Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Nov. 2014 - M 12 K 14.2533

bei uns veröffentlicht am27.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 12 K 14.2533

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 27. November 2014

12. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1334

Hauptpunkte: Versorgungsehe; Ehedauer unter einem Jahr; Vorehe; Eheschließung im Krankenhaus

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Landeshauptstadt München, Personal- und Organisationsreferat ...

vertreten durch den Oberbürgermeister Marienplatz 8, 80331 München

- Beklagte -

wegen Hinterbliebenenversorgung

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 12. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2014 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags.

Die Klägerin ist die Witwe des am ... ... geborenen Beamten ... ... Dieser war als Oberstudienrat an der Städt. ...schule für ..., ... und ... tätig. Am ... August 2011 trat Herr ... in den Ruhestand.

Am ... September 1987 erfolgte die erstmalige Eheschließung der Klägerin mit Herrn ... Diese Ehe wurde am ... Juni 2006 rechtskräftig geschieden. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs einigten sich die Klägerin und Herr ... durch gerichtlichen Vergleich vom ... November 2006 zur Abgeltung sämtlicher damaliger versorgungsrechtlicher Ansprüche der Klägerin gegen Herrn ... aus dem Ehe- und Erbvertrag vom ... September 1987 auf die Zahlung von 10.000 Euro durch Herrn ... an die Klägerin. Aus der Ehe sind drei gemeinsame Kinder hervorgegangen.

Am ... Juli 2013 heiratete die Klägerin Herrn ... ein weiteres Mal. Am ... August 2013 ist Herr ... verstorben.

Mit Schreiben der Beklagten vom ... September 2013 wurde der Klägerin erstmals mitgeteilt, dass ein Anspruch auf Gewährung eines Witwengelds oder eines Unterhaltsbeitrags nicht bestehe, da die am ... Juli 2013 geschlossene Ehe der Klägerin mit Herrn ... nicht mindestens ein Jahr bestanden habe.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom ... Oktober 2013 beantragte die Klägerin die Zuerkennung von Witwengeld. Die Eheschließung stelle sich als Realisierung eines seit langem bestehenden Entschlusses dar.

Mit Schreiben der Beklagten vom ... Oktober 2013 wurden Unterlagen für die Prüfung eines Anspruchs auf einen Unterhaltsbeitrag angefordert.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom ... Februar 2014 wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags weiterverfolgen wolle. Der Gesundheitszustand von Herrn ... sei bis zum Auftreten der Aszites kurz vor der Eheschließung im Juni 2013 völlig unauffällig gewesen. Aus dem vorläufigen Arztbrief des Klinikum ... vom ... Juli 2013 über den dortigen stationären Aufenthalt von Herrn ... im Zeitraum vom ... Juni bis ... Juli 2013 gehe hervor, dass zum Zeitpunkt der erneuten Eheschließung vollständige Klarheit über die Erkrankung von Herrn ... noch nicht bestanden haben dürfte, wie sich aus dem am ... Juli 2013 durchgeführten Punktionsvorgang ersehen lasse. Daher sei zum Zeitpunkt der Eheschließung die Schwere der Erkrankung noch nicht abschließend zu beurteilen gewesen. Ferner habe eine sichere Prognose hinsichtlich der Lebensbedrohlichkeit wie auch der Therapiemöglichkeiten noch nicht erfolgen können. Im Zeitpunkt der Eheschließung seien die Klägerin und Herr ... zwar davon ausgegangen, dass Herr ... durchaus ernsthaft erkrankt sei, hätten aber nicht gewusst, dass ein derartig zeitnaher Todeseintritt wahrscheinlich war. Vielmehr seien beide deutlich optimistischer hinsichtlich der Therapiemöglichkeiten gewesen. Zudem sei der Entschluss für eine neue Eheschließung grundsätzlich bereits vor dem Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden. Die Klägerin und Herr ... seien nach Scheidung der ersten Ehe im Jahr 2006 ununterbrochen in Kontakt gestanden. Seit 2010 habe sich dieser intensiviert, sie hätten sich mehrmals wöchentlich getroffen und telefoniert. Im Februar und November 2012 seien sie gemeinsam in Urlaub gefahren. Von Verwandten seien sie daher gefragt worden, ob sie dort erneut geheiratet hätten. Auch im Freundeskreis sei immer wieder die nochmalige Hochzeit thematisiert worden. Der Klägerin sei bewusst, dass aufgrund der Anrechnung ihres Erwerbseinkommens u. U. derzeit ein Unterhaltsbeitrag nicht gewährt werden würde. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werde die Klägerin jedoch im Laufe des Jahres voraussichtlich ihre Arbeitszeit aus gesundheitlichen Gründen reduzieren und ein geringeres Erwerbseinkommen erzielen. Aus der beigefügten Gehaltsabrechnung der Klägerin für Januar 2014 ergibt sich ein Bruttoverdienst von 3.019,70 Euro (2.243,29 Euro netto).

Aus dem vorläufigen Arztbrief des Klinikum ... vom ... Juli 2013 über den dortigen stationären Aufenthalt von Herrn ... im Zeitraum vom ... Juni bis ... Juli 2013 geht hervor, dass die zu Beginn der Behandlung von Herrn ... erstellte Erstdiagnose eine tumoröse, etwa 4 cm breite, teils zystische Raumforderung zwischen Pankreas und Magen in Form einer ausgeprägten ...karzinose mit knotigen Veränderungen von bis 2 cm Größe ergeben habe. Ferner sei noch eine ausgeprägte Lungenarterienembolie beidseits bei tiefer Beinvenenthrombose beidseits festgestellt worden.

Mit Schriftsatz vom ... März 2014 teilte der Klägerbevollmächtigte auf Frage der Beklagten mit, dass vor der Eheschließung am ... Juli 2013 keine Anmeldung zur Eheschließung erfolgt sei. Jedoch sei eine solche Anmeldung nicht erforderlich, so dass deren Fehlen keine negative Indizwirkung beigemessen werden könne. Zudem sollte die Eheschließung wiederum im Ausland erfolgen. Es werde darauf hingewiesen, dass das Bestehen einer Vorehe, die fortgesetzte emotionale Verbundenheit und die gemeinsamen Kinder im Rahmen der Einzelfallbetrachtung zu berücksichtigen seien. Zudem wäre es sogar unschädlich, wenn der Versorgungszweck lediglich einer unter zahlreichen die Heirat veranlassenden Gründen wäre. Es dürfe sich nur nicht um den alleinigen oder überwiegenden Zweck handeln. Hier lägen weitere gewichtige Gründe für die erneute Eheschließung vor.

Mit Schreiben vom ... April 2014 richtete die Beklagte verschiedene Fragen an die behandelnden Ärzte (Klinikum ...), Frau Dr. ... (... Praxis, ...) und Herrn Dr. ... (Hausarzt).

Frau Dr. ... teilte mit Schreiben vom ... April 2014 mit, dass sich Herr ... am ... August 2013 einmalig bei ihr vorgestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei ihm bewusst gewesen, an einer mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führenden Erkrankung zu leiden. Die Diagnose sei erstmals im Juli 2013 gestellt worden. Die Symptome seien zwei Wochen zuvor aufgetreten.

Mit Schreiben vom ... April 2014 führte Frau Dr. ... (Klinikum ...) aus, dass die Erstdiagnose eines metastasierten, mäßig ausdifferenzierten ...karzinoms, das a. e. vom Pankreas ausgehe, im Juni 2013 gestellt worden sei. Hierbei handele es sich um eine bösartige, nicht heilbare Erkrankung. Da es sich um eine nicht heilbare Erkrankung handele, sei davon auszugehen gewesen, dass der Patient an dieser Tumorerkrankung oder an durch diese bedingte Komplikationen versterben werde. Wie rasch das Tumorwachstum voranschreiten werde bzw. zu welchem Zeitpunkt eine Agravierung des Zustands zu erwarten wäre, sei nicht vorherzusagen gewesen. Als Nebendiagnose sei u. a. eine ausgeprägte Lungenarterienembolie beidseits bekannt gewesen. Hierbei handele es sich um eine potentiell lebensbedrohliche, behandlungsbedürftige Erkrankung. Bei der festgestellten Tumorerkrankung habe zum Diagnosezeitpunkt bereits ein fortgeschrittenes Stadium vorgelegen, so dass eine Heilung habe nicht in Aussicht gestellt werden können. Während des stationären Aufenthalts sei eine palliative systemische Chemotherapie eingeleitet worden. Diese könne das Fortschreiten der Tumorerkrankung idealerweise auch über längere Zeit (Monate oder sogar Jahre) verzögern und ggf. sogar die Tumorlast verringern. Ob Herr ... von dieser Therapie profitieren werde, sei zum Entlassungszeitpunkt nicht absehbar gewesen. Am ... Juli 2013 sei eine ärztliche Bescheinigung ausgestellt worden, die die Notwendigkeit des stationären Aufenthalts dokumentiere. Zu diesem Zeitpunkt sei Herrn ... aufgrund seines Allgemeinzustands und der therapeutischen und diagnostizierenden Maßnahmen ein Verlassen der Station nicht möglich gewesen. Ein Ableben des Patienten während des stationären Aufenthalts sei nicht akut (innerhalb von Tagen) zu erwarten gewesen, habe jedoch grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden können.

