Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Dez. 2017 - M 7 X 17.5819

bei uns veröffentlicht am18.12.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnräume und des zugehörigen landwirtschaftlichen Anwesens (Stallungen etc.) des

Herrn ... 

bewohnt zusammen mit Frau ..., geb. ..., und ..., durch Bedienstete des Landratsamts ... und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung vorhandener Munition sowie der in der Waffenbesitzkarte Nr. ... benannten Schusswaffe Art Kaliber Hersteller Herst.Nr. Halbautom. Pistole 9mm Luger SIG P226 LDC ...

II. Soweit die Durchsuchung der unter der gleichen Anschrift ... befindlichen Wohnung von Herrn ... und Frau ... und deren Kindern ... und ... beantragt wurde, wird der Antrag abgelehnt.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens zu ¾, im Übrigen der Antragsteller.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die richterliche Anordnung einer Durchsuchung der Wohnung und des dazugehörigen landwirtschaftlichen Anwesens des Antragsgegners sowie der unter gleicher Adresse befindlichen Wohnung der Schwiegereltern des Antragsgegners zum Zwecke der Sicherstellung einer Schusswaffe und dazugehöriger Munition.

Mit Bescheid vom 20. September 2017, der im Verwaltungsverfahren bereits Bevollmächtigten per Postzustellungsurkunde zugestellt am 21. September 2017, widerrief der Antragsteller nach vorangegangener Anhörung vom 29. November 2016 sowie 15. Februar 2017 die dem Antragsgegner am 17. Dezember 2015 erteilte Waffenbesitzkarte Nr. ... (Nr. 1). Dem Antragsgegner wurde in Nr. 1.2 des Bescheids auferlegt, die in der Waffenbesitzkarte eingetragene Waffe (halbautomatische Pistole des Herstellers SIG P 226 LDC Kaliber 9mm Luger, Herst.Nr. ...) und Munition binnen eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen, dauerhaft unbrauchbar zu machen oder unter Eigentumsverzicht zur Verwertung oder Vernichtung im Landratsamt während der Öffnungszeiten abzugeben. Nachweise der Überlassung oder Unbrauchbarmachung seien dem Landratsamt unverzüglich vorzulegen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist zu Nr. 1.2 werde die Waffe und die Munition durch das Landratsamt sichergestellt, verwertet und ggf. vernichtet (Nr. 1.3). Mit Nr. 2 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1.2 und 1.3 angeordnet. Die Begründung stützt sich auf die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit des Antragsgegners wegen einer seit 15. Juli 2016 rechtskräftigen Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 40,- Euro wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 32 Fällen sowie einer Zugehörigkeit zur sog. „Reichsbürgerbewegung“, die sich seinen Ausführungen gegenüber dem Hauptzollamt – Finanzkontrolle Schwarzarbeit –, aus Angaben bei der Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises und eines Vorfalls bei einer Gerichtsverhandlung am 13. Juni 2016 ergäbe.

Mit Telefax vom 23. Oktober 2017 erhob die Bevollmächtigte des Antragsgegners im waffenrechtlichen Verfahren Klage zum Verwaltungsgericht München gegen den Bescheid (M 7 K 17.5043) mit den Anträgen, den Bescheid vom 20. September 2017 in den Nummern 1-4 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die dem Landratsamt übersandte Waffenbesitzkarte herauszugeben und die in der Waffenbesitzkarte eingetragene Waffe und Munition unverzüglich wieder auszuhändigen bzw. freizugeben.

Mit Telefax vom 14. Dezember 2017 beantragt der Antragsteller,

die Durchsuchung – der Wohnung im Anwesen ..., bewohnt von Herrn ..., dessen Ehefrau ..., geb. ..., und der gemeinsamen Tochter ...

– des zugehörigen landwirtschaftlichen Anwesens (Stallungen etc.) und

– der Wohnung im Anwesen ..., bewohnt von den Schwiegereltern ... und ... und deren Kindern ... und ...

zum Zwecke der Sicherstellung der in der Waffenbesitzkarte Nr. ... eingetragenen Waffe und Munition.

Es handelt sich um folgende Waffe:

Art Kaliber Hersteller Herst.Nr. ...  Halbautom. Pistole 9mm Luger SIG P226 LDC ...

Zur Begründung wird auf den Bescheid vom 20. September 2017 Bezug genommen. Der Antragsgegner sei seiner Verpflichtung aus Nr. 1.2 des Bescheids, seine Waffe und Munition an einen Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und hierüber einen Nachweis vorzulegen, bislang nicht nachgekommen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass er nicht bereit sei, seine Waffe und Munition freiwillig herauszugeben. Vielmehr sei zu befürchten, dass er bei einem Versuch der Sicherstellung der Waffe und Munition die freiwillige Herausgabe verweigere und dann den erforderlichen Zugriff auf die Waffe und Munition unmöglich mache. Um dies zu verhindern, sei für den Fall der Verweigerung der freiwilligen Herausgabe eine Durchsuchung der Wohnung und des dazugehörigen landwirtschaftlichen Anwesens (Stallungen etc.) erforderlich. Zudem bestehe der Verdacht, dass der Antragsgegner Waffe und Munition auch im Waffenschrank oder den Räumlichkeiten seines Schwiegervaters, der im Besitz einer Lang- und einer Kurzwaffe sei, verwahre. Daher sei auch die Durchsuchung der Wohnung des Schwiegervaters erforderlich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte zu vorliegenden Verfahren und die beigezogene Gerichtsakte M 7 K 17.5043 Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 Grundgesetz (GG) ist in Bezug auf die Wohnung des Antragsgegners zulässig und begründet, nicht jedoch hinsichtlich der beantragten Durchsuchung der Wohnung der Schwiegereltern des Antragsgegners unter der gleichen Adresse.

