Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 – M 7 X 17.4485 – wird dahingehend ergänzt, dass auch die Durchsuchung der Praxisräume und dazugehörigen Nebenräume (z.B. Kellerräume) des Herrn ... in ... durch Bedienstete des Landratsamts E. und Polizeibeamte gestattet wird. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung vorhandener Munition sowie der nachfolgend aufgezählten Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente:

Art Kaliber Hersteller Herst.Nr.

Revolver 4mmRF Lang Weihrauch ...

Wechselsystem .22lr SIG ...

Halbautomat. Pistole .22lr Hämmerli ...

Revolver .357 Magn. Smith& Wesson ... Wechsellauf .22lr Hämmerli ...

Wechselsystem .32S& WLongWC Hämmerli ...

Halbautomat. Pistole 9mmLuger SIG ...

Wechselsystem .22lr SIG ...

Bockdoppelflinte .12 Gamba ...

WBK grün Nr. ... v. 07.09.1976 LRA E.

WBK gelb Nr. ... v. 07.05.1984 LRA E.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Auf Antrag des Antragstellers vom 14. September 2017 hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 21. September 2017 die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zum Zwecke der zwangsweisen Sicherstellung vorhandener Munition, näher bezeichneter Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente gestattet (M 7 X 17.4485).

Unter dem 19. Oktober 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 25. Oktober 2017, beantragt der Antragsteller ergänzend,

die Erweiterung des Beschlusses vom 21.07.2017 zur Durchsuchung der Person des Herrn ..., geb. ... in ..., des KFZ des Herrn ... sowie der Praxisräume und dazugehöriger Nebenräume (z.B. Kellerräume) in ..., zu gestatten.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich der Antragsgegner in ... nach polizeilichen Beobachtungen wohl nurmehr zu seinen Praxisöffnungszeiten aufhalte und daher die Durchsuchung der Praxisräume mit zugehörenden Nebenräumen erforderlich sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren M 7 X 17.4485 und M 7 X 17.5056 sowie die Behördenakte (Bl. 1 bis 114) Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Durchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG auch der Praxisräume inkl. Nebenräume des Antragsgegners ist zulässig und begründet.

Auch Büro- und Praxisräume nehmen bei der gebotenen weiten Auslegung des verfassungsrechtlichen Wohnungsbegriffs in Art. 13 Abs. 2 GG am richterlichen Vorbehalt für Durchsuchungsanordnungen teil (vgl. VG München, B.v. 2.3.2017 – M 7 E 16.5979 – juris Rn. 18; Papier in Maunz/Dürig, GG, 78. Erg.Lfg. Stand September 2016, Art. 13 Rn. 10 m.w.N.). Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 zur Gestattung der Durchsuchung der Wohnungsräume des Antragstellers bedarf daher insoweit einer Ergänzung. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Durchsuchung wird auf die Entscheidungsgründe im Verfahren M 7 X 17.4485 verwiesen, die dem Antragsgegner zusammen mit diesem Beschluss unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe im Wege der Amtshilfe zuzustellen sind, und auf eine wiederholende Darstellung verzichtet. Die sicherzustellenden Gegenstände könnten sich durchaus in den Praxisräumen befinden, weshalb eine entsprechende Durchsuchung geboten ist.

Abzulehnen ist der Antrag insoweit, als auch die Anordnung der Durchsuchung der Person und des KFZ beantragt wird. Bloße Verkehrsmittel wie Kraftfahrzeuge unterliegen nicht dem Wohnungsbegriff (VG München, a.a.O.; Papier, a.a.O.) und damit deren Durchsuchung nicht dem richterlichen Vorbehalt. Für die Durchsuchung eines Kraftfahrzeugs genügt die allgemeine Befugnis der Waffenbehörde nach Art. 30 Abs. 1 VwZVG, ihren Verwaltungsakt auch selbst zu vollstrecken, bei Anwendung unmittelbaren Zwangs nach Art. 37 Abs. 2 VwZVG mit Hilfe der Polizei (VG München, a.a.O.). Dies gilt auch für die Durchsuchung des Antragsgegners.

Die Kostentragungspflicht ist gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO vollständig dem Antragsgegner aufzuerlegen, da die Ablehnung der Durchsuchungsanordnung für KFZ und Person nicht ins Gewicht fällt.

