Streitfall indessen nicht vergleichbar , unabhängig von den weiteren - hier nicht zu entscheidenden - Fragen, ob der vom Berufungsgericht als rechtmäßige Alternative angesehene Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis noch fristgemäß (§§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 LVwVfG i.d.F. vom 23. Dezember 1976, 110 Abs. 1 LWG) erfolgen konnte und die Wasserbehörde insbesondere hierzu auch verpflichtet gewesen wäre, was die Revision nicht ohne Grund bekämpft. Im Rahmen der Kausalitätserwägungen würde durch die Berücksichtigung einer solchen hypothetischen Variante nicht nur an die Stelle einer aus materiellen Gründen rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung ein abweichender Verwaltungsakt mit wesentlich anderem rechtlichem Inhalt und auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage, lediglich tatsächlich mit demselben Ergebnis (Unzulässigkeit weiterer Auskiesung des Grundstücks) gesetzt, dessen Rechtsfolgen zudem unter dem Gesichtspunkt denkbarer Entschädigungspflicht (§§ 19 Abs. 3 WHG, 49 Abs. 5 VwVfG a.F.) ungeklärt wären, sondern dieser alternative Verwaltungsakt widerspräche nach den im Zusammenhang mit der Umdeutung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch dem damaligen - in Kenntnis der rechtlichen Problematik gebildeten - Willen der oberen Wasserbehörde. Die insoweit auf Verletzung des § 286 ZPO gestützte Gegenrüge der Revisionserwiderung hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 565 a ZPO). Bei einer derartigen Sachlage muß sich billigerweise die Verwaltungsbehörde an ihrer getroffenen Entscheidung gleichermaßen festhalten lassen wie es im Haftungsprozeß dem Geschädigten unzumutbar ist, sich auf
einen hypothetischen Verwaltungsakt dieser Art einzulassen, nicht zuletzt im Hinblick auf die sich an beide Verwaltungsentscheidungen knüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen. Ein solches Nebeneinander von wirklicher und fiktiver Rechtslage könnte überdies zu Rechtsunsicherheit und erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, wie sie beispielhaft bei der Behandlung eines etwaigen fiktiven Entschädigungsanspruchs als Folge eines Widerrufs hervortreten.
Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher nicht bestehenbleiben.

III.


Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand stellt sich die jetzt noch im Streit befindliche Teilabweisung des Feststellungsantrags auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Revisionsrechtlich läßt sich weder die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung noch eine für den (weiteren) Schaden ursächliche Amtspflichtverletzung verneinen. Die bisherigen Feststellungen ergeben keinen Verstoß der Klägerin gegen die wasserrechtliche Ordnung, der auf der Grundlage von § 93 Abs. 1 Satz 1 LWG allein ein Einschreiten der Wasserbehörde hätte rechtfertigen können.