1. Hinsichtlich des Antrages auf Durchsuchung der Wohnung der Schwiegereltern des Antragsgegners ist der Antrag bereits nicht statthaft, jedenfalls unbegründet. Schließlich richtet der Antragsteller seinen Antrag im Telefax vom 14. Dezember 2017 (nur) gegen den Antragsgegner. Ein entsprechender, aber formell erforderlicher Antrag gegen den Schwiegervater ... wurde nicht gestellt. Ein solcher wäre im Übrigen unbegründet, wenn nicht bereits unstatthaft, da sich die Antragsbegründung auf die Vollstreckung eines sofort vollziehbaren waffenrechtlichen Bescheids bezieht, der Schwiegervater des Antraggegners jedoch nicht Bescheidsadressat ist und somit auch nicht Vollstreckungsschuldner. Der vom Antragsteller ausdrücklich auf Art. 37 Abs. 3 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) gestützte Antrag kann sich jedoch dem Wortlaut dieser Vorschrift nach nur gegen den Vollstreckungsschuldner richten, die Gesetzesregelung sieht ausdrücklich (nur) eine Befugnis zum Betreten und Durchsuchen der Wohnung des „Pflichtigen“ vor, nicht auch von Wohnungen Dritter. Hierfür müsste der Antragsteller auf etwaige weitere Rechtsgrundlagen zurückgreifen und ggf. entsprechende Anträge zum jeweils zuständigen Gericht stellen. Soweit das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 16. Dezember 2009 im Zusammenhang mit einer Wohnungsdurchsuchung nach § 46 Abs. 4 Waffengesetz (WaffG) auch ein Betreten der Wohnung eines Dritten als zulässig erachtet hat, folgt dem das Gericht jedenfalls nicht für eine Sicherstellung nach § 46 Abs. 2 WaffG (vgl. VG Ansbach, B.v. 16.12.2009 – An 15 K 09.01794 – juris Rn. 39). Bei einer Sicherstellung nach § 46 Abs. 2 WaffG ist ergänzend Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG anwendbar, der den Begriff des „Pflichtigen“ zugrundelegt und nicht wie § 46 Abs. 4 Satz 2 WaffG den Begriff des „Betroffenen“.

2. Der Antrag ist in Bezug auf die Wohnung und des dazugehörenden landwirtschaftlichen Anwesens des Antragsgegners statthaft.

Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 und 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen außer bei Gefahr in Verzug nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung erfolgen (vgl. BVerfG, B.v. 3. April 1979 - 1 BvR 994/76 - juris Rn. 24 ff. m.w.N., Rn. 51 u. B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn. 38; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn. 24). Der Begriff der Wohnung ist dabei weit auszulegen und umfasst auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (BVerfG, B.v. 13.10.1971 – 1 BvR 280/66 – beck-online), somit auch das landwirtschaftliche Anwesen des Antragsgegners mit seinen Stallungen etc.. Bloße Verkehrsmittel wie Kraftfahrzeuge unterliegen nicht dem Wohnungsbegriff (VG München, B.v. 2.3.2017 – M 7 E 16.5979 – juris Rn. 18; Papier in Maunz/Dürig, GG, 78. Erg.Lfg. Stand September 2016, Art. 13 Rn. 10 m.w.N.) und damit deren Durchsuchung nicht dem richterlichen Vorbehalt. Für die Durchsuchung eines Kraftfahrzeugs genügt die allgemeine Befugnis der Waffenbehörde nach Art. 30 Abs. 1 VwZVG, ihren Verwaltungsakt auch selbst zu vollstrecken, bei Anwendung unmittelbaren Zwangs nach Art. 37 Abs. 2 VwZVG mit Hilfe der Polizei (VG München, a.a.O.).

3. Der Antrag hat hinsichtlich der Wohnung und des landwirtschaftlichen Anwesens des Antragsgegners auch in der Sache Erfolg.

Aus Art. 13 Abs. 2 GG folgt für den Prüfungsmaßstab und -umfang, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung als solche in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden müssen (BVerfG, B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn. 41; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn. 25). Notwendig und ausreichend ist es daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme vorliegen und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, insbesondere, ob die zu vollstreckende Maßnahme den schwerwiegenden Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigt (BayVGH, a.a.O., Rn. 25 m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung und des landwirtschaftlichen Anwesens des Antragsgegners zur Sicherstellung der in der Waffenbesitzkarte eingetragenen Waffe und vorhandener Munition nach fruchtlosem Ablauf der zur Erfüllung der Rückgabepflicht eingeräumten Fristen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Vollzug der Sicherstellungsanordnung für Waffen und Munition ist eine bundesrechtlich angeordnete Art des unmittelbaren Zwangs im Sinne von Art. 34 VwZVG, so dass sich die Durchführung ergänzend nach Art. 37 Abs. 3 VwZVG richtet (vgl. VG Augsburg, B.v. 22.12.2010 – Au 4 V 10.1968 – juris Rn. 13; VG Neustadt, B.v. 8.11.2011 – 5 N 992/11.NW – juris Rn. 10).

