Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 22. Dez. 2014 - M 12 K 14.260

bei uns veröffentlicht am22.12.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Leistungsbescheid der Beklagten vom ... Dezember 2013, mit dem die Beklagte den Kläger zur Tragung der Bestattungskosten für die Bestattung seines Onkels, Herrn ..., in Höhe von 970,16 Euro in Anspruch nimmt.

Der am ... Januar 2010 in München verstorbene ... war der Halbbruder des vorverstorbenen Vaters des Klägers (gemeinsame Mutter: ...). Er stand zuletzt unter Betreuung durch Rechtsanwältin ...

Die Beklagte wurde am ... Januar 2010 durch den städtischen Bestattungsdienst über den Tod von Herrn ... in Kenntnis gesetzt und gebeten, eine Bestattung von Amts wegen anzuordnen, da sich bislang niemand um die Bestattung gekümmert hatte. Sie versuchte daraufhin, Angehörige des Verstorbenen zu ermitteln, indem sie u. a. Telefonate mit der ehemaligen Betreuerin des Verstorbenen und seiner Nachbarin führte und im Rahmen der Amtshilfe das Standesamt und das Meldeamt der Geburtsstadt des Verstorbenen um Auskünfte aus dem Geburtenbuch und dem Melderegister bat. Die eingeleiteten Ermittlungen ergaben, dass der Verstorbene kinderlos geblieben war und zwei vollbürtige Brüder und einen Halbbruder hatte, die bereits vorverstorben waren. Schließlich wurden der Kläger und seine Schwester, die Klägerin im Verfahren M 12 K ..., als Kinder des Halbbruders des Verstorbenen ermittelt.

Mit inhaltsgleichen Schreiben vom ... Januar 2010 forderte die Beklagte den Kläger und seine Schwester unter Hinweis auf die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht auf, spätestens bis zum ... Februar 2010 die Bestattung zu veranlassen.

Am ... Januar 2010 gelang es der Beklagten im Zuge weiterer Ermittlungen Herrn ... als weiteren Neffen des Verstorben zu ermitteln. Dieser wurde mit Schreiben vom ... Februar 2010 ebenfalls um die Erteilung eines Bestattungsauftrages gebeten.

Mit Schreiben vom ... Februar 2010 erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, der Kläger und seine Schwester würden das Erbe ausschlagen. Die Beklagte müsse sich an die Betreuerin des Verstorbenen wenden. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom ... Februar 2010 mit, dass eine eventuelle Erbausschlagung für die Bestattungspflicht keine Rolle spiele und der gesetzliche Betreuer nicht zu dem bestattungspflichtigen Personenkreis gehöre. Zudem habe die Betreuung mit dem Tode von Herrn ... geendet. Die Beklagte fordere den Kläger und seine Schwester deshalb letztmals auf, sich bis ... Februar 2010 um die Beerdigung zu kümmern.

Am ... Februar 2010 lehnte auch Herr ... die Erteilung eines Bestattungsauftrages ab und verwies auf gesundheitliche und finanzielle Gründe.

Nachdem keiner der angeschriebenen Angehörigen bis zum ... Februar 2010 die Bestattung des Verstorbenen veranlasst hatte, ordnete die Beklagte am ... Februar 2010 von Amts wegen die Bestattung in Form einer Feuerbestattung an. Die hierdurch entstandenen Bestattungskosten beliefen sich auf insgesamt 2.242,00 Euro.

Am ... März 2010 teilte die ehemalige Betreuerin des Verstorbenen mit, dass der Verstorbene ein Girokonto bei der ...bank mit einem Kontostand von 832,48 Euro hinterlassen habe. Am ... Juni 2010 überwies die ...bank nach Aufforderung durch die Beklagte vom ... Juni 2010 das Restguthaben in Höhe von 786,75 Euro. Weiteres Vermögen wurde nach Auskunft des Amtsgerichts München - Abteilung für Nachlasssachen - nicht hinterlassen.

Mit Schreiben vom ... Februar 2011 teilte die Beklagte den Angehörigen mit, dass beabsichtigt werde, sie im Hinblick auf den noch offenen Restbetrag in Höhe von 1.455,25 Euro in Anspruch zu nehmen. Den Angehörigen wurde Gelegenheit gegeben, sich bis ... März 2011 zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern.

Am ... März 2011 überwies Herr ... ein Drittel des offenen Restbetrages in Höhe von 485,09 Euro an die Beklagte.

Der Klägerbevollmächtigte erklärte mit Schreiben vom ... April 2011, dass der Kläger und seine Schwester keine Kenntnis von einer Bestattungspflicht gehabt hätten und ihr insoweit auch nicht hätten nachkommen können. Der Kläger und seine Schwester hätten das Erbe ausgeschlagen. Der Verstorbene habe unter Betreuung gestanden.

Die Beklagte wies mit Schreiben vom ... Mai 2011 darauf hin, dass die öffentlich-rechtliche Pflicht, für die Bestattung eines Verstorbenen zu sorgen, nicht mit der zivilrechtlichen Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen, identisch sei. Der Kläger habe aufgrund der Schreiben vom ... Januar 2010 und ... Februar Kenntnis davon gehabt, dass ihn als Neffen des Verstorbenen eine Bestattungspflicht treffe.

Mit Schreiben vom ... November 2013 teilte die Beklagte dem Klägerbevollmächtigten mit, eine Durchsicht der Akten aus dem Sterbejahr 2010 habe ergeben, dass sich die Beklagte seit dem Schreiben vom ... Mai 2011 nicht mehr mit dem Kläger und seiner Schwester in Verbindung gesetzt habe. Da die Bestattungskosten nicht bezahlt worden seien, werde in Kürze ein kostenpflichtiger Bescheid erlassen.

Mit streitgegenständlichen Leistungsbescheid vom ... Dezember 2013, zugestellt am selben Tag, nahm die Beklagte den Kläger zur Tragung der noch offenen Bestattungskosten in Höhe von 970,16 Euro in Anspruch.

Die Beklagte begründete ihre Forderung im Wesentlichen wie folgt: Rechtsgrundlage für den Bescheid seien Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG sowie §§ 1 und 2 der Friedhofsgebührensatzung. Die geltend gemachte Forderung unterliege der gesamtschuldnerischen Haftung. Als Neffe des Verstorbenen sei der Kläger bestattungspflichtiger Angehöriger i. S. v. Art. 15 Abs. 1 BestG, § 15 Satz 1 BestV i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. g) BestV. Da der Kläger seiner Bestattungspflicht trotz Aufforderung durch die Beklagte nicht nachgekommen sei, hätte die Beklagte als Ordnungsbehörde zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG für die Bestattung Sorge tragen müssen. Als nächster Angehöriger sei der Kläger verpflichtet, die durch die Ersatzvornahme entstandenen Bestattungskosten zu tragen. Von der Kostenforderung habe auch nicht abgesehen werden können, da das nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG bestehende Ermessen der Beklagten schon aus haushaltsrechtlichen Grundsätzen (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO) in der Regel auf Null reduziert sei. Eine Härtefallregelung sei weder im Bestattungsgesetz noch in der Bestattungsverordnung vorgesehen. Zumutbarkeitserwägungen im Rahmen der Kostentragung wie beispielweise die persönliche Nähe zum Verstorbenen, wirtschaftliche Gründe oder der Verwandtschaftsgrad seien nur im Verhältnis zum Sozialhilfeträger relevant, wenn die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII beantragt worden sei.

Die Schwester des Klägers wurde mit Bescheid vom ... Dezember 2013 ebenfalls zur Tragung der noch offenen Bestattungskosten in Höhe von 970,16 Euro in Anspruch genommen.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom ... Januar 2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben mit dem Antrag,

den Bescheid der Beklagten vom ... Dezember 2013 aufzuheben.