Mit Schreiben vom ... Mai 2014 führte der Herrn ... behandelnde Hausarzt Dr. ... aus, dass die Erkrankung von Herrn ... unausweichlich zum Tode führe. Herr ... sei von ihm am ... Juli 2013 darüber aufgeklärt worden, dass er sicher sterben werde. Vor der Erkrankung sei Herr ... im weitesten Sinne gesund gewesen. Er habe an keinen Erkrankungen gelitten, die zum Tode führten. Zum Zeitpunkt der Entlassung habe Herr ... keine Aussichten auf Heilung mehr gehabt. Beschwerden seien erst zwei Wochen vor der stationären Aufnahme von Herrn ... aufgetreten. In dieser Zeit habe der Grund für den körperlichen Verfall nicht geklärt werden können. Während des stationären Aufenthalts sei die diagnosesichernde Untersuchung erst am ... Juli 2013 durchgeführt worden. Das endgültige Ergebnis könne nicht am ... Juli 2013 vorgelegen haben, da die histologische Untersuchung des Pankreaspunktats im klinischen Alltag nur äußerst selten am gleichen Tag möglich sei. Zudem hätten noch zwei Nachberichte erfolgen müssen, die erst der Aufarbeitung bedurft hätten. Eine sichere Diagnosestellung sei ohne pathologischen Befund nicht zulässig. Da die Nachberichte eine Bearbeitungszeit von mindestens zwei Tagen hätten, sei es nicht möglich, dass Herr ... vor dem ... Juli 2013 von dem gesicherten tödlichen Verlauf seiner Erkrankung habe wissen können. Zudem sei es auch unter dringenden Umständen nicht möglich, eine Hochzeit an einem oder zwei Tagen zu organisieren. Eine Versorgungsehe sei damit auszuschließen.

