Verwaltungsgericht München Beschluss, 11. Aug. 2016 - M 18 S 16.50527

bei uns veröffentlicht am11.08.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1) und 2) sind miteinander verheiratet, die Antragstellerin zu 3) ist ihre gemeinsame Tochter. Sie sind mit einem von den litauischen Behörden erteilten Schengen-Visum im November 2015 mit dem Flugzeug in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Am 18. April 2016 stellten sie förmliche Asylanträge.

Aufgrund des Visums lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates der Europäischen Union, nämlich Litauens vor.

Die Antragsteller gaben im Rahmen ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 18. April 2016 an, sie seien am 16. November 2015 aus der Ukraine ausgereist und über Weißrussland und Litauen nach Deutschland gekommen. In Litauen, wo sie auf der Durchreise gewesen seien, seien ihre Fingerabdrücke abgenommen worden.

In der Anhörung nach § 25 Abs. 4 AsylG am19. April 2016 gaben sie an, sie seien in der Ukraine von Rechtsradikalen bedroht und geschlagen worden, weil sie Landsleuten im Donbass geholfen hätten.

Am 28. April 2016 richtete das Bundesamt ein Aufnahmegesuch bezüglich der Antragsteller an Litauen. Die dortigen Behörden erklärten mit Schreiben vom 1. Juni 2016 ihre Bereitschaft hierzu.

Mit Bescheid vom 8. Juli 2016 lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab (Ziffer 1), ordnete die Abschiebung der Antragsteller nach Litauen an (Ziffer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Asylanträge unzulässig seien, da Litauen aufgrund der erteilten Visa gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Die Antragsteller hätten sich im persönlichen Gespräch dagegen gewandt, in einen anderen Staat der Europäischen Union, insbesondere nach Litauen, überstellt zu werden, da sie sich dort nicht sicher fühlen würden. Litauen erfülle jedoch gegenüber Ausländern, die dort einen Asylantrag stellen würden, die Mindeststandards. Da es sich um einen Staat der Europäischen Union handle, sei auch davon auszugehen, dass deren Standards eingehalten würden. Es sei nicht erkennbar, dass den Antragstellern in Litauen eine verfahrenswidrige Abschiebung in ihr Herkunftsland drohe. Asylbewerber würden dort hinreichend auch vor politisch motivierten und sonstigen Übergriffen geschützt.

Die Antragsteller erhoben durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 19. Juli 2016 Klage (M 18 K 16.50526) und beantragten gleichzeitig,

im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Anordnung der Abschiebung nach Litauen in Ziffer 2 des Bescheides vom8. Juli 2016 anzuordnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragsteller hätten aufgrund der Kriegsereignisse in der Ukraine ihr Heimatland verlassen und seien über Litauen mit dem Schengen-Visum weiter nach Deutschland gereist. Sie hätten von vornherein die Bundesrepublik Deutschland als Ziel für einen Asylantrag gehabt. In Litauen seien sie unter Verstoß gegen ihre Menschenwürde gezwungen worden, ihre Personalien abzugeben und sich einen Fingerabdruck abnehmen zu lassen. Bei einer Abschiebung nach Litauen sei davon auszugehen, dass die Antragsteller dort nicht ordnungsgemäß behandelt würden, da sie aus der Ukraine kämen und russische Wurzeln hätten. Litauen weise erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens auf. Es müsse auch mit Folter gerechnet werden.

Die Vertreter der Beklagten übersandten mit Schreiben vom 20. Juli 2016 die Asylakte und stellten im Übrigen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Der Antrag hat Erfolg, wenn das private Aussetzungsinteresse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Maßgebend sind hierfür vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt eine Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, wird die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben, so dass das öffentliche Interesse hinter die Belange des Antragstellers zurücktritt, da es kein schutzwürdiges Interesse am Sofortvollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts geben kann. Sind die Erfolgsaussichten offen, verbleibt es bei der reinen Interessenabwägung.

Vorliegend ist nach summarischer Überprüfung die nach § 34 Abs. 1 AsylG erlassene Abschiebungsanordnung rechtmäßig. Voraussetzung dafür ist nach dieser Vorschrift, dass ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat oder einen zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll.

Die Ablehnung der Asylanträge der Antragsteller als unzulässig mit der Folge, dass sie nach Litauen abgeschoben werden sollen, ist bei summarischer Prüfung rechtmäßig.

Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Zuständig ist vorliegend Litauen, gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO, da die litauischen Behörden das Visum für die Antragsteller ausgestellt haben, mit dem sie in die Bundesrepublik Deutschland einreisen konnten.

