Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2015 - M 19 DK 14.1889

bei uns veröffentlicht am22.06.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Beklagte wird wegen eines Dienstvergehens in das Amt eines … (A 8) zurückgestuft.

II. Die Dauer der Beförderungssperre wird auf 30 Monate verkürzt.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der 1968 geborene Beklagte machte 1983 den Hauptschulabschluss. Von 1983 bis 1986 absolvierte er eine Schlosserlehre, die er mit der Gesellenprüfung abschloss.

Mit Wirkung vom 1. April 1991 wurde der Beklagte in den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst der Klägerin als Feuerwehrmannanwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt. Sein dienstlicher Werdegang verlief wie folgt:

„…03.1992 Ernennung zum Oberfeuerwehrmann z.A. unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe

…03.1993 Ernennung zum Oberfeuerwehrmann

…02.1995 Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

…09.1999 Ernennung zum Oberbrandmeister

…09.2001 Ernennung zum Hauptbrandmeister

…09.2003 Gewährung einer Zulage.“

Seit 1. Januar 2001 führt der Beklagte die Dienstbezeichnung Brandinspektor.

Im Rahmen der periodischen Beurteilung zum … Februar 2010 wurde der Beklagte mit 11 Punkten, im Jahr 2014 mit 12 Punkten beurteilt. Ihm wurden Leistungsprämien zugesprochen, am 9. Juli 2007 in Höhe von 700,- €, im Jahr 2014 in Höhe von 1.000,- €.

Der Beklagte ist in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei Kinder im Alter von neun und vierzehn Jahren.

Der Beklage ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:

Mit Urteil des Amtsgerichts … vom 24. Juli 2013, rechtskräftig seit 1. August 2013 (Az.: 19 Ds 205 Js 127940/12), wurde der Beklagte wegen eines gemeinschaftlich begangenen versuchten Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Dem Urteil liegen folgende tatsächliche Feststellungen zu Grunde:

„Die Angeklagten sind miteinander verheiratet. Der Angeklagte A. S. ist Beamter bei der Berufsfeuerwehr und bezieht dort ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von durchschnittlich 3.400,- EUR. Die Angeklagte J. S. ist gelernte Rechtsanwaltsgehilfin und bezieht monatlich ca. 1.100 EUR. Beide Angeklagte sind Eltern von zwei Kindern im Alter von 12 Jahren und 6 Jahren. Ihr Eigenheim tilgen sie mit monatlich 1.700 EUR.

Im Bundeszentralregister ist für beide Angeklagte kein Eintrag enthalten.

Die … … GmbH; …straße 165, …, arbeitet als Darlehensvermittlerin der … Bank, Geschäftsbereich der D. P. AG, …- …-Straße 114-126, … Als Kreditvermittler übersendet die … vorsorgewerk GmbH die von den Darlehensnehmern bei ihr eingereichten Unterlagen zur Bonitätsprüfung und zum Vertragsschluss an die … Bank Niederlassung in …, Postfach …, … Die Angeklagten J. S. und A. S. hatten am 27. April 2012 im Stadtgebiet von … ein Darlehensvertragsangebot unterzeichnet und dieses zwischen dem 5. Mai 2012 und dem 9. Mai 2012 bei der … vorsorgewerk GmbH eingesandt, damit dies von dort an die … Bank weitergeleitet würde.

Darlehensnehmer sollten laut Vertragsangebot die beiden Angeklagten und Darlehensgeber sollte die … Bank sein. Der Darlehensbetrag sollte 75.000 EUR betragen und mit Darlehensschluss fällig sein. Die Vertragslaufzeit sollte 240 Monate betragen. Den Darlehensbetrag sollte die … Bank an die folgenden, bisherigen Darlehensgeber des Angeklagten A. S. bezahlen, um die dortigen Darlehen, soweit möglich, zu tilgen: 5.543,79 EUR an die … Bank GmbH, 58.892,08 EUR an die … und 12.084,63 EUR an die … … Bank AG. Soweit ein Restbetrag verbliebe, sollte dieser auf das Konto Nr.: … …, BLZ: … … …, ausbezahlt werden.

Als Sicherheit für den Darlehensvertrag bot der Angeklagte A. S. der … Bank an, eine Lebensversicherung über 75.009 EUR bei der … B. L. AG abzuschließen und die Bezugsrechte an die … Bank abzutreten. Weiter bot er der … Bank an, ihr seine Versorgungsbezüge bis zu einem Betrag von 75.000 EUR abzutreten.

In dem Darlehensangebot erklärten die Angeklagten zugleich stillschweigend bewusst wahrheitswidrig, dass sie bereit und in der Lage seien, die erforderlichen Zins- und Tilgungszahlungen zu leisten. Tatsächlich rechneten die beiden Angeklagten mit der Möglichkeit, dass sie das Darlehen nicht zurückzahlen könnten. Auch rechneten sie damit, dass ihnen die … Bank dieses Darlehen nicht gewähren würde, wenn diese ihre tatsächliche wirtschaftliche Lage, insbesondere die Kontostände des gemeinsamen Kontos Nr.: … … …, BLZ: … … …, bei der … Bank und des Kontos Nr.: … …, BLZ: … … …, des Angeklagten A. S. bei der … Bank … eG kennen würde.

Am 5. Mai 2012 wiesen sich die beiden Angeklagten zudem in der Filiale der … … AG im Wege des Postidentverfahrens aus.

Auf Nachfrage übersandten die beiden Angeklagten zwischen dem 14. Mai 2012 und dem 15. Mai 2012 für die Konten Nr.: … …, BLZ: … … … und Nr.: … … …, BLZ: … … …, Ausdrucke der nachbenannten Onlinekontoauszüge an die … vorsorgewerk GmbH. Auf diesen vermeintlich so von der … Bank und der … Bank … eG erstellten Kontoauszüge hatten die Angeklagten u.a. die jeweiligen Kontosalden wie in der Anlage 1 aufgeführt verändert.

