Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Feb. 2018 - M 17 M 18.30584

published on 16/02/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Feb. 2018 - M 17 M 18.30584
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Gericht

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Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

I.

Mit Urteil vom 20. September 2017 (M 17 K 17.46995) hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. August 2017 in den Nrn. 5 bis 6 aufgehoben; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten hat das Gericht zu 4/5 den Antragsgegnern und zu 1/5 der Antragstellerin auferlegt. Im Klageverfahren hat das Bundesamt lediglich die elektronische Asylakte übermittelt, sich aber ansonsten nicht geäußert.

Auf Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegner erging am 4. Dezember 2017 Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem die den Antragsgegnern zu erstattenden Aufwendungen auf 114,29 € festgesetzt wurden. Aufwendungen der Antragstellerin wurden trotz entsprechendem Kostenausgleichsantrag nicht angesetzt, da diese nicht erstattungsfähig seien. Hiergegen beantragte die Antragstellerin am 7. Dezember 2017 die Entscheidung des Gerichts. Es sei die beantragte Postpauschale entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Höhe von 20,- € zu berücksichtigen. Aufgrund der Pauschalierungsregelung sei ein Einzelnachweis gerade nicht erforderlich. Für den Fall, dass alle Seiten schon am elektronischen Datenaustausch mit elektronischer Signatur (EGVP) teilnähmen, was bundesweit bisher so gut wie nie der Fall sei, werde hilfsweise eine Gebühr nach Nr. 7000 Ziffer 2 VV RVG geltend gemacht. Einzig das Verwaltungsgericht München - und dort auch nicht alle Urkundsbeamten - verlange einen erheblichen Begründungsaufwand für die Anerkennung einer banalen Postpauschale. Diverse Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichts München wurden beigefügt.

Der Urkundsbeamte half dem Antrag nicht ab. Zur Begründung verwies er auf entsprechende Beschlüsse des Verwaltungsgerichts München (M 24 M 17.46144, M 19 M 17.49875, M 17 M 17.47881). Bei den von der Antragstellerin in Bezug genommenen Beschlüssen des Verwaltungsgerichts handele es sich um Kostenfestsetzungsbeschlüsse, die vor konkreter Auseinandersetzung mit der Postpauschalenproblematik bzw. vor entsprechender richterlicher Entscheidung ergangen seien.

Die Parteien erhielten hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15. Februar 2018. Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 führte die Klägerseite aus, dass die Erinnerung zurückzuweisen sei. Die Einwände des Kostenbeamten seien nachvollziehbar und richtig, nachdem keine entsprechenden Aufwendungen für die Antragstellerin angefallen seien. Auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Gerichts werde verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 17.46995 verwiesen.

II.

Zur Entscheidung über die vorliegende Kostenerinnerung ist im Rahmen der Annexzuständigkeit der auch für die Hauptsache zuständige Einzelrichter berufen, der die Kostengrundentscheidung getroffen hat (vgl. BVerwG, B.v. 14.2.1996 - 11 VR 40/95 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 03.12.2003 - 1 N 01.1845 - juris Rn. 9 ff.).

1. Die Kostenerinnerung ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben (§§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

2. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Der Urkundsbeamte hat die Festsetzung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen i.H.v. 20,- € zu Recht abgelehnt.

2.1 Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG). Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. Auch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG besteht der Anspruch auf die erhöhte Pauschale nur „an Stelle der tatsächlichen Auslagen nach Nummer 7001“. Der nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO zugunsten der Behörde vorgesehene Rückgriff auf die Geltendmachung eines Pauschhöchstbetrages als Auslagenersatz anstelle der Geltendmachung und des Nachweises der Einzelauslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ändert nichts an der Tatsache, dass für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen tatsächlich (notwendige) Aufwendungen im Rahmen des Prozessverfahrens seitens der Behörde stattgefunden haben müssen. Die Behörde wird lediglich von der Verpflichtung, Einzelnachweise für die jeweiligen Aufwendungen zu erbringen, entbunden (vgl. a. VG München, B.v. 19.1.2018 - M 17 M 17.70175; B.v. 9.1.2018 - M 17 M 17.47881; B.v. 4.1.2018 - M 24 M 17.48673 m.w.N.).

Das Bundesamt hatte hier aber mangels Äußerung im Klageverfahren keine Aufwendungen oder Auslagen, insbesondere wurde die Behördenakte des Bundesamts nicht mithilfe eines Postdienstleisters (unter Entgeltaufwendung) an das Gericht übermittelt. Eine Übersendung der Kostennote im Klageverfahren kann einen Anspruch auf Festsetzung der Pauschale ebenso wenig begründen wie der Antrag auf Entscheidung des Gerichts im Erinnerungsverfahren. Denn gemäß § 162 Abs. 1 VwGO müssen die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen sein. Die Beschränkung auf die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bewirkt, dass die Aufwendungen während des eigentlichen Prozessverfahrens, hier also des Klageverfahrens, angefallen sein müssen (vgl. a. VG München, B.v. 19.1.2018 - M 17 M 17.70175; B.v. 9.1.2018 - M 17 M 17.47881; B.v. 4.1.2018 - M 24 M 17.48673). Innerbehördliche Betriebs- und Personalkosten, d.h. allgemeine Geschäftskosten des Behördenbetriebs, sind keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Bei Behörden sind Generalkosten, die allgemein mit der Prozessführung verbunden sind, nicht zu erstatten (vgl. z.B. VG München, B.v. 19.1.2018 - M 17 M 17.70175; B.v. 9.1.2018 - M 17 M 17.47881; B.v. 4.1.2018 - M 24 M 17.48673; Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 7; Gerold/Schmidt, RVG Kommentar, 23. Auflage, Vorb. 7 VV RVG Rn. 10).

2.2 Auch eine Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG kann die Antragstellerin nicht geltend machen, weil sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auf diese Dokumentenpauschale nicht berufen können (vgl. § 1 RVG; VG München, B.v. 19.1.2018 - M 17 M 17.70175; B.v. 9.1.2018 - M 17 M 17.47881; B.v. 2.1.2018 - M 19 M 17.49875; SG Fulda, B.v. 4.4.2016 - S 4 SF 45/15 E - juris Rn. 18).

2.3 Die Antragstellerin kann ihre Erinnerung auch nicht darauf stützen, dass gegebenenfalls andere Kostenbeamte des Verwaltungsgerichts die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen festgesetzt haben, da es im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG keine Gleichheit im Unrecht gibt. Die rechtskonforme Handhabung einer Vorschrift für die Zukunft verletzt keine schützenswerte, das Vertrauen auf ihren Bestand rechtfertigende Rechtsposition des Betroffenen (vgl. VG München, B.v. 18.1.2018 - M 17 M 17.46968 m.w.N.).

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar (vgl. VGH BW, B.v. 28.2.2017 - A 2 S 271/17 - juris Rn. 3).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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Annotations

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, nach § 118e der Bundesrechtsanwaltsordnung, nach § 103b der Patentanwaltsordnung oder nach § 111c des Steuerberatungsgesetzes. Andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Partnerschaftsgesellschaften und sonstige Gesellschaften stehen einem Rechtsanwalt im Sinne dieses Gesetzes gleich.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung). Es gilt ferner nicht für eine Tätigkeit als Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistand, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Mitglied des Gläubigerbeirats, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter, Treuhänder oder Schiedsrichter oder für eine ähnliche Tätigkeit. § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 4 Absatz 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes bleiben unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.