a) Solange die wasserrechtliche Erlaubnis vom 28. Mai 1965 nicht widerrufen war, konnte die Klägerin gegen die Abbauverbote der Wasserschutzge-
bietsverordnung nicht verstoßen. Eine durch Verwaltungsakt erlaubte Gewässerbenutzung ist, soweit und solange sie durch die Erlaubnis gedeckt ist, rechtmäßig (Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl. 1987, Rn. 74). Der von der oberen Wasserbehörde angenommenen, sich unmittelbar gegen die Erlaubnis durchsetzenden Wirkung der Rechtsverordnung stand, wie bereits das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Eilverfahren über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs entschieden hat (Beschluß vom 1. September 1993 - 1 B 10702/93), die Legalisierungswirkung der wasserrechtlichen Erlaubnis entgegen. Diese Beurteilung ist zwar, da eine Entscheidung im Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht rechtskräftig feststellt, für die Zivilgerichte nicht bindend. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts jedoch an.
aa) Die Erteilung einer behördlichen Genehmigung für eine Anlage oder gewerbliche Tätigkeit schließt es aus, den bestimmungsgemäßen Betrieb des Unternehmens innerhalb der von der Genehmigung festgesetzten Grenzen als polizeiwidrige Störung zu werten und mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu bekämpfen. Dieser Rechtssatz ist - gleichgültig, woraus er im einzelnen zu begründen sein mag (Sinngehalt, Tatbestands- oder Bindungswirkung des Verwaltungsakts, Vertrauensschutz, Verbot eines venire contra factum proprium, Einheit oder Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung; vgl. etwa Fluck, VwA 79 [1988], 406, 409 ff.; Peine, JZ 1990, 201, 209 ff.; Schink, GewA 1996, 50, 58), im Grundsatz in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem anerkannt (PrOVGE 82, 351, 357; BVerwGE 55, 118, 120 ff.; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1990, 781, 783; 94, 698; BayVGH NVwZ 1992, 905; NVwZ-RR 1994, 314, 315; Fluck, aaO S. 406 ff.; Papier, DVBl. 1985, 873, 875 f.; Friauf in
Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, 2. Abschnitt Rn. 79; jeweils m.w.N.) und wird seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Dezember 1977 (BVerwGE 55, 118) gewöhnlich als "Legalisierungswirkung" der Genehmigung bezeichnet (kritisch zur Begriffsbildung Peine, JZ 1990, 201 ff.). Innerhalb des Wasserrechts gilt er nicht nur für die einem Benutzer als subjektives Recht gewährte Bewilligung (§ 8 WHG; Breuer, JuS 1986, 359, 363; Peine, JZ 1990, 201, 211), sondern auch für die schwächere , nach § 7 WHG kraft Gesetzes widerrufliche Erlaubnis (Schink, DVBl. 1986, 161, 166 f.; Himmel, Kommentar zum LWG Rheinland-Pfalz und zum WHG, Stand Mai 1990, § 93 LWG/§ 21 WHG Rn. 26 f., a.A. möglicherweise Czychowski, § 7 Rn. 2). Die Erlaubnis begründet zwar kein subjektiv-öffentliches Recht, sondern lediglich eine öffentlich-rechtliche Benutzungsbefugnis (BGHZ 88, 34, 40 f.; Senatsurteil vom 5. Oktober 1995 - III ZR 61/93 - NVwZ 1996, 821, 822 f. = WM 1996, 1228, 1229; Czychowski, § 7 Rn. 2; Sieder/Zeitler /Knopp, § 7 Rn. 5; vgl. auch BVerwG ZfW 1994, 390). Infolge ihrer Widerruflichkeit sind die Bestandskraft des Verwaltungsakts und damit verbunden die Vertrauensgrundlage für den Begünstigten gemindert. Das alles ändert aber nichts daran, daß auch die wasserrechtliche Erlaubnis dem Benutzer eine nicht beliebig entziehbare und darum gegen (wasser-)polizeiliche Eingriffe ähnlich bestandsfeste Rechtsposition verschafft; die Widerruflichkeit der Erlaubnis darf nicht als Schutzlosigkeit mißdeutet werden (Salzwedel in Erichsen [Hrsg], Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, § 44 Rn. 15; in der 11. Aufl. nicht mehr enthalten). Einzelne Widerrufsgründe sind im Wasserhaushaltsgesetz (vgl. § 12 Abs. 2 für die Bewilligung) oder in den Wassergesetzen der Länder näher bestimmt. Darüber hinaus genügt nicht jeder denkbare Grund; der Widerruf muß sich vielmehr auch im Rahmen der gesetzlichen Ziele halten, die der Erlaubnis zugrunde liegen (vgl. BVerwG ZfW 1987, 149), und hat die
Grenzen des Ermessens zu beachten, darf namentlich bei bereits ins Werk gesetzten Benutzungen die wirtschaftlichen Belange des Unternehmers nicht außer acht lassen (s. im einzelnen Breuer, Rn. 438 ff.; Czychowski, § 7 Rn. 24 f.). Zeitlich ist der Widerruf an die Jahresfrist der §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG gebunden. Dieses differenzierte Regelungsgefüge darf, soweit die Erlaubnis reicht, nicht durch Anwendung der (wasser-)polizeilichen Generalklausel außer Kraft gesetzt werden, selbst wenn dabei - wie hier - dieselbe Behörde handelt; die Erlaubnis entfaltet insoweit eine Sperrwirkung.
bb) Daß sich im Streitfall durch die Festsetzung des Wasserschutzgebiets nachträglich die Rechtslage geändert hatte, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Im Gegenteil ergibt sich aus der Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG, daß auch geänderte Rechtsvorschriften allenfalls zum Widerruf eines ursprünglich rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts berechtigen und daß die Wirksamkeit der nach früherer Rechtslage erlassenen Verwaltungsakte hierdurch nicht einfach beseitigt wird (vgl. dazu BVerwGE 59, 148, 161; 64, 24, 28; 69, 1, 3; Kopp, § 49 Rn. 41). Für Dauerverwaltungsakte gilt nichts anderes. Auch der Festsetzung von Wasserschutzgebieten sind trotz ihrer erheblichen Bedeutung für das Gemeinwohl nicht ausnahmsweise weitergehende Rechtswirkungen zuzuerkennen, insbesondere besagt der Umstand, daß in solchen Schutzgebieten gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG bestimmte Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt werden können, nichts über das Verhältnis derartiger Verbote zu früher erteilten Bewilligungen oder Erlaubnissen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 1. September 1993 aaO; a.A. Beile, Wassergesetz für das Land Rheinland-Pfalz, Stand Juni 1998, § 13 Anm. 4.2; Himmel, aaO, § 93 LWG/§ 21 WHG Rn. 26). Die mit der Ausweisung von Wasserschutzgebieten verfolgten öffentlichen Ziele lassen
sich angesichts des begrenzten Umfangs ihrer Schutzzonen und der bereits vorausgegangenen Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungsverfahren ausreichend und zeitnah unter Berücksichtigung auch des notwendigen Individualrechtsschutzes mittels Einleitung von Widerrufsverfahren durchsetzen.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht es ferner abgelehnt, die insoweit, als es um eine Durchsetzung der Schutzgebietsfestsetzung geht, fehlerhafte Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 gemäß § 47 VwVfG in einen Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis umzudeuten. Die Umdeutung eines Verwaltungsakts ist zwar grundsätzlich zulässig, sofern die an die Stelle der ursprünglichen Entscheidung tretende, im Entscheidungssatz anders geartete Regelung auf das gleiche materielle Regelungsziel wie die ursprüngliche Verwaltungsentscheidung gerichtet ist (BVerwGE 62, 300, 306; 80, 96, 97; BGH, Beschluß vom 28. September 1999 - KVR 29/96 - WRP 2000, 196, 198; Kopp, § 47 Rn. 3, 8). Das kann auch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (BVerwGE 62, 300, 306; BVerwG DVBl 1984, 431 = NVwZ 1984, 645; BGH aaO; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl. 1998, § 47 Rn. 11; a.A. Kopp, § 47 Rn. 4). Welche Grenzen dafür bestehen, ist hier nicht entscheidend. Eine Umdeutung setzt jedenfalls voraus, daß der anderslautende Verwaltungsakt nicht der erkennbaren Absicht der erlassenen Behörde widerspricht (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Einen solchen abweichenden Willen der Bezirksregierung hat das Berufungsgericht aber, wie ausgeführt, hier rechtsfehlerfrei festgestellt.