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 13


(1) Die Wohnung ist unverletzlich. (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. (3) Begrü

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 02. Nov. 2017 - M 7 X 17.5056

bei uns veröffentlicht am 02.11.2017

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 – M 7 X 17.4485 – wird dahingehend ergänzt, dass auch die Durchsuchung der Praxisräume und dazugehörigen Nebenräume (z.B. Kellerräume) des Her

Verwaltungsgericht München Beschluss, 02. März 2017 - M 7 E 16.5979

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Tenor I. Die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners in der … Str., … einschließlich vorhandener Keller- und Garagenräume durch Bedienstete des Antragstellers und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und

Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Sept. 2017 - M 7 X 17.4485

bei uns veröffentlicht am 21.09.2017

Tenor I. Die Durchsuchung der Wohnräume des ... durch Bedienstete des Landratsamts E. und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 02. Nov. 2017 - M 7 X 17.5056

bei uns veröffentlicht am 02.11.2017

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 – M 7 X 17.4485 – wird dahingehend ergänzt, dass auch die Durchsuchung der Praxisräume und dazugehörigen Nebenräume (z.B. Kellerräume) des Her

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Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnräume des ... durch Bedienstete des Landratsamts E. und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung vorhandener Munition sowie der nachfolgend aufgezählten Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente:

Art Kaliber Hersteller Herst. Nr. ...,

Revolver 4mmRF Lang Weihrauch …,

Wechselsystem .22lr SIG …,

Halbautomat. Pistole .22lr Hämmerli …

Revolver .357 Magn. Smith& Wesson … Wechsellauf .22lr Hämmerli …,

Wechselsystem .32S& WLongWC Hämmerli …,

Halbautomat. Pistole 9mmLuger SIG …,

Wechselsystem .22lr SIG …,

Bockdoppelflinte .12 Gamba …,

WBK grün Nr. … v. 07.09.1976 LRA E.,

WBK gelb Nr. … v. 07.05.1984 LRA E.,

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung des Antragsgegners zum Zwecke der Sicherstellung von Schusswaffen und Munition sowie zweier Waffenbesitzkarten.

Am 7. September 1996 sind dem Antragsgegner vom Landratsamt E. die Waffenbesitzkarte Nr. … sowie am 7. Mai 1984 die Waffenbesitzkarte als Sportschütze Nr. … erteilt worden. In die Waffenbesitzkarten sind neun Schusswaffen eingetragen.

Nach Anhörung des Antragsgegners widerrief das Landratsamt E. mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 10. August 2017 die dem Antragsgegner erteilten Waffenbesitzkarten (Nr. 1). Der Antragsgegner wurde verpflichtet, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids die Waffenbesitzkarten an das Landratsamt E. zurückzugeben (Nr. 2) und die in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen und Munition innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids an Berechtigte zu überlassen oder nach den Bestimmungen des Waffengesetz unbrauchbar machen zu lassen und dies dem Landratsamt E. entsprechend nachzuweisen (Nr. 3). Der Antragsgegner wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommen werde, die Schusswaffen und Munition durch das Landratsamt E. kostenpflichtig sichergestellt und eingezogen würden. Die sofortige Vollziehbarkeit der Nrn. 2 und 3 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 4) und für den Fall, dass die Waffenbesitzkarten nicht fristgerecht an das Landratsamt abgegeben würden, ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- € zur Zahlung angedroht (Nr. 5). Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde dem Antragsgegner der Bescheid am 16. August 2017 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.

Nachdem der Antragsgegner die Waffenbesitzkarten nicht zurückgab, wurde mit Schreiben vom 25. August 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- € fällig gestellt. Zugleich wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- € angedroht, falls er der Verpflichtung weiterhin nicht innerhalb einer Woche nachkomme.

Auf den am 31. August 2017 ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid hin hat der Antragsgegner bislang weder die Waffenbesitzkarten abgegeben, noch dem Landratsamt gegenüber nachgewiesen, dass er die Waffen und Munition Berechtigten überlassen habe bzw. diese habe unbrauchbar machen lassen.

Mit Schreiben vom 30. August 2017 teilte er dem Landratsamt E. jedoch mit, dass das Schreiben vom 10. August 2017 zwar in seinem Briefkasten gewesen sei, er aber bis 28. August 2017 Betriebsurlaub gehabt habe. Wegen Rücksprache mit seinen Anwälten bat er um angemessene Fristverlängerung. Unter dem 2. September 2017 legte der Antragsgegner „Wiederspruch“ gegen das Schreiben von 25. August 2017 ein und nahm inhaltlich Stellung. Daraufhin teilte das Landratsamt E. dem Antragsgegner mit Schreiben vom 7. September 2017 mit, dass das Widerspruchsverfahren im Bereich des Waffengesetzes abgeschafft worden sei und er entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung:nur Klage erheben könne.

Mit Schreiben vom 14. September 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 20. September 2017, beantragt der Antragsgegner,

die Durchsuchung der Wohnräume des Herrn ..., durch Polizeibeamte zum Zwecke der Sicherstellung der [folgenden] Schusswaffen und Munition sowie der [folgenden] waffenrechtlichen Dokumente zu gestatten.

