Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 17. März 2016 - M 10 K 15.4729

17.03.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann in der ...-straße 21 in ... Dort ist sie mit Hauptwohnsitz gemeldet. Bis 4. Dezember 2013 war sie Alleineigentümerin einer Eigentumswohnung in dem Mehrfamilienhaus Am ... 10/IV in ... (Wohnung Nr. 13). Die Wohnung liegt im Stadtgebiet der Beklagten. Zum 1. Januar 2012 meldete sich die Klägerin unter dieser Adresse mit Zweitwohnsitz an.

Nach Aufforderung der Beklagten gab die Klägerin mit Schreiben vom 16. März 2012 eine Zweitwohnungsteuererklärung ab und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009.

Am 16. Juli 2012 erließ die Beklagte einen Zweitwohnungsteuerbescheid für die Jahre 2006 bis einschließlich 2012 und am selben Tag einen Ablehnungsbescheid über den Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009.

Am 16. August 2012 erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (Az.: M 10 K 12.3768) und stellte den Antrag, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren. Das Verwaltungsgericht München wies die Klage mit Urteil vom 21. März 2013 ab. Es folgte der Rechtsauffassung der Beklagten, beide Bescheide seien rechtmäßig. Nach zugelassenem Berufungsverfahren änderte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 12. November 2014 (Az.: 4 BV 13.1239) das erstinstanzliche Urteil teilweise ab. Der Steuerbescheid wurde mit der ersten Instanz übereinstimmend für rechtmäßig befunden, der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 hingegen als rechtswidrig aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 von der Zweitwohnungsteuer zu befreien. Entsprechend dem Berufungsurteil gewährte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 3. Dezember 2014 die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2014 beantragte die Klägerin - mit Bezug auf den erstmaligen Befreiungsantrag im Schreiben vom 16. März 2012 - Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs stelle fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011 vorgelegen hätten. Dass die Antragsfrist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG für diese Jahre nicht eingehalten habe werden können, sei unschädlich. Die Beklagte habe eine Kulanzregelung als ständige Verwaltungspraxis, wonach die jetzige Antragstellung auch rückwirkend für die Jahre 2009 bis 2011 fristgerecht sei.

Mit Bescheid vom 26. Januar 2015 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zwar sei die Antragstellung am 16. März 2012 auch für die Jahre 2009 bis 2011 entsprechend der Kulanzregelung fristgerecht gewesen. Diesen Antrag habe sie jedoch mit Bescheid vom 16. Juli 2012 abgelehnt. Das anschließende Klageverfahren hätte sich nur gegen die Ablehnung der Befreiungsanträge für die Jahre 2012 und 2013 gerichtet. Der Steuerbescheid an sich sei rechtmäßig. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 hinsichtlich der Jahre 2009 bis 2011 sei in Bestandskraft erwachsen. Die Entscheidung über die Rücknahme eines möglichen rechtswidrigen Verwaltungsaktes sei ins Ermessen der Behörde gestellt. Dieses sei nicht fehlerhaft ausgeübt worden. Es lägen keine besonderen Umstände vor, nach denen es nachvollziehbar sei, weshalb die Klägerin nicht bereits im ersten Verfahren auch die Befreiung für die Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 beantragt habe.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 18. Februar 2015 Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2015. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn der Regierung ... als Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015, der Klägerin durch Postzustellungsurkunde am 16. Oktober 2015 zugestellt, wies die Regierung ... den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Klägerin habe hinsichtlich der Rücknahme des Ablehnungsbescheids nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dem sei die Ausgangsbehörde in ihrer Entscheidung zugunsten der Rechtssicherheit gerecht geworden. Auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids im Übrigen wird verwiesen.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am 26. Oktober 2015, ließ die Klägerin Klage erheben mit den Anträgen:

1. Der eine Befreiung von der Zweitwohnungsteuer ablehnende Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 2015 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

3. Die Beklagte wird verpflichtet, den Zweitwohnung Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 für die Jahre 2009 bis 2011 aufzuheben und die Steuer auf jeweils 0 Euro festzusetzen.

4. Hilfsweise:

a) Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. Januar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, den eine Steuerbefreiung ablehnenden Bescheid vom 16. Juli 2012, soweit dieser nicht durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben wurde, zurückzunehmen.

b) Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren.

c) Die Beklagte wird verpflichtet, den Zweitwohnung Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 für die Jahre 2009 bis 2011 aufzuheben und die Steuer auf jeweils 0,0 Euro festzusetzen.

c) hilfsweise, die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 26. Januar 2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 verpflichtet, über die Rücknahme des Bescheids vom 16. Juli 2012, soweit dieser nicht durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 aufgehoben wurde, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die Klägerin habe einen Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer auch für die Jahre 2009 bis 2011. Mit der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erfülle sie die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG. Dass der nötige Antrag dahingehend erst am 16. März 2012, und damit zumindest für die hinter 2012 zurückliegenden Jahre nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG gestellt worden sei, sei unschädlich, da er tatsächlich innerhalb der von der Beklagten bei Anträgen für zurückliegende Jahre in ständiger Praxis zugrunde gelegten Frist (Kulanzregelung) gestellt worden sei. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof voll umfänglich aufgehoben worden. Die Klägerin habe sich im Antrag hinsichtlich der Aufhebung des Ablehnungsbescheids gerade nicht auf die Jahre 2012 und 2013 beschränkt. Über den Befreiungsantrag der Klägerin vom 16. März 2012 sei deshalb bezüglich der Jahre 2009 bis 2011 neu zu entscheiden. Hierfür hätte die Behörde nach gebotenem Ermessen zu entscheiden gehabt. Hinsichtlich der Jahre 2009 bis 2011 sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Beklagte - auch ohne gerichtliche Entscheidung darüber - von sich aus einen rechtmäßigen Zustand herstellen und die Steuerbefreiung erteilen werde. Dies sei nicht erfolgt. Entsprechend der bestehenden Verwaltungspraxis müsse aber in gleicher Weise entschieden werden, weshalb die Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011 zu gewähren sei. Wenn man davon ausgehe, die Ablehnung der Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011 sei mangels Anfechtung in Bestandskraft erwachsen, habe die Behörde hinsichtlich der Rücknahme dieses rechtswidrigen Verwaltungsaktes gemäß § 130 AO im Rahmen ihres Ermessens eine Abwägung zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit zu treffen. Durch das teilweise stattgebende Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs habe sich die Rechtslage nachträglich zugunsten der Klägerin geändert. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe der Entscheidung der Behörde die Rechtsgrundlage genommen, was eine mit Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vergleichbare maßgebliche Veränderung darstelle. Die Behörde sei verpflichtet, den Bestand der rechtswidrigen Entscheidung zu überprüfen. Die Beklagte hätte nach Ermessen über die Rücknahme der Ablehnung vom 16. Juli 2012 entscheiden müssen. Aufgrund der veränderten Umstände durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts sei dieses Ermessen soweit reduziert, dass alleine eine Rücknahme der Ablehnung der Befreiung als ermessensgerecht erscheine. Die Beklagte verfehle eine ermessensgerechte Abwägung, da sie den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit zulasten der materiellen Gerechtigkeit priorisiere. Aus Sicht der Klägerin sei der Ablehnungsbescheid auch hinsichtlich der Jahre 2009 bis 2011 angefochten worden. Betrachte man den Leistungsantrag hinsichtlich der Jahre 2012 und 2013 für sachgerecht, müsse das auch für die Jahre 2009 bis 2011 gelten, obwohl sie nicht explizit im Antrag genannt würden. Ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes bestehe außerdem dann, wenn seine Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ sei, was grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls zu bewerten sei. Ein Anspruch sei gegeben, wenn die Berufung auf die Unanfechtbarkeit als Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheine, oder der Verwaltungsakt „offensichtlich fehlerhaft sei und allein durch seine Rücknahme den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit und materiellen Gerechtigkeit genügt werden könne“. Die Klägerin habe sich nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs darauf verlassen dürfen, dass die Behörde nach gerichtlicher Klärung nicht auf der als rechtswidrig anerkannten Steuererhebung beharren würde. Es sei zu erwarten gewesen, dass die Behörde von sich aus, zumindest aber auf Antrag, auch für die Jahre 2009 bis 2011 die Steuerbefreiung gewähre. Dass sie dies nicht tue, stelle einen gravierenden Verstoß der Verwaltung gegen die materielle Gerechtigkeit dar. Die Ausklammerung der Jahre 2009 bis 2011 aus dem Leistungsbegehren der Klägerin stelle eine Verletzung der guten Sitten dar und verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011 erscheine unerträglich.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 sei trotz des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu dieser Sache hinsichtlich der Jahre 2009 bis 2011 bestandskräftig geworden. Am Bestand rechtswidriger Bescheide bestehe grundsätzlich kein schützenswertes Interesses. Die Klägerin habe aber sehenden Auges hingenommen, dass der Bescheid in Bestandskraft erwachse. Es sei nicht ersichtlich, warum die Klägerin die Befreiung für die Jahre 2009 bis 2011 nicht von vornherein in den ursprünglichen Klageantrag vom 15. August 2012 mit einbezogen habe. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs enthalte gerade keine Regelung zu den Jahren 2009 bis 2011. Es sei konsequent, nur die dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs entsprechende Verpflichtung zu erfüllen. Steuerbescheid und Ablehnungsbescheid seien hinsichtlich ihrer Regelungszeiträume trennbar. Die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids für alle in ihm geregelten Kalenderjahre umfasse nicht zwingend auch eine zeitlich kongruente Aufhebung des Ablehnungsbescheids. Auf die Jahre 2009 bis 2011 sei es der Klägerin schlichtweg nicht angekommen. Nur aufgrund der nachträglich festgestellten Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten sei die Verwaltung nicht verpflichtet, alle damit inhaltlich verbundenen Ablehnungsentscheidungen rückwirkend aufzuheben. Derart umfassende Änderungen ohne Rücksicht auf die Bestandskraft würden den Gleichheitssatz infrage stellen und seien auch organisatorisch und personell nicht machbar. Nach Eintritt der Bestandskraft käme dem Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden besonderes Gewicht zu, da durch § 130 AO die Rechtsmittelfrist nicht unterlaufen werden dürfte. Die Entscheidung der Behörde, im Rahmen des § 130 Abs. 1 AO einen rechtswidrigen Verwaltungsakt nicht zurückzunehmen, sei grundsätzlich vom Prinzip der Rechtssicherheit gedeckt und mit Rücksicht auf die Verwaltungspraktikabilität im Regelfall zu billigen. Es verstoße nicht gegen die guten Sitten, wenn man zugunsten der Rechtssicherheit am Bescheid festhalte, wenn die negativen Folgen im Wesentlichen auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen und ihr deshalb zuzurechnen seien. Die Beklagte erfülle deshalb zu Recht nur die Verpflichtungen, die sich aus dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 ergeben würden.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 hörte das Gericht die Beteiligten zur Entscheidung über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die beigezogenen Akten des Verfahrens M 10 K 12.3768 verwiesen.

Gründe

Nach Anhörung der Parteien konnte das Gericht durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 84 Abs. 1 VwGO).

Haupt- und Hilfsanträge bleiben ohne Erfolg.

1. Im Hauptantrag sind die Klagen teilweise zulässig aber unbegründet.

Mit den Anträgen zu 1. und 2. begehrt die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids sowie des Widerspruchsbescheids. Es handelt sich somit um eine Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 2. Alternative VwGO. Der Antrag zu 3. richtet sich gegen den Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 und begehrt dessen Aufhebung. Insoweit handelt es sich um eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alternative VwGO.

a) Die Anfechtungsklage auf Aufhebung des Steuerbescheids ist bereits unzulässig. Hier steht die materielle Rechtskraft des rechtskräftigen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. November 2014 entgegen. Im Verfahren 4 BV 13.1239 ist über den identischen Streitgegenstand des Antrags zu 3. rechtskräftig entschieden worden. Die Berufung wurde in diesem Punkt im Tenor zurückgewiesen. Der Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig angesehen. Das Bayerische Verwaltungsgericht München ist im hiesigen Verfahren an diese Entscheidung gebunden und kann über diesen Antrag nicht mehr abweichend entscheiden, § 121 VwGO, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 705 ZPO.

b) Die Versagungsgegenklage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klage wurde fristgerecht erhoben. Für diese Klage besteht für die Klägerin auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar befasste sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 4 BV 13.1239 thematisch mit dem Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer. Zeitlich tat er dies jedoch nur für Jahre 2012 und 2013. Von der materiellen Rechtskraft erfasst ist nur die Entscheidung über den Streitgegenstand gemäß der Urteilsformel. Der Tenor erfasst nur die Befreiung für die Jahre 2012 und 2013. Ein Antrag wurde bezüglich der Jahre 2009 bis 2011 nicht gestellt, so dass die Zurückweisung der Berufung („im Übrigen“) diese Jahre auch nicht erfasst. Der Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 ist nicht von der materiellen Rechtskraft des Urteils vom 12. November 2014 erfasst.

