Der am ... 1990 geborene Kläger ist armenischer Staatsangehöriger und wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 18. Januar 1995 gemäß § 26 AsylVfG gleichzeitig mit seiner Mutter als Asylberechtigter anerkannt. Zuvor war der Vater des Klägers mit Bescheid des Bundesamtes vom 17. Januar 1995 als Asylberechtigter anerkannt worden.
Mit Urteil des Landgerichts ... vom 24. Mai 2013 wurde der Kläger wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tatmehrheit mit Wohnungseinbruchsdiebstahl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Weiter wurde die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Nach vorheriger Anhörung des Klägers widerrief das Bundesamt mit Bescheid vom 1. April 2014 dessen Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 1 des Bescheides) und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (Ziffer 2). Ein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Ziffer 3). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 4). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AuslG nicht vorliegen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellung, dass die Voraussetzungen des Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG vorlägen, sei gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu widerrufen. Gemäß § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG entfalle der Anspruch auf Gewährung der Flüchtlingseigenschaft, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeute, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sei. Der Kläger erfülle zum einen den Mindeststrafrahmen des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG. Zum anderen sei unter Abwägung aller Aspekte im Falle des Klägers auch vom Vorliegen einer Wiederholungsgefahr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszugehen. Dabei sei zunächst die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende Wertung zu beachten, dass Straftaten, die so schwerwiegend seien, dass sie zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt hätten, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft seien. Diese der gesetzlichen Vorschrift immanente Regelvermutung gewinne umso mehr Bedeutung und Gewicht, als hier der Kläger zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, die doppelt so hoch liege, als die gesetzlich geforderte Mindestfreiheitsstrafe. Aufgrund dessen müssten überzeugende Gründe gegeben sein, die gegen die vom Bundesamt zu prognostizierende Wiederholungsgefahr sprächen. Dies sei jedoch nicht gegeben. Der Kläger sei wiederholt in Verbindung mit der durch die Drogenabhängigkeit verursachten sog. Beschaffungskriminalität in Erscheinung getreten. Als Höhepunkt dieser fortgeführten Beschaffungskriminalität habe er planvoll und vorsätzlich eine schwere räuberische Erpressung begangen. Vor diesem Hintergrund sei eine konkrete Wiederholungsgefahr derartiger Delikte nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Hinsichtlich der Rechtsinteressen des Klägers und dem Rechtsgut des Schutzes der Allgemeinheit sei vor dem Hintergrund der wiederholt und der sich nunmehr in der jüngsten Straftat gezeigten kriminellen Energie des Klägers dem Rechtsgut des Schutzes der Allgemeinheit der Vorrang einzuräumen. Zur Beurteilung der Gefahr für die Allgemeinheit bzw. der geforderten Wiederholungsgefahr sei auch die soziale und wirtschaftliche Situation des Klägers einzubeziehen. Die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor, da sich die Rechtsnorm erkennbar auf einen Wegfall der Umstände im Herkunftsland des Klägers beziehe und ein Anwendungsbereich auf die sonstigen Widerrufsfälle nicht gegeben sei. Zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe gemäß § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, aus denen der Kläger die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ablehnen könne, seien zudem weder geltend gemacht noch seien sie vor dem Hintergrund der grundlegend und dauerhaft veränderten Verhältnisse in der Region Aserbaidschan bzw. Armenien ersichtlich. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG lägen gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich nicht vor. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und Abschiebungsverbote seien nicht gegeben.