Bezüglich der Aufzählung der Schusswaffen wird ebenso wie hinsichtlich der Begründung auf den Antrag vom 14. September 2017 Bezug genommen. Eine Behördenakte wurde im Original vorgelegt.

Bis zum 20. September 2017 ist kein Eingang einer Klage durch den Antragsgegner gegen den Bescheid vom 10. August 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

I.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist statthaft. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 und 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen außer bei Gefahr in Verzug nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung erfolgen (vgl. BVerfG, B.v. 3. April 1979 - 1 BvR 994/76 - juris Rn 24 ff. m.w.N., Rn 51 u. B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 38; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 24).

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Aus Art. 13 Abs. 2 GG folgt für den Prüfungsmaßstab und -umfang, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung als solche in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden müssen (BVerfG, B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 41; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 25). Notwendig und ausreichend ist es daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme vorliegen und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, insbesondere, ob die zu vollstreckende Maßnahme den schwerwiegenden Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigt (BayVGH, a.a.O., Rn 25 m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zur Sicherstellung der Waffenbesitzkarten sowie der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und vorhandener Munition nach fruchtlosem Ablauf der zur Erfüllung der Rückgabepflicht eingeräumten Fristen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG, hinsichtlich der Waffen und Munition i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Vollzug der Sicherstellungsanordnung für Waffen und Munition ist eine bundesrechtlich angeordnete Art des unmittelbaren Zwangs im Sinne von Art. 34 VwZVG, so dass sich die Durchführung ergänzend nach Art. 37 Abs. 3 VwZVG richtet (vgl. VG Augsburg, B.v. 22.12.2010 – Au 4 V 10.1968 – juris Rn. 13; VG Neustadt, B.v. 8.11.2011 – 5 N 992/11.NW – juris Rn. 10).

Die Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 19, Art. 29 ff. VwZVG sind gegeben.

Der Bescheid vom 10. August 2017 ist bestandskräftig, da er dem Antragsgegner gemäß Postzustellungsurkunde am 16. August 2017 zugestellt wurde. Dass der Antragsgegner wegen Betriebsurlaubs vom Bescheid erst am Ende August Kenntnis erlangt haben mag, hindert den Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht. Der vom Antragsgegner hingegen eingelegte „Wiederspruch“ vom 2. September 2017 gegenüber der Antragstellerin ist nicht statthaft, wie dem Antragsgegner mit Schreiben vom 7. September 2017 auch mitgeteilt wurde. Vielmehr wurde er wie bereits in der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:nochmals auf die Klagemöglichkeit hingewiesen. Innerhalb der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Klagefrist bis zum 18. September 2017 erhob der Antragsgegner jedoch keine Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Zudem haben Widerspruch und Anfechtungsklage in Bezug auf den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse keine aufschiebende Wirkung bzw. wurde im Bescheid vom 10. August 2017 die sofortige Vollziehbarkeit der Rückgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarte sowie der Überlassung/Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition angeordnet.

Die in dem bestandskräftigen Widerrufsbescheid vom 10. August 2017 gesetzten Fristen zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und Überlassung der Waffen und Munition an einem Berechtigten bzw. diese unbrauchbar machen zu lassen mit entsprechendem Nachweis dem Landratsamt gegenüber, sind abgelaufen. Die Behörde ist nunmehr gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG befugt, die Waffen sowie vorhandene Munition durch hoheitlichen Zugriff sicherzustellen und zu verwerten (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 12/83 – juris Rn. 62).

Die Fristen im Ausgangsbescheid und weiteren Zwangsgeldbescheid vom 25. August 2017 waren jeweils angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Nachdem zudem die Anwendung des mildesten Vollstreckungsmittels, nämlich eine zweimalige Androhung des Zwangsgeldes, erfolglos blieb, erscheint die Anwendung unmittelbaren Zwangs nunmehr geboten (Art. 34 Satz 1 VwZVG).

Von einer Androhung des Zwangsmittels nach Art. 37 VwZVG konnte gemäß Art. 35 VwZVG abgesehen werden. Hinsichtlich der unterbliebenen Überlassung an Berechtigte bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen steht durch den weiteren Besitz ohne Erlaubnis bereits ein Straftatbestand im Raum (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG). Im Übrigen bestünde bei einer vorherigen Androhung des unmittelbaren Zwangs die Gefahr, dass die Waffenbesitzkarten und Waffen dem möglichen Zugriff der Waffenbehörde entzogen werden. Zudem hat der Antragsteller ausgeführt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der Antragsgegner durch die Sportschützen-Waffenbesitzkarte Zugang zu weiteren Waffen verschaffen könnte. Außerdem begeht der Antragsgegner durch die unterlassene Rückgabe der Waffenbesitzkarten eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Ab. 1 Nr. 22 WaffG und besteht damit eine Gefahr für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung i.S.d. Einhaltung der Rechtsordnung.

