Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. Jan. 2015 - M 1 SN 14.4722

bei uns veröffentlicht am26.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 30.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Beigeladene zur Errichtung und zum Betrieb von 4 Windkraftanlagen.

Das Landratsamt St. (Landratsamt) erteilte der Beigeladenen am ... Juli 2014 auf deren Antrag vom ... März 2014 die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von 4 Windkraftanlagen des Typs Enercon E-115 auf den Grundstücken FlNrn. 19, 20, 23 und 25 Gemarkung ... im Gemeindegebiet der Beigeladenen. Am ... Oktober 2014 ordnete das Landratsamt den Sofortvollzug dieses Bescheides an. Die Gesamthöhe der genehmigten Windkraftanlagen beträgt jeweils 206,85 m (Nabenhöhe: 149 m, Rotordurchmesser: 115,70 m). Die Standorte der genehmigten Anlagen liegen in einer Konzentrationsfläche, die die Beigeladene mittels eines Teilflächennutzungsplans dort dargestellt hat. Gegen diesen Teilflächennutzungsplan hat unter anderem die Antragstellerin, eine zur Beigeladenen benachbarte Gemeinde mit dem nahe der Gemeindegrenze liegenden Ortsteil ..., beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen Normenkontrollantrag gestellt, über den noch nicht entschieden ist. Die Entfernung der Standorte der Windkraftanlagen zu den bewohnten Bereichen des Ortsteils ... beträgt mehr als 1 km (vgl. hierzu die immissionsrechtliche Stellungnahme des Landratsamtes v. 11.7.2014, Bl. ... der Behördenakte - BA).

Die Antragstellerin hatte am ... August 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage gegen diese Genehmigung erhoben, über die bislang noch nicht entschieden ist (M 1 K 14.3792). Am ... Oktober 2014 beantragte sie gemäß § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO),

die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes St. vom ... Juli 2014 wiederherzustellen.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie sei vor der Sofortvollzugsanordnung nicht angehört worden. Der Antragsgegner habe das überwiegende öffentliche Interesse am Sofortvollzug nicht hinreichend begründet. Vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung könne das Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses auch nicht angenommen werden. Auf ein angeblich überwiegendes Interesse der Beigeladenen komme es nicht an. Dieses werde fast ausschließlich wirtschaftlich begründet, was jedoch unzutreffend sei. Derzeit sei das öffentliche Interesse am weiteren Ausbau der Windkraft stark eingeschränkt. Der Bayerische Landesgesetzgeber beabsichtige, von einer Bundesermächtigung Gebrauch zu machen und eine Regelung zu erlassen, die einen größeren Abstand von Windkraftanlagen zu Wohngebäuden verlange. Im angefochtenen Bescheid und auch in der Sofortvollzugsanordnung gehe der Antragsgegner nicht auf die von der Antragstellerin im Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorgebrachten Interessen ein. Die genehmigten Anlagen würden für ihre Bürger im Ortsteil ... einen optischen Riegel darstellen, der diese belaste und dominiere. Zudem würden diese Bürger durch Immissionen, Schattenwurf sowie hinsichtlich der Belange des Landschafts-, Natur- und Artenschutzes beeinträchtigt, ebenso hinsichtlich des Gebotes der Rücksichtnahme. Die Windkraftanlagen würden bis ca. 275 m hoch wirken. Auch an der sofortigen Vollziehbarkeit der von der Beigeladenen in diesem Zusammenhang beabsichtigten umfangreichen Rodung von über 17 ha Wald eines Landschaftsschutzgebiets bestehe kein öffentliches Interesse. Das interkommunale Abwägungsgebot sei ebenfalls verletzt. Ein qualifizierter Abstimmungsbedarf habe bestanden. Hierbei komme es auf die Reichweite der Auswirkungen des Vorhabens an. Bei unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art auf Nachbargemeinden seien auch deren Interessen zu berücksichtigen. Abwehransprüche dieser Nachbargemeinden könnten auf der Grundlage ihres Selbstgestaltungsrechts erwachsen, etwa bei Maßnahmen, die ihr Ortsbild entscheidend prägten und dadurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und auf die Entwicklung der Gemeinde einwirkten.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht formell fehlerhaft. Der Bescheid sei ausreichend begründet. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin sei nicht erkennbar. Natur- und artenschutzrechtliche Belange könne sie als Nachbargemeinde für sich nicht geltend machen, da weder ihre Planungshoheit noch ihr Selbstverwaltungsrecht auf ihrem Gemeindegebiet insoweit berührt sei. Ihr Hinweis auf ein eigenes Interesse an potentiellen künftigen Ausweisungen neuer Wohn- und Gewerbegebiete sei hierzu nicht konkret genug. Auch sei eine Verunstaltung des Landschaftsbilds nicht gegeben. Die Genehmigung verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

den Antrag abzulehnen.

Nach ihrer Auffassung ist die Klage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren ohne Aussicht auf Erfolg. Bei der Annahme einer Unwirksamkeit des Teilflächennutzungsplanes wären die Windkraftanlagen als privilegierte Außenbereichsvorhaben rechtmäßig. Selbst bei Zugrundelegung einer Wirkhöhe dieser Anlagen von 275 m wäre ein Mindestabstand des Dreifachen der Gesamthöhe eingehalten.

Das Gericht hat mit Beschluss vom ... Oktober 2014 einen Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Zwischenverfügung mit der Begründung abgelehnt, nach summarischer Prüfung seien weder das Eilantrags- noch das Hauptsacheverfahren der Antragstellerin aussichtsreich.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag gemäß § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO ist in der Sache erfolglos.

1. Das Landratsamt hat die Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid vom ... Oktober 2014 in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Art und Weise begründet. Unter ausreichender Bezugnahme auf die Besonderheit des Einzelfalles hat es dargelegt, weshalb dem überwiegenden Interesse der Beigeladenen sowie dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Vorrang vor dem Interesse der Antragstellerin, dass der rechtskräftige Abschluss ihres Hauptsacheverfahrens abgewartet werde, gebührt.

2. Einer Anhörung der Antragstellerin vor Anordnung des Sofortvollzugs in entsprechender Anwendung von Art. 28 Bayerisches Verwaltungs- und Verfahrensgesetz (BayVwVfG) bedarf es entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch dann nicht, wenn die Anordnung des Sofortvollzugs - wie hier - separat nach Erlass der Genehmigung ergeht, da es sich bei dieser Anordnung nicht um einen selbstständigen Verwaltungsakt handelt, sondern um einen unselbstständigen Annex (Kopp, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 28 Rn. 7 m. w. N.).

3. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides sowie dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Im Rahmen der bei Eilanträgen nach § 80 a Abs. 3 VwGO bestehenden Dreiecksverhältnisse ist von besonderem Gewicht, ob das von der Antragstellerin als Hauptsacheverfahren angestrengte Drittrechtsschutzverfahren, das von der Verletzung eigener Rechte abhängt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), Aussicht auf Erfolg hat (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 a Rn. 6).

4. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben muss das Interesse der Antragstellerin zurücktreten, weil ihre Klage gegen den immissionsschutzrechtlichen Bescheid des Landratsamtes vom ... Juli 2014 voraussichtlich erfolglos sein wird, denn dieser Bescheid verletzt sie nicht in eigenen Rechten. Dabei kann offen bleiben, ob die Antragstellerin im Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erfolgreich die Feststellung der Unwirksamkeit des von der Beigeladenen beschlossenen Teilflächennutzungsplans mit Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen durchsetzen kann. Denn selbst wenn dieser Bauleitplan unwirksam wäre, könnte die Antragstellerin den dann nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 Baugesetzbuch (BauGB) privilegierten Außenbereichsvorhaben „Windkraftanlagen“ keine öffentlichen Belange oder sonstige Rechtspositionen entgegensetzen, die auch sie als benachbarte Gemeinde in ihren Rechten schützen.

4.1 Die Antragstellerin hat eine für den Erfolg der genannten Verfahren erforderliche Verletzung in eigenen Rechten nicht hinreichend darlegen können, insbesondere nicht in Hinblick auf die kommunale Planungshoheit als Ausfluss des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts, das auch im interkommunalen Abstimmungsgebot nach § 2 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) seine Ausprägung findet.

Ihr Vortrag im vorliegenden Eil- und Hauptsacheverfahren sowie ihre Ausführungen zur Begründung eines Normenkontrollantrags vom 14. Dezember 2013 hinsichtlich einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots belegen eine solche Verletzung eigener Rechte nicht. Zwar trägt die Antragstellerin vor, ihr Ortsbild werde durch die vier genehmigten Windkraftanlagen entscheidend geprägt; diese würden nachhaltig auf das Gemeindegebiet einwirken. Das Gericht hält das im Hinblick auf die Gesamthöhe der genehmigten Windkraftanlagen des Typs Enercon E-115 von ca. 210 m einerseits und die Entfernung des Ortsteils ... der Antragstellerin als der nach Aktenlage (vgl. Übersichtslageplan, Bl. ... d. BA) den Standorten der Windkraftanlagen nächstgelegenen Siedlung der Antragstellerin von mehr als einem Kilometer (vgl. Immissionsschutzrechtliche Stellungnahme des Landratsamts v. 11.7.2014, Bl. ... d. BA) andererseits für nicht stichhaltig.

Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich ferner auch nicht, dass von den genehmigten Anlagen ein Koordinierungsbedarf ausgelöst würde, dem nicht das Konditionalprogramm des § 35 BauGB, sondern nur eine Abwägung im Rahmen einer förmlichen Planung angemessen Rechnung zu tragen vermag (vgl. BVerwG, B. v. 11.8.2004 - 4 B 55.04 - juris Rn. 3 ff.). Ein solcher Koordinierungsbedarf wird bei der Errichtung von (auch mehreren) raumbedeutsamen Windenergieanlagen in der Regel mit der Begründung verneint, dass bei im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässigen Vorhaben das Prüfprogramm des § 35 BauGB in aller Regel ausreicht, um eventuelle Konflikte zwischen privaten und auch öffentlichen Belangen adäquat zu lösen mit der Folge, dass die betreffenden Genehmigungen von der Nachbargemeinde nicht unter Berufung auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 2 BauGB angefochten werden können (NdsOVG, B. v. 12.2.2014 - 12 ME 242/13 - juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 3.2.2009 - 22 CS 08.3194 - juris Rn. 6 ff.).

Die Antragstellerin hat nicht hinreichend dargelegt, welche gravierenden Auswirkungen gerade auf ihr Gemeindegebiet zu erwarten sind, die ein Bedürfnis nach planerischer Bewältigung auslösen (vgl. BVerwG U. v. 1.8.2002 - 4 C 5.01 - juris Rn. 21 f.). Insbesondere verkennt sie, dass es sich bei den Windkraftanlagen um im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierte Vorhaben handelt, welche zulässig sind, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Durch diese Privilegierung ist die Annahme eines Abwehrrechts zusätzlich erschwert (BayVGH, B. v. 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 - juris Rn. 26). Im Gegensatz dazu ging es in den von der Antragstellerin vorgetragenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 1989 (BVerwGE 84, 209) und 1. August 2002 (a. a. O.) um nichtprivilegierte Vorhaben, bei denen bereits eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB zur Unzulässigkeit führt. Negative Auswirkungen auf das Gebiet der benachbarten Gemeinde im Sinne eines Entgegenstehens öffentlicher Belange sind hier nicht ersichtlich, auch wenn die vier genehmigten Windkraftanlagen relativ nahe der Gemeindegrenze der Antragstellerin errichtet werden sollen. Abwehransprüche auf der Grundlage des sogenannten Selbstgestaltungsrechts der Gemeinden erwachsen allenfalls dann, wenn eine Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken; gewisse ästhetische Einbußen für das Ortsbild als Folge ansonsten zulässiger Vorhaben hat die Gemeinde hinzunehmen (BayVGH, B. v. 3.2.2009 a. a. O. Rn. 7).

Die Antragstellerin hat nicht ausreichend dargelegt, weshalb die Windkraftanlagen das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet einwirken sollen. Angesichts der Entfernung der Anlagen zum Ortsteil ... ist eine erhebliche Beeinträchtigung durch die 210 m hohen Windkraftanlagen nicht nachvollziehbar. Die bloße Sichtbarkeit führt für sich genommen zu keiner erheblichen Beeinträchtigung. Eine Veränderung der städtebaulichen Struktur von Grund auf, eine die übrige Bebauung dominierende Wirkung oder die Schaffung eines optischen Riegels, der von der Ortslage aus einsehbare Landschaftsteile abschneiden würde, welche eine erhebliche Beeinträchtigung nahelegen könnten, sind angesichts der nur punktuellen Wirkung der Windkraftanlagen nicht vorstellbar (vgl. BayVGH, B. v. 3.2.2009 a. a. O. mit vergleichbarer Fallgestaltung).

Besonderheiten, die im vorliegenden Fall eine andere Bewertung rechtfertigen würden, sind bei summarischer Prüfung nicht zu erkennen. Eine möglicherweise kollidierende, hinreichend konkrete eigene Planung hat die Antragstellerin nicht vorgetragen, weder im Antragsschriftsatz zu den vorliegenden Eil- und Klageverfahren noch in ihrer Begründung des Normenkontrollantrags vom 14. Dezember 2013. Ein bloßer Hinweis auf ein eigenes „Interesse an potentiellen künftigen Ausweisungen neuer Wohn- und Gewerbegebiete“ auf dem eigenen Gemeindegebiet (vgl. S. 6 des Schriftsatzes zum Normenkontrollantrag v. 14.12.2013) ist nicht ausreichend. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens von § 2 Abs. 2 BauGB ist nicht vom Vorliegen einer durch die angefochtenen Genehmigungen ausgelösten Planungspflicht der Antragstellerin auszugehen mit der Folge einer erhöhten Berücksichtigungspflicht ihrer kommunalen Planungshoheit bei der Entscheidung über die Genehmigung der Windenergieanlagen im Gebiet der Beigeladenen als Nachbargemeinde (hierzu NdsOVG, B. v. 12.2.2014 a. a. O. Rn.9).

4.2 Auf die Verletzung von Rechten ihrer Gemeindebürger kann sich die Antragstellerin nicht mit Erfolg berufen. Unabhängig davon sind im Übrigen Rechtsverletzungen von Gemeindeeinwohnern bei summarischer Prüfung auch nicht erkennbar. Eine Verletzung des für die Bewohner des Ortsteils ... allein in Betracht kommenden Gebots der Rücksichtnahme im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) in Form einer optisch bedrängenden Wirkung wird in der Rechtsprechung überwiegend dann abgelehnt, wenn der Abstand der Windkraftanlage zu einem Wohnhaus mindestens das Dreifache der Gesamthöhe aus Nabenhöhe und der Hälfte des Rotordurchmessers beträgt (HessVGH, B. v. 1.3.2011 - 9 B 121/11 - juris Rn. 12; OVG NW, B. v. 9.8.2006 - 8 A 3726/05 - DVBl. 2006, 1532; BayVGH, U. v. 29.5.2009 - 22 B 08.1785 - juris Rn. 15; B. v. 1.12.2014 - 22 ZB 14.1594 - juris Rn. 15). Dies scheidet im Hinblick auf die 206,85 m betragende Gesamthöhe der genehmigten Windkraftanlagen und die mehr als einen Kilometer entfernt liegenden bewohnten Bereiche im Ortsteil ... aus. Selbst bei einer Annahme der von der Antragstellerin behaupteten „wirkenden“ Gesamthöhe von ca. 275 m wäre eine solche optisch bedrängende Wirkung im Sinne der genannten Rechtsprechung nicht gegeben. Der weite Blick in eine unbebaute Landschaft ist regelmäßig rechtlich nicht geschützt (BVerwG, B. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - juris Rn. 24; OVG MV, B. v. 21.5.2014 - 3 M 236/13 - juris Rn. 23).

Die am 21. November 2014 in Kraft getretene Änderung der Bayerischen Bauordnung hinsichtlich der Einführung eines Mindestabstandes von Windkraftanlagen des 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebieten (vgl. Art. 82 BayBO i. d. F. des Gesetzes v. 17.11.2014 - GVBl. S. 478) ist für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage ohne Belang. Bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich, hier also der 31. Juli 2014 (VGH BW, B. v. 7.8.2014 - 10 S 1853/13 - juris Rn. 6; U. v. 14.5.2012 - 10 S 2693/09 - juris Rn. 60 ff.; vgl. Schmidt a. a. O. § 113 Rn. 51, 53, 58 f.).

4.3 Ebenfalls auszuschließen ist nach summarischer Prüfung der immissionsschutztechnischen Stellungnahme des Landratsamtes vom ... Juli 2014 (Bl. ... ff. d. BA) eine für die bewohnten Bereiche im Ortsteil ... der Antragstellerin unzumutbare weil rücksichtslose Lärmbelastung.

4.4 Auf öffentliche Belange in natur- und artenschutzrechtlicher Hinsicht (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) kann sich die Antragstellerin ebenso wenig berufen wie auf eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, da diese öffentlich-rechtlichen Regelungen nicht sie als Dritte - auch nicht als Nachbargemeinde - in ihren Rechten zu schützen bestimmt sind (vgl. OVG MV, B. v. 21.5.2014 a. a. O.).

5. Aus diesen Gründen ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, ist es angemessen, dass die Antragstellerin auch deren außergerichtliche Kosten trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Nr. 1.5 und 19.3 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 1 K 14.3792

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 21. Juli 2015

1. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1021

Hauptpunkte:

Genehmigung für 4 Windkraftanlagen nach BImSchG;

Klage einer Nachbargemeinde

Anspruch auf Überprüfung umweltfachlicher Entscheidungen;

Anwendbarkeit der „10-H-Regelung“ bei Bescheidsänderung;

Interkommunales Abstimmungsgebot

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

Gemeinde ... vertreten durch den ersten Bürgermeister ...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

..., vertreten durch: Landratsamt ...

- Beklagter -

beigeladen: ... GmbH & Co. KG

wegen immissionsschutzrechtlicher Genehmigung für vier Windenergieanlagen (FlNr. 19, 20, 23, 25 Gem. ...)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 1. Kammer,

durch die Präsidentin des Verwaltungsgerichts ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 am 21. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von vier Windkraftanlagen, die der Beklagte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilt hatte.

Die Gemeinde Berg, die zu diesem Verfahren als Trägerin des Verfahrens vom 28. August 2014 bis 2. April 2015 beigeladen war, beantragte am ... März 2014 beim Landratsamt Starnberg (Landratsamt) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von vier Windkraftanlagen des Typs ... (Gesamthöhe: 206,85 m) auf den Grundstücken FlNr. 19, 20, 23 und 25 Gemarkung ... Die beantragten Standorte liegen in Konzentrationsflächen für Windkraftanlagen, die die Gemeinde Berg im Rahmen eines sachlichen Teilflächennutzungsplans an dieser Stelle dargestellt hat (25. Änderung des Flächennutzungsplans als sachlicher Teilflächennutzungsplan „Windkraft“). Des Weiteren liegen die beantragten Standorte im Landschaftsschutzgebiet „...“ des Landkreises Starnberg. Die 8. Änderungsverordnung der Landschaftsschutzverordnung regelt für den betreffenden Bereich eine Verbotsausnahme, um die Errichtung von Windkraftanlagen in Konzentrationsflächen zu ermöglichen, die in dem sachlichen Teilflächennutzungsplan der Gemeinde Berg ausgewiesen werden. Die Klägerin hat gegen diesen Teilflächennutzungsplan einen Normenkontrollantrag gestellt, der am 10. März 2015 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof abgelehnt wurde (BayVGH, U. v. 10.03.2015 - 1 N 13.354 u. a. - juris).

Am ... April 2015 erteilte die Gemeinde Berg zu ihrem Vorhaben das Einvernehmen. Sie legte ihrem Antrag unter anderem ein Schallschutz- und Schattenwurfgutachten (jeweils v. ...4.2014) bei; das Schallschutzgutachten wurde am ... und ... Juni 2014 ergänzt, das Schattenwurfgutachten am ... Juni 2014. Beide Gutachten kommen zum Ergebnis, dass - bezogen auf die umliegende Wohnbebauung - keine unzulässigen Lärm- und Schattenwurfbeeinträchtigungen von den beantragten Windkraftanlagen ausgehen.

Das Landratsamt kam am ... Juni 2014 im Rahmen einer standortbezogenen Vorprüfung zu dem Ergebnis, dass für das beantragte Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei und gab diese Entscheidung am 2. Juli 2014 im Amtsblatt des Landkreises Starnberg bekannt.

Mit Bescheid vom ... Juli 2014, ergänzt durch Bescheid vom ... Januar 2015, erteilte das Landratsamt die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung und erklärte hierbei die Gutachten zum Schallschutz und Schattenwurf zum Bestandteil der Genehmigung. Zudem legte es im Bescheid für die Windkraftanlagen einen jeweils immissionswirksamen Schallleistungspegel bei Volllast von 106,0 dB(A) fest und ordnete zudem an, dass von ihnen ausgehende Geräusche weder impuls- noch tonhaltig sein dürfen. Im ergänzenden Bescheid vom ... Januar 2015 ordnete das Landratsamt zum Jahr 2015 eine Nachuntersuchung zur Überprüfung der artenschutzrechtlichen Prüfung an.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob am ... August 2014 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt,

die Bescheide des Landratsamts Starnberg vom ... Juli 2014 und ... Januar 2015 aufzuheben.

Zur Begründung trägt er vor, die Klägerin sei eine zur Gemeinde Berg benachbarte Gemeinde. Entgegen der Übergangsregelung in Art. 83 Abs. 1 BayBO n. F., die den Stichtag „4. Februar 2014“ regele, habe die Gemeinde Berg den Genehmigungsantrag erst am ... März 2014 gestellt. Deshalb sei das beantragte Vorhaben unzulässig, da es nicht das 10-fache seiner Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen, innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile und im Geltungsbereich von Außenbereichssatzungen einhalte. Gegen diese Regelung sei Verfassungsbeschwerde erhoben worden. Sie stehe auch dem sachlichen Teilflächennutzungsplan der Gemeinde Berg entgegen, da die Klägerin diesem am ... Februar 2015 widersprochen habe. Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung des genehmigten Vorhabens sei der ... Januar 2015 als Tag der letzten Verwaltungsentscheidung des Landratsamts. Eine Entscheidung über den Genehmigungsantrag hätte erst nach dem Inkrafttreten der bayerischen Regelungen zu höhenbezogenen Mindestabständen von Windkraftanlagen am 21. November 2014 ergehen dürfen. Die eingereichten naturschutzfachlichen Antragsunterlagen hätten Defizite aufgewiesen. Erst am ... Januar 2015 habe das Landratsamt ergänzend Nachuntersuchungen angeordnet, doch seien auch diese Maßnahmen artenschutzfachlich ungeeignet. Im Kloster Schäftlarn befinde sich eine artenschutzrechtlich bedeutsame Fledermauskolonie, die durch die beantragten Anlagen gefährdet sei. Als benachbarte Gemeinde habe die Klägerin einen Anspruch auf Überprüfung der Entscheidung des Landratsamts, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. Diese Entscheidung sei rechtswidrig gewesen, wie auch kürzlich in mehreren gleichartigen Verfahren das Verwaltungsgericht Würzburg festgestellt habe. Den beantragten Windkraftanlagen komme eine erdrückende Wirkung mit umzingelndem Charakter zulasten der Bewohner des Ortsteils ... der Klägerin zu. Dieser Ortsteil sei bereits durch die angrenzende Autobahn immissionsrechtlich vorbelastet. Das zeige die Lärmkarte des Landesamts für Umweltschutz zu diesem Gebiet. Bisher mögliche Ruhephasen bei Westwind gingen verloren. Im Übrigen stimmten die Höhenangaben der genehmigten Anlagen nicht mit den in den Lärm- und Schattenwurfgutachten angegebenen Höhenlagen überein. Die tatsächlichen Beeinträchtigungen durch Schattenwurf seien höher. Eine im Landesentwicklungsprogramm Bayern geregelte verbindliche Vorgabe verbiete das Errichten von Windkraftanlagen auf landschaftsprägenden Geländerücken.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Verweis auf die im Bescheid enthaltene Begründung trägt er ergänzend vor, zwar differierten die Höhenangaben der genehmigten Anlagen um 1 bis 4 Meter zu den in den Schattenwurf- und Schallschutzgutachten angegebenen Höhen, doch zeige eine überschlägige Nachberechnung, dass der Schattenwurf noch immer unter der Zumutbarkeitsgrenze liege. Für den Schallschutz sei die Höhendifferenz ohne Auswirkung. Trotz des Ergehens eines Ergänzungsbescheids am ... Januar 2015 finde die sogenannte „10-H-Regelung“ auf das beantragte Vorhaben keine Anwendung. Eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung habe nicht bestanden, weshalb die Entscheidung, eine solche Prüfung nicht durchzuführen, aufrechterhalten bleibe. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Nachprüfung, ob die artenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten seien. Im Übrigen habe das Bayerische Umweltministerium in einem Schreiben vom ... Februar 2015 an die Gemeinde Schäftlarn die Einhaltung dieser Bestimmungen bestätigt.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 20. April 2015 die Beigeladene, eine juristische Person des Privatrechts in der Form der Kommanditgesellschaft, der die ehemals beigeladene Gemeinde Berg am ... März 2015 die Projektrechte und die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der vier Windkraftanlagen übertragen hatte, beigeladen.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls

Klageabweisung.

Sie verweist auf die vom Beklagen vorgetragene Klageerwiderung und führt ergänzend aus, die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin nicht geltend mache, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Sie trage nur subjektive Rechte ihrer Gemeindebürger vor, die sie aber nicht wahrnehmen könne. Zwar könne sie als zum Vorhaben benachbarte Gemeinde ein Selbstgestaltungsrecht und ihr Recht auf Planungshoheit einwenden, doch seien diese Rechtspositionen der Klägerin nicht verletzt.

Nachdem das Landratsamt am ... Oktober 2014 zum Genehmigungsbescheid vom ... Juli 2014 den Sofortvollzug angeordnet hatte, beantragte die Klägerin am ... Oktober 2014 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Gericht lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 29. Januar 2015 ab (M 1 SN 14.4722). Eine hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. April 2015 zurück (22 CS 15.475).

Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten und auf die Entscheidungsgründe in den Beschlüssen des Verwaltungsgerichts München vom 29. Januar 2015 sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. April 2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der angefochtene Bescheid jedenfalls keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Klage ist zulässig. Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass bei der Klägerin eine Verletzung des Rechts auf Beachtung des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) als Ausfluss des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts vorliegt. Ferner ist eine Verletzung eines Anspruchs der Klägerin auf Nachprüfung der Entscheidung des Landratsamts, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, nicht ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B. v. 17.11.2014 - 22 ZB 14.1035 - juris Rn. 10 ff.). Das genügt für die Annahme einer Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO.

