Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 29. April 2014 verpflichtet, die Klägerin nach Hessen umzuverteilen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage einer Verpflichtung des beklagten Landes (nachfolgend Beklagter), die Klägerin zu Ihrer Mutter länderübergreifend von Bayern nach Hessen umzuverteilen.

Die Klägerin ist ausweislich eines aktenkundigen Auszugs aus dem Ausländerzentralregister afghanische Staatsangehörige und stellte am 30.10.2013 einen Asylerstantrag, über den nach den vorliegenden Akten noch nicht entschieden ist.

Der bereits im Verwaltungsverfahren bestellte Bevollmächtigte der Klägerin stellte mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2013 (Bl. 4 der Verwaltungsakte - d. A.) einen an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gerichteten Antrag auf länderübergreifende Umverteilung der Klägerin nach Hessen, und zwar in den Landkreis ... Zur Begründung wurde unter anderem vorgetragen, die Klägerin sei ausweislich einer beigefügten eidesstattlichen Versicherung der Mutter der Klägerin vom 3. Dezember 2012 (Bl. 5 d. A.) am ... 1996 geboren. Der in dieser eidesstattlichen Versicherung bezeichnete Wohnort der Mutter liegt im Landkreis ...

Der Antrag auf länderübergreifende Umverteilung wurde über den Beauftragten des Freistaates Bayern für die Aufnahme und Verteilung ausländischer Flüchtlinge und unerlaubt eingereister Ausländer an das Regierungspräsidium Darmstadt weitergeleitet wurde (Bl. 2 d. A.). Zu diesem Zeitpunkt war der Klägerin die Aufnahmeeinrichtung ... zugewiesen.

Mit Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 10. März 2014 wurde der Klägerin ab dem 12. März 2014 ein Wohnsitz im Landkreis ... zugewiesen.

Mit E-Mail vom 22. März 2014 übersandte der Klägerbevollmächtigte dem Beklagten zwei fachärztliche Stellungnahmen (Bl. 17-22), in denen bei der Klägerin eine psychische Erkrankung diagnostiziert wurde, wobei in einer Stellungnahme vom 24. Februar 2014 unter anderem ausführt wurde, die Unterstützung durch die Familie in ... wäre sicher sehr hilfreich für die Behandlung und Prognose, und in einer Stellungnahme vom 27. Februar 2014, eine zumindest vorübergehende Beurlaubung zu Angehörigen bei ... wäre zu begrüßen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. April 2014 (Bl. 25 d. A.) lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf länderübergreifende Umverteilung nach entsprechender Anhörung (E-Mail vom 18.3.2014) ab. Der streitgegenständliche Bescheid geht davon aus, dass die Klägerin am ...12.1994 geboren ist.

Am 13. Mai 2014 ging bei Gericht eine Klageschrift des Klägerbevollmächtigten ein, mit der beantragt wurde,

den streitgegenständlichen Bescheid vom 29. April 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin nach Hessen umzuverteilen.

Der Klageschrift waren unter anderem ein medizinisches Schreiben vom ... April 2014 beigefügt, das von einem akademischen Lehrkrankenhaus einer Universität ausgestellt wurde und unter anderem ausführt, zur psychischen Stabilisierung der Klägerin sei ein Umzug in die hessische Region, in der der Bruder und die Mutter der Klägerin lebten, unbedingt notwendig.

Mit Klageerwiderung vom 20. Mai 2014 beantragte der Beklagte unter Bezugnahme auf den streitgegenständlichen Bescheid,

Klageabweisung.

Mit Beschluss vom 8. Juli 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Beschluss vom 16. Juli 2014 bewilligte das Gericht der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2014 teilte das Regierungspräsidium Darmstadt dem Gericht auf entsprechende Anfrage mit, das im streitgegenständlichen Bescheid unterstellte Geburtsdatum gehe auf die Auskunft aus dem Ausländerzentralregister (AZR) und auf die dem BAMF vorliegenden Daten zurück. Es wurde ein AZR-Auszug vorgelegt und eine Liste, die den Asylverfahrensstand des BAMF für mehrere Personen, unter anderem auch die Klägerin, betrifft und ohne weiteren Kommentar als Geburtsdatum den ... Dezember 1994 ausweist.

Das Gericht hat am 1. Oktober 2014 mündlich verhandelt, wobei nur die Klagepartei erschienen ist. Das Gericht verkündete die vorliegende Entscheidung noch in dieser Sitzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zulässig und begründet.

Das Gericht konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Oktober 2014 entscheiden, obwohl seitens der Beklagtenpartei niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen war. Denn im Ladungsanschreiben vom 14. Juli 2014 zum ursprünglichen Verhandlungstermin war darauf hingewiesen worden, dass bei Nichterscheinen eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO), wobei im gerichtlichen Anschreiben vom 1. September 2014 betreffend die Terminverlegung auf den 1. Oktober 2014 hierauf nochmals ausdrücklich Bezug genommen worden war.

Das Verwaltungsgericht München ist entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig, weil die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung ihren Aufenthalt im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts München zu nehmen hatte (§ 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - i. V. m. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG). Es handelt sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz i. S. v. § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die streitentscheidende Vorschrift § 51 AsylVfG ist.

Aufgrund des Kammerbeschlusses vom 8. Juli 2014 ist der Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung berufen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist für die gerichtliche Entscheidung die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung geltende Sach- und Rechtslage maßgeblich.

2. Die zulässige Klage ist begründet (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf länderübergreifende Umverteilung von Bayern nach Hessen, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung minderjährig ist, ihre Mutter in Hessen lebt, ein Umzug dorthin in einer ärztlichen Stellungnahme als unbedingt notwendig bezeichnet wurde und kein Grund ersichtlich ist, im Rahmen eines etwaig bestehenden Ermessens des Beklagten anders zu entscheiden.