Die Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 19, Art. 29 ff. VwZVG sind gegeben.

a) Der Bescheid vom 20. September 2017 ist zwar nicht bestandskräftig, sondern derzeit hiergegen Klage beim Verwaltungsgericht München anhängig. Er ist jedoch sofort vollziehbar, hinsichtlich der Verpflichtung in Nr. 1.2 des Bescheids, die näher bezeichnete in der Waffenbesitzkarte des Antragsgegners eingetragene Waffe und die ggf. in seinem Besitz befindliche dazugehörige Munition binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und den Nachweis darüber gegenüber dem Landratsamt zu führen oder unter Eigentumsverzicht zur Verwertung oder Vernichtung im Landratsamt abzugeben, durch Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 2 des Bescheids.

b) Die in dem ausweislich Postzustellungsurkunde am 21. September 2017 der im waffenrechtlichen Widerrufsverfahren Bevollmächtigten zugestellten Bescheid vom 20. September 2017 gesetzte Frist zur Überlassung der Waffe und Munition an einem Berechtigten bzw. Unbrauchbarmachung mit jeweils entsprechendem Nachweis dem Landratsamt gegenüber bzw. Abgabe beim Landratsamt zur Verwertung oder Vernichtung ist am 23. Oktober 2017 abgelaufen. Die Behörde ist nunmehr gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG befugt, die Waffe sowie vorhandene Munition durch hoheitlichen Zugriff sicherzustellen und zu verwerten (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 12/83 – juris Rn. 62).

Die Frist von einem Monat war auch angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Insbesondere ging diesem Bescheid eine Anhörung mit Schreiben bereits vom 15. Februar 2017 voran. Der Antragsgegner hatte somit hinreichend Zeit, sich auf eine Waffenabgabe vorzubereiten. Seit mindestens 10. März 2017 hat er eine Rechtsanwältin bevollmächtigt, die in ihrer Klage vom 23. Oktober 2017 bereits die Verpflichtung auf (Wieder) Herausgabe der Waffe und Munition beantragte.

c) Der Anwendung eines milderen Vollstreckungsmittels i.S.v. Art. 34 Satz 1 VwZVG, nämlich einer Zwangsgeldandrohung, vor Anwendung unmittelbaren Zwangs, bedarf es aufgrund der Regelung in § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG gerade nicht.

d) Die Androhung des Zwangsmittels nach Art. 37 VwZVG ist durch die Androhung der Sicherstellung als spezialgesetzliche Ausformung unmittelbaren Zwangs in Nr. 3 des Bescheids hinreichend erfolgt. Der besonderen Androhung einer Wohnungsdurchsuchung bedarf es nicht.

e) Ebenso konnte eine vorhergehende Anhörung des Antragsgegners nach Art. 103 Abs. 1 GG durch das Gericht unterbleiben. Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich die vorherige Anhörung des Vollstreckungsschuldners. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann jedoch in besonderen Verfahrenslagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist der Betroffene auf nachträgliche Anhörung zu verweisen (VG München, B.v. 12.12.2016, a.a.O. unter Bezug auf BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.). Bei einer vom Vollstreckungsgläubiger beantragten richterlichen Anordnung der Durchsuchung wird eine vorherige Anhörung des Vollstreckungsschuldners in vielen Fällen den Vollstreckungserfolg gefährden, da die Durchsuchung gerade bezweckt, etwas aufzuspüren, was der Betroffene von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will (Jarass/Pieroth, Kommentar zum GG, 13. Aufl. 2014, Art. 13 Rn. 14). Ob der Vollstreckungserfolg durch eine vorherige Anhörung des Schuldners gefährdet wäre, muss das Gericht im Einzelfall unter Abwägung aller Umstände prüfen und entscheiden (BVerfG, B.v. 16.6.1981, a.a.O.). Unter Würdigung des bisherigen aktenkundigen Verhaltens des Antragsgegners sah das erkennende Gericht dies vorliegend als gegeben an.

f) Die Wohnungsdurchsuchung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Obwohl der Antragsgegner seit einem Monat nach Zustellung des Bescheids am 21. September 2017, somit 23. Oktober 2017, verpflichtet ist, seine Waffe und Munition abzugeben bzw. unbrauchbar machen zu lassen, ist er dem bislang nicht nachgekommen. Da er anwaltlich vertreten ist, kann er sich auch nicht darauf berufen, darauf vertraut zu haben, dass keine Vollstreckungsmaßnahmen erfolgen, solange das Klageverfahren rechtshängig ist. Ein Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde nicht gestellt.

