Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Dez. 2014 - M 11 S 14.50688
Tenor
I
Der Antrag wird abgelehnt mit der Maßgabe, dass die Antragsgegnerin eine Abschiebung der Antragsteller nach Italien erst durchführen darf, wenn sie eine Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden eingeholt hat, dass die Familie zusammen untergebracht wird und die Antragsteller zu 2) und zu 3) eine angemessene Behandlung erfahren.
II.
Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ... wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind eigenen Angaben zufolge nigerianischer Staatsangehörige; die Antragsteller reisten am
Bei ihrer Befragung durch das Bundesamt ... (Bundesamt) am 17. September 2014 gab die Antragstellerin zu 1) an, Nigeria verlassen, drei Jahre in Libyen und drei Jahre und 4 Monate in Italien gelebt zu haben. Die Antragsteller zu 2) und zu 3) wurden 2011 und 2013 in Italien geboren. Laut Eurodac-Treffermeldungen vom 23. September 2014 liegt in Italien ein Asylantrag der Antragstellerin zu 1) vor. Auf die Wiederaufnahmegesuche des Bundesamts nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-Verordnung) an die zuständige italienische Stelle vom 1. Oktober 2014 erklärte sich Italien mit Schreiben vom 18. Oktober 2014 mit der Aufnahme der Antragsteller einverstanden.
Mit Bescheid vom ... Oktober 2014 wurden die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig abgelehnt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Italien angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Asylanträge seien gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig, da Italien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge und der erteilten Aufenthaltstitel für die Behandlung der Anträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich.
Am
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, den Antragstellern Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt ... beizuordnen.
Die Antragstellerin sei verheiratet und mit ihrem Mann von Nigeria nach Libyen geflohen, wo sie 12 Jahre gelebt hätten. Sie seien 2011 nach Italien gelangt. Die Kinder seien 2011 und 2013 in Italien geboren worden. Da sie keine Heiratsurkunde vorweisen konnten, seien die Asylanträge getrennt worden. Der Antragsteller zu 3) leide an den Folgen der Geburt. Es sei in Italien keine ausreichende ärztliche Betreuung gewährt worden. Das Kind befinde sich in ärztlicher Betreuung. Ein Befund liege noch nicht vor. Es bestehe die Gefahr, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers zu 3) nach einer Abschiebung nach Italien verschlechtere. In Italien habe die Familie keine angemessene Unterkunft gehabt. Sie seien von der Polizei bedroht und aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Die Zustellung des Bescheides sei am 13.10.2014 (gemeint wohl 13.11.2014) erfolgt. In Italien herrschten systemische Mängel. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe entschieden, dass Kinder eine ihrem Alter angemessene Betreuung erhalten und die Familie gemeinsam untergebracht werden müsse. Eine solche Garantie sei von den deutschen Behörden nicht angefordert worden.
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
An der Rechtmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (vgl. § 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Antragsteller zu 1) in Italien bereits einen Asylantrag gestellt hat und dieser Mitgliedstaat damit für die Durchführung der Asylverfahren der Antragsteller gemäß Art. 7 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 Satz 1, Art. 20 Absatz 3 Dublin-III-Verordnung zuständig ist. Das hat die Antragstellerin zu 1) bei ihrer Anhörung am 17. September 2014 selbst angegeben. Italien hat dem Wiederaufnahmegesuch mit Schreiben vom 18. Oktober 2014 zugestimmt.
Gründe, gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-Verordnung von einer Überstellung nach Italien abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris m. w. N.). Dabei begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 4. November 2014 (Tarakhel ./. Schweiz, Az. 29217/12
Das Gericht trägt dieser Einschränkung dadurch Rechnung, dass die Antragsgegnerin die Antragsteller erst dann nach Italien abschieben darf, wenn sie vorher eine Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden des Inhalts eingeholt hat, dass die Familie zusammen untergebracht wird und die Antragsteller zu 2) und zu 3) eine ihrem Alter und ihrer Kindeseigenschaft angemessene Behandlung erfahren.