Eine vorhergehende Anhörung des Antragsgegners nach Art. 103 Abs. 1 GG konnte ebenso unterbleiben. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann in besonderen Gefahrenlagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist eine Verweisung des Betroffenen auf eine nachträgliche Anhörung mit dem Recht auf rechtliches Gehör vereinbar (BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.).

Die Wohnungsdurchsuchung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Gericht teilt die glaubwürdig vorgetragene Einschätzung des Antragstellers, der Antragsgegner werde die Waffen und Munition nicht freiwillig herausgeben bzw. die Sicherstellung unmöglich machen. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten befugt, die Wohnung des Antragsgegners zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einsatzbereiten Waffen in der Hand von waffenrechtlich unzuverlässigen bzw. unberechtigten Personen ausgehen, hat der Antragsgegner Einschränkungen seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG hinzunehmen. Zwar werden die Bediensteten des Antragstellers bzw. der Polizei, bevor sie mit der Durchsuchung beginnen, vom Antragsgegner die Waffen und Munition herausverlangen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Durchsuchung zu beenden, sobald der Antragsgegner die Waffen und Munition freiwillig herausgeben sollte (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG). Macht er dies nicht, so bleibt keine andere Möglichkeit, als die Wohnung zu durchsuchen.

Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, ist der Antragsteller beauftragt, diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gemäß § 14 VwGO unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe zuzustellen.

(1) Die Wohnung ist unverletzlich.

(2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, daß jemand eine durch Gesetz einzeln bestimmte besonders schwere Straftat begangen hat, so dürfen zur Verfolgung der Tat auf Grund richterlicher Anordnung technische Mittel zur akustischen Überwachung von Wohnungen, in denen der Beschuldigte sich vermutlich aufhält, eingesetzt werden, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos wäre. Die Maßnahme ist zu befristen. Die Anordnung erfolgt durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper. Bei Gefahr im Verzuge kann sie auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden.

(4) Zur Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr, dürfen technische Mittel zur Überwachung von Wohnungen nur auf Grund richterlicher Anordnung eingesetzt werden. Bei Gefahr im Verzuge kann die Maßnahme auch durch eine andere gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden; eine richterliche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen.

(5) Sind technische Mittel ausschließlich zum Schutze der bei einem Einsatz in Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, kann die Maßnahme durch eine gesetzlich bestimmte Stelle angeordnet werden. Eine anderweitige Verwertung der hierbei erlangten Erkenntnisse ist nur zum Zwecke der Strafverfolgung oder der Gefahrenabwehr und nur zulässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt ist; bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(6) Die Bundesregierung unterrichtet den Bundestag jährlich über den nach Absatz 3 sowie über den im Zuständigkeitsbereich des Bundes nach Absatz 4 und, soweit richterlich überprüfungsbedürftig, nach Absatz 5 erfolgten Einsatz technischer Mittel. Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. Die Länder gewährleisten eine gleichwertige parlamentarische Kontrolle.

(7) Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners in der … Str., … einschließlich vorhandener Keller- und Garagenräume durch Bedienstete des Antragstellers und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung der Waffenbesitzkarten Nr. … und … sowie der folgenden Waffen und im Besitz des Antragsgegners befindlicher Munition:

Art Hersteller Kaliber Herst.Nr.

… … … …

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Sicherstellung der Waffenbesitzkarten des Antragsgegners sowie der hierin eingetragenen Schusswaffen samt Munition.

Nachdem der Jagdschein des Antragsgegners am 31. März 2013 abgelaufen war und der Antragsgegner auch kein waffenrechtliches Bedürfnis als Sportschütze nachgewiesen hatte, wiederrief das Landratsamt München mit Bescheid vom 29. Juni 2016 die Waffenbesitzkarten des Antragsgegners und gab ihm unter Anordnung des Sofortvollzuges auf, spätestens einen Monat nach Zustellung des Bescheides die waffenrechtlichen Erlaubnisse dem Landratsamt zu übergeben und die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition an einen Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt dies nachzuweisen. Für den Fall dass er die Waffenbesitzkarten nicht fristgemäß abgebe, wurde dem Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 250,- EUR für jedes zu übergebende Dokument angedroht. Der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Bescheid wurde ihm laut Postzustellungsurkunde am 2. Juli 2016 durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt.