Mit Bescheid vom ... Mai 2014 lehnt die Beklagte die Gewährung eines Witwengeldes nach Art. 35 Abs. 1 BayBeamtVG bzw. die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags nach Art. 38 i. V. m. Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG an die Klägerin ab.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ehe der Klägerin mit Herrn ... weniger als ein Jahr bestanden habe und die vorliegenden Tatbestände die Annahme rechtfertigten, dass es der überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen sei, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen. Nach den Bayerischen Verwaltungsvorschriften zu Art. 35 und 38 BayBeamtVG seien Zeiten einer früheren Ehe mit demselben Ehegatten nicht für die Feststellung der Ehedauer miteinzurechnen. Die Kenntnis einer grundsätzlich lebensbedrohlichen Erkrankung des verstorbenen Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung schließe die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig aus. Wenn eine Versorgungsehe vorliege oder vermutet werde, sei auch die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags ausgeschlossen. Herr ... habe sich vom ... Juni bis ... Juli 2013 wegen eines ...karzinoms sowie einer als Nebendiagnose festgestellten ausgeprägten Lungenarterienembolie beidseits im Klinikum ... befunden. Nach den vorliegenden ärztlichen Auskünften führe ein ...karzinom mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod und auch bei der zusätzlich diagnostizierten Lungenarterienembolie beidseits handele es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung. Weiter sei mitgeteilt worden, dass die diagnosesichernde Untersuchung im Klinikum am ... Juli 2013 stattgefunden und zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Klinik keine Aussicht auf Heilung mehr bestanden habe. Ein Ableben noch während des Klinikaufenthalts habe ebenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Die zweite Eheschließung der Klägerin mit Herrn ... habe am ... Juli 2013, also noch während des Klinikaufenthalts, stattgefunden. Dass bereits vor dem Klinikaufenthalt erneute Heiratsabsichten bestanden hätten, habe in keiner Weise belegt werden können. Vielmehr spreche die umgehende Trauung im Krankenhaus zwei Tage nach der gesicherten Diagnose dafür, dass die Eheschließung in Kenntnis der zum Tode führenden Krankheit vollzogen worden sei. Es müsse somit mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass es Sinn und Zweck der übereilten Eheschließung in der Klinik gewesen sei, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom ... Juni 2014, bei Gericht am selben Tag per Fax eingegangen, hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und zuletzt beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 aufzuheben und diese zu verpflichten, der Klägerin einen Unterhaltsbeitrag entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom ... Juli 2014 im Wesentlichen ausgeführt, dass zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann auch nach der Ehescheidung ein gutes Verhältnis bestanden habe. Die Klägerin sei etwa regelmäßig weiter mit zu den Eltern ihres Ehemannes gefahren, Familienfeste und Einladungen seien nach wie vor gemeinsam wahrgenommen worden. Spätestens seit dem Jahr 2010 hätten sich die Klägerin und ihr Ehemann wieder ganz regelmäßig mehrmals wöchentlich getroffen und häufig miteinander telefoniert. Im Februar und November 2012 hätten die Klägerin und ihr Ehemann jeweils gemeinsame Urlaube zu zweit für je eine Woche miteinander verbracht. Nach den Urlauben habe sich die Mutter und die Schwester der Klägerin erkundigt, ob sie ihren Ehemann erneut geheiratet habe. Dies deshalb, weil auch die erste Eheschließung 1987 im Ausland erfolgt sei. Auch dort sei man also von einer erneuten Eheschließung ausgegangen. Bereits in den Jahren 2012 und 2013 habe der verstorbene Ehemann der Klägerin gegenüber Freunden geäußert, dass er gerne erneut die Ehe mit der Klägerin schließen würde. Im Freundeskreis hätten die Klägerin und ihr Ehemann ebenfalls gelegentlich von einer nochmaligen Heirat gesprochen, ohne dass für diese jedoch ein konkreter Termin bestimmt gewesen wäre. Die Klägerin habe Herrn ... sodann am ... Juli 2013 ein weiteres Mal geheiratet. Der Ehemann der Klägerin sei bis zum Auftreten eines Aszites kurz vor der Eheschließung im Juni 2013 in Anbetracht seines Alters völlig gesund gewesen. Dann sei der Ehemann der Klägerin nach einer ersten überraschenden Krankenhauseinweisung am ... Juni 2013 wegen besagter Aszites vom ... Juni bis ... Juli 2013 stationär im Klinikum ... behandelt worden. Dabei habe der Grund für den körperlichen Verfall des Ehemannes der Klägerin zunächst nicht geklärt werden können. Die diagnosesichernde Untersuchung, nämlich eine Punktion der Pankreas, sei erst am ... Juli 2013 erfolgt. Angesichts der Tatsache, dass danach noch eine histologische Untersuchung des Punktates habe erfolgen müssen und es für eine derartige Diagnosestellung zweier weiterer Nachberichte bedurft habe, ergebe sich, dass der Ehemann der Klägerin und mithin auch die Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung lediglich gewusst hätten, dass der Ehemann der Klägerin erkrankt gewesen sei, nicht aber, woran und wie schwer. Folglich sei ihnen auch jede Prognose hinsichtlich der Heilungsaussichten oder der Wahrscheinlichkeit eines Todeseintritts zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Der vorläufige Arztbrief vom ... Juli 2013 sei dem Ehemann der Klägerin erst bei seiner Entlassung aus dem Klinikum überreicht worden. Es bestehe somit ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines angemessenen Unterhaltsbeitrags gemäß Art. 38 Satz 1 BayBeamtVG. Zwar habe die zweite Ehe weniger als ein Jahr gedauert, nach den besonderen Umständen des Falles sei jedoch die Annahme nicht gerechtfertigt, dass die Verschaffung einer Versorgung der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei lediglich bekannt gewesen, dass der Ehemann der Klägerin erkrankt sei, jedoch nicht woran er gelitten habe und wie schwer diese Erkrankung sei. Weiter stelle sich die Eheschließung lediglich als Verwirklichung eines bereits vor Kenntnis der Erkrankung gefassten Heiratsentschlusses dar, was sich daraus ergebe, dass bereits vor der Erkrankung des Ehemannes der Klägerin eine Eheschließung geplant gewesen sei. Zudem sei zu würdigen, dass die Klägerin mit Herrn ... bereits über 19 Jahre miteinander verheiratet gewesen sei und aus dieser Ehe drei gemeinsame Kinder hervorgegangen seien. Vorliegend habe auch nach der Scheidung eine emotionale Beziehung zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann fortbestanden, die zudem bereits seit 2010 weiter manifest gewesen sei. In einem vergleichbaren Fall, in dem allerdings die Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung bereits vorgelegen habe, habe das Hamburgische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass dort aufgrund dieser besonderen Umstände des Einzelfalls eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe in Betracht komme. Aufgrund des Bestehens der Vorehe, der gemeinsamen Kinder und vor allem auch der fortgesetzten emotionalen Verbundenheit der Klägerin mit ihrem Ehemann komme es hier nicht in Betracht, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung gewesen sei, die Versorgung der Klägerin zu sichern. Denn durch die genannten Tatsachen seien jedenfalls weitere gewichtige und anerkennenswerte Gründe für eine erneute Eheschließung gegeben. Das Einkommen der Klägerin betrage derzeit etwa 2.000,00 Euro brutto, so dass ein Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag auch der Höhe nach bestehe.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom ... September 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorliegen einer Versorgungsehe gemäß Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG gesetzlich vermutet werde, da die Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Beamten nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Diese Vermutung könne zwar widerlegt werden. Dies setze jedoch voraus, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Die Vermutung sei widerlegt, wenn der Witwe der Nachweis gelinge, dass unter den Heiratsmotiven jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebende Bedeutung gehabt habe. Die Vermutung der Versorgungsehe könne regelmäßig nur durch besondere, objektiv feststellbare Umstände ausgeräumt werden. Entscheidend sei, ob die Versorgungsabsicht nach dem äußeren Gesamtbild der Eheschließung im Vordergrund gestanden habe. Wäre die Ehe wie vorliegend in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters einer Erkrankung des Beamten geschlossen, sei hierdurch die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig ausgeschlossen, es sei denn, dass sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstelle. Ausweislich des Schreibens vom ... April 2014 der Herrn ... im Krankenhaus ... zum damaligen Zeitpunkt behandelnden Ärztin sei bereits seit der im Juni 2013 erfolgten Erstdiagnose ein metastasierendes, mäßig ausdifferenziertes ...karzinom festgestellt worden. Nach Aussage der Ärztin handele es sich dabei um eine bösartige, nicht heilbare Erkrankung. Daher hätten die Klägerin und Herr ... bereits im Juni 2013 Kenntnis von dem grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung des Beamten gehabt. Mit der palliativen Chemotherapie sei in der Folge auch gleich begonnen worden. Am ... Juli 2013 - zwei Tage vor der Heirat - sei die grundsätzliche Einschätzung des lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung von Herrn ... durch eine nachfolgende CT-gesteuerte Punktion bestätigt worden. Zudem sei noch eine ausgeprägte Lungenarterienembolie festgestellt worden, bei der es sich um eine potentiell lebensbedrohliche, behandlungsbedürftige Erkrankung handele. Es sei somit nicht zutreffend, dass die Klägerin und Herr ... zum Zeitpunkt der Eheschließung am ... Juli 2013 nur gewusst hätten, dass Herr ... erkrankt sei, nicht jedoch woran und wie schwer. Unabhängig vom Vorliegen etwaiger Nachberichte sei der Klägerin und Herrn ... bereits Ende Juni 2013 der grundsätzlich lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung klar gewesen. Es liege daher die Annahme nahe, dass die Partner angesichts der eingeschränkten Lebenserwartung des Herrn ... die finanzielle Versorgung der Klägerin durch die Heirat sichern wollten. Ergänzend sei angemerkt, dass es nicht entscheidend darauf ankomme, ob die Ehepartner den Verlauf der Krankheit subjektiv als lebensbedrohlich bzw. unheilbar eingeschätzt hätten. Maßgeblich sei alleine, ob die Erkrankung nach dem objektiven Krankheitsbild lebensbedrohlich gewesen sei. Die Eheschließung stelle sich auch nicht als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses dar. Den Ausführungen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, dass die Ehegatten vor Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung bereits so konkret zur Ehe entschlossen gewesen seien, dass sich die spätere Heirat als konsequente Verwirklichung des Heiratsentschlusses erwiesen hätte. Dass Herr ... in den Jahren 2012 und 2013 gegenüber Freunden geäußert hätte, dass er gerne erneut die Ehe mit der Klägerin schließen würde und dass im Freundeskreis gelegentlich von einer nochmaligen Heirat gesprochen worden sei, ohne dass für diese jedoch ein konkreter Termin bestimmt worden wäre, reiche für die Annahme, es habe einen konkreten Heiratsentschluss gegeben, nicht aus. Denn diese Äußerungen der Ehegatten, unterstellt sie seien so erfolgt, könnten schon zeitlich nicht genau eingeordnet werden und blieben zudem insgesamt vage. Unzutreffend sei der Einwand, dass für die Frage des Vorliegens einer Versorgungsabsicht der 19 Jahre dauernden vorherigen Ehe Bedeutung zuzumessen sei. Ein konkreter Heiratsentschluss ergebe sich ohne weitere Anhaltspunkte hierfür weder aus einer langjährigen, auf eine gemeinsame Lebensplanung gerichteten Beziehung noch aus einer besonders starken inneren Bindung zwischen den Partnern oder dem konkreten gegenseitigen finanziellen Einstehen füreinander. Auch die zitierte Entscheidung des OVG Hamburg vermöge die Argumentation der Klägerin nicht zu stützen. Zum einen weiche diese von der bayerischen obergerichtlichen Rechtsprechung sowie den diesbezüglichen Verwaltungsvorschriften ab. Zudem sei diese zu einem besonderen, nicht übertragbaren Einzelfall ergangen, in dem der in der Folge verstorbene Ehemann aus seiner Religiosität heraus schon vor seiner Erkrankung darunter gelitten habe, das vor Gott mit der Heirat gegebene Versprechen durch die Scheidung gebrochen zu haben.

Mit Schriftsatz vom ... November 2014 wies der Klägerbevollmächtigte im Wesentlichen erneut darauf hin, dass aus den ärztlichen Stellungnahmen und Berichten nicht hervorgehe, wann die Diagnosen den Ehegatten mitgeteilt wurden. Selbst wenn den Eheschließenden unspezifisch bekannt gewesen wäre, dass der Ehemann an einem ...karzinom litt, hätte dies nicht auch bedeutet, dass den Eheschließenden bekannt gewesen wäre, dass die Krankheit unheilbar ist und/oder das Ableben des Ehemannes in näherer Zeit zu erwarten gewesen wäre. Im Zeitpunkt der Eheschließung habe die Klägerin auch über Einkommen in einer Höhe verfügt, dass die Zahlung eines Unterhaltsbeitrags ohnehin nicht erfolgt wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom ... Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrags nach Art. 38 i. V. m. Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz - BayBeamtVG - (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gem. Art. 38 Satz 1 BayBeamtVG ist in den Fällen des Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG ein angemessener Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Witwengeldes zu gewähren.

Nach Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG besteht kein Anspruch auf Witwengeld, wenn sich der Versorgungsurheber zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits im Ruhestand befand und die Altersgrenze nach Art. 62 Satz 1, Art. 143 Abs. 1 Bayerisches Beamtengesetz -BayBG- erreicht hatte. Zum Zeitpunkt der Eheschließung am ... Juli 2013 befand sich der Ehemann der Klägerin als Versorgungsurheber bereits im Ruhestand und dieser hatte auch die Altersgrenze, die nach § 143 Abs. 1 Satz 2 BayBG für Beamte des Jahrgangs 1947 65 Jahre und einen Monat beträgt, erreicht.