2.1. Die Klägerin ist minderjährig i. S. v. § 51 Abs. 1 AsylVfG.

Für das Gericht ist die Minderjährigkeit der Klägerin aufgrund der eidesstattlichen Versicherung der leiblichen Mutter der Klägerin vom 3. Dezember 2013 erwiesen, nach der die Klägerin am ... Oktober 1996 geboren worden ist. Der Umstand, dass im Ausländerzentralregister (AZR), zurückgehend auf Daten, die dem BAMF vorliegen, der ... Dezember 1994 als Geburtsdatum eingetragen ist, gibt weder Anlass, die eidesstattliche Versicherung der Mutter der Klägerin in Zweifel zu ziehen, noch weitere Ermittlungen insoweit anzustellen. Vielmehr hat die Klagepartei mit der eidesstattlichen Versicherung, die bei der Stellung des Asylantrags am 30. Oktober 2013 noch nicht vorlag, den Nachweis erbracht, dass das tatsächliche Geburtsdatum der Klägerin - abweichend vom AZR - der ... Oktober 1996 ist. Dabei ist zu sehen, dass es keine Vorschrift gibt, die es erlauben würde, einem Asylbewerber wegen Zweifeln an seiner Altersangabe ohne weitere Ermittlungen oder Untersuchungen ein anderes Geburtsdatum zuzuordnen (VG Neustadt (Weinstraße) U. v. 19.3.2010 - 5 K 752/09.NW - juris Rn. 24). Es ist auch keine Vorschrift ersichtlich, wonach das BAMF insoweit einen feststellenden Verwaltungsakt erlassen könnte, der dann auch für andere Behörden, etwa die vorliegend für den Beklagten handelnde Behörde, im Hinblick auf das Geburtsdatum verbindlich wäre, solange er wirksam ist. Mangels solcher Regelungen war der Beklagte vielmehr gehalten, das Alter der Klägerin eigenverantwortlich im Zuge des Verwaltungsverfahrens nach § 51 AsylVfG zu ermitteln, was aber vorliegend nicht geschehen ist. Vielmehr hat der Beklagte in seiner E-Mail vom 18. März 2014 die bereits im Verwaltungsverfahren von der Klagepartei vorgelegte eidesstattliche Versicherung als nicht hinreichend erachtet und im Übrigen den Nachweis der Klägerin auferlegt, wobei der Beklagte weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren hinreichend substantiiert dargelegt hat, welche Art eingehender weitergehender Nachweise er für erforderlich gehalten hätte. Insbesondere die vom BAMF dem Beklagten übersandte Liste mit Namen verschiedener Personen, unter anderem der Klägerin, reicht nicht hin, um Zweifel an der Richtigkeit der eidesstattlichen Versicherung zu wecken. Denn in dieser Liste wird das Geburtsdatum ohne jedwede Begründung mitgeteilt. Insbesondere ist in keiner Weise ersichtlich, dass das BAMF insoweit tatsächliche Ermittlungen - etwa ein Interview der Klägerin persönlich durch insoweit sachkundige Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen oder auch eine medizinische Untersuchung zur Altersbestimmung (vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg B. v. 13.7.2009 - OVG 3 S 24.09 - juris) - angestellt hätte, die Anlass geben könnten zu einem anderen Geburtsdatum als dem von der leiblichen Mutter mitgeteilten zu kommen. Auch der Beklagte hat solche Ermittlungen nicht vorgenommen, gleichwohl aber die eidesstattliche Versicherung der leiblichen Mutter als Nachweis der Minderjährigkeit der Klägerin nicht als ausreichend erachtet.

Für das Gericht besteht nach den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung kein hinreichender Grund, die eidesstattliche Versicherung der leiblichen Mutter der Klägerin in Zweifel zu ziehen. Der äußere Eindruck der Klägerin gibt dem Gericht keinen Anlass, an der Richtigkeit ihrer Mitteilung zu zweifeln, dass sie im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erst siebzehn Jahre sei. Dass die Annahme des BAMF, die Klägerin sei am ... Dezember 1994 geboren worden, auf ein Missverständnis zurückgehen kann, ist dabei jedenfalls nicht auszuschließen. Tatsächlich hat die Kalenderrechnung in Afghanistan mehrfach gewechselt und folgt derzeit nicht dem europäischen Kalendersystem (vgl. etwa den wikipedia-Artikel über Afghanistan - dort unter „Kultur“, „Kalender“; im Internet abrufbar unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Afghanistan).

Es kann dabei dahinstehen, ob in dem hypothetischen Fall, dass es die eidesstattliche Versicherung der leiblichen Mutter der Klägerin nicht gäbe, die Ausführungen der Klägerin für eine Annahme ihrer Minderjährigkeit ausgereicht hätten, nachdem das vom BAMF angenommene Geburtsdatum auf die Asylantragstellung der Klägerin selbst zurückging - denn die eidesstattliche Versicherung der Mutter existiert und der Umstand, dass die Mitteilung des BAMF davon abweicht, reicht nicht aus, um an der Richtigkeit der eidesstaatlichen Versicherung Zweifel zu hegen, weil die BAMF-Mitteilung ihrerseits auf einem Missverständnis bei der Asylantragstellung der Klägerin beruht haben kann und (soweit ersichtlich) nicht auf zusätzliche empirische Ermittlungen des BAMF zurückgeht. Dabei ist auch zu sehen, dass nach den unbestrittenen Ausführungen der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll S. 3) die Klägerin bislang auch noch nicht vom BAMF nach § 25 AsylVfG angehört worden ist, so dass sie insoweit auch noch keine Gelegenheit zu einer Klarstellung gegenüber dem BAMF hatte.

2.2. Da die Klägerin somit im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als minderjährig anzusehen ist sowie gemäß § 48 AsylVfG nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und die Mutter der Klägerin unverändert in Hessen lebt, hat der gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG zuständige Beklagte gemäß § 51 Abs. 1 AsylVfG anlässlich des gemäß § 51 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellten Antrags der Haushaltsgemeinschaft dieser beiden Familienangehörigen jedenfalls deshalb durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen, weil die (minderjährige) Klägerin unter einer psychischen Erkrankung leidet und die medizinische Stellungnahme vom... April 2014 einen Umzug nach ... für „unbedingt notwendig“ bezeichnet. Es liegt bei der Klägerin jedenfalls ein „humanitärer Grund von vergleichbarem Gewicht“ vor. Dass der streitgegenständliche Bescheid der Stellungnahme vom ... April 2014 noch nicht Rechnung tragen konnte, weil dieses Dokument erst im Klageverfahren vorgelegt wurde, ist insoweit nicht entscheidungserheblich, weil die Subsumtion des Tatbestandsmerkmals „humanitäre Gründe vergleichbaren Gewichts“ voller gerichtlicher Nachprüfung unterliegt und auch insoweit - wie gezeigt - maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist (§ 77 Abs. 1 AsylVfG).

Zwar ist die Klägerin nach eigenen Angaben in Afghanistan verheiratet, so dass ein Anspruch auf länderübergreifende Umverteilung nicht direkt aus § 51 Abs. 1 Alt. 1 AsylVfG allein wegen der Minderjährigkeit der Klägerin folgt, weil die Klägerin keine „ledige“ Minderjährige ist i. S. v. § 26 Abs. 3 (i. V. m. § 51 Abs. 1 Alt. 1) AsylVfG. Das schließt es jedoch nicht aus, der (wie gezeigt erwiesenen) Minderjährigkeit der Klägerin unter gleichzeitiger Berücksichtigung ihrer psychischen Erkrankung im Rahmen von § 51 Abs. 1 Alt. 2 AsylVfG Rechnung zu tragen, und zwar bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „sonstigen humanitären Gründe von vergleichbarem Gewicht“. Dabei ist § 51 Abs. 1 AsylVfG vor dem Hintergrund von Art. 18 der Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (AufnRL) zu sehen, wonach das Kindeswohl „vorrangig“ zu berücksichtigen ist. Art. 18 AufnRL spricht dafür, bei der Auslegung von § 51 Abs. 1 Alt. 2 AsylVfG das Kindeswohl auch verheirateter minderjähriger Asylbewerber jedenfalls dann als „sonstigen humanitären Grund von vergleichbarem Gewicht“ anzusehen, wenn wie vorliegend in einer ärztlichen Stellungnahme ein Umzug in die Region, in der die leibliche Mutter wohnt, als unbedingt notwendig bezeichnet wird. Die Forderung des streitgegenständlichen Bescheides (dort S. 2, Mitte), bei psychischen Erkrankungen müsse sich das Leiden derart verfestigt haben, dass „irreparable Schäden“ zu erwarten seien, überspannt die Anforderungen des Art. 51 Abs. 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 18 AufnRL jedenfalls dann, wenn (wie vorliegend) Minderjährigkeit anzunehmen ist und eine ärztliche Stellungnahme, deren Richtigkeit und Sachkunde von der Beklagtenpartei auch im Klageverfahren nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden ist, einen Umzug als „unbedingt notwendig“ bezeichnet.