Es liegen keine Gründe vor, die ein Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland erforderlich machen könnten, insbesondere ist nicht von systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Litauen auszugehen.

Dem gemeinsamen europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EUV, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention zukommt. Die dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ zugrunde liegende Vermutung ist nur dann als widerlegt zu betrachten, wenn in Mitgliedsstaaten nicht unbekannt sein kann, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EuGRCh ausgesetzt zu werden. Der Asylbewerber kann einer Überstellung in den an sich zuständigen Mitgliedsstaaten damit nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel entgegentreten.

An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Sie sind nicht schon bei einzelnen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten zu bejahen, sondern nur dann, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller bei einer Abschiebung nach Litauen Gefahr laufen würden, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. VG Ansbach, B. v. 30.11.2015 - AN 14 S 15.50479, VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 27.4.2015 - 8 K 1778/15.A). Allein die Vermutung der Antragsteller, sie würden als russischstämmige Flüchtlinge nicht entsprechend den Maßstäben der Europäischen Union behandelt, rechtfertigt nicht die Annahme systemischer Mängel. Für die Beurteilung der Situation in einem Mitgliedsstaat und der für Asylbewerber dort bestehenden Risiken im Fall einer Rückführung sind beispielsweise Stellungnahmen des UNHCR oder Berichte von internationalen Nicht-Regierungs-organisationen oder sonstige Berichte von Institutionen oder einzelnen Mitgliedsstaaten heranzuziehen. Substantiierte Beschreibungen systemischer Mängel liegen für Litauen nicht vor. Auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung werden systemische Mängel in Litauen nicht bejaht (VG Ansbach a. a. O. m. w. N.). Das Gericht schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Da sich der Bescheid des Bundesamtes somit voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird, war der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

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(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

Tenor

1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Abschiebungsanordnung nach Litauen.

Der Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 4. März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte am 16. Juni 2015 einen Asylantrag.

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 13. Juli 2015 erklärte der Antragsteller, dass seine Frau, ... ..., geboren am ...1963, in Deutschland lebe. Derzeit laufe das Scheidungsverfahren. Er sei mit einem litauischen Visum in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, das im September oder Dezember 2014 ausgestellt worden sei. Auf Nachfrage des Bundesamts erklärte der Antragsteller, dass er nicht nach Litauen rücküberstellt werden wolle. Er befürchte, in die Ukraine zurückgeschickt zu werden. In Litauen gebe es Leute, die ihn zurückbringen oder gar töten könnten. In Deutschland fühle er sich sicher.

Gesundheitlich leide er an einem Magengeschwür (Gastritis) und an Depressionen. Atteste bzw. Nachweise hierzu lägen ihm nicht vor. Er nehme als Medikamente Pantoprazol 20 mg gegen seine Magenbeschwerden.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - litauisches Visum - lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).

Das Bundesamt richtete daraufhin ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Litauen. Die litauischen Behörden erklärten daraufhin mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 14. Oktober 2015, dem Antragsteller am 16. Oktober 2015 zugestellt, wurde der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Litauen angeordnet.

Der Antragsteller ließ über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2015 Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 14. Oktober 2015 einreichen und stellte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass der Bescheid der Beklagten rechtswidrig und der Antragsteller hierdurch in seinen Rechten verletzt sei. Die Asylantragstellung sei bereits am 30. April 2015 erfolgt. Die Frist zur Beantragung der Übernahme berechne sich somit ab diesem Zeitpunkt. Es spiele hierbei keine Rolle, dass zur Asylantragstellung ein Termin für den 16. Juni 2015 bezeichnet worden sei. Dass der am 30. April 2015 gestellte Asylantrag nicht auf einem eingereichten Formblatt niedergeschrieben sei oder kein behördliches Protokoll erstellt worden sei, sei hierbei unerheblich. Die hessische Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in ... habe den Antrag des Antragstellers am 30. April 2015 zur Kenntnis genommen und müsse sich daran festhalten lassen.

Zudem sei der Antragsteller in Deutschland verheiratet. Er führe hier den Namen ... Er lebe zwar von seiner Ehefrau getrennt, gleichzeitig führe er in Deutschland ein Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht .... Aufgrund dessen sei die Bundesrepublik Deutschland für das Verfahren des Antragstellers zuständig.

Das Bundesamt übersandte mit Schreiben vom 2. November 2015 eine Mail der zuständigen Ausländerbehörde der Stadt ... vom 30. Oktober 2015 sowie als Anlage das Schreiben des Amtsgerichts ... - Familiengericht - an die Stadt ... vom 12. Oktober 2015.