Nachdem ein Unterhaltsbeitrag nur in den Fällen des Art. 35 Abs. 2 Nr. 2 BayBeamtVG gewährt wird, scheidet ein Anspruch auf Gewährung eines Unterhaltsbeitrags aus, wenn der Tatbestand des Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG erfüllt ist. Danach besteht kein Anspruch, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat, es sei denn, nach den besonderen Umständen des Falls ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, dem Witwer oder der Witwe eine Versorgung zu verschaffen.

Die Ehe der Klägerin mit dem Verstorbenen Beamten dauerte im vorliegenden Fall weniger als zwei Monate. Zeiten einer früheren Ehe mit demselben Ehegatten werden nicht berücksichtigt, da die Scheidung insofern eine Zäsur darstellt.

Damit wird von Gesetzes wegen vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, der Witwe eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern, so dass es dem Dienstherrn auch im Rahmen der grundsätzlichen Alimentationspflicht nicht zugemutet wird, der Witwe Versorgungsleistungen zu gewähren.

Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden. Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte. Wird die Ehe allerdings in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters einer Erkrankung des Beamten geschlossen, wird hierdurch die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig ausgeschlossen, es sei denn, dass sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellt (vgl. BayVGH, B. v. 27.8.2010 - 14 ZB 10.79 - juris).

Nach Überzeugung des Gerichts wurde die Ehe vorliegend in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung des Beamten geschlossen. Dies ergibt sich zunächst aus dem vorläufigen Arztbrief des Klinikums ... vom ... Juli 2013 über den dortigen stationären Aufenthalt von Herrn ... im Zeitraum vom ... Juni bis ... Juli 2013. Aus diesem geht hervor, dass die Erstdiagnose eine tumoröse, etwa 4 cm breite, teils zystische Raumforderung zwischen Pankreas und Magen in Form einer ausgeprägten ...karzinose mit knotigen Veränderungen von bis 2 cm Größe ergeben hat. Auch im Schreiben des Klinikums ... (Dr. ...) vom ... April 2014 wird ausgeführt, dass bereits im Juni 2013 die Erstdiagnose eines metastasierten, mäßig differenzierten ...karzinoms gestellt wurde. Hierbei handelt es sich nach ärztlicher Auskunft um eine bösartige, nicht heilbare Erkrankung. Dass sich - wie der Klägervertreter vorträgt - aus dem Arztbrief bzw. der Stellungnahme nicht ergibt, wann dem Beamten die Erstdiagnose mitgeteilt wurde, vermag die Überzeugung des Gerichts, dass die Ehe in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung geschlossen wurde, nicht zu erschüttern. Denn es wäre völlig lebensfremd anzunehmen, dass sich der Beamte vom ... Juni bis zum ... Juli 2013, also eineinhalb Wochen, im Klinikum ... stationär aufgehalten hätte, ohne dass ihm mitgeteilt worden wäre, was die Erstdiagnose zu Beginn seines stationären Aufenthalts ergeben hat, zumal ausweislich des o. g. Schreibens des Klinikums ... vom ... April 2014 am ... Juli bereits therapeutische Maßnahmen (Infusionen, Medikamentengabe) durchgeführt wurden.

Auch aus dem Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten an die Beklagte vom ... Februar 2014 geht hervor, dass die Ehegatten davon ausgegangen sind, dass der Ehemann ernsthaft erkrankt war, sie hätten aber nicht gewusst, dass ein derart zeitnaher Todeseintritt wahrscheinlich war; vielmehr seien beide deutlich optimistischer hinsichtlich der Therapiemöglichkeiten gewesen.

Dass nach der Erstdiagnose noch weitere diagnosesichernde Untersuchungen durchgeführt wurden, die letztlich nur der Bestätigung der Erstdiagnose dienen, ändert nichts an der Kenntnis der Erkrankung seit der Erstdiagnose. Im Übrigen wurde auch die Punktion bereits am ... Juli 2013, d. h. zwei Tage vor der Eheschließung, durchgeführt.

Bestätigt wird die Annahme der Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung nicht zuletzt auch durch die Umstände der Eheschließung. Die Ehe wurde vorliegend im Klinikum ... während des stationären Aufenthalts des Beamten und an einem Tag geschlossen, als diesem wegen seines reduzierten Allgemeinzustands und auch der konsequent durchzuführenden therapeutischen und diagnostischen Maßnahmen das Verlassen der Station nicht möglich war (vgl. Schreiben des Klinikums ... (Dr. ...) vom ... April 2014). Dass die Ehe praktisch zwischen einzelnen Behandlungsmaßnahmen in der wenig anheimelnden Atmosphäre eines Großklinikums und zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als es dem Beamten körperlich keineswegs gut ging, zeigt, dass die Ehegatten bereits mit dem Schlimmsten gerechnet hatten. Auch nach Auskunft des Klinikums ... konnte ein Ableben des Beamten während des stationären Aufenthalts grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Ohne Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung des Beamten wäre die Ehe mit Sicherheit nicht im Krankenhaus geschlossen worden.

Der Einwand der Klägerin, dass auch die Kenntnis der Erkrankung des Beamten an einem ...karzinom nicht gleichzeitig bedeutet hätte, dass den Eheschließenden bekannt gewesen wäre, dass die Krankheit unheilbar ist und/oder das Ableben des Beamten damit in näherer Zukunft zu erwarten wäre, spricht nicht gegen die Richtigkeit der Feststellung, dass den Ehegatten der grundsätzlich lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung des Ehemanns bekannt gewesen ist. Denn die Kenntnis vom lebensbedrohenden Charakter einer Erkrankung setzt weder voraus, dass mit dem baldigen Ableben des erkrankten Beamten zu rechnen ist noch kommt es auf die Kenntnis der Unheilbarkeit der Erkrankung an (vgl. BayVGH, B. v. 8.11.2011 - 3 ZB 08.627 - juris; BayVGH, B. v. 18.2.2014 - 14 ZB 11.452 - juris; OVG RhPf, U. v. 29.10.2013 - 2 A 11261/12 - juris).

Die Eheschließung stellt sich auch nicht als konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses dar. Zwar wird vorgetragen, dass ein Heiratsentschluss bereits vor Kenntnis des lebensbedrohlichen Charakters der Erkrankung bestanden habe. Der Vortrag diesbezüglich bleibt jedoch vage und ungenau. So ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin schon nicht, wann dieser Heiratsentschluss genau gefasst worden sein soll. Dies ließ sich auch in der mündlichen Verhandlung nicht weiter konkretisieren. Daraus, dass die Klägerin auch nach ihrer Scheidung weiterhin ein gutes Verhältnis zu ihrem Ehemann hatte und regelmäßig weiter mit zu den Eltern ihres Ehemannes gefahren ist bzw. Familienfeste und Einladungen nach wie vor gemeinsam wahrgenommen worden sind, ergibt sich kein Heiratsentschluss. Ebenso wenig daraus, dass die Klägerin und ihr Ehemann sich spätestens seit dem Jahr 2010 wieder regelmäßig getroffen, häufig miteinander telefoniert und im Februar und November 2012 gemeinsame Urlaube zu zweit für je eine Woche verbracht haben. Dass nach dem Vorbringen der Klägerin der verstorbene Ehemann gegenüber Freunden bereits in den Jahren 2012 und 2013 geäußert hat, dass er gerne erneut die Ehe mit der Klägerin schließen würde bzw. die Klägerin und ihr Ehemann im Freundeskreis gelegentlich von einer nochmaligen Heirat gesprochen haben, ohne dass für diese jedoch ein konkreter Termin bestimmt gewesen wäre, reicht für die Annahme, dass die Ehegatten bereits vor Kenntnis von der lebensbedrohlichen Erkrankung bereits so konkret zur Heirat entschlossen waren, dass sich die Heirat als konsequente Verwirklichung des Heiratsentschlusses erwiesen hätte, nicht aus. Denn diese Äußerungen der Ehegatten können schon zeitlich nicht eingeordnet werden und bleiben insgesamt vage (vgl. auch BayVGH B. v. 18.2.2014, a. a. O.).