c) In der Begründung der polizeilichen Verfügung vom 4. Dezember 1992 wird allerdings erwähnt - und das beklagte Land hat sich in den Tatsacheninstanzen hierauf auch berufen - die Klägerin habe nach den örtlichen Feststellungen vom März und August 1992 in weiten Teilen des Abbaugebiets
gegen die Auflage II Nr. 9 der Erlaubnis vom 28. Mai 1965 (Einhaltung eines Böschungswinkels von 1:2) verstoßen sowie keinen Nachweis über die Verfügbarkeit geeigneten "rolligen" Materials für die Wiederverfüllung erbracht. Dieses - bestrittene - Beklagtenvorbringen, das in dem beanstandeten Verwaltungsakt schon angelegt ist und mindestens deswegen hier bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. im übrigen auch BGHZ 127, 223, 227 ff.), könnte nunmehr für die Frage einer Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung Bedeutung gewinnen. Ein Kiesabbau unter Verstoß gegen Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Erlaubnis wäre von deren Legalisierungswirkung nicht mehr gedeckt und darum illegal. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die obere Wasserbehörde hierauf - ganz oder teilweise - mit der Untersagung weiterer Auskiesung reagieren durfte. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus mit Recht - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
2. Entgegen der Ansicht des Beklagten, der sich auch das Landgericht angeschlossen hat, läßt sich jedenfalls nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien auch ein Verschulden der handelnden Beamten nicht verneinen. Bei der Rechtsanwendung hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Rechtslage mit den ihm zu Gebote stehenden Hilfsmitteln sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Meinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet dann einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar anzusehen ist, kann aus der späteren Mißbilligung dieser Auffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (st. Rspr. des Senats; z.B. BGHZ 119, 365, 369 f.; Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 27/93 - NJW 1994, 3158, 3159; Urteil vom 13. Juli 1995
- III ZR 160/94 - NJW 1995, 2918, 2920, insoweit in BGHZ 130, 232 nicht abgedruckt ). Indessen ist aus der allein vorgelegten Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 nicht ersichtlich, daß die Bezirksregierung die Frage, ob sich eine Schutzgebietsverordnung unmittelbar gegen die auf einer wasserrechtlichen Erlaubnis beruhende Benutzungsbefugnis durchsetzt, in dieser Weise sorgfältig geprüft hätte. Die bloße Verweisung in der Begründung auf zwei erstinstanzliche Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Koblenz, von denen das Urteil vom 15. Oktober 1982 (7 K 213/81) auf die Streitfrage kaum eingeht und der Beschluß vom 9. Januar 1991 (1 L 4091/90) - hinsichtlich einer durch Planfeststellung genehmigten Ausbaumaßnahme - sie letztlich offenläßt, reicht angesichts der Komplexität der Fragestellung schon nicht aus, selbst wenn dieselbe Auffassung außerdem auch in der Fachliteratur vertreten wird (Beile, § 13 Anm. 4.2). Das gilt zumal deswegen, weil das zuständige Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung vom 9. Januar 1991 mit Beschluß vom 25. Januar 1991 (1 B 10038/91) bereits eine gegenteilige Auffassung vertreten und auch der 10. Senat desselben Gerichts im vorausgegangenen Normenkontrollverfahren die Frage ausdrücklich offengelassen hatte (Urteil vom 26. August 1992 - 10 C 11217/91). An beiden Verfahren war der Regierungspräsident Koblenz beteiligt. Ebensowenig entlastet den Beklagten im Sinne der "KollegialgerichtsRichtlinie" des Senats die Billigung der Rechtsauffassung seiner Behörden durch das Verwaltungsgericht Koblenz im Verfahren über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Eine Entscheidung im summarischen Verfahren genügt dafür nicht (BGHZ 117, 240, 250).
3. Schließlich ist auch die Möglichkeit eines über den bereits rechtskräftig abgewiesenen Betrag von 1.020.000 DM hinausgehenden Schadens gegeben.
Anders als für die Zahlungsklage, bei der es hier an einer schlüssigen Schadensberechnung fehlte, braucht bei einer Feststellungsklage der regelmäßig noch ungewisse Schaden vom Kläger nicht näher dargelegt zu werden.
4. In bezug auf die polizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 hat die Klägerin ferner alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten eines Primärrechtsschutzes (§ 839 Abs. 3 BGB) wahrgenommen.

IV.


Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO), damit es die fehlenden Feststellungen noch treffen kann.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Vorübergehende Verschlechterungen des Zustands eines oberirdischen Gewässers verstoßen nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn

1.
sie auf Umständen beruhen, die
a)
in natürlichen Ursachen begründet oder durch höhere Gewalt bedingt sind und die außergewöhnlich sind und nicht vorhersehbar waren oder
b)
durch Unfälle entstanden sind,
2.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um eine weitere Verschlechterung des Gewässerzustands und eine Gefährdung der zu erreichenden Bewirtschaftungsziele in anderen, von diesen Umständen nicht betroffenen Gewässern zu verhindern,
3.
nur solche Maßnahmen ergriffen werden, die eine Wiederherstellung des vorherigen Gewässerzustands nach Wegfall der Umstände nicht gefährden dürfen und die im Maßnahmenprogramm nach § 82 aufgeführt werden und
4.
die Auswirkungen der Umstände jährlich überprüft und praktisch geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um den vorherigen Gewässerzustand vorbehaltlich der in § 29 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Gründe so bald wie möglich wiederherzustellen.

(2) Wird bei einem oberirdischen Gewässer der gute ökologische Zustand nicht erreicht oder verschlechtert sich sein Zustand, verstößt dies nicht gegen die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 und 30, wenn

1.
dies auf einer neuen Veränderung der physischen Gewässereigenschaften oder des Grundwasserstands beruht,
2.
die Gründe für die Veränderung von übergeordnetem öffentlichen Interesse sind oder wenn der Nutzen der neuen Veränderung für die Gesundheit oder Sicherheit des Menschen oder für die nachhaltige Entwicklung größer ist als der Nutzen, den die Erreichung der Bewirtschaftungsziele für die Umwelt und die Allgemeinheit hat,
3.
die Ziele, die mit der Veränderung des Gewässers verfolgt werden, nicht mit anderen geeigneten Maßnahmen erreicht werden können, die wesentlich geringere nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben, technisch durchführbar und nicht mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden sind und
4.
alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die nachteiligen Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu verringern.
Bei neuen nachhaltigen Entwicklungstätigkeiten des Menschen im Sinne des § 28 Nummer 1 ist unter den in Satz 1 Nummer 2 bis 4 genannten Voraussetzungen auch eine Verschlechterung von einem sehr guten in einen guten Gewässerzustand zulässig.

(3) Für Ausnahmen nach den Absätzen 1 und 2 gilt § 29 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Aufgabe der Gewässeraufsicht ist es, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.

(2) Auf Grund dieses Gesetzes und nach landesrechtlichen Vorschriften erteilte Zulassungen sind regelmäßig sowie aus besonderem Anlass zu überprüfen und, soweit erforderlich, anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 296/98
Verkündet am:
3. Februar 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------

a) Die nach § 7 WHG erteilte wasserrechtliche Erlaubnis begründet eine
Legalisierungswirkung für die gestattete Gewässerbenutzung. Ohne
Widerruf der Erlaubnis kann eine solche Nutzung - soweit sie sich im
Rahmen der Erlaubnis hält - nicht auf der Grundlage der (wasser-)polizeilichen
Generalklausel untersagt werden. Das gilt auch dann, wenn
die Gewässerbenutzung nun im Widerspruch zu einer nachträglich ergangenen
Wasserschutzgebietsverordnung steht.

b) Gegenüber einem Amtshaftungsanspruch aufgrund rechtswidriger Untersagung
einer erlaubten Gewässerbenutzung ist der Einwand rechtmäßigen
Alternativverhaltens wegen eines sonst gebotenen Widerrufs
der wasserrechtlichen Erlaubnis jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn
ein solcher Widerruf der erkennbaren damaligen Absicht der Verwaltungsbehörde
widersprochen hätte.
BGH, Urteil vom 3. Februar 2000 - III ZR 296/98 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28. Oktober 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Feststellungsklage in bezug auf die Verpflichtung zum Ersatz des aus der polizeilichen Verfügung vom 4. Dezember 1992 folgenden weiteren Schadens abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin ist Inhaberin einer widerruflichen wasserrechtlichen Erlaubnis vom 28. Mai 1965 zur Naßauskiesung auf dem Grundstück Gemarkung H., Flur 6, Parzelle Nr. 1. Das Kiesabbaugebiet liegt nunmehr in den Schutzzonen II und III A einer von der Bezirksregierung Koblenz am 17. April 1991 erlassenen Wasserschutzgebietsverordnung. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 und Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung sind in beiden Schutzzonen Veränderungen und Aufschlüsse der Erdoberfläche, selbst wenn Grundwasser nicht aufgedeckt wird, insbesondere Fischteiche, Kies- und Sandgruben, verboten. Ein Normenkontrollantrag der Klägerin hiergegen ist erfolglos geblieben.
Durch sofort vollziehbare polizeiliche Verfügung vom 9. Januar 1992 untersagte die Bezirksregierung Koblenz als obere Wasserbehörde der Klägerin zunächst auf einer Teilfläche, sodann mit einer ebenfalls für sofort vollziehbar erklärten Verfügung vom 4. Dezember 1992 auch im übrigen Bereich des in der Erlaubnis umschriebenen Grundstücks den weiteren Kiesabbau. Die wasserpolizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 wurde mit Verstößen gegen die Schutzgebietsfestsetzung vom 17. April 1991 begründet, deren Verbote unmittelbar wirkten, ohne daß es dazu eines Widerrufs der wasserrechtlichen Erlaubnis bedürfe. Über die von der Klägerin gegen beide Bescheide eingelegten Widersprüche ist noch nicht entschieden; auf deren Antrag stellte jedoch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Beschluß vom 1. September 1993 (1 B 10702/93) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die polizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 wieder her.
Mit der Klage hat die Klägerin das beklagte Land wegen beider Polizeiverfügungen aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz bzw. nach dem rheinland-pfälzischen Polizeiverwaltungsgesetz auf Entschädigung in Anspruch genommen. Ihren Schaden hat sie in erster Linie mit nutzlos aufgewendeten Vorhaltekosten für einen Radlader und einen LKWKipper begründet und ihn für die Jahre 1992 bis 1994 auf 1.020.000 DM beziffert. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß der Beklagte ihr zum Ersatz jedes weiteren durch die beiden polizeilichen Verfügungen entstandenen und noch entstehenden Schadens verpflichtet sei. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hat der Senat nur hinsichtlich der Feststellungsklage und nur insoweit angenommen , als diese die Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 betrifft.