Es kam ihnen darauf an, mit Hilfe dieser veränderten Kontoauszüge ihren falschen Angaben Nachdruck zu verleihen und die zuständigen Mitarbeiter der … Bank über ihre Bonität zu täuschen, damit diese das gewünschte Darlehen auszahlen.

Von den zuständigen Mitarbeitern der … vorsorgewerk GmbH wurden die von den Angeklagten eingereichten Unterlagen an die … Bank in … übersandt.

Entgegen der Vorstellung der wie geplant in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken handelnden Angeklagten erkannten die zuständigen Mitarbeiter der … Bank, dass die eingereichten Kontoauszüge manipuliert worden waren und zahlten den Angeklagten die gewünschte Darlehenssumme in Höhe von 75.000 EUR nicht aus.

Wäre die Auszahlung geglückt, wäre ein Gefährdungsschaden in nicht bezifferbarer Höhe entstanden. Da als Sicherheit eine Lebensversicherung und die Bezugsrechte angeboten worden waren, wäre das Darlehen zumindest weitgehend abgesichert worden.“

Der Oberbürgermeister leitete mit Verfügung vom 6. November 2013 das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Der Beklagte wurde gehört und auf die Bindungswirkung des Strafurteils hingewiesen. Am 5. Februar 2014 nahm der Beklagte mündlich zu den Vorwürfen Stellung und räumte den festgestellten Sachverhalt voll umfänglich ein. Auf Antrag des Beklagten wurde der Gesamtpersonalrat beteiligt.

Mit am 5. Mai 2014 eingegangenem Schreiben vom 29. April 2014 hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München - Kammer für Disziplinarangelegenheiten des Landes - erhoben und beantragt,

gegen den Beklagten die geeignete und erforderliche Disziplinarmaßnahme zu verhängen.

Das Verhalten des Beklagten sei als außerdienstliche Pflichtverletzung gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG zu bewerten und erfülle die qualifizierenden Voraussetzungen. Auch der Versuch einer Straftat stelle ein vollendetes Dienstvergehen dar, da das Disziplinarverfahren nicht zwischen Vollendung und Versuch unterscheide. Die Disziplinarmaßnahem sei nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Zu Lasten des Beklagten sei davon auszugehen, dass der Gefährdungsschaden, obwohl er nicht voll bezifferbar sei, nicht unbeträchtlich ausgefallen wäre, wenn die Tat vollendet worden wäre. Zum anderen habe der Beklagte gefälschte Kontodaten eingereicht, um den Abschluss des Darlehensvertrages zu erreichen. Dies belege die erhöhte kriminelle Energie des Beklagten.

Zu Gunsten des Beklagten spreche, dass er bisher weder disziplinarrechtlich noch strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Auch habe er die Straftat gestanden und auch im Disziplinarverfahren im Rahmen der Schlussanhörung die Dienstpflichtverletzung voll umfänglich eingeräumt und Reue gezeigt.

Mildernd könne sich nicht auswirken, dass die Straftat im Versuchsstadium geblieben sei. Auch die Mittäterschaft des Beklagten neben seiner Ehefrau wirke sich nicht mildernd aus.

Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Beklage durch sein Verhalten das Vertrauen seines Dienstherrn massiv beeinträchtigt habe. Angemessen erscheine die Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das statusrechtliche Amt der Besoldungsgruppe A 8 als Oberbrandmeister.

Der Bevollmächtigte des Beklagten hat beantragt,

auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Zurückstufung zu erkennen.

Festzuhalten sei, dass hier eine außerdienstliche Pflichtverletzung vorliege. Ein Bezug zum Dienstposten des Beklagten bei der Feuerwehr sei nicht erkennbar. Auch habe der Beklagte am 5. Februar 2014 ausführlich die Hintergründe der Tat geschildert. Es habe sich um eine Verzweiflungstat gehandelt, weil ihm und seiner Ehefrau im Zusammenhang mit der Renovierung des Hauses die finanziellen Belastungen über den Kopf gewachsen seien. Dieser Tatbestand sei jedoch nicht eingetreten. Der Beklagte und seine Ehefrau seien ihren Zahlungsverpflichtungen stets nachgekommen. Neben der vermeintlichen finanziellen Belastung sei eine persönliche Belastung hinzugekommen, da mehrere Todesfälle in der Familie eingetreten seien. Mittlerweile seien die finanziellen Verhältnisse des Beklagten absolut geordnet und sein Leben verlaufe in geordneten Bahnen. In der Vorlage der gefälschten Kontoauszüge könne keine kriminelle Energie des Beklagten gesehen werden. Tatsache sei, dass die Fälschung von Kopien keine Straftat darstelle. Auch eine erhöhte kriminelle Energie könne bei dieser Kurzschlusstat nicht angenommen werden.

Aus Sicht des Beklagten stelle sich daher die Zurückstufung als eine über Gebühr harte Disziplinarmaßnahme dar. Der Beklagte wisse, dass er Fehler gemacht habe und habe sich stets dazu bekannt. Er leiste regelmäßig die Zahlungen auf seine Bewährungsauflage. Eine Herabstufung indes würde einen massiven Einschnitt bedeuten. Mit einer maßvollen Geldbuße gemäß Art. 8 BayDG bestünde Einverständnis.

Dazu hat die Klägerin ausgeführt, die Verhängung einer Geldbuße werde nicht als ausreichend angesehen, um das Dienstvergehen adäquat zu ahnden. Auch wenn die Fälschung von Kopien in strafrechtlicher Sicht keine Urkundenfälschung und somit keine Straftat darstelle, könne aus disziplinarischer Sicht gleichwohl eine erhöhte kriminelle Energie aus diesem Vorgehen abgeleitet werden, da es letztlich darum gegangen sei, dem Begehren des Beklagten besonderen Nachdruck zu verleihen. Für den Fall des Vorliegens eines Betrugs und einer Urkundenfälschung habe das Bundesverwaltungsgericht erschwerende Umstände bei der Maßnahmezumessung erkannt. Das Dienstvergehen sei nicht als Bagatellfall einzustufen und es lägen auch keine erheblich mildernden Umstände vor. Eine Zurückstufung des Beklagten erscheine erforderlich aber auch ausreichend.