Frau ..., die Ehefrau des Antragstellers, habe in ihrem Scheidungsantrag dargelegt, dass der Antragsteller im November 2010 im Wege des Familiennachzuges nach Deutschland gekommen sei und ihr gegenüber bereits kurz nach seiner Ankunft eröffnet habe, dass er nicht mehr an ihr interessiert sei, sondern nur eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland wolle. Er wolle die Zeit abwarten, damit er eine eigene Aufenthaltserlaubnis erhalte. Frau ... habe sich daraufhin am 21. Januar 2013 von ihrem Mann getrennt. Aufgrund einer Abschiebungsandrohung habe der Antragsteller Deutschland am 27. April 2014 verlassen. Er sei jedoch wieder am 4. März 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und habe Asylantrag gestellt. In der Auskunft zum Versorgungsausgleich gebe er als Beruf “Priesterkandidat“ an. Im Hinblick auf die Vorgeschichte sei anzunehmen, dass die Berufsbezeichnung dazu dienen solle, die Erfolgsaussichten des Asylverfahrens zu erhöhen.

Die Ausländerbehörde wird in dem Schreiben des Amtsgerichts ... vom 12. Oktober 2015 um Überprüfung gebeten, ob hier ausländerrechtliche und/oder strafrechtliche Maßnahmen (Erschleichen einer Aufenthaltserlaubnis, Wiedereinreise unter Missbrauch des Asylrechts etc.) angezeigt seien.

Der Antragsteller lässt über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16. November 2015 vortragen, dass den Ausführungen des Amtsgerichts ... in deren Schreiben an die Stadt ... vom 12. Oktober 2015 inhaltlich widersprochen werde. Die Ehe habe sich zu keinem Zeitpunkt als Scheinehe dargestellt. Man gehe jedoch davon aus, dass dies in dem vorliegenden verwaltungsrechtlichen Verfahren keine Rolle spiele.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 14. Oktober 2015 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der weiteren Ausführungen auf die vorliegende Gerichts- sowie die Behördenakte verwiesen.

II.

Der zulässige, insbesondere fristgerechte, Antrag ist unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig.

Er ist statthaft, da die Klage gegen die Abschiebungsanordnung gemäß § 75 Abs. 1 AsylG und § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Auch ist er innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 S. 1 AsylG bei Gericht eingegangen.

2. Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage im Falle des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG ganz oder teilweise anordnen. Es nimmt dabei unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Grundentscheidung in

§ 75 Abs. 1 AsylG für den Sofortvollzug eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Abschiebungsanordnung vor.

Maßgebend hierfür sind vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt eine Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der angefochtene Bescheid hingegen nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, und wird die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben, so tritt das öffentliche Interesse zurück, da es kein schutzwürdiges Interesse am Sofortvollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes geben kann.

Die Interessenabwägung fällt hier zulasten des Antragstellers aus. Die erhobene Klage wird nämlich voraussichtlich keinen Erfolg haben. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der mit ihr angegriffene Abschiebungsbescheid ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die im Bescheid vom 14. Oktober 2015 enthaltene und sofort vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nach Litauen ist auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags des Antragstellers nicht zu beanstanden.

Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn feststeht, dass sie auch durchgeführt werden kann. Hierbei bedarf es nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG einer vorherigen Androhung und Fristsetzung nicht. Dem liegt zugrunde, dass das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers nach § 27a AsylG zu Recht als unzulässig abgelehnt hat.

Die litauischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 23. September 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Antragsteller gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO. Die Frist von 3 Monaten nach dem Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist gewahrt.

Die 3-monatige Frist nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO wurde insbesondere entgegen den Ausführungen des Antragstellers gewahrt.

Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er sobald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 3 Monaten nach Antragstellung im Sinne von Art. 20 Abs. 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen (Art. 21 Abs. 1 Dublin III-VO). Anhand der vorliegenden Bundesamtsakte (Blatt 4 ff.) ist ersichtlich, dass der Antragsteller am 16. Juni 2015 Asylantrag gestellt hat. Die Niederschrift zu dem Asylantrag hat er auch unterschrieben. Darüber hinaus wurde er als Erstantragsteller über seine Mitwirkungspflichten belehrt und auf die allgemeinen Verfahrenshinweise hingewiesen. Auch diese Belehrung hat er am 16. Juni 2015 in ... vom Bundesamt erhalten. Mit seiner Unterschrift (Blatt 8 der Bundesamtsakte) bezeugt er, dass er den Inhalt der Belehrungsblätter verstanden habe. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist nach der Dublin III-Verordnung nicht auf den 30. April 2015 abzustellen, da dieser die Formerfordernisse des Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO nicht einhält.