Umstände, aufgrund derer eine Wohnungsdurchsuchung als nicht verhältnismäßig erscheinen würden, sind nicht erkennbar. Insbesondere muss das Recht des Antragsgegners auf die Unverletzlichkeit seiner Wohnung (Art. 13 GG) angesichts der vom Antragsteller hier im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzenden öffentlichen Interessen an einer effektiven Gefahrenabwehr im Waffenrecht zurücktreten. Die Interessensabwägung im waffenrechtlichen Eilverfahren zugunsten des Sofortvollzugs mit der Folge zurücktretender Interessen des Antragsgegners fließt insoweit auch in die Verhältnismäßigkeitserwägungen für eine Wohnungsdurchsuchung mit ein. Schließlich ermöglicht erst diese in den Fällen, in denen die Waffen nicht fristgerecht überlassen oder unbrauchbar gemacht werden, dass dem überragenden Schutz der Allgemeinheit hinreichend Rechnung getragen werden kann. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einsatzbereiten Waffen in der Hand von waffenrechtlich unzuverlässigen bzw. unberechtigten Personen ausgehen, hat der Antragsgegner Einschränkungen seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG hinzunehmen.

Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten befugt, die Wohnung des Antragsgegners zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Die Bediensteten des Antragstellers bzw. der Polizei werden allerdings, bevor sie mit der Durchsuchung beginnen, vom Antragsgegner die Waffe und Munition herausverlangen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Durchsuchung zu beenden, sobald der Antragsgegner die Waffe und Munition freiwillig herausgeben sollte (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG). Macht er dies nicht, so bleibt keine andere Möglichkeit, als die Wohnung zu durchsuchen.

g) Auch die Mitbewohner der Wohnung des Antragsgegners, seine Ehefrau und Tochter, haben die Durchsuchung der Wohnung zu dulden.

Zwar ist jeder Bewohner Träger des Grundrechts nach Art. 13 GG, ein Mitbewohner kann sich jedoch nicht der Durchsuchung gegenüber einem anderen Mitbewohner widersetzen (BayVGH, B.v. 29.3.1994 – 4 C 94.1274 – beck-online).

Bei der Durchführung der Wohnungsdurchsuchung werden der Antragsteller und die Polizei jedoch zu beachten haben, dass sich die Durchsuchung zunächst auf die Wohnräume des Antragsgegners konzentriert und eine Durchsuchung der speziell zuordbaren Wohnräume der Mitbewohner, insbesondere das Zimmer der Tochter, unter Verhältnismäßigkeitserwägungen erst in Betracht kommt, wenn sich vor Ort Erkenntnisse ergeben, dass die gesuchte Waffe und Munition dort befindlich sein könnten.

Dem Antrag auf Durchsuchung der Wohnung und des landwirtschaftlichen Anwesens des Antragsgegners war daher stattzugeben.

4. Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, ist der Antragsteller beauftragt, diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gemäß § 14 VwGO i.V.m. § 168 Abs. 2 ZivilprozessordnungZPO – analog unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe zuzustellen. Der Antragsteller hat das Empfangsbekenntnis des Antragsgegners an das Gericht zurückzuleiten (§ 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 176 Abs. 1 ZPO).

5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners in der … Str., … einschließlich vorhandener Keller- und Garagenräume durch Bedienstete des Antragstellers und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung der Waffenbesitzkarten Nr. … und … sowie der folgenden Waffen und im Besitz des Antragsgegners befindlicher Munition:

Art Hersteller Kaliber Herst.Nr.

… … … …

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Sicherstellung der Waffenbesitzkarten des Antragsgegners sowie der hierin eingetragenen Schusswaffen samt Munition.

Nachdem der Jagdschein des Antragsgegners am 31. März 2013 abgelaufen war und der Antragsgegner auch kein waffenrechtliches Bedürfnis als Sportschütze nachgewiesen hatte, wiederrief das Landratsamt München mit Bescheid vom 29. Juni 2016 die Waffenbesitzkarten des Antragsgegners und gab ihm unter Anordnung des Sofortvollzuges auf, spätestens einen Monat nach Zustellung des Bescheides die waffenrechtlichen Erlaubnisse dem Landratsamt zu übergeben und die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt dies nachzuweisen. Für den Fall dass er die Waffenbesitzkarten nicht fristgemäß abgebe, wurde dem Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 250,- EUR für jedes zu übergebende Dokument angedroht. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Bescheid wurde ihm laut Postzustellungsurkunde am 2. Juli 2016 durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt.

Der Antragsgegner erhob weder Klage noch erfüllte er seine Verpflichtungen aus dem bestandskräftigen Bescheid. Mit Schreiben vom 8. September 2016, förmlich zugestellt am 13. September 2016, forderte das Landratsamt den Antragsgegner auf, das fällige Zwangsgeld zu bezahlen. Weiter setzte es ihm eine erneute Frist bis zum 12. Oktober 2016, um seinen waffenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, und kündigte widrigenfalls die Sicherstellung der Waffen und der Dokumente an. Der Antragsgegner reagierte weder hierauf noch auf zwei weitere Aufforderungen mit erneuten Fristsetzungen und Zwangsgeldforderungen, förmlich zugestellt am 17. Oktober 2016 und am 19. November 2016. Mit Bescheid vom 10. Januar 2017, förmlich zugestellt am 14. Januar 2017, setzte der Antragsteller das Zwangsgeld aus dem Bescheid vom 16. November 2016 fest, drohte dem Antragsgegner jeweils unter Fristsetzung von einem Monat nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld hinsichtlich der Rückgabe der Waffenbesitzkarten sowie die Sicherstellung der Dokumente und der Waffen an. Auch hierauf erfolgte seitens des Antragsgegners keine Reaktion.