Das Disziplinarklageverfahren wurde am 22. Juni 2015 mündlich verhandelt.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zurückzustufen in das Amt eines Oberbrandmeisters (A 8). Zur Begründung ihres Antrags hat sie auf die vorgelegten Schriftsätze verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die vom Beklagten geschilderten Todesfälle tragisch seien, jedoch keinerlei zeitlichen Bezug zur strafbaren Handlung aufwiesen.

Der Bevollmächtigte des Beklagten hat beantragt, auf eine mildere Maßnahme zu erkennen. Zu Gunsten des Beklagten sei die lange Verfahrensdauer zu würdigen. Die geschilderten Todesfälle wären die Ursache dafür gewesen, dass dem Beklagten seine finanzielle Situation über den Kopf gewachsen sei.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift, im Übrigen auf die vorgelegten Akten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage führt zur Zurückstufung des Beklagten in das Amt eines Oberbrandmeisters (A 8).

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Der Beklagte wurde in allen Verfahrensabschnitten gehört und die Personalvertretung beteiligt. Die Klageschrift entspricht den Vorgaben der Art. 58, 53 Abs. 1 BayDG.

Das dem Beklagten zur Last gelegte Dienstvergehen - gemeinschaftlich begangener versuchter Betrug - steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Beklagte hat das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen in vollem Umfang eingeräumt. Im Übrigen besteht insoweit auch die Bindungswirkung des Urteils des Amtsgerichts Augsburg vom 24. Juli 2013.

Der Beklagte hat damit ein schweres außerdienstliches Dienstvergehen im Sinn des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG begangen. Das außerdienstliche Verhalten des Beklagten erfüllt die besonders qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Ein durch einen Beamten begangener versuchter Betrug ist in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Auch folgt die Disziplinarwürdigkeit des außerdienstlichen Verhaltens des Beklagten aus dem einschlägigen Strafrahmen des § 263 StGB mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (vgl. BVerwG. Urt.v. 19.8.2010, Az.: 2 C 13/10 ).

Der Beklagte hat damit vorsätzlich und schuldhaft gegen die Gesetze verstoßen und gegen seine bestehende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten.

Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und den Umständen der Tatbegehung, zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beklagten für sein pflichtwidriges Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Betrieb und für Dritte (BVerwG, Urt.v. 29.5.2008, Az.: 2 C 59/07 ).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich danach Folgendes:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 10.9.2010, Az.: 2 B 97/09 ) ist bei einem außerdienstlich begangenen Betrug die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichteten Verfehlungen denkbar sind, ist zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und ihre Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In schweren Fällen außerdienstlich begangenen Betrugs erkennt die Rechtsprechung in der Regel auf die Höchstmaßnahme, während in minderschweren Fällen eine geringere Disziplinarmaßnahme indiziert ist.

Hier ist die Zurückstufung Orientierungsrahmen für die Maßnahmebemessung. Ausgangspunkt für diese Überlegung ist der Umstand, dass ein Schaden aufgrund der Entdeckung der Betrugshandlungen des Beklagten durch den Darlehensnehmer nicht eingetreten ist. Jedoch sind als gewichtige Erschwernisgründe zu werten, dass der Beklagte in sechs Fällen die vorgelegten, kopierten Kontoauszüge seines Kontos manipuliert und damit den Darlehensnehmer getäuscht hat. Das Verhalten zeigt aus Sicht des Gerichts, dass der Beklagte sehr wohl eine nicht unerhebliche kriminelle Energie aufgewendet hat, um die Darlehensgewährung zu erreichen. Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass im Hinblick auf die von dem Beklagten begangene Betrugshandlung durchaus gewichtige Erschwernisgründe vorliegen.

Nach Auffassung des Gerichts liegen anerkannte Milderungsgründe nicht vor, auch nicht der Milderungsgrund einer überwundenen, negativen Lebensphase. Das Gericht verkennt nicht, dass der Beklagte im Jahr 2009 den Tod seines Schwiegervaters und im Jahr 2010 den Tod des Onkels, des Bruders und der Mutter hinnehmen musste. Diese Schicksalsschläge stehen jedoch mit der finanziellen Situation des Beklagten und dem Umstand, dass er seine finanziellen Verpflichtungen und Belastungen nicht ordnen und nicht überblicken konnte, nicht in Beziehung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt die Berücksichtigung einer schwierigen inzwischen überwundenen Lebensphase vor allem dann nahe, wenn sich der Pflichtenverstoß als Folge der Lebensumstände darstellt (BVerwG, Urt.v. 27.1.2011, Az.: 2 A 5.09 ). Das ist im vorliegenden Fall gerade nicht der Fall. Wie der Beklagte selbst ausgeführt hat, ist es ihm zwischenzeitlich ohne fremde Hilfe gelungen, seine Vermögens- bzw. Darlehensverhältnisse zu ordnen und eine Übersicht über seine finanzielle Situation zu gewinnen. Dies wäre ihm zu einem früheren Zeitpunkt durchaus auch möglich gewesen. Die dargelegten Lebensumstände, nämlich die vier tragischen Todesfälle, lassen die schwere, außerdienstliche Verfehlung des Beklagten nicht in einem milderen Licht erscheinen.