Am 23. April 2014 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 1. April 2014. Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die Beklagte gehe fälschlicherweise von einer konkreten Wiederholungsgefahr aus. Die von dem Kläger begangenen Straftaten würden ihre Motivation und Ursache in den psychischen Krankheiten finden, an denen dieser leide. Der Kläger habe jedoch mittlerweile erkannt, dass er, um künftig ein straffreies Leben führen zu können, nicht nur kurzfristig, sondern langfristig und nachhaltig stationär therapiert werden müsse. Eine entsprechende Einsichtigkeit und Therapiemotivation habe der Kläger in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht ... gezeigt, was zur stationären Unterbringung geführt habe. Aus einem ärztlichen Attest vom ... Februar 2014 ergebe sich, dass der Kläger nach besten Kräften versuche, die von dem Strafgericht an in ihn gesetzte Erwartung zu erfüllen. Der Kläger sei dabei, seine Zukunft zu planen, entwickle dabei Eigeninitiative und besondere Gewissenhaftigkeit. Er sei mittlerweile psychopathologisch stabil. Auch die Eltern des Klägers seien problembewusst und auf eine langfristige Kooperation eingestellt. Insgesamt würde die Entwicklung des Klägers positiv verlaufen, weitere positive Stufungen seien geplant. Er beabsichtige, baldmöglichst im Rahmen der stationären Therapie tagsüber auf eine Fachoberschule zu gehen und dort das Fachabitur zu absolvieren. Er sei offensichtlich auf dem besten Wege, die diagnostizierte Psychose „zu besiegen“ und künftig soweit stabil zu werden, um keine Straftaten mehr aufgrund dieser Psychosen zu begehen. Eine konkrete Wiederholungsgefahr sei auch deshalb auf Dauer zu verneinen, da der Kläger nicht - auch nicht aufgrund seiner Vorstrafen - tendenziell und über einen längeren Zeitraum durch eine massiv hervortretende, rücksichtslose und aggressive Einstellung aufgefallen sei und es sich bei ihm eben nicht um tief verwurzelte Charaktereigenschaften handle, sondern die Straftaten ihre Ursache in der psychischen Erkrankung finden würden. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die soziale und wirtschaftliche Situation des Klägers nach Therapieentlassung gesichert sei. Er wende sich auch gegen die Ablehnung des Asylantrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet. § 30 Abs. 4 AsylVfG sei hier nicht anwendbar. Durch den Widerruf der Flüchtlingseigenschaft lebe nicht der alte Asylantrag des Klägers wieder auf. Nach den vorliegenden Informationen sei der Kläger als staatenlos zu betrachten. Der Kläger könne und werde im Rahmen der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten die in seiner Straftat zum Ausdruck gekommene Gefährlichkeit sowohl durch Aufarbeitung, Nachreifung, aber auch Änderung der Charaktereigenschaften und Verhaltensmuster ändern. Weiter legte der Kläger das im Rahmen des zur Verurteilung vom 24. Mai 2013 führenden Strafverfahrens erstellte fachpsychologische Gutachten vom ... April 2013 sowie ein ärztliches Attest vom .... Februar 2014 vor.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom 1. April 2014 aufzuheben.
Mit Schreiben vom 30. April 2014 legte das Bundesamt die Behördenakte zum Widerrufsverfahren betreffend den Kläger vor. Am 21. Januar 2015 wurde die Akte zur Asylanerkennung des Klägers übermittelt. Ein Antrag wurde nicht gestellt.
Zu einer Anfrage des Gerichts vom 14. August 2014 insbesondere zu Behandlungsmöglichkeiten im Falle einer Ausreise des Klägers nach Armenien nahmen die behandelnden Ärzte einer Klinik für forensische Psychiatrie und Psychotherapie mit Schreiben vom 16. Oktober 2014 Stellung.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 13. August 2014, die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Über die Klage konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamtes vom 1. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter im Wege des Familienasyls war gemäß § 73 Abs. 2 b Satz 1, § 26 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG zu widerrufen.
Die Rechtmäßigkeit des Widerrufs wird zunächst nicht dadurch in Frage gestellt, dass im streitgegenständlichen Bescheid von einer Anwendung des § 73 Abs. 1 AsylVfG ausgegangen wird. Dies ist zum einen unschädlich, weil es sich bei dem Widerruf der Asylanerkennung in der vorliegenden Konstellation um eine gebundene Entscheidung ohne Ermessensspielraum der Beklagten handelt. Zum anderen hat das Bundesamt für den Widerruf jedenfalls richtigerweise als maßgeblich angesehen, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Gleichermaßen ist ohne Bedeutung, dass eine Feststellung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 AuslG widerrufen wurde, die im Bescheid vom 18. Januar 1995 nicht ausgesprochen worden war. Der Widerruf geht insoweit ins Leere, wodurch die Rechte des Klägers jedoch nicht berührt werden.