2. Die Errichtung und der Betrieb der genehmigten Windkraftanlagen des Typs ... bedürfen aufgrund ihrer Gesamthöhe von jeweils mehr als 206 Metern nach § 4 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) und Nr. 1.6 Anhang 1 zur 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Genehmigungspflichtige Anlagen sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Der Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ ist in § 3 Abs. 1 BImSchG definiert. Das sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Nach der sogenannten Schutznormtheorie können Nachbarn im immissionsschutzrechtlichen Sinn bei Verletzung von ihrer individuellen Rechte schützenden Normen durchdringen, wenn sie eine Genehmigung angreifen, die einem anderen erteilt wurde (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 18 m. w. N.). Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine Vorschrift, die in diesem Sinne auch Drittschutz für einzelne Personen vor schädlichen Umwelteinwirkungen vermitteln kann.

3. Eine Gemeinde als juristische Person des öffentlichen Rechts kann Verstöße gegen Vorschriften, die nicht auch dem Schutz gemeindlicher Interessen zu dienen bestimmt sind, nicht mit Erfolg abwehren. Sie ist weder berechtigt, sich über die Anrufung der Verwaltungsgerichte als Kontrolleur der zur Wahrung öffentlicher Belange jeweils berufenen staatlichen Behörden zu betätigen, noch ist sie befugt, sich zum Sachwalter privater Interessen aufzuschwingen (BVerwG, B. v. 15.4.1999 - 4 VR 18.98 u. a. - NVwZ-RR 1999, 554 - juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 27.8.2013 - 22 ZB 13.927 - juris Rn. 11; B. v. 17.11.2014 - 22 ZB 14.1035 - juris Rn. 22 f.). Dies gilt auch für die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannten öffentlichen Belange. Zum gemeindlichen Aufgabenkreis gehört es grundsätzlich nicht, das Landschaftsbild vor Eingriffen zu schützen. Ebenso wenig kann eine Gemeinde gesundheitliche Belange ihrer Gemeindebürger oder naturschutz- und landschaftsschutzrechtliche Belange mit Erfolg geltend machen, da ihre Planungshoheit oder ihr Selbstgestaltungsrecht auf ihrem Gemeindegebiet insoweit nicht berührt ist (BayVGH, B. v. 27.8.2013 a. a. O. Rn. 11 m. w. N.).

Die Klägerin kann sich - anders als eine Standortgemeinde - als Nachbargemeinde nicht auf eine Verletzung von § 36 BauGB berufen (BayVGH, B. v. 17.11.2014 a. a. O. Rn. 21). Als Nachbargemeinde kann sie allenfalls solche eigenen Belange einwenden, die sich dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuordnen lassen, etwa ein hiernach geschütztes Selbstgestaltungsrecht, das dem Schutzbereich der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie entnommen wird. Auf dieses Recht kann sich wohl auch eine Nachbargemeinde berufen, wenn sich ein Vorhaben auch auf ihr Gebiet auswirkt, allerdings begrenzt durch das Selbstgestaltungsrecht der Standortgemeinde. Ein derartiges Selbstgestaltungsrecht einer Nachbargemeinde ist bauplanungsrechtlich als ungeschriebener öffentlicher Belang i. S. d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB gegenüber den hier privilegiert zulässigen Windkraftanlagen zu prüfen (BayVGH, B. v. 27.8.2013 a.a.O Rn. 15). Auf ihr Selbstgestaltungsrecht kann sich eine Gemeinde bezüglich ihres Ortsbilds allerdings nur mit Erfolg berufen, wenn sie durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken, insbesondere die vorhandene städtebauliche Struktur von Grund auf verändern. Dabei rechtfertigt der Schutz eines durch keinerlei hervorstechende Merkmale geschützten Ortsbilds nicht jeden Preis; gewisse ästhetische Einbußen als Folge für das Ortsbild nachteiliger, aber kostengünstiger Planungsmaßnahmen hat die Gemeinde hinzunehmen. Da bei einem privilegierten Vorhaben wie dem einer Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB die Genehmigungsfähigkeit nicht bei einer bloßen Beeinträchtigung öffentlicher Belange, sondern erst bei deren Entgegenstehen entfällt, ist die Annahme eines Abwehrrechts zusätzlich erschwert (BayVGH, B. v. 27.8.2013 a. a. O. Rn. 15 m. w. N.; B. v. 31.10.2008 - 22 CS 08.2369 - juris Rn. 26).

Die Darlegungen der Klägerin lassen ein solches Abwehrrecht nicht erkennen. Sie hat nicht dargelegt, dass von dem Vorhaben eine Veränderung der städtebaulichen Struktur von Grund auf, eine die übrige Bebauung dominierende Wirkung oder die Schaffung eines optischen Riegels, der von der Ortslage aus einsehbare Landschaftsteile abschneiden würde, ausgehen kann, welche eine erhebliche Beeinträchtigung nahelegen könnten (vgl. BayVGH, B. v. 3.2.2009 - 22 CS 08.3194 - juris Rn. 7 mit vergleichbarer Fallgestaltung). Die bloße Sichtbarkeit der vier nebeneinander stehenden Windkraftanlagen stellt noch keinen solchen optischen Riegel dar und führt für sich genommen zu keiner erheblichen Beeinträchtigung. Auch die Situierung der Windkraftanlagen auf einer Anhöhe der ... ändert daran angesichts der erheblichen Entfernung von über einem Kilometer zum Ortsrand des Ortsteils ... der Klägerin nichts.

4. Auch eine Verletzung des Rechts der Klägerin auf Beachtung des interkommunalen Abstimmungsgebots nach § 2 Abs. 2 BauGB als Ausfluss des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts ist nicht erkennbar. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich insbesondere nicht, dass von den genehmigten Anlagen ein Koordinierungsbedarf ausgelöst würde, dem nicht das Konditionalprogramm des § 35 BauGB, sondern nur eine Abwägung im Rahmen einer förmlichen Planung angemessen Rechnung zu tragen vermag (vgl. BVerwG, B. v. 11.8.2004 - 4 B 55.04 - juris Rn. 3 ff.). Ein solcher Koordinierungsbedarf wird bei der Errichtung von raumbedeutsamen Windenergieanlagen in der Regel mit der Begründung verneint, dass bei im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässigen Vorhaben das Prüfprogramm des § 35 BauGB in aller Regel ausreicht, um eventuelle Konflikte zwischen privaten und auch öffentlichen Belangen adäquat zu lösen mit der Folge, dass die betreffenden Genehmigungen von der Nachbargemeinde nicht unter Berufung auf den Rechtsgedanken des § 2 Abs. 2 BauGB angefochten werden können (NdsOVG, B. v. 12.2.2014 - 12 ME 242/13 - juris Rn. 9; BayVGH, B. v. 3.2.2009 - 22 CS 08.3194 - juris Rn. 6 ff.).

Die Klägerin hat nicht hinreichend dargelegt, welche gravierenden Auswirkungen gerade auf ihr Gemeindegebiet zu erwarten sind, die ein Bedürfnis nach planerischer Bewältigung auslösen (vgl. BVerwG, U. v. 1.8.2002 - 4 C 5.01 - juris Rn. 21 f.). Eine möglicherweise kollidierende, hinreichend konkrete eigene Planung hat sie nicht vorgetragen. Ein bloßer Hinweis auf ein eigenes Interesse an potentiellen künftigen Ausweisungen neuer Wohn- und Gewerbegebiete auf dem eigenen Gemeindegebiet ist nicht ausreichend. Es ist nicht vom Vorliegen einer durch die streitigen Windkraftanlagen ausgelösten Planungspflicht der ehemals beigeladenen Standortgemeinde auszugehen mit der Folge einer erhöhten Berücksichtigungspflicht der kommunalen Planungshoheit der Klägerin entsprechend dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 2 BauGB bei der Entscheidung über die Genehmigung der Windkraftanlagen im Gebiet der Nachbargemeinde (hierzu NdsOVG, B. v. 12.2.2014 - 12 ME 242/13 - juris Rn.9).

5. Auch das Gesetz zur Änderung unter anderem der Bayerischen Bauordnung vom 17. November 2014 (GVBl S. 478) und die sich daraus ergebende Neufassung der Art. 82 und 83 BayBO stehen der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Genehmigung nicht entgegen, da sie keine Anwendung finden.

Nach Art. 82 Abs. 1 BayBO in der am 21. November 2014 in Kraft getretenen Fassung müssen Windkraftanlagen das Zehnfache ihrer Gesamthöhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen, innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile und im Geltungsbereich von Außenbereichssatzungen einhalten. Die angefochtene Genehmigung datiert jedoch vom ... Juli 2014 und ist damit zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem diese Neuregelung noch nicht galt. Auch die Ergänzung des Genehmigungsbescheids durch den weiteren Bescheid vom ... Januar 2015 führt nicht zu einer Veränderung des für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Zeitpunktes der letzten Verwaltungsentscheidung. Denn der Zeitpunkt ist nur insoweit maßgeblich, als der weitere Bescheid vom ... Januar 2015 zusätzliche oder andere Regelungen trifft, die die Genehmigungsinhaberin gegen sich gelten lassen muss. Die schutzwürdige Position, die die Genehmigungsinhaberin bzw. deren Vorgängerin mit Erteilung der Genehmigung erlangt hat, geht nicht dadurch verloren, dass die Genehmigungsbehörde eine Bescheidsergänzung vornimmt (BayVGH, B. v. 16.4.2015 - 22 CS 15.478 - Beschlussabdruck Rn. 12).

Aus diesem Grund ist auch unerheblich, dass die Gemeinde Berg den Genehmigungsantrag am ... März 2014 und damit nach dem in der Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO n. F. geregelten Stichtag „4. Februar 2014“ gestellt hat. Denn auch diese Übergangsregelung findet aus den oben genannten Gründen auf den vorliegenden Fall keine Anwendung. Ebenso unerheblich ist deshalb, ob die Neuregelung in Art. 82 und 83 BayBO n. F. mit der Bayerischen Verfassung in Einklang steht.

Im Übrigen würde eine Anwendung des Art. 82 Abs. 1 BayBO n. F. wohl nicht zu einer Verletzung des oben genannten Selbstgestaltungsrechts oder der Planungshoheit der Klägerin führen, sondern zum Entfallen der bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Die Frage der objektiv-rechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich ist jedoch regelmäßig kein Umstand, der von einer benachbarten Gemeinde als Verletzung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG in Form der Planungshoheit geltend gemacht werden kann.

6. Der Einwand der Klägerin, der sachliche Teilflächennutzungsplan der Gemeinde Berg sei unwirksam, ist unbehelflich. Ein Flächennutzungsplan kann nicht Grundlage einer (bau- oder immissionsschutzrechtlichen) Genehmigung einer Windkraftanlage sein. Allenfalls ein hierauf aufbauender Bebauungsplan wäre eine solche Grundlage, doch befand sich ein solcher der Gemeinde Berg erst in Aufstellung, weshalb die Genehmigung ausweislich der Bescheidsgründe auf der Grundlage des § 35 BauGB als Außenbereichsgenehmigung eines nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Bauvorhabens erteilt worden ist. Die Wirksamkeit des Teilflächennutzungsplanes der Gemeinde Berg käme zum Tragen, wenn einem Antragsteller eine immissionsschutzrechtliche Anlagengenehmigung zu Standorten außerhalb der Konzentrationsflächen verwehrt würde. Im vorliegenden Fall aber wirkt sich die rechtliche Beurteilung des sachlichen Teilflächennutzungsplanes auf die Frage der Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung nicht aus. Im Übrigen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen von der Klägerin gegen diesen Teilflächennutzungsplan gestellten Normenkontrollantrag mit Urteil vom 10. März 2015 abgelehnt (1 N 13.354 u. a.). Aufgrund der Verbotsausnahme der achten Änderung der Landschaftsschutzgebietsverordnung „...“ vom 31. Januar 2012 steht auch diese Regelung - unabhängig von der Frage, ob die Klägerin sie drittschützend einwenden könnte - der Genehmigung der vier Windkraftanlagen nicht entgegen.

7. Die Genehmigung verletzt auch kein Recht der Klägerin auf Überprüfung der Entscheidung des Landratsamts, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, da eine Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung nicht ersichtlich ist.

7.1 Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist. § 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG gilt gemäß Satz 2 dieser Bestimmung auch, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die genehmigten vier Windkraftanlagen erfordern nach § 3a Satz 1 und § 3c Satz 2 UVPG i. V. m. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles, um die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu klären. Diese Vorprüfung des Landratsamts hat stattgefunden; das Ergebnis vom ... Juni 2014 wurde im Amtsblatt des Landkreises Starnberg am 2. Juli 2014 bekannt gegeben.

7.2 Hinweise darauf, dass diese Vorprüfung nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt, liegen dem Gericht nicht vor. Nach dieser Bestimmung beschränkt sich die Kontrolldichte des Gerichts auf die Prüfung, ob die behördliche Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Die gerichtliche Überprüfung des Ergebnisses der Vorprüfung beschränkt sich auf eine Plausibilitätskontrolle (BVerwG, U. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 - NVwZ, 575 - juris Rn. 24; BayVGH, B. v. 20.8.2014 - 22 ZB 14.94 - juris Rn. 11). Freilich darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen, wobei der Behörde auch ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich der Frage zusteht, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden (BVerwG, U. v. 20.12.2011 a. a. O. Rn. 25)

Das Landratsamt hat die Vorgaben des § 3c Satz 2 UVPG beachtet, der auf Vorhaben mit standortbezogener Vorprüfungspflichtigkeit und damit auf das vorliegend genehmigte Vorhaben Anwendung findet. Deshalb waren vom Landratsamt die in Nr. 2 („Standort des Vorhabens“) der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien bei der Prüfung eventuell nachteiliger Umweltauswirkungen zu beachten, nicht aber die Kriterien nach Nr. 1 dieser Anlage („Merkmale des Vorhabens“). Das Landratsamt hat die einschlägigen Schutzkriterien geprüft, insbesondere das Landschaftsschutzgebiet „...“ berücksichtigt und hierbei auf die oben genannte Verbotsausnahme in § 2 Satz 1 der Landschaftsschutzgebietsverordnung hingewiesen. Es hat weiter ausgeführt, dass sich in der näheren Umgebung des Vorhabenstandortes keine Gebiete nach Nr. 2.3 der Anlage 2 zum UVPG befinden. Auf dieser Grundlage konnte das Landratsamt in rechtlich unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis kommen, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, da nicht mit erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen seitens des beantragten Vorhabens zu rechnen ist.

Dieses Ergebnis wird mit Schreiben der Bayerischen Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25. Februar 2015 an die Klägerin bestätigt und auch nicht durch deren Hinweis auf eine Fledermauskolonie in einem Kloster ihrer Gemeinde in Frage gestellt. Die von der Klägerin eingewandten Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. März 2015 (W 4 S 15.155 u. a.) sind vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Juni 2015 geändert worden, da sie sich als ungerechtfertigt erwiesen haben (BayVGH, B. v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 - juris Rn. 17).

8. Ebenso wenig kann der Klägerin ihr Hinweis auf Regelungen im Landesentwicklungsprogramm Bayern (v. 22.8 2013, GVBl S. 550 - LEP) zum Erfolg ihrer Klage verhelfen. Nach Nr. 7.1.3 LEP sollen u. a. Windkraftanlagen nicht auf landschaftsprägenden Geländerücken errichtet werden. Fraglich ist bereits, ob es sich bei den Anhöhen der ... überhaupt um solche landschaftsprägenden Geländerücken handelt. Die Höhenangaben der Klägerin beziehen sich neben diesen Anhöhen nur auf (tiefer gelegene) Ortschaften, nicht aber auf weitere Anhöhen. Das kann jedoch dahingestellt bleiben, weil Nr. 7.1.3 LEP kein raumordnungsrechtliches Ziel im Sinne einer verbindliche Vorgabe in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums gemäß Art 2 Nr. 2 Bayerisches Landesplanungsgesetz (BayLplG) darstellt. Vielmehr handelt es sich um einen unverbindlichen raumordnungsrechtlichen Grundsatz nach Nr. 3 dieser Bestimmung. Im Übrigen steht der Klägerin als Nachbargemeinde auch in dieser Hinsicht aus den oben genannten Gründen kein Überprüfungsanspruch der Rechtmäßigkeit der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu.

9. Aus diesen Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, erscheint es angemessen, dass die Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 60.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i. V. m. Nr. 2.2 und 19.2 der Empfehlungen des Streitwert-katalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.

(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.

(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.

(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

I.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

II.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Antragsverfahrens je zur Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 432.400 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Beklagte als Träger der Genehmigungsbehörde und die Beigeladene als Standortgemeinde wenden sich mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Mai 2014, in dem es den Beklagten zur Erteilung der vom Kläger beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine Windkraftanlage verpflichtet hat.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. ... der Gemarkung G. Am 18. Mai 2011 beantragte er eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 135,40 m und einer Gesamthöhe von 185,90 m auf diesem Grundstück. Zum Anwesen „K. 1“, einem von unbebauten Feld- und Forstflächen umgebenen Wohnhaus nördlich des geplanten Standorts, beträgt die Entfernung der Windkraftanlage 494,32 m.

Das Landratsamt stellte auf Antrag der Beigeladenen mit Bescheid vom 10. Januar 2012 (Behördenakte des Beklagten Bl. 154 ff.) den Antrag des Klägers bis zum 21. November 2012 zurück, weil die Beigeladene die Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplans „Konzentrationszonen W.“ beschlossen hatte. Im am 17. September 2012 beschlossenen und am 15. November 2012 bekannt gemachten Plan sind drei Konzentrationszonen für Windkraftanlagen dargestellt, die das Standortgrundstück für das Vorhaben des Klägers nicht einschließen.

Das Landratsamt lehnte den Genehmigungsantrag des Klägers mit Bescheid vom 8. Februar 2013 ab (Behördenakte des Beklagten Bl. 253 ff.), weil dem grundsätzlich privilegierten Vorhaben der Teilflächennutzungsplan der Beigeladenen entgegenstehe. Zudem rufe das Bauvorhaben eine optisch bedrängende Wirkung in der Nachbarschaft insbesondere beim Wohnanwesen „K. 1“ hervor.

Mit Urteil vom 13. Mai 2014 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung seines versagenden Bescheids zur Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, nachdem es einen Augenschein am Anwesen „K. 1“ durchgeführt hatte, wozu der Kläger zwei Ballons zur Demonstration der Größe der geplanten Windkraftanlage hatte aufsteigen lassen; einen in Nabenhöhe, den anderen in maximaler Rotorhöhe.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Zulassung der Berufung beantragt; der Kläger tritt dem entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung bleiben ohne Erfolg, da sich aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Beklagten und des Beigeladenen in ihren Antragsbegründungen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen der behaupteten Zulassungsgründe vorliegen.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht dargelegt.

Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).

Der Beklagte und die Beigeladene haben nicht dargelegt, dass dem Vorhaben Genehmigungshindernisse im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG entgegenstehen und deswegen die Verpflichtung des Beklagten zur Genehmigungserteilung durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis ernstlich zweifelhaft wäre.

a) Was den bestehenden Teilflächennutzungsplan angeht, so hat das Verwaltungsgericht diesen wegen eines beachtlichen Abwägungsmangels als inhaltlich unwirksam angesehen. Er beruhe entgegen dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB nicht auf einem schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzept. Die Beigeladene habe den wesentlichen Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen verkannt, da sie auch Kriterien für harte Tabuzonen zum Teil abwägungsoffen behandelt, aber Kriterien für weiche Tabuzonen wie Kriterien für harte Tabuzonen behandelt habe. So habe sie den Mindestabstand zu Wäldern offenbar als „harte Tabuzone“ aufgefasst, ebenso die Mindestabstände zu Misch- und Dorfgebieten und zu Flächen für Gemeinbedarf, obwohl die Abstände von Windkraftanlagen zu Wäldern und auch zu Misch- und Dorfgebieten der Ebene der Abwägung zuzuordnen seien und als Kriterien für weiche Tabuzonen der Planrechtfertigung bedürften. Der Beklagte und die Beigeladene haben nicht dargelegt, dass insoweit ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils bestehen, sondern lediglich auf die beabsichtigte Änderungsplanung der Beigeladenen verwiesen.

Dass die mit Beschluss des Gemeinderats der Beigeladenen vom 4. August 2014 beschlossene Änderung des Teilflächennutzungsplans bereits maßgeblich wäre, ergibt sich aus den Antragsbegründungen nicht. Weder ist dargelegt, dass das Planungskonzept der Beigeladenen bereits hinreichend konkretisiert sei und eine rechtlich realisierbare und damit sicherungsfähige Konzentrationsflächenplanung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB enthielte, noch ist dargelegt, dass die Beigeladene jedenfalls bis zum hier entscheidungserheblichen Zeitpunkt das gesetzlich vorgesehene Sicherungsinstrument der Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB in Anspruch genommen hätte.

b) Auch soweit der Beklagte und die Beigeladene vortragen, das Verwaltungsgericht habe eine optisch bedrängende Wirkung der Windkraftanlage gegenüber dem nächst gelegenen Wohnanwesen „K. 1“ zu Unrecht verneint, sind keine ernstlichen Zweifel dargelegt.

Das Rücksichtnahmegebot schützt die Nachbarschaft vor unzumutbaren Einwirkungen eines Bauvorhabens, wozu optisch bedrängende Wirkungen gehören können (vgl. BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78; BVerwG, U. v. 23.5.1986 - 4 C 34.85), wie sie im Einzelfall auch von einer Windkraftanlage durch die Höhe ihres Mastes und die Breite ihrer sich drehenden Rotorblätter ausgehen können (vgl. BVerwG, B. v. 11.12.2006 - 4 B 72/06 - juris Rn. 4, 10). Dabei gilt, dass die Bewegung des Rotors umso stärker spürbar wird, je geringer die Distanz zwischen der Windkraftanlage und dem Betrachter und je größer die Dimension der Bewegung ist. Ob tatsächlich das Maß des dem Nachbarn Zumutbaren überschritten ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten. Dabei können aber bestimmte Abstände als grobe Anhaltswerte für oder gegen eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots herangezogen werden (vgl. BayVGH, U. v. 29.5.2009 - 22 B 08.1785 - juris Rn. 15, 20 ff. m. w. N.). Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage mindestens das Dreifache ihrer Gesamthöhe (Nabenhöhe + halber Rotordurchmesser), wird in der Einzelfallprüfung eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots wegen optisch bedrängender Wirkung in der Regel zu verneinen sein, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen; beträgt der Abstand das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe, ist regelmäßig eine besonders intensive Prüfung des Einzelfalls geboten; ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe, dürfte die Einzelfallprüfung regelmäßig zu einer dominanten und optisch bedrängenden Wirkung der Windkraftanlage gelangen (vgl. BayVGH a. a. O.).

Als Kriterien für eine optisch bedrängende Wirkung können auch die Lage bestimmter Räume und deren Fenster sowie von Terrassen und Ähnlichem zur Windkraftanlage, eine bestehende oder in zumutbarer Weise herstellbare Abschirmung des Wohngrundstücks in Richtung der Windkraftanlage, die Hauptwindrichtung und damit die häufigste Stellung des Rotors zu einem Wohnhaus, die topographische Situation, ein Sichtschutz durch Waldgebiete oder Gebäude, weitere Beeinträchtigungen durch bereits vorhandene Windkraftanlagen sowie die planungsrechtliche Lage des Wohnhauses herangezogen werden (vgl. BayVGH, U. v. 29.05.2009 - 22 B 08.1785 - juris Rn. 17, 23 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat ausgehend von einem Abstand zwischen der Wohnnutzung und der Windkraftanlage von 494,32 m - und damit weniger als dem Dreifachen der Gesamthöhe dieser Anlage (575,70 m), aber mehr als dem Zweifachen (371,80 m) - eine besonders intensive Einzelfallprüfung für geboten erachtet (Urteil S. 12 ff.) und sich durch Augenschein davon überzeugt, dass die geplante Windkraftanlage vom im Außenbereich liegenden Anwesen „K. 1“ in voller Höhe zu sehen sein und auf etwa gleicher Höhe zu stehen kommen werde. Weiter hat es den Schutzanspruch auf besonders intensive Einzelfallprüfung für eine im Außenbereich ausgeübte Wohnnutzung dahin vermindert angesehen, dass dem Betroffenen eher Maßnahmen zuzumuten sind, durch die er den Wirkungen der Windkraftanlage ausweiche oder sich vor ihnen schütze, etwa durch Sichtblenden oder Baumbewuchs. Wer im Außenbereich wohne, müsse grundsätzlich mit der Errichtung von in diesem Bereich privilegierten Windkraftanlagen und ihren optischen Auswirkungen rechnen.

aa) Soweit gerügt wird, das Verwaltungsgericht habe die bauplanungsrechtliche Privilegierung der Windkraftanlage unzutreffenderweise über- und den Schutzanspruch der Wohnnutzung im Außenbereich unterbewertet und dadurch den Prüfungsmaßstab von der Einzelfallprüfung hin zu einer pauschalierenden Abwägung zwischen Privilegierung und Rücksichtnahme verschoben, sind keine ernstlichen Zweifel dargelegt.

Der Beklagte und die Beigeladene verkennen, dass die o.g. Maßstäbe in der Rechtsprechung in erster Linie für diejenigen Fälle entwickelt wurden, in denen eine im Außenbereich geplante Windkraftanlage auf eine nicht im Außenbereich gelegene benachbarte Wohnnutzung trifft. Eine vergleichbare Differenzierung trifft im Übrigen -vom Sonderfall des § 35 Abs. 6 BauGB abgesehen - auch Art. 82 Abs. 1 BayBO (i. d. F. des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft vom 17.11.2014, GVBl S. 478). Vorliegend besteht aber ein konkreter Nutzungskonflikt zwischen zwei Vorhaben im Außenbereich, unter denen nur die Windkraftanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert ist, während die Wohnnutzung außenbereichsfremd und allenfalls als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2, Abs. 4 BauGB überhaupt zulässig ist.

Das Verwaltungsgericht hat sich jener Rechtsprechung angeschlossen, wonach eine Wohnnutzung durch ihre Verwirklichung im Außenbereich ihren Anspruch auf Rücksichtnahme nach § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB zwar nicht verliert, dieser aber sich dahin vermindert, dass den Bewohnern eher Maßnahmen zumutbar sind, um den Wirkungen von dem Außenbereich typischerweise zugewiesenen und deswegen dort planungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben auszuweichen oder sich vor ihnen zu schützen. Wer im Außenbereich wohnt, muss grundsätzlich mit der Errichtung dort privilegierter Windkraftanlagen und deren optischen Auswirkungen rechnen (vgl. OVG NRW, B. v. 17.1.2007 - 8 A 2042/06 - juris Rn. 17; HessVGH, B. v. 26.9.2013 - 9 B 1674.13 - juris Rn. 11). Eine Wohnnutzung im Außenbereich kann also nicht von vornherein dieselbe Rücksichtnahme durch eine dort privilegierte Windenergienutzung verlangen wie eine Wohnnutzung im Innenbereich oder gar in ausgewiesenen Wohngebieten. Dass dieser rechtliche Ansatz fehlerhaft wäre, haben der Beklagte und die Beigeladene nicht dargelegt.

bb) Auch legen der Beklagte und die Beigeladene nicht dar, dass das Verwaltungsgericht die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 u. a. - Rn. 11 m. w. N.; BayVGH, B. v. 6.10.2014 - 22 ZB 14.1079 - Rn. 21). Derartige Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung haben der Beklagte und die Beigeladene nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Windkraftanlage nahezu in der Hauptblickrichtung der nach Süden ausgerichteten Hauptaufenthaltsräume/-flächen stehe. Ein tauglicher natürlicher oder künstlicher Sichtschutz sei kaum vorhanden und auch nicht zumutbar herstellbar, ohne dass dem Wohnanwesen nahezu die komplette Südaussicht genommen würde, zudem das Gelände vom Wohnanwesen aus zunächst abfalle und zur Windkraftanlage hin wieder ansteige.