Auch aus der 19 Jahre währenden ersten Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Beamten und der Tatsache, dass aus dieser Ehe drei gemeinsame Kinder hervorgegangen sind, ergibt sich ohne weitere Anhaltspunkte kein konkreter Heiratsentschluss. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass sich die Ehegatten trotz der langjährigen Ehe und trotz ihrer drei gemeinsamen Kinder im Jahr 2006 haben scheiden lassen und damit bewusst die Beziehung beendet haben. Für einen derartigen Schritt wird es seinerzeit triftige Gründe gegeben haben. Zwar mag es sein, dass durch die langjährige Beziehung und die gemeinsamen Kinder weiterhin eine innere Bindung der Ehepartner bestanden hat. Die Vorschrift des Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG erfasst jedoch gerade nicht nur die Fälle, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung nur zu dem Zweck heiratet, dem Ehepartner die Versorgung zu verschaffen, sondern auch die Fälle, in denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben wurde. Auch in Fällen, in denen eine auf unbegrenzte Zeit angelegte Bindung seit Jahrzehnten bestand und nur die formelle Legalisierung unterblieb, stellt sich die spätere Eheschließung nach der gesetzlichen Vermutung in der Regel als Versorgungsehe dar (vgl. BayVGH, B. v.1.12.1998 - 3 B 95.3050 - juris). Wenn die Regelung Beziehungen umfasst, die durchgehend über Jahrzehnte hin bestanden haben, erfasst sie erst recht Fälle, in denen zwar eine Ehe mit demselben Partner bestanden hat, diese jedoch durch Scheidung beendet und die Beziehung dadurch unterbrochen wurde. Ohne weitere Anhaltspunkte ergibt sich ein konkreter Heiratsentschluss weder aus einer langjährigen durchgehend bestehenden (ggf. unterbrochenen) Beziehung noch aus einer besonders starken inneren Bindung zwischen den Partnern (vgl. BayVGH, B. v. 18.2.2014, a. a. O.). Anders als etwa in dem dem Beschluss des OVG Hamburg vom 28.10.2004 (1 Bf 189/04 - juris) zugrunde liegenden Sachverhalt (besondere Religiosität des verstorbenen Beamten) sind derartige Anhaltspunkte im vorliegenden Fall weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Zudem würde es an der konsequenten Umsetzung eines etwaigen Heiratsentschlusses fehlen. Konkrete Schritte, einen etwaigen Heiratsentschluss in die Tat umzusetzen, schildert die Klägerin nicht. Mit dem Standesamt wurde ausweislich des Schreibens des Klägerbevollmächtigten vom ... März 2014 an die Beklagte vor Kenntnis von der Erkrankung kein Kontakt aufgenommen. Vielmehr ist nach dem Vortrag der Klägerin im Jahr 2012 und 2013 ohne konkreten Termin nur gelegentlich von Heirat gesprochen worden. Aus dem klägerischen Vortrag - dessen Wahrheit unterstellt - ergibt sich daher lediglich, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann zwar über eine Eheschließung nachdachten, der Zeitpunkt hierfür aber völlig offen war. Damit stellt sich die Heirat am ... Juli 2013 auch nicht als konsequente Verwirklichung eines bestehenden Heiratswunsches, sondern als eher überraschend dar. Zu den Umständen, warum es gerade am ... Juli 2013 zur Eheschließung kam, zumal unter den äußeren Bedingungen eines stationären Krankenhausaufenthalts des Ehemannes, hat sich die Klägerin nicht geäußert. Nachdem die Eheschließung sehr kurzfristig und unter dem Eindruck der Erkrankung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin erfolgt ist, geht das Gericht davon aus, dass die Ehegatten ohne die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krebserkrankung des Ehemannes nicht im Juli 2013 die Ehe geschlossen hätten.

Nachdem die Klägerin die Ehe in Kenntnis der lebensbedrohlichen Erkrankung ihres Ehemannes geschlossen hat und sich die Eheschließung auch nicht als konsequente Verwirklichung eines bestehenden Heiratswunsches darstellt, scheidet eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des Art. 35 Abs. 2 Nr. 1 BayBeamtVG aus.

2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 7.248,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.854,16 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt worden bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548).

Das Verwaltungsgericht hat die von der Klägerin begehrte Gewährung von Witwengeld nach § 43 Abs. 1 SVG i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG mit der Begründung abgelehnt, ihr Anspruch sei vorliegend gemäß § 43 Abs. 1 SVG i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG ausgeschlossen. Da die Ehe der Klägerin mit einem Soldaten im Ruhestand vom 13. bis 17. Dezember 2007 und damit weniger als ein Jahr gedauert habe und in Kenntnis des lebensbedrohenden Charakters der Erkrankung ihres Ehemannes geschlossen worden sei, sei zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung, der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat sei die Versorgung der Witwe gewesen, zwingend nachzuweisen, dass es sich bei der Heirat um die konsequente Verwirklichung eines bereits vor Kenntnis der schweren Erkrankung bestehenden Entschlusses, die Ehe einzugehen, gehandelt habe. Dieser Nachweis sei der Klägerin nicht gelungen. Das Gericht habe weder aus dem Inhalt der Akten noch aus dem ergänzenden Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme die hierfür erforderliche Überzeugung gewinnen können.

Durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

Der Einwand der Klägerin, die „Regelung in § 19 Abs. 1 Ziffer 2 BeamtVG“ (gemeint ist wohl § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG), auf die sich das Verwaltungsgericht zur Klageabweisung bezogen habe, könne hier bereits tatbestandlich keine Anwendung finden, kann die Richtigkeit des Urteils nicht in Frage stellen. Denn das Verwaltungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Witwengeld vorliegend zutreffend anhand der Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG beurteilt. Nach dieser Vorschrift erhält der überlebende Ehepartner eines Ruhestandsbeamten - entgegen § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG - regelmäßig kein Witwengeld, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat, es sein denn, dass nach den besonderen Umständen des Falls die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung zu verschaffen. Da die Ehe zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann nur vier Tage vor dessen Ableben geschlossen wurde, hat die Klägerin nur dann einen Anspruch auf die Gewährung von Witwengeld, wenn sie die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer sogenannten Versorgungsehe widerlegen kann. Diese ist grundsätzlich entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, wenn auch nicht ausnahmslos, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte (vgl. BayVGH, B. v. 27.8.2010 - 14 ZB 10.79 - juris Rn. 5 m. w. N.). Wird die Ehe - wie vorliegend - in Kenntnis des grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakters einer Erkrankung des Beamten bzw. Soldaten geschlossen, ist hierdurch die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe regelmäßig ausgeschlossen, es sei denn, dass sich die Eheschließung als konsequente Verwirklichung eines bereits vor Erlangung dieser Kenntnis bestehenden Heiratsentschlusses darstellt (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 18.4.1991 - 2 C 7.90 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; B. v. 2.10.2008 - 2 B 7.08 - juris Rn. 3; B. v. 19.1.2009 - 2 B 14.08 - juris Rn. 7; B. v. 3.12.2012 - 2 B 32.12 - juris Rn. 10 m. w. N.). Die materielle Beweislast dafür, dass die Versorgungsabsicht keine maßgebende Bedeutung für die Heirat hatte, trifft die Witwe (BayVGH, B. v. 27.8.2010 - 14 ZB 10.79 - juris Rn. 5 m. w. N.). Von diesem rechtlichen Maßstab ist das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen.

Soweit die Klägerin einwendet, bei Einleitung des Scheidungsverfahrens habe der Ehemann nicht um seine schwere Erkrankung gewusst, erscheint dies im Hinblick auf die im Zulassungsverfahren vorgelegte Stellungnahme seines Hausarztes vom 29. März 2011 zweifelhaft. Aus dieser ergibt sich, dass die Behandlung der diagnostizierten Leberzirrhose am 27. November 2006 begann, was im Übrigen den Angaben des im Klageverfahren vorgelegten Attests des Arztes vom 31. August 2008 entspricht. Auch hat die Klägerin ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eingeräumt, dass sie seit Dezember 2006 von der Leberzirrhose wusste. Ihr Einwand, die ärztliche Bewertung der Erkrankung ihres Ehemanns mit „CHILD B“ habe nicht automatisch die Vorhersehbarkeit seines baldigen Ablebens bedeutet, so dass beide Ehepartner hiervon auch im November 2007 nicht ausgegangen seien, spricht ebenfalls nicht gegen die Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, den Ehegatten sei im Zeitpunkt der Eheschließung der lebensbedrohliche Charakter der Erkrankung des Ehemanns bekannt gewesen. Denn die Kenntnis vom lebensbedrohenden Charakter einer Erkrankung setzt weder voraus, dass mit dem baldigen Ableben des erkrankten Beamten zu rechnen ist (vgl. OVG RhPf, U. v. 29.10.2013 - 2 A 11261/12 - juris Rn. 24) noch kommt es auf Kenntnisse der Unheilbarkeit der Krankheit an (BayVGH, B. v. 8.11.2011 - 3 ZB 08.627 - juris Rn. 13). Im Übrigen befand sich der Ehemann der Klägerin zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits im Hospiz.