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts notwendig machen, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Es steht auch fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hängt unter anderem davon ab, ob die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden Gründen rechtlich und tatsächlich möglich ist. Eine Abschiebungsanordnung darf erst ergehen, sobald feststeht, dass die Abschiebung bzw. Überstellung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat vor Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG auch zu prüfen, ob Abschiebungshindernisse bzw. -verbote oder Duldungsgründe vorliegen. Die Abschiebungsanordnung darf als Festsetzung eines Zwangsmittels erst dann ergehen, wenn alle Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Abschiebung nach § 26a oder § 27a AsylVfG i. V. m. § 34a AsylVfG erfüllt sind. Dies bedeutet, dass das Bundesamt vor Erlass der Abschiebungsanordnung gegebenenfalls sowohl „zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse“ als auch der Abschiebung entgegenstehende „inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse“ zu berücksichtigen hat. Es ist in diesem Zusammenhang unter anderem verpflichtet zu prüfen, ob die Abschiebung in den Dritt- bzw. Mitgliedstaat aus subjektiven, in der Person des Ausländers liegenden und damit vom System der normativen Vergewisserung nicht erfassten Gründen - wenn auch nur vorübergehend - rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427).
Eine Reiseunfähigkeit liegt dabei nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand unmittelbar durch die Reise selbst oder als unmittelbare Folge hiervon voraussichtlich wesentlich verschlechtern würde (BayVGH, B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 6).
Dem Bundesamt waren gesundheitliche Beeinträchtigungen des Antragstellers zu 3) nicht bekannt. Sie wurden erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen.
Unabhängig davon, dass die genaue Diagnose der Krankheit, die Gründe, warum eine Reiseunfähigkeit vorliegen bzw. sich der Gesundheitszustand bei einer Rückkehr nach Italien verschlechtern solle und die Umstände, weshalb in Italien keine Gesundheitsversorgung stattgefunden habe, nicht substantiiert dargestellt wurden, geht das Gericht nach bestehenden Auskunftslage davon aus, dass eine Krankheit des Antragstellers zu 3) in Italien behandelbar ist und dort behandelt werden wird.
Nach der Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim Nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind kostenfrei (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23.10.14, Az: 5a K 2360/13.A, juris).
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO abzulehnen; da die Antragsgegnerin nur im Hinblick auf die im Tenor ausgesprochene Maßgabe unterlegen ist, wurden die Kosten den Antragstellern zur Gänze auferlegt (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt ... war mangels Erfolgsaussicht des Antrags abzulehnen (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
M 11 K 14.50687
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
vom
11. Kammer
Sachgebiets-Nr. 710
Hauptpunkte: Dublin-III-VO; Ablauf der Überstellungsfrist; Überstellung nach Italien; Antragsablehnung mit Maßgabe des Schutzes der Familie; Krankheit; Prozesskostenhilfe gewährt; Herkunftsland: Nigeria
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
1. ...
2. ...
3. ...
zu 2 und 3: vertreten durch die Mutter ...
zu 2 und 3 wohnhaft: ...
- Kläger -
zu 1 bis 3 bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...
gegen
... - Beklagte -
beteiligt:
... wegen Vollzugs des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 11. Kammer, durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin am 16. Juni 2015 folgenden Gerichtsbescheid:
I.
Der Bescheid der Beklagten vom ... Oktober 2014 wird aufgehoben.
II.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Den Klägern wird Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt ... beigeordnet.
Tatbestand:
den Bescheid vom ... Oktober 2014 aufzuheben und den Klägern Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt ... beizuordnen.
Entscheidungsgründe:
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 84 und 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen diesen Gerichtsbescheid (Ziffern I bis III des Tenors) innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist der angefochtene Gerichtsbescheid zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Gerichtsbescheids sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle der Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss (Ziffer IV.) steht der Staatskasse die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten habe.
Die Beschwerde kann nur bis zum Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung eingelegt werden. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle des Gerichts übergeben wurde.
Im Übrigen ist dieser Beschluss unanfechtbar.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 11. Oktober 1983 in N. , Afghanistan, geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit und sunnitischen Glaubens.
3Der Kläger reiste am 13. August 2012 von Pakistan, dem Iran, der Türkei und Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er am 21. August 2012 einen Asylantrag stellte.
4Bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Bundesamt – am 18. September 2012 gab der Kläger im Wesentlichen an, sein Vater sei Kommandeur und Offizier zur Zeit der Regierung von Dr. Najibullah gewesen und bevor Präsident Karsai an die Macht gekommen sei, getötet worden. Deshalb habe er fliehen müssen. Er sei als Zehnjähriger zunächst mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach Pakistan ausgereist. Dort habe er sich fünf Jahre aufgehalten. Von dort aus seien sie weiter in den Iran gereist, wo sie sich acht Jahre aufgehalten hätten. Alleine sei er schließlich weiter in die Türkei gereist, wo er sich sieben Jahre illegal aufgehalten habe. Seit seiner damaligen Ausreise sei er nicht mehr nach Afghanistan zurückgekehrt. Von der Türkei aus sei er mit einem Boot in ein ihm unbekanntes Land gekommen. Er habe sich etwa zwei bis drei Tage in einem Flüchtlingslager aufgehalten, wo es ihm sehr schlecht gegangen sei. Man habe ein Foto von ihm gemacht und Fingerabdrücke genommen.