Zur Begründung führte der Klägerbevollmächtigte aus, zwischen dem Kläger und dem Verstorbenen bestehe bereits kein einschlägiges Verwandtschaftsverhältnis. Der Verstorbene sei nur der Stiefonkel des Klägers gewesen. Der Bescheid der Beklagten enthalte keinerlei Hinweis auf das Betreuungsverhältnis, unter dem der Verstorbene gestanden habe. Es werde bestritten, dass aus dem Nachlass nur 786,05 Euro für die Bestattungskosten hätten entnommen werden können. Von der Entnahme des Geldes aus dem Nachlass habe der Kläger darüber hinaus erst durch den streitgegenständlichen Bescheid Kenntnis erlangt. Die Beklagte hätte sich zunächst vorrangig um Kompensation der Bestattungskosten aus dem Nachlass bemühen müssen. Die Beklagte sei deshalb ermessensfehlerhaft vorgegangen bzw. habe ihr Ermessen erst gar nicht ausgeübt. Ebenso wenig enthalte der Bescheid Angaben darüber, ob die Beklagte versucht habe, weitere Angehörige des Verstorbenen zu ermitteln, die in einem näheren Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen stünden als der Kläger und seine Schwester. Auch hierin liege ein Ermessensverstoß, der zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides führe.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom ... Februar 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bescheid sei auf Grundlage von Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG rechtmäßig ergangen, da die Voraussetzungen für eine behördliche Anordnung der Bestattung vorgelegen hätten. Auch halbbürtige Geschwister seien Verwandte nach § 1589 BGB, so dass auch deren Kinder gem. § 15 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. g BestV bestattungspflichtig seien. Betreuer seien dagegen nach dem Bestattungsrecht nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu tragen. Das Betreuungsverhältnis habe mit dem Tod des Betreuten geendet. Die Suche nach eventuell weiteren Verwandten durch die Beklagte sei nicht veranlasst gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Parteien wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört.

1. Die gegen den Bescheid der Beklagten vom ... Dezember 2013 erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Der Leistungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-.

1.1. Der streitgegenständliche Leistungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 Bestattungsgesetz -BestG-. Danach kann die Gemeinde von einem Bestattungspflichtigen Ersatz der notwendigen Kosten verlangen, wenn sie gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG für die Bestattung des Verstorbenen Sorge tragen musste, weil der nach § 15 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Bestattungsverordnung -BestV- Bestattungspflichtige seiner Bestattungspflicht nicht nachgekommen ist und Anordnungen nach Art. 14 Abs. 1 BestG nicht möglich, nicht zulässig oder nicht erfolgsversprechend gewesen sind. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

a) Der Kläger ist bestattungspflichtiger Angehöriger im Sinne von § 15 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. g) BestV. Danach gehören auch die Kinder der Geschwister des Verstorben zum Kreis der bestattungspflichtigen Personen. Der Kläger ist der Sohn des Halbbruders des Verstorbenen und als dessen halbbürtiger Neffe damit bestattungspflichtiger Angehöriger im Sinne der Bestattungsverordnung. Der Umstand, dass der Vater des Klägers und der Verstorbene nur Halbgeschwister waren, ändert nichts am bestehenden Verwandtschaftsverhältnis. Beide Brüder waren über die gemeinsame Mutter in der Seitenlinie miteinander verwandt im Sinne von § 1589 Satz 2 BGB (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 72. Auflage 2013, § 1589 Rn. 1). Auch dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. g) BestV lässt sich keine Differenzierung zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern entnehmen.

Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte versuchen müssen, weitere Angehörige zu ermitteln, die in einem näheren Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen stehen, geht fehl. Die in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV genannten Angehörigen sind gemäß § 15 Satz 1 BestV unbeschadet ihres Grades der Verwandtschaft oder Schwägerschaft gleichzeitig verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen. Mit der Neufassung der BestV vom 1. März 2001 ist die bis dahin geltende Regelung, wonach ein Angehöriger nur dann bestattungspflichtig war, wenn der in der Reihenfolge früher genannte Angehörige nicht vorhanden oder verhindert war, entfallen (Drescher in Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Stand April 2014, Kapitel 6, Erl. B6, Rn. 50). Zwar soll die Gemeinde bei der Bestimmung des nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG verpflichteten Angehörigen den Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft berücksichtigen, § 15 Satz 2 BestV. Die Vorgaben von § 15 Satz 2 BestV sind dabei nicht nur bei der Bestimmung des Bestattungspflichtigen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BestG, sondern auch bei der Heranziehung des Bestattungspflichtigen zu den Kosten der Ersatzvornahme nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG zu berücksichtigen. Auch bei der Geltendmachung der im Rahmen der Ersatzvornahme angefallenen Kosten soll die Gemeinde daher auf den Grad der Verwandtschaft abstellen. Da der Verstorbene kinderlos geblieben war und seine Eltern und Geschwister vorverstorben waren, fehlen vorliegend Anhaltspunkte dafür, dass weitere Verwandte des Verstorbenen, die mit diesem näher verwandt waren, vorhanden sind. Die Beklagte ist darüber hinaus auch nicht verpflichtet, jede denkbare Ermittlung bzgl. weiterer Bestattungsverpflichteter anzustellen. Eine solche Verpflichtung würde im Widerspruch zur Intention des Bestattungsrechts stehen, da langwierige Ermittlungen die Bestattung unter Beachtung der sich aus § 19 BestV ergebenden Bestattungsfrist unnötig verzögern würden (vgl. Drescher in Klingshirn/Drescher/Thimet, a. a. O., Kapitel 6, Erl. B6, Rn. 51). Die Beklagte kann sich deshalb auf die ihr zumutbaren Maßnahmen beschränkten (vgl. Klingshirn in Klingshirn/Drescher/Thimet, a. a. O., Erl. XIX, Rn. 4). Diesen Anforderungen hat die Beklagte hier Genüge getan, indem sie nach der Mitteilung über den Tod von Herrn ... umfangreiche Ermittlungen einleitete und u. a. versuchte, mit der ehemaligen Betreuerin des Verstorbenen und seiner Nachbarin in Kontakt zu treten und um Auskünfte aus dem Geburtenbuch und dem Melderegister ersuchte. Weitergehende Ermittlungen waren vorliegend nicht veranlasst.

Entgegen der Auffassung des Klägers gehört die ehemalige Betreuerin des Verstorbenen dagegen nicht zu den gesetzlich vorgesehenen bestattungspflichtigen Personen. Gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BestG kann durch Rechtsverordnung festgelegt werden, welche der in Art. 15 Abs. 2 Satz 1 BestG genannten Personen bestattungspflichtig sind. Von dieser Ermächtigung wurde in der BestV Gebrauch gemacht und in § 15 Satz 1 BestV der Kreis der bestattungspflichtigen Personen auf die in § 1 Abs. 1 Satz 2 BestV aufgeführten Angehörigen beschränkt.

b) Die Beklagte hat die Bestattung von Herrn ... in Auftrag gegeben, da weder der Kläger noch seine Schwester oder Herr ... ihre Bereitschaft zu erkennen gegeben haben, selbst für die Bestattung zu sorgen. Mit Schreiben vom ... Januar 2010 und ... Februar 2010 waren der Kläger, seine Schwester und Herr ... als nächste ermittelbare Verwandte des Verstorbenen von der Beklagten über ihre Bestattungspflicht in Kenntnis gesetzt und aufgefordert worden, bis spätestens ... Februar 2010 bzw. ... Februar 2010 die Bestattung ihres Onkels zu veranlassen. Der Bevollmächtigte des Klägers hatte mit Schreiben vom ... Februar 2010 die Beklagte darauf verwiesen, sich im Hinblick auf die Erteilung eines Bestattungsauftrages an die ehemalige Betreuerin des Verstorbenen zu wenden und damit die fehlende Bereitschaft des Klägers und seiner Schwester zum Ausdruck gebracht, für die Bestattung von Herrn ... Sorge zu tragen. Auf das Schreiben der Beklagten vom ... Februar 2010, in dem die Beklagte darauf hinwies, dass die Betreuerin nicht zum Kreis der bestattungspflichtigen Personen gehöre, und der Kläger und seine Schwester letztmals aufgefordert wurden, sich bis zum ... Februar 2010 um die Beerdigung zu kümmern, erfolgte keine Reaktion. Herr ... hatte mit Schreiben vom ... Februar 2010 es aus gesundheitlichen und finanziellen Gründen ebenfalls abgelehnt, einen Bestattungsauftrag zu erteilen.

1.2. Die Tatsache, dass der Kläger die Erbschaft ausgeschlagen hat, steht der Kostenforderung nicht entgegen. Die Ausschlagung einer Erbschaft führt nur zu einer Befreiung des Erben von solchen Verbindlichkeiten, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus einem anderen Rechtsgrund werden von der Ausschlagung der Erbschaft dagegen nicht berührt (OVG Saarland, U.v. 27. 12. 2007 - 1 A 40/07 - juris). Die Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflichten stellen öffentlich-rechtliche Pflichten dar, die durch das Zivilrecht nicht verdrängt werden (BVerwG, B.v. 19. 8. 1994 - 1 B 149/94 -juris Rn.5). Die Bestattungspflicht wurzelt im Sicherheits- und Ordnungsrecht und soll sicherstellen, dass der Verstorbene möglichst rasch bestattet wird (Drescher in Klingshirn/Drescher/Thimet, a. a. O., Erl. B6 Rn. 43). Erwägungen, wer der endgültig Kostentragungspflichtige ist, spielen dabei ebenso wenig eine Rolle wie die familiären Bindungen zum Verstorbenen. Für den öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ist deshalb nicht maßgebend, ob der Kläger zugleich auch Erbe seines verstorbenen Onkels geworden ist.