Die Versagungsgegenklage ist aber unbegründet. Der Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG für die Jahre 2009 bis 2011. Für die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 bestand zu keiner Zeit ein gebundener Anspruch. Die Ermessensausübung der Beklagten ist im Übrigen fehlerfrei.

Gemäß der Rechtsauffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erfüllt die Klägerin grundsätzlich für alle im Bescheid vom 16. Juli 2012 erfassten Steuerjahre die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 KAG (hierzu BayVGH, U. v. 12.11.2014 - 4 BV 13.1239). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist und war es aber zu keinem Zeitpunkt ausreichend, alleine die materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG bedarf es grundsätzlich einer fristgerechten Antragstellung auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer. Ein gebundener Anspruch besteht nur dann, wenn bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, der Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer gestellt wird. Für das Kalenderjahr 2012 muss der Antrag also bis 31. Januar 2013 gestellt werden, für das Kalenderjahr 2013 bis zum 31. Januar 2014. Die zurückliegenden Steuerjahre werden zu keinem Zeitpunkt direkt von Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG erfasst. Hinsichtlich der Jahre 2009 bis 2011 unterfiel die Klägerin zu keinem Zeitpunkt unmittelbar dem Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG. Ein gebundener Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bestand daher nicht.

Die Beklagte hat von Anfang an für die Fälle der Steuerjahre 2009 bis 2011 lediglich eine fehlerfreie Ermessensentscheidung zu treffen. Dieses Ermessen ist durch die ständige Verwaltungspraxis der Beklagten gebunden. Die gängige Kulanzregelung sieht vor, bei erstmaliger rückwirkender Steuerfestsetzung auch die Befreiungsanträge für zurückliegende Steuerjahre mit stellen zu können, d. h. 2012 einmalig für 2006 und folgende. Die erste Antragstellung vom 16. März 2012 wurde jedoch nach Auffassung des Gerichts voll umfänglich durch den Ablehnungsbescheid verbeschieden und durch die Verpflichtungsklage der Klägerin nicht ausdrücklich erneut - zu diesem Zeitpunkt noch fristgerecht - gestellt. Die zweite Antragstellung unterfällt bereits nicht mehr der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten. Die dennoch erforderliche Ermessensentscheidung ist fehlerfrei.

a) Die erste Antragstellung vom 16. März 2012 auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 und folgende unterfällt noch unstreitig dieser Kulanzregelung und war fristgerecht im Sinne der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten. Das Ermessen der Beklagten wäre gebunden gewesen. Aufgrund materiell-rechtlicher Fehlauffassungen der Beklagten im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KAG wurde der Antrag der Klägerin jedoch zu diesem Zeitpunkt abgelehnt. Dieser Ablehnungsbescheid umfasste entsprechend dem zugrunde liegenden Antrag wiederum die Jahre 2009 und folgende. Das sich anschließende Gerichtsverfahren (M 10 K 12.3768 und 4 BV 13.1239) führte zur Klärung der materiell-rechtlichen Fragen letztlich teilweise, nämlich hinsichtlich des materiell-rechtlichen Anspruchs auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer zugunsten der Klägerin. Der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 wurde für rechtswidrig, der Steuerbescheid vom selben Datum hingegen für rechtmäßig befunden.

Die Klägerin stellte ihren Verpflichtungsantrag jedoch gerade nur für die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013. Die Jahre 2009 bis 2011 erfasste die Klägerin dabei - aus unerfindlichen Gründen - in ihrem Antrag nicht, so dass über diese Jahre vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nicht entschieden wurde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil den Ablehnungsbescheid in vollem Umfang aufgehoben. Der Wortlaut des Tenors ist eindeutig. Das Urteil des Gerichts äußert dahingehend keine Beschränkungen, die mit Formulierungen wie „soweit“ durchaus möglich gewesen wären. Zwar ist der Ablehnungsbescheid vom 16. Juli 2012 - genauso wie der Steuerbescheid - trennbar in mehrere Bescheide für die einzelnen Steuerjahre, denn er ist jeweils bezogen auf diese und in diesem Bezug auch sinnvoll und abgeschlossen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält sich jedoch an den Antrag und die äußere Form des Ablehnungsbescheides vom 16. Juli 2012 und hebt diesen in seiner Gänze, umfassend alle im Antrag der Klägerin genannten Steuerjahre, auf, so dass tatsächlich zu diesem Zeitpunkt keine Anträge mehr gestellt waren, denn sie waren verbeschieden. Damit stellte es sich nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auch so dar, dass die Beklagte nur umzusetzen hatte, wozu der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sie verpflichtet hatte. Im Übrigen hatte der Steuerbescheid Fortbestand und es waren keine Anträge auf Befreiung mehr im Raum.

b) Am 8. Dezember 2014 erfolgte sodann die zweite Antragstellung auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011. Mit der nochmaligen Antragstellung zeigt auch die Klägerin, dass sie nicht etwa davon ausging, dass die Befreiung für die Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 eine Selbstverständlichkeit und zwingende Folge des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist. Auch wenn sie in ihrem Schreiben vom 8. Dezember 2014 auf die erstmalige Antragstellung vom 16. März 2012 Bezug nimmt, formuliert sie die nochmalige Antragstellung und bezieht sich erstmals ausdrücklich auf die Kulanzregelung der Beklagten. Dieser unterfällt sie nach Überzeugung des Gerichts aber nicht mehr unmittelbar, da sie nicht zusammen mit den Anträgen für die Jahre 2012 und 2013 im ersten Verfahren gestellt wurde. Das Ermessen, das der Beklagten nun zustand, war bereits weiter zu fassen, als das Ermessen, das sie bei erstmaliger und im Sinne der Kulanzregelung fristgerechter Antragstellung auszuüben gehabt hätte.

Zur Überzeugung des Gerichts erfolgte diese zweite, weitere Ermessensausübung der Beklagten fehlerfrei. Die Abwägung, die die Beklagte zwischen materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit getroffen hat, ist nicht zu beanstanden. Die besonderen Umstände, die die Klägerin für sich beanspruchen möchte, liegen nicht vor. Dass sich die Rechtslage nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu ihren Gunsten verschoben hatte, mag für die Beurteilung der materiell-rechtlichen Fragen maßgebend sein. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die Klägerin von allen Anforderungen - wie hier von der grundsätzlich fristgerechten Antragstellung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG oder im Sinne der Kulanzregelung - zu befreien wäre. Die materielle Rechtslage lässt diese Anforderungen gerade inhaltlich unberührt, so dass die Klägerin diese grundsätzlich zu erfüllen hat. Ein materiell-rechtlich abänderndes Urteil befreit den Anspruchsteller nicht von der Wahrung etwaiger Verfahrensanforderungen.

Die Behörde muss nach einem für sie nachteiligen Urteilsspruch nicht alle zurückliegenden, aber nicht angefochtenen Bescheide überprüfen. Es ist praktisch nicht durchführbar und widerspricht auch der Idee des Prozesses, der die Rechtsfragen für beide Parteien und den jeweiligen Streitgegenstand abschließend klären soll.

Es sind auch keine sachlichen Gründe ersichtlich, warum die Klägerin nicht auch die Jahre 2009 bis 2011 in den Verpflichtungsantrag miteinbezogen hat, obwohl sie diese unproblematisch zum Antragsgegenstand hätte machen können. Offene materiell-rechtliche Fragen sind für die Jahre 2009 bis 2011 genauso bedeutsam wie für die Jahre 2012 und 2013. Damit schafft sie eine Situation, die als Teilklage zu werten ist. Das Institut der Teilklage ist auch der VwGO nicht unbekannt. Die Klägerin macht weniger geltend, als sie könnte. Inwiefern das von den Beteiligten erkannt wurde, unterscheidet zwar zwischen offener und verdeckter Teilklage, ist aber für die Konsequenz dieser prozesstaktischen Entscheidung der Klägerin irrelevant. Selbst bei offener Teilklage gesteht man der Klägerin keine schutzwürdige Position zu. Materiell-rechtlich ist es bei Teilklagen stets so, dass hinsichtlich des nicht eingeklagten Teils sämtliche Fristen, wie z. B. die Verjährung, weiterlaufen. Es ist das spezifische Risiko der Teilklage, sozusagen die Kehrseite der Medaille. Eine Besserstellung soll es materiell-rechtlich durch die Teilklage nicht geben. Der nicht eingeklagte „Rest“ der Ansprüche soll von der Erhebung der Teilklage gerade nicht profitieren. Damit kann für die nichteingeklagten Steuerjahre 2009 bis 2011 auch nicht die grundsätzlich hemmende Wirkung des laufenden Verfahrens sprechen. Der Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 ist rechtmäßig und hat nach wie vor Bestand. Er ist formell wie materiell rechtskräftig, da gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht binnen einen Monats ab Zustellung des Urteils Beschwerde gegen die Nichtzulassung zur Revision eingelegt wurde. Das Risiko der Teilklage hat sich verwirklicht und ist der Klägerin zur Last zu legen.

Dies unterstützt auch die Feststellung, dass die Klägerin in einem dritten Verfahren die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2006 bis 2008 geltend machen könnte. Dies würde zu einer künftigen Aufspaltung eines einheitlichen Sachverhalts führen, der der reinen Willkür der Klägerin entspränge.

Auch trifft die Klägerin grundsätzlich eine Meldepflicht nach den melderechtlichen Vorschriften. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Bayerisches Meldegesetz ist sie verpflichtet, sich binnen einer Woche bei der Meldebehörde anzumelden. Dass sie dies versäumt hat und sich erst nachträglich mit Zweitwohnsitz - entgegen der kurzen Frist des Meldegesetzes - bei der Meldebehörde anmeldete, ist ihr zuzurechnen und nicht der Beklagten. Nur deshalb kam es überhaupt zu einem rückwirkenden Steuerbescheid, der die Kulanzregelung der Beklagten erst anwendbar machte. Hätte sich die Klägerin entsprechend ihrer Pflichten fristgerecht angemeldet, wäre es zu dem vorliegenden „Turm“ von Steuerjahren, die rückwirkend veranschlagt wurden, nicht gekommen. Die bloße Notwendigkeit der Anwendung der Kulanzregelung fällt bereits in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Umso weniger ergeben sich für sie nun besondere Umstände, die die nochmalige Ausweitung der Kulanzregelung der Beklagten zu ihren Gunsten rechtfertigen würden. Besondere Umstände, die eine Ermessensentscheidung zulasten der Rechtssicherheit und zugunsten der Klägerin rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

2. Die Hilfsanträge, über die nach Ablehnung des Hauptantrags zu entscheiden war, haben keinen Erfolg.

Der Hilfsantrag auf Rücknahme des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2015 (a) ist zulässig, aber unbegründet, da der Ablehnungsbescheid rechtmäßig ist (siehe oben).

Der Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 (b) ist zulässig, aber unbegründet, da die Frist für die Antragstellung bereits verstrichen ist und dieses Risiko zulasten der Klägerin geht (siehe oben).

Der Hilfsantrag auf Aufhebung des Steuerbescheids ist mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, da über diesen Streitgegenstand im Verfahren des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (4 BV 13.1239) bereits entschieden wurde (siehe oben).

Der hilfsweise zu c) gestellte Hilfsantrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Neuentscheidung über die Rücknahme des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 ist unzulässig, da dieser bereits aufgehoben wurde (siehe Urteil des BayVGH vom 12.11.2014 - 4 BV 13.1239).

Aus diesen Gründen war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 1.230,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 17. März 2016 - M 10 K 15.4729 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 173


Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 130 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. (2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich er

Zivilprozessordnung - ZPO | § 705 Formelle Rechtskraft


Die Rechtskraft der Urteile tritt vor Ablauf der für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist nicht ein. Der Eintritt der Rechtskraft wird durch rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels oder des Einsp

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Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 17. März 2016 - M 10 K 15.4729 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Nov. 2014 - 4 BV 13.1239

bei uns veröffentlicht am 12.11.2014

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. März 2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für d

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Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. März 2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 Anspruch auf Befreiung von der Zweiwohnungsteuer hat.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann, einem emeritierten Staatsrechtslehrer, in Baden-Württemberg, wo sie mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Sie war Alleineigentümerin einer 33 qm großen Eigentumswohnung im Stadtgebiet der Beklagten, die sie 1982 geerbt und mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 2013 verkauft hat. Dementsprechend setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2014 und die Folgejahre mit Bescheid vom 23. Januar 2014 auf Null fest.