Der Antragsgegner erhob weder Klage noch erfüllte er seine Verpflichtungen aus dem bestandskräftigen Bescheid. Mit Schreiben vom 8. September 2016, förmlich zugestellt am 13. September 2016, forderte das Landratsamt den Antragsgegner auf, das fällige Zwangsgeld zu bezahlen. Weiter setzte es ihm eine erneute Frist bis zum 12. Oktober 2016, um seinen waffenrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, und kündigte widrigenfalls die Sicherstellung der Waffen und der Dokumente an. Der Antragsgegner reagierte weder hierauf noch auf zwei weitere Aufforderungen mit erneuten Fristsetzungen und Zwangsgeldforderungen, förmlich zugestellt am 17. Oktober 2016 und am 19. November 2016. Mit Bescheid vom 10. Januar 2017, förmlich zugestellt am 14. Januar 2017, setzte der Antragsteller das Zwangsgeld aus dem Bescheid vom 16. November 2016 fest, drohte dem Antragsgegner jeweils unter Fristsetzung von einem Monat nach Zustellung des Bescheides erneut ein Zwangsgeld hinsichtlich der Rückgabe der Waffenbesitzkarten sowie die Sicherstellung der Dokumente und der Waffen an. Auch hierauf erfolgte seitens des Antragsgegners keine Reaktion.

Am 21. Februar 2017 beantragte der Antragsteller bei Gericht,

die Anordnung der Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners in einem Mehrfamilienhaus in der … Str., … …, zum Zwecke der Sicherstellung der Originaldokumente der Waffenbesitzkarten Nr. … … und … sowie der vorhandenen Waffen samt Munition und eine Ermächtigung der Mitarbeiter des Landratsamtes, ggf. unter Mithilfe der Polizei, alle verschlossenen Türen, Räume (auch ggf. vorhandene Keller- und Garagenräume) sowie Behältnisse zu diesem Zweck zu öffnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner sei seinen waffenrechtlichen Verpflichtungen aus dem seit 3. August 2016 vollstreckbaren Widerrufsbescheid trotz vier weiterer Zwangsmittelandrohungen nicht nachgekommen. Nachdem auch die Verpflichtung zur Zahlung von Zwangsgeld den Antragsgegner hierzu nicht habe bewegen können, müsse davon ausgegangen werden, dass er dazu nicht bereit sei. Der Durchsuchungsbeschluss sollte auch das auf den Antragsgegner zugelassene Kraftfahrzeug umfassen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird gem. § 117 Abs. 3 VwGO analog auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist statthaft. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 und 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen außer bei Gefahr in Verzug nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung erfolgen (vgl. BVerfG, B. v. 3. April 1979 - 1 BvR 994/76 - juris Rn 24 ff. m.w.N., Rn 51 u. B. v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 38 und BayVGH, B. v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 24).

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Aus Art. 13 Abs. 2 GG folgt für den Prüfungsmaßstab und -umfang, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung als solche in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden müssen (BVerfG, B. v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 41; BayVGH, B. v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 25). Notwendig und ausreichend ist es daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme vorliegen und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, insbesondere ob die zu vollstreckende Maßnahme den schwerwiegenden Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigt (BayVGH, aaO, Rn 25 m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zur Sicherstellung der Schusswaffen und der waffenrechtlichen Erlaubnisse gem. § 10 Abs. 1 WaffG nach fruchtlosem Ablauf der zur Erfüllung der Rückgabepflicht eingeräumten Fristen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG.

Der mit einer richtigen Rechtsbehelfsbelehrung:versehene Widerrufsbescheid vom 29. Juni 2016 ist bestandskräftig, da er dem Antragsgegner gem. Art. 3 Abs. 2 VwZVG i.V.m. § 180 ZPO durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten wirksam zugestellt worden ist und der Antragsgegner keine Klage erhoben hat. Der Bescheid ist gem. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG vollstreckbar. Die hierin bzw. in den nachfolgenden Bescheiden gesetzten Fristen, innerhalb derer der Antragsgegner die waffenrechtlichen Erlaubnisse gem. § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG zurückzugeben und die Waffen gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG entweder an einen Berechtigten abzugeben oder unbrauchbar zu machen und dies nachzuweisen hatte, sind abgelaufen (vgl. Art. 19 Abs. 2 VwZVG). Die ihm gesetzten Fristen waren jeweils angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.

Auch die weiteren Vollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben. Eine vorangehende Androhung der Wohnungsdurchsuchung (Art. 36 VwZVG) bzw. Anhörung des Antragsgegners (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) ist entbehrlich. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann in besonderen Gefahrenlagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist eine Verweisung des Betroffenen auf eine nachträgliche Anhörung mit dem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) vereinbar (BVerfG, B. v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 52 ff.). In Anbetracht der mehrmonatigen erfolglosen Bemühungen des Antragstellers, den Antragsgegner zu einer freiwilligen Erfüllung seiner waffenrechtlichen Verpflichtungen zu bewegen, ist davon auszugehen, dass er die Waffen und die waffenrechtliche Erlaubnisse nicht freiwillig herausgibt bzw. den dann erforderlichen Zugriff auf sie unmöglich macht.