Nicht entschieden werden muss vor diesem Hintergrund, inwieweit es für die Auslegung von § 51 Abs. 1 (i. V. m. § 26 Abs. 3) AsylVfG eine Rolle spielt, ob der Grund für das Asylverfahren gerade das Verhalten des Ehemannes der Klägerin sein könnte. In den von der Klagepartei vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen vom ... und ... Februar 2014 wird unter anderem ausführt, die Klägerin sei mit circa 14 Jahren mit einem etwa 30-jährigen Mann verheiratet worden und von diesem missbraucht und geschlagen worden, so dass die Frage aufgeworfen werden könnte, ob eine verheiratete minderjährige Asylbewerberin, die vor ihrem Ehegatten flieht, nicht ebenso wie eine ledige minderjährige Asylbewerberin den besonderen Schutz ihrer Eltern benötigt und wie sich dies im Hinblick auf Art. 18 AufnRL auf die Auslegung von § 51 Abs. 1 Alt. 1 i. V. m. § 26 Abs. 3 AsylVfG auswirkt. Weil aber - wie gezeigt -bereits wegen der Minderjährigkeit der Klägerin und der ärztlichen Aussage, ein Umzug nach ... sei unbedingt notwendig, von einem „sonstigen humanitären Grund von gleichem Gewicht“ wie bei der Herstellung der Haushaltsgemeinschaft von ledigen minderjährigen Asylbewerbern mit ihren Eltern auszugehen ist (s.o.), kann diese Frage offen bleiben.

2.3. Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund auch, inwieweit dem Beklagten in einem solchen Fall der familiären Gemeinschaft Minderjähriger mit ihren Eltern überhaupt noch ein Ermessen zusteht. Denn jedenfalls vorliegend würde sich ein solches Ermessen zu einem Anspruch der Klägerin auf länderübergreifende Umverteilung verdichten (vgl. VGH Baden-Württemberg U. v. 2.2.2006- A 12 S 929/05 - juris Rn. 17) im Hinblick auf die aktenkundig dokumentierte psychische Erkrankung der minderjährigen Klägerin, und zwar unabhängig davon, ob diese Erkrankung allein - also unabhängig von der Minderjährigkeit der Klägerin - ausgereicht hätte, um eine länderübergreifende Umverteilung zu rechtfertigen, was deshalb vorliegend nicht entschieden zu werden braucht. Hinzu kommt, dass nach § 52 AsylVfG die Aufnahme der Klägerin auf die nach § 45 AsylVfG für das Bundesland Hessen vorgesehene Quote angerechnet wird.

3. Angesichts des vollumfänglichen Erfolgs der Klage hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens vollumfänglich zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

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Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

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(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 14.05.2009 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1

Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. Als Geburtsjahr gibt er 1371 islamischer Zeitrechnung (= 1992 unserer Zeitrechnung) an. Er reiste am 19./20.01.2009 von Griechenland kommend über den Flughafen Frankfurt/Main ein. Das Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt/ Main (Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge) stellte am 20l.1.2009 fest, das angegebene Geburtsdatum sei offenkundig fasch. Deshalb werde anhand des äußeren Anscheins gem. Erlass des Hessischen Ministers des Innern und für Sport Volljährigkeit festgestellt und das Geburtsdatum fiktiv auf 31.12.1990 festgelegt. Es obliege dem Flüchtling, einen Altersnachweis zu erbringen.

2

Der Kläger wurde dann an die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge weitergeleitet und am 05.02.2009 bei der Außenstelle Trier der Beklagten angehört. Dort gab er im Wesentlichen folgendes an: Er komme aus Herat, das er am 01.08.1387 (= 23.10.2008 verlassen habe). Mit Hilfe eines Schleppers und eines iranischen Passes sei er über Iran und die Türkei nach Griechenland gekommen, und zwar zuletzt in einem Schlauchboot. Die Reise habe ca. einen Monat gedauert. In Griechenland sei er Ende November angekommen. Er sei dort einen Monat im Gefängnis gewesen und dann mit einem Schiff nach Athen gebracht worden, wo er sich ungefähr 40 Tage aufgehalten habe. Der Schlepper habe ihn und einen anderen Afghanen dann zum Flughafen gebracht, von wo sie nach Frankfurt geflogen seien. In Griechenland habe er keinen Asylantrag gestellt, sei aber erkennungsdienstlich behandelt worden.

3

Grund dafür, Afghanistan zu verlassen, sei eine Familienfehde gewesen. Sein Vater habe ein Verhältnis mit der Frau des Cousins der Mutter gehabt. Deshalb habe dieser Cousin den Vater, zwei Onkel und eine Tante väterlicherseits mit einem Maschinengewehr umgebracht. Er selbst sei noch ganz klein gewesen. Einige Jahre später habe ein Onkel dann den Cousin der Mutter umgebracht. Dieser Onkel lebe im Iran und habe dort schon zuvor gelebt. Nach einer längeren Zeit relativer Ruhe seien die Kinder des (Groß-)Cousins (drei Brüder, älter als er) im Dezember 2007 wieder aufgetaucht und hätten seinen Bruder entführt, umgebracht und die Leiche vor die Haustür geworfen. Bei den Feierlichkeiten in der Moschee Anfang 2008 und auch danach nochmals sei auch er selbst von ihnen angegriffen und zusammengeschlagen worden. Das eine Mal hätten sie ihm die Nase gebrochen. Er sei zur Polizei gegangen, die ihm auch Hilfe zugesagt habe. Er habe aber gegen die drei Brüder keine Beweise gehabt und sie daher auch nicht angezeigt. Andere Feinde als diese hätten sie aber nicht gehabt Die Mutter habe nicht gewollt, dass auch er umgebracht werde, habe das Haus verkauft und sei zu ihrer Schwester gegangen. Mit dem Erlös des Hauses habe er seine Ausreise finanziert. Die Polizei hätte ihn nicht rund um die Uhr schützen können.

4

Die Beklagte richtete am 20.02.2009 ein Übernahmeersuchen an Griechenland, das unbeantwortet blieb. Am 23.03.2009 übersandte der Kläger dem Bundesamt verschiedene Unterlagen, aus denen u.a. hervorgehen soll, dass er im Jahr 1384 islamischer Zeitrechnung 13 Jahre alt gewesen sei (Bl. 76 VA ff.). Diese Unterlagen sind bisher nicht übersetzt worden. Am 21.04.2009 wurde der Kläger dem Rhein-Pfalz-Kreis zugewiesen.

5

Am 14.05.2009 erließ das Bundesamt in Dortmund einen Bescheid des Inhalts, dass der Asylantrag unzulässig sei und die Abschiebung nach Griechenland angeordnet werde.

6

Zur Begründung wurde auf § 27 a AsylVfG und Art. 18 Abs. 7 Dublin II VO verwiesen. Es wurden Ausführungen gemacht, wonach trotz schwieriger Umstände in Griechenland keine außergewöhnlichen humanitären Umstände vorlägen, die die Bundesrepublik Deutschland zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO veranlassen könnten. Insbesondere gehöre der Kläger auch nicht zu einem besonders hilfsbedürftigen Personenkreis.

7

Nach Zustellung des Bescheides hat der Kläger am 30.07.2009 Klage erhoben.

8

Seinem am 31.08.2009 eingereichten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das erkennende Gericht mit Beschluss vom 19.10.2009 stattgegeben und ausgeführt, möglicherweise sei die Bundesrepublik schon wegen Minderjährigkeit des Klägers für sein Asylverfahren zuständig. Auch stehe der Fristablauf nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II VO kurz bevor. Jedenfalls aber müsse die Bundesrepublik sonst voraussichtlich verpflichtet werden, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, und zwar wegen der für Asylsuchende unzumutbaren Zustände in Griechenland. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses vom 19.10.2009 verwiesen.

9

Eine Überstellung nach Griechenland hat daraufhin bisher nicht stattgefunden.