Nachdem die Beklagte die Klägerin mit am 20. Februar 2012 versandten Schreiben zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung aufgefordert hatte, beantragte die Klägerin am 20. März 2012, sie von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009 zu befreien. Die Summe ihrer positiven Einkünfte habe jeweils den Betrag von 25.000 Euro nicht überschritten. Die in Kopie beigefügten Einkommensteuerbescheide der Eheleute für die Jahre 2007 bis 2010 waren in Bezug auf die Einkünfte des mit der Klägerin zusammen veranlagten Ehemannes sowie die Summe der zusammen veranlagten positiven Einkünfte beider Ehegatten geschwärzt; die Summe der Einkünfte der Klägerin belief sich höchstens auf 4.201 Euro (2010). Der Bitte der Beklagten, die vollständigen Einkommensteuerbescheide nachzureichen, kam die Klägerin nicht nach, weil dies nach ihrer Auffassung im Gesetz keine Grundlage finde und den Datenschutz ihres Ehemanns verletze.

Die Beklagte zog die Klägerin mit Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 ab dem Jahr 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran; für das Kalenderjahr 2012 und die Folgejahre setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer auf jährlich 410 Euro fest. Gleichzeitig lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2009 und die folgenden Jahre ab.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt. Sie ist der Auffassung, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirkt, so dass es, sofern der Antrag gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht gestellt sei, keiner eigenen gewährenden Entscheidung oder Ermessensbetätigung der Verwaltung bedürfe. Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, ihr Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren.

Zwar lege Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG den Betrag der maßgeblichen Einkünfte bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf 33.000 Euro fest. Nach dem sprachlichen Zusammenhang beziehe sich diese Summe jedoch eindeutig auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen. Satz 3 ergänze die Regelung in Satz 2, indem die hier wie dort synonym genannte Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht werde. In beiden Varianten könnten also nur die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemeint sein. Schon der Gesetzestext stehe damit dem Verständnis der Beklagten entgegen, für die gesetzliche Freistellung des verheirateten Wohnungsbesitzers komme es nicht auf seine individuellen Einkünfte, sondern auf diejenigen auch des Ehegatten an, obwohl für diesen eine Steuerpflicht nicht bestehe.

Die Erhöhung der Einkommensgrenze beruhe nach den Gesetzesmaterialien auf der Erwägung, dass die zusätzliche finanzielle Belastung eines verheirateten Steuerpflichtigen eine angemessene Anhebung der Freigrenze (wenngleich nicht eine Verdoppelung auf 50.000 Euro) verlange, damit Verheiratete nicht benachteiligt würden. Auf eine solche Benachteiligung laufe die Handhabung des Gesetzes durch die Beklagte hinaus. Die Beklagte vollziehe einen gesetzeswidrigen Paradigmenwechsel, indem sie für den im Gesetz einheitlich gebrauchten Maßstab der Einkünfte des Steuerpflichtigen beim Ledigen auf diesen, beim Verheirateten dagegen auf das eheliche Gesamteinkommen abstelle. Hierdurch werde der Wohnungsinhaber, der für sich genommen von der Zweitwohnungsteuer freigestellt sei, überhaupt erst von der Steuer erfasst. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sondern sie verletze auch den grundrechtlichen Schutz der Ehe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2013 abgewiesen. Die Steuerfestsetzung sei rechtmäßig, über den Befreiungsantrag durch gesonderten Verwaltungsakt zu entscheiden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Befreiung von der Zweitwohnungsteuer, weil die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG nicht erfüllt seien. Sie habe für das Veranlagungsjahr 2012 nicht nachgewiesen, dass die Summe ihrer positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1, 2 und 5 a EStG jeweils im vorletzten Jahr vor Entstehen der Zweitwohnungsteuerpflicht die festgelegten Beträge nicht überschritten habe. Da der Gesetzgeber wegen der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte von einer Verdoppelung der Einkünftegrenze abgesehen habe, könne die Klägerin zwar die erhöhte Einkünftegrenze von 33.000 Euro in Anspruch nehmen. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann einkommensteuerrechtlich zusammen veranlagt werde. § 26 b EStG modifiziere den den Bereich der Einkünfteerzielung und -ermittlung betreffenden Grundsatz der Individualbesteuerung insoweit, als Einkünftezurechnung ohne Einkünfteerzielung angeordnet werde, soweit ein Ehegatte geringere Einkünfte als der andere beziehe. Dieser „Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit“ sei auch im Rahmen der Befreiungsregelung nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG zu berücksichtigen. Dafür spreche die Gesetzessystematik und die Gesetzesintention. Dass sich die Wahl der in aller Regel vorteilhaften einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung in anderen Rechtsgebieten wie dem Zweitwohnungsteuerrecht unter Umständen einschränkend auswirke, sei hinzunehmen.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, die Zurechnung der Hälfte der Summe der gemeinsamen positiven Einkünfte mit ihrem Ehemann verkenne Normgehalt, Zielsetzung und Systematik der gesetzlichen Regelung in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG. Vom Gesetz werde dabei allein auf den Steuerpflichtigen und dessen individuelle Einkommenssituation abgestellt. Von einer Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten oder Lebenspartners, aber auch eines Partners in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder eines „Sponsors“, sei in den Gesetzesmaterialien keine Rede. Bei der ergänzenden Regelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG habe der Gesetzgeber dem Umstand, dass bei Ehe- und Lebenspartnern deren gegenseitige Fürsorge- und Einstandspflicht zu einem erhöhten Bedarf führt, durch Erhöhung der Freigrenze auf 33.000 Euro Rechnung getragen, um eine Benachteiligung von Verheirateten und Lebenspartnern gegenüber Alleinstehenden auszuschließen. Das Verwaltungsgericht verkenne die gesetzliche Systematik und sehe in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG isoliert eine Regelung für Verheiratete. Tatsächlich habe diese Regelung keine selbstständige Bedeutung. Sie statuiere ausweislich der Entstehungsgeschichte nicht für sich genommen die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bei nicht getrennt lebenden Ehe- und Lebenspartnern, sondern knüpfe an die Freistellung des Steuerpflichtigen im vorausgehenden Satz 2 an und erhöhe den dort bestimmten Betrag auf 33.000 Euro, ohne die sonstigen tatbestandlichen Maßgaben zu verändern. Wenn der Steuerpflichtige schon die Einkünftegrenze des Satzes 2 nicht überschreite, sei für die Anwendung der ergänzenden Norm des Satzes 3 kein Raum.

Im Widerspruch zum klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung führe das Verwaltungsgericht ergänzend das Merkmal der gemeinsamen Veranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer ein und deute die gesetzliche Verweisung auf das Einkommensteuerrecht zur Bestimmung der Summe der Einkünfte in eine solche zu deren Besteuerung um. § 26 b EStG sei nur für die Festsetzung der gemeinsamen Einkommensteuer Zurechnungsnorm, lasse aber die Stellung des einzelnen Steuerpflichtigen als Steuersubjekt unberührt. Während Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG an die erste Stufe der Erzielung von Einkünften anknüpfe, hebe das Verwaltungsgericht auf die zweite Stufe ihrer Besteuerung ab. Die Einkommensteuerpflicht spiele aber für die gesetzliche Befreiung von der Zweitwohnungsteuer keine Rolle. Wäre dieser Gesichtspunkt für den Gesetzgeber erheblich gewesen, so hätte es angesichts des gesetzlichen Kriteriums „nicht dauernd getrennt lebend“ mit Blick auf § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG durchaus nahe gelegen, den Willen, auf eine einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung abzustellen, auch zum Ausdruck zu bringen. Der Umstand, dass eine gemeinsame Veranlagung von Partnern eingetragener Lebenspartnerschaften zur Zeit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes nicht in Betracht gekommen sei, zeige den Systembruch in der Ableitung des Verwaltungsgerichts. Ob „die Einkünfte des Steuerpflichtigen“ für Ehe- und Lebenspartner übereinstimmend oder je nach Lebensform differenziert zu ermitteln seien, könne nur vom Gesetzgeber entschieden werden. Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG ziele ausschließlich auf die Begünstigung eines verheirateten (oder in eingetragener Partnerschaft lebenden) Steuerpflichtigen ab und könne deshalb auch bei teleologischer Auslegung nicht entgegen dem gesetzlichen Wortlaut in eine gänzlich außerhalb des Normprogramms liegende Zweitwohnungsbesteuerung nach Maßgabe des Ehegatteneinkommens umgemünzt werden. Der Gesetzgeber habe sich für das klar definierte Kriterium der Summe der einkommensteuerrechtlich relevanten Einkünfte des Steuerpflichtigen entschieden und nicht auf die zu unbestimmten, primär sozial- oder unterhaltsrechtlich relevanten Parameter des Bedarfs oder der Bedürftigkeit.

Mit der unrichtigen Anknüpfung an die einkommensteuerrechtliche Steuerfestsetzung verkenne das Verwaltungsgericht auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie. Ebenso missachte es die Eigenständigkeit der Ehegatten in ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Ob die Klägerin ihre Wohnung weiterhin selbst innehaben könne, hänge nach den Vorstellungen des Verwaltungsgerichts nicht von ihrer eigenen Entscheidung, sondern der Bereitschaft des Ehemannes ab, die Steuerlast zu übernehmen. Tatsächlich habe die Klägerin aber die öffentlichen Abgaben und sonstigen Lasten für ihre Wohnung stets selbst aus ihren eigenen Einkünften als Klavierpädagogin bestritten, die freilich zu keiner Zeit den Betrag von 25.000 Euro erreicht hätten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. März 2013 den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für die Jahre 2012 und 2013 eine Steuer festsetzt.

hilfsweise:

die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil treffe im Ergebnis zu. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es bei der Berechnung der Summe der positiven Einkünfte auf das gesamte Einkommen beider Ehegatten in Bezug auf die Einkommensgrenze von 33.000 Euro unabhängig von einer einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung an. Zielgruppe der damaligen Gesetzesänderung seien Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit gewesen. Die Erhöhung der Einkünftegrenze von 25.000 Euro für Ledige orientiere sich am einkommensteuerfreien Existenzminimum. Zusammenlebende Ehegatten bzw. Lebenspartner bildeten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhabe. Da eine Verdoppelung der Einkünftegrenze bei Ehegatten und Lebenspartnern im Hinblick auf Synergieeffekte gerade nicht beabsichtigt gewesen sei, könne nach Sinn und Zweck der Regelung die Einkünftegrenze von 33.000 Euro auch nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten. Der Gedanke an eine Verdoppelung knüpfe eindeutig an die Vorstellung an, dass das Einkommen beider Ehegatten ausschlaggebend sein solle. Würde die Grenze von 33.000 Euro für jeden Ehegatten gelten, würden Verheiratete oder Lebenspartner ohne sachlichen Grund besser gestellt. Die „Rentnerklausel“ des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 KAG sei eingeführt worden, um zu vermeiden, dass Rentnerehepaare mit Einkünften bis zu 66.000 Euro zweitwohnungsteuerbefreit werden könnten. Die Einkommensgrenze von 33.000 Euro könne nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten, sondern müsse sich auf das Gesamteinkommen beziehen. So werde auch vermieden, dass die „Millionärsgattin“ ohne eigenes Einkommen von der Zweitwohnungsteuer befreit werde.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist im Wesentlichen begründet.

1. Zurückzuweisen war die Berufung, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag den Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 angegriffen hat.

Die von der Beklagten aufgrund ihrer Zweitwohnungsteuersatzung vom 22. Dezember 2006 (Amtsblatt der Landeshauptstadt München 2007, S. 1 - ZwStS) erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, die die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen soll. Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (st. Rspr., vgl. BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - Rn. 48 m. w. N.). Das schließt es indes nicht aus, eine im Einzelfall fehlende Leistungsfähigkeit etwa im Wege eines Erlasses aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO) oder einer Stundung zu berücksichtigen (BVerwG, U. v. 17.9.2008 - 9 C 14.07 - BayVBl 2009, 699 Rn. 17).