Schließlich verstößt die Wohnungsdurchsuchung auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten befugt, die Wohnung des Pflichtigen zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einsatzbereiten Waffen in der Hand von waffenrechtlich unzuverlässigen bzw. unberechtigten Personen ausgehen, hat der Antragsgegner Einschränkungen seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG hinzunehmen. Zwar werden die Bediensteten des Antragstellers bzw. der Polizei, bevor sie mit der Durchsuchung beginnen, von dem Antragsgegner die Waffen und die Waffenbesitzkarten herausverlangen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Durchsuchung zu beenden, sobald der Antragsgegner jene freiwillig herausgeben sollte (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwVZG). Tritt dieser Fall jedoch nicht ein, so bleibt keine andere Möglichkeit, als seine Wohnung zu durchsuchen.

Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, ist der Antragsteller zu beauftragen, diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gem. § 14 VwGO unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe zuzustellen.

Einer Klarstellung, dass die Durchsuchungsanordnung das Kraftfahrzeug des Antragsgegners mitumfasst, bedurfte es nicht, da ein Kraftfahrzeug keine „Wohnung“ im Sinn von Art. 13 Abs. 1 GG ist und nur Wohnungsdurchsuchungen dem Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG unterliegen. Der verfassungsrechtliche Wohnungsbegriff ist zwar weit und schließt alle Räume ein, die zu Aufenthalts- oder Arbeitszwecken bestimmt sind bzw. benutzt werden einschließlich der Nebenräume und des angrenzenden umschlossenen freien Geländes, auch Tageszimmer, Hotelzimmer, Keller, Speicher, Treppen, Wohnwagen, Wohnschiffe, nicht allgemein zugängliche Geschäfts- und Büroräume, Personalaufenthaltsräume, Arbeitshallen, Werkstätten, Garagen, Schuppen, Ställe, Scheunen und ähnliche Räume, nicht aber bloße Verkehrsmittel wie Kraftfahrzeuge (Papier in Maunz/Dürig, GG, 78. Erg.lfg. September 2016, Art. 13 Rn 10 m.w.N.). Für eine Dursuchung des Kraftfahrzeugs genügt die allgemeine Befugnis der Waffenbehörde nach Art. 30 Abs. 1 VwZVG, ihren Verwaltungsakt auch selbst zu vollstrecken, bei Anwendung unmittelbaren Zwangs nach Art. 37 Abs. 2 VwZVG mit Hilfe der Polizei.

Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnräume des ... durch Bedienstete des Landratsamts E. und Polizeibeamte wird gestattet. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung vorhandener Munition sowie der nachfolgend aufgezählten Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente:

Art Kaliber Hersteller Herst. Nr. ...,

Revolver 4mmRF Lang Weihrauch …,

Wechselsystem .22lr SIG …,

Halbautomat. Pistole .22lr Hämmerli …

Revolver .357 Magn. Smith& Wesson … Wechsellauf .22lr Hämmerli …,

Wechselsystem .32S& WLongWC Hämmerli …,

Halbautomat. Pistole 9mmLuger SIG …,

Wechselsystem .22lr SIG …,

Bockdoppelflinte .12 Gamba …,

WBK grün Nr. … v. 07.09.1976 LRA E.,

WBK gelb Nr. … v. 07.05.1984 LRA E.,

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die richterliche Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung des Antragsgegners zum Zwecke der Sicherstellung von Schusswaffen und Munition sowie zweier Waffenbesitzkarten.

Am 7. September 1996 sind dem Antragsgegner vom Landratsamt E. die Waffenbesitzkarte Nr. … sowie am 7. Mai 1984 die Waffenbesitzkarte als Sportschütze Nr. … erteilt worden. In die Waffenbesitzkarten sind neun Schusswaffen eingetragen.

Nach Anhörung des Antragsgegners widerrief das Landratsamt E. mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 10. August 2017 die dem Antragsgegner erteilten Waffenbesitzkarten (Nr. 1). Der Antragsgegner wurde verpflichtet, unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids die Waffenbesitzkarten an das Landratsamt E. zurückzugeben (Nr. 2) und die in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen und Munition innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids an Berechtigte zu überlassen oder nach den Bestimmungen des Waffengesetz unbrauchbar machen zu lassen und dies dem Landratsamt E. entsprechend nachzuweisen (Nr. 3). Der Antragsgegner wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommen werde, die Schusswaffen und Munition durch das Landratsamt E. kostenpflichtig sichergestellt und eingezogen würden. Die sofortige Vollziehbarkeit der Nrn. 2 und 3 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 4) und für den Fall, dass die Waffenbesitzkarten nicht fristgerecht an das Landratsamt abgegeben würden, ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- € zur Zahlung angedroht (Nr. 5). Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde dem Antragsgegner der Bescheid am 16. August 2017 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.