Zu Gunsten des Beklagten wirkt sich aus, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist und seine dienstlichen Leistungen als überdurchschnittlich zu bezeichnen sind. Während des laufenden Verfahrens erhielt er eine weitere Leistungsprämie; auch wurde er 2014 mit 12 Punkten beurteilt.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände wirkt sich die außerdienstliche Straftat des Beklagten erheblich auf das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit aus. Der Beklagte hat das Vertrauen jedoch noch nicht endgültig verloren. Im Rahmen der Gesamtabwägung halten sich Milderungs- und Erschwernisgründe in etwa die Waage. Das Gericht geht insoweit davon aus, dass im Augenblick ein Mindestmaß an Vertrauen in den Beklagten noch gerechtfertigt ist und der Beklagte - wie er in der mündlichen Verhandlung erklärt hat - künftig seinen Dienstpflichten pflichtgemäß nachgehen wird.

Der Beklagte war folglich gemäß Art. 10 BayDG um eine Stufe in das Amt eines Oberbrandmeisters zurückzustufen.

Gemäß Art. 10 Abs. 3 Satz 2 BayDG hat das Gericht die Dauer der Beförderungssperre auf 30 Monate verkürzt. Dies erscheint bei wohlwollender Betrachtung der Dauer des Disziplinarverfahrens gerechtfertigt, um dem Beklagten einen Anreiz zu geben, weiterhin intensiv und engagiert seinen Dienstpflichten nachzukommen.

Die Maßnahme der Zurückstufung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Entsprechend dem Sinn des Disziplinarrechts, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu wahren, ist es notwendig, die Disziplinarmaßnahme so zu wählen, dass das Gewicht des Dienstvergehens einerseits dem dadurch eingetretenen Vertrauensschaden andererseits entspricht. Ins Verhältnis zu setzen sind die Schwere des Fehlverhaltens und der durch den Beklagten veranlasste Vertrauensschaden. Hat beides, wie im vorliegenden Fall, durchaus Gewicht, so ist der Nachteil der für den Beklagten durch die Disziplinarmaßnahme eintritt, nicht unverhältnismäßig. Er liegt im persönlichen Verantwortungsbereich des Beklagten und beruht auf seinem schuldhaften, pflichtwidrigen Verhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2015 - M 19 DK 14.1889 zitiert 2 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 263 Betrug


(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 47 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße g

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Tatbestand 1 Der 1952 geborene Beklagte wurde zum 1. Oktober 1970 als Zollanwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Mit Wirkung vom 12. August 2005 wurde e

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(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der 1952 geborene Beklagte wurde zum 1. Oktober 1970 als Zollanwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Mit Wirkung vom 12. August 2005 wurde er zum Zollinspektor ernannt.

2

Das Amtsgericht Kandel verurteilte den Beklagten durch rechtskräftiges Urteil vom 20. Juni 2006 wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften in 136 tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils hatte der Beklagte im Zeitraum von Anfang 2004 bis zur Beschlagnahme seines privaten Computers im November 2005 mindestens 102 Bilddateien sowie 34 Video-Sequenzen jeweils mit kinderpornographischem Inhalt, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, auf die Festplatte seines Computers geladen.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Das Oberwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch den vorsätzlichen Besitz von mindestens 20 verschiedenen ungelöschten kinderpornographischen Bilddateien und mindestens 17 verschiedenen ungelöschten kinderpornographischen Video-Sequenzen habe der Beklagte ein sehr schweres außerdienstliches Dienstvergehen begangen. Das hohe Eigengewicht eines solchen Dienstvergehens leite sich daraus ab, dass die Herstellung kinderpornographischer Darstellungen den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Erwachsene zwingend voraussetze. Wer als Beamter kinderpornographisches Material besitze, beweise erhebliche Persönlichkeitsmängel mit der Folge einer nachhaltigen Ansehensschädigung oder gar des völligen Ansehensverlustes. Das im Verlaufe des Straf- und Disziplinarverfahrens erkennbar gewordene Persönlichkeitsbild des Beklagten gebe keine Veranlassung zu der Annahme, er habe den Unrechtsgehalt seines Handelns erkannt und auf der Basis einer solchen Erkenntnis Einsicht in seine Mitverantwortung als Konsument kinderpornographischer Darstellungen für den sexuellen Missbrauch von Kindern gewonnen. Zwar unterziehe sich der Beklagte inzwischen einer Verhaltenstherapie. Seine Äußerungen ließen aber erkennen, dass die bescheinigten Therapiesitzungen nach wie vor keine Erkenntnis des Unrechtsgehalts der Tat, Reue oder kritische Betrachtung des eigenen Handelns bewirkt hätten.

4

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision, mit der er beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. September 2009 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Februar 2009 aufzuheben und die Disziplinarklage abzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

5

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision des Beklagten ist mit der Maßgabe der Zurückverweisung nach § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO begründet. Das Berufungsurteil verletzt revisibles Recht. Das Berufungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund einer Bemessungsentscheidung bestätigt, die nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Satz 1 BDG genügt. Da die Tatsachenfeststellungen im Berufungsurteil nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung über die Disziplinarklage zu ermöglichen, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 70 Abs. 2 BDG).

7

1. Der Beklagte hat durch den vorsätzlichen Besitz kinderpornographischer Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, ein außerdienstliches Dienstvergehen begangen (§ 54 Satz 3 BBG a.F. i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.).

8

a) Maßgeblich ist die Rechtslage zum Tatzeitpunkt, weil sich aus der Neufassung des Bundesbeamtengesetzes durch das Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) für den Beklagten kein materiellrechtlich günstigeres Recht ergibt (Urteile vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1, Rn. 33 und 51 bis 53 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen - Rn. 17).

9

Der Beklagte hat das Dienstvergehen außerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten nicht in sein Amt und in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden war (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 54). Er hatte die kinderpornographischen Dateien ausschließlich auf seinen privaten Computern abgespeichert.

10

Das Verhalten eines Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert (§ 54 Satz 3 BBG a.F.). Besitzt ein Beamter vorsätzlich kinderpornographische Schriften im Sinne von § 11 Abs. 3 StGB, so verstößt er gegen diese Pflicht.

