Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2017 - M 7 X 17.4485

bei uns veröffentlicht am21.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnräume des ... durch Bedienstete des Landratsamts E. und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung vorhandener Munition sowie der nachfolgend aufgezählten Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente:

Art Kaliber Hersteller Herst. Nr. ...,

Revolver 4mmRF Lang Weihrauch …,

Wechselsystem .22lr SIG …,

Halbautomat. Pistole .22lr Hämmerli …

Revolver .357 Magn. Smith& Wesson … Wechsellauf .22lr Hämmerli …,

Wechselsystem .32S& WLongWC Hämmerli …,

Halbautomat. Pistole 9mmLuger SIG …,

Wechselsystem .22lr SIG …,

Bockdoppelflinte .12 Gamba …,

WBK grün Nr. … v. 07.09.1976 LRA E.,

WBK gelb Nr. … v. 07.05.1984 LRA E.,

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung des Antragsgegners zum Zwecke der Sicherstellung von Schusswaffen und Munition sowie zweier Waffenbesitzkarten.

Am 7. September 1996 sind dem Antragsgegner vom Landratsamt E. die Waffenbesitzkarte Nr. … sowie am 7. Mai 1984 die Waffenbesitzkarte als Sportschütze Nr. … erteilt worden. In die Waffenbesitzkarten sind neun Schusswaffen eingetragen.

Nach Anhörung des Antragsgegners widerrief das Landratsamt E. mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 10. August 2017 die dem Antragsgegner erteilten Waffenbesitzkarten (Nr. 1). Der Antragsgegner wurde verpflichtet, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids die Waffenbesitzkarten an das Landratsamt E. zurückzugeben (Nr. 2) und die in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen und Munition innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids an Berechtigte zu überlassen oder nach den Bestimmungen des Waffengesetz unbrauchbar machen zu lassen und dies dem Landratsamt E. entsprechend nachzuweisen (Nr. 3). Der Antragsgegner wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommen werde, die Schusswaffen und Munition durch das Landratsamt E. kostenpflichtig sichergestellt und eingezogen würden. Die sofortige Vollziehbarkeit der Nrn. 2 und 3 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 4) und für den Fall, dass die Waffenbesitzkarten nicht fristgerecht an das Landratsamt abgegeben würden, ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- € zur Zahlung angedroht (Nr. 5). Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde dem Antragsgegner der Bescheid am 16. August 2017 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.

Nachdem der Antragsgegner die Waffenbesitzkarten nicht zurückgab, wurde mit Schreiben vom 25. August 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- € fällig gestellt. Zugleich wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- € angedroht, falls er der Verpflichtung weiterhin nicht innerhalb einer Woche nachkomme.

Auf den am 31. August 2017 ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid hin hat der Antragsgegner bislang weder die Waffenbesitzkarten abgegeben, noch dem Landratsamt gegenüber nachgewiesen, dass er die Waffen und Munition Berechtigten überlassen habe bzw. diese habe unbrauchbar machen lassen.

Mit Schreiben vom 30. August 2017 teilte er dem Landratsamt E. jedoch mit, dass das Schreiben vom 10. August 2017 zwar in seinem Briefkasten gewesen sei, er aber bis 28. August 2017 Betriebsurlaub gehabt habe. Wegen Rücksprache mit seinen Anwälten bat er um angemessene Fristverlängerung. Unter dem 2. September 2017 legte der Antragsgegner „Wiederspruch“ gegen das Schreiben von 25. August 2017 ein und nahm inhaltlich Stellung. Daraufhin teilte das Landratsamt E. dem Antragsgegner mit Schreiben vom 7. September 2017 mit, dass das Widerspruchsverfahren im Bereich des Waffengesetzes abgeschafft worden sei und er entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung:nur Klage erheben könne.

Mit Schreiben vom 14. September 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 20. September 2017, beantragt der Antragsgegner,

die Durchsuchung der Wohnräume des Herrn ..., durch Polizeibeamte zum Zwecke der Sicherstellung der [folgenden] Schusswaffen und Munition sowie der [folgenden] waffenrechtlichen Dokumente zu gestatten.

Bezüglich der Aufzählung der Schusswaffen wird ebenso wie hinsichtlich der Begründung auf den Antrag vom 14. September 2017 Bezug genommen. Eine Behördenakte wurde im Original vorgelegt.