Aus demselben Grunde kommt es vorliegend auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Verstorbene außer seinem Girokonto weiteres Vermögen hinterlassen hat. Unabhängig davon, dass im vorliegenden Fall Anhaltspunkte dafür fehlen, dass Herr ... weiteres Vermögen hinterlassen hat, obliegt es vorliegend dem Kläger und nicht der Beklagten, ggf. zivilrechtliche Regressansprüche gegenüber dem Erben geltend zu machen und zu diesem Zweck weitergehende Nachforschungen zu betreiben, ob der Verstorbene weiteres Vermögen hinterlassen hat.

1.3. Die Ermessensausübung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden, § 114 VwGO. Ermessensfehler sind nicht erkennbar. Es handelt sich vorliegend um einen Fall des sog. intendierten Ermessens, d. h. in der Regel ist nur die Entscheidung für die Inanspruchnahme des Pflichtigen ermessenfehlerfrei (vgl. BayVGH, B.v. 9. 6. 2008 - 4 ZB 07.2815 - juris Rn. 6). Hintergrund der gesetzlichen Regelung in Art. 15 Abs. 2 BestG und §§ 1, 15 BestV ist der Gedanke, dass die in diesen Vorschriften genannten Angehörigen dem Verstorbenen aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit. Aus diesem Grunde obliegt es vorrangig den Angehörigen, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Ermessenserwägungen sind daher nur im Falle außergewöhnlicher Umstände, die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen könnten, angezeigt. Solche außergewöhnlichen Umstände könnten beispielsweise bei schweren Straftaten des Verstorbenen zulasten des an sich Bestattungspflichtigen angenommen werden (HessVGH, U.v. 26.10.2011 - 5 A 1245/11 - juris; BayVGH, U.v. 17. 1. 2013 - 4 ZB 12.2374 - juris Rn. 7). Umstände, die die Annahme eines solchen besonderen Ausnahmefalles rechtfertigen könnten, wurden vorliegend nicht vorgetragen. Ein atypischer Fall lässt sich insbesondere nicht aus einem etwaigen fehlenden Kontakt des Klägers mit seinem Onkel herleiten.

1.4. Auch die Entscheidung, den Kläger als Schuldner heranzuziehen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Als Neffen bzw. Nichte des Verstorbenen sind der Kläger, seine Schwester und Herr ... im selben Grad mit dem Verstorbenen verwandt, § 15 Satz 2 BestV. Der Umstand, dass der Vater des Klägers der Halbbruder des Verstorbenen war, ändert nichts an seiner verwandtschaftlichen Beziehung zu diesem (s.o.). Gleichrangig Pflichtige sind Gesamtschuldner im Sinne von § 421 BGB. Die Entscheidung, welchen von mehreren Gesamtschuldner die Beklagte heranzieht, fällt in ihren weiten Ermessenspielraum. Grenzen ergeben sich lediglich durch das Willkürverbot und offenbare Unrichtigkeiten. Ausreichend ist deshalb, wenn die Wahl des Schuldners unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität geeignet und zweckmäßig erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.1993 - 8 C 57/91 - NJW 1993, 1667; VG München, U.v. 30.9.2004 - M 10 K 04.2800 - juris). Gemessen an diesen Vorgaben ist die Schuldnerauswahl der Beklagten vorliegend rechtlich nicht zu beanstanden. Herr ... hat bereits ein Drittel der Bestattungskosten gezahlt und auf seine finanziell angespannte Lage als auch seine gesundheitlichen Schwierigkeiten hingewiesen. Insoweit handelt die Beklagte nicht willkürlich, wenn sie sich im Hinblick auf den noch offenen Restbetrag an den solventen Kläger und dessen Schwester hält.

Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, dass die Beklagte beide Geschwister in zwei getrennten Bescheiden jeweils in voller Höhe des noch offenen Rechnungsbetrages in Anspruch genommen hat. Die Beklagte hat ein Wahlrecht, ob sie beide Gesamtschuldner anteilig oder in voller Höhe in Anspruch nimmt oder ob sie sich nur an einen der Gesamtschuldner wegen ihrer Forderung wendet (vgl. Beck‘sche Online-Kommentar BGB, § 421 Rn. 11). Als Gläubigerin kann die Beklagte die Leistung zwar insgesamt nur einmal beanspruchen; der Kläger und seine Schwester sind vor einem Rechtsmissbrauch durch die Beklagte jedoch rechtlich dadurch geschützt, dass die Zahlung des Restbetrages der Bestattungskosten durch einen der Gesamtschuldner nach § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für den andern Gesamtschuldner wirkt und die Forderung gegenüber beiden Gesamtschuldner zum Erlöschen bringt.

1.5. Einwände gegen die Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Bestattungskosten wurden nicht erhoben. Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich.

Aus alledem ergibt sich, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig und der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt ist.

2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1589 Verwandtschaft


(1) Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt

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Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 27. Dez. 2007 - 1 A 40/07

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Tenor Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil is
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Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 22. Dez. 2014 - M 12 K 14.259

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Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 12 K 14.259 Im Namen des Volkes Gerichtsbescheid vom 22. Dezember 2014 12. Kammer M 12 K 14.259 Sachgebiets-Nr. 146 Hauptpunkte: Gerichtsbeschei

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Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

(1) Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.

(2) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.

(2) (weggefallen)

Tenor

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. Februar 2007 - 11 K 50/06 - wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung der Bestattungskosten für seine verstorbene Schwester.

Er ist der ältere der beiden Brüder der am … in einem H. in A-Stadt verstorbenen Frau B.. Außer ihren beiden Brüdern hatte die Verstorbene keine Angehörigen. Die Erbschaft hat der Kläger ausgeschlagen.

Nach Bekanntwerden des Todesfalls wies der Beklagte den Kläger auf seine Pflichten nach dem Saarländischen Bestattungsgesetz hin. Dieser erklärte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, und auch nicht verpflichtet, die Bestattungskosten zu übernehmen, da er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Außerdem verfüge er über kein ausreichendes Vermögen, um die Beerdigungskosten zu zahlen. Zu seiner Schwester habe er im Übrigen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt. Der Kläger beantragte vorsorglich bei dem Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII.

Der Beklagte ordnete daraufhin die Feuerbestattung der Verstorbenen in Form einer anonymen Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt an.

Nach Anhörung und Stellungnahme des Klägers forderte der Beklagte diesen mit Verfügung vom 2.3.2006, die dem Kläger am 9.3.2006 zugestellt wurde, auf, die entstandenen Kosten für die Bestattung seiner Schwester in Höhe von insgesamt 1.982,03 Euro (Kosten des Bestatters in Höhe von 1.543,03 Euro und Gebühren des Friedhofs der Kreisstadt A-Stadt in Höhe von 439,00 Euro) zu erstatten. Gleichzeitig erging ein Kostenfestsetzungsbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100, 00 Euro festgesetzt wurden.

Am 30.3.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, es fehle eine Ermächtigungsgrundlage für seine Heranziehung zur Kostenerstattung. § 26 Abs. 1 BestattG sei verfassungswidrig. Die Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil die Kostenlast das älteste Geschwisterteil treffe und diese Differenzierung keinen sachlichen Grund darstelle. Es gebe auch kein Gewohnheitsrecht, wonach immer das älteste Geschwisterteil vor dem jüngeren in Haftung zu nehmen sei. Die maßgebliche Vorschrift des Bestattungsgesetzes verstoße auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil sie keine Billigkeitsregelung enthalte. Selbst unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 227 AO sei der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Zwischen ihm und seiner verstorbenen Schwester habe seit ihrer Kindheit kein familiäres Verhältnis bestanden. Er habe seit 1953 keine persönlichen Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Sie habe ihn stets „drangsaliert“ und ein Leben geführt, das mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen sei. Daher sei es für ihn unerträglich, für sie finanziell einstehen zu sollen.

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A-Stadt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.6.2006 zurück. In der Begründung heißt es im Wesentlichen, ausschlaggebend für die Bestattungspflicht sei allein die Angehörigeneigenschaft. Zwar seien die vom Kläger geäußerten Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 26 BestattG durchaus beachtlich. Mangels Verwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses sei diese Norm jedoch uneingeschränkt anzuwenden und auf ihrer Grundlage ein Leistungsanspruch des Beklagten gegeben. Da es sich um eine gebundene Norm handele, bestehe auch kein Spielraum, die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Verstorbenen zu berücksichtigen.

Der Widerspruchsbescheid wurde am 15.6.2006 zugestellt.