11

Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes erfüllt den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens, wenn die besonderen qualifizierenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (ebenso § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG n.F.) erfüllt sind. Es muss nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet sein, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens nach diesen Kriterien ist von der Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG zu unterscheiden.

12

Grund für die Einfügung der besonderen Anforderungen für die Annahme eines außerdienstlichen Dienstvergehens durch das Gesetz zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl I S. 725) war das Bestreben des Gesetzgebers, den Tatbestand des Dienstvergehens im Bereich außerdienstlichen Verhaltens von Beamten einzuschränken. Der geänderten Stellung der Beamten in der Gesellschaft, von denen außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten als von jedem Bürger erwartet wird, sollte Rechnung getragen werden (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <23 und 26 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 23 S. 22 und 25 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 15).

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Das Merkmal "in besonderem Maße" bezieht sich auf die Eignung zur Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung und ist nur erfüllt, wenn das Verhalten des Beamten in quantitativer oder qualitativer Hinsicht über das für eine jede Eignung vorausgesetzte Mindestmaß an Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung hinausgeht. Ist eine derart qualifizierte Möglichkeit der Beeinträchtigung gegeben, kommt es weiterhin darauf an, ob diese Beeinträchtigung bedeutsam wäre. Das Merkmal "in bedeutsamer Weise" bezieht sich auf den "Erfolg" der möglichen Achtungs- und Vertrauensbeeinträchtigung. Die zur Beeinträchtigung in besonderem Maße geeignete Pflichtverletzung weist Bedeutsamkeit auf, wenn sie in qualitativer oder quantitativer Hinsicht das einer jeden außerdienstlichen Pflichtverletzung innewohnende Maß an disziplinarrechtlicher Relevanz deutlich überschreitet (Urteil vom 8. Mai 2001 - BVerwG 1 D 20.00 - BVerwGE 114, 212 <219 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 29 S. 40).

14

Die Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens muss sich entweder auf das Amt des Beamten im konkret-funktionellen Sinne (Dienstposten), d.h. auf die Erfüllung der dem Beamten konkret obliegenden Dienstpflichten, oder auf das Ansehen des Berufsbeamtentums als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beziehen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 25, vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 1 D 4.01 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 32 S. 53 f. und vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 52).

15

b) Das strafrechtlich geahndete außerdienstliche Dienstvergehen des Beklagten weist keinen Bezug zu seinem Dienstposten auf. Der Dienstbezug ist gegeben, wenn das außerdienstliche Verhalten Rückschlüsse auf die Dienstausübung zulässt oder den Beamten in der Dienstausübung beeinträchtigt. Daran fehlt es. Weder hatte der Beklagte dienstlich Kontakt mit Kindern noch gehörte die Bekämpfung von Kindesmissbrauch oder Kinderpornographie zu seinen dienstlichen Tätigkeiten. Allein der Umstand, dass der Beklagte als Beamter der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" dienstlich mit der Verfolgung und Ahndung von Rechtsverstößen Dritter befasst war, begründet ebenfalls keinen solchen Dienstbezug. Rückschlüsse aus dem außerdienstlichen Fehlverhalten des Klägers auf seine künftige Amtsführung oder eine Beeinträchtigung in derselben können nicht gezogen werden.

16

Bei erstmaligem außerdienstlichem Fehlverhalten ist die Eignung zur Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen im Hinblick auf das Ansehen des Beamtentums bereits unter Hinweis auf die gesetzgeberischen Wertungen auch bei der Begehung einer Straftat zum Nachteil des Staates (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG) oder der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen einer vorsätzlich begangenen schwerwiegenden Straftat (vgl. § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F., § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) angenommen worden (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - a.a.O. S. 26 f. und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 18).

17

Unabhängig von diesen Fallgruppen lässt der Strafrahmen Rückschlüsse auf das Maß der disziplinarrechtlich relevanten Ansehensschädigung zu. Die Disziplinarwürdigkeit eines erstmaligen außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) ist regelmäßig anzunehmen, wenn das außerdienstliche Verhalten im Strafgesetzbuch als Vergehen mit einer Freiheitsstrafe im mittleren Bereich belegt ist. Durch die Festlegung des Strafrahmens bringt der Gesetzgeber verbindlich den Unrechtsgehalt eines Delikts zum Ausdruck. An dieser Wertung hat sich auch die Entscheidung über die Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung im Sinne von § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. (n.F.) zu orientieren, wenn andere Kriterien, wie etwa ein Dienstbezug oder die Verhängung einer Freiheitsstrafe bei einer vorsätzlich begangenen Straftat ausscheiden. Hierdurch wird hinsichtlich der Frage der Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Verhaltens eine Entscheidung gewährleistet, die an nachvollziehbare Kriterien anknüpft.

18

Durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und zur Änderung anderer Vorschriften vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3007) hat der Gesetzgeber den Strafrahmen für den Besitz kinderpornographischer Schriften von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Gemessen an den Kriterien des Strafgesetzbuches handelt es sich um eine Strafandrohung im mittleren Bereich.

19

Wer kinderpornographische Schriften besitzt (§ 184b Abs. 4 Satz 2 StGB), trägt durch seine Nachfrage nach solchen Darstellungen zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (§ 176a Abs. 2 StGB) und damit zum Verstoß gegen ihre Menschenwürde und körperliche Unversehrtheit bei. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes ist in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich. Er greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Bildung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die Gemeinschaft, weil ein Kind wegen seiner fehlenden oder noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann. Zudem degradiert der Täter die sexuell missbrauchten kindlichen Opfer zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung (Urteile vom 6. Juli 2000 - BVerwG 2 WD 9.00 - BVerwGE 111, 291 <294 f.> = Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 33 S. 25 und vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - Buchholz 450.2 § 38 WDO Nr. 23 S. 19).

20

2. Die Bemessungsentscheidung des Berufungsgerichts verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2 Satz 1 BDG.