Dazu führt das Verwaltungsgericht aus (Urteil S. 12 ff.), es habe sich durch Augenschein davon überzeugt, dass die beabsichtigte Windkraftanlage vom im Außenbereich liegenden Anwesen „K. 1“ in voller Höhe zu sehen sein und in etwa auf gleicher Höhe zu stehen kommen werde. Im Rahmen seines Augenscheins hatte es im Einzelnen festgestellt (VG-Akte Bl. 132 ff.), dass vom Wohnanwesen aus „in Richtung auf den geplanten Standort der Windenergieanlage hügeliges Gelände“ liege; dazwischen „Hopfengärten, im Hintergrund Ackerland und unmittelbar in der Mitte des Grundstücks … Getreide.“ „Hinter dem geplanten Standort ist Wald. Dieser zieht sich bis zum Grundstück K. 1 und umschließt dieses. Insgesamt ist das Gelände Richtung Süden und Südosten hügelig.“ Zum Obstbaumbestand des Anwesens wurde festgestellt: „Die Bäume stehen im Wesentlichen am Grundstücksrand, einige finden sich aber auch mitten im Grundstück.“ Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass sich aus den Geländeverhältnissen keine optisch bedrängende Wirkung von der Qualität eines entgegenstehenden öffentlichen Belangs ableiten lässt, ist vom Beklagten und der Beigeladenen nicht erschüttert worden. Das Verwaltungsgericht hat dabei die Ausrichtung der Wohnnutzung in Richtung auf die im Süden geplante strittige Windkraftanlage nicht verkannt; es hat auch keine Fehlvorstellungen im Hinblick auf die häufige Sichtbarkeit des Rotorkreises entwickelt. Das Verwaltungsgericht ist aber davon ausgegangen, dass sich die Wohnnutzung gegenüber der Windkraftanlage optisch abschirmen kann und bereits abgeschirmt hat, wie die Lichtbilder zeigen, auf denen Laubbäume zu erkennen sind. Dass ein weiterer Sichtschutz nicht herstellbar oder unzumutbar wäre, haben der Beklagte und die Beigeladene nicht dargelegt.

c) Keine ernstlichen Zweifel wirft auch der Einwand des Beklagten und der Beigeladenen auf, das Verwaltungsgericht hätte mangels Spruchreife kein Verpflichtungsurteil erlassen dürfen, denn das Genehmigungsverfahren sei nicht vollständig durchgeführt worden.

Das Verwaltungsgericht hat zwar nicht ausdrücklich, aber doch sinngemäß festgestellt, dass auch andere als die vom Landratsamt in seinem Bescheid vom 8. Februar 2013 genannten und dementsprechend auch vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil ausdrücklich behandelten öffentlichen Belange dem strittigen Vorhaben nicht entgegenstehen (Urteil S. 8 unter 1.) und dadurch die Spruchreife der Rechtssache im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO hergestellt. Der Beklagte und die Beigeladene hätten zum Zweck der Darlegung ernstlicher Zweifel Ausführungen darüber machen müssen, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so gewichtig sein könnten, dass sie der Zulassung des privilegierten Vorhabens entgegenstehen könnten, ggf. mit Hilfe des Beistands von Fachstellen und Fachbehörden. Allein die Behauptung, man habe es bisher unterlassen, dort nachzufragen oder eine förmliche Stellungnahme einzuholen, genügt nicht, die positive Feststellung der Genehmigungsfähigkeit durch das Verwaltungsgericht zu erschüttern.

aa) Soweit der Beklagte behauptet, vom Kläger vorgelegte Genehmigungsunterlagen seien unvollständig, wirft dies keine ernstlichen Zweifel an der vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Verpflichtung zur Genehmigungserteilung auf.

Im Ablehnungsbescheid vom 8. Februar 2013 wurde ausgeführt, dass die Planunterlagen „bis Ende September 2011 vervollständigt“ worden seien (vgl. Behördenakte, Bl. 253/254). Es ist nicht nachvollziehbar, warum sie jetzt plötzlich unvollständig sein sollten.

bb) Soweit der Beklagte vorbringt, die vom Kläger vorgelegte Schallimmissions- und Schattenwurfprognose vom 23. August 2011 sei seit Erlass des Windkrafterlasses überholt, hat er keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit dargelegt.

Soweit der Beklagte eine fehlende Untersuchung der zur Nachtzeit bestehenden Lärmvorbelastung durch den Kläger rügt, hat er nicht dargelegt, dass es eine solche Vorbelastung tatsächlich geben könnte. Dazu hätte aber Anlass bestanden, denn zu den genehmigten Planunterlagen gehört auch die Schallimmissions- und Schattenwurfprognose vom 23. August 2011 mit einer ausdrücklichen Verneinung von Vorbelastungen durch andere Windkraftanlagen oder gewerbliche oder industrielle Schallquellen (Behördenakte Bl. 84 ff.). Ausgehend von einem prognostizierten Schallleistungspegel der Windkraftanlage von 106 dB(A) wurde ein Schalldruckpegel von 42,8 dB(A) zzgl. eines mit Prognoseunsicherheiten begründeten Zuschlags von 2 dB(A) und damit ein Beurteilungspegel von 44,8 dB(A) am Immissionsort „K.“ ermittelt. Unter Zugrundelegung eines Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) wurde für die Nachtzeit keine Überschreitung prognostiziert (Behördenakte Bl. 86 f.). Dass das Vorhaben den einschlägigen Immissionsrichtwert von 45 dB(A) nicht um mehr als 6 dB(A) unterschreitet - und schon deswegen eine Vorbelastung außer Acht bleiben könnte - stellt die Nachvollziehbarkeit der Prognose nicht in Frage, da keine Vorbelastung vorgefunden und eine solche vom Beklagten auch nur ohne konkreten Hinweis, welche anderen Schallquellen am Immissionsort eine erhebliche Vorbelastung hervorriefen, behauptet worden ist.

cc) Auch soweit der Beklagte sich darauf beruft, den vom Kläger vorgelegten Genehmigungsunterlagen fehle mit Blick auf den Windkrafterlass eine fotovisuelle Untersuchung in denkmalschutzrechtlicher Hinsicht, ist kein die Genehmigungserteilung hindernder Belang und damit kein ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils dargelegt.

Soweit der Beklagte eine fotovisuelle Untersuchung der Sichtbeziehungen zwischen der geplanten Windkraftanlage und einem 5 km entfernten Baudenkmal fordert, fehlt bereits die Darlegung einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung des Denkmals durch die Windkraftanlage. Dem Beklagten und der Beigeladenen ist zwar zuzugeben, dass es theoretisch denkbar ist, dass eine Windkraftanlage zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG) eines 5 km entfernten Baudenkmals führen könnte. Halbwegs wahrscheinlich ist dies allerdings nicht ohne Weiteres und schon gar nicht anzunehmen, wenn jegliche Angaben zur Bedeutung des Denkmals, seinem möglicherweise gestörten Erscheinungsbild und seiner möglicherweise gestörten künstlerischen Wirkung fehlen. Für eine solche Beeinträchtigung fehlen auch sonst alle Anhaltspunkte; der Beklagte hat sie weder im Genehmigungs- noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, wo sich dies mit Blick auf den gerichtlichen Augenschein besonders angeboten hätte, noch in seiner Zulassungsbegründung thematisiert.

dd) Auch wirft der Einwand des Beklagten, die vom Kläger vorgelegte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) vom August 2011 genüge u. a. mangels umfassender Artenkartierungen bzw. Bestandsaufnahmen vor Ort nicht den Anforderungen des Windkrafterlasses, keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Urteils auf.

Dass das in § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG enthaltene Tötungsverbot für besonders geschützte Tierarten der vom Kläger begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung entgegensteht, ist vom Beklagten nicht dargelegt worden. Weder hat er jene Tierarten benannt, deren - seiner artenschutzfachlichen Einschätzung nach unzureichende - Behandlung in der saP die Annahme eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos rechtfertigte, noch hat er konkret für Uhus oder Fledermäuse ein solches Tötungsrisiko artenschutzfachlich dargelegt. Allein der Verweis auf eine zeitlich-methodologische Überholung der saP durch den Windkrafterlass genügt hierfür nicht, solange nicht dargelegt wird, wie sich dies ausgewirkt hat.

Bei der auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkten gerichtlichen Überprüfung der artenschutzfachlichen Einschätzungen (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/293 Rn. 59 ff. zum Fachplanungsrecht; BVerwG U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524 und BVerwG, U. v. 27.06.2013 - 4 C 1/12 - zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren) ist zu beachten, dass der Gesetzgeber nicht festgelegt hat, welche Anforderungen an die Art und den Umfang der artenschutzfachlichen Bestandsaufnahme sowie die Erfassung und Bewertung der vorhabenbedingten Einwirkungen zu stellen sind. Erst recht hat der Gesetzgeber kein den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie bzw. des § 34 Abs. 1 BNatSchG vergleichbares formalisiertes Verfahren einer artenschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung vorgesehen. An einer untergesetzlichen Maßstabsbildung mittels Durchführungsverordnungen oder normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften fehlt es ebenfalls (BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524; im Anschluss BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 45). Das Gericht ist daher verpflichtet, zu überprüfen, ob die artenschutzfachlichen Untersuchungen sowohl in ihrem methodischen Vorgehen als auch in ihrer Ermittlungstiefe im Gesamtergebnis ausreichten, um die Behörde in die Lage zu versetzen, die Voraussetzungen der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände sachgerecht zu überprüfen (BVerwG, U. v. 21.11.2013 - 7 C 40/11 - NVwZ 2014, 524, 525; BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 45). Das Verwaltungsgericht hat insofern keine Bedenken erhoben. Aus dem Vorbringen des Beklagten und der Beigeladenen ergibt sich nicht, warum dies rechtlich fehlerhaft sein sollte.

Der Beklagte führt hierzu näher aus, ein möglicherweise bestehendes signifikant erhöhtes Verletzungs-/Tötungsrisiko kollisionsgefährdeter Vogelarten nach Anlage 2 Spalten 2 und 3 des Windkrafterlasses müsse untersucht werden angesichts des Vorliegens substantiierter Nachweise solcher Arten bei der Unteren Naturschutzbehörde. Dass es solche Nachweise gebe, hat der Beklagte aber lediglich behauptet, was für eine Darlegung nicht genügt.

Für eine Darlegung muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen substantiiert dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.). Daran fehlt es hier. Wenn - wie hier nach dem Vorbringen des Beklagten - der Unteren Naturschutzbehörde substantiierte Nachweise auf Vorkommen kollisionsgefährdeter Vogelarten im Umfeld der Windkraftanlage vorliegen, ohne dass diese Hinweise im Genehmigungs- oder im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aktenkundig gemacht worden sind, muss der Beklagte sie wenigstens jetzt im Zulassungsverfahren näher substantiieren, um seiner Darlegungsobliegenheit zu genügen.

Soweit der Beklagte vorbringt, der saP fehle eine umfassende Artenkartierung und Bestandsaufnahme vor Ort, trifft dies sachlich nicht zu. Ausweislich der Methodikdarstellung der saP gründet sie auf Geländebegehungen mit Erhebungen zu Fauna und Flora im August 2011, einer Luftbildauswertung zur Abschätzung des Lebensraumpotentials, der Artenschutz- und der Biotopkartierung des Landesamtes für Umwelt aus dem Jahr 2011 und weiterer Auswertungen von Datenbanken und Verbreitungsatlanten (saP, S. 1 f.). Aus dem Vorbringen des Beklagten ergibt sich nicht, dass eine umfassendere Erhebung rechtlich geboten gewesen wäre. Die Prüfung des Tötungs- und Verletzungsverbots erfordert nach ständiger Rechtsprechung nicht die Erstellung eines lückenlosen Arteninventars, sondern die Erhebung von Daten, aus denen sich die Häufigkeit und Verteilung der im Umfeld der Windkraftanlage lebenden geschützten Arten und ihrer Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig erfordert dies eine Auswertung vorhandener Erkenntnisse und eine Bestandserhebung vor Ort, deren Methodik und Intensität von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängt. Die Prüfung muss sich am Maßstab praktischer Vernunft orientieren (vgl. BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ff. Rn. 54 ff.; im Anschluss BayVGH, B. v. 30.4.2014 - 22 ZB 14.680 - Rn. 13). Der Beklagte legt nicht dar, inwiefern sich aus dem Windkrafterlass etwas Anderes ergeben könnte. Dass die vorliegende saP diesen Anforderungen nicht entsprochen hat, hat der Beklagte nicht aufgezeigt.

Für die Fledermäuse enthält die saP detaillierte Untersuchungsergebnisse, die allein durch die pauschale Behauptung ihrer Mangelhaftigkeit seitens des Beklagten und ohne nähere Substantiierung nicht in Zweifel gezogen worden sind.

2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ergeben sich aus der Antragsbegründung des Beklagten nicht.

Soweit der Beklagte meint, die Reichweite der Bindungswirkung des Windkrafterlasses berge besondere rechtliche Schwierigkeiten, hat er nicht dargelegt, in wie weit diese Frage vorliegend entscheidungserheblich sein soll. Mittlerweile ist durch die Rechtsprechung im Übrigen geklärt, dass der Windkrafterlass mangels Normcharakters nicht verbindlich ist, aber den darin enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität eine besondere tatsächliche Bedeutung zukommt (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - Rn. 45; bestätigt durch BVerwG, B. v. 16.9.2014 - 4 B 48.14 - juris Rn. 4).

Hinsichtlich der Inzidentprüfung der Wirksamkeit des Teilflächennutzungsplans der Beigeladenen durch das Verwaltungsgericht hat der Beklagte keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten aufgezeigt.

Die notwendige Einzelfallprüfung der optisch bedrängenden Wirkung ist durch das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt worden und birgt keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten.

4. Die Divergenzrüge ist nicht ordnungsgemäß dargelegt, weil der Beklagte nicht herausgearbeitet hat, welchem von einem Obergericht im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO aufgestellten Rechtssatz das Verwaltungsgericht widersprochen haben soll. Ein Rechtssatz beschreibt den Inhalt einer Norm, indem er diese als abstrakten richterrechtlichen Obersatz näher konkretisiert (vgl. BVerwG, B. v. 15.4.2013 - 1 B 22/12 - NVwZ-RR 2013, 774/777 f. Rn. 23). Nicht darunter fällt die bloße Würdigung einer Tatsache oder einer Rechtslage.

Soweit der Beklagte meint, das Verwaltungsgericht habe einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass bei einem Abstand von mehr als dem Zwei- aber weniger als dem Dreifachen der Gesamthöhe eines Windkraftanlage gegenüber einer Wohnnutzung im Außenbereich keine optisch bedrängende Wirkung bestehe, trifft dies nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat keinen solchen Rechtssatz aufgestellt, sondern eine von der hierzu maßgeblichen Rechtsprechung geforderte differenzierte Einzelfallprüfung bei einem Abstand von mehr als dem Zwei- aber weniger als dem Dreifachen der Gesamthöhe eines Windkraftanlage vorgenommen (vgl. Urteil S. 12 f. mit Verweis u. a. auf BayVGH, B. v.16.1.2014 - 22 ZB 13.2608 - juris Rn. 10) und im vorliegenden Einzelfall im Ergebnis eine optisch bedrängende Wirkung verneint.

Ebenso wenig hat das Verwaltungsgericht einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass eine Prüfung des Natur- und Artenschutzes rechtlich nicht zu beanstanden sei, auch wenn sie ohne fachlichen Grund mit den Vorgaben des Windkrafterlasses nicht in Einklang stehe. Soweit das Verwaltungsgericht den Windkrafterlass herangezogen hat, hat es ihn nur auf Schutzabstände bezogen (Urteil S.11); zu Belangen des Natur- und Artenschutzes hat es keinen besonderen gerichtlichen Prüfungsbedarf gesehen und daher keinen Rechtssatz aufgestellt.

Kosten: § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 ZPO.

Streitwert: § 52 Abs. 1 i. V. m. § 47 Abs. 3 GKG i. V. m. Nr. 19.1.2 des Streitwertkatalogs 2013. Da die geschätzten Herstellungskosten nach insoweit unwidersprochenen Angaben im Parallelverfahren (22 C 14.1595) 4.324.000 Euro betragen, ergibt sich als Streitwert ein Zehntel, somit 432.400 Euro.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli 2013 - 6 K 2711/12 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 15.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der fristgerecht gestellte und begründete, auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19.07.2013 hat keinen Erfolg.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838 f.; Senatsbeschluss vom 03.05.2011 - 10 S 354/11 - VBlBW 2011, 442); sie sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.12.2009 - 2 BvR 758/08 - juris), es sei denn, es lässt sich schon im Zulassungsverfahren zuverlässig sagen, das Verwaltungsgericht habe die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden und die angestrebte Berufung werde deshalb voraussichtlich keinen Erfolg haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004, a.a.O.), wenn nicht ihrerseits die anderen Gründe wiederum auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen würden. Zur Darlegung ernstlicher Zweifel (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich.
Diese Voraussetzungen erfüllt das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren nicht. Aus den in der Antragsbegründung dargelegten Gründen erweist sich die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht als ernstlich zweifelhaft.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts vom 12.08.2011 für die Errichtung und den Betrieb eines Masthähnchenstalles sowie weiterer Anlagen im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Kläger werde durch die Genehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt. Er mache überwiegend die Verletzung von umweltrechtlichen Vorschriften geltend, die keine drittschützende Wirkung hätten. Er werde auch keinen schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärm-, Geruchs- und Schadstoffimmissionen ausgesetzt. Nach der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose vom 06.05.2011 des Ingenieursbüros K. werde der für Dorfgebiete geltende Immissionswert der GIRL von 15 % Jahresgeruchsstunden eingehalten; am Ortseingang von B. liege die zu erwartende Geruchsbelastung einschließlich Vorbelastung bei 8 % bis 13 %. Nach dem Schallgutachten vom 25.04.2011 würden die nach der TA Lärm zulässigen Immissionsrichtwerte tags um mehr als 6 dB(A) unterschritten. Bei Durchführung bestimmter lärmmindernder Maßnahmen, zu denen sich die Beigeladene verpflichtet habe, gelte dies auch zur Nachtzeit. Die Richtigkeit der Gutachten sei nicht erschüttert worden. Für seine Absicht, auf dem ca. 50 m vom Baugrundstück entfernt liegenden Flurstück Nr. 628/1 ein Wohnhaus zu errichten, sei der Kläger einen Nachweis schuldig geblieben.
Der Einwand des Zulassungsantrags, die Möglichkeit einer Bebauung des Flurstücks Nr. 628/1 sei zu Unrecht außer Betracht geblieben, greift nicht durch.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend der Erlass der letzten Behördenentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.10.2012. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei immissionsschutzrechtlichen Drittanfechtungsklagen für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich, ohne dass danach zu differenzieren ist, ob etwaige Rechtsänderungen zu Gunsten oder zu Ungunsten des Anlagenbetreibers eingetreten sind. Die für nachteilige Veränderungen der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen entwickelten Grundsätze können auf immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklagen nicht übertragen werden (vgl. Senatsurteil vom 14.05.2012 - 10 S 2693/09 - VBlBW 2012, 431).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt war der Kläger keinen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die umstrittene Anlage ausgesetzt. Der Kläger wohnt nach Aktenlage in der Ortsmitte von B. ca. 800 m vom Standort der Anlage entfernt. Nach den vorliegenden, auch im Zulassungsantrag nicht substantiiert in Frage gestellten Geruchs- und Schallimmissionsgutachten sind bereits an den ca. 400 - 500 m entfernten Immissionsorten 1 bis 3 am Ortseingang von B. keine schädlichen Geruchs- und Lärmimmissionen mehr zu erwarten. Fehl geht der Einwand des Zulassungsantrags, dass die Lärmgrenzwerte nachts am Dorfrand ohne zusätzliche Lärmminderungsmaßnahmen überschritten seien. Das Lärmgutachten führt insoweit vielmehr aus, dass bei Einsatz eines elektrischen Gabelstaplers der maßgebliche Immissionsrichtwert um 6 dB(A) unterschritten werde, so dass von der Ermittlung der Vorbelastung abgesehen werden könne (vgl. Ziff. 3.2.1 Abs. 2 und 3 TA Lärm).
Das vom Kläger angeführte Bauvorhaben auf dem Grundstück Flst.-Nr. 628/1 führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es gibt keinen belastbaren Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger auf diesem Grundstück tatsächlich wohnen oder auf Dauer arbeiten wird. Der Kläger hatte im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zwar einen Bauantrag für die Errichtung eines Wohnhauses auf diesem Grundstück eingereicht; dem Bauantrag waren aber keine Bauvorlagen beigefügt. Der Aufforderung der Baubehörde, seinen Antrag zu vervollständigen, ist er trotz mehrfacher Fristverlängerung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids (und bis heute) nicht nachgekommen. Mittlerweile ist der Bauantrag mit baurechtlicher Entscheidung der Stadt Aalen aus formellen Gründen abgelehnt worden. Darüber hinaus wäre ein Wohnhaus auf dem im Außenbereich gelegenen Grundstück Flst.-Nr. 628/1 auch materiell-rechtlich nicht genehmigungsfähig gewesen; ein Privilegierungstatbestand ist nicht erkennbar (vgl. § 35 Abs. 1 BauGB). Der am 22.07.2013 gestellte Bauantrag für eine landwirtschaftliche Halle ist nach dem oben Gesagten nicht mehr zu berücksichtigen, zumal auch diesbezüglich die Zulässigkeit des Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB fraglich ist, weil der Kläger nach Aktenlage kein Landwirt ist.
Der Einwand des Zulassungsantrags, das zu berücksichtigende nachbarliche Interesse setze nicht notwendig eigene aktuelle Bauabsichten voraus, sondern umfasse auch zukünftige Nutzungsmöglichkeiten, greift demgegenüber nicht durch. Die vom Zulassungsantrag in Bezug genommene Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 25.05.2011 - 4 A 485.09 - juris) betraf die Verletzung von Abstandsflächenvorschriften zu Lasten eines verpachteten Nachbargrundstücks, mithin die Ausübung des grundrechtlich geschützten Eigentumsrechts durch Verpachtung. Vorliegend geht es hingegen um die Frage, ob die Anlage im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nach den konkreten Umständen des gesamten Falles schädliche Umwelteinwirkungen, d.h. Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen, hervorruft, was maßgeblich am Maßstab der Zumutbarkeit für die Betroffenen zu beurteilen ist. Ein völlig ungewisses, nach dem oben Gesagten nicht einmal theoretisch denkbares Betroffensein ist in diese Abwägung nicht einzustellen (vgl. zum baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme: BVerwG, Beschluss vom 05.09.2000 - 4 B 56.00 - juris). Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, inwieweit eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung an nachträgliche Änderungen der Rechtslage ggf. anzupassen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.04.2009 - 7 C 14.08 - juris).
10 
Auch der Einwand des Zulassungsantrags, der Masthähnchenstall sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert und habe nicht ohne förmliche Bauleitplanung verwirklicht werden können, ermöglicht nicht die Zulassung der Berufung.
11 
Allerdings trifft es zu, dass die am 20.09.2013 in Kraft getretene Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB die umstrittene Massentierhaltungsanlage im Ergebnis einem Planerfordernis unterwirft. Denn die Neuregelung nimmt gewerbliche Anlagen zur Tierhaltung, die - wie hier - einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, von der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB aus. Solche Anlagen sollen nur nach Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans errichtet werden können (Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 17/11468 S. 15; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2014 - 5 S 203/13 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Nach der im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids geltenden Rechtslage dürfte die Anlage jedoch noch gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB alter Fassung privilegiert gewesen sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.1983 - 4 B 206.82 - juris; OVG NRW, Beschluss vom 02.06.2009 - 8 B 572.09 - juris). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Planungserfordernis einem im Außenbereich privilegiert zulässigen Einzelvorhaben aber grundsätzlich nicht als öffentlicher Belang entgegengehalten werden, weil privilegierte Vorhaben dem Außenbereich vom Gesetzgeber planartig zugewiesen sind (BVerwG, Beschluss vom 27.06.1983 - 4 B 206.82 - a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 11.08.2004 - 4 B 55.04 - juris).
12 
Es kann dahinstehen, ob diese Rechtsprechung - wie der Zulassungsantrag geltend macht - schon vor der Änderung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht mehr aufrechterhalten werden konnte (a.A. aber OVG NRW, Beschluss vom 02.06.2009 - 8 B 572/09 - a.a.O.). Denn selbst wenn objektiv-rechtlich ein Planungserfordernis bestünde, könnte der Kläger hieraus keine eigenen Rechte herleiten.
13 
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat ein Dritter Anspruch auf Rechtsschutz gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nur dann, wenn sie ihn in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Welche Abwehrrechte ein Nachbar gegen ein im Außenbereich ausgeführtes Bauvorhaben hat, bestimmt sich nach § 35 BauGB. Zu den nicht benannten öffentlichen Belangen im Sinne des § 35 Ab. 3 Satz 1 BauGB gehört zwar auch das Erfordernis einer förmlichen Planung (BVerwG, Beschl. v. 11.08.2004 - 4 B 55/04 - juris; BVerwG, Urt. v. 01.08.2002 - 4 C 5.01 - juris). Dies bedeutet aber nicht, dass ein Dritter aus dem Planerfordernis einen Abwehranspruch gegen ein Bauvorhaben ableiten könnte. Das Planerfordernis steht in engem Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 und Abs. 6 BauGB. Danach entscheidet die Gemeinde auf der Grundlage des § 1 Abs. 3 BauGB, ob sie eine Bauleitplanung durchführt; § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB schließt jeglichen Rechtsanspruch auf Bauleitplanung aus. Daher bietet das Recht des Nachbarn, sich gegen ein Vorhaben im Außenbereich zur Wehr zu setzen, grundsätzlich keine Handhabe, auf die Aufstellung eines Bebauungsplans hinzuwirken; umgekehrt kann einem Außenbereichsvorhaben ein eventuell bestehendes objektiv-rechtliches Planungsgebot grundsätzlich nicht entgegengehalten werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 03.08.1982 - 4 B 145/82 - juris; BVerwG, Beschluss vom 24.04.1997 - 4 B 65.97 - juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.03.2011 - 1 LA 2/09 - juris; anders nur ausnahmsweise für einen Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot: BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 - 4 C 5.01 - juris, und für den Umweltrechtsbehelf: OVG NRW, Urteil vom 12.06.2012 - 8 D 38/08.AK - juris).
14 
Auch die im Zulassungsverfahren aufgeworfene Frage, ob das Vorhaben der Beigeladenen noch einen singulären Charakter im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. hat oder wegen einer Vielzahl von entsprechenden Bauwünschen eine Bauleitplanung erforderlich ist, vermag dem Zulassungsantrag daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.
15 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und ausführlich begründet hat.
16 
Die Streitwertfestsetzung findet ihrer Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 und § 52 Abs. 1 GKG. Nach Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist im Immissionsschutzrecht bei der Klage eines drittbetroffenen Privaten für Eigentumsbeeinträchtigungen der Betrag der Wertminderung des Grundstücks, höchstens jedoch 50 % des geschätzten Verkehrswertes, und für sonstige Beeinträchtigungen, wozu die hier geltend gemachten Verstöße gegen § 5 BImSchG zählen, für das Hauptsacheverfahren ein Betrag von 15.000,-- EUR als Streitwert anzusetzen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.09.2009 - 4 B 46.09 - juris; Senatsbeschluss vom 03.01.2013 - 10 S 2421/12 - m.w.N.).
17 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Juli 2009 - 6 K 2167/06 - geändert. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts Rastatt vom 10.08.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 werden aufgehoben.

Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Sprengstofflagers.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ... Straße ... in ... ... Das Grundstück liegt nördlich der Kreisstraße K ... ... ... und grenzt im Westen an die B ... an, die im fraglichen Bereich erhöht auf einem Damm verläuft. Auf dem Grundstück betrieb die Firma ... GmbH jedenfalls bis Mitte des Jahres 2010 eine Fabrik zur Herstellung von Holzspanplatten gemäß Ziff. 6.3 Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV; seitdem ruht die Betriebstätigkeit. Bis zum 01.04.2001 wurde das Spanplattenwerk von der Firmengruppe ... ... ... betrieben. Das Grundstück der Klägerin liegt im Geltungsbereich des früheren rechtsverbindlichen Bebauungsplans „...“ der Gemeinde ... vom 21.03.1983, der für das Grundstück eine Nutzung als Industriegebiet und Gewerbegebiet ausweist. Mit Wirkung zum 20.05.2005 ersetzte die Gemeinde ... den vorhandenen Bebauungsplan durch den Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk (Gebiete ..., ... ... ... ... ... ...“. Für das Grundstück der Klägerin wurde ein Sondergebiet (SO 1) festgesetzt. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurde zudem in dem der B 462 nächstgelegenen Teil A die Nutzung „Silos für Sägespäne“, im Teil B „Spanplattenwerk Lagerhaltung, Veredelung (einschließlich Schleifen), Vertrieb und Verwaltung“ und im Übrigen „Spanplattenwerk Lagerflächen, einschließlich Hacker- und Förderanlagen, Lkw-Parkplatz-Anlage, einschließlich Waage und Gebäude mit Sanitär- und Aufenthaltsräumen, Pförtnerloge“ festgesetzt. Der Bebauungsplan enthält in dem Teil C. den folgenden Hinweis:
„7. Schutzmaßnahmen gegen Explosivstoffe
Auf den Grundstücken Nr. ... und ... der Gemarkung ..., ... Weg, Gewann ..., befindet sich ein Lager für explosionsgefährliche Stoffe. Von diesem Sprengstofflager sind u.U. auch in Teilbereichen des Plangebiets nach der 2. Sprengstoffverordnung für die Aufbewahrung explosionsgefährlicher Stoffe Schutzabstände für gewerbliche Bebauung mit der Einrichtung von ständigen Arbeitsplätzen einzuhalten. Ein entsprechender Nachweis ist im jeweiligen Genehmigungsverfahren zu erbringen.“
Die Beigeladene betreibt seit dem 01.01.2005 auf den Grundstücken mit den Flst.Nrn. ... und ..., Gewann ..., ... Weg, ... ..., ein Sprengstofflager, das bis dahin von der Firma ... ... KG betrieben wurde. Das Grundstück liegt westlich der B ... und nordwestlich des Grundstücks der Klägerin. Die Entfernung zur B ... beträgt ca. 266,62 m. Der für An- und Ablieferungen genutzte ... Weg schließt sich südöstlich an das Grundstück an. Der Abstand zur nächstgelegenen Grenze des Grundstücks der Klägerin beträgt ca. 300 m.
Unter dem 10.08.1995 erteilte das Landratsamt ... auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, der Firma ... ... KG, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Sprengstoffbunkern zur Lagerung von je 25 Tonnen Explosivstoffen und Gegenständen mit Explosivstoffen der Lagergruppen 1.1, 1.3 sowie 1.4. Beide Bunker sind mit 137,3 qm bzw. 171 qm Grundfläche im Abstand von ca. 20 m parallel in Ostrichtung ausgerichtet. Decke, Nord-, Ost- und Südseite der Bunker sind mit Erdreich bedeckt, das an den Seiten zu einer bis zu 5 m starken Böschung aufgeschüttet ist. Die Erdüberschüttung der Betondecke ist ca. 0,6 m mächtig. Nicht mit Erdreich bedeckt sind lediglich die vom Grundstück der Klägerin abgewandten Westseiten der Bunker, wo diese durch Stahltore beschickt werden. Den vom Sprengstofflager in Richtung des Grundstücks der Klägerin einzuhaltenden Schutzabstand zu Wohneinheiten setzte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Punkt A Ziff. 2 bzw. Nebenbestimmung I.2) unter Bezug auf eine Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung - BAM - vom 24.04.1995 im Rahmen einer Ausnahme nach § 3 Abs. 2 der 2. SprengV mit 395 m fest. Die für die Einhaltung des Schutzabstands maßgebliche Stellungnahme der BAM berücksichtigte die im Zeitpunkt der Antragstellung tatsächlich vorhandene Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin, wobei von einem eingehaltenen Abstand von 500 m ausgegangen wird. Mit Anzeige gemäß § 15 BImSchG vom 10.10.2005 verpflichtete sich die Beigeladene, die Menge der eingelagerten Explosivstoffe auf insgesamt 49.850 kg für die Lagerklassen 1.1, 1.3 und 1.4 zu begrenzen.
Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren erteilt und der Klägerin nicht zugestellt oder anderweitig bekannt gegeben.
Mit Schriftsatz vom 10.05.2004 (eingegangen am 11.05.2004) legte die Klägerin gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie habe erst durch ein Schreiben der Gemeinde ... vom 19.04.2004 im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ Kenntnis von der der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erlangt. Mangels Bekanntgabe der Genehmigung an die Klägerin sei die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Zudem sei die Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs nicht verwirkt, da es an besonderen Umständen fehle, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen ließen. Die Klägerin habe weder erkannt noch erkennen müssen, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung der Sprengstoffbunker erteilt worden sei. Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten habe die Klägerin nicht erkennen können, dass Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen durchgeführt worden seien. Die Grundstücke befänden sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft, auch sei bereits zum Zeitpunkt des Baus das Grundstück der Firma ... KG durch die in Dammlage verlaufende B ... sowie durch zahlreiche Obstbäume verdeckt worden. Der Baustellenverkehr sei über den vom Grundstück der Klägerin abgewandten ... Weg abgewickelt worden. Die Genehmigung sei unter Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG erteilt worden, da der nach Ziff. 2.1 der Anlage zum Anhang und Ziff. 3.2.2 Abs. 3 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV zu ermittelnde Schutzabstand von ca. 643 m nicht eingehalten sei. Entgegen der Annahme der Genehmigungsbehörde lägen die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 3 Abs. 2 der 2. SprengV nicht vor. Der erforderliche Abstand zur Grenze des Bebauungsplanes bzw. zu der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze werde nicht eingehalten.
Die Beigeladene machte im Widerspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 31.08.2005 geltend, der eingelegte Widerspruch sei wegen Verfristung und Verwirkung unzulässig. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zumindest kennen müssen. Zum Zeitpunkt des Baubeginns für das Sprengstofflager im November 1995 habe eine Sichtverbindung zwischen dem Grundstück der Beigeladenen und dem Grundstück der Klägerin bestanden, da die Obstbäume unbelaubt gewesen seien. Auch habe der Bau massive Erdaushubarbeiten, das Setzen der Fundamentplatten, Einschalen der Wände und Decken, Schalgerüste erstellen, Kranarbeiten sowie Einbau der Tresortüren durch den Kran, Betonieren von Bodenplatten vor dem Lager, Erdüberdeckung der Bunker sowie massive Aufschüttungen erfordert. Die Baumaßnahmen hätten sich von November 1995 bis September 1996 hingezogen. Während der gesamten Zeit habe ein Baukran mit 25 m Höhe auf dem Grundstück der Beigeladenen gestanden und sei deshalb sowohl vom Grundstück der Klägerin als auch von der Bundesstraße B 462 aus weithin sichtbar gewesen. Es seien enorme Betonmassen erforderlich gewesen, so dass die Anlieferung des Betons durch dreiachsige Betonmischer für das erforderliche Volumen allein 130 Fahrten verursacht habe. Daher habe einem durchschnittlichen Betrachter nicht entgangen sein können, dass auf dem Feldweg massive An- und Abfahrten von Betonmischfahrzeugen über einen längeren Zeitraum stattgefunden hätten. Darüber hinaus sei die Errichtung des Sprengstofflagers am 16.06.1995 im gemeinsamen Amtsblatt der Gemeinden ... und ... als Tagesordnungspunkt der Sitzung des Technischen Ausschusses bekannt gemacht worden. Schließlich habe auch der Betrieb des Sprengstofflagers einem durchschnittlichen Betrachter nicht entgehen können, da ein erheblicher Lkw-Fahrbetrieb zu dem Lager auf den Feldwegen stattgefunden habe. Der Anlieferverkehr betrage jährlich ca. 200 An- und Abfahrten über Feldwege. Ferner hätten spätestens im Jahre 2001 und 2003 die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter eigene Kenntnis von der Genehmigung und Existenz des Sprengstofflagers erlangen müssen. Denn zu diesem Zeitpunkt hätten sie in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde ... an der Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015 bzw. der Bebauungsplanänderung mitgewirkt und Akteneinsicht in die Planungsakten gehabt bzw. beantragen können. In der öffentlichen Gemeinderatssitzung vom 26.01.2004 sei ausweislich des Protokolls auf das Sprengstofflager hingewiesen worden. Mit Anwaltsschriftsatz vom 03.03.2004 an die Gemeinde ... habe die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nochmals Bedenken im Hinblick auf die Einhaltung der sprengstoffrechtlich erforderlichen Schutzabstände vorgebracht.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, dass hier die einjährige Widerspruchsfrist mangels Bekanntgabe an die Klägerin zu dem Zeitpunkt zu laufen beginne, in dem sie von der erteilten Genehmigung Kenntnis erlangt habe oder hätte erlangen müssen. Im konkreten Fall habe die Frist nach Auffassung des Regierungspräsidiums bereits mit Erkennbarkeit der Aufnahme von Baumaßnahmen Ende November 1995 zu laufen begonnen. Das Betriebsgrundstück der Klägerin und das Grundstück der Beigeladenen hätten zwar keine gemeinsame Grenze; die kürzeste Entfernung zwischen den beiden Grundstücken betrage ca. 300 m. Aus den von der Beigeladenen vorgelegten Fotos zur Bauphase im Jahre 1995 ergebe sich jedoch, dass der Rechtsvorgängerin der Klägerin trotz der topographischen Gegebenheiten die Bautätigkeit für das Sprengstofflager nicht entgangen sein könne. Der auf der Baustelle aufgestellte ca. 25 m hohe Kran sowie die Anlieferung von großen Mengen Beton hätten insbesondere in der Winterzeit mangels Belaubung der zwischen den Grundstücken stehenden Bäume auffallen müssen. Hinzu komme, dass der sich an die Baumaßnahme anschließende Betrieb einem durchschnittlichen Betrachter nicht habe entgehen können, weil sich ein erheblicher Lkw-Fahrbetrieb zu dem Lager auf Feldwegen abgespielt habe. Ob die Klägerin im Rahmen der Flächennutzungsplanfortschreibung 2015 oder der Bebauungsplanänderung vor April 2004 von der Genehmigung erfahren habe, lasse sich nicht ermitteln und sei für die Entscheidung über den Widerspruch letztlich nicht entscheidend.
11 
Die Klägerin hat am 01.09.2006 Klage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamtes ... vom 10.08.1995 für die Errichtung und den Betrieb des Sprengstofflagers auf den Grundstücken Flst.Nrn. ... und ... der Gemarkung ... in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 aufzuheben. Zur Begründung hat die Klägerin ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, das Regierungspräsidium überspanne die Anforderungen an die Erkundigungspflichten des Nachbarn im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis. Die bloße Erkennbarkeit von Baumaßnahmen reiche jedenfalls dann nicht aus, wenn diese in größerer Entfernung stattfänden und die aus der Nutzung des Grundstücks resultierenden Beeinträchtigungen nicht erkennbar seien. Die Widerspruchsbehörde verkenne, dass vom Grundstück der Klägerin aus die Baumaßnahmen zur Errichtung der Sprengstoffbunker nicht erkennbar gewesen seien. Dies werde bestätigt durch die von Mitarbeitern des Regierungspräsidiums Karlsruhe am 20.07.2005 durchgeführte Ortsbesichtigung. Die Mitarbeiter des Regierungspräsidiums hätten in einem Aktenvermerk vom 04.08.2005 selbst festgehalten, dass das Lager von der Böschungsoberkante der Bundesstraße aus wegen des dichten Bewuchses nicht ausgemacht werden könne. Die Genehmigung sei rechtswidrig erteilt worden, da sie den Festsetzungen des Bebauungsplans aus dem Jahre 1983 widerspreche; ferner greife der Schutzabstand in die mit dem Bebauungsplan vom 20.05.2005 als Sondergebiet SO 1 „Spanplattenwerk“ festgesetzte Fläche ein. Die Errichtung ständiger Arbeitsplätze sei in diesem Bereich wegen des Schutzabstandes nicht mehr möglich. Die Beigeladene habe bereits im laufenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zur Änderung der von der Firma ... GmbH betriebenen Holzspanplattenfabrik unter Hinweis auf ihre eigene immissionsschutzrechtliche Genehmigung Einwendungen geltend gemacht.
12 
Mit Urteil vom 07.07.2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die streitgegenständliche Genehmigung sei in Bestandskraft erwachsen, da der Widerspruch der Klägerin verwirkt sei. Zwar sei die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht zugestellt worden, so dass die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht zur Anwendung gelange. Nach den vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 25.01.1974 (IV C 2.72) und vom 28.08.1987 (4 N 3.86) aufgestellten Grundsätzen komme hier die Verwirkung des verfahrensrechtlichen Widerspruchsrechts und eine Unzulässigkeit des Widerspruchs nach Treu und Glauben in Betracht. Nach Überzeugung der Kammer sei davon auszugehen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren Verhalten sich diese zurechnen lassen müsse, schon Ende November 1995 von den Bauarbeiten für das Sprengstofflager zuverlässige Kenntnis erlangen musste und deshalb für diese Anlass bestanden habe, sich nach dem Vorliegen einer Genehmigung zu erkundigen. Aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich, dass nicht nur ein als Einverständnis zu wertendes, sondern auch ein rein passives Verhalten des Nachbarn zur Verwirkung des Rechts zur Einlegung des Widerspruchs führen könne. Trotz der topographischen Gegebenheiten lasse sich aus den vorgelegten Fotos und der Erklärung des Mitarbeiters der Firma ... KG, Herrn ... ..., vom 17.08.2005 entnehmen, dass in der Winterzeit 1995/1996 massive Bauarbeiten stattgefunden hätten. Insbesondere der eingesetzte Baukran habe weithin sichtbar während der einjährigen Bauphase auf dem Grundstück gestanden, was der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht entgangen sein könne. Auch habe der Bau massive Erdaushubarbeiten und Erdbewegungen erfordert.
13 
Unerheblich sei, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin auch habe erkennen können, dass auf dem Grundstück der Beigeladenen ein Sprengstofflager mit 395 m weit reichenden Abstandserfordernissen verwirklicht werde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordere ein „Kennen müssen“ in diesem Zusammenhang lediglich, dass sich dem betroffenen Nachbarn das Vorliegen einer bau- bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung habe aufdrängen müssen und es ihm zumutbar gewesen sei, sich hierüber durch Anfrage bei dem Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde Gewissheit zu verschaffen. Dagegen erfordere ein „Kennenmüssen“ nicht, dass die nachteilige Betroffenheit vom Nachbarn tatsächlich subjektiv erkannt worden sei. Es bestehe die Obliegenheit für Nachbarn, nach Kenntnis von Baumaßnahmen die tatsächliche nachbarliche Betroffenheit zu ermitteln. Dies wäre ebenso bei Zustellung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erforderlich gewesen. Ansonsten würden an das Merkmal des „Kennenmüssens“ derart hohe Anforderungen gestellt, dass diese praktisch nie nachweislich erfüllt wären. Dies gelte erst recht, wenn wie hier ein Bauvorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB errichtet werde, da dieser grundsätzlich von Bebauung freizuhalten sei. Daher habe die Klägerin - insbesondere auch aufgrund des Baukrans - nicht von einem gewöhnlichen Bauvorhaben ausgehen dürfen. Im Übrigen seien Vorhaben, die aufgrund ihrer besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich errichtet werden dürfen, grundsätzlich geeignet, im nachbarschaftlichen Verhältnis gesteigerte Konflikte auszulösen. Ferner handle es sich bei dem Betrieb der Klägerin selbst um ein Unternehmen, das erhebliche Immissionen mit sich bringe und daher das Konfliktpotential im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis verstärke. Aufgrund dieser Umstände sei hier die Klägerin in besonderem Maße gehalten gewesen, sich nach dem Vorliegen einer Genehmigung für das Bauvorhaben auf dem Grundstück der Beigeladenen zu erkundigen. Nach alldem hätte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, deren Verhalten sich diese zurechnen lassen müsse, bei Anwendung der notwendigen Sorgfalt bis spätestens zum Abschluss der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen im September 1996 Kenntnis von der streitigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und deren Anfechtbarkeit erlangen müssen. Der Widerspruch der Klägerin sei jedoch nicht innerhalb eines Jahres, d. h. spätestens bis Ende September 1997 eingelegt worden, so dass die Genehmigung in Bestandskraft erwachsen sei.
14 
Mit Beschluss vom 07.12.2009 - der Klägerin zugestellt am 17.12.2009 - hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassen. Die Klägerin hat mit einem bei dem Verwaltungsgerichtshof am 05.03.2010 eingegangenen Schriftsatz die Berufung unter Stellung eines Antrages innerhalb der vom Senat bis zum 08.03.2010 verlängerten Frist begründet.
15 
Die Klägerin macht geltend, sie habe entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts weder bereits im Jahre 1995 Kenntnis von der Errichtung der Bunker erlangt noch die besonderen Auswirkungen dieses Vorhabens auf ihre eigene Rechtsstellung erkennen können. Vielmehr habe sie erst durch das Schreiben der Gemeinde ... vom 19.04.2004 im Rahmen des Änderungsverfahrens für den Bebauungsplan Kenntnis vom Vorhaben der Beigeladenen erhalten. Aufgrund der konkreten topographischen Gegebenheiten sei die Bauausführung im Jahre 1995/1996 vom Grundstück der Klägerin aus nicht wahrnehmbar gewesen. Beide Grundstücke seien mehr als 300 m entfernt; zwischen ihnen verlaufe die auf einem Damm geführte Bundesstraße B ... und lägen mit Obstbäumen bewachsene Flächen. Niedrige Bauwerke wie die einschließlich der Schornsteine weniger als 7 m hohen Sprengstoffbunker und die entsprechenden Baumaßnahmen würden durch die Obstbäume verdeckt; die Baufläche liege von dem Grundstück der Klägerin aus gesehen „im toten Winkel“ hinter dem Bundesstraßendamm.
16 
Das Verwaltungsgericht habe die konkreten topographischen Gegebenheiten verkannt und ohne Ortsbesichtigung oder sonstige Beweisaufnahme angenommen, dass der Baukran vom Grundstück der Klägerin aus sichtbar gewesen sei. Die vom Verwaltungsgericht entscheidungstragend herangezogene schriftliche Erklärung des Mitarbeiters der Beigeladenen, Herrn ... ..., stelle kein taugliches Beweismittel nach der Zivilprozessordnung dar. Dem Verwaltungsgericht habe sich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht die Einnahme eines Augenscheins oder die Vernehmung des Zeugen ... aufdrängen müssen. Ferner wiesen die Art der Bauarbeiten und das Aufstellen eines Krans auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht auf die Errichtung eines Sprengstofflagers mit besonderen Abstandserfordernissen hin. Auch ließen sich aus der Tatsache, dass das Bauvorhaben im Außenbereich gemäß § 35 BauGB errichtet worden sei, nicht weitreichende nachbarliche Beeinträchtigungen entnehmen. Denn es hätte sich ebenso um ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 3, 5 und 6 BauGB ohne besonderes Konfliktpotential und tatsächliche Beeinträchtigungen für die Klägerin handeln können.
17 
Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei es nach der in Bezug genommenen ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, dass der Nachbar die mit der Genehmigung verbundene subjektive Beeinträchtigung erkennen könne. Voraussetzung für eine Verwirkung sei das Erkennen und damit auch die Erkennbarkeit einer Beeinträchtigung durch das Bauvorhaben. Nur in diesem Falle treffe den Nachbarn die Obliegenheit, durch Anfrage beim Bauherrn oder der Baugenehmigungsbehörde sich Gewissheit über das Vorliegen einer Baugenehmigung zu verschaffen. Im Übrigen sei der Nachbar nicht kraft Treu und Glaubens verpflichtet, jede Bautätigkeit in seiner Umgebung zu beobachten und zu allen ihm erkennbaren Bautätigkeiten vorsorglich Erkundigungen einzuholen. Selbst wenn die Klägerin Bauarbeiten wahrgenommen hätte, habe für sie keine Veranlassung bestanden, Erkundigungen über das Vorliegen einer Genehmigung einzuholen, da die konkrete Beeinträchtigung durch den Sprengstoffbunker und die daraus resultierenden Abstandserfordernisse nicht erkennbar gewesen sei.
18 
Die Klägerin sei mit ihrem Betriebsgrundstück nur deshalb Nachbar der Beigeladenen im baurechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Sinne, weil das Vorhaben der Beigeladenen besonders weitreichende Abstandsanforderungen nach sich ziehe. Das Nachbarschaftsverhältnis sei für die Klägerin jedoch nicht erkennbar gewesen, sodass ihr auch nach Treu und Glauben keine besonderen Erkundigungspflichten auferlegt werden könnten. Fehl gehe der Hinweis des Verwaltungsgerichts, dass der Nachbar auch nach Zustellung der Genehmigung prüfen müsse, ob er subjektiv beeinträchtigt werde. Bei Zustellung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung hätte die Klägerin als Nachbarin erkennen können, dass ein Sprengstoffbunker mit besonders weitreichenden Abstandsanforderungen errichtet werde. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts laufe darauf hinaus, dass die Klägerin im gesamten Einwirkungsbereich entsprechend Nr. 4.6.2.5 der TA Luft - hier also im Umkreis von 4 km - zur Beobachtung der Nachbarschaft und zur Nachfrage bei Behörden über das Bestehen etwaiger Baugenehmigungen verpflichtet werde. Das Verwaltungsgericht habe zudem nicht festgestellt, dass der Bauherr infolge der Untätigkeit auf den Bestand der Genehmigung vertrauen durfte, hierauf auch tatsächlich vertraut habe und sich daher durch Maßnahmen und Vorkehrungen so eingerichtet habe, dass ihm durch die verspätete Rechtsdurchsetzung ein unzumutbarer Nachteil entstehe. Die Ausführung des Bauvorhabens stehe mit dem Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung in keinem Kausalzusammenhang. Denn die Firma ... ... KG habe die Bauarbeiten unabhängig von der Haltung der Klägerin ausgeführt und das Vorhaben noch vor Ablauf der Jahresfrist für den Widerspruch fertiggestellt. Bereits aus diesem Grunde scheide eine Verwirkung des Widerspruchsrechts der Klägerin aus.
19 
Die zulässige Klage sei auch begründet, da die angefochtene Genehmigung gegen die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und § 17 SprengG verstoße. Zur Konkretisierung der nachbarschützenden Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG seien die Bestimmungen der 2. SprengV heranzuziehen, die auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Nr. 4 SprengG erlassen worden sei. Eine wesentliche Genehmigungsvoraussetzung sei nach der 2. SprengV die Einhaltung der erforderlichen Schutz- und Sicherheitsabstände. Gemäß Ziff. 3.2.2 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV müssten Lager von Wohnbereichen mindestens die in Anlage 3 der Verordnung genannten Schutzabstände einhalten. Die Bundesanstalt für Materialforschung habe auf dieser Grundlage in ihrer für die Genehmigung maßgeblichen Stellungnahme vom 24.04.1995 den Schutzabstand für das Sprengstofflager der Beigeladenen zu Wohnbereichen in östlicher Richtung zum Grundstück der Klägerin unter Annahme einer Ausnahme nach § 3 der 2. SprengV mit 395 m festgesetzt. Der in der Genehmigung festgesetzte Schutzabstand von 395 m reiche jedoch auf das Grundstück der Klägerin und schränke dort die maßgebliche durch den Bebauungsplan festgesetzte Nutzbarkeit ein. Unzumutbar und damit erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG seien die Immissionen und sonstigen Gefahren, die mit den für den Einwirkungsort geltenden Festsetzungen des Bebauungsplans im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung unvereinbar seien.
20 
Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums komme es deshalb nicht darauf an, ob die Klägerin das Grundstück bei Erteilung der angefochtenen Genehmigung bzw. im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids tatsächlich entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaut und genutzt habe. Denn mit Inkrafttreten des Bebauungsplans habe die Klägerin das Recht erlangt, von den Festsetzungen des Bebauungsplans Gebrauch zu machen. Auf dieses durch den Bebauungsplan begründete Nutzungsrecht habe die immissionsschutzrechtliche Genehmigung Rücksicht zu nehmen. Der bei Erteilung der angefochtenen Genehmigung rechtsverbindliche maßgebliche Bebauungsplan „...“ vom 19.07.1983 habe für den westlichen Teil des Baugrundstücks der Klägerin, welcher innerhalb des festgelegten Schutzabstandes liege, ein Industriegebiet festgesetzt. Damit sei die Errichtung von Industriegebäuden mit ständigen Arbeitsplätzen zulässig; die Festsetzung begründe einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung von Vorhaben, welche die Verwirklichung der im Industriegebiet zulässigen Nutzungen gefährdeten bzw. unmöglich machten. Nichts anderes gelte im Ergebnis, wenn man auf den mit Wirkung zum 20.05.2005 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ abstelle, welcher für den maßgeblichen Bereich ein Sondergebiet „Spanplattenwerk“ festsetze. Auch die nach den Festsetzungen dieses Bebauungsplans zulässigen Nutzungen könnten bei Einhaltung des Schutzabstands nur ohne Einrichtung ständiger Arbeitsplätze verwirklicht werden. Eine dem Bebauungsplan entsprechende bestimmungsgemäße Nutzung sei dadurch ausgeschlossen. Davon gehe im Übrigen auch die Beigeladene aus, welche im beantragten Änderungsgenehmigungsverfahren für die Spanplattenfabrik mit Schreiben vom 18.09.2006 Einwendungen unter Hinweis auf die Anforderungen der 2. SprengV geltend gemacht habe. Schließlich werde der Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG i.V.m. § 17 SprengG nicht durch den Hinweis im Bebauungsplan vom 20.05.2005 im Abschnitt C Ziff. 7 „Schutzmaßnahmen gegen Explosivstoffe“ ausgeräumt. Schon nach dem Wortlaut handle es sich lediglich um einen Hinweis des Plangebers, nicht um eine rechtsverbindliche Festsetzung des Bebauungsplans. Daher modifiziere der Hinweis weder die festgesetzten Baugrenzen noch die überbaubaren Grundstücksflächen sowie die dort zulässige Art der Nutzung. Rechtliche Bedeutung könne der Hinweis allenfalls bei Anwendung von § 15 BauNVO haben, was belege, dass die angefochtene Genehmigung die Ausnutzung der Festsetzungen des Bebauungsplans vom 20.05.2005 gefährde.
21 
Die Klägerin beantragt,
22 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 7. Juli 2009 - 6 K 2167/06 - zu ändern und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts ... vom 10.08.1995 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 aufzuheben.
23 
Der Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend unter Würdigung der konkreten örtlichen Verhältnisse davon ausgegangen, dass die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgänger Kenntnis von den Baumaßnahmen hätten erlangen müssen. Die von dem Regierungspräsidium durchgeführte Ortsbesichtigung habe im Sommer stattgefunden und lasse entgegen der Auffassung der Klägerin keine Rückschlüsse auf die Sichtverhältnisse in der maßgeblichen Bauphase im Winter 1995/1996 zu. Ferner könne das fertig gestellte Bauwerk nicht mit der Erkennbarkeit eines 25 m hohen Krans gleichgestellt werden. Es sei einem Nachbarn zuzumuten, ein Vorhaben nach Kenntnisnahme der Baumaßnahme im Hinblick auf die nachbarliche Betroffenheit zu prüfen und sich über das Vorliegen von Beeinträchtigungen und ihre Qualität zu erkundigen. Gerade aufgrund einer möglichen Verschärfung der im nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis angelegten Konfliktsituation zweier immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftiger Betriebe hätten sich der Klägerin Erkundigungen aufdrängen müssen. Ansonsten könnten im Verfahren nach § 19 BImSchG erteilte Genehmigungen keine Bestandskraft erlangen, da für alle im Einwirkungsbereich Betroffenen eine eigene Widerspruchsfrist liefe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe nicht zu einer allgemeinen Belastung von Nachbarn im Umkreis von mehreren Kilometern, Nachforschungen über die bestehenden Genehmigungen anzustellen, denn das Verwaltungsgericht habe sich mit den konkreten Umständen des Einzelfalles auseinandergesetzt. Der Firma ... ... ... als Rechtsvorgängerin der Klägerin sei aus Anlass verschiedener Gespräche bei der Gemeinde ..., die sie im eigenen Interesse zum Erhalt einer direkten Betriebszufahrt geführt habe, bekannt gewesen, dass das Sprengstofflager der Beigeladenen zum Ausbau der Bundesstraße B ... verlegt werden müsse. Die Firma ... ... ... sei über die Vorgänge informiert gewesen, habe jedoch damals keine Notwendigkeit zum störungspräventiven Vorgehen gegen das Vorhaben der Beigeladenen gesehen; dieses Unterlassen müsse sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin zurechnen lassen. Unerheblich sei deshalb, dass die Klägerin ihre subjektive Betroffenheit durch die Genehmigung erst im Mai 2004 erkannt habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da die Genehmigung der Sprengstoffbunker nicht rechtswidrig erfolgt sei. In dem Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 sei in Abschnitt C auf den erforderlichen Schutzabstand hingewiesen worden. Eine Beeinträchtigung der Klägerin scheide ferner deswegen aus, weil ihr Grundstück seit jeher situationsvorbelastet durch die vormalige Sprengstofflageranlage im Gewann „... ...“ gewesen sei.
26 
Die Beigeladene beantragt,
27 
die Berufung zurückzuweisen.
28 
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren, wonach die Klägerin bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt Kenntnis von den Baumaßnahmen und der erteilten Genehmigung hätte haben müssen. Ergänzend weist sie darauf hin, dass die Klägerin als Grundstückseigentümerin auch von einer etwa rechtswidrigen Genehmigung nicht subjektiv-rechtlich betroffen sei. In eigenen Rechten verletzt könne allenfalls die Firma ... GmbH als Rechtsnachfolgerin der Firma ... ... ... sein, da sie Inhaberin der entsprechenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zum Betrieb des Spanplattenwerkes sei. Im Übrigen müsse sich die Klägerin das Nichtstun ihrer Rechtsvorgängerin zurechnen lassen. Ferner habe die Gemeinde ... auf Initiative der Klägerin den bisher gültigen Bebauungsplan „...“ durch den neuen Bebauungsplan vom 20.05.2005 ersetzt, welcher unter Abschnitt C „Hinweise“ Schutzmaßnahmen gegen Explosivstoffe vorsehe. Durch diese Planänderung und Planaufhebung seien möglicherweise vorher bestehende schützenswerte Rechtspositionen der Klägerin unwirksam geworden, so dass der alte Bebauungsplan „...“ keine Auswirkungen auf das Ergebnis der gerichtlichen Prüfung entfalten könne. Im Übrigen scheide eine Beeinträchtigung der Klägerin als Grundstückseigentümerin durch die geltend gemachten Schutzabstände aus, da die Ausnutzbarkeit des Grundstücks nach Stellungnahme der sachkundigen Bundesanstalt für Materialforschung nicht eingeschränkt werde.
29 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts und des Beklagten sowie eine Ausfertigung des Bebauungsplans „...“ und des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ der Gemeinde ... vor. Der Senat hat die Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum ergänzenden Planfeststellungsverfahren über den vierspurigen Ausbau der B ... zwischen ... und dem Anschluss an die BAB 5 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
30 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 15.11.2011 einen Augenschein auf dem Grundstück der Klägerin und dem der Beigeladenen zur Klärung der Sichtbeziehungen eingenommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Anlage zur Niederschrift sowie ergänzend auf die gefertigten Lichtbilder verwiesen. Ferner hat der Senat in der weiteren mündlichen Verhandlung am 14.05.2012 den Bürgermeister der Gemeinde ..., Herrn ... ..., als Zeugen vernommen; wegen der dabei getätigten Angaben wird auf die Anlage zur Niederschrift über diese Sitzung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die von dem Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene Berufung der Klägerin ist innerhalb der bis zum 08.03.2010 verlängerten Frist begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 VwGO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat darüber hinaus in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.).
32 