Am 3.7.2006 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in seiner Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufzuheben.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Auf einen entsprechenden Hinweis des Verwaltungsgerichts, wonach sich die Kostenerhebung auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung wohl weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG) bestimme, hat er die Auffassung vertreten, § 26 Abs. 2 BestattG sei ein Spezialgesetz. Daher seien die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften nicht einschlägig. Weiterhin hat er auf ein Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19.10.2004 (1 S 681/04) verwiesen. Darin werde festgestellt, dass die Bestattungspflicht in erster Linie der Gefahrenabwehr diene und Ausfluss des familienrechtlichen Verhältnisses sei, das über den Tod hinaus fortwirke. Anders als die familiäre Unterhaltspflicht kenne die Bestattungspflicht keine Ausnahmen. Dies sei durch den Umstand gerechtfertigt, dass innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit keine längeren Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen mit dem Verstorbenen angestellt werden könnten. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme von der Bestattungspflicht, z.B. bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des § 74 SGB XII nicht. Außerdem hat er auf zwei Entscheidungen des OVG C-Stadt (in NJW 2000, 3513 f.) und des VG Gießen (in NVwZ-RR 2000, 437 f.) verwiesen. Soweit ein mit der Situation der §§ 1361 Abs. 3 (Herabsetzung des ehelichen Unterhaltsanspruches aus Billigkeitsgründen), 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Scheidung der Ehe), 1611 (Beschränkung oder Wegfall der Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen bei Verwandten) BGB vergleichbarer Fall vorliege, sei mit den zitierten Entscheidungen von einem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Beerdigungskosten nach § 74 SGB XII durch den Sozialhilfeträger auszugehen. Damit sei in allen Fällen persönlicher Unbilligkeit sichergestellt, dass die Bestattungskosten im Ergebnis nicht vom Bestattungspflichtigen getragen werden müssten. Unter diesen Umständen erscheine die Auferlegung der Bestattungspflicht als solche nicht als unverhältnismäßig. Daher habe eine Härtefallprüfung nicht von Seiten des Ordnungsamtes, sondern durch den Träger der Sozialhilfe zu erfolgen. Auch die Gebührenfestsetzung sei auf der Grundlage der Saarländischen Gebührenordnung rechtmäßig erfolgt.

Der Kläger hat hierauf erwidert, es sei zwischen Primär- und Sekundärebene zu unterscheiden. Die Bestattungspflicht betreffe ausschließlich die Primärebene. Auf der Sekundärebene müsse nach Billigkeitsmaßstäben von einer Kostenerstattungspflicht abgesehen werden. Wenn die Billigkeitsentscheidung vom Träger der Sozialhilfe zu treffen wäre, hätte dies zur Folge, dass zwei unterschiedliche Behörden in derselben Angelegenheit zu entscheiden hätten. Dies sei mit einem einheitlichen Ermessensvorgang nicht in Einklang zu bringen.

Das Sozialamt des Landkreises A-Stadt hat dem Kläger mit Schreiben vom 27.10.2006 mitgeteilt, über seinen Antrag auf Übernahme der Bestattungskosten könne erst endgültig entschieden werden, wenn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht abgeschlossen sei. Falls das Verwaltungsgericht die Bestattungspflicht des Klägers verneinen würde, stünde ihm nach § 74 SGB XII auch kein Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten zu, da einen solchen nur die nach § 26 Abs. 1 BestattG Verpflichteten haben könnten.

Mit aufgrund der Beratung vom 9.2.2007 ergangenem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und den in der Sitzung vom 8.6.2006 ergangenen Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises A-Stadt aufgehoben. Zur Begründung ist maßgeblich ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Klägers seien jedenfalls derzeit nicht erfüllt. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus der Friedhofsgebührensatzung der Kreisstadt A-Stadt , denn zur Gebührenzahlung sei nur derjenige verpflichtet, der die Bestattung selbst oder über einen Beauftragten wissentlich und willentlich veranlasst habe, was bei dem Kläger gerade nicht der Fall sei. Auch § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Satz 2 BestattG begründe nicht die Gebührenpflicht, da diese Vorschrift keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch der Ortspolizeibehörde gegenüber einem Bestattungspflichtigen darstelle. Sie sei nur Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde. Von dieser primären Gefahrenabwehrkompetenz sei jedoch die Frage der Kostenerstattungspflicht auf der Sekundärebene zu trennen. Die Kostenerhebung bestimme sich auch nach Inkrafttreten des Saarländischen Bestattungsgesetzes mangels einer eigenständigen bestattungsrechtlichen Regelung weiterhin nach den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme. Etwas anderes ergebe sich nicht aus den Worten „auf Kosten“ in § 26 Abs. 2 BestattG. Diese beinhalteten lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme nach § 46 SPolG. Hätte der Gesetzgeber, dem die einschlägige Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte bekannt gewesen sei, eine eigenständige Anspruchsgrundlage im Bestattungsgesetz schaffen wollen, so hätte es bereits aus Gründen der Rechtsklarheit einer präzisen und unmissverständlichen Formulierung als Anspruchsgrundlage bedurft, die dann im Übrigen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen gehabt hätte und diesen aufgrund seines Verfassungsrangs nicht einfach hätte negieren dürfen. Auf die Frage der Wirksamkeit von § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG komme es daher nicht mehr an. Der angefochtene Leistungsbescheid genüge aber auch nicht den allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften über die Ersatzvornahme (§ 90 Abs. 1 i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG). Es liege jedenfalls ein Ermessensfehler nach § 114 VwGO vor. Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte sei grundsätzlich anerkannt, dass die Heranziehung zum Ersatz der Bestattungskosten für den Pflichtigen im Einzelfall eine besondere bzw. grob unbillige Härte bedeuten könne, welche in Analogie zu den §§ 1579, 1611 BGB eine Inanspruchnahme auszuschließen vermöge. Lege man den unstreitigen Vortrag des Klägers zugrunde, erscheine jedoch zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dass vorliegend nach der Rechtsprechung von einer derartigen besonderen bzw. grob unbilligen Härte jedenfalls im Sinne von § 20 Satz 1 SGebG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LHO beziehungsweise § 227 AO auszugehen sein könnte. Dem brauche vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden, da weder der Ausgangs- noch der Widerspruchsbescheid erkennen lasse, dass die vom Kläger vorgetragenen Härtegründe sachlich gewürdigt worden und die erforderliche Ermessensentscheidung im Rahmen von § 20 SGebG getroffen worden sei. Aus § 74 SGB XII ergebe sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift würden zwar die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Sozialhilfeträger übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden könne, diese zu tragen. Insoweit habe aber bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Urteil vom 25.8.2003 - 2 R 18/03- unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 5.6.1997 - 5 C 13/96-) zu der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängervorschrift des § 15 BSHG entschieden, dass der Sozialhilfeanspruch ersichtlich an das Bestehen der entsprechenden Kostenpflicht anknüpfe.

Gegen das am 21.2.2007 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.3.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die er am 16.4.2007 begründet hat. Er ist -entgegen der in dem Urteil des Verwaltungsgerichts vertretenen Auffassung- der Ansicht, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine taugliche Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsbescheid dar. Billigkeits- und Härtefallgesichtspunkte seien im Rahmen der Kostenübernahme vom Träger der Sozialhilfe zu prüfen. Es sei Wille des Gesetzgebers gewesen, mit § 26 Abs. 2 BestattG eine eigene Anspruchsgrundlage zu schaffen. Auch der Umstand, dass diese Vorschrift hätte präziser und unmissverständlicher formuliert werden können, lasse nicht den Schluss zu, dass sie keine Rechtsgrundlage darstelle. Aus dem Wortlaut der Norm ergebe sich, dass es sich um eine Anspruchsgrundlage handele. Auch die Systematik dieser Vorschrift spreche für den Charakter als Rechtsgrundlage. Die Regelung sei vergleichbar mit der zivilrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag. Auch aus dem Zusammenhang mit § 26 Abs. 3 BestattG ergebe sich, dass es sich bei Absatz 2 der Vorschrift um eine eigenständige Rechtsgrundlage handele. Dort sei nämlich ausdrücklich von einer rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Verpflichtung zur Kostenübernahme die Rede.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes (Az.: 11 K 50/06) vom 9.2.2007 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, § 26 Abs. 2 BestattG stelle eine Ermächtigungsgrundlage lediglich für die Anordnung bzw. Veranlassung einer Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Eine Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung beinhalte diese Regelung jedoch nicht. Außerdem sei die Bestimmung verfassungswidrig, weil der Gesetzgeber von einer Billigkeitsregelung abgesehen habe. Im Übrigen nimmt er Bezug auf seine bisherigen Ausführungen und macht sich die Urteilsbegründung zu Eigen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Band), des Kreisrechtsausschusses (1 Band) und des Sozialamtes des Landkreises A-Stadt (1 Band) Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.

Entscheidungsgründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Nach entsprechendem einverständlichen Verzicht der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, denn der Bescheid des Beklagten vom 2.3.2006 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses beim Landkreis A-Stadt vom 8.6.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger wurde von dem Beklagten zu Recht zur Erstattung der für die Bestattung seiner Schwester angefallenen Kosten in Höhe von 1.982,03 Euro zuzüglich einer Verwaltungsgebühr von 100,00 Euro herangezogen.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist in Bezug auf das Verlangen nach Erstattung der Bestattungskosten § 26 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6, Satz 2 des Gesetzes Nr. 1535 über das Friedhofs-, Bestattungs- und Leichenwesen (Bestattungsgesetz - BestattG) vom 5.11.2003 (Amtsbl. S. 2920). Nach § 26 Abs. 2 BestattG hat die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde - im vorliegenden Fall ist das nach den §§ 76 Abs. 3, 81 Abs.1 SPolG der Beklagte - die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst.

Der Kläger war bestattungspflichtiger Angehöriger seiner verstorbenen Schwester, kam seiner Pflicht aber nicht nach, weshalb der Beklagte die Bestattung veranlasst hat. Dies rechtfertigt die Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstattung der ihm durch die Bestattung entstandenen Kosten durch den Kläger.

Nach § 25 Abs. 1 BestattG muss jede Leiche bestattet werden. Vor dem Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes am 1.1.2004 (§ 55 BestattG) fehlte es im Saarland an einer geschriebenen Regelung über die bestattungspflichtigen Personen, da die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen vom 18.12.1991

Amtsbl. S. 1414, geändert durch Art. 9 Abs. 17 des Gesetzes vom 7.11.2001, Amtsbl. S. 2158,

eine Aussage hierzu nicht getroffen hatte

vgl. Urteil des VG des Saarlandes vom 6.3.2001 -10 K 112/00- und Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439, wonach nach der bisherigen Regelung im Saarland die Bestattungspflicht gewohnheitsrechtlich den zur Totenfürsorge verpflichteten nächsten Angehörigen des Verstorbenen oblag.

Welche Personen bestattungspflichtig sind, regelt nunmehr § 26 Abs.1 BestattG abschließend. Für die Bestattung müssen die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge sorgen: 1. die Ehefrau/der Ehemann, 2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, 3. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft, 4. die Kinder, 5. die Eltern, 6. die Geschwister, 7. die Enkelkinder und 8. die Großeltern (§ 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 BestattG). § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG bestimmt, dass die jeweils ältere Person der jüngeren hinsichtlich der Bestattungspflicht vorgeht, wenn für die Bestattungspflicht ein Paar oder eine Mehrheit von Personen in Betracht kommt. Hierzu heißt es in der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfes der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„In Bezug auf die Bestattungspflicht kommt es immer wieder zu gerichtlichen Verfahren. Die bisherige Polizeiverordnung über das Bestattungs- und Leichenwesen hat eine Regelung nicht getroffen. Absatz 1 bestimmt daher die Rangfolge der öffentlich-rechtlich zur Bestattung verpflichteten Hinterbliebenen. Die Bestattungspflicht eines Vorrangigen schließt die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht der nachfolgenden Rangstufen aus. Diese Regelung orientiert sich an zivilrechtlichen Erbfolgeregelungen. Sie bewirkt auch, dass im Normalfall eine Gemeinde, die in Erfüllung der Pflicht der Ersatzvornahme die Bestattung veranlasst hat, in der überwiegenden Zahl der Fälle die/den Bestattungspflichtige/n zur Kostenerstattung heranziehen kann. Die zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche Bestattungspflichtiger gegen Erben bleiben unberührt.“

Auch in allen anderen Bundesländern geht man davon aus, dass bestimmte natürliche Personen bestattungspflichtig sind. Dies sind in den meisten Bundesländern - anders nur in Rheinland-Pfalz -

vgl. insofern § 9 Bestattungsgesetz Rheinland-Pfalz

nicht die Erben, sondern die nächsten Angehörigen des Verstorbenen, die so genannten Totenfürsorgeberechtigten, und zwar regelmäßig -in teilweise unterschiedlicher Rangfolge- der Ehegatte, Verwandte (teilweise auch Verschwägerte) in auf- und absteigender Linie, Geschwister (und teilweise auch deren Kinder). Teilweise tritt auch der nichteheliche Lebensgefährte und der Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes hinzu, sofern dies ausdrücklich – wie auch in § 26 Abs. 1 Nr. 2 BestattG geschehen- bestimmt ist. Während die ersten drei Kategorien der Bestattungspflichtigen (Ehegatte, Kinder, Eltern) in fast allen Bundesländern gleich sind, weist die weitere Reihenfolge vielfache Unterschiede auf

vgl. im Einzelnen Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., 2004, S. 103 f. sowie S. 304 ff. mit einer Übersicht über die landesgesetzlichen Bestimmungen; des Weiteren: Stelkens/Cohrs, Bestattungspflicht und Bestattungskostenpflicht, NVwZ 2002, 917 (918).

Im Hinblick auf die Frage, nach welchen Kriterien der Pflichtige bei Personenmehrheiten (z.B. Kinder, Geschwister) zu bestimmen ist, regelt § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG, dass sich die Heranziehung bei Personenmehrheiten (vgl. Nr. 4, 6, 7) bzw. Paaren (Nr. 5, 8) nach dem Alter der Person richtet

ebenso die Bestattungsgesetze Brandenburg (§ 20 Abs. 1 Satz 2) und Sachsen (§ 10 Abs. 1 Satz 3); anders § 8 Abs. 4 Satz 2 BestattG Niedersachsen, der eine gesamtschuldnerische Haftung der Bestattungspflichtigen vorsieht.

Als ältestes der Geschwister der verstorbenen Frau B. war der Kläger gemäß § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Satz 2 BestattG bestattungspflichtig. Nach den Ermittlungen des Beklagten existierte nämlich unmittelbar vor dem Tode der Frau B. weder ein Ehegatte noch ein Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft noch ein Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Beide Elternteile von Frau B. waren verstorben und Frau B. selbst war kinderlos geblieben. Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden waren und der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen ermittelt werden konnte, hat der Beklagte entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt, als er den Kläger als Bestattungspflichtigen herangezogen hat.

Die in § 26 Abs. 1 Satz 2 BestattG getroffene Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (nur dessen Schutzbereich ist hier berührt, denn Art. 3 Abs. 3 GG führt das Alter nicht als Diskriminierungsmerkmal auf), soweit die Bestattungspflicht bei einer Personenmehrheit der jeweils älteren Person – wie im vorliegenden Fall dem Kläger als dem älteren Bruder- auferlegt wird

vgl. die fast wortgleichen Regelungen in § 10 Abs.1 Satz 3 BestattG Sachsen und § 20 Abs. 1 Satz 2 BestattG Brandenburg.

Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen vornimmt, denn es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Art. 3 Abs. 1 GG fordert für eine Ungleichbehandlung von Personengruppen lediglich, dass sie sich auf einen vernünftigen oder sonst wie einleuchtenden Grund von hinreichendem Gewicht zurückführen lässt (Willkürverbot)

BVerfG, Beschluss vom 23.3.1994 -8 BvL 8/85-, BVerfGE 90, 226 (229).

Dies ist hier der Fall, denn in dem vom saarländischen Gesetzgeber geregelten Sachbereich der Bestattungspflicht ist bei einer Mehrheit von bestattungspflichtigen Personen das Alter einer Person ein sachliches Auswahlkriterium zur Bestimmung der Reihenfolge ihrer Heranziehung. Der Landesgesetzgeber hat die Bestattungspflicht nicht etwa generell dem ältesten Angehörigen der verstorbenen Person übertragen, sondern vielmehr innerhalb einer an der Erbfolge orientierten Reihenfolge lediglich bei Personenmehrheiten und Paaren derselben Stufe die Reihenfolge der Heranziehung vom Alter der betreffenden Person abhängig gemacht. Diese Differenzierung erweist sich unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr als tragfähig und gerechtfertigt, denn sie ermöglicht es der Behörde, ohne aufwendige und zeitraubende Ermittlungen, die wegen der kurzen (i.d.R. siebentägigen) Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) ohnehin nicht möglich sind, die bestattungspflichtige Person zu bestimmen. Darüber hinaus entspricht die Orientierung am Alter des Familienangehörigen dem traditionellen Verständnis, dass das älteste lebende Familienmitglied als Familienoberhaupt für die Regelung der familiären Angelegenheiten zuständig ist. Man wird im Übrigen vielfach, insbesondere wenn die Angehörigen noch zur jüngeren Generation gehören, bei dem ältesten von ihnen am ehesten die finanzielle Leistungsfähigkeit annehmen können. Unerheblich ist, dass auch andere sachliche Kriterien (z.B. gesamtschuldnerische Haftung) denkbar sind, denn das Gericht hat wegen der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative nicht darüber zu befinden, ob andere Differenzierungsmerkmale besser geeignet wären.