Am 21. Februar 2017 beantragte der Antragsteller bei Gericht,

die Anordnung der Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners in einem Mehrfamilienhaus in der … Str., … …, zum Zwecke der Sicherstellung der Originaldokumente der Waffenbesitzkarten Nr. … … und … sowie der vorhandenen Waffen samt Munition und eine Ermächtigung der Mitarbeiter des Landratsamtes, ggf. unter Mithilfe der Polizei, alle verschlossenen Türen, Räume (auch ggf. vorhandene Keller- und Garagenräume) sowie Behältnisse zu diesem Zweck zu öffnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner sei seinen waffenrechtlichen Verpflichtungen aus dem seit 3. August 2016 vollstreckbaren Widerrufsbescheid trotz vier weiterer Zwangsmittelandrohungen nicht nachgekommen. Nachdem auch die Verpflichtung zur Zahlung von Zwangsgeld den Antragsgegner hierzu nicht habe bewegen können, müsse davon ausgegangen werden, dass er dazu nicht bereit sei. Der Durchsuchungsbeschluss sollte auch das auf den Antragsgegner zugelassene Kraftfahrzeug umfassen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist statthaft. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 und 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen außer bei Gefahr in Verzug nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung erfolgen (vgl. BVerfG, B. v. 3. April 1979 - 1 BvR 994/76 - juris Rn 24 ff. m.w.N., Rn 51 u. B. v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 38 und BayVGH, B. v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 24).

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Aus Art. 13 Abs. 2 GG folgt für den Prüfungsmaßstab und -umfang, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung als solche in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden müssen (BVerfG, B. v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 41; BayVGH, B. v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 25). Notwendig und ausreichend ist es daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme vorliegen und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, insbesondere ob die zu vollstreckende Maßnahme den schwerwiegenden Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigt (BayVGH, aaO, Rn 25 m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zur Sicherstellung der Schusswaffen und der waffenrechtlichen Erlaubnisse gem. § 10 Abs. 1 WaffG nach fruchtlosem Ablauf der zur Erfüllung der Rückgabepflicht eingeräumten Fristen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG.

Der mit einer richtigen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Widerrufsbescheid vom 29. Juni 2016 ist bestandskräftig, da er dem Antragsgegner gem. Art. 3 Abs. 2 VwZVG i.V.m. § 180 ZPO durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten wirksam zugestellt worden ist und der Antragsgegner keine Klage erhoben hat. Der Bescheid ist gem. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vollstreckbar. Die hierin bzw. in den nachfolgenden Bescheiden gesetzten Fristen, innerhalb derer der Antragsgegner die waffenrechtlichen Erlaubnisse gem. § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG zurückzugeben und die Waffen gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG entweder an einen Berechtigten abzugeben oder unbrauchbar zu machen und dies nachzuweisen hatte, sind abgelaufen (vgl. Art. 19 Abs. 2 VwZVG). Die ihm gesetzten Fristen waren jeweils angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.

Auch die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben. Eine vorangehende Androhung der Wohnungsdurchsuchung (Art. 36 VwZVG) bzw. Anhörung des Antragsgegners (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) ist entbehrlich. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann in besonderen Gefahrenlagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist eine Verweisung des Betroffenen auf eine nachträgliche Anhörung mit dem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) vereinbar (BVerfG, B. v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 52 ff.). In Anbetracht der mehrmonatigen erfolglosen Bemühungen des Antragstellers, den Antragsgegner zu einer freiwilligen Erfüllung seiner waffenrechtlichen Verpflichtungen zu bewegen, ist davon auszugehen, dass er die Waffen und die waffenrechtliche Erlaubnisse nicht freiwillig herausgibt bzw. den dann erforderlichen Zugriff auf sie unmöglich macht.

Schließlich verstößt die Wohnungsdurchsuchung auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten befugt, die Wohnung des Pflichtigen zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einsatzbereiten Waffen in der Hand von waffenrechtlich unzuverlässigen bzw. unberechtigten Personen ausgehen, hat der Antragsgegner Einschränkungen seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG hinzunehmen. Zwar werden die Bediensteten des Antragstellers bzw. der Polizei, bevor sie mit der Durchsuchung beginnen, von dem Antragsgegner die Waffen und die Waffenbesitzkarten herausverlangen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Durchsuchung zu beenden, sobald der Antragsgegner jene freiwillig herausgeben sollte (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwVZG). Tritt dieser Fall jedoch nicht ein, so bleibt keine andere Möglichkeit, als seine Wohnung zu durchsuchen.

Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, ist der Antragsteller zu beauftragen, diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gem. § 14 VwGO unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe zuzustellen.