Der Typus der Abgabe und damit ihr Charakter als Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, B. v. 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1/17) ist durch die mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl 2008, S. 460) in Art. 3 Abs. 3 KAG eingefügten Sätze 2 bis 8 unberührt geblieben. Wenn danach eine Zweitwohnungsteuer nicht erhoben wird, wenn der Steuerpflichtige ein bestimmtes Einkommen nicht überschreitet, ist der Sache nach ein Befreiungstatbestand eingeführt worden (Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Art. 3 Rn. 27ff). Denn nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG setzt das Entfallen der grundsätzlich bestehenden Steuerpflicht einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Im Hinblick darauf, dass einerseits die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 2 ZwStS der Landeshauptstadt für ein Kalenderjahr am 1. Januar entsteht (tritt die Zweitwohnungseigenschaft erst später ein, so entsteht die Steuerpflicht mit dem ersten Tag des auf diesen Zeitpunkt folgenden Monats), andererseits der Antrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Klägerin (Klageschriftsatz vom 15.8.2012 S. 4) keine Rede davon sein, dass die gesetzliche Regelung unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirke. Vielmehr bedarf es in Bezug auf den Befreiungstatbestand einer gesonderten Entscheidung der Verwaltung. Die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (vgl. Art. 3 Abs. 3 Satz 6 KAG) eine Steuerbefreiung eintritt, ist eine Entscheidung über eine gesetzlich vorgesehene Billigkeitsmaßnahme. Sie ist Gegenstand eines besonderen Verwaltungsakts, der mit der Steuerfestsetzung äußerlich verbunden werden kann, aber nicht verbunden werden muss (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) aa) KAG i. V. m. § 163 Satz 3 AO). Es handelt sich mithin um zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rn. 21 m. w. N.). In Bezug auf den Steuertatbestand zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel, dass sie grundsätzlich zweitwohnungsteuerpflichtig ist (S. 2 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 8. Juli 2013).

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Steuerjahre 2012 und 2013. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG wird eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung nicht erhoben, wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 25.000 Euro nicht überschritten hat. Bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern beträgt die Summe der positiven Einkünfte 33.000 Euro.

Ob bei nicht getrennt lebenden Ehegatten die Summe der positiven Einkünfte beider Eheleute entscheidend sein oder ob bei jedem Ehegatten die Befreiungsgrenze 33.000 Euro betragen soll, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung eindeutig entnehmen (Zieglmeier, KommP BY 2008, 362/365). Nach dem Regelungszusammenhang bezieht sich die genannte Summe, wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat, auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen, denn Satz 3 ergänzt lediglich die Regelung in Satz 2, indem die Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht wird. Die Beklagte meint demgegenüber im Anschluss an Zieglmeier (a. a. O.), eine systematische Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 KAG ergebe, dass es anders als bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht auf das jeweilige Einkommen des Zweitwohnungsinhabers ankomme, sondern auf das Gesamteinkommen beider (ebenso GK Bay 2008/230). In den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 15/10637 S. 4) heißt es dazu:

„Um eine Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen und Lebenspartnern zu vermeiden, wird die Einkünftegrenze angemessen erhöht. Die Erhöhung orientiert sich am steuerlichen Existenzminimum. Aufgrund der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte erscheint eine Verdoppelung der Einkünftegrenze zur Vermeidung einer Benachteiligung nicht erforderlich.“

b) Eine Auslegung dahingehend, dass im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG das Einkommen beider nicht getrennt lebender Ehegatten zusammenzurechnen sei, scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen aus.

Für das Einkommensteuerrecht ist allgemein anerkannt, dass eine Kumulierung der Ehegatteneinkünfte (sog. Haushaltsbesteuerung) gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot verstoßen und den - das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisierenden - Grundsatz der Individualbesteuerung verletzen würde (vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 3 Rn. 163 m. w. N.). Da der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für die Zweitwohnungsteuer gilt (BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084/1086), kommt eine Haushaltsbesteuerung auch im Zweitwohnungsteuerrecht nicht in Betracht. Dem Normgeber der Zweitwohnungsteuer bleibt es zwar auch mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz unbenommen, Ermäßigungs- und Befreiungstatbestände zu schaffen. Er muss diese aber ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestalten (BVerfG, B. v. 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325/357; BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023). In diesem Zusammenhang enthält Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot). Insbesondere untersagt Art. 6 Abs. 1 GG eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlicher Rechtsfolgen genommen werden; insbesondere darf der Gesetzgeber Verheiratete steuerlich anders behandeln als Ledige. Jedoch müssen sich für eine Differenzierung zulasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses oder aus den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für eine bestimmte Steuerart einleuchtende Sachgründe ergeben. Die Berücksichtigung der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten darf gerade bei der konkreten Maßnahme die Ehe nicht diskriminieren (vgl. zum Ganzen BVerfG, B. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00, 2627/03 - BVerfGE 114, 316/333 m. w. N.).

Vor diesem Hintergrund läge in einer Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass das Einkommen beider Ehegatten zusammenzurechnen sei, eine Diskriminierung der Ehe gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Bei einem einkommenslosen (oder einkommensschwachen) Ehegatten als Inhaber der Zweitwohnung dürfte sich, um den Anspruch auf Steuerbefreiung zu wahren, die Summe der positiven Einkünfte des (besser) verdienenden Ehegatten nur auf (maximal) 33.000 Euro belaufen, während für einen in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Zweitwohnungsinhaber die Einkünfte des Partners völlig ohne Belang wären. Diese Diskriminierung träte auch dann noch zu Tage, wenn beide Ehegatten das gleiche Einkommen hätten, da ein Befreiungsanspruch dann nur gegeben wäre, wenn die Summe der positiven Einkünfte des zweitwohnungsteuerpflichtigen Ehegatten 16.500 Euro nicht überstiege, während für den in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden wie für jeden anderen Ledigen die Befreiungsgrenze von 25.000 Euro gelten würde.

Bei den dargestellten Fällen handelt es sich auch nicht um hinzunehmende punktuelle Benachteiligungen, während die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet keine Schlechterstellung von Ehegatten bewirken würde (so aber Zieglmeier, a. a. O. S. 365). Dass zusammenlebende Ehegatten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhat, ist zwar gesetzgeberische Begründung des Ehegattensplittings (vgl. BVerfG, U. v. 3.11.1982 - 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80 - BVerfGE 61, 319/346) im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen ehegerechten Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts, kann aber nicht im Zweitwohnungsteuerrecht zur Rechtfertigung der beschriebenen Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Ledigen herangezogen werden (vgl. BFH, B. v. 17.12.2003 - XI R 63/00 - BFH/NV 2004, 940 juris Rn. 32 f.). Denn die Möglichkeit von Einsparungen in der Lebenshaltung - nunmehr „Synergieeffekte“ genannt - wird weder im gesamten übrigen Einkommensteuerrecht als Faktor der Leistungsfähigkeit berücksichtigt (BVerfG, B. v. 17.1.1957 - 1 BvL 4/54 - BVerfGE 6, 55/77), noch bietet das Zweitwohnungsteuerrecht hierfür Veranlassung. Vielmehr handelt es sich in beiden Rechtsgebieten um ein systemfremdes Kriterium. Dementsprechend ist auch der rechtliche Ansatzpunkt des Verwaltungsgerichts, das auf die (mögliche oder tatsächliche) Zusammenveranlagung nach § 26 EStG abstellt, nicht tragfähig. Mit der Sonderregelung des § 3 Abs. 3 Satz 3 KAG kann demnach nicht das Gesamteinkommen beider Ehegatten bzw. Lebenspartner gemeint sein, sondern die Vorschrift bleibt auf die Summe der positiven Einkünfte des einzelnen steuerpflichtigen Ehegatten bezogen.

c) Auch bei dieser Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine mögliche Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen ausgleichen und nicht etwa zu einer Besserstellung führen soll (LT-Drs. 15/10637 S. 4). Eine Anhebung der Einkommensgrenze von 25.000 Euro auf 33.000 Euro in allen Fällen von Doppelverdienerehen nur aufgrund des Ehestatus dürfte auch verfassungsrechtlich bedenklich sein. Denn Art. 3 Abs. 1 GG steht einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss entgegen, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt und einem anderen vorenthalten wird, ohne dass sich ausreichende Gründe für diese Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfG, B. v. 22.9.2009 - 2 BvL 3/02 - BVerfGE 124, 251/265 m. w. N.). Wäre Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG so zu verstehen, dass Eheleute, die beide eine Zweitwohnung innehaben, bis zu einer Summe der positiven Einkünfte von jeweils 33.000 Euro von der Steuer zu befreien wären, während den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft der Befreiungsanspruch nur bei Einkünften von jeweils höchstens 25.000 Euro zustünde, so ließe sich eine solch gravierende Ungleichbehandlung wohl auch mit dem allgemeinen Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr rechtfertigen.

Mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar ist aber eine dem Willen des Normgebers entsprechende und zugleich verfassungskonforme Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass die mit dieser Bestimmung bewirkte Erhöhung der allgemeinen Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG (25.000 Euro) dann ausscheidet, wenn der nicht zweitwohnungsteuerpflichtige Ehegatte bzw. Lebenspartner über eigene Einkünfte verfügt, die den Erhöhungsbetrag von 8.000 Euro übersteigen. Die Anhebung der Befreiungsgrenze für geringverdienende Zweitwohnungsinhaber orientiert sich erklärtermaßen (LT-Drs. 15/10637 S. 4) an der (seinerzeitigen) Höhe des steuerlichen Existenzminimums (vgl. § 32a EStG). Sie beruht auf dem Gedanken, dass gegenüber einem einkommenslosen Ehegatten jedenfalls in Höhe von 8.000 Euro ein Unterhaltsanspruch besteht und regelmäßig auch erfüllt wird, so dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechend gemindert ist. Darin liegt ein hinreichender sachlicher Grund für die entsprechende Erhöhung der zweitwohnungsteuerrechtlichen Befreiungsgrenze. Die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG lässt sich danach allerdings nicht auf die Fälle beschränken, bei denen der steuerpflichtige Zweitwohnunginhaber Alleinverdiener ist, der andere Ehegatte bzw. Lebenspartner also nicht einmal über geringfügige Einkünfte verfügt. Einen solchen - unter heutigen Verhältnissen - atypischen Fall darf eine gesetzliche Typisierung nicht als Leitbild wählen (BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023 m. w. N.). Liegen die Einkünfte des anderen Ehe- bzw. Lebenspartners zwar nicht bei Null, jedoch unterhalb des pauschalierten Existenzminimums von 8.000 Euro, so ist auch er auf einen entsprechenden (Aufstockungs-) Unterhalt angewiesen. Um diesen individuell zu ermittelnden Betrag ist daher in solchen Fällen die allgemeine Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG anzuheben. Mit dieser mittelbaren Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten bzw. Lebenspartners wird nicht etwa das oben verworfene Modell einer Haushaltsbesteuerung wieder aufgegriffen, sondern wiederum nur einer verminderten Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Zweitwohnungsteuerpflichtigen Rechnung getragen. Dieser muss freilich, um eine über den Basisbetrag von 25.000 Euro hinausgehende Einkünftegrenze in Anspruch nehmen zu können, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch das Einkommen seines Partners offenlegen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar keine Angaben zu den Einkünften ihres Ehemannes gemacht, so dass sie sich auf den erhöhten Befreiungsbetrag von 33.000 Euro nach Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG nicht berufen könnte. Ihre eigenen jährlichen Einkünfte überstiegen jedoch unstreitig nicht den Betrag von 25.000 Euro, so dass sie bereits nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu befreien war.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Da der Haupt- und der Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen - die geltend gemachten Ansprüche schließen einander aus - und der Hilfsantrag nach seinem Wert dem Hauptantrag gleichkommt (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG), trägt die Beklagte die gesamten Kosten des Verfahrens (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 155 Rn. 13-16). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. März 2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 Anspruch auf Befreiung von der Zweiwohnungsteuer hat.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann, einem emeritierten Staatsrechtslehrer, in Baden-Württemberg, wo sie mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Sie war Alleineigentümerin einer 33 qm großen Eigentumswohnung im Stadtgebiet der Beklagten, die sie 1982 geerbt und mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 2013 verkauft hat. Dementsprechend setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2014 und die Folgejahre mit Bescheid vom 23. Januar 2014 auf Null fest.

Nachdem die Beklagte die Klägerin mit am 20. Februar 2012 versandten Schreiben zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung aufgefordert hatte, beantragte die Klägerin am 20. März 2012, sie von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009 zu befreien. Die Summe ihrer positiven Einkünfte habe jeweils den Betrag von 25.000 Euro nicht überschritten. Die in Kopie beigefügten Einkommensteuerbescheide der Eheleute für die Jahre 2007 bis 2010 waren in Bezug auf die Einkünfte des mit der Klägerin zusammen veranlagten Ehemannes sowie die Summe der zusammen veranlagten positiven Einkünfte beider Ehegatten geschwärzt; die Summe der Einkünfte der Klägerin belief sich höchstens auf 4.201 Euro (2010). Der Bitte der Beklagten, die vollständigen Einkommensteuerbescheide nachzureichen, kam die Klägerin nicht nach, weil dies nach ihrer Auffassung im Gesetz keine Grundlage finde und den Datenschutz ihres Ehemanns verletze.