Nachdem der Antragsgegner die Waffenbesitzkarten nicht zurückgab, wurde mit Schreiben vom 25. August 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- € fällig gestellt. Zugleich wurde ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- € angedroht, falls er der Verpflichtung weiterhin nicht innerhalb einer Woche nachkomme.

Auf den am 31. August 2017 ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid hin hat der Antragsgegner bislang weder die Waffenbesitzkarten abgegeben, noch dem Landratsamt gegenüber nachgewiesen, dass er die Waffen und Munition Berechtigten überlassen habe bzw. diese habe unbrauchbar machen lassen.

Mit Schreiben vom 30. August 2017 teilte er dem Landratsamt E. jedoch mit, dass das Schreiben vom 10. August 2017 zwar in seinem Briefkasten gewesen sei, er aber bis 28. August 2017 Betriebsurlaub gehabt habe. Wegen Rücksprache mit seinen Anwälten bat er um angemessene Fristverlängerung. Unter dem 2. September 2017 legte der Antragsgegner „Wiederspruch“ gegen das Schreiben von 25. August 2017 ein und nahm inhaltlich Stellung. Daraufhin teilte das Landratsamt E. dem Antragsgegner mit Schreiben vom 7. September 2017 mit, dass das Widerspruchsverfahren im Bereich des Waffengesetzes abgeschafft worden sei und er entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung:nur Klage erheben könne.

Mit Schreiben vom 14. September 2017, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 20. September 2017, beantragt der Antragsgegner,

die Durchsuchung der Wohnräume des Herrn ..., durch Polizeibeamte zum Zwecke der Sicherstellung der [folgenden] Schusswaffen und Munition sowie der [folgenden] waffenrechtlichen Dokumente zu gestatten.

Bezüglich der Aufzählung der Schusswaffen wird ebenso wie hinsichtlich der Begründung auf den Antrag vom 14. September 2017 Bezug genommen. Eine Behördenakte wurde im Original vorgelegt.

Bis zum 20. September 2017 ist kein Eingang einer Klage durch den Antragsgegner gegen den Bescheid vom 10. August 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

I.

Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG ist zulässig und begründet.

Der Antrag ist statthaft. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 und 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen außer bei Gefahr in Verzug nur auf der Grundlage einer richterlichen Anordnung erfolgen (vgl. BVerfG, B.v. 3. April 1979 - 1 BvR 994/76 - juris Rn 24 ff. m.w.N., Rn 51 u. B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 38; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 24).

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Aus Art. 13 Abs. 2 GG folgt für den Prüfungsmaßstab und -umfang, dass die sich aus der Verfassung und dem einfachen Recht ergebenden Voraussetzungen der Durchsuchung als solche in richterlicher Unabhängigkeit geprüft werden müssen (BVerfG, B.v. 16. Juni 1981 - 1 BvR 1094/80 - juris Rn 41; BayVGH, B.v. 23. Februar 2000 - 21 C 99.1406 - juris Rn 25). Notwendig und ausreichend ist es daher zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme vorliegen und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist, insbesondere, ob die zu vollstreckende Maßnahme den schwerwiegenden Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung rechtfertigt (BayVGH, a.a.O., Rn 25 m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zur Sicherstellung der Waffenbesitzkarten sowie der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und vorhandener Munition nach fruchtlosem Ablauf der zur Erfüllung der Rückgabepflicht eingeräumten Fristen ist Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG, hinsichtlich der Waffen und Munition i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Der Vollzug der Sicherstellungsanordnung für Waffen und Munition ist eine bundesrechtlich angeordnete Art des unmittelbaren Zwangs im Sinne von Art. 34 VwZVG, so dass sich die Durchführung ergänzend nach Art. 37 Abs. 3 VwZVG richtet (vgl. VG Augsburg, B.v. 22.12.2010 – Au 4 V 10.1968 – juris Rn. 13; VG Neustadt, B.v. 8.11.2011 – 5 N 992/11.NW – juris Rn. 10).

Die Vollstreckungsvoraussetzungen der Art. 19, Art. 29 ff. VwZVG sind gegeben.