Der Anwendbarkeit des Widerrufstatbestands des § 73 Abs. 2 b Satz 1 AsylVfG steht nicht entgegen, dass dieser erst durch das sogenannte Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) geschaffen wurde. Zum einen sieht das AsylVfG keine Übergangsregelung für den Widerruf solcher Asylanerkennungen vor, die vor dieser Rechtsänderung ausgesprochen wurden. Zum anderen ist auch der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht berührt; der Widerruf beruht nicht etwa auf einer rückwirkenden Neubewertung eines abgeschlossenen Sachverhalts, sondern betrifft die künftigen Auswirkungen eines nach der Asylanerkennung aufgetretenen Sachverhalts, welcher zur strafgerichtlichen Verurteilung geführt hat (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.2011 - 10 C 26/10 - juris Rn. 22).
Gemäß § 73 Abs. 2 b Satz 1, § 26 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG ist die Asylanerkennung zu widerrufen, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Über den Wortlaut des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG hinaus ist erforderlich, dass in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit durch neue vergleichbare Straftaten des Ausländers ernsthaft drohen muss; die lediglich entfernte Möglichkeit weiterer Straftaten genügt nicht. Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten ernsthaft droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Tat, die Umstände ihrer Begehung und das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts ebenso wie die Persönlichkeit des Klägers und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zu dem maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt. Dabei ist die gesetzliche Wertung zu beachten, dass schwerwiegende Straftaten, die zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren geführt haben, typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verbunden sind (BVerwG, U.v. 16.11.2000 - 9 C 6/00 - juris Rn. 14 u. 16).
Nach diesen Maßstäben ist hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) von einer konkreten Wiederholungsgefahr auszugehen.
Der Kläger ist mit Urteil des Landgerichts ... vom 24. Mai 2013 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Er hat sich insbesondere einer besonders schweren räuberischen Erpressung schuldig gemacht. Nach den Feststellungen im Strafurteil ist er bei Ausführung des begangenen Tankstellenüberfalls planvoll und mit hoher krimineller Energie vorgegangen. Die im Vergleich zu der dreijährigen Mindestfreiheitsstrafe nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG hohe Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren spricht eindeutig für eine schwerwiegende Straftat im vorgenannten Sinne. Weiter ist vorliegend von einer erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen. Die der Verurteilung vom 24. Mai 2013 zugrunde liegende Tat ist der Beschaffungskriminalität zuzurechnen. In dem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom ... April 2013 werden der langjährige Drogenkonsum des Klägers sowie seine wiederholten, im Ergebnis jedoch erfolglosen Versuche einer Drogentherapie ausführlich geschildert. Es wird eine substanzinduzierte bzw. schizophrene Psychose des Klägers diagnostiziert. Aus der Stellungnahme vom 16. Oktober 2014 geht hervor, dass bei dem Kläger eine multiple Substanzabhängigkeit sowie eine paranoide Schizophrenie vorliegen. Weiter wird dargelegt, dass der Kläger ohne Einnahme eines bestimmten Neuroleptikums sehr wahrscheinlich wieder zu Drogen greifen würde. Selbst während des aktuellen Klinikaufenthalts hat der Kläger vorübergehend das verordnete Medikament abgesetzt, trotz erfolgter Aufklärung über damit verbundene Risiken. Es kann deshalb erst recht nicht als gesichert gelten, dass der Kläger dieses Präparat nach einer Entlassung konsequent weiter einnehmen würde. Diese Gesamtumstände sprechen für eine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger künftig wieder Drogen konsumieren könnte und damit eine erhebliche Gefahr der erneuten Begehung von Beschaffungskriminalität bestehen würde. Auch in der Klagebegründung wird lediglich davon gesprochen, dass der Kläger langfristig und nachhaltig stationär therapiert werden müsse, um künftig ein straffreies Leben führen zu können. Jedenfalls vor einem erfolgreichen Abschluss einer solchen Behandlung - von dem derzeit nicht auszugehen ist - wäre danach die Wiederholungsgefahr nicht gebannt.