Entscheidungsgründe


Im Umfang der Annahme führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klägerin habe gegen den Beklagten weder Amtshaftungsansprüche (§ 839 BGB, Art. 34 GG) noch einen Ausgleichsanspruch gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 RhPfPOG (richtig: PVG in der
Fassung vom 1. August 1981, da die Neufassung des Polizeiverwaltungsgesetzes unter der Überschrift Polizei- und Ordnungsbehördengesetz [POG] durch das Ä nderungsgesetz vom 8. Juni 1993 erst am 1. September 1993 in Kraft getreten ist). Selbst wenn man die Polizeiverfügung vom 4. Dezember 1992 wegen der fortdauernden wasserrechtlichen Erlaubnis vom 28. Mai 1965 als rechtswidrig ansehe, hätte ein verfahrensmäßig rechtmäßiges Verhalten der Behörde, nämlich der Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis, zu demselben Schaden geführt. Der Bescheid vom 4. Dezember 1992 könne zwar nicht in einen Widerruf der Erlaubnis umgedeutet werden. Hätte die Bezirksregierung aber die Rechtsauffassung vertreten, die Schutzgebietsfestsetzung entziehe der wasserrechtlichen Erlaubnis nicht schon von sich aus die rechtliche Grundlage und Wirksamkeit, so hätte sie diese zwingend widerrufen müssen , da jede eigene Ermessensausübung bereits durch die Rechtsverordnung vorweggenommen worden sei. Eine Verpflichtung zur Entschädigung der Klägerin wäre damit nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht verbunden gewesen.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob das durch die Polizeiverfügung vom 4. Dezember 1992 angeordnete Verbot jeglichen weiteren Kiesabbaus rechtswidrig (und amtspflichtwidrig) war. Zugunsten der Klägerin ist dies deswegen - zunächst - auch für die Revisionsinstanz zu unterstellen.

2. Nicht zu folgen ist dem Berufungsgericht indessen darin, daß das beklagte Land allen hieraus etwa hergeleiteten Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nach § 839 BGB, Art. 34 GG oder - sofern hier unmittelbar oder entsprechend anwendbar - gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 RhPfPVG, gegebenenfalls auch aus enteignungsgleichem Eingriff, den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegenhalten könne.

a) Die Berufung des Schädigers auf rechtmäßiges Alternativverhalten, d.h. der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein (BGHZ 96, 157, 171 ff.; 120, 281, 285 f.; BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95 - NJW-RR 1997, 562, 563 f.; vom 24. April 1997 - VII ZR 106/95 - NJW-RR 1997, 1106, 1107 = WM 1997, 1583, 1584; Senatsurteil vom 11. Dezember 1997 - III ZR 52/97 - NJW 1998, 1307, 1308). Entscheidend ist der Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (BGHZ 96, 157, 173; 120, 281, 286). Bei Amtshaftungsansprüchen hat der Bundesgerichtshof rechtmäßiges Alternativverhalten insbesondere berücksichtigt, wenn der Behörde ein Verfahrensfehler unterlaufen war und sie bei einem ordnungsgemäßen Verfahren zu der gleichen Entscheidung hätte kommen oder sofern sie selbst eine fehlende Rechtsgrundlage pflichtgemäß hätte schaffen müssen (vgl. BGHZ 63, 319, 325 f.; Senatsurteile vom 30. April 1959 - III ZR 4/58 - NJW 1959, 1316, 1317; vom 11. Juli 1963 - III ZR 44/62 - VersR 1963, 1175, 1176; vom 2. November 1970 - III ZR 173/67 - NJW 1971, 239; vom 6. Juli 1995 - III ZR 145/94 - NJW 1995, 2778, 2780; Beschluß vom 26. September 1996 - III ZR 244/95 - UPR 1997, 71, 72 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1
Kausalität 10; s. auch BGH, Urteil vom 16. Juni 1988 - IX ZR 69/87 - WM 1988, 1454, 1456 f.).