Am 16. September 2015 wurde das Übernahmeersuchen durch das Bundesamt nach der Dublin III-VO an Litauen gerichtet und damit innerhalb der 3-monatigen Frist des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO.

Damit treffen den Staat Litauen die Pflichten aus Art. 18 Dublin III-VO, insbesondere ist Litauen gemäß Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 Dublin III-VO verpflichtet, den Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Die Überstellung kann insoweit noch erfolgen.

Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.

Hierbei ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung des § 26a AsylG entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist, da es sich bei Litauen um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 GG bzw. § 26a AsylG handelt.

Die Dublin III-VO ist die grundlegende Vorschrift auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zur gewährleisten (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 19.03.2014, Az.: 10 B 6/14 m. w. N., juris). Dieses gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, Rechtssache: RS: C-411/10 und C-493/10, juris).

Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn dieser zuständige Mitgliedsstaat sogenannte „systemische Mängel“ des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufweist, so dass die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden. Dies wiederum hat zur Folge, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 10.12.2013, RS: 10-394/12, juris). Diese Rechtsprechung mündete in Art. 3 Abs. 2 der Dublin III-VO, der bestimmt, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird.

Solche systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO liegen aber erst dann vor, wenn die bereits angesprochenen Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK nicht nur in Einzelfällen vorliegen, sondern strukturell bedingt sind. Deshalb setzen systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO voraus, dass die Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat so defizitär sind, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.

Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die konkrete Gefahr einer gegen die Grundrechte verstoßenden Behandlung im zuständigen Staat aus der grundsätzlichen Behandlung der Asylbewerber heraus ergeben muss, die eben systemisch angelegt sein muss, dass also eine Verletzung von Grundrechten in einem Einzelfall nicht zur Aktivierung des Selbsteintritts ausreicht (BVerwG, B. v. 6.6.2014, Az.: 10 B 25/14, juris). Diese Defizite müssen des Weiteren in der Art und Weise offensichtlich sein, dass sie im überstellenden Mitgliedsstaat allgemein bekannt sein müssen (EUGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) und im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaats angelegt sein oder die Vollzugspraxis dort strukturell prägen, so dass sie des Weiteren aufgrund ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit aus Sicht der zuständigen Behörden und Gerichte verlässlich zu prognostizieren sind (BVerwG v. 6.6.2014, a. a. O., m. w. N.).

Im vorliegenden Fall ist nicht von solchen systemischen Schwachstellen auszugehen.

Hierzu wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 14. Oktober 2015 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen.

Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Litauen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem Gericht keine Erkenntnisse vor, die den Schluss rechtfertigen würden, Litauen halte die in der Grundrechte-Charta der EU, der EMRK oder der GFK verbrieften Rechte von Asylbewerbern nicht ein. Die Ausführungen des Antragstellers in seinem persönlichen Gespräch gegenüber dem Bundesamt am 13. Juli 2015 vermögen das Gericht nicht zu überzeugen. Zum einen sind die Ausführungen des Antragstellers, dass es in Litauen Leute gebe, die ihn zurückbringen oder gar töten könnten, sehr unkonkret, pauschal und ohne nähere Darstellung formuliert und wurden zum anderen in der Antragsbegründung selbst nicht noch einmal konkreter gefasst.

Ergänzend ist noch auszuführen, dass auch nach der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Litauen tatsächlich nicht vorliegen (VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juni 2015, - 13 L 1896/15.A - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 13. Januar 2015 - RO 9 S 14.50347 -, juris, mit weiteren Hinweisen des Österreichischen Asylgerichtshofs). Das Gericht schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

Die Ehefrau des Antragstellers stellt zudem keine Familienangehörige i. S. d. Art. 2 Buchst. 9 Dublin III-VO dar. Aufgrund des Scheidungsverfahrens besteht keine gemeinsame Beziehung, insbesondere hat diese nicht im Herkunftsland bestanden. Hierzu erfolgt auch kein Tatsachenvortrag durch den Antragsteller

Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse liegen nicht vor. Insbesondere ergibt sich aus den Angaben des Antragstellers gegenüber dem Bundesamt am 13. Juli 2015, dass er an einem Magengeschwür und an Depressionen leide und deswegen Medikamente einnehme, nicht einmal im Ansatz eine Reise- bzw. Transportunfähigkeit.

Der Antrag ist daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.