1.1 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 nicht bereits deshalb in Bestandskraft erwachsen ist, weil erstmals am 11.05.2004 hiergegen Widerspruch eingelegt wurde und deshalb die Frist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt ist. Die streitgegenständliche Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG erteilt, so dass eine förmliche Zustellung gemäß § 10 Abs. 7 BImSchG an Dritte und eine anderweitige förmliche Bekanntgabe der Genehmigung durch die Behörde an die Klägerin unterblieben ist. Demzufolge wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht in Gang gesetzt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass im Jahre 1995 eine Bekanntgabe der Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erfolgte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Bekanntgabe einer Baugenehmigung - nichts anderes gilt für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung - an den Bauherrn als ihren Adressaten nicht zugleich die Rechtsbehelfsfristen auch für den Nachbarn als beteiligten Nichtadressaten in Lauf (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.02.1969 - IV C 82.66 - DVBl. 1969, 362; sowie Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294). Zu Recht weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 41 LVwVfG den Willen der Behörde voraussetzt, den Bescheid dem Bekanntgabeadressaten zur Kenntnis zu bringen; zufällige Kenntnisnahme, etwa der Nachbarn auf Grund Information seitens des Bauherrn, reicht regelmäßig nicht aus (vgl. hierzu Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., RdNr. 4 zu § 70 VwGO). Daher stellt auch das Schreiben der Gemeinde ... an die Klägerin vom 19.04.2004 keine Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dar.
33 
1.2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts führt auch der den Bestimmungen der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO zu entnehmende Rechtsgedanke hier nicht zur Bestandskraft der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
34 
1.2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich ein Nachbar, der sichere Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung erhalten hat oder diese Kenntnis hätte haben müssen, so behandeln lassen, als sei ihm die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung oder in dem Zeitpunkt, in dem er diese Kenntnis hätte erlangen müssen, amtlich bekannt gegeben worden. Von diesem Zeitpunkt an richtet sich die Widerspruchsfrist regelmäßig nach den Vorschriften der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie Urteil vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182). Die vom Bundesverwaltungsgericht ursprünglich für das Baurecht bei unmittelbar benachbarten Grundstücken entwickelten Grundsätze werden aus dem zwischen Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, hergeleitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.). Dieses verpflichtet den Nachbarn, durch zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen möglichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst gering zu halten; der Nachbar muss dieser Verpflichtung dadurch nachkommen, dass er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend macht, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er ohne zureichenden Grund mit seinen Einwendungen länger als notwendig zugewartet hat.
35 
Die Ableitung aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis bedingt, dass diese Grundsätze nicht nur für unmittelbar benachbarte Grundstücke anzuwenden sind (so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85). Entscheidend ist allein, dass die Grundstücke derart nahe beieinander liegen, dass von einem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis und aus Treu und Glauben ableitbaren Bindungen gesprochen werden kann. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Grundsätze für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gleichermaßen Geltung beanspruchen, da auch das Immissionsschutzrecht von einem Raumbezug geprägt ist und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 13 Satz 1 BImSchG im Rahmen der materiellen Konzentrationswirkung die Baugenehmigung ersetzt.
36 
Nach dem Rechtsgedanken der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO ist der Nachbar regelmäßig so zu behandeln, als ob ihm die Genehmigung ohne Rechtsbehelfsbelehrung amtlich bekannt gemacht worden wäre. Es läuft daher grundsätzlich eine Widerspruchsfrist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 87). Maßgeblich ist dabei nicht das Erkennen, sondern die Erkennbarkeit der Genehmigung bzw. der hierdurch verursachten Beeinträchtigung. Allein das Abstellen auf die Erkennbarkeit wird dem zwischen dem Bauherrn und dem Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis gerecht, das dem Nachbarn die Obliegenheit auferlegt, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten, und der er dadurch nachzukommen hat, dass er nach Kenntnisnahme ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend zu machen hat (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - juris).
37 
1.2.2 Zutreffend weist die Klägerin aber darauf hin, dass sich die Kenntnis bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beziehen muss, sondern es auf die Erkennbarkeit der spezifischen Risiken und Beeinträchtigungen für den Nachbarn ankommt. Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht in entscheidungstragender Weise unter Hinweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München (Urteil vom 06.10.2005 - M 11 K 04.2630 - juris) davon aus, dass allein auf die Kenntnisnahme bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Baugenehmigung abzustellen ist, unabhängig davon, ob der Nachbar seine nachteilige Beeinträchtigung bei Ausnutzung der Genehmigung erkannt hat oder diese hätte erkennen müssen. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut der herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, daneben aber auch aus den Ableitungszusammenhängen der oben dargestellten Rechtsprechung.
38 
So hebt das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 25.01.1974 (IV C 2.72 - a.a.O. - RdNr. 24 des Urteilsabdrucks bei juris) ausdrücklich auf ein Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen durch den Nachbarn ab. Gerade die Herleitung der Verpflichtung des Nachbarn aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis gebietet es, nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung, sondern auf für den Nachbarn erkennbare hierdurch ausgelöste negative Beeinträchtigungen abzustellen. Denn eine aus Treu und Glauben herzuleitende Verpflichtung des Nachbarn zu aktivem Tun kann lediglich dann bestehen, wenn ihm nicht nur die Tatsache der Erteilung der Genehmigung bekannt wird, sondern auch deren Umfang und Folgen für seine Rechte zumindest erkennbar sind. Dafür spricht auch das Leitbild des § 58 Abs. 2 VwGO, da dem Nachbarn im dort ausdrücklich geregelten Fall die Baugenehmigung wegen der erfolgten Bekanntgabe vorliegt, wenn auch ohne die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung. Fehl geht die vom Verwaltungsgericht angestellte Erwägung, dass der Nachbar bei Bekanntgabe der Genehmigung ebenfalls innerhalb der Jahresfrist Widerspruch einlegen muss, auch wenn er seine subjektive Beeinträchtigung daraus nicht erkennen kann. Das Verwaltungsgericht übersieht dabei, dass die Position des Nachbarn bei Bekanntgabe der Genehmigung deutlich besser als im hier in Rede stehenden Fall ist. Zum einen ist bereits die bloße förmliche Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mit einer gewissen Warnfunktion verbunden und gibt dem Mitteilungsempfänger Anlass, sich über eine hierdurch etwa ausgelöste nachteilige Betroffenheit zu informieren. Zum anderen kann - wie gerade auch der Inhalt der hier erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zeigt - der Nachbar aus der Begründung regelmäßig ohne großen Aufwand seine potentielle Beeinträchtigung unschwer erkennen.
39 
Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch nicht erforderlich, dass der Nachbar die negative Beeinträchtigung tatsächlich erkannt hat; es genügt ebenfalls das „Kennenmüssen“. Davon ist zum einen auszugehen, wenn sich das Vorliegen der Genehmigung (einschließlich der subjektiven Beeinträchtigung) aufdrängt. Ferner ist ausreichend, wenn es dem Nachbarn möglich und zumutbar war, sich über diese Umstände Gewissheit zu verschaffen, etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder der Behörde (vgl. näher Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Ergänzungslieferung April 2006, RdNr. 21 zu § 70 VwGO). Der Umfang der einem Nachbarn obliegenden Sorgfaltsanforderungen lässt sich dabei nicht abstrakt ermitteln. Insbesondere lässt sich ein Maßstab für die Ermittlungspflichten des Nachbarn nicht den Bestimmungen der §§ 58 Abs. 2, 70 VwGO entnehmen. Zwar läuft einerseits bei einer Bekanntgabe ohne Rechtsbehelfsbelehrung (d.h. bei Kenntnis von der Beeinträchtigung) eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr, während andererseits dem Nachbarn trotz fehlender Kenntnis von der subjektiven Beeinträchtigung ebenfalls eine Jahresfrist eingeräumt und zudem die Erkundigung und Ermittlung vorausgesetzt wird. Dies gebietet es jedoch nicht zwingend, die Anforderungen an die Ermittlungspflicht generell gering anzusetzen. Denn die Einjahresfrist markiert im Rechtsbehelfsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich - abgesehen von Unmöglichkeit der Rechtsbehelfseinlegung - eine absolute Grenze, vgl. §§ 58 Abs. 2, 60 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Somit kann dieser Zeitraum in jedem Fall sachgerecht auf Drittwidersprüche übertragen werden. Da die Verwaltungsgerichtsordnung den Fall des Nachbarwiderspruchs nicht regelt, muss es vielmehr maßgeblich auf die Herleitung der Rechtsgrundsätze aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ankommen. Daraus folgt, dass auf die Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen ist und sich der Umfang der Treuepflicht nach den jeweiligen rechtlichen und tatsächlichen Umständen richtet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - a.a.O.; sowie vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
40 
Wann ein Nachbar Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, hängt deshalb allein von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und ist aufgrund einer umfassenden Sachverhaltswürdigung zu beurteilen. Dabei ist maßgeblich auf die Sicht des Nachbarn abzuheben, lediglich untergeordnet kann auf die Interessen des Bauherrn abgestellt werden. Eine Ermittlungspflicht des Nachbarn besteht etwa, wenn sich eine Beeinträchtigung anhand des sichtbaren Baugeschehens aufdrängt. Ferner besteht eine Ermittlungspflicht, wenn eine Beeinträchtigung des Nachbarn aufgrund der Nutzung des eigenen Grundstücks wahrscheinlich ist. Je einfacher Informationen über das Bauvorhaben zugänglich sind, desto eher ist dem Nachbarn die Erkundigung zuzumuten. So hat die Rechtsprechung es teilweise ausreichen lassen, dass der Nachbar durch eine Mitteilung über die Erteilung der Baugenehmigung und den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten Kenntnis über einen möglichen Eingriff in die zu schützende Rechtspositionen erlangt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 - 4 C.89 - a.a.O.). Auch bei deutlich wahrnehmbaren Bauarbeiten solle es Anlass geben, der Frage nach der eigenen Beeinträchtigung nachzugehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - a.a.O; ebenso OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - LKV 2001, 466).
41 
1.2.3 Entgegen der Auffassung der Berufung ist für den Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, außer der Untätigkeit des Nachbarn kein weiteres besonderes Umstandsmoment auf der Seite des Bauherrn erforderlich; unerheblich ist mithin, ob der Bauherr ein entsprechendes Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung entwickelt hat und dieses schutzwürdig ist. Hierfür spricht bereits, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - anders als in der Kommentarliteratur häufig behauptet - streng zwischen dem Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, durch Fristablauf entsprechend den sich aus §§ 58, 70 VwGO ergebenden Grundsätzen auf der einen Seite und der Verwirkung des Widerspruchsrechts oder gar des materiellen Abwehranspruchs auf der andern Seite unterscheidet (so ausdrücklich bereits BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; ferner Beschluss vom 18.03.1988 - 4 B 50.88 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 77; Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
42 
Der Verlust des verfahrensmäßigen Rechts aufgrund von Zeitablauf und die Verwirkung des Widerspruchsrechts führen zwar zur gleichen Rechtsfolge (nämlich der Unzulässigkeit des Widerspruchs), auch wird sich ihr Anwendungsbereich häufig überschneiden. Die Rechtsinstitute stehen jedoch in unterschiedlichen Ableitungszusammenhängen und haben unterschiedliche Voraussetzungen. So kommt eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach den Umständen des Einzelfalles auch bereits vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Betracht; eine Verwirkung hat jedoch zusätzlich zur Voraussetzung, dass der Genehmigungsempfänger aus aktivem Tun des Nachbarn oder einer ihm gleichzusetzenden Duldung auf dessen Einverständnis schließen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Klägerin können diese vom Bundesverwaltungsgericht für die Verwirkung aufgestellten zusätzlichen Anforderungen an die Vertrauensbetätigung des Bauherrn nicht auf die hier in Rede stehende Problematik der entsprechenden Anwendung von §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO übertragen werden. Gegenteiliges kann insbesondere nicht dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.1991 (4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182) entnommen werden; die von der Klägerin herangezogenen Passagen des Urteils beziehen sich nach ihrer systematischen Stellung eindeutig auf die Verwirkung des materiellen nachbarlichen Abwehrrechts. Die Auffassung der Klägerin beruht auf einer Vermischung der Voraussetzungen für Verlust des Widerspruchsrechts allein aufgrund von Zeitablauf in entsprechender Anwendung von §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO und den Voraussetzungen für eine Verwirkung entweder des verfahrensmäßigen Widerspruchsrechts oder des nachbarlichen Abwehranspruchs. Sie hätte darüber hinaus zur Folge, dass es kaum jemals zum Verlust des Widerspruchsrechts des Nachbarn kommen könnte. Denn die Berufung will dem Nachbarn in entsprechender Anwendung von § 58 Abs. 2 VwGO eine Widerspruchsmöglichkeit binnen Jahresfrist ab Erkennbarkeit der Baumaßnahmen einräumen und fordert darüber hinaus, dass der Bauherr gerade aufgrund der Untätigkeit des Nachbarn ein entsprechendes Vertrauen in den Bestand der Baugenehmigung entwickelt und auch betätigt hat, mithin die Untätigkeit des Nachbarn kausal für den Baufortschritt sein muss. Wie jedoch der vorliegende Fall zeigt, kann binnen eines Jahres auch ein umfangreiches Bauvorhaben fertiggestellt sein.
43 
1.2.4 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Widerspruch der Klägerin nicht verfristet. Es steht aufgrund der durchgeführten Beweiserhebungen durch Einnahme eines Augenscheins sowie durch Zeugenvernehmung des Bürgermeisters der Gemeinde ... fest, dass die Klägerin erstmals im April 2004 Kenntnis von der Beeinträchtigung durch das genehmigte Sprengstofflager erlangt hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen musste die Klägerin auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im oben dargestellten Sinne nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der erteilten Genehmigung und der durch ihre Ausnutzung eintretenden Beeinträchtigungen erlangen.
44 
1.2.4.1 Fehl geht die Auffassung der Beigeladenen, dass die Klägerin bereits vor Beginn der Baumaßnahmen im Jahre 1995 Kenntnis von der geplanten Errichtung der Bunkeranlage erlangt habe bzw. hätte erlangen müssen. Wie oben näher dargestellt, setzt die zeitliche Beschränkung des Widerspruchsrechts nach § 70 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO ebenso wie die verfahrensrechtliche Verwirkung voraus, dass zuvor eine Genehmigung erteilt worden ist. Die maßgebliche Jahresfrist kann deshalb erst mit Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 10.08.1995 zu laufen beginnen. Die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage einer Kenntniserlangung der Klägerin bereits im Jahre 1993 unter Hinweis auf einen Aktenvermerk des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.09.1993 stellt sich deshalb nicht. Im Übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sich diesem Aktenvermerk (Anlage A 9 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 31.08.2005 im Widerspruchsverfahren) keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass Vertreter oder Mitarbeiter der Klägerin an der maßgeblichen Besprechung teilgenommen haben. Aus zeitlichen Gründen kann auch nicht auf die Veröffentlichung im gemeinsamen Mitteilungsblatt der Gemeinden ... und ... vom 16.06.1995 abgehoben werden, in der unter Ziff. 13 auf eine Sitzung des Technischen Ausschusses in ... zur Behandlung eines Antrags auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung eines Sprengstoffbunkers auf den maßgeblichen Flurstücken ... und ... im Gewann ... hingewiesen wurde. Auch diese Sitzung fand zu einem Zeitpunkt statt, als die Genehmigung noch nicht erteilt war und noch nicht über die Genehmigungsvoraussetzungen entschieden worden ist. Allenfalls bot diese amtliche Mitteilung im Zusammenhang mit weiteren tatsächlichen Gesichtspunkten Anlass, sich bei der veröffentlichenden Gemeinde oder der zuständigen Immissionsschutzbehörde über den weiteren Verlauf des Verfahrens und eine etwa in der Erteilung befindliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erkundigen (vgl. zur Relevanz von Pressemitteilungen auch OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - a.a.O.). Dies setzt jedoch voraus, dass die Klägerin aufgrund tatsächlicher Wahrnehmung von Baumaßnahmen Anlass gehabt hätte, weitergehende Erkundigungen zu einer etwa erteilten Genehmigung und deren Umfang anzustellen.
45 
1.2.4.2 Aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin auch nicht mit Baubeginn des Bunkers im November 1995 von der erteilten Genehmigung und deren Auswirkungen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Bei der nach dem oben Gesagten anzustellenden umfassenden Sachverhaltswürdigung ist aus der Sphäre des Bauherrn in erster Linie die Wahrnehmbarkeit des Baugeschehens zu berücksichtigen. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft; sie sind durch die B ... und eine Ansammlung von Laubbäumen voneinander getrennt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung am 15.11.2011 durchgeführten Augenscheins steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bereits zu Beginn der Baumaßnahmen in der 48. Kalenderwoche des Jahres 1995 nur eine sehr eingeschränkte Sichtverbindung zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Baugrundstück der Beigeladenen bestand, so dass die eigentlichen Baumaßnahmen und der Baufortschritt nicht zu erkennen waren. Wie im Termin am 15.11.2011 festgestellt und zwischen den Beteiligten im Einzelnen nicht mehr umstritten, bestand von der Geländeoberfläche des Grundstücks der Klägerin zum Zeitpunkt des Augenscheins keine Sichtbeziehung zum auf dem Grundstück der Beigeladenen errichteten Sprengstoffbunker. Selbst in direkter Blickrichtung vom Betriebsgelände der Klägerin in Richtung Westen war der Sprengstoffbunker nicht zu sehen, da die dazwischenliegenden Grundstücke jenseits der Bundesstraße mit hochstämmigen Streuobstbäumen sowie mit Büschen bepflanzt sind; die Streuobstbäume und Büsche waren zu diesem Zeitpunkt nur noch gering belaubt. Diese Sichtbeziehungen waren auch zum maßgeblichen Zeitpunkt im November 1995 nicht wesentlich anders. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Streuobstbäume zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihre heutige Höhe erreicht haben dürften. Angesichts des Alters dieser Bäume von mehreren Jahrzehnten kann jedoch von ähnlichen Sichtverhältnissen ausgegangen werden, zumal die Sichtbeeinträchtigung bereits durch die Vielzahl der Baumstämme und nicht durch die konkrete Höhe der Bäume bedingt war. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bundesstraße ... in ihrer heutigen Gestalt erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt im Jahre 1995 fertiggestellt wurde. Zum einen ist die erst später vierspurig ausgebaute Bundesstraße auch im Herbst 1995 bereits in Dammlage verlaufen. Dies lässt sich etwa den vom Regierungspräsidium im Widerspruchsverfahren eingeholten Querschnitten der Straßenbauverwaltung und den vom Senat beigezogenen Planfeststellungsakten entnehmen. Im Übrigen lässt sich die damalige Straßenführung auch anhand des von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 21.11.2005 vorgelegten Lichtbildes Nr. 4 nachvollziehen. Unabhängig hiervon ist die konkrete Trassenlage der B ... und die Frage einer Führung in Dammlage für die Sichtbeziehungen nicht erheblich, da der Sprengstoffbunker bei dem Augenschein selbst von dem Höhenniveau der Bundesstraße aus nicht zu erkennen war.
46 
Aufgrund des bei dem Augenschein gewonnenen Eindruckes und der von der Beigeladenen vorgelegten Lichtbilder steht deshalb fest, dass während der einjährigen Bauphase im wesentlichen lediglich der auf dem Grundstück der Beigeladenen aufstehende Kran zu sehen gewesen ist. Ferner spricht vieles dafür, dass vom Grundstück der Klägerin aus der Anfahrtsverkehr zur Baustelle, insbesondere die Anlieferung von Beton, wahrnehmbar war. Wie die Beigeladene unwidersprochen vorträgt, wurden auf dem dem Grundstück der Klägerin zugewandten ... Weg insgesamt 130 Fahrten mit Betonmischfahrzeugen abgewickelt; diese dürften vom Grundstück der Klägerin aus - wenn auch nur eingeschränkt - wahrnehmbar gewesen sein. Diese während der Bauphase bestehenden Beobachtungsmöglichkeiten führen entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde und der Beigeladenen nicht dazu, von einer fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin auszugehen. Zum einen ist die Anstoßwirkung dieser Maßnahmen hier aufgrund der konkreten topographischen Verhältnisse bereits deshalb erheblich reduziert, weil vom Grundstück der Klägerin aus gesehen nicht auszuschließen war, dass der Kran und der Baustellenverkehr von einer etwaigen Baustelle im südwestlich gelegenen Industriegebiet von ... herrührten. Zum anderen lassen sich aus den genannten Umständen nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung der Klägerin entnehmen. Die Masse des angelieferten Betons und die einjährige Benutzung eines üblichen Baukrans deuten allerdings auf ein ungewöhnlich großes Bauvorhaben hin. Da sich das Baugrundstück zudem im Außenbereich befindet, war es aus Sicht des Nachbarn naheliegend, dass ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 BauGB mit potenziell weitgehenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft errichtet wird. All diese Umstände geboten jedoch auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt für die Klägerin nicht den Schluss, dass ein immissionsschutzrechtlich genehmigter Sprengstoffbunker mit mehreren 100 Meter weit reichenden Abstandserfordernissen errichtet wurde. Je weniger ein Vorhaben dem üblichen Erwartungshorizont entspricht, d.h. je exotischer der verfolgte Nutzungszweck ist und je ungewöhnlicher das Ausmaß der Abstandsanforderungen an die Nachbarschaft sind, um so höher sind die Anforderungen an die Annahme anzusetzen, der von dem Vorhaben Betroffene müsste sich gleichwohl von sich aus die Kenntnis von der Natur des Vorhabens verschaffen. Von daher liegt es ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit der Genehmigungserteilung im vereinfachten Verfahren im wohlverstandenen eigenen Interesse der Genehmigungsbehörde und des Vorhabenträgers zur Vermeidung etwaiger - wie hier - erst viel später auftretender Konflikte um die Bestandskraft der Genehmigung jedenfalls die erkennbar unmittelbar betroffene Nachbarschaft über das Vorhaben zu informieren. Dem entspricht auf Seiten der Nachbarschaft eine gewisse berechtigte Erwartung einer wenigstens formlosen Unterrichtung über ein solches Vorhaben. Deshalb durfte die Klägerin gerade auch aufgrund des Umstandes, dass sie im Genehmigungsverfahren weder förmlich beteiligt noch angehört wurde, davon ausgehen, dass etwa wahrgenommene Baumaßnahmen sie nicht in eigenen Belangen tangieren können.
47 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Errichtung des Sprengstoffbunkers jedenfalls von den höher gelegenen Betriebseinrichtungen auf dem Grundstück der Klägerin zu erkennen gewesen sein dürfte. Zum Zeitpunkt der Augenscheinseinnahme im Jahre 2011 war der Bunker ab einem Höhenniveau von etwa 15 m zu erkennen; zur Zeit der Errichtung dürfte die Erkennbarkeit eher noch besser gewesen sein. Zwar bestand nach dem Vortrag der Klägerin eine vergleichbare Möglichkeit zur Begehung von Betriebseinrichtungen auch bereits im Jahre 1995. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin, der mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang steht, werden derartige hochgelegenen Betriebseinrichtungen jedoch lediglich in größeren Intervallen von untergeordnetem technischen Personal betreten, woraus keine Erkenntnismöglichkeit für die maßgeblichen Bediensteten und insbesondere die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin hergeleitet werden kann.
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1.2.4.3 Aus ähnlichen Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin auch nicht mit Beginn des Betriebs des Sprengstofflagers im Herbst 1996 Kenntnis von der Genehmigung erlangt hat bzw. diese hätte erlangen müssen. Zwar wurden die Aufschüttungen der Bunkerwände erst im November 1996 besät, so dass bei Aufnahme des Betriebs die später gewachsene Begrünung die Sicht auf den Bunker wohl noch nicht verdeckt haben dürfte und die hellen Bunkerwände deutlicher als zum Zeitpunkt des Augenscheins in Erscheinung getreten sind. Zudem liefern nach dem Vortrag der Beigeladenen rote bzw. orangefarbene Lastwagen die eingelagerten Sprengstoffe mit jährlich ca. 200 An- und Abfahrten an. Da aber die vorhandenen Bauten maximal eine Höhe von ca. 5 m erreichen, sind die Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung von Rechtsgütern Dritter aus Sicht der Klägerin geringer als während der Bauphase. Auch verläuft der für die An- und Abfahrten genutzte ... Weg vom Grundstück der Klägerin aus gesehen weitgehend verdeckt durch die Bäume der Streuobstwiese bzw. durch die in Dammlage geführte B ... Daraus folgt, dass für den Betrieb des Sprengstofflagers erst recht nicht von der Kenntnis der Klägerin ausgegangen werden kann, wenn das Kennenmüssen für die Bauphase wie oben verneint wird.
49 
1.2.4.4 Zu Unrecht geht die Beigeladene davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung im Planfeststellungsverfahren zur Erweiterung der B ... Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. dem Sprengstofflager erlangt hat. Den vom Senat beigezogenen Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum ergänzenden Planfeststellungsverfahren über den vierspurigen Ausbau der B ... zwischen ... und dem Anschluss an die BAB 5 lassen sich keinerlei Anhaltspunkte für die Behauptung der Beigeladenen entnehmen, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang Kenntnis von dem neuen Standort des Bunkers erlangt haben könnte. Ausweislich der Planfeststellungsakten kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin aktiv am Verfahren beteiligt oder Einsicht in die entsprechenden Unterlagen genommen hat. Im Übrigen lässt sich den Planfeststellungsakten lediglich entnehmen, dass die neu geplante Trassenführung Flächen des ursprünglichen Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ in Anspruch nimmt, ohne dass freilich in den Vorgängen der ins Auge gefasste neue Standort des Bunkers erwähnt wird. Weitergehende Anhaltspunkte für eine Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... ließen sich auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2012 durchgeführte Befragung des Bürgermeisters der Gemeinde ..., Herrn ... ..., als Zeugen gewinnen. Vielmehr ließ sich der Zeuge in jeder Hinsicht glaubhaft und nachvollziehbar dahingehend ein, dass er im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... zwar mehrfach Gespräche mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der Klägerin geführt habe. Im Mittelpunkt dieser Gespräche habe jedoch das von der Gemeinde verfolgte Anliegen gestanden, eine neue Nordzufahrt zu dem Grundstück der Klägerin zu schaffen, wogegen die Klägerin vor allem aus erschließungsbeitragsrechtlichen Gründen Einwände erhoben habe. Zwar habe er in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Verlegung des bestehenden Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ am Rande hingewiesen; er könne jedoch mit hoher Sicherheit ausschließen, dass er gegenüber Organen oder Mitarbeitern der Klägerin den Zielstandort erwähnt habe. Ebenso führte der Zeuge überzeugend aus, dass in der öffentlichen Diskussion in ... zum fraglichen Zeitpunkt die Verlegung des Sprengstoffbunkers keine bedeutende Rolle gespielt habe, nicht zuletzt in Anbetracht wesentlich öffentlichkeitswirksamerer raum- und umweltbezogener Vorhabenplanungen.
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1.2.4.5 Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Organe bzw. Mitarbeiter der Klägerin oder der Firma ... ... ... aufgrund der Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Gemeinde ... vom 04.11.1996 Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erlangt haben. Den vorliegenden Behördenakten lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass im Rahmen der Verhandlungen zum Abschluss dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags das in der Vergangenheit genehmigte Sprengstofflager eine Rolle gespielt hat. Dies wurde durch die Zeugenvernehmung des Bürgermeisters ... in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Zeuge hat sich auch in diesem Zusammenhang glaubhaft dahingehend eingelassen, dass er gegenüber Organen und Mitarbeitern der Firma ... ... ... lediglich auf die Notwendigkeit einer Verlegung des Sprengstofflagers hingewiesen, nicht aber dessen neuen Standort thematisiert habe. Im Übrigen hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der diese bereits damals bei den Vertragsverhandlungen vertreten hat, versichert, dass ihm gegenüber die Existenz der Genehmigungen nicht erwähnt worden sei. Diese Versicherung des Prozessbevollmächtigten steht dabei nicht im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen ..., da dieser glaubhaft angegeben hat, dass der Prozessbevollmächtigte an den ersten Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht beteiligt gewesen sei. Da der Senat von der Richtigkeit der Erklärungen des Prozessbevollmächtigten überzeugt ist, war dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Antrag auf Zeugenvernehmung nicht mehr nachzugehen.
51 
1.2.4.6 Auch kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin aufgrund ihrer Mitwirkung im Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ sowie über die parallele Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015 ... ... ... im Jahre 2001 von dem Sprengstofflager und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.08.1995 Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Insbesondere das von der Beigeladenen erwähnte Einwendungsschreiben und das Schreiben der IHK vom 12.11.2001 sind nicht an die Klägerin, sondern an die Stadt ... bzw. an die Firma ... ... ... gerichtet. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt von diesen Schreiben Kenntnis erlangt hat. Auch die Beigeladene legt nicht näher dar, dass der Klägerin diese Schreiben zugegangen sein könnten oder sie im Bebauungsplanverfahren anderweitige Kenntnis von der erteilten Genehmigung für den Sprengstoffbunker erlangt hat. Die von der Beigeladenen erwähnte abstrakt bestehende Möglichkeit, Einsicht in die Bebauungsplanakten zu nehmen und dadurch Kenntnis von der Baugenehmigung erhalten zu können, begründet noch keine entsprechende Nachforschungspflicht.
52 