Der von dem Kläger erhobene Einwand, er habe die Erbschaft ausgeschlagen (vgl. §§ 1942 ff. BGB), ist im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht unerheblich. Durch die Ausschlagung der Erbschaft kann sich ein Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund bleiben hingegen auch nach der Ausschlagung der Erbschaft bestehen. Dies gilt u.a. für die sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und die hieran anknüpfende Kostenerstattungspflicht. Die bundesrechtlichen Regelungen über die Erbenstellung und die damit verbundene Pflicht, die Bestattungskosten zu tragen (§ 1968 BGB), sind auch nicht in dem Sinn vorrangig, dass sie öffentlich-rechtliche, auf Landesgesetz beruhende Ansprüche aus einem – wie hier in Rede stehenden- ordnungsbehördlichen Einschreiten ausschlössen. Derartige öffentlich-rechtliche Ansprüche beruhen auf einem vom Zivilrecht unabhängigen, der Kompetenz des Landesgesetzgebers, die sich für den Erlass des Bestattungsgesetzes aus Art. 70 Abs. 1 GG ergibt, unterliegenden Rechtsgrund. Dies entspricht der übereinstimmenden höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung

vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.8.1994 -1 B 149/94-, NVwZ-RR 1995, 283; OVG des Saarlandes, Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, AS 30, 439 (443); VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, VBlBW 2005,141; jeweils dokumentiert bei juris.

§ 26 Abs. 1 Satz 1 BestattG verstößt auch nicht gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, weil die Vorschrift von der Bestattungspflicht auch dann keine Ausnahme macht, wenn – was der Kläger behauptet- die Durchführung der Bestattung für den Bestattungspflichtigen wegen des persönlichen Verhaltens des Verstorbenen als grob unbillig erscheint. Die Verfassung gebietet es nicht, eine Ausnahme von der Bestattungspflicht bei gestörten Familienverhältnissen vorzusehen. Die Bestattungspflicht dient – wie zuvor bereits erwähnt- der Gefahrenabwehr. Daher muss sich die Bestimmung des Pflichtigen an objektiven Maßstäben orientieren, weil die Behörde nicht innerhalb der Bestattungsfrist (vgl. § 32 BestattG) Ermittlungen und Untersuchungen über die persönlichen Beziehungen der nächsten Angehörigen zu dem Verstorbenen durchführen und ggfs. verifizieren kann. Die Wertungen des Zivilrechts in den §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2-7, 1611 Abs. 1 BGB, die den Wegfall, die Beschränkung oder die Herabsetzung der familienrechtlichen Unterhaltsverpflichtung aus Billigkeitsgründen regeln, sind nicht auf die hier in Rede stehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung übertragbar, denn die Bestattungspflicht begründet kein „Dauerschuldverhältnis“ zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen

vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004, a.a.O.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 920.

Da vorrangige Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind, war der Kläger als ältester Bruder der Verstorbenen demnach nach § 26 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. S. 2 BestattG bestattungspflichtig. Nachdem er gegenüber dem Beklagten erklärt hatte, er sei nicht bereit, die Bestattung zu veranlassen, hat dieser zu Recht die Bestattung der Verstorbenen veranlasst und den Kläger zur Erstattung der Kosten herangezogen.

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid des Beklagten ist § 26 Abs. 2 BestattG. Danach hat der Beklagte als die für den Sterbeort zuständige Ortspolizeibehörde (vgl. §§ 76 Abs. 3, 81 Abs. 1 SPolG) die Bestattung auf Kosten des Bestattungspflichtigen selbst zu veranlassen, wenn dieser seiner Pflicht nicht nachkommt und kein anderer die Bestattung veranlasst

vgl. im Übrigen die inhaltsgleichen Regelungen in § 31 Abs. 2 BestattG Baden-Württemberg, Art. 14 Abs. 2 BestattG Bayern, § 20 Abs. 2 BestattG Brandenburg und § 9 Abs. 2 BestattG Mecklenburg-Vorpommern.

Diese Bestimmung ermächtigt die zuständige Behörde, die erstattungsfähigen Kosten durch Leistungsbescheid geltend zu machen. Sie stellt nicht nur die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung der Bestattung durch die Ortspolizeibehörde dar. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht, hier auf die Vorschriften der §§ 46, 90 SPolG, nicht, da der Fall der Bestattung durch Ersatzvornahme auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich in dem Bestattungsgesetz geregelt ist, denn § 26 Abs. 2 BestattG enthält keinen Verweis auf das Saarländische Polizeigesetz, sondern spricht davon, dass die Verwaltungsbehörde die Handlung auf Kosten der bestattungspflichtigen Person selbst zu veranlassen hat.

Nicht in allen Bundesländern ist die Bestattung durch Ersatzvornahme der Behörde auf Kosten des Pflichtigen spezialgesetzlich im jeweiligen Bestattungsgesetz geregelt. Die Polizei- und Ordnungsbehörden können, sofern eine ausdrückliche Regelung fehlt, entsprechend den jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen entweder gestützt auf die polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Generalklausel den Bestattungspflichtigen als Verhaltensstörer wegen Nichterfüllung der ihm obliegenden Bestattungspflicht und der sich aus der Nichtbestattung des Verstorbenen ergebenden Gefahren heranziehen

vgl. bspw. § 10 BestattG Sachsen

oder Kostenersatz aufgrund öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag, des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder nach dem Landesvollstreckungsrecht verlangen

vgl. § 14 BestattG Sachsen-Anhalt und § 9 BestattG Rheinland-Pfalz.

Dass § 26 Abs. 2 BestattG für den Fall der Ersatzvornahme der Ortspolizeibehörde eine abschließende Regelung trifft, wenn der Bestattungspflichtige seiner Pflicht nicht nachkommt, und demzufolge für einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften des Polizei- oder des Verwaltungsvollstreckungsrechtes kein Raum ist, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut, insbesondere aus der Formulierung „auf Kosten des/der Bestattungspflichtigen“ dieser Bestimmung

in diesem Sinne auch Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 921, und –zu § 2 Abs. 3 TierSchG 1972- BVerwG, Urteil vom 12.2.1987 -3 C 22/86-, BVerwGE 77, 19.

Die Worte „auf Kosten“ stellen dabei nicht - wie das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen hat - lediglich einen Verweis auf das polizeirechtliche Zwangsmittel der Ersatzvornahme (§ 46 SPolG) dar. Hätte der Landesgesetzgeber zur Durchsetzung der Bestattungspflicht auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht verweisen wollen, hätte er dies ausdrücklich in der Vorschrift normiert

so erfolgt bspw. in § 10 Abs. 3 BestattG Sachsen.

Für dieses Verständnis spricht außer dem Wortlaut der Vorschrift auch der im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers. Aus den Materialien zum Gesetzentwurf der Landesregierung vom 4.4.2003 (Landtags-Drucksache 12/853) geht hervor, dass das Bestattungsgesetz alle bisherigen Rechtsgrundlagen zusammenfasst (vgl. S. 1, B der Landtags-Drucksache). Dies verdeutlicht, dass ein Rückgriff auf andere Gesetze nicht mehr vorgesehen ist. Aus der Begründung zu der vom Gesetzgeber beschlossenen Entwurfsfassung des § 26 BestattG ergeben sich im Übrigen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass auf die allgemeinen polizeirechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden soll, wenn die für die Bestattung verantwortliche Person ihrer Pflicht nicht nachkommt. Im Einzelnen heißt es in diesem Zusammenhang nämlich nur (vgl. Landtags-Drucksache 12/853, S. 43):

„Absatz 2 geht auf die Situation ein, dass Bestattungspflichtige nicht vorhanden sind oder nicht ermittelbar sind. Auch in diesen Fällen muss die Bestattung des Leichnams geregelt werden. Daher wird unter Bezug auf die polizeirechtlichen Bestimmungen die Ortspolizeibehörde als zuständige Stelle ausgewiesen.“

Soweit in dem zitierten Absatz am Ende die Rede davon ist, dass die Behörde nach den polizeirechtlichen Bestimmungen tätig wird, bezieht sich dies ersichtlich ausschließlich auf den in § 26 Abs. 2 1. Alt BestattG geregelten Fall, dass ein Pflichtiger nicht vorhanden ist.