Bis zum 20. September 2017 ist kein Eingang einer Klage durch den Antragsgegner gegen den Bescheid vom 10. August 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

I.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist statthaft. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 und 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen außer bei Gefahr in Verzug nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung erfolgen (vgl. BVerfG, B.v. 3. April 1979 - 1 BvR 994/76 - juris Rn 24 ff. m.w.N., Rn 51 u. B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 38; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 24).

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Aus Art. 13 Abs. 2 GG folgt für den Prüfungsmaßstab und -umfang, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung als solche in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden müssen (BVerfG, B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 41; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 25). Notwendig und ausreichend ist es daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme vorliegen und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, insbesondere, ob die zu vollstreckende Maßnahme den schwerwiegenden Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigt (BayVGH, a.a.O., Rn 25 m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zur Sicherstellung der Waffenbesitzkarten sowie der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und vorhandener Munition nach fruchtlosem Ablauf der zur Erfüllung der Rückgabepflicht eingeräumten Fristen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG, hinsichtlich der Waffen und Munition i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Vollzug der Sicherstellungsanordnung für Waffen und Munition ist eine bundesrechtlich angeordnete Art des unmittelbaren Zwangs im Sinne von Art. 34 VwZVG, so dass sich die Durchführung ergänzend nach Art. 37 Abs. 3 VwZVG richtet (vgl. VG Augsburg, B.v. 22.12.2010 – Au 4 V 10.1968 – juris Rn. 13; VG Neustadt, B.v. 8.11.2011 – 5 N 992/11.NW – juris Rn. 10).

Die Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 19, Art. 29 ff. VwZVG sind gegeben.

Der Bescheid vom 10. August 2017 ist bestandskräftig, da er dem Antragsgegner gemäß Postzustellungsurkunde am 16. August 2017 zugestellt wurde. Dass der Antragsgegner wegen Betriebsurlaubs vom Bescheid erst am Ende August Kenntnis erlangt haben mag, hindert den Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht. Der vom Antragsgegner hingegen eingelegte „Wiederspruch“ vom 2. September 2017 gegenüber der Antragstellerin ist nicht statthaft, wie dem Antragsgegner mit Schreiben vom 7. September 2017 auch mitgeteilt wurde. Vielmehr wurde er wie bereits in der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:nochmals auf die Klagemöglichkeit hingewiesen. Innerhalb der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Klagefrist bis zum 18. September 2017 erhob der Antragsgegner jedoch keine Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Zudem haben Widerspruch und Anfechtungsklage in Bezug auf den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse keine aufschiebende Wirkung bzw. wurde im Bescheid vom 10. August 2017 die sofortige Vollziehbarkeit der Rückgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarte sowie der Überlassung/Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition angeordnet.

Die in dem bestandskräftigen Widerrufsbescheid vom 10. August 2017 gesetzten Fristen zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und Überlassung der Waffen und Munition an einem Berechtigten bzw. diese unbrauchbar machen zu lassen mit entsprechendem Nachweis dem Landratsamt gegenüber, sind abgelaufen. Die Behörde ist nunmehr gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG befugt, die Waffen sowie vorhandene Munition durch hoheitlichen Zugriff sicherzustellen und zu verwerten (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 12/83 – juris Rn. 62).

Die Fristen im Ausgangsbescheid und weiteren Zwangsgeldbescheid vom 25. August 2017 waren jeweils angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Nachdem zudem die Anwendung des mildesten Vollstreckungsmittels, nämlich eine zweimalige Androhung des Zwangsgeldes, erfolglos blieb, erscheint die Anwendung unmittelbaren Zwangs nunmehr geboten (Art. 34 Satz 1 VwZVG).

Von einer Androhung des Zwangsmittels nach Art. 37 VwZVG konnte gemäß Art. 35 VwZVG abgesehen werden. Hinsichtlich der unterbliebenen Überlassung an Berechtigte bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen steht durch den weiteren Besitz ohne Erlaubnis bereits ein Straftatbestand im Raum (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG). Im Übrigen bestünde bei einer vorherigen Androhung des unmittelbaren Zwangs die Gefahr, dass die Waffenbesitzkarten und Waffen dem möglichen Zugriff der Waffenbehörde entzogen werden. Zudem hat der Antragsteller ausgeführt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der Antragsgegner durch die Sportschützen-Waffenbesitzkarte Zugang zu weiteren Waffen verschaffen könnte. Außerdem begeht der Antragsgegner durch die unterlassene Rückgabe der Waffenbesitzkarten eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Ab. 1 Nr. 22 WaffG und besteht damit eine Gefahr für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung i.S.d. Einhaltung der Rechtsordnung.