Einer Klarstellung, dass die Durchsuchungsanordnung das Kraftfahrzeug des Antragsgegners mitumfasst, bedurfte es nicht, da ein Kraftfahrzeug keine „Wohnung“ im Sinn von Art. 13 Abs. 1 GG ist und nur Wohnungsdurchsuchungen dem Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG unterliegen. Der verfassungsrechtliche Wohnungsbegriff ist zwar weit und schließt alle Räume ein, die zu Aufenthalts- oder Arbeitszwecken bestimmt sind bzw. benutzt werden einschließlich der Nebenräume und des angrenzenden umschlossenen freien Geländes, auch Tageszimmer, Hotelzimmer, Keller, Speicher, Treppen, Wohnwagen, Wohnschiffe, nicht allgemein zugängliche Geschäfts- und Büroräume, Personalaufenthaltsräume, Arbeitshallen, Werkstätten, Garagen, Schuppen, Ställe, Scheunen und ähnliche Räume, nicht aber bloße Verkehrsmittel wie Kraftfahrzeuge (Papier in Maunz/Dürig, GG, 78. Erg.lfg. September 2016, Art. 13 Rn 10 m.w.N.). Für eine Dursuchung des Kraftfahrzeugs genügt die allgemeine Befugnis der Waffenbehörde nach Art. 30 Abs. 1 VwZVG, ihren Verwaltungsakt auch selbst zu vollstrecken, bei Anwendung unmittelbaren Zwangs nach Art. 37 Abs. 2 VwZVG mit Hilfe der Polizei.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

Tenor

Dem Vollstreckungsbeamten des Vollstreckungsgläubigers einschließlich etwa im Wege der Vollzugshilfe hinzugezogener Polizeibeamten wird die Befugnis erteilt, die Wohn- und Nebenräume des Vollstreckungsschuldners, wohnhaft in A-Dorf, A-Straße .., zum Zwecke der Sicherstellung der in den Waffenbesitzkarten Nr. ... eingetragenen Schusswaffen zu betreten und zu durchsuchen, soweit dies der Zweck der Vollstreckung der waffenrechtlichen Verfügung vom 14. Juni 2010 erfordert.

Diese Befugnis ist für den Zeitraum ab Zustellung dieses Beschlusses bis einschließlich 10. Februar 2012 befristet.

Der Vollstreckungsschuldner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1

Dem Antrag des Vollstreckungsgläubigers vom 4. November 2011, die nach § 46 Abs. 2 Waffengesetz - WaffG - i.V.m. § 9 Abs. 2 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz - LVwVG - erforderliche richterliche Erlaubnis zur Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsschuldners zu erteilen, wird stattgegeben.

2

Die Entscheidung ergeht durch die Kammer, weil ein Fall der Zuständigkeit (allein) des Vorsitzenden nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - nicht vorliegt. Nach dieser Vorschrift ist Vollstreckungsbehörde im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs. Diese Regelung betrifft jedoch nur die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen und nicht, wie hier, die Vollstreckung behördlicher Entscheidungen (vgl. Schmidt-Kötters in: Posser/Wolf, BeckOK VwGO, Stand Oktober 2011, § 169 Rdnr. 7).

3

Der Antrag ist sowohl zulässig (I.) als auch begründet (II.).

I.

4

Der Antrag ist zulässig.

5

1. Für den Antrag auf richterliche Durchsuchungsanordnung ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil die begehrte Durchsuchungsanordnung im Zusammenhang mit einer Verwaltungsvollstreckung eines Bescheids aus dem öffentlich-rechtlichen Waffenrecht steht (VG Neustadt, Beschluss vom 4. Juni 2003 - 5 N 1303/03.NW -). Es besteht auch keine abdrängende landesrechtliche Sonderzuweisung zu den Amtsgerichten (§ 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

6

Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, da eine hoheitliche behördliche Maßnahme zugelassen werden soll. Die Voraussetzungen und die Zulässigkeit einer Durchsuchungsanordnung ergeben sich im vorliegenden Fall nicht aus § 46 Abs. 4 Satz 2 WaffG, sondern aus § 46 Abs. 2 WaffG i. V. m. dem Landesvollstreckungsrecht, denn die Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010 ist nach Zurückweisung des Widerspruchs des Vollstreckungsschuldners mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Südwestpfalz vom 3. März 2011 bestandskräftig geworden. Hat gemäß § 46 Abs. 2 WaffG jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen. Die Sicherstellung nach § 46 Abs. 2 WaffG dient durch die Begründung amtlichen Gewahrsams der Beendigung des nicht mehr durch eine Erlaubnis gedeckten Waffenbesitzes und der Herstellung rechtmäßiger Zustände, damit die Widerrufsentscheidung nicht wirkungslos bleibt. Dieser Zweck erfordert, wenn der Betroffene die Frist hat verstreichen lassen, die Möglichkeit einer zwangsweisen Durchsetzung auch im Wege unmittelbaren Zwangs mit einer Durchsuchung, sodass, weil das Waffengesetz insoweit keine Regelung enthält, nach § 1 Abs. 1 und 3 LVwVG ergänzend Landesvollstreckungsrecht bei Durchsuchungen zur Sicherstellung im Sinne von § 46 Abs. 2 WaffG anwendbar ist (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 20. Januar 2010 - AN 15 X 10.00103 -, juris). Soll daher die Wohnung des Vollstreckungsschuldners im Rahmen der Vollstreckung eines Verwaltungsaktes durchsucht werden, greift die Vorschrift des § 9 Abs. 2 LVwVG ein. Danach darf die Wohnung des Vollstreckungsschuldners ohne dessen Einwilligung nur auf richterliche Anordnung durchsucht werden; die Anordnung ist vorzuzeigen. Die Anordnung trifft, da keine Angelegenheit des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes betroffen ist, das Verwaltungsgericht (vgl. zur Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz - POG – für die richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung, wenn der zu vollstreckende Verwaltungsakt dem Betroffenen noch nicht bekannt gemacht worden ist OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. August 2011 - 7 E 10858/11.OVG -).