5Aus einer im Anschluss an die Anhörung vorgenommenen EURODAC-Abfrage des Bundesamtes geht hervor, dass der Kläger am 26. Juli 2012 in Italien erkennungsdienstlich behandelt wurde. Sodann richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien. Am 29. November 2012 stimmte Italien der Übernahme zu.
6Mit Bescheid vom 9. April 2013 lehnte die Beklagte den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2). Zur Begründung führte sie aus, der Asylantrag sei unzulässig, da Italien gem. Art. 10 Abs. 1 Dublin II-Verordnung zuständig sei und außergewöhnliche humanitäre Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland nicht ersichtlich seien.
7Der Kläger hat am 9. Mai 2013 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
8Er behauptet, der Bescheid sei ihm am 6. Mai 2013 übergeben worden, als er zum Zweck der Abschiebehaft der Justizvollzugsanstalt (JVA) C. übergeben worden sei. Ihm sei jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da eine möglicherweise vorher erfolgte Zustellung die Rechtsbehelfsfrist nicht in Gang gesetzt habe. Aufgrund des Umstands, dass er bereits als 10-jähriger auf der Flucht gewesen sei und daher nur eingeschränkt das Lesen beherrsche, habe er den Inhalt und die Bedeutung einer förmlich zugestellten Rechtsbehelfsbelehrung nicht verstehen können. Erst durch die Hilfe eines Sozialarbeiters in der JVA habe er ansatzweise nachvollziehen können, dass die Möglichkeit bestehe, gegen den Bescheid vorzugehen und anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Abschiebung nach Italien würde zudem für ihn den Tod bedeuten, da nicht sichergestellt sei, dass er in Italien den notwendigen Schutz erfahre. Abgesehen von den unzureichenden materiellen Aufnahmebedingungen, müsse er befürchten von verfeindeten Gruppierungen innerhalb eines Lagers umgebracht zu werden.
9Die für den 13. Mai 2013 gebuchte Abschiebung des Klägers von Düsseldorf nach Mailand wurde aufgrund des Beschlusses vom 10. Mai 2013 (5a L 547/13.A), mit dem die aufschiebende Wirkung der Klage bis zum Abschluss des Eilverfahrens vorläufig angeordnet wurde, nicht durchgeführt.
10Am 15. Mai 2013 wurde der Kläger aus der Abschiebehaft entlassen.
11Durch Beschluss vom 16. Mai 2013 (5a L 547/13.A) ordnete das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Mai 2013 an, da die Frage, ob eine Abschiebung nach Italien nicht vorgenommen werden dürfe, da aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber ernsthafte Gründe für die Annahme bestünden, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden, nur im Hauptsacheverfahren geklärt werden könne.
12Im Laufe des Hauptsacheverfahrens bekräftigte der Kläger zunächst seine Ansicht, dass Italien nicht für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig sei, da jedenfalls inzwischen die Überstellungsfrist von 12 Monaten nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II- VO abgelaufen sei.
13Mit Verfügung vom 24. März 2014 hat die Berichterstatterin den Kläger darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtige, der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 7. März 2014 (1 A 21/12.A) zu folgen, nach der die Gefahr für Asylbewerber im Falle einer Überstellung nach Italien, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen ausgesetzt zu werden, verneint wurde.
14Der Kläger vertritt auch im weiteren Verfahren die Ansicht, trotz der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des OVG NRW sei eine Abschiebung nach Italien unzulässig. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe in mehreren Fällen die angeordnete Abschiebung nach Italien vorläufig ausgesetzt. Eine grundsätzliche Entscheidung durch den EGMR sei in dem Verfahren Tarakhel vs. Schweiz zu erwarten. Jedenfalls handele es sich bei der Person des Klägers um eine besonders schutzbedürftige Person. Er habe sich in Italien verfolgt und mit dem Tode bedroht gefühlt. Diese Erfahrungen hätten ihn derart traumatisiert, dass er einer intensiven psychologischen Behandlung bedürfe.