Eine vorhergehende Anhörung des Antragsgegners nach Art. 103 Abs. 1 GG konnte ebenso unterbleiben. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann in besonderen Gefahrenlagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist eine Verweisung des Betroffenen auf eine nachträgliche Anhörung mit dem Recht auf rechtliches Gehör vereinbar (BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.).

Die Wohnungsdurchsuchung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Gericht teilt die glaubwürdig vorgetragene Einschätzung des Antragstellers, der Antragsgegner werde die Waffen und Munition nicht freiwillig herausgeben bzw. die Sicherstellung unmöglich machen. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten befugt, die Wohnung des Antragsgegners zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einsatzbereiten Waffen in der Hand von waffenrechtlich unzuverlässigen bzw. unberechtigten Personen ausgehen, hat der Antragsgegner Einschränkungen seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG hinzunehmen. Zwar werden die Bediensteten des Antragstellers bzw. der Polizei, bevor sie mit der Durchsuchung beginnen, vom Antragsgegner die Waffen und Munition herausverlangen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Durchsuchung zu beenden, sobald der Antragsgegner die Waffen und Munition freiwillig herausgeben sollte (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG). Macht er dies nicht, so bleibt keine andere Möglichkeit, als die Wohnung zu durchsuchen.

Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, ist der Antragsteller beauftragt, diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gemäß § 14 VwGO unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe zuzustellen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. (3) Begrü

Waffengesetz - WaffG 2002 | § 46 Weitere Maßnahmen


(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist. (2) Hat

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 14


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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 08. Nov. 2011 - 5 N 992/11.NW

bei uns veröffentlicht am 08.11.2011

Tenor Dem Vollstreckungsbeamten des Vollstreckungsgläubigers einschließlich etwa im Wege der Vollzugshilfe hinzugezogener Polizeibeamten wird die Befugnis erteilt, die Wohn- und Nebenräume des Vollstreckungsschuldners, wohnhaft in A-Dorf, A-S
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Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 – M 7 X 17.4485 – wird dahingehend ergänzt, dass auch die Durchsuchung der Praxisräume und dazugehörigen Nebenräume (z.B. Kellerräume) des Her

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(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

Tenor

Dem Vollstreckungsbeamten des Vollstreckungsgläubigers einschließlich etwa im Wege der Vollzugshilfe hinzugezogener Polizeibeamten wird die Befugnis erteilt, die Wohn- und Nebenräume des Vollstreckungsschuldners, wohnhaft in A-Dorf, A-Straße .., zum Zwecke der Sicherstellung der in den Waffenbesitzkarten Nr. ... eingetragenen Schusswaffen zu betreten und zu durchsuchen, soweit dies der Zweck der Vollstreckung der waffenrechtlichen Verfügung vom 14. Juni 2010 erfordert.

Diese Befugnis ist für den Zeitraum ab Zustellung dieses Beschlusses bis einschließlich 10. Februar 2012 befristet.

Der Vollstreckungsschuldner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1

Dem Antrag des Vollstreckungsgläubigers vom 4. November 2011, die nach § 46 Abs. 2 Waffengesetz - WaffG - i.V.m. § 9 Abs. 2 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz - LVwVG - erforderliche richterliche Erlaubnis zur Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsschuldners zu erteilen, wird stattgegeben.

2

Die Entscheidung ergeht durch die Kammer, weil ein Fall der Zuständigkeit (allein) des Vorsitzenden nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - nicht vorliegt. Nach dieser Vorschrift ist Vollstreckungsbehörde im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs. Diese Regelung betrifft jedoch nur die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen und nicht, wie hier, die Vollstreckung behördlicher Entscheidungen (vgl. Schmidt-Kötters in: Posser/Wolf, BeckOK VwGO, Stand Oktober 2011, § 169 Rdnr. 7).

3

Der Antrag ist sowohl zulässig (I.) als auch begründet (II.).

I.

4

Der Antrag ist zulässig.