Der Bescheid vom 10. August 2017 ist bestandskräftig, da er dem Antragsgegner gemäß Postzustellungsurkunde am 16. August 2017 zugestellt wurde. Dass der Antragsgegner wegen Betriebsurlaubs vom Bescheid erst am Ende August Kenntnis erlangt haben mag, hindert den Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht. Der vom Antragsgegner hingegen eingelegte „Wiederspruch“ vom 2. September 2017 gegenüber der Antragstellerin ist nicht statthaft, wie dem Antragsgegner mit Schreiben vom 7. September 2017 auch mitgeteilt wurde. Vielmehr wurde er wie bereits in der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung:nochmals auf die Klagemöglichkeit hingewiesen. Innerhalb der zu diesem Zeitpunkt noch offenen Klagefrist bis zum 18. September 2017 erhob der Antragsgegner jedoch keine Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Zudem haben Widerspruch und Anfechtungsklage in Bezug auf den Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse keine aufschiebende Wirkung bzw. wurde im Bescheid vom 10. August 2017 die sofortige Vollziehbarkeit der Rückgabeverpflichtung der Waffenbesitzkarte sowie der Überlassung/Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition angeordnet.

Die in dem bestandskräftigen Widerrufsbescheid vom 10. August 2017 gesetzten Fristen zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und Überlassung der Waffen und Munition an einem Berechtigten bzw. diese unbrauchbar machen zu lassen mit entsprechendem Nachweis dem Landratsamt gegenüber, sind abgelaufen. Die Behörde ist nunmehr gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG befugt, die Waffen sowie vorhandene Munition durch hoheitlichen Zugriff sicherzustellen und zu verwerten (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 12/83 – juris Rn. 62).

Die Fristen im Ausgangsbescheid und weiteren Zwangsgeldbescheid vom 25. August 2017 waren jeweils angemessen im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Nachdem zudem die Anwendung des mildesten Vollstreckungsmittels, nämlich eine zweimalige Androhung des Zwangsgeldes, erfolglos blieb, erscheint die Anwendung unmittelbaren Zwangs nunmehr geboten (Art. 34 Satz 1 VwZVG).

Von einer Androhung des Zwangsmittels nach Art. 37 VwZVG konnte gemäß Art. 35 VwZVG abgesehen werden. Hinsichtlich der unterbliebenen Überlassung an Berechtigte bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen steht durch den weiteren Besitz ohne Erlaubnis bereits ein Straftatbestand im Raum (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a WaffG). Im Übrigen bestünde bei einer vorherigen Androhung des unmittelbaren Zwangs die Gefahr, dass die Waffenbesitzkarten und Waffen dem möglichen Zugriff der Waffenbehörde entzogen werden. Zudem hat der Antragsteller ausgeführt, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass sich der Antragsgegner durch die Sportschützen-Waffenbesitzkarte Zugang zu weiteren Waffen verschaffen könnte. Außerdem begeht der Antragsgegner durch die unterlassene Rückgabe der Waffenbesitzkarten eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 53 Ab. 1 Nr. 22 WaffG und besteht damit eine Gefahr für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung i.S.d. Einhaltung der Rechtsordnung.

Eine vorhergehende Anhörung des Antragsgegners nach Art. 103 Abs. 1 GG konnte ebenso unterbleiben. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann in besonderen Gefahrenlagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt. In diesen Fällen ist eine Verweisung des Betroffenen auf eine nachträgliche Anhörung mit dem Recht auf rechtliches Gehör vereinbar (BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.).

Die Wohnungsdurchsuchung verstößt auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Das Gericht teilt die glaubwürdig vorgetragene Einschätzung des Antragstellers, der Antragsgegner werde die Waffen und Munition nicht freiwillig herausgeben bzw. die Sicherstellung unmöglich machen. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 VwZVG sind die mit der Durchführung des Verwaltungszwangs beauftragten Bediensteten der Vollstreckungsbehörde und Polizeibeamten befugt, die Wohnung des Antragsgegners zu betreten und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen, soweit der Zweck der Vollstreckung dies erfordert. Angesichts der erheblichen Gefahren, die von einsatzbereiten Waffen in der Hand von waffenrechtlich unzuverlässigen bzw. unberechtigten Personen ausgehen, hat der Antragsgegner Einschränkungen seines Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG hinzunehmen. Zwar werden die Bediensteten des Antragstellers bzw. der Polizei, bevor sie mit der Durchsuchung beginnen, vom Antragsgegner die Waffen und Munition herausverlangen. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist die Durchsuchung zu beenden, sobald der Antragsgegner die Waffen und Munition freiwillig herausgeben sollte (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG). Macht er dies nicht, so bleibt keine andere Möglichkeit, als die Wohnung zu durchsuchen.

Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, ist der Antragsteller beauftragt, diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gemäß § 14 VwGO unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe zuzustellen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.