Mit ihrer Rüge, die Bewertung des Verwaltungsgerichts stimme nicht mit den Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gehörten Zeugen überein, wendet sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es darf aber bei seiner Überzeugungsbildung nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis nimmt oder nicht in Erwägung zieht. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO folglich nur dann vor, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 12.9.2011 - 14 ZB 11.747 - juris Rn. 7 m. w. N.). Gemessen hieran hat die Klägerin bereits nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Verwaltungsgericht ernstlich zweifelhaft ist.

Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht aufgrund der Würdigung des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung sowie der Gesamtumstände zu Recht angenommen, die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG habe durch objektiv erkennbare Umstände nicht widerlegt werden können. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist insbesondere den Aussagen der Zeugen nicht zu entnehmen, dass sich die Eheschließung trotz der lebensbedrohlichen Erkrankung als konsequente Verwirklichung eines schon zuvor bestehenden Heiratsentschlusses erwiesen hat. Zwar muss hierfür noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden haben (vgl. BVerwG, B. v. 3.12.2012 - 2 B 32.12 - juris Rn. 10). Allerdings lassen sich den Aussagen der Zeuginnen W., A. und B. keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Ehegatten vor Kenntnis von der lebensbedrohenden Erkrankung bereits so konkret zur Heirat entschlossen waren, dass sich die spätere Heirat als konsequente Verwirklichung die Heiratsentschlusses erwiesen hätte. Dass nach Aussage der Zeugin B. „des Öfteren von Hochzeit die Rede“ gewesen sei oder der verstorbene Ehemann gegenüber der Zeugin A. erklärt hat, er „würde heiraten wollen, aber er könne nicht, da die Klägerin noch nicht geschieden sei“, reicht für die Annahme, es habe einen konkreten Heiratsentschluss gegeben, nicht aus. Denn diese Äußerungen der Ehegatten können schon zeitlich nicht eingeordnet werden und bleiben zudem insgesamt vage. Die Aussagen des geschiedenen Ehemanns der Klägerin, es habe aus seiner Sicht kein Zwang für eine Scheidung gegeben und weder er noch seine frühere Ehefrau hätten auf eine Scheidung gedrängt, sowie die Tatsache, dass dieser den Scheidungsantrag gestellt hat, sprechen aus Sicht des Senats dafür, dass es vor November 2006 keine konkreten Heiratsabsichten gab. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Juni 2011 erstmalig mitgeteilt hat, sie habe bereits im März 2006 einer Freundin gegenüber die feste Absicht geäußert, ihren verstorbenen Ehemann im Frühjahr 2007 in Prien heiraten zu wollen, ist dieses Vorbringen verspätet (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Zwar können Zulassungsgründe nach Ablauf der Frist noch ergänzt werden, soweit der konkrete, zu ergänzende Zulassungsgrund in offener Frist bereits den Mindestanforderungen entsprechend dargelegt wurde. Werden - wie hier - nach Ablauf der Frist neue, selbstständige Zulassungsgründe - und seien es auch nur weitere als die bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel -vorgetragen, kann darauf der Zulassungsantrag nicht gestützt werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 53). Dies gilt insbesondere auch für einen verspäteten neuen Sachvortrag einschließlich diesbezüglicher Beweismittel.

Auch die langjährige Beziehung zwischen der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann sowie eine gemeinsame Lebensplanung sprechen nicht gegen die Richtigkeit des Urteils. Die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG erfasst auch Lebenspartnerschaften, in denen - wie hier - trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben wurde (BayVGH, B. v.19.9.2006 - 14 ZB 04.2400 - juris Rn. 5 m. w. N.; OVG RhPf, U. v. 29.10.2013 - 2 A 11261/12 - juris Rn. 20). Auch in den Fällen, in denen eine auf unbegrenzte Zeit angelegte Bindung seit Jahrzehnten bestand und nur die formelle Legalisierung unterblieb, stellt sich die spätere Eheschließung nach der gesetzlichen Vermutung in der Regel als Versorgungsehe dar. Ein konkreter Heiratsentschluss ergibt sich ohne weitere Anhaltspunkte hierfür weder aus einer langjährigen, auf eine gemeinsame Lebensplanung gerichteten Beziehung noch aus einer besonders starken inneren Bindung zwischen den Partnern oder dem konkreten gegenseitigen finanziellen Einstehen füreinander. Den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Briefen des verstorbenen Ehemannes aus den Jahren 1996 und 1997, auf die sich die Klägerin auch im Zulassungsverfahren bezieht, ist zwar zu entnehmen, dass eine gemeinsame Lebensplanung beabsichtigt war. Anhaltspunkt dafür, dass man konkrete Heiratsabsichten hatte, ergeben sich hieraus aber nicht, ungeachtet dessen, dass die Klägerin insoweit bereits ihren Darlegungspflichten nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht nachgekommen ist. Aber selbst wenn den Briefen Heiratsabsichten zu entnehmen wären, hätten sich diese durch Zeitablauf nicht bestätigt.

Zudem wird weder durch den 1999 mit ihrem geschiedenen Ehemann geschlossenen Ehevertrag und dessen Inhalt noch durch den Umstand, dass Ende November 2006 das Scheidungsverfahren der Klägerin eingeleitet worden ist, belegt, dass sie und ihr verstorbener Ehemann bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung konkrete Heiratsabsichten hatten. Dass nicht die Klägerin nach der Volljährigkeit ihres Sohnes im April 2006, sondern ihr geschiedener Ehemann ab September 2006 die Scheidung betrieben hat, spricht - auch unter Berücksichtigung von dessen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung und trotz des Hinweises der Klägerin, der Rechtsanwalt sei ein Bekannter ihres geschiedenen Ehemannes gewesen - dagegen, dass das Scheidungsverfahren wegen konkreter Heiratsabsichten der Klägerin eingeleitet worden ist. Daher ist letztlich unerheblich, warum die Klägerin erst im Dezember 2007 geschieden wurde und ob sie dies zu vertreten hatte.

Ebenso können mit dem Hinweis auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Mai 2012 - S 11 R 5359/08 - (FamRZ 2013, 332) keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts belegt werden. Die Widerlegung der gesetzlichen Annahme einer Versorgungsehe ist stets eine Frage der Einzelfallwürdigung, die nicht generalisiert werden kann. Die dortige Fallkonstellation kann mit der hier streitigen nicht verglichen werden. Im dortigen Verfahren stand der Eheschließung der Beteiligten zwar auch - wie vorliegend - über viele Jahre das objektive Ehehindernis der anderweitigen Verheiratung entgegen. Allerdings hatten die Beteiligten nach Überzeugung des im dortigen Verfahren erkennenden Gerichts - anders als vorliegend - bereits vor Kenntnis der Erkrankung die Absicht gehabt zu heiraten. Zudem hatten sie das Scheidungsverfahren, das sich über fünf Jahre hinzog, lange, nämlich fünf Jahre vor Kenntnis der schweren Erkrankung eingeleitet.

2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Soweit die Klägerin mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe nicht sämtliche von der Klägerin angebotenen Beweismittel ausgeschöpft, sinngemäß einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend macht, hat sie den Verfahrensmangel nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt.

Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris Rn. 7). Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 5.3.2010 - 5 B 7.10 - juris Rn. 9 m. w. N.; BayVGH, B. v. 22.3.2010 - 14 ZB 08.1083 - juris Rn. 7). Diesen Darlegungsanforderungen ist die Klägerin nicht nachgekommen.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Der Streitwert ergibt sich aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 10.4 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i. d. F. v. 18.7.2013; Downloadmöglichkeit über die Homepage des BVerwG), wonach der zweifache Jahresbetrag (24 Monate) des Unterschiedsbetrags zwischen gezahlter und begehrter Versorgung (hier: monatlich 1.285,59 Euro, vgl. Schreiben der Beklagten vom 28. Oktober 2008) anzusetzen ist.


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Tenor

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 verpflichtet, der Klägerin Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klage ist auf Gewährung von Witwengeld gerichtet.