15Zur Glaubhaftmachung legt der Kläger eine „Bescheinigung zur Vorlage bei der zuständigen Behörde“ vom 12. Mai 2014 sowie eine „klinisch-psychologische gutachterliche Stellungnahme“ vom 29. September 2014 jeweils der Diplom-Psychotherapeutin S. O. vor. Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass der Kläger seit 22 Jahren auf der Flucht sei. Nach seiner Flucht in den Iran sei er von „Usbeken“ überfallen und von diesen mit Messern am Kopf und an den Füßen verletzt worden. Nach einem Krankenhausaufenthalt sei er in ein Gefängnis gekommen, da er keine Aufenthaltsgenehmigung für den Iran gehabt habe. Als er erfahren habe, dass er nach Afghanistan abgeschoben werden solle, sei er in die Türkei geflohen. Auch dort sei er schließlich von „Usbeken“ aufgespürt worden, so dass er nach Italien geflohen sei. In dem Flüchtlingslager habe er bei dem Anblick der vielen Afghanen Todesangst verspürt. Jeder Afghane sei für ihn ein potentieller „Usbeke“. In Deutschland lebe er sehr zurückgezogen und leide unter Schlafstörungen und Herzrasen. Die Psychotherapeutin gelangt dabei zu der Diagnose, dass bei dem Kläger eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie eine rezidivierende Depression vorlägen, die dringend behandlungsbedürftig seien. Es sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerden der PTBS im Falle einer erzwungenen Rückkehr nach Italien erheblich verschlimmern und zu einer Retraumatisierung sowie zu einer Erhöhung des Suizidrisikos führen könnten. Selbst wenn in Italien objektiv Behandlungsmöglichkeiten für eine PTBS vorhanden seien, sei aus subjektiven Gründen keine erfolgversprechende Behandlung des Klägers möglich, da er gerade in Italien Todesangst verspürt habe und sich von „Usbeken“ verfolgt gefühlt habe. Zudem sei der Kläger nicht reisefähig.
16Der Kläger beantragt,
17die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. April 2013 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
18hilfsweise,
19die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. April 2013 zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz zu gewähren,
20äußerst hilfsweise,
21die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. April 2013 zu verpflichten, festzustellen, dass in der Person des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.
22Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid. Ergänzend trägt sie vor, die Überstellungsfrist sei nicht abgelaufen, da sie gemäß Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO sechs Monate nach der Entscheidung in der Hauptsache ende.
25Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
26Entscheidungsgründe:
27Das Gericht entscheidet trotz des Ausbleibens der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, da diese in der ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
28Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gemäß § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, noch auf Gewährung subsidiären Schutzes, noch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), § 113 Abs. 5 VwGO.
29Die Klage ist zunächst insgesamt zulässig. Sie ist insbesondere nicht verfristet. Nach § 74 Abs. 1 AsylVfG muss die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylverfahrensgesetz innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Ausweislich der Empfangsbestätigung erhielt der Kläger den angefochtenen Bescheid am 6. Mai 2013. Die Klageerhebung am 9. Mai 2013 erfolgte damit innerhalb der zweiwöchigen Klagefrist. Dass der Kläger den Bescheid möglicherweise schon zu einem früheren Zeitpunkt erhalten hat, geht weder aus dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes, noch liegen sonstige Anhaltspunkte für eine frühere Zustellung vor. Auf eine mögliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.
30Lehnt das Bundesamt die Durchführung eines Asylverfahrens in rechtswidriger Weise ab, so hat das gegen diese Entscheidung angerufene Gericht im Umfang der gestellten Anträge die Sache spruchreif zu machen und selbst darüber zu entscheiden, ob dem Kläger Verfolgungsschutz zu gewähren ist.
31Vgl. zuletzt VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Mai 2014 – 5a K 5709/13.A -; VG Köln, Urteil vom 6. März 2014 – 20 K 4905/13.A -; VG Göttingen, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 A 652/12 -; a.A. VG Düsseldorf, Urteil vom 3. Juni 2014 – 17 K 592/14.A -; VG Köln, Urteil vom 23. Januar 2014 – 1 K 4245/13.A -; jeweils zitiert nach juris.