Die Beklagte zog die Klägerin mit Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 ab dem Jahr 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran; für das Kalenderjahr 2012 und die Folgejahre setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer auf jährlich 410 Euro fest. Gleichzeitig lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2009 und die folgenden Jahre ab.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt. Sie ist der Auffassung, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirkt, so dass es, sofern der Antrag gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht gestellt sei, keiner eigenen gewährenden Entscheidung oder Ermessensbetätigung der Verwaltung bedürfe. Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, ihr Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren.

Zwar lege Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG den Betrag der maßgeblichen Einkünfte bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf 33.000 Euro fest. Nach dem sprachlichen Zusammenhang beziehe sich diese Summe jedoch eindeutig auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen. Satz 3 ergänze die Regelung in Satz 2, indem die hier wie dort synonym genannte Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht werde. In beiden Varianten könnten also nur die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemeint sein. Schon der Gesetzestext stehe damit dem Verständnis der Beklagten entgegen, für die gesetzliche Freistellung des verheirateten Wohnungsbesitzers komme es nicht auf seine individuellen Einkünfte, sondern auf diejenigen auch des Ehegatten an, obwohl für diesen eine Steuerpflicht nicht bestehe.

Die Erhöhung der Einkommensgrenze beruhe nach den Gesetzesmaterialien auf der Erwägung, dass die zusätzliche finanzielle Belastung eines verheirateten Steuerpflichtigen eine angemessene Anhebung der Freigrenze (wenngleich nicht eine Verdoppelung auf 50.000 Euro) verlange, damit Verheiratete nicht benachteiligt würden. Auf eine solche Benachteiligung laufe die Handhabung des Gesetzes durch die Beklagte hinaus. Die Beklagte vollziehe einen gesetzeswidrigen Paradigmenwechsel, indem sie für den im Gesetz einheitlich gebrauchten Maßstab der Einkünfte des Steuerpflichtigen beim Ledigen auf diesen, beim Verheirateten dagegen auf das eheliche Gesamteinkommen abstelle. Hierdurch werde der Wohnungsinhaber, der für sich genommen von der Zweitwohnungsteuer freigestellt sei, überhaupt erst von der Steuer erfasst. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sondern sie verletze auch den grundrechtlichen Schutz der Ehe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2013 abgewiesen. Die Steuerfestsetzung sei rechtmäßig, über den Befreiungsantrag durch gesonderten Verwaltungsakt zu entscheiden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Befreiung von der Zweitwohnungsteuer, weil die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG nicht erfüllt seien. Sie habe für das Veranlagungsjahr 2012 nicht nachgewiesen, dass die Summe ihrer positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1, 2 und 5 a EStG jeweils im vorletzten Jahr vor Entstehen der Zweitwohnungsteuerpflicht die festgelegten Beträge nicht überschritten habe. Da der Gesetzgeber wegen der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte von einer Verdoppelung der Einkünftegrenze abgesehen habe, könne die Klägerin zwar die erhöhte Einkünftegrenze von 33.000 Euro in Anspruch nehmen. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann einkommensteuerrechtlich zusammen veranlagt werde. § 26 b EStG modifiziere den den Bereich der Einkünfteerzielung und -ermittlung betreffenden Grundsatz der Individualbesteuerung insoweit, als Einkünftezurechnung ohne Einkünfteerzielung angeordnet werde, soweit ein Ehegatte geringere Einkünfte als der andere beziehe. Dieser „Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit“ sei auch im Rahmen der Befreiungsregelung nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG zu berücksichtigen. Dafür spreche die Gesetzessystematik und die Gesetzesintention. Dass sich die Wahl der in aller Regel vorteilhaften einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung in anderen Rechtsgebieten wie dem Zweitwohnungsteuerrecht unter Umständen einschränkend auswirke, sei hinzunehmen.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, die Zurechnung der Hälfte der Summe der gemeinsamen positiven Einkünfte mit ihrem Ehemann verkenne Normgehalt, Zielsetzung und Systematik der gesetzlichen Regelung in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG. Vom Gesetz werde dabei allein auf den Steuerpflichtigen und dessen individuelle Einkommenssituation abgestellt. Von einer Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten oder Lebenspartners, aber auch eines Partners in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder eines „Sponsors“, sei in den Gesetzesmaterialien keine Rede. Bei der ergänzenden Regelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG habe der Gesetzgeber dem Umstand, dass bei Ehe- und Lebenspartnern deren gegenseitige Fürsorge- und Einstandspflicht zu einem erhöhten Bedarf führt, durch Erhöhung der Freigrenze auf 33.000 Euro Rechnung getragen, um eine Benachteiligung von Verheirateten und Lebenspartnern gegenüber Alleinstehenden auszuschließen. Das Verwaltungsgericht verkenne die gesetzliche Systematik und sehe in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG isoliert eine Regelung für Verheiratete. Tatsächlich habe diese Regelung keine selbstständige Bedeutung. Sie statuiere ausweislich der Entstehungsgeschichte nicht für sich genommen die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bei nicht getrennt lebenden Ehe- und Lebenspartnern, sondern knüpfe an die Freistellung des Steuerpflichtigen im vorausgehenden Satz 2 an und erhöhe den dort bestimmten Betrag auf 33.000 Euro, ohne die sonstigen tatbestandlichen Maßgaben zu verändern. Wenn der Steuerpflichtige schon die Einkünftegrenze des Satzes 2 nicht überschreite, sei für die Anwendung der ergänzenden Norm des Satzes 3 kein Raum.

Im Widerspruch zum klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung führe das Verwaltungsgericht ergänzend das Merkmal der gemeinsamen Veranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer ein und deute die gesetzliche Verweisung auf das Einkommensteuerrecht zur Bestimmung der Summe der Einkünfte in eine solche zu deren Besteuerung um. § 26 b EStG sei nur für die Festsetzung der gemeinsamen Einkommensteuer Zurechnungsnorm, lasse aber die Stellung des einzelnen Steuerpflichtigen als Steuersubjekt unberührt. Während Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG an die erste Stufe der Erzielung von Einkünften anknüpfe, hebe das Verwaltungsgericht auf die zweite Stufe ihrer Besteuerung ab. Die Einkommensteuerpflicht spiele aber für die gesetzliche Befreiung von der Zweitwohnungsteuer keine Rolle. Wäre dieser Gesichtspunkt für den Gesetzgeber erheblich gewesen, so hätte es angesichts des gesetzlichen Kriteriums „nicht dauernd getrennt lebend“ mit Blick auf § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG durchaus nahe gelegen, den Willen, auf eine einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung abzustellen, auch zum Ausdruck zu bringen. Der Umstand, dass eine gemeinsame Veranlagung von Partnern eingetragener Lebenspartnerschaften zur Zeit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes nicht in Betracht gekommen sei, zeige den Systembruch in der Ableitung des Verwaltungsgerichts. Ob „die Einkünfte des Steuerpflichtigen“ für Ehe- und Lebenspartner übereinstimmend oder je nach Lebensform differenziert zu ermitteln seien, könne nur vom Gesetzgeber entschieden werden. Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG ziele ausschließlich auf die Begünstigung eines verheirateten (oder in eingetragener Partnerschaft lebenden) Steuerpflichtigen ab und könne deshalb auch bei teleologischer Auslegung nicht entgegen dem gesetzlichen Wortlaut in eine gänzlich außerhalb des Normprogramms liegende Zweitwohnungsbesteuerung nach Maßgabe des Ehegatteneinkommens umgemünzt werden. Der Gesetzgeber habe sich für das klar definierte Kriterium der Summe der einkommensteuerrechtlich relevanten Einkünfte des Steuerpflichtigen entschieden und nicht auf die zu unbestimmten, primär sozial- oder unterhaltsrechtlich relevanten Parameter des Bedarfs oder der Bedürftigkeit.

Mit der unrichtigen Anknüpfung an die einkommensteuerrechtliche Steuerfestsetzung verkenne das Verwaltungsgericht auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie. Ebenso missachte es die Eigenständigkeit der Ehegatten in ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Ob die Klägerin ihre Wohnung weiterhin selbst innehaben könne, hänge nach den Vorstellungen des Verwaltungsgerichts nicht von ihrer eigenen Entscheidung, sondern der Bereitschaft des Ehemannes ab, die Steuerlast zu übernehmen. Tatsächlich habe die Klägerin aber die öffentlichen Abgaben und sonstigen Lasten für ihre Wohnung stets selbst aus ihren eigenen Einkünften als Klavierpädagogin bestritten, die freilich zu keiner Zeit den Betrag von 25.000 Euro erreicht hätten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. März 2013 den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für die Jahre 2012 und 2013 eine Steuer festsetzt.

hilfsweise:

die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil treffe im Ergebnis zu. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es bei der Berechnung der Summe der positiven Einkünfte auf das gesamte Einkommen beider Ehegatten in Bezug auf die Einkommensgrenze von 33.000 Euro unabhängig von einer einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung an. Zielgruppe der damaligen Gesetzesänderung seien Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit gewesen. Die Erhöhung der Einkünftegrenze von 25.000 Euro für Ledige orientiere sich am einkommensteuerfreien Existenzminimum. Zusammenlebende Ehegatten bzw. Lebenspartner bildeten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhabe. Da eine Verdoppelung der Einkünftegrenze bei Ehegatten und Lebenspartnern im Hinblick auf Synergieeffekte gerade nicht beabsichtigt gewesen sei, könne nach Sinn und Zweck der Regelung die Einkünftegrenze von 33.000 Euro auch nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten. Der Gedanke an eine Verdoppelung knüpfe eindeutig an die Vorstellung an, dass das Einkommen beider Ehegatten ausschlaggebend sein solle. Würde die Grenze von 33.000 Euro für jeden Ehegatten gelten, würden Verheiratete oder Lebenspartner ohne sachlichen Grund besser gestellt. Die „Rentnerklausel“ des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 KAG sei eingeführt worden, um zu vermeiden, dass Rentnerehepaare mit Einkünften bis zu 66.000 Euro zweitwohnungsteuerbefreit werden könnten. Die Einkommensgrenze von 33.000 Euro könne nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten, sondern müsse sich auf das Gesamteinkommen beziehen. So werde auch vermieden, dass die „Millionärsgattin“ ohne eigenes Einkommen von der Zweitwohnungsteuer befreit werde.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist im Wesentlichen begründet.

1. Zurückzuweisen war die Berufung, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag den Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 angegriffen hat.

Die von der Beklagten aufgrund ihrer Zweitwohnungsteuersatzung vom 22. Dezember 2006 (Amtsblatt der Landeshauptstadt München 2007, S. 1 - ZwStS) erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, die die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen soll. Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (st. Rspr., vgl. BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - Rn. 48 m. w. N.). Das schließt es indes nicht aus, eine im Einzelfall fehlende Leistungsfähigkeit etwa im Wege eines Erlasses aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO) oder einer Stundung zu berücksichtigen (BVerwG, U. v. 17.9.2008 - 9 C 14.07 - BayVBl 2009, 699 Rn. 17).

Der Typus der Abgabe und damit ihr Charakter als Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, B. v. 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1/17) ist durch die mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl 2008, S. 460) in Art. 3 Abs. 3 KAG eingefügten Sätze 2 bis 8 unberührt geblieben. Wenn danach eine Zweitwohnungsteuer nicht erhoben wird, wenn der Steuerpflichtige ein bestimmtes Einkommen nicht überschreitet, ist der Sache nach ein Befreiungstatbestand eingeführt worden (Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Art. 3 Rn. 27ff). Denn nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG setzt das Entfallen der grundsätzlich bestehenden Steuerpflicht einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Im Hinblick darauf, dass einerseits die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 2 ZwStS der Landeshauptstadt für ein Kalenderjahr am 1. Januar entsteht (tritt die Zweitwohnungseigenschaft erst später ein, so entsteht die Steuerpflicht mit dem ersten Tag des auf diesen Zeitpunkt folgenden Monats), andererseits der Antrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Klägerin (Klageschriftsatz vom 15.8.2012 S. 4) keine Rede davon sein, dass die gesetzliche Regelung unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirke. Vielmehr bedarf es in Bezug auf den Befreiungstatbestand einer gesonderten Entscheidung der Verwaltung. Die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (vgl. Art. 3 Abs. 3 Satz 6 KAG) eine Steuerbefreiung eintritt, ist eine Entscheidung über eine gesetzlich vorgesehene Billigkeitsmaßnahme. Sie ist Gegenstand eines besonderen Verwaltungsakts, der mit der Steuerfestsetzung äußerlich verbunden werden kann, aber nicht verbunden werden muss (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) aa) KAG i. V. m. § 163 Satz 3 AO). Es handelt sich mithin um zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rn. 21 m. w. N.). In Bezug auf den Steuertatbestand zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel, dass sie grundsätzlich zweitwohnungsteuerpflichtig ist (S. 2 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 8. Juli 2013).