2

Die 1956 geborene Klägerin heiratete am 26. April 2010 den 1959 geborenen Polizeioberkommissar O., der bis zu seinem Tod als Beamter auf Lebenszeit im Dienst bei dem Beklagten stand. Er verstarb am 25. September 2010 an einem Hirntumor (Glioblastom).

3

Mit Schreiben vom 28. September 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Diesen Antrag lehnte die Oberfinanzdirektion Koblenz nach vorheriger Anhörung der Klägerin durch Bescheid vom 2. Februar 2011 ab. Bei der von der Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann geschlossenen Ehe habe es sich um eine Versorgungsehe gehandelt, da sie weniger als ein Jahr gedauert habe. Besondere Umstände, welche die diesbezügliche gesetzliche Vermutung widerlegten, lägen nicht vor. Der Ehemann sei nicht aus unvorhersehbaren Gründen verstorben, sondern sein Tod sei im Zeitpunkt der Eheschließung absehbar gewesen. Es liege auch keine konsequente Verwirklichung eines bereits vor der Krankheit gefassten Heiratsentschlusses vor.

4

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hat die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gesetzgeber habe die Gewährung eines Witwengelds vor allen Dingen in solchen Fällen unterbinden wollen, in denen ein Todgeweihter ohne innere Bindung und nur zu dem Zweck heirate, seinem Ehepartner eine Versorgung zu verschaffen. Demgegenüber habe sie ihren späteren Ehemann bereits im Jahr 1994 kennen gelernt und mit ihm, von einer kurzen Unterbrechung abgesehen, von 1997 bis zu seinem Tod zusammengelebt. Die schwerwiegende Erkrankung des Ehemanns sei ihnen zum Zeitpunkt der Eheschließung zwar bekannt gewesen, sie hätten jedoch nicht mit seinem baldigen Tod gerechnet. Die bereits im letzten Jahr vor seinem Tod geplante Hochzeit sei lediglich aus familiären Gründen verschoben worden.

5

Die Klägerin hat beantragt,

6

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - zu gewähren.

7

Der Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Zur Begründung hat er auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.

10

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 29. März 2012 abgewiesen. Auch die Vorinstanz ist der Auffassung, die Klägerin habe ihren verstorbenen Ehemann nur deshalb geheiratet, um eine beamtenrechtliche Versorgung zu erhalten. Die Ehe sei in Kenntnis der unheilbaren Krankheit geschlossen worden und habe weniger als ein Jahr gedauert, so dass die gesetzliche Vermutung einer reinen Versorgungsehe bestehe. Tatsächliche Anhaltspunkte, welche diese Vermutung widerlegen könnten, habe sie nicht glaubhaft machen können. Derartige Umstände könnten auch nicht durch die von der Klägerin benannten Zeugen, deren Einvernahme sie in der mündlichen Verhandlung beantragt hatte, bewiesen werden.

11

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht der Klägerin im Wesentlichen geltend: Die Kenntnis von der Erkrankung ihres verstorbenen Ehemannes sowie die nur kurze Dauer der Ehe rechtfertigten nicht die Annahme einer Versorgungsehe. Sie habe mit ihrem verstorbenen Ehemann bereits seit 1997 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gelebt. Spätestens seit 2008 habe eine feste Heiratsabsicht bestanden, die von beiden Partnern auch nach außen hin deutlich gemacht worden sei. Zwar sei die Krankheit ihres Mannes wohl grundsätzlich unheilbar gewesen. Jedoch seien bei einem Glioblastom auch längere Überlebensraten beobachtet worden. Ihr Mann sei bei gutem Allgemeinzustand aus der Klinik entlassen worden. Aus Sicht der behandelnden Ärzte habe durchaus eine offene Prognose bestanden. Sie hätten nicht mit seinem baldigen Ableben rechnen müssen.

12

Die Klägerin beantragt,

13

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 2. Februar 2011 Juni 2006 in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides dieser Behörde vom 28. November 2011 zu verpflichten, ihr Witwengeld nach § 19 BeamtVG zu gewähren.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, die er auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin für zutreffend hält. Ergänzend bekräftigt er nochmals die seiner Auffassung nach bestehenden objektiven Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Versorgungsehe.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (drei Hefte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung hat Erfolg.

19

Das Verwaltungsgericht hätte der Klage stattgeben müssen. Der Klägerin steht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein Witwengeld zu, weil sie zum Zeitpunkt des Todes von Polizeioberkommissar O. am 25. September 2010 mit ihm verheiratet war. Diesem gesetzlichen Anspruch steht die verhältnismäßig kurze Dauer der erst am 26. April 2010 und damit nur rund fünf Monate vor dem Tod des Beamten geschlossenen Ehe nicht entgegen. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Vorinstanz liegt keine sogenannte Versorgungsehe vor, die eine Bewilligung von Witwengeld ausschließen würde.

20

Grundsätzlich erhält nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG der überlebende Ehepartner eines Beamten auf Lebenszeit kein Witwengeld, wenn die Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat. Der Gesetzgeber geht insofern von der Vermutung aus, eine Ehe, die nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, sei als Versorgungsehe anzusehen. Damit will er die Versorgungsbehörden von der Ausforschung privater Lebenssphären zur Ermittlung des Zwecks einer Eheschließung entbinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1961 - 6 C 3.59 -, BVerwGE 11, 350; Urteil vom 30. Oktober 1969 - 2 C 46.68 -,BVerwGE 34, 149). Die gesetzliche Vermutung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG erfasst auch Lebenspartnerschaften, bei denen trotz langjähriger Bindung die Eheschließung bis kurz vor dem Tod eines Partners hinausgeschoben wurde (BayVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 14 ZB 04.2400 -, juris). Sie besteht regelmäßig, wenn die Heirat in Kenntnis einer schweren Erkrankung sowie der deshalb eingeschränkten Lebenserwartung eines Ehepartners erfolgt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1991 - 2 C 7.90 -, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 230; Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; OVG RP, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 10800/07.OVG -, AS 37, 1).

21

Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Halbsatz 2 BeamtVG ist die Vermutung einer Versorgungsehe jedoch widerlegt, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu verschaffen. Als besondere Umstände sind insofern alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalls anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Dabei kommt es auf die – gegebenenfalls auch voneinander abweichenden – Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) der Lebenspartner an, es sei denn, dass der überlebende Ehegatte den Beamten beispielsweise durch Ausnutzung einer Notlage oder Willensschwäche zur Eheschließung veranlasst hat.

22

Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe bei einer Ehedauer von nicht mindestens einem Jahr ist nach dem Ausnahmetatbestand des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck überwiegen oder, da der Wortlaut auf den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Heirat abhebt, zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei den Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (so VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, IÖD 2003, 166; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, IÖD 2005, 79; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, NVwZ-RR 2010, 278; vgl. zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 46 Abs. 2a SGB VI auch BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, BSGE 103, 99).

23

Dementsprechend ist selbst bei einer nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet – überwiegend oder zumindest gleichwertig – aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde. Allerdings müssen dann bei der abschließenden Gesamtbewertung die besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Beamten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war. Bei Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zeitpunkt der Eheschließung kommt die Gewährung von Witwengeld deshalb regelmäßig nur in Betracht, wenn der Heiratsentschluss bereits vor Bekanntwerden der Erkrankung gefasst worden ist. Die Annahme einer Versorgungsehe ist mithin nicht gerechtfertigt, wenn die Eheschließung sich trotz einer lebensbedrohlichen Erkrankung als konsequente Verwirklichung eines schon zuvor bestehenden Heiratsentschlusses erweist (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - 2 B 7.08 - und vom 19. Januar 2009 - 2 B 14.08 -, jeweils juris; BSG, Urteil vom 05. Mai 2009 - B 13 R 55/08 R -, a. a. O.; BayVGH, Beschluss vom 1. Dezember 1998 - 3 95.3050 -, IÖD 1999, 174; VGH Mannheim, Beschluss vom 10. Februar 2003 - 4 S 2782/01 -, a. a. O.; OVG Münster, Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 E 693/04 -, a. a. O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Oktober 2004 - 1 Bf 189/04 -, a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 5 LA 481/08 -, a. a. O.). Dies kann auch dann der Fall sein, wenn – wie hier – noch kein Termin für die Eheschließung beim Standesamt festgestanden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2012 - 2 B 32.12 -, juris).