10

Zur Begründung der Klage hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers über ihren Vortrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren hinaus auf zahlreiche Berichte über die tatsächlichen Verhältnisse für Asylsuchende in Griechenland hingewiesen, insbesondere für solche, die über den Flughafen Athen einreisten. Das Asylverfahren selbst erfülle außerdem nicht die notwendigsten Standards (z.B. keine individuelle Anhörung, kein Dolmetscher etc.). Sie ist daher der Auffassung, das Ermessen der Beklagten hinsichtlich der Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts sei auf Null reduziert.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid der Beklagten vom 14.05.2009 aufzuheben,

13

hilfsweise: den Bescheid der Beklagten vom 14.05.2009 aufzuheben und diese zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen

14

bzw. festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 2,3 und 7 Satz 2 AufenthG

15

bzw. dass Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie macht geltend, dass die Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II VO noch nicht in Lauf gesetzt worden sei, nachdem dem Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage stattgegeben worden sei. Außerdem beruft sie sich auf die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Petrosian und macht geltend, es dürfe keinen wesentlichen Unterschied machen, ob einem Rechtsbehelf nach nationalem Gesetzesrecht oder auf verfassungsrechtlicher Basis aufschiebende Wirkung zukomme. Im Übrigen besteht nach ihrer Ansicht weiterhin kein Grund, das Selbsteintrittsrecht auszuüben.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 5 L 929/09. NW, auf die vorgelegten Verwaltungsakten und auf die von beiden Seiten ins Verfahren eingeführten Berichte und Stellungnahmen zur Situation in Griechenland Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Klage, über die das Gericht mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren entscheidet, hat bereits mit dem Hauptantrag Erfolg. Der Bescheid vom 14. Mai 2008, wonach der Asylantrag für unzulässig erklärt und die Abschiebung des Klägers nach Griechenland angeordnet wurde, damit dort sein Asylbegehren bearbeitet werde, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

21

Die Entscheidung nach § 34 a i.V.m. § 27 a AsylVfG durfte schon deshalb nicht ergehen, weil die Bundesrepublik Deutschland zum insoweit materiell-rechtlich maßgebenden Zeitpunkt der Asylantragstellung gem. Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrags zuständig ist vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50 S. 1) – sog. Dublin II VO - selbst für die Entscheidung über den im Bundesgebiet gestellten Asylantrag des Klägers zuständig war bzw. weiterhin zuständig ist.

22

Wie bereits im Beschluss im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ausgeführt, steht zwar das Geburtsdatum des Klägers nicht zweifelsfrei fest. Er selbst hat bei Einreise Anfang 2009 anscheinend als Geburtsjahr 1992 oder den 1.1.1993 angegeben, soweit dem Schreiben des Jugend- und Sozialamtes Frankfurt an die Hessische Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen vom 20. Januar 2009 zu entnehmen ist. Demnach wäre er 16 Jahre alt gewesen. Allerdings wurde dort aufgrund des äußeren Anscheins auf der Basis eines Erlasses des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Sport vom 18.09.2002, der dem Gericht nicht bekannt ist, seine Volljährigkeit festgestellt und daraufhin sein Geburtsdatum fiktiv zunächst auf 1.1.1991 festgelegt und später noch auf 31.12.1990 korrigiert, so dass das 18. Lebensjahr also gerade vollendet gewesen und Volljährigkeit eingetreten wäre.

23

Das Gericht hält diese Vorgehensweise für nicht rechtmäßig. Zwar treffen einen Asylbewerber gem. § 15 AsylVfG Mitwirkungspflichten, zu denen auch die Vorlage von in seinem Besitz befindlichen Urkunden gehört, die die Identitätsfeststellung ermöglichen. Die erhobenen Daten dürfen auch nach Maßgabe von § 16 AsylVfG zur Überprüfung verwendet werden. Ein unbegründeter Asylantrag kann zudem gem. § 30 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden, wenn der Ausländer - u.a. - offenkundig falsche oder widersprüchliche Angaben macht (Abs. 3 Nr. 1) oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht (Abs. 3 Nr. 2).

24

Eine Rechtsvorschrift, die es erlaubt, dem Asylbewerber wegen Zweifeln an seiner Altersangabe ohne weitere Ermittlungen oder Untersuchungen ein anderes Geburtsdatum zuzuordnen und dies dann als Anknüpfungspunkt für bestimmte Rechtsfolgen zu verwenden, existiert jedoch nicht. Gerade weil Art. 6 Dublin II VO Minderjährige besonders schützen will und wegen der unter Umständen erheblichen negativen Folgen, die eine Abschiebungsanordnung in einen anderen Mitgliedsstaat besonders für minderjährige Asylbewerber – aber nicht nur für diese - haben kann, geht es keinesfalls an, Zweifel aufgrund des äußeren Anscheins zu einer gesetzlich nicht gedeckten Alters-„Feststellung“ zu nutzen und auf dieser Grundlage die Zuständigkeit der Bundesrepublik nach der Dublin II VO zu verneinen.

25

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die „offensichtliche Volljährigkeit“ so offensichtlich nicht gewesen sein kann, wenn man das fiktive Geburtsdatum dann so legt, dass Volljährigkeit gerade erst eingetreten wäre, wenn es zutreffend wäre. Bei einer so geringen Differenz zwischen eigener Angabe und fiktiver Altersfeststellung wäre möglicherweise sogar eine Altersbestimmung mit wissenschaftlichen Verfahren an die Grenzen ihrer Möglichkeiten geraten. Das kann hier aber dahinstehen, da nichts dergleichen in die Wege geleitet wurde. Vielmehr ist sogar das vom Kläger nachträglich noch vorgelegte Schriftstück, mit dem er sein Alter belegen wollte - Kopie einer in afghanischer Schrift abgefassten Urkunde, aus der zu entnehmen sei, dass er im Jahr 1384 islamischer Zeitrechnung (2005 christlicher Zeitrechnung) 13 Jahre alt war - von der Beklagten weder übersetzt noch von einer sachverständigen Stelle auf Echtheit hin bewertet worden. Auch hat sich die Beklagte in ihrem Bescheid vom 14. Mai 2008 mit der Frage der Minderjährigkeit überhaupt nicht befasst, obwohl sich aus der Akte ergab, dass diese Frage eine wesentliche Rolle spielte. In der Begründung wird die Altersfrage konkret nicht erwähnt, sondern es wird lediglich allgemein ausgeführt, dass der Antragsteller nicht zum Kreis besonders schutzwürdiger Personen zu zählen sei, bei denen von der Überstellung nach Griechenland abgesehen werde. Bei der Anhörung zum Asylantrag war die Frage des wahren Geburtsdatums offenbar ebenfalls nicht Gegenstand der Befragung gewesen.

26

Der Bescheid vom 14. Mai 2008 ist daher auf den Hauptantrag hin aufzuheben, da die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebungsanordnung in einen anderen Mitgliedsstaat nach Dublin II VO nicht vorlagen. Die Bundesrepublik hat vielmehr über den Asylantrag des Klägers in eigener Zuständigkeit in der Sache zu entscheiden.

27

Darauf, ob der Ansicht des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main zu folgen ist, wonach das Ermessen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hinsichtlich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO wegen der Zustände in Griechenland auf Null reduziert ist (Urteil vom 29.09.2009, 7 K 269/09 F.A. – juris - ) bzw. auf die Frage, ob die Übernahmefrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II VO in entsprechender Anwendung der Grundsätze, die der EuGH im Verfahren Petrosian aufgestellt hat, auch bei vorläufigem Rechtsschutz auf verfassungsrechtlicher Grundlage erst mit der Entscheidung in der Hauptsache zu laufen beginnt, kommt es daher vorliegend nicht mehr an.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83 b AsylVfG nicht erhoben.