32Eine andere Bewertung folgt nicht aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, nach der die Frage des für die Prüfung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaates der Prüfung des Asylantrags vorgelagert sei und daher selbständiger Streitgegenstand zu sein habe. Dem folgt die Kammer nicht. Das OVG NRW weist in der zitierten Entscheidung zutreffend darauf hin, dass „die Bestimmungen der Dublin II-Verordnung die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln“. Ist – bezogen auf den vorliegenden Fall – die Beziehung zu Italien dahin zu regeln, dass die Bundesrepublik das Asylverfahren durchzuführen hat, ist der Schutzanspruch der Kläger unter Berücksichtigung auch des nationalen Rechts der Bundesrepublik umzusetzen. Die Kammer hält daher die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der sich die Verwaltungsgerichte nicht auf die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung des Folgeverfahrens beschränken dürfen, auch hier für anwendbar. Denn eine Beschränkung der gerichtlichen Prüfung auf die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates, ohne auch über den Asylantrag in der Sache zu entscheiden, liefe dem Konzentrations- und Beschleunigungsgrundsatz, der der Durchführung von Asylverfahren zugrunde liegt, deutlich zuwider. Insbesondere stünde es mit diesen Grundsätzen nicht in Einklang, müsste der betroffene Asylbewerber nach Durchlaufen eines Gerichtsverfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates erneut das behördliche Verfahren zur Prüfung des Asylantrags in der Sache anstrengen, an welches sich möglicherweise erneut ein gerichtliches Verfahren anschließen würde. Vielmehr bleibt es auch in Konstellationen wie der vorliegenden dabei, dass das Gericht nach § 86 Abs. 1 VwGO im Rahmen des Klagebegehrens alle für die Entscheidung maßgebenden tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs in eigener Verantwortung festzustellen und die Streitsache im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO in vollem Umfang spruchreif zu machen hat.
33Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 10. Februar 1998 – 9 C 28/97 -, zitiert nach juris.
34Der Bescheid des Bundesamtes vom 9. April 2013 ist jedoch insgesamt rechtmäßig ergangen.
35Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Verfahrens zuständig ist. Vorliegend ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
36Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 17. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (Dublin II-VO) ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat, sofern dies auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß Art. 18 Abs. 3 der Verordnung oder Daten nach Kapitel III der Verordnung Nr. 2752/2000 festgestellt wurde. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Aufgrund der EURDAC-Abfrage stellte das Bundesamt fest, dass der Kläger am 26. Juli 2012 in Italien erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Da keine vorrangige Zuständigkeitsregelung nach Kapitel III der Dublin II-VO einschlägig ist, vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin II-VO, ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
37Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO. Nach dieser Regelung kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
38Zwar begründet die Dublin II-VO grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland. Denn die Dublin II-VO sieht ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie ist nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen.
39Vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile vom 14. November 2013 – C 4/11 – und vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 -; jeweils zitiert nach juris.
40Vor dem Hintergrund des dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zugrundeliegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens kann daher ein Asylbewerber in einer Situation, in der ein Mitgliedstaat einem Übernahmeersuchen zustimmt, gegen die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nur mit dem Argument entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden.
41Vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 -, Rn. 60; zitiert nach juris.
42Sofern der Kläger die Ansicht vertritt, das Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO habe sich aufgrund der gegenwärtig bestehenden systemischen Mängel hinsichtlich des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet, kann dem nicht gefolgt werden.
43Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien können insbesondere für Dublin-Rückkehrer nicht mit der erforderlichen Überzeugungsgewissheit festgestellt werden.
44Die Kammer macht sich diesbezüglich zunächst die Ausführungen des OVG NRW vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A – bezüglich der Aufnahmebedingungen Italiens für Rückkehrer nach dem Dublin-Verfahren zu Eigen. Das Oberverwaltungsgericht ist nach umfassender Auswertung der aktuell zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zu dem Schluss gelangt, dass obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus Mängel und Defizite nicht ganz unwesentlicher Art feststellen lassen, diese weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten sind, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 der Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK mit dem notwendigen Schweregrad impliziert.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, Rn. 132; zitiert nach juris.
46Insbesondere stellt der Senat fest, dass Dublin-Rückkehrer in Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müssen, dass sie in ihrem Grundrecht aus Art. 4 der Grundrecht-Charta dadurch verletzt werden, indem ihnen durch den italienischen Staat wegen von der Zahl her offensichtlich nicht ausreichender angemessener Unterkunftsmöglichkeiten ein Leben „auf der Straße“ oder in „Elendsquartieren“ zugemutet würde und damit ihre Recht auf Unterkunft systematisch unbeachtet bliebe. Eine solchermaßen dramatische Lage lasse sich aktuell für Italien nicht feststellen.
47Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A -, Rn. 146; zitiert nach juris.