7

2. Der Antrag auf Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsgläubigers ist statthaft. § 9 Abs. 1 LVwVG, wonach die Vollstreckungsbehörde und der Vollstreckungsbeamte die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse des Vollstreckungsschuldners durchsuchen können, soweit es der Zweck der Vollstreckung erfordert, und hierbei auch verschlossene Türen und Behältnisse öffnen dürfen, enthält seinem Wortlaut nach zwar keinen richterlichen Erlaubnisvorbehalt, jedoch ist diese Vorschrift im Hinblick auf Art. 13 Abs.2 des Grundgesetzes - GG -, wonach Wohnungsdurchsuchungen - außer bei Gefahr im Verzug - nur durch den Richter angeordnet werden dürfen, verfassungskonform in diesem Sinne auszulegen.

II.

8

Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die begehrte Durchsuchungsanordnung liegen für die in den im Tenor genannten Waffenbesitzkarten des Vollstreckungsschuldners eingetragenen Waffen vor.

9

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsschuldners einschließlich deren Nebenräume zum Zwecke der Sicherstellung der Waffen sind § 65 LVwVG und § 9 Abs. 1 LVwVG. Die Durchsuchung ist zu gestatten, da die allgemeinen und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind.

10

Der Vollzug der Sicherstellungsanordnung für Waffen ist eine bundesrechtlich angeordnete Art des unmittelbaren Zwangs im Sinne von § 65 LVwVG, so dass sich die Durchführung ergänzend nach § 9 Abs. 1 LVwVG richtet.

11

Für die beantragte Durchsuchungsanordnung liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Nach § 2 LVwVG können Verwaltungsakte voll-streckt werden, wenn sie erstens unanfechtbar sind, zweitens der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat oder drittens ihre sofortige Vollziehung beson-ders angeordnet ist. Hier stellt die bestandskräftige Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010 eine Vollstreckungsgrundlage im Sinne von § 2 Nr. 1 LVwVG dar.

12

Der Vollstreckungsschuldner hat die ihm in Ziffer 3 der Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010 aufgegebene Verpflichtung, die in den Waffenbesitzkarten Nr. ... aufgezählten Schusswaffen sowie die in seinem Besitz befindliche Munition innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheids unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und den entsprechenden Nachweis gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger innerhalb von sechs Wochen nach Bestandskraft der Verfügung zu führen, nicht erfüllt und damit gegen die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG verstoßen.

13

Dies ist zugleich die Voraussetzung für die Sicherstellung der Waffen durch den Vollstreckungsgläubiger, die dieser auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG in Nr. 4 des Bescheids vom 14. Juni 2010 für den Fall fruchtlosen Fristablaufs angekündigt hat.

14

Die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs als Zwangsmittel (§ 65 LVwVG) sind gegeben. In Bezug auf die Waffen sind andere Zwangsmittel nach wirksamem Widerruf einer Erlaubnis durch die bundesrechtliche Sonderregelung des § 46 Abs. 2 WaffG ausgeschlossen. Vor Ablauf der nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG gesetzten Frist besteht nämlich keine bestimmte Handlungspflicht, sondern die befristet eingeräumte Möglichkeit (Wahlrecht) des Unbrauchbarmachens der Waffen oder ihrer Überlassung an einen Berechtigten. Nach fruchtlosem Fristablauf gibt es nur noch die Möglichkeit der behördlichen Sicherstellung mit der weiteren Möglichkeit der behördlichen Einziehung und Verwertung, falls nach der Sicherstellung kein empfangsbereiter Berechtigter benannt wird (vgl. BVerwG, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 40).

15

Einer Androhung unmittelbaren Zwangs bedurfte es nach § 66 LVwVG nicht, weil der weitere Besitz von Waffen ohne eine Erlaubnis eine Straftat darstellt (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 a WaffG).

16

Damit sind auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung zum Auffinden der Waffen des Vollstreckungsschuldners erfüllt (§ 9 Abs. 1 LVwVG). Soweit es der Zweck der Vollstreckung erfordert, sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamte befugt, die Wohn- und Nebenräume des Vollstreckungsschuldners zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen.

17

Die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume nach den Waffen des Vollstreckungsschuldners steht auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang. Denn die hier vorliegenden Anhaltspunkte für die unberechtigte Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen durch eine unzuverlässige Person lassen den Schluss auf Gefahren für Leben und Gesundheit zu, was schwerer wiegt, als die Unverletzlichkeit der Wohnung. Ein milderes Mittel (Zwangsgeld oder Ersatzvornahme) steht, wie oben ausgeführt, nicht zur Verfügung.