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12. April 2005 - A 17 K 10806/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die 1942 geborene Klägerin und der 1937 geborene Kläger sind Eheleute eritreischer Staatsangehörigkeit. Sie reisten im Oktober 2002 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 06.11.2002 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Die Bezirksregierung Arnsberg wies sie mit Verfügung vom 29.01.2003 der Gemeinde xxx, Kreis Coesfeld/Nordrhein-Westfalen zu. Unter dem 14.04.2003 beantragten sie ihre Umverteilung nach Stuttgart. Zur Begründung führten sie aus, sie hätten in xxx keine Verwandten. Niemand spreche ihre Sprache. Da sie beide sehr krank seien und von niemanden unterstützt würden, seien sie völlig hilflos. In Stuttgart lebten Verwandte, die sie im Alltag unterstützen könnten. Die Kläger legten das Schreiben eines in Stuttgart lebenden Neffen der Klägerin vor, in dem sich dieser bereit erklärte, sich um die Kläger zu kümmern. Sie fügten außerdem eine ärztliche Bescheinigung bei. Darin wird ausgeführt, sie seien multimorbid krank. Da sie weder lesen noch schreiben könnten, seien sie nicht in der Lage, für sich einzukaufen und für ihren täglichen Bedarf zu sorgen. Aufgrund ihres Alters und ihrer Struktur sei davon auszugehen, dass sie in nächster Zeit die deutsche Sprache nur in Teilen beherrschen würden. Sie erschienen völlig hilflos. Soweit bekannt, lebten Verwandte im Raum Stuttgart. Es werde deshalb als dringend geboten angesehen, die beiden dorthin zu schicken, um eine vernünftige Versorgung zu gewährleisten. Das Gesundheitsamt des Landkreises Coesfeld führte nach Untersuchung der Kläger in einer Stellungnahme vom 20.12.2003 im wesentlichen aus, sie seien aufgrund ihrer Erkrankung nicht direkt pflege- oder betreuungsbedürftig. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters und nicht vorhandener Deutschkenntnisse seien sie jedoch auf Personen angewiesen, die ihnen bei Arztbesuchen etc. zur Seite stehen könnten. Aus amtsärztlicher Sicht werde befürwortet, ihren Aufenthaltsort in den Raum Stuttgart zu verlegen, da dort Verwandte lebten, die eine vernünftige Versorgung gewährleisten könnten.
Mit Bescheid vom 20.02.2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Umverteilung der Kläger nach Stuttgart ab. Zur Begründung führte sie aus, eine länderübergreifende Umverteilung sei nur in den Fällen des § 51 Abs. 1 AsylVfG möglich. Die Kläger beabsichtigten nicht die Herstellung der Haushaltsgemeinschaft mit einem Ehegatten oder einem minderjährigen ledigen Kind. Es lägen aber auch keine sonstigen humanitären Gründe von vergleichbarem Gewicht vor. Verwandtschaftliche Beziehungen könnten nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen Berücksichtigung finden, beispielsweise dann, wenn der Antragsteller aufgrund von Krankheit auf die Lebenshilfe des Verwandten angewiesen sei. Bei der amtsärztlichen Untersuchung seien verschiedene gesundheitliche Beschwerden wie z.B. Hypertonie, Diabetes mellitus, chronische Sinusitis etc., jedoch keine Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit festgestellt worden. Eine Dauermedikation sei nicht erforderlich. Die Behandlung erfolge bereits beim Hausarzt. Probleme bestünden vielmehr im sprachlichen Bereich. Dies allein stelle jedoch keinen Umverteilungsgrund i.S.d. genannten Vorschrift dar. Es sei davon auszugehen, dass die insoweit erforderliche Unterstützung auch durch Sozialdienste vor Ort oder aber durch Landsleute, die in der gleichen Unterkunft oder Umgebung wohnhaft seien, gewährleistet werden könne.
Die Kläger haben am 05.03.2004 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.02.2004 zu verpflichten, ihrer Umverteilung nach Stuttgart zuzustimmen. Zur Begründung führten sie aus, sie seien weiterhin nicht in der Lage, ihre allgemeinen Bedürfnisse ohne Hilfe Dritter zu regeln, weswegen eine Umverteilung zu Verwandten als einzig sinnvolle Lösung in Betracht komme, um ihnen ein "Dahinvegetieren" zu ersparen. Die medizinische Betreuung scheitere bereits an der Verständigung bzw. sei stark eingeschränkt. Gerade im Hinblick auf den Diabetes mellitus der Klägerin könne dies weit reichende Konsequenzen haben.
Das Verwaltungsgericht hat - dem Antrag der Beklagten folgend - die Klage mit Urteil vom 12.04.2005 - A 17 K 10806/04 - abgewiesen. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, die Situation der Kläger unterscheide sich in nicht nennenswerter Weise von der einer Vielzahl von Asylbewerbern. Es sei eher die Regel als die Ausnahme, dass sie in Städten oder Gemeinden untergebracht würden, in denen keine verwandtschaftlichen Beziehungen bestünden. Auch sei es nicht ungewöhnlich, dass sich an ihrem Aufenthaltsort, wohin sie zugewiesen seien, keine Landsleute befänden, mit denen sie in ihrer Muttersprache kommunizieren könnten oder die der deutschen Sprache soweit mächtig seien, dass sie dem Sprachunkundigen bei Behörden- oder Arztbesuchen sowie bei der Verrichtung alltäglicher Tätigkeiten behilflich sein könnten. Ein humanitärer Grund könne auch nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin regelmäßig Medikamente zur Behandlung ihrer Erkrankung einnehmen müsse. Auch insoweit liege kein Umstand vor, der ihre Situation von der der zahlreichen übrigen Asylbewerber so wesentlich unterscheide, dass die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 51 Abs. 1 AsylVfG gerechtfertigt wäre. Zudem seien beide Kläger nach der amtsärztlichen Stellungnahme weder pflege- noch betreuungsbedürftig. Gegen ihre angebliche Hilflosigkeit spreche bereits, dass es ihnen gelungen sei, von Eritrea nach Deutschland zu reisen, dass sie hier ein Asylverfahren betrieben und einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätten. Sie seien auch nicht in einem Alter, in dem ohne weiteres von einer Hilflosigkeit bei der Bewältigung des Alltagslebens auszugehen sei. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 15.04.2005 zugestellt.