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Steuerjahre 2012 und 2013. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG wird eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung nicht erhoben, wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 25.000 Euro nicht überschritten hat. Bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern beträgt die Summe der positiven Einkünfte 33.000 Euro.

Ob bei nicht getrennt lebenden Ehegatten die Summe der positiven Einkünfte beider Eheleute entscheidend sein oder ob bei jedem Ehegatten die Befreiungsgrenze 33.000 Euro betragen soll, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung eindeutig entnehmen (Zieglmeier, KommP BY 2008, 362/365). Nach dem Regelungszusammenhang bezieht sich die genannte Summe, wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat, auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen, denn Satz 3 ergänzt lediglich die Regelung in Satz 2, indem die Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht wird. Die Beklagte meint demgegenüber im Anschluss an Zieglmeier (a. a. O.), eine systematische Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 KAG ergebe, dass es anders als bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht auf das jeweilige Einkommen des Zweitwohnungsinhabers ankomme, sondern auf das Gesamteinkommen beider (ebenso GK Bay 2008/230). In den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 15/10637 S. 4) heißt es dazu:

„Um eine Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen und Lebenspartnern zu vermeiden, wird die Einkünftegrenze angemessen erhöht. Die Erhöhung orientiert sich am steuerlichen Existenzminimum. Aufgrund der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte erscheint eine Verdoppelung der Einkünftegrenze zur Vermeidung einer Benachteiligung nicht erforderlich.“

b) Eine Auslegung dahingehend, dass im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG das Einkommen beider nicht getrennt lebender Ehegatten zusammenzurechnen sei, scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen aus.

Für das Einkommensteuerrecht ist allgemein anerkannt, dass eine Kumulierung der Ehegatteneinkünfte (sog. Haushaltsbesteuerung) gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot verstoßen und den - das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisierenden - Grundsatz der Individualbesteuerung verletzen würde (vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 3 Rn. 163 m. w. N.). Da der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für die Zweitwohnungsteuer gilt (BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084/1086), kommt eine Haushaltsbesteuerung auch im Zweitwohnungsteuerrecht nicht in Betracht. Dem Normgeber der Zweitwohnungsteuer bleibt es zwar auch mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz unbenommen, Ermäßigungs- und Befreiungstatbestände zu schaffen. Er muss diese aber ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestalten (BVerfG, B. v. 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325/357; BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023). In diesem Zusammenhang enthält Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot). Insbesondere untersagt Art. 6 Abs. 1 GG eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlicher Rechtsfolgen genommen werden; insbesondere darf der Gesetzgeber Verheiratete steuerlich anders behandeln als Ledige. Jedoch müssen sich für eine Differenzierung zulasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses oder aus den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für eine bestimmte Steuerart einleuchtende Sachgründe ergeben. Die Berücksichtigung der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten darf gerade bei der konkreten Maßnahme die Ehe nicht diskriminieren (vgl. zum Ganzen BVerfG, B. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00, 2627/03 - BVerfGE 114, 316/333 m. w. N.).

Vor diesem Hintergrund läge in einer Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass das Einkommen beider Ehegatten zusammenzurechnen sei, eine Diskriminierung der Ehe gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Bei einem einkommenslosen (oder einkommensschwachen) Ehegatten als Inhaber der Zweitwohnung dürfte sich, um den Anspruch auf Steuerbefreiung zu wahren, die Summe der positiven Einkünfte des (besser) verdienenden Ehegatten nur auf (maximal) 33.000 Euro belaufen, während für einen in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Zweitwohnungsinhaber die Einkünfte des Partners völlig ohne Belang wären. Diese Diskriminierung träte auch dann noch zu Tage, wenn beide Ehegatten das gleiche Einkommen hätten, da ein Befreiungsanspruch dann nur gegeben wäre, wenn die Summe der positiven Einkünfte des zweitwohnungsteuerpflichtigen Ehegatten 16.500 Euro nicht überstiege, während für den in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden wie für jeden anderen Ledigen die Befreiungsgrenze von 25.000 Euro gelten würde.

Bei den dargestellten Fällen handelt es sich auch nicht um hinzunehmende punktuelle Benachteiligungen, während die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet keine Schlechterstellung von Ehegatten bewirken würde (so aber Zieglmeier, a. a. O. S. 365). Dass zusammenlebende Ehegatten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhat, ist zwar gesetzgeberische Begründung des Ehegattensplittings (vgl. BVerfG, U. v. 3.11.1982 - 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80 - BVerfGE 61, 319/346) im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen ehegerechten Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts, kann aber nicht im Zweitwohnungsteuerrecht zur Rechtfertigung der beschriebenen Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Ledigen herangezogen werden (vgl. BFH, B. v. 17.12.2003 - XI R 63/00 - BFH/NV 2004, 940 juris Rn. 32 f.). Denn die Möglichkeit von Einsparungen in der Lebenshaltung - nunmehr „Synergieeffekte“ genannt - wird weder im gesamten übrigen Einkommensteuerrecht als Faktor der Leistungsfähigkeit berücksichtigt (BVerfG, B. v. 17.1.1957 - 1 BvL 4/54 - BVerfGE 6, 55/77), noch bietet das Zweitwohnungsteuerrecht hierfür Veranlassung. Vielmehr handelt es sich in beiden Rechtsgebieten um ein systemfremdes Kriterium. Dementsprechend ist auch der rechtliche Ansatzpunkt des Verwaltungsgerichts, das auf die (mögliche oder tatsächliche) Zusammenveranlagung nach § 26 EStG abstellt, nicht tragfähig. Mit der Sonderregelung des § 3 Abs. 3 Satz 3 KAG kann demnach nicht das Gesamteinkommen beider Ehegatten bzw. Lebenspartner gemeint sein, sondern die Vorschrift bleibt auf die Summe der positiven Einkünfte des einzelnen steuerpflichtigen Ehegatten bezogen.

c) Auch bei dieser Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine mögliche Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen ausgleichen und nicht etwa zu einer Besserstellung führen soll (LT-Drs. 15/10637 S. 4). Eine Anhebung der Einkommensgrenze von 25.000 Euro auf 33.000 Euro in allen Fällen von Doppelverdienerehen nur aufgrund des Ehestatus dürfte auch verfassungsrechtlich bedenklich sein. Denn Art. 3 Abs. 1 GG steht einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss entgegen, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt und einem anderen vorenthalten wird, ohne dass sich ausreichende Gründe für diese Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfG, B. v. 22.9.2009 - 2 BvL 3/02 - BVerfGE 124, 251/265 m. w. N.). Wäre Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG so zu verstehen, dass Eheleute, die beide eine Zweitwohnung innehaben, bis zu einer Summe der positiven Einkünfte von jeweils 33.000 Euro von der Steuer zu befreien wären, während den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft der Befreiungsanspruch nur bei Einkünften von jeweils höchstens 25.000 Euro zustünde, so ließe sich eine solch gravierende Ungleichbehandlung wohl auch mit dem allgemeinen Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr rechtfertigen.

Mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar ist aber eine dem Willen des Normgebers entsprechende und zugleich verfassungskonforme Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass die mit dieser Bestimmung bewirkte Erhöhung der allgemeinen Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG (25.000 Euro) dann ausscheidet, wenn der nicht zweitwohnungsteuerpflichtige Ehegatte bzw. Lebenspartner über eigene Einkünfte verfügt, die den Erhöhungsbetrag von 8.000 Euro übersteigen. Die Anhebung der Befreiungsgrenze für geringverdienende Zweitwohnungsinhaber orientiert sich erklärtermaßen (LT-Drs. 15/10637 S. 4) an der (seinerzeitigen) Höhe des steuerlichen Existenzminimums (vgl. § 32a EStG). Sie beruht auf dem Gedanken, dass gegenüber einem einkommenslosen Ehegatten jedenfalls in Höhe von 8.000 Euro ein Unterhaltsanspruch besteht und regelmäßig auch erfüllt wird, so dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechend gemindert ist. Darin liegt ein hinreichender sachlicher Grund für die entsprechende Erhöhung der zweitwohnungsteuerrechtlichen Befreiungsgrenze. Die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG lässt sich danach allerdings nicht auf die Fälle beschränken, bei denen der steuerpflichtige Zweitwohnunginhaber Alleinverdiener ist, der andere Ehegatte bzw. Lebenspartner also nicht einmal über geringfügige Einkünfte verfügt. Einen solchen - unter heutigen Verhältnissen - atypischen Fall darf eine gesetzliche Typisierung nicht als Leitbild wählen (BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023 m. w. N.). Liegen die Einkünfte des anderen Ehe- bzw. Lebenspartners zwar nicht bei Null, jedoch unterhalb des pauschalierten Existenzminimums von 8.000 Euro, so ist auch er auf einen entsprechenden (Aufstockungs-) Unterhalt angewiesen. Um diesen individuell zu ermittelnden Betrag ist daher in solchen Fällen die allgemeine Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG anzuheben. Mit dieser mittelbaren Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten bzw. Lebenspartners wird nicht etwa das oben verworfene Modell einer Haushaltsbesteuerung wieder aufgegriffen, sondern wiederum nur einer verminderten Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Zweitwohnungsteuerpflichtigen Rechnung getragen. Dieser muss freilich, um eine über den Basisbetrag von 25.000 Euro hinausgehende Einkünftegrenze in Anspruch nehmen zu können, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch das Einkommen seines Partners offenlegen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar keine Angaben zu den Einkünften ihres Ehemannes gemacht, so dass sie sich auf den erhöhten Befreiungsbetrag von 33.000 Euro nach Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG nicht berufen könnte. Ihre eigenen jährlichen Einkünfte überstiegen jedoch unstreitig nicht den Betrag von 25.000 Euro, so dass sie bereits nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu befreien war.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Da der Haupt- und der Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen - die geltend gemachten Ansprüche schließen einander aus - und der Hilfsantrag nach seinem Wert dem Hauptantrag gleichkommt (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG), trägt die Beklagte die gesamten Kosten des Verfahrens (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 155 Rn. 13-16). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Die Rechtskraft der Urteile tritt vor Ablauf der für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist nicht ein. Der Eintritt der Rechtskraft wird durch rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels oder des Einspruchs gehemmt.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. März 2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 verpflichtet, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 Anspruch auf Befreiung von der Zweiwohnungsteuer hat.

Die Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann, einem emeritierten Staatsrechtslehrer, in Baden-Württemberg, wo sie mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Sie war Alleineigentümerin einer 33 qm großen Eigentumswohnung im Stadtgebiet der Beklagten, die sie 1982 geerbt und mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 2013 verkauft hat. Dementsprechend setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2014 und die Folgejahre mit Bescheid vom 23. Januar 2014 auf Null fest.

Nachdem die Beklagte die Klägerin mit am 20. Februar 2012 versandten Schreiben zur Abgabe einer Zweitwohnungsteuererklärung aufgefordert hatte, beantragte die Klägerin am 20. März 2012, sie von der Zweitwohnungsteuer ab dem Kalenderjahr 2009 zu befreien. Die Summe ihrer positiven Einkünfte habe jeweils den Betrag von 25.000 Euro nicht überschritten. Die in Kopie beigefügten Einkommensteuerbescheide der Eheleute für die Jahre 2007 bis 2010 waren in Bezug auf die Einkünfte des mit der Klägerin zusammen veranlagten Ehemannes sowie die Summe der zusammen veranlagten positiven Einkünfte beider Ehegatten geschwärzt; die Summe der Einkünfte der Klägerin belief sich höchstens auf 4.201 Euro (2010). Der Bitte der Beklagten, die vollständigen Einkommensteuerbescheide nachzureichen, kam die Klägerin nicht nach, weil dies nach ihrer Auffassung im Gesetz keine Grundlage finde und den Datenschutz ihres Ehemanns verletze.