18

Soweit der Vollstreckungsschuldner beim Hausbesuch am 19. Oktober 2011 zwecks Sicherstellung der Waffen durch Mitarbeiter des Vollstreckungsgläubigers diesen gegenüber angegeben hat, seine Waffen nicht in A-Dorf, sondern in einem Banktresor in der Schweiz aufzubewahren, steht dies dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entgegen. Da er weder bereit war, den Namen der Bank zu nennen, noch Unterlagen vorzulegen, die seine Behauptung bestätigen könnten, liegt der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um eine Schutzbehauptung handelt. Ferner hat er auch gegen seine Zusage verstoßen, bis zum 28. Oktober 2010 Nachweise über den Verkauf seiner Dekowaffen in der Schweiz oder deren Aushändigung an den Zoll vorzulegen.

19

Nicht zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren, ob der zugrunde liegende vollstreckbare Titel, nämlich die Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010, rechtmäßig ist (vgl. BVerfG, NVwZ 1999, 290, 292; BVerwG, NVwZ 2009, 122; OVG Nordrhein-Westfalen, GewArch 2011, 398; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 2009, 746). Es genügt, dass er nicht nichtig ist. Im vorliegenden Fall ergeben sich keine Hinweise für eine Nichtigkeit des Bescheids vom 14. Juni 2010.

20

Keiner eigenständigen richterlichen Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 LVwVG bedarf der Vollstreckungsgläubiger für die Durchsuchung der Kraftfahrzeuge des Vollstreckungsschuldners. Denn bei einem Kraftfahrzeug handelt es sich nicht um eine „Wohnung“, die gemäß § 9 Abs. 2 LVwVG gegen den Willen des Gewahrsaminhabers nur auf richterliche Anordnung durchsucht werden darf. Der Schutzzweck des § 9 Abs. 2 LVwVG zielt auf Art. 13 GG ab, der eine weite Auslegung des Wohnungsbegriffs erfordert. Dieser umfasst auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (s. z.B. BVerfG, NJW 2011, 2275). Hintergrund der Regelung in § 9 Abs. 2 LVwVG ist, dass die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG einen besonderen grundrechtlichen Schutz genießt (BVerfGE 96, 44; BVerfG, NJW 2000, 943). Zur Wohnung zählen danach nicht nur die Wohnräume im engeren Sinne wie die Aufenthalts- und Arbeitszwecken bestimmten und genutzten Räume des Vollstreckungsschuldners einschließlich der Nebenräume und des angrenzenden umschlossenen freies Geländes, sondern auch Wohnwagen, Schiffskabinen, Zimmer im Hotel, das vom Schuldner bewohnt wird, umzäunter Hofraum und Garten. Nicht erfasst sind dagegen Kraftfahrzeuge; diese lassen als Sachen einen entsprechenden Zusammenhang mit der Privatsphäre nicht erkennen (Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Auflage 2011, Art. 13 Rn. 4; Fink in: Epping/Hillgruber BeckOK GG, Stand Oktober 2011, Art. 13 Rn. 2; vgl. auch § 21 Abs. 1 POG, wonach der Richtervorbehalt bei präventiven Durchsuchungen nur für Wohnungen nach § 20 POG, nicht aber für die Durchsuchung von Sachen nach § 19 POG gilt).

21

Die Ermächtigung der Vollstreckungsbeamten war zu befristen, weil sie andern-falls eine dauernde Bedrohung des Vollstreckungsschuldners darstellen würde und unverhältnismäßig wäre. Ein Zeitraum von ca. drei Monaten erscheint dem Gericht als angemessen, die beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen.

22

Die Entscheidung konnte – um den Zweck der Durchsuchung nicht zu gefährden – ohne Anhörung des Vollstreckungsschuldners ergehen (vgl. BVerfG NJW 1979, 1539). Auch ist der Vollstreckungsgläubiger im Wege der Amtshilfe zu beauftragen, den Beschluss gemäß § 14 VwGO dem Vollstreckungsschuldner spätestens bei Beginn der Durchsuchung durch Übergabe zuzustellen.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rechts- und Amtshilfe.

(1) Die Geschäftsstelle führt die Zustellung nach §§ 173 bis 176 Absatz 1 aus. Sie kann einen nach § 33 Abs. 1 des Postgesetzes beliehenen Unternehmer (Post) oder einen Justizbediensteten mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Den Auftrag an die Post erteilt die Geschäftsstelle auf dem dafür vorgesehenen Vordruck.

(2) Der Vorsitzende des Prozessgerichts oder ein von ihm bestimmtes Mitglied können einen Gerichtsvollzieher oder eine andere Behörde mit der Ausführung der Zustellung beauftragen, wenn eine Zustellung nach Absatz 1 keinen Erfolg verspricht.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sowie Terminbestimmungen und Ladungen sind zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

(1) Ein Schriftstück kann durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden. Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein.

(2) Wird die Post, ein Justizbediensteter oder ein Gerichtsvollzieher mit der Zustellung eines Schriftstücks beauftragt oder wird eine andere Behörde um die Zustellung ersucht, so übergibt die Geschäftsstelle das zuzustellende Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag und ein vorbereitetes Formular einer Zustellungsurkunde. Die Zustellung erfolgt nach den §§ 177 bis 181.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.