48Anhaltspunkte dafür, dass sich die Situation angesichts der drastisch steigenden Zahlen der ankommenden Flüchtlinge in Italien im Laufe des Jahres 2014 wesentlich verändert hat, liegen nicht vor. Trotz weiterhin bestehender Mängel, vor allem im Hinblick auf die Unterbringungsmöglichkeit in dem Zeitraum zwischen der Asylantragstellung und der Registrierung des Antrags (sog. verbalizzazione), der je nach zuständigem Bezirk unterschiedlich lang und teilweise mehrere Monate erfassen kann,
49vgl. Asylum Information Database, Country Report Italy, April 2014, S. 43, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/Italy.
50handelt es sich hierbei um punktuelle Missstände, die nicht zu der Annahme struktureller Funktionsstörungen und systembedingter Fehler in den Aufnahmebedingungen Italiens führen.
51Dass ein Asylbewerber in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen derzeit keine Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden, entspricht im Übrigen auch dem überwiegenden Teil der nach der Entscheidung des OVG NRW vom 7. März 2014 ergangenen Rechtsprechung:
52Vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 2 LA 308/13 -; OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 9 A 233/13.A -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 -; VG Augsburg, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – Au 5 S 14.50255 -; VG Aachen, Urteil vom 5. September 2014 – 7 K 2917/13.A – und Beschluss vom 27. August 2014 – 4 L 559/14.A -; VG Ansbach, Beschluss vom 25. August 2014 – AN 4 S 14.50140 -; VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. August 2014 – 13 L 1645/14.A – und vom 17. Juli 2014 – 17 L 1018/14.A -; VG München, Beschluss vom 6. August 2014 – M 18 S 14.50352 -; VG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 6. August 2014 – 6 L 331/14.A -; VG Bremen, Beschluss vom 31. Juli 2014 – 1 V 495/14 -; VG Würzburg, Urteil vom 23. Juli 2014 – W 6 K 14.30291 -; VG Trier, Beschluss vom 14. Juli 2014 – 5 L 1226/14.TR -; VG Bayreuth, Urteil vom 9. Juli 2014 – B 3 K 14.50001G-; VG Stuttgart, Urteil vom 9. Juli 2014 – A 12 K 868/14 -; VG Stade, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 6 B 1153/14 -; VG Magdeburg, Urteil vom 26. Juni 2014 – 9 A 158/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24. Juni 2014 – 9 L 145.14 A -; VG Frankfurt, Beschluss vom 4. Juni 2014 – 7 L 1091/14.F.A -; a.A. VG Schwerin, Beschluss vom 16. Oktober 2014 – 3 B 915/14 As -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 7. August 2014 – 7a K 1304/14.A -; VG Leipzig, Beschluss vom 1. Juli 2014 – A 5 L 169/14 -; jeweils zitiert nach juris.
53Soweit der vorliegende Fall insofern von dem Ausgangspunkt der Entscheidung des OVG NRW vom 7. März 2014, der die Beurteilung der Aufnahmebedingungen Italiens hinsichtlich eines gesunden und alleinstehenden jungen Mannes betrifft, abweicht, da der Kläger glaubhaft gemacht hat, an einer Porttraumatischen Belastungsstörung zu leiden, ergibt sich hinsichtlich der Rückführung nach Italien kein anderes Ergebnis. Die Kammer geht davon aus, dass die Behandlung der psychischen Erkrankung des Klägers auch in Italien in ausreichendem Umfang gewährleistet ist und insofern auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung keine systemischen Mängel in Italien festzustellen sind.
54Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim Nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei.
55Vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Sachsen-Anhalt vom 21. Januar 2013.
56Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisation oder anderen privaten Trägern, deren Mitarbeiter speziell auf die Behandlung psychischer Krankheiten von Flüchtlingen ausgebildet sind, teilzunehmen.
57Vgl. Asylum Information Database, Country Report Italy, April 2014, S. 62, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/Italy; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 50.
58Insofern kann auch hinsichtlich der notwendigen Behandlung der psychischen Erkrankung des Klägers mangels entgegenstehender Erkenntnisse nicht davon ausgegangen werden, dass in Italien systemische Mängel hinsichtlich der medizinischen Versorgung bestehen.
59Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 17 L 1018/14.A; VG Stuttgart, Urteil vom 9. Juli 2014 – A 12 K 868/14 -; VG Regensburg, Beschluss vom 30. April 2014 – RN 5 S 14.50067 -; jeweils zitiert nach juris.