Die Beklagte zog die Klägerin mit Zweitwohnungsteuerbescheid vom 16. Juli 2012 ab dem Jahr 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran; für das Kalenderjahr 2012 und die Folgejahre setzte die Beklagte die Zweitwohnungsteuer auf jährlich 410 Euro fest. Gleichzeitig lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2009 und die folgenden Jahre ab.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte, den Zweitwohnungsteuerbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für das Jahr 2012 sowie die folgenden Jahre eine Steuer festsetzt. Sie ist der Auffassung, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirkt, so dass es, sofern der Antrag gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht gestellt sei, keiner eigenen gewährenden Entscheidung oder Ermessensbetätigung der Verwaltung bedürfe. Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, ihr Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für das Jahr 2012 und die folgenden Jahre zu gewähren.

Zwar lege Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG den Betrag der maßgeblichen Einkünfte bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf 33.000 Euro fest. Nach dem sprachlichen Zusammenhang beziehe sich diese Summe jedoch eindeutig auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen. Satz 3 ergänze die Regelung in Satz 2, indem die hier wie dort synonym genannte Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht werde. In beiden Varianten könnten also nur die Einkünfte des Steuerpflichtigen gemeint sein. Schon der Gesetzestext stehe damit dem Verständnis der Beklagten entgegen, für die gesetzliche Freistellung des verheirateten Wohnungsbesitzers komme es nicht auf seine individuellen Einkünfte, sondern auf diejenigen auch des Ehegatten an, obwohl für diesen eine Steuerpflicht nicht bestehe.

Die Erhöhung der Einkommensgrenze beruhe nach den Gesetzesmaterialien auf der Erwägung, dass die zusätzliche finanzielle Belastung eines verheirateten Steuerpflichtigen eine angemessene Anhebung der Freigrenze (wenngleich nicht eine Verdoppelung auf 50.000 Euro) verlange, damit Verheiratete nicht benachteiligt würden. Auf eine solche Benachteiligung laufe die Handhabung des Gesetzes durch die Beklagte hinaus. Die Beklagte vollziehe einen gesetzeswidrigen Paradigmenwechsel, indem sie für den im Gesetz einheitlich gebrauchten Maßstab der Einkünfte des Steuerpflichtigen beim Ledigen auf diesen, beim Verheirateten dagegen auf das eheliche Gesamteinkommen abstelle. Hierdurch werde der Wohnungsinhaber, der für sich genommen von der Zweitwohnungsteuer freigestellt sei, überhaupt erst von der Steuer erfasst. Damit verstoße die Beklagte nicht nur gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, sondern sie verletze auch den grundrechtlichen Schutz der Ehe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März 2013 abgewiesen. Die Steuerfestsetzung sei rechtmäßig, über den Befreiungsantrag durch gesonderten Verwaltungsakt zu entscheiden. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Befreiung von der Zweitwohnungsteuer, weil die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG nicht erfüllt seien. Sie habe für das Veranlagungsjahr 2012 nicht nachgewiesen, dass die Summe ihrer positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1, 2 und 5 a EStG jeweils im vorletzten Jahr vor Entstehen der Zweitwohnungsteuerpflicht die festgelegten Beträge nicht überschritten habe. Da der Gesetzgeber wegen der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte von einer Verdoppelung der Einkünftegrenze abgesehen habe, könne die Klägerin zwar die erhöhte Einkünftegrenze von 33.000 Euro in Anspruch nehmen. Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann einkommensteuerrechtlich zusammen veranlagt werde. § 26 b EStG modifiziere den den Bereich der Einkünfteerzielung und -ermittlung betreffenden Grundsatz der Individualbesteuerung insoweit, als Einkünftezurechnung ohne Einkünfteerzielung angeordnet werde, soweit ein Ehegatte geringere Einkünfte als der andere beziehe. Dieser „Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit“ sei auch im Rahmen der Befreiungsregelung nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG zu berücksichtigen. Dafür spreche die Gesetzessystematik und die Gesetzesintention. Dass sich die Wahl der in aller Regel vorteilhaften einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung in anderen Rechtsgebieten wie dem Zweitwohnungsteuerrecht unter Umständen einschränkend auswirke, sei hinzunehmen.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend, die Zurechnung der Hälfte der Summe der gemeinsamen positiven Einkünfte mit ihrem Ehemann verkenne Normgehalt, Zielsetzung und Systematik der gesetzlichen Regelung in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG. Vom Gesetz werde dabei allein auf den Steuerpflichtigen und dessen individuelle Einkommenssituation abgestellt. Von einer Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten oder Lebenspartners, aber auch eines Partners in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder eines „Sponsors“, sei in den Gesetzesmaterialien keine Rede. Bei der ergänzenden Regelung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG habe der Gesetzgeber dem Umstand, dass bei Ehe- und Lebenspartnern deren gegenseitige Fürsorge- und Einstandspflicht zu einem erhöhten Bedarf führt, durch Erhöhung der Freigrenze auf 33.000 Euro Rechnung getragen, um eine Benachteiligung von Verheirateten und Lebenspartnern gegenüber Alleinstehenden auszuschließen. Das Verwaltungsgericht verkenne die gesetzliche Systematik und sehe in Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG isoliert eine Regelung für Verheiratete. Tatsächlich habe diese Regelung keine selbstständige Bedeutung. Sie statuiere ausweislich der Entstehungsgeschichte nicht für sich genommen die Befreiung von der Zweitwohnungsteuer bei nicht getrennt lebenden Ehe- und Lebenspartnern, sondern knüpfe an die Freistellung des Steuerpflichtigen im vorausgehenden Satz 2 an und erhöhe den dort bestimmten Betrag auf 33.000 Euro, ohne die sonstigen tatbestandlichen Maßgaben zu verändern. Wenn der Steuerpflichtige schon die Einkünftegrenze des Satzes 2 nicht überschreite, sei für die Anwendung der ergänzenden Norm des Satzes 3 kein Raum.

Im Widerspruch zum klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung führe das Verwaltungsgericht ergänzend das Merkmal der gemeinsamen Veranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer ein und deute die gesetzliche Verweisung auf das Einkommensteuerrecht zur Bestimmung der Summe der Einkünfte in eine solche zu deren Besteuerung um. § 26 b EStG sei nur für die Festsetzung der gemeinsamen Einkommensteuer Zurechnungsnorm, lasse aber die Stellung des einzelnen Steuerpflichtigen als Steuersubjekt unberührt. Während Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG an die erste Stufe der Erzielung von Einkünften anknüpfe, hebe das Verwaltungsgericht auf die zweite Stufe ihrer Besteuerung ab. Die Einkommensteuerpflicht spiele aber für die gesetzliche Befreiung von der Zweitwohnungsteuer keine Rolle. Wäre dieser Gesichtspunkt für den Gesetzgeber erheblich gewesen, so hätte es angesichts des gesetzlichen Kriteriums „nicht dauernd getrennt lebend“ mit Blick auf § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG durchaus nahe gelegen, den Willen, auf eine einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung abzustellen, auch zum Ausdruck zu bringen. Der Umstand, dass eine gemeinsame Veranlagung von Partnern eingetragener Lebenspartnerschaften zur Zeit der Novellierung des Kommunalabgabengesetzes nicht in Betracht gekommen sei, zeige den Systembruch in der Ableitung des Verwaltungsgerichts. Ob „die Einkünfte des Steuerpflichtigen“ für Ehe- und Lebenspartner übereinstimmend oder je nach Lebensform differenziert zu ermitteln seien, könne nur vom Gesetzgeber entschieden werden. Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG ziele ausschließlich auf die Begünstigung eines verheirateten (oder in eingetragener Partnerschaft lebenden) Steuerpflichtigen ab und könne deshalb auch bei teleologischer Auslegung nicht entgegen dem gesetzlichen Wortlaut in eine gänzlich außerhalb des Normprogramms liegende Zweitwohnungsbesteuerung nach Maßgabe des Ehegatteneinkommens umgemünzt werden. Der Gesetzgeber habe sich für das klar definierte Kriterium der Summe der einkommensteuerrechtlich relevanten Einkünfte des Steuerpflichtigen entschieden und nicht auf die zu unbestimmten, primär sozial- oder unterhaltsrechtlich relevanten Parameter des Bedarfs oder der Bedürftigkeit.

Mit der unrichtigen Anknüpfung an die einkommensteuerrechtliche Steuerfestsetzung verkenne das Verwaltungsgericht auch die Bedeutung des verfassungsrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie. Ebenso missachte es die Eigenständigkeit der Ehegatten in ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Ob die Klägerin ihre Wohnung weiterhin selbst innehaben könne, hänge nach den Vorstellungen des Verwaltungsgerichts nicht von ihrer eigenen Entscheidung, sondern der Bereitschaft des Ehemannes ab, die Steuerlast zu übernehmen. Tatsächlich habe die Klägerin aber die öffentlichen Abgaben und sonstigen Lasten für ihre Wohnung stets selbst aus ihren eigenen Einkünften als Klavierpädagogin bestritten, die freilich zu keiner Zeit den Betrag von 25.000 Euro erreicht hätten.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 21. März 2013 den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 aufzuheben, soweit er für die Jahre 2012 und 2013 eine Steuer festsetzt.

hilfsweise:

die Beklagte unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, der Klägerin Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil treffe im Ergebnis zu. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme es bei der Berechnung der Summe der positiven Einkünfte auf das gesamte Einkommen beider Ehegatten in Bezug auf die Einkommensgrenze von 33.000 Euro unabhängig von einer einkommensteuerrechtlichen Zusammenveranlagung an. Zielgruppe der damaligen Gesetzesänderung seien Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit gewesen. Die Erhöhung der Einkünftegrenze von 25.000 Euro für Ledige orientiere sich am einkommensteuerfreien Existenzminimum. Zusammenlebende Ehegatten bzw. Lebenspartner bildeten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhabe. Da eine Verdoppelung der Einkünftegrenze bei Ehegatten und Lebenspartnern im Hinblick auf Synergieeffekte gerade nicht beabsichtigt gewesen sei, könne nach Sinn und Zweck der Regelung die Einkünftegrenze von 33.000 Euro auch nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten. Der Gedanke an eine Verdoppelung knüpfe eindeutig an die Vorstellung an, dass das Einkommen beider Ehegatten ausschlaggebend sein solle. Würde die Grenze von 33.000 Euro für jeden Ehegatten gelten, würden Verheiratete oder Lebenspartner ohne sachlichen Grund besser gestellt. Die „Rentnerklausel“ des Art. 3 Abs. 3 Satz 4 KAG sei eingeführt worden, um zu vermeiden, dass Rentnerehepaare mit Einkünften bis zu 66.000 Euro zweitwohnungsteuerbefreit werden könnten. Die Einkommensgrenze von 33.000 Euro könne nicht nur für einen Ehegatten bzw. Lebenspartner gelten, sondern müsse sich auf das Gesamteinkommen beziehen. So werde auch vermieden, dass die „Millionärsgattin“ ohne eigenes Einkommen von der Zweitwohnungsteuer befreit werde.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist im Wesentlichen begründet.

1. Zurückzuweisen war die Berufung, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag den Steuerbescheid vom 16. Juli 2012 angegriffen hat.

Die von der Beklagten aufgrund ihrer Zweitwohnungsteuersatzung vom 22. Dezember 2006 (Amtsblatt der Landeshauptstadt München 2007, S. 1 - ZwStS) erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, die die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen soll. Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (st. Rspr., vgl. BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - Rn. 48 m. w. N.). Das schließt es indes nicht aus, eine im Einzelfall fehlende Leistungsfähigkeit etwa im Wege eines Erlasses aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO) oder einer Stundung zu berücksichtigen (BVerwG, U. v. 17.9.2008 - 9 C 14.07 - BayVBl 2009, 699 Rn. 17).

Der Typus der Abgabe und damit ihr Charakter als Aufwandsteuer (vgl. BVerfG, B. v. 4.2.2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1/17) ist durch die mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 22. Juli 2008 (GVBl 2008, S. 460) in Art. 3 Abs. 3 KAG eingefügten Sätze 2 bis 8 unberührt geblieben. Wenn danach eine Zweitwohnungsteuer nicht erhoben wird, wenn der Steuerpflichtige ein bestimmtes Einkommen nicht überschreitet, ist der Sache nach ein Befreiungstatbestand eingeführt worden (Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, Art. 3 Rn. 27ff). Denn nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG setzt das Entfallen der grundsätzlich bestehenden Steuerpflicht einen Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Im Hinblick darauf, dass einerseits die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 2 ZwStS der Landeshauptstadt für ein Kalenderjahr am 1. Januar entsteht (tritt die Zweitwohnungseigenschaft erst später ein, so entsteht die Steuerpflicht mit dem ersten Tag des auf diesen Zeitpunkt folgenden Monats), andererseits der Antrag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 7 KAG fristgerecht bis zum Ende des Kalendermonats, der auf das Steuerjahr folgt, gestellt sein muss, kann entgegen der Auffassung der Klägerin (Klageschriftsatz vom 15.8.2012 S. 4) keine Rede davon sein, dass die gesetzliche Regelung unmittelbar auf das Steuerrechtsverhältnis einwirke. Vielmehr bedarf es in Bezug auf den Befreiungstatbestand einer gesonderten Entscheidung der Verwaltung. Die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe (vgl. Art. 3 Abs. 3 Satz 6 KAG) eine Steuerbefreiung eintritt, ist eine Entscheidung über eine gesetzlich vorgesehene Billigkeitsmaßnahme. Sie ist Gegenstand eines besonderen Verwaltungsakts, der mit der Steuerfestsetzung äußerlich verbunden werden kann, aber nicht verbunden werden muss (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) aa) KAG i. V. m. § 163 Satz 3 AO). Es handelt sich mithin um zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, § 163 AO Rn. 21 m. w. N.). In Bezug auf den Steuertatbestand zieht die Klägerin selbst nicht in Zweifel, dass sie grundsätzlich zweitwohnungsteuerpflichtig ist (S. 2 des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 8. Juli 2013).