21

a) Die Verwaltungsgerichte erkennen aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 BDG auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme, wenn sie nach umfassender Sachaufklärung (§ 58 BDG sowie § 86 Abs. 1 und 2 VwGO) zu der Überzeugung gelangen, dass der Beamte die ihm in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen begangen hat, und dem Ausspruch der Disziplinarmaßnahme kein rechtliches Hindernis entgegensteht (§ 60 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 BDG). Sie sind dabei an die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Wertungen des klagenden Dienstherrn nicht gebunden (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11 und vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - Rn. 9 sowie Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 S. 2).

22

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

23

Den Bedeutungsgehalt dieser gesetzlichen Begriffe hat der Senat in den Urteilen vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - (BVerwGE 124, 252 <258 ff.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 21 ff.) und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - (a.a.O. Rn. 13 ff.; seitdem stRspr) näher bestimmt. Danach ist maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens. Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

24

Aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums zu gewährleisten (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 16).

25

b) Für das außerdienstlich begangene Dienstvergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften scheidet eine Regeleinstufung wie sie in der Rechtsprechung für schwerwiegendes innerdienstliches Fehlverhalten entwickelt worden ist (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 m.w.N.), aus. Danach kommt regelmäßig die Entfernung aus dem Dienst (bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts) dann in Betracht, wenn die Schwere des innerdienstlichen Dienstvergehens das für die weitere dienstliche Tätigkeit notwendige Vertrauensverhältnis endgültig zerstört hat (z.B. Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <261> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 28). Im Bereich der Sexualdelikte hat der Senat den mit Freiheitsstrafe geahndeten außerdienstlichen sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) als derart schwerwiegend erachtet, dass die Höchstmaßnahme indiziert ist, wenn es insgesamt an hinreichend gewichtigen entlastenden Umständen fehlt (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - a.a.O.) Anders als bei einem solchen unmittelbaren Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung ist beim Besitz kinderpornografischer Schriften eine Regeleinstufung nicht angezeigt, weil die Variationsbreite der jeweiligen Schwere der außerdienstlichen Verfehlung zu groß ist. Dies gilt für den Besitz kinderpornografischer Schriften namentlich dann, wenn es an einem dienstlichen Bezug des strafbaren Verhaltens fehlt. In diesen Fällen hat sich die Maßnahmebemessung als Richtschnur an der jeweiligen Strafandrohung auszurichten. Denn durch die Strafandrohung bringt der Gesetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck. Die Anknüpfung an den Strafrahmen gewährleistet auch insoweit eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung von Dienstvergehen. Ebenso wie bei einer Regeleinstufung sind die Verwaltungsgerichte auch bei der Bestimmung eines Orientierungsrahmens gehalten, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte dürfen ihre eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts nicht an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen, wenn sie den Strafrahmen für unangemessen niedrig halten. Das Ausmaß des Ansehensschadens, der durch eine außerdienstlich begangene Straftat herangerufen wird, wird maßgeblich durch den Strafrahmen bestimmt.

26

Auf der Grundlage des vom Gesetzgeber im Jahr 2003 angehobenen Strafrahmens für das Vergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften, der im mittelschweren Bereich liegt, hat sich die Zuordnung einer Disziplinarmaßnahme für derartige außerdienstliche Verfehlungen als Richtschnur an der Maßnahme der Zurückstufung (§ 9 BDG) zu orientieren. Anders als das Delikt der außerdienstlichen Trunkenheitsfahrt ist der außerdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften in besonderem Maße geeignet, das Ansehen des Beamtentums in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen. Dies folgt aus den mit dem Delikt einhergehenden Eingriff in die Menschenwürde des Kindes, das zum bloßen Objekt sexueller Begierde degradiert wird. Dieser Unrechtsgehalt hat im Strafrahmen seinen Ausdruck gefunden.

27

3. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen in mehrfacher Hinsicht für eine Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme im konkreten Fall durch den Senat nicht aus:

28

a) Das Ausmaß des Dienstvergehens des Beklagten ist vom Berufungsgericht nicht eindeutig festgestellt worden. Bei der disziplinarrechtlichen Ahndung des Dienstvergehens des Besitzes kinderpornographischer Schriften kommt es auch auf deren Anzahl an. Insoweit sind die Angaben im Berufungsurteil unklar. Einerseits ist das Berufungsgericht im Anschluss an das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, auf den Computern des Beklagten seien 20 verschiedene ungelöschte kinderpornographische Bilder und 17 verschiedene ungelöschte kinderpornographische Filme vorhanden gewesen. Andererseits ist im Berufungsurteil mehrfach die Rede davon, der Beklagte habe "mindestens" diese Anzahl von verschiedenen ungelöschten Bildern und Videosequenzen abgespeichert. Die Verwendung des Wortes "mindestens" schließt nicht aus, dass die tatsächliche Zahl der Dateien höher ist. Damit ist aber das dem Beklagten zur Last gelegte Fehlverhalten nicht hinreichend deutlich festgestellt. Zugleich lassen es die häufige Verwendung des Wortes "mindestens" sowie die Ausführungen zu den vom Berufungsgericht angenommenen Persönlichkeitsmängeln des Beklagten als möglich erscheinen, dass dem Beklagten der sonstige Inhalt der Festplatten seiner Computer (gelöschte Bilder und Videosequenzen, sog. Posingbilder und tierpornographische Filme), doch angelastet worden ist.

29

b) Die tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil zu den Auswirkungen der Verhaltenstherapie, die der Beklagte im März 2009 im Hinblick auf den Besitz kinderpornographischer Schriften begonnen hat, sind unzureichend. Hierzu eigene Feststellungen zu treffen, ist dem Revisionsgericht versagt.