b) Mit diesen Fallgestaltungen ist der Streitfall indessen nicht vergleichbar , unabhängig von den weiteren - hier nicht zu entscheidenden - Fragen, ob der vom Berufungsgericht als rechtmäßige Alternative angesehene Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis noch fristgemäß (§§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 LVwVfG i.d.F. vom 23. Dezember 1976, 110 Abs. 1 LWG) erfolgen konnte und die Wasserbehörde insbesondere hierzu auch verpflichtet gewesen wäre, was die Revision nicht ohne Grund bekämpft. Im Rahmen der Kausalitätserwägungen würde durch die Berücksichtigung einer solchen hypothetischen Variante nicht nur an die Stelle einer aus materiellen Gründen rechtswidrigen Verwaltungsentscheidung ein abweichender Verwaltungsakt mit wesentlich anderem rechtlichem Inhalt und auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage, lediglich tatsächlich mit demselben Ergebnis (Unzulässigkeit weiterer Auskiesung des Grundstücks) gesetzt, dessen Rechtsfolgen zudem unter dem Gesichtspunkt denkbarer Entschädigungspflicht (§§ 19 Abs. 3 WHG, 49 Abs. 5 VwVfG a.F.) ungeklärt wären, sondern dieser alternative Verwaltungsakt widerspräche nach den im Zusammenhang mit der Umdeutung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch dem damaligen - in Kenntnis der rechtlichen Problematik gebildeten - Willen der oberen Wasserbehörde. Die insoweit auf Verletzung des § 286 ZPO gestützte Gegenrüge der Revisionserwiderung hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 565 a ZPO). Bei einer derartigen Sachlage muß sich billigerweise die Verwaltungsbehörde an ihrer getroffenen Entscheidung gleichermaßen festhalten lassen wie es im Haftungsprozeß dem Geschädigten unzumutbar ist, sich auf
einen hypothetischen Verwaltungsakt dieser Art einzulassen, nicht zuletzt im Hinblick auf die sich an beide Verwaltungsentscheidungen knüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen. Ein solches Nebeneinander von wirklicher und fiktiver Rechtslage könnte überdies zu Rechtsunsicherheit und erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, wie sie beispielhaft bei der Behandlung eines etwaigen fiktiven Entschädigungsanspruchs als Folge eines Widerrufs hervortreten.
Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher nicht bestehenbleiben.

III.


Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand stellt sich die jetzt noch im Streit befindliche Teilabweisung des Feststellungsantrags auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Revisionsrechtlich läßt sich weder die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung noch eine für den (weiteren) Schaden ursächliche Amtspflichtverletzung verneinen. Die bisherigen Feststellungen ergeben keinen Verstoß der Klägerin gegen die wasserrechtliche Ordnung, der auf der Grundlage von § 93 Abs. 1 Satz 1 LWG allein ein Einschreiten der Wasserbehörde hätte rechtfertigen können.