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 06.10.2005 (A 12 S 466/05) zugelassenen Berufung haben die Kläger fristgerecht im wesentlichen ausgeführt, ihre Asylanträge seien mit Bescheid vom 23.07.2003 durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge abgelehnt worden. Über die dagegen beim Verwaltungsgericht Münster erhobene Klage sei bisher noch nicht entschieden. Sie lebten seit Beginn des Asylverfahrens in einer Asylbewerberunterkunft, die lediglich einmal habe gewechselt werden können, da in der neuen Unterkunft zumindest eine Person sei, die Übersetzungshilfe leisten könne. Da erhebliche Verständigungsschwierigkeiten bei Behörden- und insbesondere bei Arztbesuchen bestünden, sei es nach wie vor dringend angezeigt, dass sie in den räumlichen Bereich von Angehörigen und Bekannten gelangten, die ihnen die erforderliche Unterstützung bieten könnten, damit insbesondere eine hinlängliche medizinische Versorgung gewährleistet sei. Es sei zuzugeben, dass nicht jedwede Belange dazu führen können, dass eine länderübergreifende Umverteilung zu Verwandten stattfinde. Wenn aber die Gesamtsituation für die Betroffenen, aber auch für Ärzte und Behörden derart schwierig und unzumutbar sei, stünden öffentliche Belange der Umverteilung nicht mehr entgegen. Dass sich ihre Situation von der anderer absetze, zeigten deutlich die Ausführungen der Sozialarbeiterin bei der Gemeinde xxxxxxxxx. Es sei zu keinem Zeitpunkt behauptet worden, dass die in Stuttgart lebenden Personen die Kläger vollständig freistellen wollten, etwa durch Gewährung von Wohnraum oder Finanzierung des Lebensunterhaltes. Sie sollten lediglich Hilfestellung bei alltäglichen Verrichtungen und insbesondere bei Arztbesuchen gewähren. Die Kläger legten die Erklärung einer Frau xxx xxx, wohnhaft in Stuttgart, vor, die sich bereit erklärte, den Klägern nach ihrem Umzug nach Stuttgart bei alltäglichen Verrichtungen und insbesondere bei Arztbesuchen behilflich zu sein.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 12.04.2005 - A 17 K 10806/04 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 20.02.2004 zu verpflichten, einer Umverteilung der Kläger nach Stuttgart zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
10 
Ergänzend führt sie aus, der in Stuttgart lebende Verwandte der Kläger habe in einer Besprechung bei der Beklagten erklärt, er könne seine Tante und seinen Onkel nicht bei sich aufnehmen, da er in einer kleinen Wohnung mit 47 qm zusammen mit Ehefrau und zwei Kindern wohne. Da er zwei Kinder zu versorgen habe, sei es nicht vorstellbar, dass er die Medikamenteneinnahme in Stuttgart kontrollieren könne. Nach den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen litten die Kläger an Erkrankungen, die üblicherweise bei Menschen im fortgeschrittenen Alter vorkämen. In erster Linie sei es wichtig, dass die Medikamente täglich zu bestimmten Zeiten eingenommen würden. Aus der Stellungnahme der Sozialarbeiterin ergebe sich, dass es sich bei den Klägern vor allem um Menschen handele, die aufgrund von Altersverwirrtheit Verständigungsschwierigkeiten hätten. Danach werde eine Mitbewohnerin im Übergangsheim, die sich mit den Klägern sprachlich verständigen könne, mehrmals, auch nachts, durch sich ständig wiederholende Fragen beansprucht. Eine solche Situation könne in keiner Gemeinschaftsunterkunft befriedigend gelöst werden. Dies treffe für die Gemeinschaftsunterkunft in xxx genauso zu wie für eine solche in Stuttgart. Es sei sogar denkbar, dass bei einer Umsiedlung der Kläger in eine Großstadt und in eine große Gemeinschaftsunterkunft erhebliche Umstellungsprobleme zu einer noch stärkeren Verwirrung führten. Es stelle sich eher die Frage, ob sie nicht in ein Pflegeheim einzuweisen seien, wo die pünktliche Einnahme der Medikamente und eine medizinische Versorgung durch Fachpersonal gewährleistet sei. Der Neffe der Klägerin sei zu ihrer Versorgung in Stuttgart rechtlich nicht verpflichtet. Er wäre auch neben der Versorgung seiner eigenen Familie zur Übernahme einer solchen Aufgabe nicht in der Lage. Die Kläger hätten in der jetzigen Gemeinschaftsunterkunft eine Ansprechpartnerin und Übersetzerin, die sich um sie kümmere und ihr Vertrauen genieße. Seit 06.02.2003 würden sie von der gleichen Gemeinschaftspraxis versorgt. Offensichtlich habe auch die medizinische Versorgung funktioniert.
11 
Dem Senat liegen die einschlägige Akte der Beklagten und die Akte des Verwaltungsgerichts vor.
12 
Der Senat hat die Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört und Frau xxx xxx als Zeugin vernommen. Zum Ergebnis der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Nach Zulassung durch den Senat ist die Berufung statthaft.
14 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist auch zur Entscheidung über die Berufung zuständig, obwohl anstelle des erstinstanzlich örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts Münster das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden hat.
15 
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Umverteilung kommt nur § 51 AsylVfG in Betracht, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag des Ausländers seinem Umverteilungsbegehren zu entsprechen ist. Da der Anspruch seine rechtliche Grundlage im Asylverfahrensgesetz hat, handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 11.12.2000 - 4 Bs 210/00 - juris). Örtlich zuständig für die gerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat (§ 52 Nr.2 S. 3, 1.Halbsatz VwGO), nicht etwa das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer umverteilt werden will, auch wenn sich die Zuständigkeit für die behördliche Entscheidung - entsprechend landesrechtlicher Regelungen - nach dem Ort richtet, für den der weitere Aufenthalt beantragt wird (§ 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG). Somit hätte das für den Kreis Coesfeld (Nordrhein-Westfalen) zuständige Verwaltungsgericht Münster, nicht aber das Verwaltungsgericht Stuttgart über die Klage entscheiden müssen. Zu einer Verweisung des Rechtsstreits ist der Senat jedoch gemäß § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 5 GVG nicht befugt, sondern hat über die Berufung zu entscheiden. Die Beklagte wird allerdings für künftige Fälle ihre Rechtsmittelbelehrung an der aufgezeigten Rechtslage auszurichten haben.
16 
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2004 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Ihnen steht der geltend gemachte Anspruch auf länderübergreifende Umverteilung nicht zu.   
17 
Grundsätzlich hat ein Ausländer, der um Asyl nachsucht, keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (§ 55 Abs. 1 S. 2 AsylVfG). Gemäß § 51 Abs. 1 AsylVfG ist jedoch, wenn der Ausländer nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Geht es dem Ausländer um die Aufnahme von familiären Beziehungen - außerhalb der Kernfamilie -, müssen sie ein ähnliches Gewicht aufweisen, wie das Verhältnis zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und ihren Kindern unter 18 Jahren. Dies kann der Fall sein, wenn die betreffende Person auf die Lebenshilfe der anderen aufgrund Krankheit, Schwangerschaft, Alter, Gebrechlichkeit oder mangelnder Deutschkenntnisse angewiesen ist (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., § 50 AsylVfG RdNr. 29). Liegen sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht vor, ist das der Behörde zustehende Ermessen in der Regel gebunden (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1999 - A 4 S 78/98 -, AuAS 1999, 215). Über den Antrag nach § 51 Abs. 1 AsylVfG entscheidet die zuständige Behörde des Landes, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist (§ 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG). Für die Beurteilung des geltendgemachten Anspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgeblich (§ 77 Abs.1 S. 1 AsylVfG).