30

Auch das Verhalten des Beamten nach der Entdeckung der Tat und dem Beginn der Ermittlungen ist für die Entscheidung der Verwaltungsgerichte nach § 13 BDG relevant. Dies gilt zu Lasten des Beamten wie auch zu seinen Gunsten. Das Persönlichkeitsbild und die Verhaltensprognose sind ungünstig, wenn eine im Hinblick auf das Dienstvergehen begonnene Therapie ohne Erfolg bleibt. Dies macht zudem deutlich, dass der Beamte uneinsichtig ist und sich die im Strafverfahren ausgesprochene Geldstrafe nicht als Pflichtenmahnung hat dienen lassen (Urteil vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - a.a.O. Rn. 70 und Beschluss vom 5. März 2010 - BVerwG 2 B 22.09 - NJW 2010, 2229 <2231>). Demgegenüber können nachträgliche Therapiemaßnahmen bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme mildernd berücksichtigt werden, wenn eine günstige Zukunftsprognose gestellt werden kann (Urteil vom 27. November 2001 - BVerwG 1 D 64.00 - Rn. 35 m.w.N., juris). Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit festzustellen, inwieweit eine vom Beamten im Hinblick auf sein Fehlverhalten begonnene Therapie Erfolg hat. Bei der Würdigung ist zu berücksichtigen, dass entlastende Umstände nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" schon dann beachtlich sind, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 80.08 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 4 Rn. 22 m.w.N.).

31

Für die Beurteilung des Erfolgs einer Verhaltenstherapie bedarf es besonderer Sachkunde, über die Richter regelmäßig nicht verfügen. Das Berufungsgericht hat eine eigenständige Bewertung der bisherigen Ergebnisse der Therapie vorgenommen, ohne aber die angenommene eigene Sachkunde nachvollziehbar zu belegen. Für seine erneute Entscheidung wird das Berufungsgericht zur Aufklärung der Ergebnisse der Therapie entweder den behandelnden Therapeuten als sachverständigen Zeugen vernehmen oder aber einen bisher nicht mit der Behandlung des Beklagten befassten Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen müssen.

32

c) Bei seiner erneuten Bemessungsentscheidung wird das Berufungsgericht ferner zu beachten haben, dass dem Beamten bei der Gesamtwürdigung aller Umstände rechtlich zutreffende Äußerungen nicht zum Vorwurf gemacht werden können. Dies gilt hier insbesondere für das Vorbringen, es handele sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen, für dessen disziplinarrechtliche Ahndung besondere Regelungen gelten.

33

4. Sollte das Berufungsgericht bei seiner neuen Ermessensentscheidung nach § 13 BDG zu dem Ergebnis kommen, angemessene Disziplinarmaßnahme sei die Zurückstufung des Beklagten nach § 9 BDG, so wäre diese aus laufbahnrechtlichen Gründen von vornherein ausgeschlossen (Urteil vom 12. April 2000 - BVerwG 1 D 12.99 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 20 S. 20). Denn der Beklagte wurde nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil nach erfolgreichem Abschluss des Aufstiegsverfahrens im August 2005 zum Zollinspektor ernannt und befindet sich noch im Eingangsamt der Laufbahn des gehobenen Dienstes (Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 BLV).

34

Ist eine Zurückstufung aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, ist auf die nächstmildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu erkennen. In diesem Fall ist § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG zu berücksichtigen, weil gegen den Beklagten wegen desselben Sachverhalts im Strafverfahren unanfechtbar eine Geldstrafe verhängt worden ist. Bleibt der Beamte aus laufbahnrechtlichen Gründen von der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung nach § 9 BDG verschont und wird allein deshalb eine Kürzung der Dienstbezüge (§ 8 BDG) ausgesprochen, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 BDG stets erfüllt. Der Ausschluss der Zurückstufung lässt die mildere Maßnahme der Kürzung der Dienstbezüge neben der im Strafverfahren verhängten Strafe als erforderlich erscheinen, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Auf das Vorliegen konkreter Umstände für eine Wiederholungsgefahr (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 1 D 13.04 - BVerwGE 123, 75 <80> = Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 8 S. 18) kommt es in diesem Fall nicht an.

35

Nach § 15 Abs. 4 und 5 BDG ist eine Ahndung des Dienstvergehens des Beklagten mit einer Kürzung der Dienstbezüge noch möglich.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO, § 69 BDG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf der vom Beklagten geltend gemachten Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG beruht.

2

Der Beklagte, ein Bundesbahnobersekretär, wurde im Jahr 1999 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und im Jahr 2001 wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Jahr 2003 wurde gegen den Beklagten wegen Urkundenfälschung in Tatmehrheit mit 13 sachlich zusammenhängenden Fällen des Missbrauchs von Scheck- und Kreditkarten eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die jeweils sachgleichen Disziplinarverfahren wurden eingestellt (§ 27 BDO und § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDG). Im November 2006 wurde der Beklagte wegen versuchten Betrugs in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die sachgleiche Disziplinarklage erkannte das Verwaltungsgericht wegen eines außerdienstlichen Dienstvergehens auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

3

1. Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage zu äußern, und verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei kann es in besonderen Fällen auch geboten sein, die Verfahrensbeteiligten auf eine Rechtsauffassung hinzuweisen, die das Gericht der Entscheidung zugrunde legen will. Es kann im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags zur Rechtslage gleichkommen, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte. Allerdings ist zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, müssen daher die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.> und Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <263> jeweils m.w.N.).