5

1. Für den Antrag auf richterliche Durchsuchungsanordnung ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg gegeben, weil die begehrte Durchsuchungsanordnung im Zusammenhang mit einer Verwaltungsvollstreckung eines Bescheids aus dem öffentlich-rechtlichen Waffenrecht steht (VG Neustadt, Beschluss vom 4. Juni 2003 - 5 N 1303/03.NW -). Es besteht auch keine abdrängende landesrechtliche Sonderzuweisung zu den Amtsgerichten (§ 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

6

Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, da eine hoheitliche behördliche Maßnahme zugelassen werden soll. Die Voraussetzungen und die Zulässigkeit einer Durchsuchungsanordnung ergeben sich im vorliegenden Fall nicht aus § 46 Abs. 4 Satz 2 WaffG, sondern aus § 46 Abs. 2 WaffG i. V. m. dem Landesvollstreckungsrecht, denn die Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010 ist nach Zurückweisung des Widerspruchs des Vollstreckungsschuldners mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses bei der Kreisverwaltung Südwestpfalz vom 3. März 2011 bestandskräftig geworden. Hat gemäß § 46 Abs. 2 WaffG jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen. Die Sicherstellung nach § 46 Abs. 2 WaffG dient durch die Begründung amtlichen Gewahrsams der Beendigung des nicht mehr durch eine Erlaubnis gedeckten Waffenbesitzes und der Herstellung rechtmäßiger Zustände, damit die Widerrufsentscheidung nicht wirkungslos bleibt. Dieser Zweck erfordert, wenn der Betroffene die Frist hat verstreichen lassen, die Möglichkeit einer zwangsweisen Durchsetzung auch im Wege unmittelbaren Zwangs mit einer Durchsuchung, sodass, weil das Waffengesetz insoweit keine Regelung enthält, nach § 1 Abs. 1 und 3 LVwVG ergänzend Landesvollstreckungsrecht bei Durchsuchungen zur Sicherstellung im Sinne von § 46 Abs. 2 WaffG anwendbar ist (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 20. Januar 2010 - AN 15 X 10.00103 -, juris). Soll daher die Wohnung des Vollstreckungsschuldners im Rahmen der Vollstreckung eines Verwaltungsaktes durchsucht werden, greift die Vorschrift des § 9 Abs. 2 LVwVG ein. Danach darf die Wohnung des Vollstreckungsschuldners ohne dessen Einwilligung nur auf richterliche Anordnung durchsucht werden; die Anordnung ist vorzuzeigen. Die Anordnung trifft, da keine Angelegenheit des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes betroffen ist, das Verwaltungsgericht (vgl. zur Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz - POG – für die richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung, wenn der zu vollstreckende Verwaltungsakt dem Betroffenen noch nicht bekannt gemacht worden ist OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. August 2011 - 7 E 10858/11.OVG -).

7

2. Der Antrag auf Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsgläubigers ist statthaft. § 9 Abs. 1 LVwVG, wonach die Vollstreckungsbehörde und der Vollstreckungsbeamte die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse des Vollstreckungsschuldners durchsuchen können, soweit es der Zweck der Vollstreckung erfordert, und hierbei auch verschlossene Türen und Behältnisse öffnen dürfen, enthält seinem Wortlaut nach zwar keinen richterlichen Erlaubnisvorbehalt, jedoch ist diese Vorschrift im Hinblick auf Art. 13 Abs.2 des Grundgesetzes - GG -, wonach Wohnungsdurchsuchungen - außer bei Gefahr im Verzug - nur durch den Richter angeordnet werden dürfen, verfassungskonform in diesem Sinne auszulegen.

II.

8

Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen für die begehrte Durchsuchungsanordnung liegen für die in den im Tenor genannten Waffenbesitzkarten des Vollstreckungsschuldners eingetragenen Waffen vor.

9

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsschuldners einschließlich deren Nebenräume zum Zwecke der Sicherstellung der Waffen sind § 65 LVwVG und § 9 Abs. 1 LVwVG. Die Durchsuchung ist zu gestatten, da die allgemeinen und die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind.

10

Der Vollzug der Sicherstellungsanordnung für Waffen ist eine bundesrechtlich angeordnete Art des unmittelbaren Zwangs im Sinne von § 65 LVwVG, so dass sich die Durchführung ergänzend nach § 9 Abs. 1 LVwVG richtet.

11

Für die beantragte Durchsuchungsanordnung liegen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vor. Nach § 2 LVwVG können Verwaltungsakte voll-streckt werden, wenn sie erstens unanfechtbar sind, zweitens der Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat oder drittens ihre sofortige Vollziehung beson-ders angeordnet ist. Hier stellt die bestandskräftige Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010 eine Vollstreckungsgrundlage im Sinne von § 2 Nr. 1 LVwVG dar.