18 
Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für die Umverteilung der Kläger nach Stuttgart nicht vor. Weder begehren sie das Zusammenleben mit Ehegatten, Eltern oder minderjährigen ledigen Kindern noch liegen sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht vor. Insbesondere geht es ihnen nicht um die Aufnahme einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten, auf deren Lebenshilfe sie angewiesen wären. Der Neffe der Klägerin, der sich (ursprünglich) bereit erklärt hatte, sich um die Kläger zu kümmern, ist unstreitig zu ihrer Aufnahme in seiner nur 47 qm großen Wohnung, in der er gemeinsam mit Ehefrau und zwei Kindern lebt, nicht in der Lage.
19 
Offen bleiben kann, ob verwandtschaftliche Beziehungen auch dann die Annahme eines sonstigen humanitären Grundes i.S.v. § 51 AsylVfG rechtfertigen können, wenn keine Haushaltsgemeinschaft mit einem Verwandten aufgenommen werden soll. Jedenfalls sind enge verwandtschaftliche Beziehungen und die Erbringung von Lebenshilfe in erheblichem Umfang erforderlich (vgl. Marx, AsylVfG, 6. Aufl. 2005, § 50 RdNr. 56 f.). Daran fehlt es hier jedoch. Die Anhörung der Kläger und die Vernehmung der Zeugin in der mündlichen Verhandlung haben ergeben, dass nach einer Umverteilung der Kläger nach Stuttgart Unterstützungsleistungen im Alltag im wesentlichen durch die Zeugin, die mit den Klägern nicht verwandt ist, erbracht werden sollen. Dies wird auch daran deutlich, dass die Kläger anlässlich der Reise zur mündlichen Verhandlung bei der Zeugin und nicht bei dem Neffen übernachtet und sie  lediglich von Besuchen der Zeugin an ihrem derzeitigen Wohnort berichtet haben. Von dem Neffen war in der Berufungsbegründung und in der mündlichen Verhandlung allenfalls am Rande die Rede.
20 
Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Kläger aus gesundheitlichen Gründen dringend auf die Hilfe der Zeugin angewiesen sind. Ihre medizinische Versorgung ist nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen an ihrem derzeitigen Wohnort gewährleistet. Die Kläger werden seit Beginn der Unterbringung in xxx im Februar 2003 von derselben Hausarztpraxis betreut, die sich ebenfalls in xxx befindet. Der Klägerin werden - wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt wurde - zweimal pro Tag die zur Behandlung des Diabetes mellitus erforderlichen Insulinspritzen verabreicht. Diese Aufgabe wird allem Anschein nach von einer Pflegestation übernommen. Die Klägerin sprach in diesem Zusammenhang von "Nonnen". Dass es in den vergangenen ca. drei Jahren zu konkreten gesundheitlichen Gefährdungen gekommen ist, kann weder den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen sowie der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme der Unteren Gesundheitsbehörde entnommen werden noch haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats entsprechende Vorfälle schildern können. Nicht ersichtlich ist, dass gerade aufgrund von Sprachschwierigkeiten bzw. der fehlenden Betreuung durch Verwandte oder Bekannte der Kläger gesundheitlichen Gefährdungen nicht (rechtzeitig) begegnet werden konnte oder es zu solchen Gefährdungen etwa im Zusammenhang mit der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten gekommen ist. Für die Bewältigung der alltäglichen Probleme steht den Klägern eine Sozialarbeiterin zur Verfügung, die für die Betreuung der Asylbewerber und Aussiedler in xxx zuständig ist. Aus deren Stellungnahme vom 10.11.2005 ergibt sich auch, dass sich eine Mitbewohnerin in der Gemeinschaftsunterkunft, in der die Kläger untergebracht sind, mit ihnen verständigen kann und - soweit wie möglich - hilft. Dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung  kann nicht entnommen werden, dass sich die Mitbewohnerin inzwischen nicht mehr dort aufhält oder nicht mehr zur Unterstützung der Kläger bereit ist.       
21 
Auch ist nicht zu erwarten, dass sich im Falle eines Umzugs der Kläger nach Stuttgart ihr Gesundheitszustand wesentlich verbessern würde oder eventuellen akuten Gefährdungen ihrer Gesundheit besser begegnet werden könnte. Die Vertreterin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass zur Unterbringung der Kläger lediglich eine Gemeinschaftsunterkunft in Degerloch zur Verfügung stehe, die 330 Plätze habe. Die Zeugin wohnt in Stuttgart-Zuffenhausen, mithin im Norden Stuttgarts; Degerloch hingegen befindet sich im Süden Stuttgarts. Weder dem Vorbringen der Kläger noch den Angaben der Zeugin in der mündlichen Verhandlung ist zu entnehmen, dass sich die Kläger überwiegend bei der Zeugin aufhalten sollen oder umgekehrt. Die Zeugin will die Kläger bei Einkäufen, Arztbesuchen und Behördengängen unterstützen. Sie wäre mithin im Regelfall nicht zu einer sofortigen Hilfe in der Lage. Auch müssten sich im Falle eines Umzugs zunächst Ärzte und Betreuer mit den Klägern und ihren (gesundheitlichen) Problemen vertraut machen. Die Kläger wären gezwungen, sich in einem neuen Umfeld, insbesondere einer großen Gemeinschaftsunterkunft und einer unbekannten (Groß-)Stadt zurechtzufinden. Dies dürfte angesichts ihrer "Altersverwirrtheit" (vgl. die Stellungnahme der Sozialarbeiterin) jedenfalls in der Anfangszeit zu nicht unerheblichen Eingewöhnungsproblemen führen. Sollten sie - wofür insbesondere die Stellungnahme der Sozialarbeiterin spricht - auf eine ständige Beaufsichtigung angewiesen sein, könnte dem durch die beabsichtigte - nur punktuelle - Hilfe der Zeugin nicht Rechnung getragen werden.
22 
Der Senat verkennt nicht, dass die Kläger in ihrer derzeitigen Unterkunft aufgrund fehlender Kontakte zu Landsleuten und Verwandten und der bestehenden Sprachbarriere sozial isoliert sind. Angesichts dessen ist der Wunsch nach einem Umzug in eine Stadt, in der sich Personen mit ähnlichem kulturellen Hintergrund und gleicher Sprache aufhalten, verständlich. Ihre Situation stellt sich insoweit aber nicht als untypisch im Vergleich zu anderen Asylbewerbern dar, denen die Eingewöhnung in eine sprach- und kulturfremde Umgebung ebenfalls (psychische) Probleme bereitet.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
24 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