a) Solange die wasserrechtliche Erlaubnis vom 28. Mai 1965 nicht widerrufen war, konnte die Klägerin gegen die Abbauverbote der Wasserschutzge-
bietsverordnung nicht verstoßen. Eine durch Verwaltungsakt erlaubte Gewässerbenutzung ist, soweit und solange sie durch die Erlaubnis gedeckt ist, rechtmäßig (Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 2. Aufl. 1987, Rn. 74). Der von der oberen Wasserbehörde angenommenen, sich unmittelbar gegen die Erlaubnis durchsetzenden Wirkung der Rechtsverordnung stand, wie bereits das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Eilverfahren über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs entschieden hat (Beschluß vom 1. September 1993 - 1 B 10702/93), die Legalisierungswirkung der wasserrechtlichen Erlaubnis entgegen. Diese Beurteilung ist zwar, da eine Entscheidung im Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht rechtskräftig feststellt, für die Zivilgerichte nicht bindend. Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts jedoch an.
aa) Die Erteilung einer behördlichen Genehmigung für eine Anlage oder gewerbliche Tätigkeit schließt es aus, den bestimmungsgemäßen Betrieb des Unternehmens innerhalb der von der Genehmigung festgesetzten Grenzen als polizeiwidrige Störung zu werten und mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu bekämpfen. Dieser Rechtssatz ist - gleichgültig, woraus er im einzelnen zu begründen sein mag (Sinngehalt, Tatbestands- oder Bindungswirkung des Verwaltungsakts, Vertrauensschutz, Verbot eines venire contra factum proprium, Einheit oder Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung; vgl. etwa Fluck, VwA 79 [1988], 406, 409 ff.; Peine, JZ 1990, 201, 209 ff.; Schink, GewA 1996, 50, 58), im Grundsatz in Rechtsprechung und Schrifttum seit langem anerkannt (PrOVGE 82, 351, 357; BVerwGE 55, 118, 120 ff.; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1990, 781, 783; 94, 698; BayVGH NVwZ 1992, 905; NVwZ-RR 1994, 314, 315; Fluck, aaO S. 406 ff.; Papier, DVBl. 1985, 873, 875 f.; Friauf in
Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, 2. Abschnitt Rn. 79; jeweils m.w.N.) und wird seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Dezember 1977 (BVerwGE 55, 118) gewöhnlich als "Legalisierungswirkung" der Genehmigung bezeichnet (kritisch zur Begriffsbildung Peine, JZ 1990, 201 ff.). Innerhalb des Wasserrechts gilt er nicht nur für die einem Benutzer als subjektives Recht gewährte Bewilligung (§ 8 WHG; Breuer, JuS 1986, 359, 363; Peine, JZ 1990, 201, 211), sondern auch für die schwächere , nach § 7 WHG kraft Gesetzes widerrufliche Erlaubnis (Schink, DVBl. 1986, 161, 166 f.; Himmel, Kommentar zum LWG Rheinland-Pfalz und zum WHG, Stand Mai 1990, § 93 LWG/§ 21 WHG Rn. 26 f., a.A. möglicherweise Czychowski, § 7 Rn. 2). Die Erlaubnis begründet zwar kein subjektiv-öffentliches Recht, sondern lediglich eine öffentlich-rechtliche Benutzungsbefugnis (BGHZ 88, 34, 40 f.; Senatsurteil vom 5. Oktober 1995 - III ZR 61/93 - NVwZ 1996, 821, 822 f. = WM 1996, 1228, 1229; Czychowski, § 7 Rn. 2; Sieder/Zeitler /Knopp, § 7 Rn. 5; vgl. auch BVerwG ZfW 1994, 390). Infolge ihrer Widerruflichkeit sind die Bestandskraft des Verwaltungsakts und damit verbunden die Vertrauensgrundlage für den Begünstigten gemindert. Das alles ändert aber nichts daran, daß auch die wasserrechtliche Erlaubnis dem Benutzer eine nicht beliebig entziehbare und darum gegen (wasser-)polizeiliche Eingriffe ähnlich bestandsfeste Rechtsposition verschafft; die Widerruflichkeit der Erlaubnis darf nicht als Schutzlosigkeit mißdeutet werden (Salzwedel in Erichsen [Hrsg], Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, § 44 Rn. 15; in der 11. Aufl. nicht mehr enthalten). Einzelne Widerrufsgründe sind im Wasserhaushaltsgesetz (vgl. § 12 Abs. 2 für die Bewilligung) oder in den Wassergesetzen der Länder näher bestimmt. Darüber hinaus genügt nicht jeder denkbare Grund; der Widerruf muß sich vielmehr auch im Rahmen der gesetzlichen Ziele halten, die der Erlaubnis zugrunde liegen (vgl. BVerwG ZfW 1987, 149), und hat die
Grenzen des Ermessens zu beachten, darf namentlich bei bereits ins Werk gesetzten Benutzungen die wirtschaftlichen Belange des Unternehmers nicht außer acht lassen (s. im einzelnen Breuer, Rn. 438 ff.; Czychowski, § 7 Rn. 24 f.). Zeitlich ist der Widerruf an die Jahresfrist der §§ 49 Abs. 2 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG gebunden. Dieses differenzierte Regelungsgefüge darf, soweit die Erlaubnis reicht, nicht durch Anwendung der (wasser-)polizeilichen Generalklausel außer Kraft gesetzt werden, selbst wenn dabei - wie hier - dieselbe Behörde handelt; die Erlaubnis entfaltet insoweit eine Sperrwirkung.
bb) Daß sich im Streitfall durch die Festsetzung des Wasserschutzgebiets nachträglich die Rechtslage geändert hatte, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Im Gegenteil ergibt sich aus der Regelung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwVfG, daß auch geänderte Rechtsvorschriften allenfalls zum Widerruf eines ursprünglich rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts berechtigen und daß die Wirksamkeit der nach früherer Rechtslage erlassenen Verwaltungsakte hierdurch nicht einfach beseitigt wird (vgl. dazu BVerwGE 59, 148, 161; 64, 24, 28; 69, 1, 3; Kopp, § 49 Rn. 41). Für Dauerverwaltungsakte gilt nichts anderes. Auch der Festsetzung von Wasserschutzgebieten sind trotz ihrer erheblichen Bedeutung für das Gemeinwohl nicht ausnahmsweise weitergehende Rechtswirkungen zuzuerkennen, insbesondere besagt der Umstand, daß in solchen Schutzgebieten gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 WHG bestimmte Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt werden können, nichts über das Verhältnis derartiger Verbote zu früher erteilten Bewilligungen oder Erlaubnissen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 1. September 1993 aaO; a.A. Beile, Wassergesetz für das Land Rheinland-Pfalz, Stand Juni 1998, § 13 Anm. 4.2; Himmel, aaO, § 93 LWG/§ 21 WHG Rn. 26). Die mit der Ausweisung von Wasserschutzgebieten verfolgten öffentlichen Ziele lassen
sich angesichts des begrenzten Umfangs ihrer Schutzzonen und der bereits vorausgegangenen Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungsverfahren ausreichend und zeitnah unter Berücksichtigung auch des notwendigen Individualrechtsschutzes mittels Einleitung von Widerrufsverfahren durchsetzen.

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht es ferner abgelehnt, die insoweit, als es um eine Durchsetzung der Schutzgebietsfestsetzung geht, fehlerhafte Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 gemäß § 47 VwVfG in einen Widerruf der wasserrechtlichen Erlaubnis umzudeuten. Die Umdeutung eines Verwaltungsakts ist zwar grundsätzlich zulässig, sofern die an die Stelle der ursprünglichen Entscheidung tretende, im Entscheidungssatz anders geartete Regelung auf das gleiche materielle Regelungsziel wie die ursprüngliche Verwaltungsentscheidung gerichtet ist (BVerwGE 62, 300, 306; 80, 96, 97; BGH, Beschluß vom 28. September 1999 - KVR 29/96 - WRP 2000, 196, 198; Kopp, § 47 Rn. 3, 8). Das kann auch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (BVerwGE 62, 300, 306; BVerwG DVBl 1984, 431 = NVwZ 1984, 645; BGH aaO; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Aufl. 1998, § 47 Rn. 11; a.A. Kopp, § 47 Rn. 4). Welche Grenzen dafür bestehen, ist hier nicht entscheidend. Eine Umdeutung setzt jedenfalls voraus, daß der anderslautende Verwaltungsakt nicht der erkennbaren Absicht der erlassenen Behörde widerspricht (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Einen solchen abweichenden Willen der Bezirksregierung hat das Berufungsgericht aber, wie ausgeführt, hier rechtsfehlerfrei festgestellt.