12

Der Vollstreckungsschuldner hat die ihm in Ziffer 3 der Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010 aufgegebene Verpflichtung, die in den Waffenbesitzkarten Nr. ... aufgezählten Schusswaffen sowie die in seinem Besitz befindliche Munition innerhalb von vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheids unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und den entsprechenden Nachweis gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger innerhalb von sechs Wochen nach Bestandskraft der Verfügung zu führen, nicht erfüllt und damit gegen die Vorschrift des § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG verstoßen.

13

Dies ist zugleich die Voraussetzung für die Sicherstellung der Waffen durch den Vollstreckungsgläubiger, die dieser auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG in Nr. 4 des Bescheids vom 14. Juni 2010 für den Fall fruchtlosen Fristablaufs angekündigt hat.

14

Die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs als Zwangsmittel (§ 65 LVwVG) sind gegeben. In Bezug auf die Waffen sind andere Zwangsmittel nach wirksamem Widerruf einer Erlaubnis durch die bundesrechtliche Sonderregelung des § 46 Abs. 2 WaffG ausgeschlossen. Vor Ablauf der nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG gesetzten Frist besteht nämlich keine bestimmte Handlungspflicht, sondern die befristet eingeräumte Möglichkeit (Wahlrecht) des Unbrauchbarmachens der Waffen oder ihrer Überlassung an einen Berechtigten. Nach fruchtlosem Fristablauf gibt es nur noch die Möglichkeit der behördlichen Sicherstellung mit der weiteren Möglichkeit der behördlichen Einziehung und Verwertung, falls nach der Sicherstellung kein empfangsbereiter Berechtigter benannt wird (vgl. BVerwG, Buchholz 402.5 WaffG Nr. 40).

15

Einer Androhung unmittelbaren Zwangs bedurfte es nach § 66 LVwVG nicht, weil der weitere Besitz von Waffen ohne eine Erlaubnis eine Straftat darstellt (§ 52 Abs. 3 Nr. 2 a WaffG).

16

Damit sind auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung zum Auffinden der Waffen des Vollstreckungsschuldners erfüllt (§ 9 Abs. 1 LVwVG). Soweit es der Zweck der Vollstreckung erfordert, sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamte befugt, die Wohn- und Nebenräume des Vollstreckungsschuldners zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen.

17

Die Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume nach den Waffen des Vollstreckungsschuldners steht auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang. Denn die hier vorliegenden Anhaltspunkte für die unberechtigte Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen durch eine unzuverlässige Person lassen den Schluss auf Gefahren für Leben und Gesundheit zu, was schwerer wiegt, als die Unverletzlichkeit der Wohnung. Ein milderes Mittel (Zwangsgeld oder Ersatzvornahme) steht, wie oben ausgeführt, nicht zur Verfügung.

18

Soweit der Vollstreckungsschuldner beim Hausbesuch am 19. Oktober 2011 zwecks Sicherstellung der Waffen durch Mitarbeiter des Vollstreckungsgläubigers diesen gegenüber angegeben hat, seine Waffen nicht in A-Dorf, sondern in einem Banktresor in der Schweiz aufzubewahren, steht dies dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entgegen. Da er weder bereit war, den Namen der Bank zu nennen, noch Unterlagen vorzulegen, die seine Behauptung bestätigen könnten, liegt der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um eine Schutzbehauptung handelt. Ferner hat er auch gegen seine Zusage verstoßen, bis zum 28. Oktober 2010 Nachweise über den Verkauf seiner Dekowaffen in der Schweiz oder deren Aushändigung an den Zoll vorzulegen.

19

Nicht zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren, ob der zugrunde liegende vollstreckbare Titel, nämlich die Widerrufsverfügung vom 14. Juni 2010, rechtmäßig ist (vgl. BVerfG, NVwZ 1999, 290, 292; BVerwG, NVwZ 2009, 122; OVG Nordrhein-Westfalen, GewArch 2011, 398; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 2009, 746). Es genügt, dass er nicht nichtig ist. Im vorliegenden Fall ergeben sich keine Hinweise für eine Nichtigkeit des Bescheids vom 14. Juni 2010.