Wie sich einem in der Widerspruchsakte befindlichen Schreiben der Firma ... GmbH vom 12.11.2001 entnehmen lässt, hat ein Mitarbeiter dieser Firma sich im Zuge des Flächennutzungsplanänderungsverfahrens beteiligt und auf ein am 06.11.2001 stattgefundenes Gespräch mit dem Bürgermeister der Gemeinde ... Bezug genommen. Die dabei von den Vertretern der Firma ... unterbreiteten konkreten Änderungsvorschläge bzw. Nachfragen zum Bebauungsplan deuten darauf hin, dass diese die Planunterlagen eingesehen und sich eingehend mit ihnen auseinandergesetzt haben. Dem Anschreiben lassen sich indes keinerlei Anhaltspunkte entnehmen, dass die Mitarbeiter der Firma ... dabei einen Hinweis auf die Existenz des bestehenden Bunkers und die erteilte Genehmigung erlangt haben. In Übereinstimmung hiermit hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, im Zuge des Bebauungsplanänderungsverfahrens in ständigem Kontakt mit Mitarbeitern der Firma ... bzw. der Klägerin gestanden zu haben; dabei seien die Belange der Klägerin auch anhand von Planauszügen erörtert worden. Auf entsprechende Nachfrage konnte der Zeuge ... jedoch bestätigen, dass Mitarbeiter der Klägerin bzw. der Firma ... oder deren Rechtsvorgängerin nicht Einsicht in die vollständigen Planunterlagen auf der Gemeindeverwaltung genommen haben.
53 
Nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweiserhebungen ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen - erstmals im April 2004 Kenntnis von der erteilten Genehmigung des Sprengstofflagers und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen erlangt hat. Der am 11.05.2004 gegen die Genehmigung eingelegte Widerspruch ist nach dem oben Gesagten rechtzeitig erfolgt, da er die Jahresfrist des §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO wahrt.
54 
1.3 Aus diesen Darlegungen folgt zugleich, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Klägerin ihr verfahrensmäßiges Recht zur Widerspruchseinlegung nicht verwirkt hat. Denn die Verwirkung dieses verfahrensmäßigen Rechts setzt jedenfalls die Erkennbarkeit der Baumaßnahmen voraus. Daneben muss nach dem oben Gesagten ein entsprechendes Umstandsmoment auf der Seite der Beigeladenen bestehen, das die verspätete Wahrnehmung des Rechts als Verstoß gegen Treue und Glauben erscheinen lässt. Letzteres bedarf hier keiner weiteren Klärung, da es bereits an der entsprechenden Erkennbarkeit der Baumaßnahmen und der dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen für die Klägerin fehlt.
55 
1.4 Entgegen der Annahme der Beigeladenen fehlt der Klägerin nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.
56 
Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist erforderlich, dass eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten geltend gemacht wird. Die erteilte Genehmigung muss gegen eine Norm verstoßen, die zumindest auch rechtliche Interessen der Klägerin zu schützen bestimmt ist. Ausreichend ist dabei, wenn die Verletzung der drittschützenden Norm durch den angefochtenen Verwaltungsakt möglich erscheint. Die Pflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist nach ständiger Rechtsprechung für Nachbarn drittschützend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.09.1988 - 4 N 1/87 - BVerwGE 80, 184; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 5 BImSchG RdNr. 87 f.). Deren Belange müssen in einer allgemeinen Güterabwägung bei Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist, wer sich im Einwirkungsbereich der Anlage, d.h. in einem Bereich, in dem die Immissionen nach Art und Umfang einzelne Personen hervorgehoben treffen können, ständig aufhält oder Rechte an dort befindlichen Sachen inne hat (BVerwG, Urteil vom 22.10.1982 - 7 C 50.78 - NJW 1983, 1507). Der wegen der Sprengstofflager einzuhaltende Schutzabstand zu Wohngebäuden bzw. zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden überschneidet sich zum Teil mit dem Grundstücksbereich der Klägerin, auf dem bauplanungsrechtlich eine Nutzung als Sondergebiet festgesetzt ist. Bei dieser Betrachtung ist es nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin danach grundsätzlich zur Überbauung des gesamten Grundstücks berechtigt wäre.
57 
Fehl geht der Einwand der Beigeladenen, wonach die Klägerin als Grundstückseigentümerin nicht klagebefugt sei, sondern allenfalls sich die Firma ... ... ... als Inhaberin der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in einer wehrfähigen Rechtsposition befinde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Bauplanungsrecht wie auch im Immissionsschutzrecht grundsätzlich der Eigentümer klagebefugt, soweit er sich auf drittschützende Normen berufen kann. Unerheblich ist deshalb in diesem Zusammenhang, ob darüber hinaus auch die Firma ... als Rechtsnachfolgerin der Firma ... ... ... als Inhaberin einer möglicherweise verletzten anderweitigen Genehmigung klagebefugt ist (vgl. zu diesem Problemkreis m.w.N. Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, a.a.O., RdNr. 121 zu § 42 VwGO). Nicht zu folgen vermag der Senat auch der von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren geäußerten Auffassung, dass die Klägerin aufgrund der Vorbelastung ihres Grundstücks durch die im Jahre 1953 bzw. 1958 erteilten Genehmigungen für den Vorgängersprengstoffbunker im Gewann „... ...“ in der Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke der Gestalt eingeschränkt sei, dass eine eigene Rechtsverletzung auszuschließen ist. An die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO sind nach ständiger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215; Happ in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 93 zu § 42 VwGO - m.w.N.). Davon kann angesichts der komplexen Problematik der Auswirkungen einer etwa bestehenden Vorbelastung aufgrund der in den 60iger Jahren genehmigten Altanlage keine Rede sein.
58 
1.5 Der Klägerin steht auch das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse für die erhobene Anfechtungsklage gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu, obwohl der Betrieb des Spanplattenwerkes im Jahre 2010 eingestellt wurde. Zum einen lässt die Einstellung des Betriebs den Bestand der für die Spanplattenfabrik erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unberührt. Denn diese erlischt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann, wenn die Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wurde. Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind die Klägerin bzw. die Firma ... GmbH deshalb noch in der Lage, von der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Gebrauch zu machen. Zum anderen ergibt sich das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin aus den Festsetzungen des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“, der für die von dem Sicherheitsabstand überdeckten Flächen eine bauplanungsgemäße Nutzung ermöglicht. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt indes nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1). Danach hat die Klägerin hier ein schutzwürdiges Interesse an der verfolgten Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Sprengstoffbunker unabhängig davon, ob das genehmigte Spanplattenwerk derzeit betrieben wird.
59 
Nach alldem ist die Klage entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig.
60 
2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts ... vom 10.08.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens der letzten Behördenentscheidung (dazu unter 2.1). Zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, nicht nach speziellerem Sprengstoffrecht (dazu unter 2.2). Die erteilte Genehmigung für das Sprengstofflager steht mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 4 BImSchG und den in diesem Zusammenhang zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang (dazu unter 2.3). Schließlich ist der materiell-rechtliche Abwehranspruch der Klägerin gegen das Vorhaben nicht verwirkt (dazu unter 2.4).
61 
2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Erlass der letzten Behördenentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006.
62 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Im Zweifel ist bei Anfechtungsklagen der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich (im Grundsatz ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 - 3 C 6.99 - DVBl. 2000, 1614). Diese Grundsätze sind insbesondere auch bei der hier in Rede stehenden Drittanfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung maßgeblich. Entgegen einer in der verwaltungsprozessualen Literatur weithin vertretenen Auffassung (vgl. so etwa Jörg Schmidt in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 58 zu § 113 VwGO) können die für nachteilige Veränderungen der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen entwickelten Grundsätze nicht auf immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklagen übertragen werden. Maßgeblich für die Beurteilung der Baunachbarklage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung unter Ausschluss der Berücksichtigung späterer Änderungen zu Gunsten des Nachbarn, selbst vor Ergehen des Widerspruchsbescheides (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 08.11.2010 - 4 B 43.10 - BauR 2011, 499 - m.w.N.). Angesichts der andersartigen Funktion des Immissionsschutzrechts gegenüber dem Baugenehmigungsverfahren sind diese baurechtlichen Grundsätze auf das Immissionsschutzrecht nicht übertragbar (vgl. etwa VG Gießen, Urteil vom 23.07.1999 - 8 E 1215.98 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2011 - OVG 10 N 39.08 - juris; ähnlich BVerwG, Beschluss vom 10.01.1991 - 7 B 102.90 - NVwZ-RR 1991, 236). Dem Immissionsschutzrecht ist die Abwehr qualitativ andersartiger und schwerer wiegender Gefahrenlagen als im Baurecht eigen. Zudem werden in § 5 BImSchG dynamische Grundpflichten statuiert, die dem Ziel dienen, den Anlagenbetreiber nicht auf die Pflichten zu beschränken, die er im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung hatte. Ferner gibt es im Immissionsschutzrecht - im Gegensatz zum Baurecht - keinen Grundsatz dahingehend, dass einem Antragsteller eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderung im Allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.05.1982 - 7 C 42.80 - BVerwGE 65, 313). Die baurechtlichen Grundsätze können daher auch dann nicht auf das Immissionsschutzrecht übertragen werden, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit einer Anlage - wie hier - vornehmlich an baurechtlichen Normen zu prüfen ist. Abzustellen ist deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006, ohne dass danach zu differenzieren ist, ob etwaige Rechtsänderungen zu Ungunsten der Beigeladenen eingetreten sind. Dies hat insbesondere zur Konsequenz, dass nachfolgend auch das Inkrafttreten des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 zu berücksichtigen ist.
63 
2.2 Zum nach dem oben Gesagten maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums am 02.08.2006 richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeineren Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. Ziff. 9.35 - Spalte 2 - des Anhangs zur 4. BImSchV, nicht nach der spezielleren Norm des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG (in der Fassung vom 15.06.2005, BGBl. I S. 1626). Das Verhältnis zwischen der immissionsschutzrechtlichen und der sprengstoffrechtlichen Genehmigung regelt § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG a.F. nur partiell. Danach ist die sprengstoffrechtliche Genehmigung für solche Sprengstofflager subsidiär, die Bestandteil einer Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind. Es handelt sich vorliegend indes um ein selbständiges Lager und nicht um Bestandteile einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist die ungeregelte Kollision der Genehmigungsverfahren nicht entsprechend der konkurrierende Planfeststellungserfordernisse regelnden Bestimmung des § 78 Abs. 2 LVwVfG zu lösen. Danach ist die Genehmigung mit dem weitesten Prüfungsumfang vorrangig (vgl. etwa Odendahl, NVwZ 2002, 686, 687; offengelassen etwa von OVG Berlin, Beschluss vom 20.10.2000 - 2 S 9.00 - juris). Richtigerweise muss § 17 Abs. 1 Satz 3 BImSchG erst recht gelten, wenn das Lager selbst immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist (so etwa auch Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 13 RdNr. 6 a). Der Zuständigkeitsabgrenzung in § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass die Prüfung sprengstoffrechtlicher Gefährdungen durch die umfassendere Prüfung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens besser erfasst wird. Dieser Auffassung entspricht auch die novellierte Fassung von § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG mit Wirkung zum 01.03.2010 (Gesetz vom 11.08.2009, BGBl. I, S. 2723). Die Änderung ist ausweislich der Gesetzesmaterialien als bloße Klarstellung zu verstehen (Gesetzentwurf zur Bereinigung des Bundesrechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt - RGU - BT-Drs. 16/12277, S. 11). Somit ist dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 4 BImSchG Priorität einzuräumen.
64 
2.3 Die Voraussetzungen für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 4 BImSchG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Zwar war das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG zulässig, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. c i.V.m. Nr. 9.35 Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV sowie § 3 b Abs. 1 UVPG, Ziff. 10.1 und 10.2 Anhang I). Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen lagen indes nicht vor. Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch in Folge der Konzentrationswirkung des § 13 Satz 1 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Sprengstoffgesetzes (dazu unter 2.3.1) und des Baugesetzbuchs (dazu unter 2.3.2).
65 
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss sichergestellt sein, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG müssen genehmigungsbedürftige Anlagen so errichtet und betrieben werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Aus dem Begriff der Erheblichkeit folgt, dass unzumutbare Beeinträchtigungen vermieden werden sollen. Es ist eine Abwägung von Rechtsgütern des Anlagenbetreibers einerseits und der Nachbarschaft andererseits vorzunehmen. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist, soweit er die „Nachbarschaft“ vor schädlichen Umwelteinwirkungen schützt, daher eine spezielle gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Folglich entspricht der Schutz des Nachbarn durch Bauplanungsrecht dem durch die immissionsschutzrechtlichen Normen vermittelten Schutz (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Soweit sich ein Nachbar auf sprengstoffrechtliche Vorschriften berufen kann, ist dies in gleicher Weise im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu beachten. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Regelungen des Baugesetzbuchs oder Sprengstoffgesetzes bedingt folglich zugleich einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
66 
2.3.1 Die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt bei isolierter Betrachtung nicht gegen die Anforderungen des Sprengstoffgesetzes.
67 
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 SprengG ist eine sprengstoffrechtliche Genehmigung zu versagen, wenn keine Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter Beschäftigter oder Dritter, insbesondere durch die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Maßnahmen, getroffen werden. Was in Bezug auf die Aufbewahrung von explosionsgefährdeten Stoffen Stand der Technik ist, wird nach § 6 Abs. 2 SprengG durch den Anhang zu § 2 der 2. SprengV (i.d.F. der Bekanntmachung vom 10.09.2002, BGBl. I, S. 3543) bestimmt, vgl. §§ 1, 2 Abs. 1 SprengV.
68 
Welche - für den Nachbarschutz relevanten - Schutzabstände einzuhalten sind, regelt Ziff. 2.2.2 Absatz 1 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV. Für Abstände zu Wohnbereichen und Verkehrswegen verweist die Vorschrift auf die Anlage 1 zum Anhang. Gemäß Ziff. 1.12 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV stehen Gebäude und Anlagen mit Räumen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt und geeignet sind, bewohnten Gebäuden gleich. Gemäß Ziff. 2.1 der Anlage 1 zum Anhang ist für die Lagergruppe 1.1 betreffend der Abstände zu Wohneinheiten die Formel E = 22 x M1/3 und zu Verkehrswegen die Formel E = 15 x M1/3 einzuhalten. E bezeichnet den kürzesten Abstand in Meter, M die Lagermenge in Kilogramm. Nach der ursprünglich erteilten Genehmigung dürfen in den Lagerbunkern jeweils 25 t Explosivstoffe und Gegenstände mit Explosivstoffen der Lagergruppen 1.1, 1.3 und 1.4 eingelagert werden. Da die Lagergruppe 1.1 von den genannten den größten Sicherheitsabstand erfordert, ist gemäß Ziff. 2.2.2 Abs. 4 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV die Formel für diese auf die Gesamtmasse anzuwenden. Somit ist ein Sicherheitsabstand von 643,28 m (Abstand zu Wohngebäuden) und von 438,6 m (Abstand zu Verkehrsflächen) einzuhalten.
69 
Jedoch hat die Immissionsschutzbehörde eine Ausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der 2. SprengV (a.F.) in der Genehmigung des Vorhabens zugelassen. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde auf schriftlichen Antrag Ausnahmen von den Vorschriften des Anhangs zu dieser Verordnung zulassen, wenn eine andere, ebenso wirksame Maßnahme getroffen wird. Aus der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 05.10.2005 sowie der ergänzenden Auskunft vom 24.01.2007 ergibt sich, dass Grundlage der oben genannten Formel die Annahme ist, die Druckwelle bei einer etwaigen Explosion werde sich gleichmäßig ausbreiten. Durch Seiten- und Rückwände aus Stahlbeton oder eine Erdüberschüttung der Bunker ließen sich jedoch die Auswirkungen einer Detonation vermindern. Da diese Ausführung aber nicht bei der Bemessung des gesetzlichen Schutzabstandes herangezogen wurde, könne die Formel K = 13,5 x M1/3 angewendet werden. Daraus ergibt sich ein Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden. Auf diese Formel stützt sich bereits das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.04.1995 (S. 5); zugleich wurde zu Verkehrswegen mit dem Faktor 9,2 ein Schutzabstand von 269 m errechnet. Dass die Genehmigungsbehörde sich zunächst auf § 3 Abs. 2 der 2. SprengV ( a.F.) berufen hatte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin unschädlich. Denn das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung wurde ausdrücklich zum Bestandteil der Genehmigung gemacht. Diesem Gutachten lag aber bereits die genannte Formel mit einem Faktor von 13,5 zugrunde, so dass der Genehmigung die notwendigen Erwägungen für die Gestattung einer Ausnahme zugrunde liegen. Dadurch sind die nach dem Stand der Technik erforderlichen Schutzabstände zu den tatsächlich auf dem Grundstück der Klägerin vorhandenen Gebäuden gewahrt. Die Genehmigung steht insoweit mit § 17 Abs. 1 SprengG in Einklang.
70 
2.3.2 Die Genehmigung verstößt jedoch gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
71 
2.3.2.1 Welche Immissionen für Nachbarn im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zumutbar sind, ergibt sich nicht primär aus den tatsächlichen Gegebenheiten des Gebiets, sondern vor allem aus infolge von planungsrechtlichen Vorgaben möglichen Nutzungen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1985 - 4 C 63.80 - BVerwGE 71, 150; Urteil vom 24.04.1991 - 7 C 12.90 - BVerwGE 88, 143; BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246). Unzumutbar und damit erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind die Immissionen und sonstigen Gefahren, die mit den für den Einwirkungsort geltenden nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans unvereinbar sind. Mit dem Inkrafttreten des maßgeblichen Bebauungsplans erlangen die Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet eine Position, aufgrund derer sie darauf vertrauen können, dass eine nachfolgende heranrückende bauliche Nutzung auf Nachbargrundstücken auf die nach dem Bebauungsplan einmal gegebene Nutzbarkeit ihrer Grundstücke Rücksicht nehmen muss. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Grundstücke später tatsächlich entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaut und genutzt werden, oder ob für die Bebauung und Nutzungen Ausnahmen und Befreiungen erteilt worden sind, denn der Eigentümer eines Grundstücks in einem festgesetzten Bebauungsplangebiet kann allgemein darauf vertrauen, dass spätere Planungen und Baugenehmigungserteilungen die erforderliche Rücksicht auf das - insgesamt schutzbedürftige und schutzwürdige - festgesetzte Baugebiet nehmen werden. Mit der Anerkennung des Bebauungsplans als normative Bestimmung der Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen gewährleistet das Immissionsschutzrecht, dass der Bebauungsplan die ihm in § 1 BauGB zugedachte Aufgabe erfüllen kann, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu erreichen und dauerhaft zu sichern. Würde das Immissionsschutzrecht die Schutzwürdigkeit im Regelfall nach der tatsächlichen baulichen Nutzung bestimmen, stünde dies im Widerspruch zu den Zielen des Baugesetzbuchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Entscheidend ist deshalb, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 Festsetzungen von Bebauungsplänen verletzt. Da nach dem oben Gesagten maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Drittanfechtungsklage der der letzten Verwaltungsentscheidung ist, kommt es - soweit dieser wirksam ist - auf den am 20.05.2005 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ an.
72 
2.3.2.2 Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück der Klägerin ein Sondergebiet (SO1) im Sinne von § 9 a BauGB, § 11 Abs. 2 BauNVO fest. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurden zudem in dem der B... nächstgelegenen Teil A die Nutzung „Silos für Sägespäne“, im Teil B „Spanplattenwerk Lagerhaltung, Veredelung (einschließlich Schleifen), Vertrieb und Verwaltung“ und im Übrigen „Spanplattenwerk Lagerflächen, einschließlich Hacker- und Förderanlagen, Lkw-Parkplatz-Anlage, einschließlich Waage und Gebäude mit Sanitär- und Aufenthaltsräumen, Pförtnerloge“ festgesetzt. Der sprengstoffrechtlich erforderliche Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden verhindert jedenfalls die nach dem Bebauungsplan zulässige Nutzung des Grundstücksteils B für Vertrieb und Verwaltung, soweit ständige Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen. Wie sich der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.01.2007 entnehmen lässt, ist nach der Auffassung der Fachbehörde auch eine bebauungsplangerechte Nutzung des als Teil A bezeichneten Geländes erheblich eingeschränkt.
73 
Der Umfang der zulässigen Bebauung wird durch den Hinweis unter C. Ziff. 7 im Bebauungsplan nicht eingeschränkt. Denn rechtsverbindliche Wirkung haben lediglich Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB, wohingegen der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 BauGB) kein Satzungscharakter zukommt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 97. Ergänzungslieferung 2010, § 9 RdNr. 6). Während die Festsetzungen die zulässigen Vorhaben rechtsverbindlich einschränken und konkretisieren, dient die Begründung lediglich der Erläuterung und der Überprüfbarkeit des Abwägungsprozesses. Der Hinweis enthält jedoch keine Regelung zur Umschreibung der zulässigen Bauvorhaben. Er verweist lediglich auf Beschränkungen, die sich aus Umständen ergeben, welche außerhalb des Bebauungsplans liegen. Der Hinweis steht daher der Erläuterung und Begründung näher. Die Begründung kann aber nicht die rechtsverbindlichen Bebauungsplanfestsetzungen aushebeln. Folglich schränkt die Genehmigung des Sprengstofflagers die grundsätzlich zulässige Nutzung des Grundstücks der Klägerin ein.
74 
2.3.2.3 Der maßgebliche Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 ist wirksam; er verstößt weder gegen das Gebot der Erforderlichkeit der Planung noch gegen das Abwägungsgebot.
75 
Der Bebauungsplan ist nicht wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 3 BauGB normierte Gebot der Erforderlichkeit nichtig. Die Gemeinde darf keinen Bebauungsplan aufstellen, der aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Davon ist auszugehen, wenn die Realisierung des Bebauungsplans zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen scheitern müsste. Demgegenüber ist der Bebauungsplan vollzugsfähig und wirksam, wenn die Konflikte durch angemessene Auflagen oder sonstige Beschränkungen überwunden werden können. Die Festsetzung des Gebiets scheitert nicht in ihrer Gesamtheit. Lediglich ein Teilabschnitt der Fläche, die als Sondergebiet ausgewiesen ist, kann nicht wie im Bebauungsplan vorgesehen ausgenutzt werden. Es handelt sich somit um eine Beschränkung und nicht um eine Aufhebung der Vollzugsfähigkeit. Daher bleibt die Festsetzung im Bebauungsplan erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.
76 
Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB. Dies wäre der Fall, wenn im Rahmen der planerischen Abwägung die Schutzwürdigkeit der auf dem Grundstück der Klägerin zulässigen Bebauung verkannt und damit falsch beurteilt worden ist. Die Schutzabstände des Sprengstofflagers waren auch dann zu berücksichtigen, wenn dessen Genehmigung rechtswidrig erfolgt sein sollte. Denn für die Bauleitplanung sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (vgl. Söfker, a.a.O., § 1 RdNr. 193). Die Unvereinbarkeit von zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden im Gebiet SO1 und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Beigeladenen wurde zwar im Bebauungsplanverfahren behandelt. Dieser Umstand hat jedoch in den rechtsverbindlichen Festsetzungen keinen Eingang gefunden. Die Konfliktlage spiegelt sich nicht im Abwägungsergebnis wieder.
77 
Es ist jedoch in Grenzen zulässig, die Lösung von Konflikten nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu überlassen (Konfliktverlagerung). Die planende Gemeinde darf auf eine abschließende Konfliktlösung im Bebauungsplan verzichten, wenn diese außerhalb des Planverfahrens im Rahmen der Verwirklichung der Planung sichergestellt und zu erwarten ist. Dafür muss jedoch eine sachgerechte Konfliktlösung durch die Behörde hinreichend sicher abschätzbar sein. Bleibt das Problem zu Lasten des Betroffenen ungelöst, ist das Gebot der umfassenden Konfliktlösung verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30; Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - BVerwGE 69, 30). Dem liegt zugrunde, dass eine Überfrachtung des Bebauungsplans vermieden werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - a.a.O.). Wie sich aus dem vorgenannten Hinweis C im Bebauungsplan ergibt, ging die Gemeinde ... aufgrund der Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamts ... per E-Mail vom 26.04.2004 davon aus, dass dem Schutzabstand uneingeschränkt Vorrang einzuräumen ist. Dieser sei sodann im Genehmigungsverfahren wegen § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu berücksichtigen. Folglich durfte die Gemeinde damit rechnen, dass der Konflikt sachgemäß im Genehmigungsverfahren zu lösen ist. Ferner hat die Gemeinde durch den Verzicht auf die Festsetzung eines Schutzabstands dem Vertrauensschutz der Klägerin Rechnung getragen. Zwar besteht kein Anspruch auf Aufstellung und Bewahrung eines Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB); jedoch hat die vorherige Überplanung der Grundstücke durch den Bebauungsplan von 1983 in den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB Eingang zu finden. Der Bebauungsplan ist somit nicht wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot unwirksam.
78 
2.3.2.4 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und des Beklagten werden die durch den Bebauungsplan eingeräumten Rechte zu Gunsten der Klägerin nicht infolge einer Vorbelastung ihres Grundstücks eingeschränkt. Der im Gesetz unerwähnte Begriff der Vorbelastung wurde zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unzumutbaren Beeinträchtigung entwickelt (BVerwG, Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 - BVerwGE 51, 15). Aufgrund bestehender Umwelteinflüsse kann sich das Maß des für Nachbarn Zumutbaren verändern. Vorliegend könnte daran gedacht werden, dass das Grundstück der Klägerin schon immer mit den Schutzabständen zu den Sprengstoffbunkern belastet war. Wie die Beigeladene im Widerspruchsverfahren darlegte, betrieb sie in der Vergangenheit auf der Grundlage von Gestattungen aus dem Jahre 1953 bzw. 1957 ein Sprengstofflager im Gewann „... ...“, welches ebenfalls mit erheblichen Abstandsanforderungen verbunden gewesen sein dürfte. Somit dürfte die Ausnutzbarkeit des Grundstücks der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vorgängerbebauungsplanes aus dem Jahre 1983 eingeschränkt gewesen sein.
79 
Selbst wenn der Bebauungsplan im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der zu dem ehemaligen Sprengstofflager einzuhaltenden Abstände an einem Abwägungsfehler litte, wäre dieser jedoch unbeachtlich. Nach § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB finden die derzeit geltenden Vorschriften zur Planerhaltung grundsätzlich rückwirkend auf Bebauungspläne Anwendung, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. BBauG in Kraft getreten sind. Darüber hinaus sind gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden. Daraus folgt, dass insbesondere bei Abwägungsmängeln nicht nur die §§ 214, 215 BauGB in ihrer derzeitigen Fassungen gelten, sondern dass frühere Regelungen fortgelten.
80 
Maßgeblich für die vor dem Inkrafttreten des Baugesetzbuches zum 01.07.1987 bekannt gemachten Bebauungspläne bleibt daher die Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 2 BauGB 1978 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50.98 - Buchholz 406.11 § 244 BauGB Nr. 3). Nach dieser Vorschrift sind Mängel der Abwägung von Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekannt gemacht worden sind, unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem 01.07.1987 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind, wobei der Sachverhalt, der die Mängel begründen soll, darzulegen ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 244 Abs. 2 BauGB 1987 durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG - gestrichen wurde. Die Aufhebung der Vorschrift erfolgte, da sie nach Auffassung des Gesetzgebers ihren Zweck erfüllt hatte. Der Geltungsanspruch der Vorschrift sollte nicht rückwirkend entfallen. Dies ergibt sich im Übrigen aus § 233 Abs. 3 BauGB, wonach auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. des BBauG wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen fortgelten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.1999 - 8 S 1625/99 - VBlBW 2000, 394). Für den vor dem 01.07.1987 bekanntgemachten Bebauungsplan „...-...“ sind danach nur Abwägungsmängel beachtlich, die vor dem 01.07.1994 geltend gemacht worden sind. Da die von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren behauptete Nichtberücksichtigung der Sicherheitsabstände zu dem ehemaligen Sprengstofflager bisher nicht gegenüber der planenden Gemeinde geltend gemacht worden ist, wäre ein entsprechender Abwägungsmangel gemäß § 244 Abs. 2 BauGB a.F. i.V.m. § 233 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BauGB unbeachtlich und würde nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen.
81 
Unabhängig hiervon war zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Vorbelastung durch etwa einzuhaltende Sicherheitsabstände zum ehemaligen Sprengstofflager im Gewann „... ...“ entfallen. Denn dessen Genehmigung erlosch gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil die Vorgängeranlage nach Verlegung an den heutigen Standort für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden war.
82 
2.4 Nach dem oben unter 1.2 Ausgeführten scheidet hier die materiell-rechtliche Verwirkung des nachbarschützenden Abwehranspruchs gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - a.a.O.). Dieses Rechtsinstitut setzt neben einem Zeitablauf seit der Entstehung des Rechts voraus, dass besondere Umstände die Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung). Eine materiell-rechtliche Verwirkung scheidet hier bereits deshalb aus, weil nach dem oben Gesagten die Klägerin auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt keine Kenntnis von dem Bauvorhaben und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen hat erlangen müssen.
83 
Nach alldem hat die Berufung der Klägerin auch in der Sache Erfolg.
84 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
85 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere ist in der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fallübergreifend abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen sich ein Nachbar in Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO so behandeln lassen muss, als ob ihm eine Genehmigung zugestellt worden wäre.