c) In der Begründung der polizeilichen Verfügung vom 4. Dezember 1992 wird allerdings erwähnt - und das beklagte Land hat sich in den Tatsacheninstanzen hierauf auch berufen - die Klägerin habe nach den örtlichen Feststellungen vom März und August 1992 in weiten Teilen des Abbaugebiets
gegen die Auflage II Nr. 9 der Erlaubnis vom 28. Mai 1965 (Einhaltung eines Böschungswinkels von 1:2) verstoßen sowie keinen Nachweis über die Verfügbarkeit geeigneten "rolligen" Materials für die Wiederverfüllung erbracht. Dieses - bestrittene - Beklagtenvorbringen, das in dem beanstandeten Verwaltungsakt schon angelegt ist und mindestens deswegen hier bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. im übrigen auch BGHZ 127, 223, 227 ff.), könnte nunmehr für die Frage einer Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung Bedeutung gewinnen. Ein Kiesabbau unter Verstoß gegen Nebenbestimmungen der wasserrechtlichen Erlaubnis wäre von deren Legalisierungswirkung nicht mehr gedeckt und darum illegal. Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die obere Wasserbehörde hierauf - ganz oder teilweise - mit der Untersagung weiterer Auskiesung reagieren durfte. Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus mit Recht - keine Feststellungen getroffen. Das wird nachzuholen sein.
2. Entgegen der Ansicht des Beklagten, der sich auch das Landgericht angeschlossen hat, läßt sich jedenfalls nach dem bisherigen Sachvortrag der Parteien auch ein Verschulden der handelnden Beamten nicht verneinen. Bei der Rechtsanwendung hat jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes die Rechtslage mit den ihm zu Gebote stehenden Hilfsmitteln sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Meinung zu bilden. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet dann einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht des Amtsträgers als rechtlich vertretbar anzusehen ist, kann aus der späteren Mißbilligung dieser Auffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (st. Rspr. des Senats; z.B. BGHZ 119, 365, 369 f.; Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 27/93 - NJW 1994, 3158, 3159; Urteil vom 13. Juli 1995
- III ZR 160/94 - NJW 1995, 2918, 2920, insoweit in BGHZ 130, 232 nicht abgedruckt ). Indessen ist aus der allein vorgelegten Untersagungsverfügung vom 4. Dezember 1992 nicht ersichtlich, daß die Bezirksregierung die Frage, ob sich eine Schutzgebietsverordnung unmittelbar gegen die auf einer wasserrechtlichen Erlaubnis beruhende Benutzungsbefugnis durchsetzt, in dieser Weise sorgfältig geprüft hätte. Die bloße Verweisung in der Begründung auf zwei erstinstanzliche Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Koblenz, von denen das Urteil vom 15. Oktober 1982 (7 K 213/81) auf die Streitfrage kaum eingeht und der Beschluß vom 9. Januar 1991 (1 L 4091/90) - hinsichtlich einer durch Planfeststellung genehmigten Ausbaumaßnahme - sie letztlich offenläßt, reicht angesichts der Komplexität der Fragestellung schon nicht aus, selbst wenn dieselbe Auffassung außerdem auch in der Fachliteratur vertreten wird (Beile, § 13 Anm. 4.2). Das gilt zumal deswegen, weil das zuständige Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung vom 9. Januar 1991 mit Beschluß vom 25. Januar 1991 (1 B 10038/91) bereits eine gegenteilige Auffassung vertreten und auch der 10. Senat desselben Gerichts im vorausgegangenen Normenkontrollverfahren die Frage ausdrücklich offengelassen hatte (Urteil vom 26. August 1992 - 10 C 11217/91). An beiden Verfahren war der Regierungspräsident Koblenz beteiligt. Ebensowenig entlastet den Beklagten im Sinne der "KollegialgerichtsRichtlinie" des Senats die Billigung der Rechtsauffassung seiner Behörden durch das Verwaltungsgericht Koblenz im Verfahren über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Eine Entscheidung im summarischen Verfahren genügt dafür nicht (BGHZ 117, 240, 250).
3. Schließlich ist auch die Möglichkeit eines über den bereits rechtskräftig abgewiesenen Betrag von 1.020.000 DM hinausgehenden Schadens gegeben.
Anders als für die Zahlungsklage, bei der es hier an einer schlüssigen Schadensberechnung fehlte, braucht bei einer Feststellungsklage der regelmäßig noch ungewisse Schaden vom Kläger nicht näher dargelegt zu werden.
4. In bezug auf die polizeiliche Verfügung vom 4. Dezember 1992 hat die Klägerin ferner alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten eines Primärrechtsschutzes (§ 839 Abs. 3 BGB) wahrgenommen.

IV.


Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 ZPO), damit es die fehlenden Feststellungen noch treffen kann.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.