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für die Steuerjahre 2012 und 2013. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 16. Juli 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

a) Nach Art. 3 Abs. 3 Sätze 2 und 3 KAG wird eine Steuer auf das Innehaben einer Wohnung nicht erhoben, wenn die Summe der positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) im vorletzten Jahr vor Entstehen der Steuerpflicht 25.000 Euro nicht überschritten hat. Bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten und Lebenspartnern beträgt die Summe der positiven Einkünfte 33.000 Euro.

Ob bei nicht getrennt lebenden Ehegatten die Summe der positiven Einkünfte beider Eheleute entscheidend sein oder ob bei jedem Ehegatten die Befreiungsgrenze 33.000 Euro betragen soll, lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung eindeutig entnehmen (Zieglmeier, KommP BY 2008, 362/365). Nach dem Regelungszusammenhang bezieht sich die genannte Summe, wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat, auf die Einkünfte des Steuerpflichtigen, denn Satz 3 ergänzt lediglich die Regelung in Satz 2, indem die Summe der positiven Einkünfte von 25.000 Euro auf 33.000 Euro erhöht wird. Die Beklagte meint demgegenüber im Anschluss an Zieglmeier (a. a. O.), eine systematische Auslegung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 KAG ergebe, dass es anders als bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht auf das jeweilige Einkommen des Zweitwohnungsinhabers ankomme, sondern auf das Gesamteinkommen beider (ebenso GK Bay 2008/230). In den Gesetzesmaterialien (LT-Drs. 15/10637 S. 4) heißt es dazu:

„Um eine Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen und Lebenspartnern zu vermeiden, wird die Einkünftegrenze angemessen erhöht. Die Erhöhung orientiert sich am steuerlichen Existenzminimum. Aufgrund der in einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft erzielbaren Synergieeffekte erscheint eine Verdoppelung der Einkünftegrenze zur Vermeidung einer Benachteiligung nicht erforderlich.“

b) Eine Auslegung dahingehend, dass im Rahmen des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG das Einkommen beider nicht getrennt lebender Ehegatten zusammenzurechnen sei, scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen aus.

Für das Einkommensteuerrecht ist allgemein anerkannt, dass eine Kumulierung der Ehegatteneinkünfte (sog. Haushaltsbesteuerung) gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungsverbot verstoßen und den - das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisierenden - Grundsatz der Individualbesteuerung verletzen würde (vgl. Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 3 Rn. 163 m. w. N.). Da der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch für die Zweitwohnungsteuer gilt (BVerfG, B. v. 15.1.2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084/1086), kommt eine Haushaltsbesteuerung auch im Zweitwohnungsteuerrecht nicht in Betracht. Dem Normgeber der Zweitwohnungsteuer bleibt es zwar auch mit Blick auf den Gleichheitsgrundsatz unbenommen, Ermäßigungs- und Befreiungstatbestände zu schaffen. Er muss diese aber ihrerseits gleichheitsgerecht ausgestalten (BVerfG, B. v. 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325/357; BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023). In diesem Zusammenhang enthält Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt, einen besonderen Gleichheitssatz. Er verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen (Diskriminierungsverbot). Insbesondere untersagt Art. 6 Abs. 1 GG eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen. Die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlicher Rechtsfolgen genommen werden; insbesondere darf der Gesetzgeber Verheiratete steuerlich anders behandeln als Ledige. Jedoch müssen sich für eine Differenzierung zulasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses oder aus den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben für eine bestimmte Steuerart einleuchtende Sachgründe ergeben. Die Berücksichtigung der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Lage der Ehegatten darf gerade bei der konkreten Maßnahme die Ehe nicht diskriminieren (vgl. zum Ganzen BVerfG, B. v. 11.10.2005 - 1 BvR 1232/00, 2627/03 - BVerfGE 114, 316/333 m. w. N.).

Vor diesem Hintergrund läge in einer Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass das Einkommen beider Ehegatten zusammenzurechnen sei, eine Diskriminierung der Ehe gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Bei einem einkommenslosen (oder einkommensschwachen) Ehegatten als Inhaber der Zweitwohnung dürfte sich, um den Anspruch auf Steuerbefreiung zu wahren, die Summe der positiven Einkünfte des (besser) verdienenden Ehegatten nur auf (maximal) 33.000 Euro belaufen, während für einen in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Zweitwohnungsinhaber die Einkünfte des Partners völlig ohne Belang wären. Diese Diskriminierung träte auch dann noch zu Tage, wenn beide Ehegatten das gleiche Einkommen hätten, da ein Befreiungsanspruch dann nur gegeben wäre, wenn die Summe der positiven Einkünfte des zweitwohnungsteuerpflichtigen Ehegatten 16.500 Euro nicht überstiege, während für den in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden wie für jeden anderen Ledigen die Befreiungsgrenze von 25.000 Euro gelten würde.

Bei den dargestellten Fällen handelt es sich auch nicht um hinzunehmende punktuelle Benachteiligungen, während die gesetzliche Regelung im Ganzen betrachtet keine Schlechterstellung von Ehegatten bewirken würde (so aber Zieglmeier, a. a. O. S. 365). Dass zusammenlebende Ehegatten eine Gemeinschaft des Erwerbs und des Verbrauchs bilden, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen wirtschaftlich teilhat, ist zwar gesetzgeberische Begründung des Ehegattensplittings (vgl. BVerfG, U. v. 3.11.1982 - 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80 - BVerfGE 61, 319/346) im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen ehegerechten Ausgestaltung des Einkommensteuerrechts, kann aber nicht im Zweitwohnungsteuerrecht zur Rechtfertigung der beschriebenen Schlechterstellung von Ehegatten gegenüber Ledigen herangezogen werden (vgl. BFH, B. v. 17.12.2003 - XI R 63/00 - BFH/NV 2004, 940 juris Rn. 32 f.). Denn die Möglichkeit von Einsparungen in der Lebenshaltung - nunmehr „Synergieeffekte“ genannt - wird weder im gesamten übrigen Einkommensteuerrecht als Faktor der Leistungsfähigkeit berücksichtigt (BVerfG, B. v. 17.1.1957 - 1 BvL 4/54 - BVerfGE 6, 55/77), noch bietet das Zweitwohnungsteuerrecht hierfür Veranlassung. Vielmehr handelt es sich in beiden Rechtsgebieten um ein systemfremdes Kriterium. Dementsprechend ist auch der rechtliche Ansatzpunkt des Verwaltungsgerichts, das auf die (mögliche oder tatsächliche) Zusammenveranlagung nach § 26 EStG abstellt, nicht tragfähig. Mit der Sonderregelung des § 3 Abs. 3 Satz 3 KAG kann demnach nicht das Gesamteinkommen beider Ehegatten bzw. Lebenspartner gemeint sein, sondern die Vorschrift bleibt auf die Summe der positiven Einkünfte des einzelnen steuerpflichtigen Ehegatten bezogen.

c) Auch bei dieser Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine mögliche Benachteiligung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten im Verhältnis zu Ledigen ausgleichen und nicht etwa zu einer Besserstellung führen soll (LT-Drs. 15/10637 S. 4). Eine Anhebung der Einkommensgrenze von 25.000 Euro auf 33.000 Euro in allen Fällen von Doppelverdienerehen nur aufgrund des Ehestatus dürfte auch verfassungsrechtlich bedenklich sein. Denn Art. 3 Abs. 1 GG steht einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss entgegen, bei dem eine Begünstigung dem einen Personenkreis gewährt und einem anderen vorenthalten wird, ohne dass sich ausreichende Gründe für diese Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfG, B. v. 22.9.2009 - 2 BvL 3/02 - BVerfGE 124, 251/265 m. w. N.). Wäre Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG so zu verstehen, dass Eheleute, die beide eine Zweitwohnung innehaben, bis zu einer Summe der positiven Einkünfte von jeweils 33.000 Euro von der Steuer zu befreien wären, während den Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft der Befreiungsanspruch nur bei Einkünften von jeweils höchstens 25.000 Euro zustünde, so ließe sich eine solch gravierende Ungleichbehandlung wohl auch mit dem allgemeinen Förderungsgebot des Art. 6 Abs. 1 GG nicht mehr rechtfertigen.

Mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar ist aber eine dem Willen des Normgebers entsprechende und zugleich verfassungskonforme Auslegung des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG dahingehend, dass die mit dieser Bestimmung bewirkte Erhöhung der allgemeinen Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG (25.000 Euro) dann ausscheidet, wenn der nicht zweitwohnungsteuerpflichtige Ehegatte bzw. Lebenspartner über eigene Einkünfte verfügt, die den Erhöhungsbetrag von 8.000 Euro übersteigen. Die Anhebung der Befreiungsgrenze für geringverdienende Zweitwohnungsinhaber orientiert sich erklärtermaßen (LT-Drs. 15/10637 S. 4) an der (seinerzeitigen) Höhe des steuerlichen Existenzminimums (vgl. § 32a EStG). Sie beruht auf dem Gedanken, dass gegenüber einem einkommenslosen Ehegatten jedenfalls in Höhe von 8.000 Euro ein Unterhaltsanspruch besteht und regelmäßig auch erfüllt wird, so dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechend gemindert ist. Darin liegt ein hinreichender sachlicher Grund für die entsprechende Erhöhung der zweitwohnungsteuerrechtlichen Befreiungsgrenze. Die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG lässt sich danach allerdings nicht auf die Fälle beschränken, bei denen der steuerpflichtige Zweitwohnunginhaber Alleinverdiener ist, der andere Ehegatte bzw. Lebenspartner also nicht einmal über geringfügige Einkünfte verfügt. Einen solchen - unter heutigen Verhältnissen - atypischen Fall darf eine gesetzliche Typisierung nicht als Leitbild wählen (BVerfG, B. v. 17.2.2010 - 1 BvR 529/09 - NVwZ 2010, 1022/1023 m. w. N.). Liegen die Einkünfte des anderen Ehe- bzw. Lebenspartners zwar nicht bei Null, jedoch unterhalb des pauschalierten Existenzminimums von 8.000 Euro, so ist auch er auf einen entsprechenden (Aufstockungs-) Unterhalt angewiesen. Um diesen individuell zu ermittelnden Betrag ist daher in solchen Fällen die allgemeine Einkünftegrenze des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG anzuheben. Mit dieser mittelbaren Berücksichtigung der Einkünfte des Ehegatten bzw. Lebenspartners wird nicht etwa das oben verworfene Modell einer Haushaltsbesteuerung wieder aufgegriffen, sondern wiederum nur einer verminderten Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Zweitwohnungsteuerpflichtigen Rechnung getragen. Dieser muss freilich, um eine über den Basisbetrag von 25.000 Euro hinausgehende Einkünftegrenze in Anspruch nehmen zu können, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch das Einkommen seines Partners offenlegen.

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar keine Angaben zu den Einkünften ihres Ehemannes gemacht, so dass sie sich auf den erhöhten Befreiungsbetrag von 33.000 Euro nach Art. 3 Abs. 3 Satz 3 KAG nicht berufen könnte. Ihre eigenen jährlichen Einkünfte überstiegen jedoch unstreitig nicht den Betrag von 25.000 Euro, so dass sie bereits nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 KAG von der Zweitwohnungsteuer für die Jahre 2012 und 2013 zu befreien war.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Da der Haupt- und der Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen - die geltend gemachten Ansprüche schließen einander aus - und der Hilfsantrag nach seinem Wert dem Hauptantrag gleichkommt (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG), trägt die Beklagte die gesamten Kosten des Verfahrens (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 155 Rn. 13-16). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.