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Keiner eigenständigen richterlichen Erlaubnis nach § 9 Abs. 2 LVwVG bedarf der Vollstreckungsgläubiger für die Durchsuchung der Kraftfahrzeuge des Vollstreckungsschuldners. Denn bei einem Kraftfahrzeug handelt es sich nicht um eine „Wohnung“, die gemäß § 9 Abs. 2 LVwVG gegen den Willen des Gewahrsaminhabers nur auf richterliche Anordnung durchsucht werden darf. Der Schutzzweck des § 9 Abs. 2 LVwVG zielt auf Art. 13 GG ab, der eine weite Auslegung des Wohnungsbegriffs erfordert. Dieser umfasst auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume (s. z.B. BVerfG, NJW 2011, 2275). Hintergrund der Regelung in § 9 Abs. 2 LVwVG ist, dass die räumliche Lebenssphäre des Einzelnen mit der Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG einen besonderen grundrechtlichen Schutz genießt (BVerfGE 96, 44; BVerfG, NJW 2000, 943). Zur Wohnung zählen danach nicht nur die Wohnräume im engeren Sinne wie die Aufenthalts- und Arbeitszwecken bestimmten und genutzten Räume des Vollstreckungsschuldners einschließlich der Nebenräume und des angrenzenden umschlossenen freies Geländes, sondern auch Wohnwagen, Schiffskabinen, Zimmer im Hotel, das vom Schuldner bewohnt wird, umzäunter Hofraum und Garten. Nicht erfasst sind dagegen Kraftfahrzeuge; diese lassen als Sachen einen entsprechenden Zusammenhang mit der Privatsphäre nicht erkennen (Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 11. Auflage 2011, Art. 13 Rn. 4; Fink in: Epping/Hillgruber BeckOK GG, Stand Oktober 2011, Art. 13 Rn. 2; vgl. auch § 21 Abs. 1 POG, wonach der Richtervorbehalt bei präventiven Durchsuchungen nur für Wohnungen nach § 20 POG, nicht aber für die Durchsuchung von Sachen nach § 19 POG gilt).

21

Die Ermächtigung der Vollstreckungsbeamten war zu befristen, weil sie andern-falls eine dauernde Bedrohung des Vollstreckungsschuldners darstellen würde und unverhältnismäßig wäre. Ein Zeitraum von ca. drei Monaten erscheint dem Gericht als angemessen, die beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahmen durchzuführen.

22

Die Entscheidung konnte – um den Zweck der Durchsuchung nicht zu gefährden – ohne Anhörung des Vollstreckungsschuldners ergehen (vgl. BVerfG NJW 1979, 1539). Auch ist der Vollstreckungsgläubiger im Wege der Amtshilfe zu beauftragen, den Beschluss gemäß § 14 VwGO dem Vollstreckungsschuldner spätestens bei Beginn der Durchsuchung durch Übergabe zuzustellen.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.

(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffen oder Munition sicherstellen.

(3) Besitzt jemand ohne die erforderliche Erlaubnis oder entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 eine Waffe oder Munition, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist

1.
die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt oder
2.
im Fall einer verbotenen Waffe oder Munition die Verbotsmerkmale beseitigt und
3.
den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die Waffe oder Munition sicherstellen.

(4) Die zuständige Behörde kann Erlaubnisurkunden sowie die in den Absätzen 2 und 3 bezeichneten Waffen oder Munition sofort sicherstellen

1.
in Fällen eines vollziehbaren Verbots nach § 41 Abs. 1 oder 2 oder
2.
soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen.
Zu diesem Zweck sind die Beauftragten der zuständigen Behörde berechtigt, die Wohnung der betroffenen Person zu betreten und diese Wohnung nach Urkunden, Waffen oder Munition zu durchsuchen; Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die zuständige Behörde angeordnet werden; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Sofern der bisherige Inhaber nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung einen empfangsbereiten Berechtigten benennt oder im Fall der Sicherstellung verbotener Waffen oder Munition nicht in dieser Frist eine Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4 beantragt, kann die zuständige Behörde die sichergestellten Waffen oder Munition einziehen und verwerten oder vernichten. Dieselben Befugnisse besitzt die zuständige Behörde im Fall der unanfechtbaren Versagung einer für verbotene Waffen oder Munition vor oder rechtzeitig nach der Sicherstellung beantragten Ausnahmezulassung nach § 40 Abs. 4. Der Erlös aus einer Verwertung der Waffen oder Munition steht nach Abzug der Kosten der Sicherstellung, Verwahrung und Verwertung dem nach bürgerlichem Recht bisher Berechtigten zu.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Rechts- und Amtshilfe.