Gründe

 
13 
Nach Zulassung durch den Senat ist die Berufung statthaft.
14 
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist auch zur Entscheidung über die Berufung zuständig, obwohl anstelle des erstinstanzlich örtlich zuständigen Verwaltungsgerichts Münster das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden hat.
15 
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Umverteilung kommt nur § 51 AsylVfG in Betracht, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag des Ausländers seinem Umverteilungsbegehren zu entsprechen ist. Da der Anspruch seine rechtliche Grundlage im Asylverfahrensgesetz hat, handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 11.12.2000 - 4 Bs 210/00 - juris). Örtlich zuständig für die gerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat (§ 52 Nr.2 S. 3, 1.Halbsatz VwGO), nicht etwa das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Ausländer umverteilt werden will, auch wenn sich die Zuständigkeit für die behördliche Entscheidung - entsprechend landesrechtlicher Regelungen - nach dem Ort richtet, für den der weitere Aufenthalt beantragt wird (§ 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG). Somit hätte das für den Kreis Coesfeld (Nordrhein-Westfalen) zuständige Verwaltungsgericht Münster, nicht aber das Verwaltungsgericht Stuttgart über die Klage entscheiden müssen. Zu einer Verweisung des Rechtsstreits ist der Senat jedoch gemäß § 83 S. 1 VwGO i.V.m. § 17 a Abs. 5 GVG nicht befugt, sondern hat über die Berufung zu entscheiden. Die Beklagte wird allerdings für künftige Fälle ihre Rechtsmittelbelehrung an der aufgezeigten Rechtslage auszurichten haben.
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Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2004 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Ihnen steht der geltend gemachte Anspruch auf länderübergreifende Umverteilung nicht zu.   
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Grundsätzlich hat ein Ausländer, der um Asyl nachsucht, keinen Anspruch darauf, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (§ 55 Abs. 1 S. 2 AsylVfG). Gemäß § 51 Abs. 1 AsylVfG ist jedoch, wenn der Ausländer nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Geht es dem Ausländer um die Aufnahme von familiären Beziehungen - außerhalb der Kernfamilie -, müssen sie ein ähnliches Gewicht aufweisen, wie das Verhältnis zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und ihren Kindern unter 18 Jahren. Dies kann der Fall sein, wenn die betreffende Person auf die Lebenshilfe der anderen aufgrund Krankheit, Schwangerschaft, Alter, Gebrechlichkeit oder mangelnder Deutschkenntnisse angewiesen ist (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., § 50 AsylVfG RdNr. 29). Liegen sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht vor, ist das der Behörde zustehende Ermessen in der Regel gebunden (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 07.04.1999 - A 4 S 78/98 -, AuAS 1999, 215). Über den Antrag nach § 51 Abs. 1 AsylVfG entscheidet die zuständige Behörde des Landes, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist (§ 51 Abs. 2 S. 2 AsylVfG). Für die Beurteilung des geltendgemachten Anspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats maßgeblich (§ 77 Abs.1 S. 1 AsylVfG).
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Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für die Umverteilung der Kläger nach Stuttgart nicht vor. Weder begehren sie das Zusammenleben mit Ehegatten, Eltern oder minderjährigen ledigen Kindern noch liegen sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht vor. Insbesondere geht es ihnen nicht um die Aufnahme einer Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten, auf deren Lebenshilfe sie angewiesen wären. Der Neffe der Klägerin, der sich (ursprünglich) bereit erklärt hatte, sich um die Kläger zu kümmern, ist unstreitig zu ihrer Aufnahme in seiner nur 47 qm großen Wohnung, in der er gemeinsam mit Ehefrau und zwei Kindern lebt, nicht in der Lage.
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Offen bleiben kann, ob verwandtschaftliche Beziehungen auch dann die Annahme eines sonstigen humanitären Grundes i.S.v. § 51 AsylVfG rechtfertigen können, wenn keine Haushaltsgemeinschaft mit einem Verwandten aufgenommen werden soll. Jedenfalls sind enge verwandtschaftliche Beziehungen und die Erbringung von Lebenshilfe in erheblichem Umfang erforderlich (vgl. Marx, AsylVfG, 6. Aufl. 2005, § 50 RdNr. 56 f.). Daran fehlt es hier jedoch. Die Anhörung der Kläger und die Vernehmung der Zeugin in der mündlichen Verhandlung haben ergeben, dass nach einer Umverteilung der Kläger nach Stuttgart Unterstützungsleistungen im Alltag im wesentlichen durch die Zeugin, die mit den Klägern nicht verwandt ist, erbracht werden sollen. Dies wird auch daran deutlich, dass die Kläger anlässlich der Reise zur mündlichen Verhandlung bei der Zeugin und nicht bei dem Neffen übernachtet und sie  lediglich von Besuchen der Zeugin an ihrem derzeitigen Wohnort berichtet haben. Von dem Neffen war in der Berufungsbegründung und in der mündlichen Verhandlung allenfalls am Rande die Rede.
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Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Kläger aus gesundheitlichen Gründen dringend auf die Hilfe der Zeugin angewiesen sind. Ihre medizinische Versorgung ist nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen an ihrem derzeitigen Wohnort gewährleistet. Die Kläger werden seit Beginn der Unterbringung in xxx im Februar 2003 von derselben Hausarztpraxis betreut, die sich ebenfalls in xxx befindet. Der Klägerin werden - wie in der mündlichen Verhandlung dargelegt wurde - zweimal pro Tag die zur Behandlung des Diabetes mellitus erforderlichen Insulinspritzen verabreicht. Diese Aufgabe wird allem Anschein nach von einer Pflegestation übernommen. Die Klägerin sprach in diesem Zusammenhang von "Nonnen". Dass es in den vergangenen ca. drei Jahren zu konkreten gesundheitlichen Gefährdungen gekommen ist, kann weder den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen sowie der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme der Unteren Gesundheitsbehörde entnommen werden noch haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats entsprechende Vorfälle schildern können. Nicht ersichtlich ist, dass gerade aufgrund von Sprachschwierigkeiten bzw. der fehlenden Betreuung durch Verwandte oder Bekannte der Kläger gesundheitlichen Gefährdungen nicht (rechtzeitig) begegnet werden konnte oder es zu solchen Gefährdungen etwa im Zusammenhang mit der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten gekommen ist. Für die Bewältigung der alltäglichen Probleme steht den Klägern eine Sozialarbeiterin zur Verfügung, die für die Betreuung der Asylbewerber und Aussiedler in xxx zuständig ist. Aus deren Stellungnahme vom 10.11.2005 ergibt sich auch, dass sich eine Mitbewohnerin in der Gemeinschaftsunterkunft, in der die Kläger untergebracht sind, mit ihnen verständigen kann und - soweit wie möglich - hilft. Dem Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung  kann nicht entnommen werden, dass sich die Mitbewohnerin inzwischen nicht mehr dort aufhält oder nicht mehr zur Unterstützung der Kläger bereit ist.       
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Auch ist nicht zu erwarten, dass sich im Falle eines Umzugs der Kläger nach Stuttgart ihr Gesundheitszustand wesentlich verbessern würde oder eventuellen akuten Gefährdungen ihrer Gesundheit besser begegnet werden könnte. Die Vertreterin der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass zur Unterbringung der Kläger lediglich eine Gemeinschaftsunterkunft in Degerloch zur Verfügung stehe, die 330 Plätze habe. Die Zeugin wohnt in Stuttgart-Zuffenhausen, mithin im Norden Stuttgarts; Degerloch hingegen befindet sich im Süden Stuttgarts. Weder dem Vorbringen der Kläger noch den Angaben der Zeugin in der mündlichen Verhandlung ist zu entnehmen, dass sich die Kläger überwiegend bei der Zeugin aufhalten sollen oder umgekehrt. Die Zeugin will die Kläger bei Einkäufen, Arztbesuchen und Behördengängen unterstützen. Sie wäre mithin im Regelfall nicht zu einer sofortigen Hilfe in der Lage. Auch müssten sich im Falle eines Umzugs zunächst Ärzte und Betreuer mit den Klägern und ihren (gesundheitlichen) Problemen vertraut machen. Die Kläger wären gezwungen, sich in einem neuen Umfeld, insbesondere einer großen Gemeinschaftsunterkunft und einer unbekannten (Groß-)Stadt zurechtzufinden. Dies dürfte angesichts ihrer "Altersverwirrtheit" (vgl. die Stellungnahme der Sozialarbeiterin) jedenfalls in der Anfangszeit zu nicht unerheblichen Eingewöhnungsproblemen führen. Sollten sie - wofür insbesondere die Stellungnahme der Sozialarbeiterin spricht - auf eine ständige Beaufsichtigung angewiesen sein, könnte dem durch die beabsichtigte - nur punktuelle - Hilfe der Zeugin nicht Rechnung getragen werden.
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Der Senat verkennt nicht, dass die Kläger in ihrer derzeitigen Unterkunft aufgrund fehlender Kontakte zu Landsleuten und Verwandten und der bestehenden Sprachbarriere sozial isoliert sind. Angesichts dessen ist der Wunsch nach einem Umzug in eine Stadt, in der sich Personen mit ähnlichem kulturellen Hintergrund und gleicher Sprache aufhalten, verständlich. Ihre Situation stellt sich insoweit aber nicht als untypisch im Vergleich zu anderen Asylbewerbern dar, denen die Eingewöhnung in eine sprach- und kulturfremde Umgebung ebenfalls (psychische) Probleme bereitet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.