4

Nach diesen Grundsätzen war das Berufungsgericht verpflichtet, vor seiner Entscheidung über die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts diesen darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der gegen den Beklagten ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 11 Monaten bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis quasi als Regelmaßnahme ausgehen würde, von der nur bei Vorliegen besonderer, gewichtiger Milderungsgründe abgewichen werden kann. Wie die Ausführungen auf Seite 13 des Berufungsurteils belegen, ist der Verwaltungsgerichtshof der Sache nach davon ausgegangen, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe im Strafverfahren, die nur wenig unterhalb der sich aus § 48 Satz 1 Nr. 1 BBG a.F. (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBG) ergebenden Grenze liegt, für das Disziplinarverfahren ohne Weiteres die Dienstentfernung nach sich zieht. Diese Rechtsansicht widerspricht der Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung einer im Strafverfahren verhängten Freiheitsstrafe für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme im sachgleichen Disziplinarverfahren. Der Disziplinarsenat hat in dem im Berufungsurteil genannten Urteil vom 8. März 2005 (BVerwG 1 D 15.04 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 S. 16) festgestellt, dass wegen der Eigenständigkeit des Disziplinarrechts der strafrechtlichen Einstufung des Falles durch das Strafmaß im eigentlichen Sinne keine präjudizielle Bedeutung für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme zukommt. Demnach ist es ausgeschlossen, vom Ausspruch einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr zwingend auf die Dienstentfernung zu schließen, ohne weitere bemessungsrelevante Umstände i.S.d. § 13 Abs. 1 BDG in den Blick zu nehmen. Dies gilt zumal in Betrugsfällen, in denen stets eine Abwägung der fallbezogenen erschwerenden und entlastenden Umstände stattzufinden hat, wobei der Höhe des Schadens besondere Bedeutung zukommt (vgl. unten S. 5 f.).

5

Ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter muss auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht damit rechnen, dass ein Gericht ohne Hinweis in einer für den Ausgang des Verfahrens entscheidenden Frage von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht. Ausweislich der dem Senat vorliegenden Gerichtsakten bot der Ablauf des gerichtlichen Verfahrens aus Sicht des Beklagten bis zur Zustellung des Berufungsurteils auch keine Veranlassung, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung der im sachgleichen Strafverfahren verhängten Freiheitsstrafe für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme anzusprechen und vorsorglich einer Abweichung von diesen Grundsätzen entgegenzutreten. Der Beklagte ist davon überrascht worden, dass das Berufungsgericht die Dienstentfernung in Abweichung von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausschließlich auf die verhängte Freiheitsstrafe gestützt hat.

6

Das Berufungsurteil beruht auch auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens, das der Beklagte in der Beschwerdebegründung dargelegt hat, zu einer ihm günstigeren Entscheidung gelangt wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381 <392 f.>). Hätte das Berufungsgericht den Beklagten vor dem Urteil über seine Erwägungen zur Bedeutung einer Freiheitsstrafe für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme in Kenntnis gesetzt, so hätte der Beklagte seinerseits darauf verweisen können, dass diese mit den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts zum Verhältnis von Freiheitsstrafe und Bemessung einer Disziplinarmaßnahme gerade nicht in Einklang stehen. Dies hätte dazu führen können, dass das Berufungsgericht seinen Bemessungserwägungen eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zugrunde gelegt hätte.

7

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Nach der Grundsatzentscheidung des Disziplinarsenats vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 (BVerwGE 112, 19), die das Leitbild des Beamten als Vorbild für den Rest der Bevölkerung in allen Lebenslagen verabschiedet hat, hat der Senat im Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 (zur Veröffentlichung in BVerwGE bestimmt) zwar zur Auslegung gesetzlicher Begriffe wie "besondere Eignung zur Vertrauensbeeinträchtigung" auf das Strafrecht abgestellt. Er hat aber auch in dieser Entscheidung hervorgehoben, dass nur vorsätzlich begangene schwerwiegende Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe geahndet worden sind, auch ohne Bezug auf das konkrete Amt zu einer Ansehensschädigung führen. Wie schwerwiegend eine außerdienstliche Straftat ist, hängt unter anderen von den Umständen des konkreten Einzelfalles (hier versuchter Betrug) und vom Strafrahmen für die verwirklichten Delikte (hier: 5 Jahre im Höchstmaß) ab. Der Senat hat deshalb lediglich für den Ausnahmefall des außerdienstlichen sexuellen Missbrauch eines Kindes gemäß § 176 Abs. 1 StGB (Rn. 18 und LS, a.a.O.) entschieden, dass aufgrund der Schwere eines solchen Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG als Richtschnur für die Maßnahmebemessung die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts zugrunde gelegt werden kann.

8

Bei einem außerdienstlich begangenen Betrug ist die Variationsbreite, in der gegen fremdes Vermögen gerichtete Verfehlungen denkbar sind, zu groß, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen und in ihren Auswirkungen auf Achtung und Vertrauen gleichermaßen eingestuft werden können. Stets sind die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgebend. In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssen die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen zum Beamten vorhanden ist. Erschwerungsgründe können sich z.B. aus Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Höhe des Gesamtschadens, der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlung im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischen Eigengewicht, z.B. mit Urkundenfälschungen stehen (Urteile vom 28. November 2000 - BVerwG 1 D 56.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 23; vom 26. September 2001 - BVerwG 1 D 32.00 - Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 18 und vom 22. Februar 2005 a.a.O.; Beschluss vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - NVwZ 2005, 1199 <1200>). Aus der Senatsrechtsprechung lässt sich der Grundsatz ableiten, dass beim einem Gesamtschaden von über 5 000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann (Beschluss vom 24. Februar 2005 - BVerwG 1 D 1.05 - juris m.w.N.). Derartige Bemessungsgrundsätze gelten auch für außerdienstliche Betrugsfälle und Veruntreuungen (Urteil vom 24. November 1998 - BVerwG 1 D 36.97 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 16; Beschluss vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 12).

9

Für die Zumessungsentscheidung müssen weiter die in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG genannten Bemessungskriterien ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht eingestellt werden. Insoweit kann von Bedeutung sein, dass der Beklagte nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil in dem relativ kurzen Zeitraum von der Erhebung der Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht (Ende Juli 2007) bis zum Berufungsurteil (27. Mai 2009) seinen Schuldenstand von 25 000 € immerhin um 10 000 € reduzieren konnte. Auch sind die Gründe einzubeziehen, die für die Einstellung der früheren Disziplinarverfahren maßgebend waren.