2. Das Bundesamt hat weiter zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG im Sinne von § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich nicht vorliegen und der Kläger keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG besitzt.
Im Falle eines Widerrufs der Asylanerkennung nach § 73 Abs. 2 b AsylVfG ist erstmals über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG sowie das Vorliegen des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylVfG zu entscheiden (vgl. § 73 Abs. 3 AsylVfG). Der Kläger hat bereits nicht geltend gemacht, dass er im Falle einer Rückkehr nach Armenien einer konkreten und individuellen Verfolgung im Sinne von §§ 3, 3a AsylVfG ausgesetzt wäre bzw. dass ihm dort ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 AsylVfG drohen würde. Er hat lediglich vorgetragen, dass § 30 Abs. 4 AsylVfG im Falle des Widerrufs nach § 73 AsylVfG nicht anwendbar sei. Es ist jedoch nicht ersichtlich, weshalb die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG nicht auch dann möglich sein sollte, wenn diese Vorschrift über § 73 Abs. 2 b Satz 1 AsylVfG Anwendung findet.
3. Weiter liegen keine Abschiebungsverbote nach § 73 Abs. 3 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vor. Insbesondere ist nach den aktuell vorliegenden Erkenntnissen nicht ersichtlich, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt sein könnte.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift ist, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris Rn. 15).
Das Bundesamt ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Prognose über das Vorliegen einer Gefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG eine Rückkehrmöglichkeit des Klägers nach Armenien zu unterstellen ist. Den Angaben bei der Asylantragstellung am 28. September 1992 zufolge (vgl. Bl. 1 der Behördenakte) ist der Kläger armenischer Staatsangehörigkeit.
Gemäß der fachärztlichen Stellungnahme vom 16. Oktober 2014 ist davon auszugehen, dass der Kläger unter einer multiplen Substanzabhängigkeit sowie einer paranoiden Schizophrenie leidet. In der Stellungnahme wird u. a. ausgeführt, dass ein Abbruch der derzeit durchgeführten medizinischen Behandlung zur Folge hätte, dass der Kläger psychisch dekompensiere, haltlos sei und im ungeschützten Rahmen sehr wahrscheinlich wieder zu Drogen greifen würde.
Dieser Prognose aus fachärztlicher Sicht ist nicht zu entnehmen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Falle eines Behandlungsabbruchs im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wesentlich verschlechtern würde. Die Erkrankung des Klägers ist in den vergangenen Jahren meist unbehandelt geblieben, abgesehen von wiederholten Therapieversuchen. Der prognostizierte Gesundheitszustand im Falle eines Abbruchs der aktuell durchgeführten Behandlung entspräche daher im Wesentlichen der früheren gesundheitlichen Situation des Klägers.
Unabhängig hiervon ist nach den vorliegenden Erkenntnismitteln anzunehmen, dass eine Medikation des Klägers mit Neuroleptika in Armenien möglich wäre, die dem derzeit verabreichten Medikament Abilify vergleichbar sind (vgl. Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das Bundesamt vom 26.11.2010). In Armenien bestehen nach Angaben des Auswärtigen Amtes zudem grundsätzlich kostenlose medizinische Behandlungsmöglichkeiten und eine flächendeckend gewährleistete medizinische Grundversorgung. Weiter sind Krankenhäuser mit psychiatrischen Abteilungen und Fachpersonal vorhanden (vgl. Lagebericht vom 7.2.2014, dort Ziff. IV.1.2.).
Aus der fachärztlichen Stellungnahme vom 16. Oktober 2014 ergibt sich zwar, dass die Umstellung auf ein anderes Medikament nicht sinnvoll wäre, insbesondere weil dies ein Wiederaufflackern der Psychose provozieren könnte. Diese Prognose lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Klägers nach Armenien drohen würde (vgl. BayVGH, U.v. 16.5.2006 - 9 B 03.31193 - juris Rn. 42). Auch wäre dem Kläger zumutbar, dass er ein Alternativpräparat trotz damit eventuell verbundener Nebenwirkungen akzeptiert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.