60Sonstige Anhaltspunkte, aufgrund derer der Kläger einen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bunderepublik Deutschland gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO hätte, liegen nicht vor. Insbesondere droht dem Kläger in Italien nicht die Ermordung durch andere Afghanen. Sofern der Kläger vorträgt, die Schleuserbanden seien in Italien, im Iran und in der Türkei miteinander in Kontakt und man werde ihn sofort nach seiner Ankunft in Italien ausfindig machen und töten, vermag das Gericht vor allem vor dem Hintergrund, dass sich der Kläger lediglich zwei Tage in Italien aufgehalten hat und er dort weder bedroht noch in sonst irgendeiner Weise von Afghanen belästigt wurde, keine Lebensgefahr bei einer Rückkehr zu erkennen. Die von ihm geltend gemachte Angst vor der Ermordung schätzt das Gericht vielmehr als Ausdruck seiner psychischen Erkrankung ein.
61Die Abschiebungsanordnung ist im nach § 77 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ebenfalls rechtmäßig.
62Nach § 34 a AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den Staat, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Im Rahmen der Abschiebungsanordnung hat das Bundesamt demnach die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen.
63Vgl. BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 – 10 CE 14.427, mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 -; jeweils zitiert nach juris.
64Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis liegt unter anderem dann vor, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche – außerhalb des Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn).
65Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 -; BayVGH, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 10 CE 14.1523 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 25. August 2014 – 13 L 1834/14.A -; jeweils zitiert nach juris.
66Der Abschiebung nach Italien steht nicht bereits die vom Kläger glaubhaft gemachte psychische Erkrankung als solche entgegen. Selbst vor dem Hintergrund, dass es aufgrund des nicht absehbaren Zeitraumes, bis der Kläger nach der Registrierung seines Asylantrages einen Wohnsitz anmeldet und sodann in den Besitz einer Gesundheitskarte kommt, gegebenenfalls mehrere Monate vergehen können bis der Kläger mit der Behandlung seiner Krankheit beginnen kann, ist davon auszugehen, dass die Abschiebung nach Italien nicht zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr für den Kläger führt. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung befindet sich der Kläger derzeit weder in psychotherapeutischer Behandlung noch nimmt er Medikamente ein. Die Abschiebung nach Italien würde also nicht etwa zu einem Behandlungsabbruch, der erhebliche Folgen für den Gesundheitszustand des Klägers haben könnte, führen. Auch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers erheblich verschlechtern würde, wenn der Behandlungsbeginn nicht unmittelbar, sondern erst nach ein paar Monaten erfolgt.
67Der Kläger konnte ferner nicht zur Überzeugung des Gerichts seine Reiseunfähigkeit glaubhaft machen. Nach dem Eindruck, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung vermittelt hat, ist die Kammer vielmehr davon überzeugt, dass der Kläger reisefähig ist.
68Der Kläger machte in der mündlichen Verhandlung deutlich, dass er bei einer Rückkehr nach Italien davon ausgehe, von Afghanen, die ihn suchen würden, getötet zu werden. Selbst auf mehrfache Nachfrage durch das Gericht sowie seiner Prozessbevollmächtigten, was genau passieren würde, wenn er nach Italien abgeschoben werden würde, beschränkte sich sein Vortrag auf die Aussage, dass er alsbald nach seiner Rückkehr umgebracht werden würde. Der Kläger vermochte dagegen nicht darzulegen, wie er konkret reagieren würde, falls er abgeschoben werden würde und welche emotionalen und gegebenenfalls physischen Folgen die Abschiebung als solche für ihn persönlich hätte.
69Das von dem Kläger vorgelegte Gutachten der Psychotherapeutin S. O. vom 29. September 2014, welches zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nicht reisefähig sei, führt zu keiner anderen Entscheidung. Für die Kammer ist es nicht nachvollziehbar, wie die Psychotherapeutin in dem Gutachten zu dem Schluss der Reiseunfähigkeit gelangt.
70Dem Gutachten liegt zunächst die Annahme zugrunde, dass der Kläger Angst vor allen Afghanen habe. Dem kann nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht gefolgt werden. Der Kläger schilderte anschaulich, dass er sich an seinem derzeitigen Wohnort in X. mit einem Afghanen das Zimmer teile und sie friedlich miteinander leben würden. Der Kläger geht also selbst davon aus, dass nicht alle Afghanen ihn verfolgen, sondern er sogar in der Lage ist, mit einem Afghanen zusammen zu leben. Auch die Annahme, der Kläger habe nach zwei Gesprächsterminen nicht mehr zur Begutachtung nach I. fahren wollen, da er Angst habe, auf der Fahrt von anderen Afghanen gesehen zu werden, wurde in der mündlichen Verhandlung nicht bestätigt. Auf ausdrückliche Nachfrage der Prozessbevollmächtigten erklärte der Kläger vielmehr, es habe ihm Angst gemacht, dass er den Weg nach I. nicht gekannt habe. Von einer Angst vor dem Entdecktwerden durch andere Afghanen war dagegen nicht die Rede.