Der Kläger kann seiner Heranziehung zur Kostenerstattung nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe zu seiner verstorbenen Schwester seit 1953 keinen persönlichen Kontakt gehabt; außerdem sei ihr Lebenswandel mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht in Einklang zu bringen, so dass es für ihn unerträglich sei, für sie finanziell einstehen zu müssen. Denn Art und Umfang der persönlichen Beziehungen zwischen dem Verstorbenen und dem Bestattungspflichtigen sind bei der Heranziehung wegen der Bestattungskosten grundsätzlich unerheblich

VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O..

Dies haben der Beklagte und der Kreisrechtsausschuss in den angefochtenen Bescheiden zutreffend ausgeführt.

§ 26 BestattG enthält keine Regelung, die die Erstattung von Bestattungskosten in Fällen unbilliger Härte in das Ermessen der Behörde stellt. Vielmehr sind die Kosten vom Pflichtigen zu erstatten. Bei der Anforderung der Bestattungskosten ist somit hinsichtlich der Frage, ob von dem Pflichtigen überhaupt Kosten zu erheben sind, der zuständigen Behörde kein Ermessen eingeräumt; die Bestattungspflichtigen haften ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhältnis zum Verstorbenen und ungeachtet besonderer Umstände des Einzelfalles. Dies entspricht erkennbar dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden Leitbild der Familie als Solidargemeinschaft und wird im Regelfall dem Willen des bestattungspflichtigen Angehörigen auch nicht zuwider laufen.

Die -ausnahmslose- Bestattungspflicht bedeutet indessen nicht in jedem Fall, dass der Pflichtige endgültig mit den Kosten belastet bleibt. Jedenfalls für den -hier allerdings nicht gegebenen- Fall des nicht völlig mittellos Verstorbenen spricht § 1968 BGB dem Bestattungspflichtigen einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Erben zu. Daneben treten in zahlreichen weiteren Fällen andere zivilrechtliche Ausgleichsansprüche auf Übernahme der Bestattungskosten (vgl. §§ 844 Abs. 1, 1360 a Abs. 3 i.V.m. 1615 Abs. 2, 1615 m BGB; § 10 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 7 Abs. 1 Satz 2 ProdhaftG, § 5 Abs. 1 Satz 2 HaftpflichtG).

Der VGH Baden-Württemberg

Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O., m.w.Nw.,

hat in Bezug auf die maßgebliche Vorschrift im dortigen Landesbestattungsgesetz, die der saarländischen Regelung des § 26 Abs. 2 BestattG inhaltlich entspricht, festgestellt, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Landesgesetzgeber eine Pflicht zur Kostenerstattung in den Fällen, in denen die zuständige Behörde die Bestattung in rechtlich zulässiger Weise selbst veranlasst hat, ohne Einschränkung normiert hat. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme hiervon, etwa bei gestörten Familienverhältnissen, vorzusehen, bestehe unter Berücksichtigung der Kostenübernahmeregelung des (damals geltenden) § 15 BSHG (heute: § 74 SGB XII) von Verfassungs wegen nicht.

Nach § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung von dem Sozialhilfeträger – nach § 98 Abs. 3 SGB XII im vorliegenden Fall von dem Landkreis A-Stadt (Kreissozialamt)- übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (vgl. die fast wortgleiche Vorgängervorschrift des § 15 BSHG). Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich bereits, dass für das Bestehen dieses Anspruchs nicht entscheidend ist, dass der Bestattungspflichtige die Kosten nicht tragen kann, also selbst bedürftig im Sinne des Sozialhilferechts ist

vgl. zu § 15 BSHG: Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auf., § 15 Rdnrn. 6 f..

Die Zumutbarkeit ist in der Regel analog den §§ 85 ff. SGB XII (früher: §§ 79 – 85 BSHG) unter Anwendung der allgemeinen Einkommensgrenzen des § 85 SGB XII (früher: § 79 BSHG) zu beurteilen, wobei der etwaige Einkommensüberschuss je nach der Enge der Beziehung des Verpflichteten zum Verstorbenen ganz oder teilweise einzusetzen ist

Schellhorn, a.a.O. zu § 15 BSHG Rdnr. 6; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10.1.2005 -12 A 11605/04-, FEVS 56, 476 m.w.Nw. zur Rspr., dokumentiert bei juris.

Das Bundesverwaltungsgericht

Urteile vom 5.6.1997 -5 C 13/96-, BVerwGE 105,51, und vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, BVerwGE 110, 111, jeweils dokumentiert bei juris,

hat zu § 15 BSHG festgestellt, dass es sich um einen von dem sozialhilferechtlichen Kriterium des Bedürfnisses losgelösten Kostenerstattungsanspruch eigener Art handele, der eine würdige Bestattung des Toten gewährleisten solle und daher grundsätzlich auch dem Leiter eines Pflegeheims oder Krankenhauses zustehen könne. Der Gesetzgeber habe an die fürsorgerechtliche Verantwortung für eine würdige Bestattung Hilfebedürftiger anknüpfen wollen und dabei den rechtlichen Ansatz von dem einer Fürsorgeleistung an den Verstorbenen zu dem einer sozialhilferechtlichen Unterstützung des „Verpflichteten“ durch Kostenentlastung verwandelt

vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.6.2007 -7 A 11566/06-, AS 34, 401 (405/406).

Das Leitbild der gesetzlichen Regelung des § 74 SGB XII schließt nicht aus, dass sich die Unzumutbarkeit im Sinne dieser Vorschrift auch aus dem Fehlen eines persönlichen Näheverhältnisses zwischen Bestattungspflichtigen und Verstorbenen ergeben kann

vgl. BVerwG, Urteil vom 29.1.2004 -5 C 2/03-, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2004 -1 S 681/04-, a.a.O.; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 26.9.2007 -8 LA 81/07-, dokumentiert bei juris.

Im Ergebnis ermöglicht § 74 SGB XII folglich eine Bestattungskostenerstattung. Dass die Prüfung eines entsprechenden Anspruchs einem selbständigen Verwaltungsverfahren außerhalb des unmittelbaren Bestattungsrechts vorbehalten bleibt, ist dabei rechtlich unbedenklich. Denn diese Aufspaltung in zwei Verfahren hat zum einen den Vorteil, dass die Ordnungsbehörde von der Prüfung der ressortfremden Zumutbarkeitsfrage entlastet und diese Aufgabe den hiermit vertrauten Sozialhilfeträgern zugewiesen wird. Zum anderen gewährleistet diese Lösung eine Gleichbehandlung des Bestattungspflichtigen, der sich weigert, seiner Bestattungspflicht nachzukommen, mit dem Bestattungspflichtigen, der sich seiner Bestattungspflicht - trotz Unbilligkeit der hiermit verbundenen Kostentragungslast - beugt und die Bestattung (zunächst) auf seine Kosten ausrichtet

vgl. Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 f..

Demzufolge hat der Beklagte den Kläger zu Recht zur Erstattung der Beerdigungskosten herangezogen, ohne dabei die Qualität des persönlichen Verhältnisses des Klägers zu seiner verstorbenen Schwester zu berücksichtigen. Der Kläger ist daher darauf zu verweisen, nach § 74 SGB XII beim Sozialamt des Landkreises A-Stadt die Übernahme der Bestattungskosten geltend zu machen, was ausweislich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Kreissozialamtes bereits geschehen ist, wobei dieser Antrag wegen der Vorgreiflichkeit dieses Rechtsstreites im Hinblick auf die Frage der Bestattungspflicht des Klägers bislang allerdings noch nicht beschieden worden ist.

Ob dennoch ausnahmsweise im Rahmen der Kostenheranziehung des Bestattungspflichtigen eine Billigkeitskorrektur geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, da ein solcher Sachverhalt hier nicht vorliegt.

Regelungen zu der Frage, in welchen Fällen eine aus einem familiären Verhältnis herrührende Zahlungspflicht nach der Rechtsordnung eingeschränkt ist oder vollständig entfällt, finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt die aus § 1601 BGB herrührende, zwischen Verwandten in gerader Linie bestehende Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung ganz, wenn die Inanspruchnahme des Pflichtigen grob unbillig wäre. Beispiele für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme eines Unterhaltsverpflichteten sind in § 1579 BGB normiert. Demnach liegt grobe Unbilligkeit unter anderem vor, wenn der Berechtigte sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht (Nr. 2) oder längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat (Nr. 5) oder dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt (Nr. 6). Schon diese Beispiele verdeutlichen, dass derartige Ausnahmefälle, die aus Billigkeitsgründen ein Absehen von der Kostenheranziehung rechtfertigen, allenfalls dann in Betracht kommen, wenn ein strafrechtlich relevantes oder dem vergleichbares Fehlverhalten des Verstorbenen (bspw. Missbrauchsfälle und Unterhaltspflichtverletzungen) gegenüber dem bestattungspflichtigen Angehörigen vorliegt.