24

Wendet man die vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so ist die am 26. April 2010 geschlossene Ehe der Klägerin mit dem verstorbenen Polizeioberkommissar O. nicht als Versorgungsehe anzusehen. Sie dauerte zwar lediglich fünf Monate und war damit deutlich kürzer als der in § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG festgelegte Zeitraum von einem Jahr. Hinzu kommt, dass den Eheleuten zumindest das Vorliegen einer objektiv lebensbedrohenden Krankheit des verstorbenen Ehemannes, die Erkrankung an einem Hirntumor (in Form eines Glioblastoms), zumindest in groben Zügen auch bewusst war. Zwar legen die beiden von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen von Herrn Dr. M. (vom 7. Januar 2011, Bl. 41 VA) sowie vom Leitenden Arzt der Neurochirurgie des Bundeswehrzentralkrankenhaues, Dr. W. (vom 16. März 2011, Bl. 61 VA) nicht zwangsläufig einen in naher Zukunft eintretenden tödlichen Verlauf der Krankheit nahe. Auch war die letztlich zum Tod führende Krankheit nicht der Hirntumor, sondern eine Lungenentzündung. Gleichwohl steht in objektiver Hinsicht jedenfalls eine sehr schwerwiegende und gewöhnlich auch zum Tod führende Erkrankung fest, an der der verstorbene Ehemann der Klägerin litt, so dass für die späteren Eheleute klar war, dass der verstorbene Beamte „nicht mehr zehn Jahre leben werde“ (so die Klägerin in ihrer Befragung durch den Senat in der mündlichen Verhandlung, vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).

25

Allerdings widerlegen die von der Klägerin vorgetragenen Gründe für die konkreten Umstände der Eheschließung die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe ohne jeden Zweifel. Bei einer Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat kann nicht die bei beiden Eheleuten bestehende Absicht belegt werden, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen. Vielmehr ergeben sie, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen den Versorgungszweck wenn nicht sogar überwiegen, so doch zumindest gleichwertig sind. In der Eheschließung liegt nämlich eine konsequente Verwirklichung des schon vor dem Auftreten der lebensbedrohenden Erkrankung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin gefassten Heiratsentschlusses. Der in Unkenntnis der lebensgefährlichen Krankheit gefasste und nach außen manifestierte Heiratsentschluss blieb bis zur Eheschließung im Wesentlichen unverändert. Die Heirat erfolgte auch innerhalb eines angemessenen Zeitraums.

26

Dies ergibt sich zur vollen Überzeugung des Senats aus den Angaben, die die Klägerin bei ihrer Befragung im Verlauf der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2013 gemacht hat. Insbesondere hat sie die bereits im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren dargestellte persönliche Situation auch dem Senat im Einzelnen glaubhaft dargestellt (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 2 bis 5). Ihre detaillierte Darstellung war in allen Teilen ohne weiteres nachvollziehbar, überaus lebensnah, widerspruchsfrei, ohne Übertreibungen und auch nicht von erkennbaren taktischen oder sonst ergebnisorientierten Überlegungen geleitet. Der Senat erachtet das Vorbringen der Klägerin gerade auch deshalb für glaubhaft, weil sie die langjährige Entwicklung ihrer Lebensgemeinschaft mit ihrem verstorbenen Ehemann, vor allem mit Blick auf die gemeinsam durchlebten (von ihr nachvollziehbar so genannten) „Schicksalsschläge“ mit einer spürbaren inneren Anteilnahme, in den entsprechenden Teilen auch reflektierten Betroffenheit und insgesamt mit großer Ernsthaftigkeit geschildert hat.

27

Die Angaben der Klägerin werden in den wesentlichen Teilen von den Zeugen bestätigt. So haben sämtliche der vom Senat befragten ehemaligen Kollegen und Freunde des verstorbenen Ehemannes der Klägerin zunächst bestätigt, dass die späteren Eheleute schon vor ihrer Heirat seit vielen Jahren für alle im Dorf und in der Dienststelle erkennbar Lebensgefährten gewesen sind. Alle Zeugen haben zugleich den Vortrag der Klägerin bestätigt, nach dem der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahre 2009 beabsichtigte, die Klägerin als seine langjährige Lebensgefährtin zu heiraten (vgl. hierzu im Einzelnen Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S.6 bis 10). Die Angaben der Zeugen waren in diesem Punkt ohne jeden vernünftigen Zweifel glaubhaft. Für den Senat steht deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Klägerin und ihr langjähriger Lebensgefährte wohl schon Mitte des Jahres 2008, spätestens aber im Verlauf des Jahres 2009 entschlossen waren, in diesem Jahr an ihrem sog. Kennenlerntag (der 29. Oktober) zu heiraten.

28

Gleichfalls nachvollziehbar schilderte die Klägerin bei ihrer Befragung die Gründe, warum dieser Heiratsentschluss nicht bereits an diesem Tag vollzogen wurde. Die von ihr auch insofern authentisch, detailreich, in spürbarer Betroffenheit und ohne erkennbare Verfälschungstendenzen geschilderten Umstände anlässlich der Hochzeit der Tochter ihres verstorbenen Ehemannes, die zu einem mehrere Monate andauernden Zerwürfnis zwischen Vater und Tochter geführt haben, liegen zur vollen Überzeugung des Senats vor. Die Klägerin konnte desweiteren glaubhaft machen, dass sie und ihr verstorbener Ehemann bei einem Abendessen am „Kennenlerntag“ des Jahres 2009 (an dem ohne das Zerwürfnis mit der Tochter ihre Heirat hätte stattfinden sollen) beschlossen, dann jedenfalls im Juli 2010 – mit oder ohne Teilnahme der Tochter – zu heiraten. Hierfür haben sie dann im Januar 2010 bereits eine Reise nach Verona für Ende Juli desselben Jahres gebucht (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 4).

29

Diese Umstände sind wiederum von einem der Zeugen im Wesentlichen bestätigt worden. Da auch in diesem Punkt die Ausführungen der Klägerin aufgrund ihrer umfänglichen, detailreichen und selbst bei Nachfragen durch den Senat spontan und authentischen bleibenden Aussagen insgesamt glaubhaft sind, sieht der Senat auch dieses Detail der Geschehnisse als gegeben an.

30

Demgegenüber sind keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, der verstorbene Ehemann der Klägerin habe nach dem Zerwürfnis mit seiner Tochter am 8. August 2008 seinen – nach dem Vorstehenden für die Zeit davor zweifelsfrei nachgewiesenen – Heiratsentschluss aufgegeben. Gegen eine solche Sichtweise spricht schon der Umstand, dass sich zumindest der Zeuge M. sicher an das Beibehalten des Heiratsplanes erinnerte (vgl. Sitzungsniederschrift vom 29. Oktober 2013, S. 8). Hinzu kommt das Fehlen von äußeren Indizien für eine Änderung der Pläne der späteren Eheleute. Im Gegenteil stellt die Buchung der Reise nach Verona, die als Hochzeitsreise geplant war, ein solches Indiz für das Beibehalten der Heiratspläne dar.

31

Der relativ kurze Zeitraum zwischen der Diagnose eines bösartigen Hirntumors und der nur wenige Tage später stattgefundenen Hochzeit streitet in Anbetracht der vorstehend dargestellten Vorgeschichte dagegen nicht für die Annahme einer Versorgungsehe. Auch hier war die Darstellung der Klägerin von den seinerzeit vorliegenden Umständen nachvollziehbar. Sie gab hierzu glaubhaft an, ihr verstorbener Ehemann habe befürchtet, nach der Chemotherapie und den damit verbundenen Begleiterscheinungen nicht mehr die Kraft zu haben, eine Hochzeit durchzustehen. Im Übrigen kommt dem relativ kurzen Zeitraum zwischen dem Auftreten der Krankheitssymptome und der Heirat ohnehin schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil für den Senat feststeht, dass sich diese als konsequente Umsetzung eines bereits vorher feststehenden Heiratsentschlusses darstellt. Das Verschieben des im Juli 2010 (mit oder ohne die Tochter des verstorbenen Beamten) geplanten Heiratstermins auf den April dieses Jahres ist lediglich dem konkreten Ablauf der Behandlung geschuldet, ohne die erforderliche Absicht zu belegen, es sei der alleinige oder überwiegende Zweck der Ehe gewesen, der Klägerin eine Witwenversorgung zu verschaffen.

32

Aus diesen Gründen war der Berufung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

33

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 709 Zivilprozessordnung.

34

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz bezeichneten Art nicht vorliegen.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit Ziffer 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) auf 25.249,92 Euro festgesetzt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.