Gründe

 
31 
Die von dem Senat wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel zugelassene Berufung der Klägerin ist innerhalb der bis zum 08.03.2010 verlängerten Frist begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 VwGO) und auch im Übrigen zulässig; sie hat darüber hinaus in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Klage zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.).
32 
1.1 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 nicht bereits deshalb in Bestandskraft erwachsen ist, weil erstmals am 11.05.2004 hiergegen Widerspruch eingelegt wurde und deshalb die Frist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt ist. Die streitgegenständliche Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG erteilt, so dass eine förmliche Zustellung gemäß § 10 Abs. 7 BImSchG an Dritte und eine anderweitige förmliche Bekanntgabe der Genehmigung durch die Behörde an die Klägerin unterblieben ist. Demzufolge wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO nicht in Gang gesetzt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass im Jahre 1995 eine Bekanntgabe der Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erfolgte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Bekanntgabe einer Baugenehmigung - nichts anderes gilt für eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung - an den Bauherrn als ihren Adressaten nicht zugleich die Rechtsbehelfsfristen auch für den Nachbarn als beteiligten Nichtadressaten in Lauf (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.02.1969 - IV C 82.66 - DVBl. 1969, 362; sowie Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - BVerwGE 44, 294). Zu Recht weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 41 LVwVfG den Willen der Behörde voraussetzt, den Bescheid dem Bekanntgabeadressaten zur Kenntnis zu bringen; zufällige Kenntnisnahme, etwa der Nachbarn auf Grund Information seitens des Bauherrn, reicht regelmäßig nicht aus (vgl. hierzu Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl., RdNr. 4 zu § 70 VwGO). Daher stellt auch das Schreiben der Gemeinde ... an die Klägerin vom 19.04.2004 keine Bekanntgabe der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung dar.
33 
1.2. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts führt auch der den Bestimmungen der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO zu entnehmende Rechtsgedanke hier nicht zur Bestandskraft der angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
34 
1.2.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich ein Nachbar, der sichere Kenntnis von der Erteilung einer Baugenehmigung erhalten hat oder diese Kenntnis hätte haben müssen, so behandeln lassen, als sei ihm die Baugenehmigung im Zeitpunkt der zuverlässigen Kenntniserlangung oder in dem Zeitpunkt, in dem er diese Kenntnis hätte erlangen müssen, amtlich bekannt gegeben worden. Von diesem Zeitpunkt an richtet sich die Widerspruchsfrist regelmäßig nach den Vorschriften der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie Urteil vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182). Die vom Bundesverwaltungsgericht ursprünglich für das Baurecht bei unmittelbar benachbarten Grundstücken entwickelten Grundsätze werden aus dem zwischen Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis, das durch eine von Treu und Glauben geprägte Verbundenheit gekennzeichnet ist, hergeleitet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.). Dieses verpflichtet den Nachbarn, durch zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen möglichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst gering zu halten; der Nachbar muss dieser Verpflichtung dadurch nachkommen, dass er nach Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend macht, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er ohne zureichenden Grund mit seinen Einwendungen länger als notwendig zugewartet hat.
35 
Die Ableitung aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis bedingt, dass diese Grundsätze nicht nur für unmittelbar benachbarte Grundstücke anzuwenden sind (so ausdrücklich BVerwG, Beschluss vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85). Entscheidend ist allein, dass die Grundstücke derart nahe beieinander liegen, dass von einem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis und aus Treu und Glauben ableitbaren Bindungen gesprochen werden kann. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass diese Grundsätze für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gleichermaßen Geltung beanspruchen, da auch das Immissionsschutzrecht von einem Raumbezug geprägt ist und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 13 Satz 1 BImSchG im Rahmen der materiellen Konzentrationswirkung die Baugenehmigung ersetzt.
36 
Nach dem Rechtsgedanken der §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO ist der Nachbar regelmäßig so zu behandeln, als ob ihm die Genehmigung ohne Rechtsbehelfsbelehrung amtlich bekannt gemacht worden wäre. Es läuft daher grundsätzlich eine Widerspruchsfrist von einem Jahr ab dem Zeitpunkt, zu dem der Nachbar sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 87). Maßgeblich ist dabei nicht das Erkennen, sondern die Erkennbarkeit der Genehmigung bzw. der hierdurch verursachten Beeinträchtigung. Allein das Abstellen auf die Erkennbarkeit wird dem zwischen dem Bauherrn und dem Nachbarn bestehenden besonderen Gemeinschaftsverhältnis gerecht, das dem Nachbarn die Obliegenheit auferlegt, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder den Vermögensverlust möglichst niedrig zu halten, und der er dadurch nachzukommen hat, dass er nach Kenntnisnahme ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend zu machen hat (vgl. hierzu OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - juris).
37 
1.2.2 Zutreffend weist die Klägerin aber darauf hin, dass sich die Kenntnis bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigung beziehen muss, sondern es auf die Erkennbarkeit der spezifischen Risiken und Beeinträchtigungen für den Nachbarn ankommt. Zu Unrecht geht das Verwaltungsgericht in entscheidungstragender Weise unter Hinweis auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München (Urteil vom 06.10.2005 - M 11 K 04.2630 - juris) davon aus, dass allein auf die Kenntnisnahme bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme von der Baugenehmigung abzustellen ist, unabhängig davon, ob der Nachbar seine nachteilige Beeinträchtigung bei Ausnutzung der Genehmigung erkannt hat oder diese hätte erkennen müssen. Dies ergibt sich bereits mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut der herangezogenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, daneben aber auch aus den Ableitungszusammenhängen der oben dargestellten Rechtsprechung.
38 
So hebt das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 25.01.1974 (IV C 2.72 - a.a.O. - RdNr. 24 des Urteilsabdrucks bei juris) ausdrücklich auf ein Erkennen der Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen durch den Nachbarn ab. Gerade die Herleitung der Verpflichtung des Nachbarn aus Treu und Glauben und dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis gebietet es, nicht lediglich auf die Erteilung einer Baugenehmigung, sondern auf für den Nachbarn erkennbare hierdurch ausgelöste negative Beeinträchtigungen abzustellen. Denn eine aus Treu und Glauben herzuleitende Verpflichtung des Nachbarn zu aktivem Tun kann lediglich dann bestehen, wenn ihm nicht nur die Tatsache der Erteilung der Genehmigung bekannt wird, sondern auch deren Umfang und Folgen für seine Rechte zumindest erkennbar sind. Dafür spricht auch das Leitbild des § 58 Abs. 2 VwGO, da dem Nachbarn im dort ausdrücklich geregelten Fall die Baugenehmigung wegen der erfolgten Bekanntgabe vorliegt, wenn auch ohne die erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung. Fehl geht die vom Verwaltungsgericht angestellte Erwägung, dass der Nachbar bei Bekanntgabe der Genehmigung ebenfalls innerhalb der Jahresfrist Widerspruch einlegen muss, auch wenn er seine subjektive Beeinträchtigung daraus nicht erkennen kann. Das Verwaltungsgericht übersieht dabei, dass die Position des Nachbarn bei Bekanntgabe der Genehmigung deutlich besser als im hier in Rede stehenden Fall ist. Zum einen ist bereits die bloße förmliche Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mit einer gewissen Warnfunktion verbunden und gibt dem Mitteilungsempfänger Anlass, sich über eine hierdurch etwa ausgelöste nachteilige Betroffenheit zu informieren. Zum anderen kann - wie gerade auch der Inhalt der hier erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zeigt - der Nachbar aus der Begründung regelmäßig ohne großen Aufwand seine potentielle Beeinträchtigung unschwer erkennen.
39 
Auch in diesem Zusammenhang ist jedoch nicht erforderlich, dass der Nachbar die negative Beeinträchtigung tatsächlich erkannt hat; es genügt ebenfalls das „Kennenmüssen“. Davon ist zum einen auszugehen, wenn sich das Vorliegen der Genehmigung (einschließlich der subjektiven Beeinträchtigung) aufdrängt. Ferner ist ausreichend, wenn es dem Nachbarn möglich und zumutbar war, sich über diese Umstände Gewissheit zu verschaffen, etwa durch Anfrage beim Bauherrn oder der Behörde (vgl. näher Dolde/Porsch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Ergänzungslieferung April 2006, RdNr. 21 zu § 70 VwGO). Der Umfang der einem Nachbarn obliegenden Sorgfaltsanforderungen lässt sich dabei nicht abstrakt ermitteln. Insbesondere lässt sich ein Maßstab für die Ermittlungspflichten des Nachbarn nicht den Bestimmungen der §§ 58 Abs. 2, 70 VwGO entnehmen. Zwar läuft einerseits bei einer Bekanntgabe ohne Rechtsbehelfsbelehrung (d.h. bei Kenntnis von der Beeinträchtigung) eine Rechtsmittelfrist von einem Jahr, während andererseits dem Nachbarn trotz fehlender Kenntnis von der subjektiven Beeinträchtigung ebenfalls eine Jahresfrist eingeräumt und zudem die Erkundigung und Ermittlung vorausgesetzt wird. Dies gebietet es jedoch nicht zwingend, die Anforderungen an die Ermittlungspflicht generell gering anzusetzen. Denn die Einjahresfrist markiert im Rechtsbehelfsverfahren aus Gründen der Rechtssicherheit grundsätzlich - abgesehen von Unmöglichkeit der Rechtsbehelfseinlegung - eine absolute Grenze, vgl. §§ 58 Abs. 2, 60 Abs. 3, 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Somit kann dieser Zeitraum in jedem Fall sachgerecht auf Drittwidersprüche übertragen werden. Da die Verwaltungsgerichtsordnung den Fall des Nachbarwiderspruchs nicht regelt, muss es vielmehr maßgeblich auf die Herleitung der Rechtsgrundsätze aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis ankommen. Daraus folgt, dass auf die Besonderheiten des Einzelfalles abzustellen ist und sich der Umfang der Treuepflicht nach den jeweiligen rechtlichen und tatsächlichen Umständen richtet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.08.1987 - 4 N 3.86 - a.a.O.; sowie vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
40 
Wann ein Nachbar Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, hängt deshalb allein von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und ist aufgrund einer umfassenden Sachverhaltswürdigung zu beurteilen. Dabei ist maßgeblich auf die Sicht des Nachbarn abzuheben, lediglich untergeordnet kann auf die Interessen des Bauherrn abgestellt werden. Eine Ermittlungspflicht des Nachbarn besteht etwa, wenn sich eine Beeinträchtigung anhand des sichtbaren Baugeschehens aufdrängt. Ferner besteht eine Ermittlungspflicht, wenn eine Beeinträchtigung des Nachbarn aufgrund der Nutzung des eigenen Grundstücks wahrscheinlich ist. Je einfacher Informationen über das Bauvorhaben zugänglich sind, desto eher ist dem Nachbarn die Erkundigung zuzumuten. So hat die Rechtsprechung es teilweise ausreichen lassen, dass der Nachbar durch eine Mitteilung über die Erteilung der Baugenehmigung und den sichtbaren Beginn der Bauarbeiten Kenntnis über einen möglichen Eingriff in die zu schützende Rechtspositionen erlangt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.1991 - 4 C.89 - a.a.O.). Auch bei deutlich wahrnehmbaren Bauarbeiten solle es Anlass geben, der Frage nach der eigenen Beeinträchtigung nachzugehen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.12.2005 - 10 B 10.05 - a.a.O; ebenso OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - LKV 2001, 466).
41 
1.2.3 Entgegen der Auffassung der Berufung ist für den Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, außer der Untätigkeit des Nachbarn kein weiteres besonderes Umstandsmoment auf der Seite des Bauherrn erforderlich; unerheblich ist mithin, ob der Bauherr ein entsprechendes Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung entwickelt hat und dieses schutzwürdig ist. Hierfür spricht bereits, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - anders als in der Kommentarliteratur häufig behauptet - streng zwischen dem Verlust des verfahrensmäßigen Rechts, Widerspruch einzulegen, durch Fristablauf entsprechend den sich aus §§ 58, 70 VwGO ergebenden Grundsätzen auf der einen Seite und der Verwirkung des Widerspruchsrechts oder gar des materiellen Abwehranspruchs auf der andern Seite unterscheidet (so ausdrücklich bereits BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; ferner Beschluss vom 18.03.1988 - 4 B 50.88 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 77; Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.).
42 
Der Verlust des verfahrensmäßigen Rechts aufgrund von Zeitablauf und die Verwirkung des Widerspruchsrechts führen zwar zur gleichen Rechtsfolge (nämlich der Unzulässigkeit des Widerspruchs), auch wird sich ihr Anwendungsbereich häufig überschneiden. Die Rechtsinstitute stehen jedoch in unterschiedlichen Ableitungszusammenhängen und haben unterschiedliche Voraussetzungen. So kommt eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nach den Umständen des Einzelfalles auch bereits vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO in Betracht; eine Verwirkung hat jedoch zusätzlich zur Voraussetzung, dass der Genehmigungsempfänger aus aktivem Tun des Nachbarn oder einer ihm gleichzusetzenden Duldung auf dessen Einverständnis schließen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1989 - 4 B 28.89 - a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Klägerin können diese vom Bundesverwaltungsgericht für die Verwirkung aufgestellten zusätzlichen Anforderungen an die Vertrauensbetätigung des Bauherrn nicht auf die hier in Rede stehende Problematik der entsprechenden Anwendung von §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO übertragen werden. Gegenteiliges kann insbesondere nicht dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.05.1991 (4 C 4.89 - NVwZ 1991, 1182) entnommen werden; die von der Klägerin herangezogenen Passagen des Urteils beziehen sich nach ihrer systematischen Stellung eindeutig auf die Verwirkung des materiellen nachbarlichen Abwehrrechts. Die Auffassung der Klägerin beruht auf einer Vermischung der Voraussetzungen für Verlust des Widerspruchsrechts allein aufgrund von Zeitablauf in entsprechender Anwendung von §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO und den Voraussetzungen für eine Verwirkung entweder des verfahrensmäßigen Widerspruchsrechts oder des nachbarlichen Abwehranspruchs. Sie hätte darüber hinaus zur Folge, dass es kaum jemals zum Verlust des Widerspruchsrechts des Nachbarn kommen könnte. Denn die Berufung will dem Nachbarn in entsprechender Anwendung von § 58 Abs. 2 VwGO eine Widerspruchsmöglichkeit binnen Jahresfrist ab Erkennbarkeit der Baumaßnahmen einräumen und fordert darüber hinaus, dass der Bauherr gerade aufgrund der Untätigkeit des Nachbarn ein entsprechendes Vertrauen in den Bestand der Baugenehmigung entwickelt und auch betätigt hat, mithin die Untätigkeit des Nachbarn kausal für den Baufortschritt sein muss. Wie jedoch der vorliegende Fall zeigt, kann binnen eines Jahres auch ein umfangreiches Bauvorhaben fertiggestellt sein.
43 
1.2.4 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Widerspruch der Klägerin nicht verfristet. Es steht aufgrund der durchgeführten Beweiserhebungen durch Einnahme eines Augenscheins sowie durch Zeugenvernehmung des Bürgermeisters der Gemeinde ... fest, dass die Klägerin erstmals im April 2004 Kenntnis von der Beeinträchtigung durch das genehmigte Sprengstofflager erlangt hat. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen musste die Klägerin auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt im oben dargestellten Sinne nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt Kenntnis von der erteilten Genehmigung und der durch ihre Ausnutzung eintretenden Beeinträchtigungen erlangen.
44 
1.2.4.1 Fehl geht die Auffassung der Beigeladenen, dass die Klägerin bereits vor Beginn der Baumaßnahmen im Jahre 1995 Kenntnis von der geplanten Errichtung der Bunkeranlage erlangt habe bzw. hätte erlangen müssen. Wie oben näher dargestellt, setzt die zeitliche Beschränkung des Widerspruchsrechts nach § 70 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO ebenso wie die verfahrensrechtliche Verwirkung voraus, dass zuvor eine Genehmigung erteilt worden ist. Die maßgebliche Jahresfrist kann deshalb erst mit Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 10.08.1995 zu laufen beginnen. Die von der Beigeladenen aufgeworfene Frage einer Kenntniserlangung der Klägerin bereits im Jahre 1993 unter Hinweis auf einen Aktenvermerk des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23.09.1993 stellt sich deshalb nicht. Im Übrigen weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sich diesem Aktenvermerk (Anlage A 9 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 31.08.2005 im Widerspruchsverfahren) keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass Vertreter oder Mitarbeiter der Klägerin an der maßgeblichen Besprechung teilgenommen haben. Aus zeitlichen Gründen kann auch nicht auf die Veröffentlichung im gemeinsamen Mitteilungsblatt der Gemeinden ... und ... vom 16.06.1995 abgehoben werden, in der unter Ziff. 13 auf eine Sitzung des Technischen Ausschusses in ... zur Behandlung eines Antrags auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung eines Sprengstoffbunkers auf den maßgeblichen Flurstücken ... und ... im Gewann ... hingewiesen wurde. Auch diese Sitzung fand zu einem Zeitpunkt statt, als die Genehmigung noch nicht erteilt war und noch nicht über die Genehmigungsvoraussetzungen entschieden worden ist. Allenfalls bot diese amtliche Mitteilung im Zusammenhang mit weiteren tatsächlichen Gesichtspunkten Anlass, sich bei der veröffentlichenden Gemeinde oder der zuständigen Immissionsschutzbehörde über den weiteren Verlauf des Verfahrens und eine etwa in der Erteilung befindliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erkundigen (vgl. zur Relevanz von Pressemitteilungen auch OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 28.01.2000 - 3 B 67/99 - a.a.O.). Dies setzt jedoch voraus, dass die Klägerin aufgrund tatsächlicher Wahrnehmung von Baumaßnahmen Anlass gehabt hätte, weitergehende Erkundigungen zu einer etwa erteilten Genehmigung und deren Umfang anzustellen.
45 
1.2.4.2 Aufgrund der durchgeführten Beweiserhebung ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin auch nicht mit Baubeginn des Bunkers im November 1995 von der erteilten Genehmigung und deren Auswirkungen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Bei der nach dem oben Gesagten anzustellenden umfassenden Sachverhaltswürdigung ist aus der Sphäre des Bauherrn in erster Linie die Wahrnehmbarkeit des Baugeschehens zu berücksichtigen. Die Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich nicht in unmittelbarer Nachbarschaft; sie sind durch die B ... und eine Ansammlung von Laubbäumen voneinander getrennt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung am 15.11.2011 durchgeführten Augenscheins steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bereits zu Beginn der Baumaßnahmen in der 48. Kalenderwoche des Jahres 1995 nur eine sehr eingeschränkte Sichtverbindung zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Baugrundstück der Beigeladenen bestand, so dass die eigentlichen Baumaßnahmen und der Baufortschritt nicht zu erkennen waren. Wie im Termin am 15.11.2011 festgestellt und zwischen den Beteiligten im Einzelnen nicht mehr umstritten, bestand von der Geländeoberfläche des Grundstücks der Klägerin zum Zeitpunkt des Augenscheins keine Sichtbeziehung zum auf dem Grundstück der Beigeladenen errichteten Sprengstoffbunker. Selbst in direkter Blickrichtung vom Betriebsgelände der Klägerin in Richtung Westen war der Sprengstoffbunker nicht zu sehen, da die dazwischenliegenden Grundstücke jenseits der Bundesstraße mit hochstämmigen Streuobstbäumen sowie mit Büschen bepflanzt sind; die Streuobstbäume und Büsche waren zu diesem Zeitpunkt nur noch gering belaubt. Diese Sichtbeziehungen waren auch zum maßgeblichen Zeitpunkt im November 1995 nicht wesentlich anders. Zwar weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Streuobstbäume zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihre heutige Höhe erreicht haben dürften. Angesichts des Alters dieser Bäume von mehreren Jahrzehnten kann jedoch von ähnlichen Sichtverhältnissen ausgegangen werden, zumal die Sichtbeeinträchtigung bereits durch die Vielzahl der Baumstämme und nicht durch die konkrete Höhe der Bäume bedingt war. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Bundesstraße ... in ihrer heutigen Gestalt erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt im Jahre 1995 fertiggestellt wurde. Zum einen ist die erst später vierspurig ausgebaute Bundesstraße auch im Herbst 1995 bereits in Dammlage verlaufen. Dies lässt sich etwa den vom Regierungspräsidium im Widerspruchsverfahren eingeholten Querschnitten der Straßenbauverwaltung und den vom Senat beigezogenen Planfeststellungsakten entnehmen. Im Übrigen lässt sich die damalige Straßenführung auch anhand des von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 21.11.2005 vorgelegten Lichtbildes Nr. 4 nachvollziehen. Unabhängig hiervon ist die konkrete Trassenlage der B ... und die Frage einer Führung in Dammlage für die Sichtbeziehungen nicht erheblich, da der Sprengstoffbunker bei dem Augenschein selbst von dem Höhenniveau der Bundesstraße aus nicht zu erkennen war.
46 