Entsprechendes hat zu gelten, wenn eine Billigkeitskorrektur durch die ergänzende Heranziehung der Regelung über den Billigkeitserlass von Forderungen in der LHO bzw. des Gemeindehaushaltsrechts und des Abgabenrechts (vgl. § 227 AO) oder eine dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechenden Auslegung der jeweiligen Vorschrift im Bestattungsrecht erwogen wird

vgl. Gaedke, a.a.O., S. 118 a.E.; Stelkens/Cohrs, a.a.O., S. 923 Fn. 70.

Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe

Urteil vom 16.1.2007 -11 K 1326/06-, BWGZ 2007, 471, dokumentiert bei juris,

die Kostentragungspflicht der Tochter für Beerdigungskosten ihres Vaters, der sich sexuell an ihr vergangen hatte, als unverhältnismäßig erachtet

u.a. mit dem Hinweis auf das Urteil des OVG des Saarlandes vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.; a.A. aber VG Ansbach, Urteil vom 6.9.2007 –AN 4 K 06.03544-, dokumentiert bei juris.

Das OVG Münster

Beschluss vom 2.2.1996 -19 A 3802/95-, NVwZ-RR 1997, 99, dokumentiert bei juris,

hat in dem Fall einer Unterhaltspflichtverletzung des Verstorbenen gegenüber der zur Erstattung herangezogenen Tochter ebenfalls ein Bedürfnis für eine Billigkeitskorrektur gesehen und festgestellt, es bestehe ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass die Anwendung gesetzlicher Vorschriften nicht zu nach Lage des Falles unbilligen Härten führen solle. Die Anwendung dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes auf das im dort entschiedenen Fall anwendbare Landesvollstreckungsrecht bedinge, dass die Festsetzung und Beitreibung einer Geldforderung, deren Einziehung im Einzelfall unbillig wäre, unterbleiben müsse.

Einen mit den zitierten Entscheidungen vergleichbaren Sachverhalt hat der Kläger indes nicht vorgetragen. Im Einzelnen hat er geltend gemacht, er habe das gemeinsame Elternhaus bereits 1953 verlassen und seitdem keinerlei persönliche Kontakte mehr zu seiner Schwester gepflegt. Anlässlich von Einladungen seiner Eltern sei es zu Begegnungen mit ihr gekommen, bei denen sie ihn stets „drangsaliert“ und bevormundet habe. Als er geschieden worden sei, habe sie ihn als „schwarzes Schaf“ und als untragbar für die Familie bezeichnet. Seit 1998 habe er überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Die Verstorbene habe eine sexuelle Beziehung mit einem verheirateten Mann unterhalten, der auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe; dies sei mit seinen Wert- und Moralvorstellungen nicht vereinbar. Dieses Vorbringen musste den Beklagten nicht veranlassen, die Kostentragungspflicht des Klägers unter Billigkeitserwägungen gesondert zu prüfen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Familienschicksalen. Hielte man das Vorbringen des Klägers, das im übrigen hinsichtlich der Kritik am Lebenswandel seiner Schwester auf subjektiven Werturteilen des Klägers beruht und eines Wahrheitsbeweises weitgehend unzugänglich ist, für ausreichend, seine Kostentragungspflicht auszuschließen, so wäre es in vielen Fällen gestörter Familienverhältnisse nicht möglich, die Bestattungskosten den nächsten Angehörigen eines Verstorbenen aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die Kosten auf die Allgemeinheit verlagert wären. Dies widerspräche aber Sinn und Zweck des § 26 BestattG, der darin zu sehen ist, dass die in Absatz 1 der Vorschrift aufgezählten Angehörigen eines Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft diesem –ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit- regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit und dass es deshalb vorrangig ihnen obliegt, für eine Bestattung zu sorgen und die damit verbundenen Kosten zu tragen. Auch ansonsten haben die Besonderheiten der Familienverhältnisse beim Übergang von Rechten und Pflichten aus Anlass des Todes grundsätzlich keine Bedeutung. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus den §§ 1611 Abs. 1, 1579 BGB herleiten, denn die dort getroffenen Wertungen lassen sich auf den hier in Rede stehenden Zusammenhang nicht übertragen. Während es bei § 1611 Abs. 1 BGB darum geht, die Unterhaltspflicht im Verhältnis zweier Privatpersonen aufgrund ihres familiären oder persönlichen Verhältnisses zueinander zu regeln, geht es bei der Bestattungspflicht und der hieraus resultierenden Kostentragungspflicht darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Außerdem handelt es sich beim Ersatz der Beerdigungskosten um eine nur einmalige, der Höhe nach von vorneherein begrenzte Zahlungspflicht. Diese zu tragen, ist den Angehörigen daher viel eher zumutbar als die Unterhaltspflicht. Es ist daher nicht möglich, diese Wertungen des Zivilrechts auf die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu übertragen

vgl. VG Koblenz, Urteil vom 14.6.2005 -6 K 93/05.KO-, KKZ 2006, 35, dokumentiert bei juris.

Hinzu kommt, dass dem Bestattungspflichtigen – wie bereits aufgezeigt- unter bestimmten Voraussetzungen ein Erstattungsanspruch nach § 74 SGB XII zusteht.

Die von dem Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes

Urteil vom 25.8.2003 -2 R 18/03-, a.a.O.,

in welcher zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Bestattungsgesetzes zum Verhältnis von § 15 BSHG zur Inanspruchnahme des Bestattungspflichtigen für die Kosten der Ersatzvornahme aufgrund von §§ 90 Abs. 1, 46 Abs. 1 Satz 2 SPolG, wonach die Kostenerhebung bei der Ersatzvornahme in das Ermessen der Behörde gestellt ist, festgestellt wurde, dass § 15 BSHG nicht zwingend eine Entlastung des Bedürftigen von den gesamten Bestattungskosten gewähre, sondern von vornherein nur die Möglichkeit eines bloßen Kostenzuschusses vorsehe, weswegen der Bestattungspflichtige nicht auf den Sozialhilfeanspruch verwiesen werden könne, ist wegen der aufgrund des Inkrafttretens des Bestattungsgesetzes zum 1.1.2004 geänderten Gesetzes- und Rechtslage nicht (mehr) einschlägig.

Die Höhe der von dem Beklagten in dem angefochtenen Bescheid erhobenen Bestattungskosten von insgesamt 1982,03 Euro begegnet keinen Bedenken. Sie ist belegt (vgl. Rechnung des Bestattungsinstituts D. samt Anlagen, Bl. 37 f. d. BA, und Gebührenbescheid des Friedhofes der Kreisstadt A-Stadt , vgl. Bl. 35 d. BA). Einwände gegen den Ansatz der Kosten oder deren Höhe hat der Kläger auch nicht erhoben. Zu berücksichtigen ist, dass dem Ersatzpflichtigen nur die Kosten für einen „notwendigen Mindestaufwand“, die unter den „erforderlichen Kosten“ i.S.d. § 74 SGB XII und auch unter dem Aufwand für eine Beerdigung, die der Erbe nach § 1968 BGB zu tragen hat, liegen, in Rechnung gestellt werden dürfen

Gaedke, a.a.O., S. 117.

Der Beklagten hat diesen Vorgaben Rechnung getragen, indem er eine anonyme Urnenbestattung auf dem Friedhof in A-Stadt hat vornehmen lassen. Der Gebührenbescheid des Friedhofs in Höhe von insgesamt 439,00 Euro (275,00 Euro für den Erwerb eines anonymen Urnengrabes und 164,00 Euro für die Errichtung einer Urnengrabstätte) beruht auf den §§ 2 Abs. 1, 5 Nr. 1 e) und Nr. 3 c) der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der städtischen Friedhöfe der Kreisstadt A-Stadt vom 14.12.1989 (i. d. F. vom 13.10.2005).

Der mit dem Bescheid vom 2.3.2006 zugleich ergangene Kostenfestsetzungsbescheidbescheid, in dem die Verwaltungsgebühren auf 100,00 Euro festgesetzt wurden, beruht auf Nr. 163.14 der Anlage zur Verordnung über den Erlass eines Allgemeinen Gebührenverzeichnisses (Amtsbl. 2005, 921) und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach alledem ist unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. Das Urteil beruht nämlich auf der Auslegung und Anwendung von Landesrecht.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1, 39 Abs. 1 GKG auf 1.982,03 Euro (Bestattungskosten) zuzüglich 100,00 Euro (Verwaltungsgebühr), mithin auf insgesamt 2.082,03 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist (Gesamtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Teil fordern. Bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben sämtliche Schuldner verpflichtet.

(1) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt von der Leistung an Erfüllungs statt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.

(2) Eine Forderung, die einem Gesamtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.