71Ferner setzt sich das Gutachten nicht mit dem Umstand auseinander, dass der Kläger bereits zuvor mit der Abschiebesituation nach Italien konfrontiert war, als er zum Zwecke der Abschiebung in Abschiebehaft genommen wurde. Hier hätte es nahe gelegen, die damaligen Reaktionen und Äußerungen des Klägers, der befürchtet, in Italien umgebracht zu werden, zu beleuchten und in die Beurteilung seines jetzigen Zustands einzubeziehen. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung lediglich an, in der JVA viel geweint zu haben. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass eine Person, die sich bereits zum zweiten Mal mit der Abschiebesituation konfrontiert und – nach ihrer Vorstellung – dem Tod unmittelbar ausgeliefert sieht, die darüber empfundene Angst und Verzweiflung auch durch verstärkte Emotionen und Reaktionen zum Ausdruck bringen würde. Die in dem Gutachten dargelegte angeblich von dem Kläger empfundene „Todesangst“ konnte die Kammer dagegen aufgrund der ruhigen und gar distanzierten Haltung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht erkennen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Maß an sichtbaren Emotionen aufgrund der Situation einer förmlichen mündlichen Verhandlung sowie des kulturellen Hintergrundes des Klägers durchaus begrenzt sein kann. Bereits aus den Ausführungen des Klägers als solche ohne Anzeichen einer emotionalen Berührtheit konnte jedoch eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit und das Leben des Klägers im Falle der Abschiebung nicht festgestellt werden.
72Schließlich ist die im dem Gutachten prognostizierte Suizidgefahr nach dem Eindruck des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar. Auch hier erscheint bereits fraglich, warum die Gutachterin nicht mögliche suizidale Äußerungen im Rahmen der ersten angekündigten Abschiebung hinterfragt. Vielmehr bleibt es bei der bloßen Wiedergabe des Berichts des Klägers, er habe im Iran, in der Türkei und auch in der JVA C. an Suizid gedacht. Eine Auseinandersetzung mit diesen formulierten Gedanken erfolgt an keiner Stelle. Das Gutachten beschränkt sich vielmehr auf eine Mitteilung über das Ergebnis eines Fragebogens zur Feststellung der Suizidalität, in welchem der Kläger 14 von 16 Fragen im Sinne eines bestehenden Suizidrisikos beantwortet habe. Eine Erläuterung oder Auseinandersetzung mit dem Testergebnis erfolgt dagegen nicht. Der Kläger erwähnte dagegen im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch auf mehrfache Nachfrage zu den konkreten Folgen einer Abschiebung weder bereits vollzogene Suizidversuche noch suizidale Gedanken jeglicher Art. Der Vortrag beschränkte sich ausschließlich auf die von dem Kläger befürchtete Gefahr, in Italien getötet zu werden. Das Vorliegen einer Lebensmüdigkeit war für das Gericht nicht zu erkennen. Der in dem Gutachten gezogene Schluss auf die „drastische Erhöhung“ der Suizidalität des Klägers im Falle der Abschiebung bleibt schließlich ohne jegliche Begründung und kann damit nicht nachvollzogen werden.
73Für die Annahme, dass dem Kläger keine erheblichen Gesundheitsgefahren im Falle der Abschiebung drohen, spricht schließlich auch, dass der Kläger bereits zu Beginn seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung über sich selbst sagte, er sei gesund.
74Vor diesem Hintergrund drängt sich keine Beweiserhebung auf, so dass der in der mündlichen Verhandlung gestellte bedingte Beweisantrag abzulehnen war. Der Beweisantrag bezog sich auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Frage, ob der Kläger reisefähig sei. Ungeachtet der Frage, ob der so gestellte Beweisantrag hinreichend substantiiert ist, war das Gericht angesichts des bereits vorliegenden Gutachtens sowie des Gesamteindrucks des Klägers in der mündlichen Verhandlung, nicht gehalten, weitere Ermittlungen hinsichtlich der Reisefähigkeit des Klägers anzustellen.
75Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
76Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.