Aufgrund des bei dem Augenschein gewonnenen Eindruckes und der von der Beigeladenen vorgelegten Lichtbilder steht deshalb fest, dass während der einjährigen Bauphase im wesentlichen lediglich der auf dem Grundstück der Beigeladenen aufstehende Kran zu sehen gewesen ist. Ferner spricht vieles dafür, dass vom Grundstück der Klägerin aus der Anfahrtsverkehr zur Baustelle, insbesondere die Anlieferung von Beton, wahrnehmbar war. Wie die Beigeladene unwidersprochen vorträgt, wurden auf dem dem Grundstück der Klägerin zugewandten ... Weg insgesamt 130 Fahrten mit Betonmischfahrzeugen abgewickelt; diese dürften vom Grundstück der Klägerin aus - wenn auch nur eingeschränkt - wahrnehmbar gewesen sein. Diese während der Bauphase bestehenden Beobachtungsmöglichkeiten führen entgegen der Auffassung der Widerspruchsbehörde und der Beigeladenen nicht dazu, von einer fahrlässigen Unkenntnis der Klägerin auszugehen. Zum einen ist die Anstoßwirkung dieser Maßnahmen hier aufgrund der konkreten topographischen Verhältnisse bereits deshalb erheblich reduziert, weil vom Grundstück der Klägerin aus gesehen nicht auszuschließen war, dass der Kran und der Baustellenverkehr von einer etwaigen Baustelle im südwestlich gelegenen Industriegebiet von ... herrührten. Zum anderen lassen sich aus den genannten Umständen nicht ausreichende Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung der Klägerin entnehmen. Die Masse des angelieferten Betons und die einjährige Benutzung eines üblichen Baukrans deuten allerdings auf ein ungewöhnlich großes Bauvorhaben hin. Da sich das Baugrundstück zudem im Außenbereich befindet, war es aus Sicht des Nachbarn naheliegend, dass ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 BauGB mit potenziell weitgehenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft errichtet wird. All diese Umstände geboten jedoch auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt für die Klägerin nicht den Schluss, dass ein immissionsschutzrechtlich genehmigter Sprengstoffbunker mit mehreren 100 Meter weit reichenden Abstandserfordernissen errichtet wurde. Je weniger ein Vorhaben dem üblichen Erwartungshorizont entspricht, d.h. je exotischer der verfolgte Nutzungszweck ist und je ungewöhnlicher das Ausmaß der Abstandsanforderungen an die Nachbarschaft sind, um so höher sind die Anforderungen an die Annahme anzusetzen, der von dem Vorhaben Betroffene müsste sich gleichwohl von sich aus die Kenntnis von der Natur des Vorhabens verschaffen. Von daher liegt es ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit der Genehmigungserteilung im vereinfachten Verfahren im wohlverstandenen eigenen Interesse der Genehmigungsbehörde und des Vorhabenträgers zur Vermeidung etwaiger - wie hier - erst viel später auftretender Konflikte um die Bestandskraft der Genehmigung jedenfalls die erkennbar unmittelbar betroffene Nachbarschaft über das Vorhaben zu informieren. Dem entspricht auf Seiten der Nachbarschaft eine gewisse berechtigte Erwartung einer wenigstens formlosen Unterrichtung über ein solches Vorhaben. Deshalb durfte die Klägerin gerade auch aufgrund des Umstandes, dass sie im Genehmigungsverfahren weder förmlich beteiligt noch angehört wurde, davon ausgehen, dass etwa wahrgenommene Baumaßnahmen sie nicht in eigenen Belangen tangieren können.
47 
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Errichtung des Sprengstoffbunkers jedenfalls von den höher gelegenen Betriebseinrichtungen auf dem Grundstück der Klägerin zu erkennen gewesen sein dürfte. Zum Zeitpunkt der Augenscheinseinnahme im Jahre 2011 war der Bunker ab einem Höhenniveau von etwa 15 m zu erkennen; zur Zeit der Errichtung dürfte die Erkennbarkeit eher noch besser gewesen sein. Zwar bestand nach dem Vortrag der Klägerin eine vergleichbare Möglichkeit zur Begehung von Betriebseinrichtungen auch bereits im Jahre 1995. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin, der mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang steht, werden derartige hochgelegenen Betriebseinrichtungen jedoch lediglich in größeren Intervallen von untergeordnetem technischen Personal betreten, woraus keine Erkenntnismöglichkeit für die maßgeblichen Bediensteten und insbesondere die vertretungsberechtigten Organe der Klägerin hergeleitet werden kann.
48 
1.2.4.3 Aus ähnlichen Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin auch nicht mit Beginn des Betriebs des Sprengstofflagers im Herbst 1996 Kenntnis von der Genehmigung erlangt hat bzw. diese hätte erlangen müssen. Zwar wurden die Aufschüttungen der Bunkerwände erst im November 1996 besät, so dass bei Aufnahme des Betriebs die später gewachsene Begrünung die Sicht auf den Bunker wohl noch nicht verdeckt haben dürfte und die hellen Bunkerwände deutlicher als zum Zeitpunkt des Augenscheins in Erscheinung getreten sind. Zudem liefern nach dem Vortrag der Beigeladenen rote bzw. orangefarbene Lastwagen die eingelagerten Sprengstoffe mit jährlich ca. 200 An- und Abfahrten an. Da aber die vorhandenen Bauten maximal eine Höhe von ca. 5 m erreichen, sind die Anhaltspunkte für eine subjektive Beeinträchtigung von Rechtsgütern Dritter aus Sicht der Klägerin geringer als während der Bauphase. Auch verläuft der für die An- und Abfahrten genutzte ... Weg vom Grundstück der Klägerin aus gesehen weitgehend verdeckt durch die Bäume der Streuobstwiese bzw. durch die in Dammlage geführte B ... Daraus folgt, dass für den Betrieb des Sprengstofflagers erst recht nicht von der Kenntnis der Klägerin ausgegangen werden kann, wenn das Kennenmüssen für die Bauphase wie oben verneint wird.
49 
1.2.4.4 Zu Unrecht geht die Beigeladene davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Beteiligung im Planfeststellungsverfahren zur Erweiterung der B ... Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. dem Sprengstofflager erlangt hat. Den vom Senat beigezogenen Akten des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum ergänzenden Planfeststellungsverfahren über den vierspurigen Ausbau der B ... zwischen ... und dem Anschluss an die BAB 5 lassen sich keinerlei Anhaltspunkte für die Behauptung der Beigeladenen entnehmen, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang Kenntnis von dem neuen Standort des Bunkers erlangt haben könnte. Ausweislich der Planfeststellungsakten kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Klägerin aktiv am Verfahren beteiligt oder Einsicht in die entsprechenden Unterlagen genommen hat. Im Übrigen lässt sich den Planfeststellungsakten lediglich entnehmen, dass die neu geplante Trassenführung Flächen des ursprünglichen Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ in Anspruch nimmt, ohne dass freilich in den Vorgängen der ins Auge gefasste neue Standort des Bunkers erwähnt wird. Weitergehende Anhaltspunkte für eine Kenntnis bzw. Kennenmüssen der Klägerin im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... ließen sich auch nicht durch die in der mündlichen Verhandlung am 14.05.2012 durchgeführte Befragung des Bürgermeisters der Gemeinde ..., Herrn ... ..., als Zeugen gewinnen. Vielmehr ließ sich der Zeuge in jeder Hinsicht glaubhaft und nachvollziehbar dahingehend ein, dass er im Zusammenhang mit dem Ausbau der B ... zwar mehrfach Gespräche mit den geschäftsführenden Gesellschaftern der Klägerin geführt habe. Im Mittelpunkt dieser Gespräche habe jedoch das von der Gemeinde verfolgte Anliegen gestanden, eine neue Nordzufahrt zu dem Grundstück der Klägerin zu schaffen, wogegen die Klägerin vor allem aus erschließungsbeitragsrechtlichen Gründen Einwände erhoben habe. Zwar habe er in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit der Verlegung des bestehenden Sprengstofflagers im Gewann „... ...“ am Rande hingewiesen; er könne jedoch mit hoher Sicherheit ausschließen, dass er gegenüber Organen oder Mitarbeitern der Klägerin den Zielstandort erwähnt habe. Ebenso führte der Zeuge überzeugend aus, dass in der öffentlichen Diskussion in ... zum fraglichen Zeitpunkt die Verlegung des Sprengstoffbunkers keine bedeutende Rolle gespielt habe, nicht zuletzt in Anbetracht wesentlich öffentlichkeitswirksamerer raum- und umweltbezogener Vorhabenplanungen.
50 
1.2.4.5 Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Organe bzw. Mitarbeiter der Klägerin oder der Firma ... ... ... aufgrund der Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages mit der Gemeinde ... vom 04.11.1996 Kenntnis von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erlangt haben. Den vorliegenden Behördenakten lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass im Rahmen der Verhandlungen zum Abschluss dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags das in der Vergangenheit genehmigte Sprengstofflager eine Rolle gespielt hat. Dies wurde durch die Zeugenvernehmung des Bürgermeisters ... in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Zeuge hat sich auch in diesem Zusammenhang glaubhaft dahingehend eingelassen, dass er gegenüber Organen und Mitarbeitern der Firma ... ... ... lediglich auf die Notwendigkeit einer Verlegung des Sprengstofflagers hingewiesen, nicht aber dessen neuen Standort thematisiert habe. Im Übrigen hat auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der diese bereits damals bei den Vertragsverhandlungen vertreten hat, versichert, dass ihm gegenüber die Existenz der Genehmigungen nicht erwähnt worden sei. Diese Versicherung des Prozessbevollmächtigten steht dabei nicht im Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen ..., da dieser glaubhaft angegeben hat, dass der Prozessbevollmächtigte an den ersten Verhandlungen zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht beteiligt gewesen sei. Da der Senat von der Richtigkeit der Erklärungen des Prozessbevollmächtigten überzeugt ist, war dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Antrag auf Zeugenvernehmung nicht mehr nachzugehen.
51 
1.2.4.6 Auch kann entgegen der Auffassung der Beigeladenen nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin aufgrund ihrer Mitwirkung im Verfahren über die Aufstellung des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ sowie über die parallele Fortschreibung des Flächennutzungsplans 2015 ... ... ... im Jahre 2001 von dem Sprengstofflager und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.08.1995 Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Insbesondere das von der Beigeladenen erwähnte Einwendungsschreiben und das Schreiben der IHK vom 12.11.2001 sind nicht an die Klägerin, sondern an die Stadt ... bzw. an die Firma ... ... ... gerichtet. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt von diesen Schreiben Kenntnis erlangt hat. Auch die Beigeladene legt nicht näher dar, dass der Klägerin diese Schreiben zugegangen sein könnten oder sie im Bebauungsplanverfahren anderweitige Kenntnis von der erteilten Genehmigung für den Sprengstoffbunker erlangt hat. Die von der Beigeladenen erwähnte abstrakt bestehende Möglichkeit, Einsicht in die Bebauungsplanakten zu nehmen und dadurch Kenntnis von der Baugenehmigung erhalten zu können, begründet noch keine entsprechende Nachforschungspflicht.
52 
Wie sich einem in der Widerspruchsakte befindlichen Schreiben der Firma ... GmbH vom 12.11.2001 entnehmen lässt, hat ein Mitarbeiter dieser Firma sich im Zuge des Flächennutzungsplanänderungsverfahrens beteiligt und auf ein am 06.11.2001 stattgefundenes Gespräch mit dem Bürgermeister der Gemeinde ... Bezug genommen. Die dabei von den Vertretern der Firma ... unterbreiteten konkreten Änderungsvorschläge bzw. Nachfragen zum Bebauungsplan deuten darauf hin, dass diese die Planunterlagen eingesehen und sich eingehend mit ihnen auseinandergesetzt haben. Dem Anschreiben lassen sich indes keinerlei Anhaltspunkte entnehmen, dass die Mitarbeiter der Firma ... dabei einen Hinweis auf die Existenz des bestehenden Bunkers und die erteilte Genehmigung erlangt haben. In Übereinstimmung hiermit hat der Zeuge ... in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, im Zuge des Bebauungsplanänderungsverfahrens in ständigem Kontakt mit Mitarbeitern der Firma ... bzw. der Klägerin gestanden zu haben; dabei seien die Belange der Klägerin auch anhand von Planauszügen erörtert worden. Auf entsprechende Nachfrage konnte der Zeuge ... jedoch bestätigen, dass Mitarbeiter der Klägerin bzw. der Firma ... oder deren Rechtsvorgängerin nicht Einsicht in die vollständigen Planunterlagen auf der Gemeindeverwaltung genommen haben.
53 
Nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Beweiserhebungen ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin - wie von ihr vorgetragen - erstmals im April 2004 Kenntnis von der erteilten Genehmigung des Sprengstofflagers und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen erlangt hat. Der am 11.05.2004 gegen die Genehmigung eingelegte Widerspruch ist nach dem oben Gesagten rechtzeitig erfolgt, da er die Jahresfrist des §§ 70, 58 Abs. 2 VwGO wahrt.
54 
1.3 Aus diesen Darlegungen folgt zugleich, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Klägerin ihr verfahrensmäßiges Recht zur Widerspruchseinlegung nicht verwirkt hat. Denn die Verwirkung dieses verfahrensmäßigen Rechts setzt jedenfalls die Erkennbarkeit der Baumaßnahmen voraus. Daneben muss nach dem oben Gesagten ein entsprechendes Umstandsmoment auf der Seite der Beigeladenen bestehen, das die verspätete Wahrnehmung des Rechts als Verstoß gegen Treue und Glauben erscheinen lässt. Letzteres bedarf hier keiner weiteren Klärung, da es bereits an der entsprechenden Erkennbarkeit der Baumaßnahmen und der dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen für die Klägerin fehlt.
55 
1.4 Entgegen der Annahme der Beigeladenen fehlt der Klägerin nicht die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis.
56 
Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO ist erforderlich, dass eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten geltend gemacht wird. Die erteilte Genehmigung muss gegen eine Norm verstoßen, die zumindest auch rechtliche Interessen der Klägerin zu schützen bestimmt ist. Ausreichend ist dabei, wenn die Verletzung der drittschützenden Norm durch den angefochtenen Verwaltungsakt möglich erscheint. Die Pflicht des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist nach ständiger Rechtsprechung für Nachbarn drittschützend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.09.1988 - 4 N 1/87 - BVerwGE 80, 184; BVerwG, Urteil vom 11.12.2003 - 7 C 19.02 - BVerwGE 119, 329; Dietlein in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 5 BImSchG RdNr. 87 f.). Deren Belange müssen in einer allgemeinen Güterabwägung bei Erteilung der Genehmigung berücksichtigt werden. Nachbar im immissionsschutzrechtlichen Sinne ist, wer sich im Einwirkungsbereich der Anlage, d.h. in einem Bereich, in dem die Immissionen nach Art und Umfang einzelne Personen hervorgehoben treffen können, ständig aufhält oder Rechte an dort befindlichen Sachen inne hat (BVerwG, Urteil vom 22.10.1982 - 7 C 50.78 - NJW 1983, 1507). Der wegen der Sprengstofflager einzuhaltende Schutzabstand zu Wohngebäuden bzw. zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden überschneidet sich zum Teil mit dem Grundstücksbereich der Klägerin, auf dem bauplanungsrechtlich eine Nutzung als Sondergebiet festgesetzt ist. Bei dieser Betrachtung ist es nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin danach grundsätzlich zur Überbauung des gesamten Grundstücks berechtigt wäre.
57 
Fehl geht der Einwand der Beigeladenen, wonach die Klägerin als Grundstückseigentümerin nicht klagebefugt sei, sondern allenfalls sich die Firma ... ... ... als Inhaberin der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in einer wehrfähigen Rechtsposition befinde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Bauplanungsrecht wie auch im Immissionsschutzrecht grundsätzlich der Eigentümer klagebefugt, soweit er sich auf drittschützende Normen berufen kann. Unerheblich ist deshalb in diesem Zusammenhang, ob darüber hinaus auch die Firma ... als Rechtsnachfolgerin der Firma ... ... ... als Inhaberin einer möglicherweise verletzten anderweitigen Genehmigung klagebefugt ist (vgl. zu diesem Problemkreis m.w.N. Happ in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, a.a.O., RdNr. 121 zu § 42 VwGO). Nicht zu folgen vermag der Senat auch der von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren geäußerten Auffassung, dass die Klägerin aufgrund der Vorbelastung ihres Grundstücks durch die im Jahre 1953 bzw. 1958 erteilten Genehmigungen für den Vorgängersprengstoffbunker im Gewann „... ...“ in der Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke der Gestalt eingeschränkt sei, dass eine eigene Rechtsverletzung auszuschließen ist. An die Möglichkeit einer Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO sind nach ständiger Rechtsprechung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich aber auch ausreichend ist, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte nicht bestehen oder ihm nicht zustehen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215; Happ in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 93 zu § 42 VwGO - m.w.N.). Davon kann angesichts der komplexen Problematik der Auswirkungen einer etwa bestehenden Vorbelastung aufgrund der in den 60iger Jahren genehmigten Altanlage keine Rede sein.
58 
1.5 Der Klägerin steht auch das erforderliche allgemeine Rechtsschutzinteresse für die erhobene Anfechtungsklage gegen die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu, obwohl der Betrieb des Spanplattenwerkes im Jahre 2010 eingestellt wurde. Zum einen lässt die Einstellung des Betriebs den Bestand der für die Spanplattenfabrik erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unberührt. Denn diese erlischt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG erst dann, wenn die Anlage während eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben wurde. Zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind die Klägerin bzw. die Firma ... GmbH deshalb noch in der Lage, von der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Gebrauch zu machen. Zum anderen ergibt sich das fortbestehende Rechtsschutzinteresse der Klägerin aus den Festsetzungen des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“, der für die von dem Sicherheitsabstand überdeckten Flächen eine bauplanungsgemäße Nutzung ermöglicht. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse fehlt indes nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann; die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.2004 - 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1). Danach hat die Klägerin hier ein schutzwürdiges Interesse an der verfolgten Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Sprengstoffbunker unabhängig davon, ob das genehmigte Spanplattenwerk derzeit betrieben wird.
59 
Nach alldem ist die Klage entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zulässig.
60 
2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Landratsamts ... vom 10.08.1995 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in eigenen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Maßgeblich ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ergehens der letzten Behördenentscheidung (dazu unter 2.1). Zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG, nicht nach speziellerem Sprengstoffrecht (dazu unter 2.2). Die erteilte Genehmigung für das Sprengstofflager steht mit den materiell-rechtlichen Vorgaben des § 4 BImSchG und den in diesem Zusammenhang zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht in Einklang (dazu unter 2.3). Schließlich ist der materiell-rechtliche Abwehranspruch der Klägerin gegen das Vorhaben nicht verwirkt (dazu unter 2.4).
61 
2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Erlass der letzten Behördenentscheidung, mithin des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006.
62 
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach dem Prozessrecht, sondern richtet sich nach dem jeweiligen materiellen Recht. Im Zweifel ist bei Anfechtungsklagen der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich (im Grundsatz ständige Rechtsprechung, siehe etwa BVerwG, Urteil vom 06.04.2000 - 3 C 6.99 - DVBl. 2000, 1614). Diese Grundsätze sind insbesondere auch bei der hier in Rede stehenden Drittanfechtungsklage gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung maßgeblich. Entgegen einer in der verwaltungsprozessualen Literatur weithin vertretenen Auffassung (vgl. so etwa Jörg Schmidt in: Eyermann, a.a.O., RdNr. 58 zu § 113 VwGO) können die für nachteilige Veränderungen der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen entwickelten Grundsätze nicht auf immissionsschutzrechtliche Drittanfechtungsklagen übertragen werden. Maßgeblich für die Beurteilung der Baunachbarklage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung unter Ausschluss der Berücksichtigung späterer Änderungen zu Gunsten des Nachbarn, selbst vor Ergehen des Widerspruchsbescheides (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 08.11.2010 - 4 B 43.10 - BauR 2011, 499 - m.w.N.). Angesichts der andersartigen Funktion des Immissionsschutzrechts gegenüber dem Baugenehmigungsverfahren sind diese baurechtlichen Grundsätze auf das Immissionsschutzrecht nicht übertragbar (vgl. etwa VG Gießen, Urteil vom 23.07.1999 - 8 E 1215.98 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2011 - OVG 10 N 39.08 - juris; ähnlich BVerwG, Beschluss vom 10.01.1991 - 7 B 102.90 - NVwZ-RR 1991, 236). Dem Immissionsschutzrecht ist die Abwehr qualitativ andersartiger und schwerer wiegender Gefahrenlagen als im Baurecht eigen. Zudem werden in § 5 BImSchG dynamische Grundpflichten statuiert, die dem Ziel dienen, den Anlagenbetreiber nicht auf die Pflichten zu beschränken, die er im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung hatte. Ferner gibt es im Immissionsschutzrecht - im Gegensatz zum Baurecht - keinen Grundsatz dahingehend, dass einem Antragsteller eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderung im Allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen sind (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18.05.1982 - 7 C 42.80 - BVerwGE 65, 313). Die baurechtlichen Grundsätze können daher auch dann nicht auf das Immissionsschutzrecht übertragen werden, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit einer Anlage - wie hier - vornehmlich an baurechtlichen Normen zu prüfen ist. Abzustellen ist deshalb auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 02.08.2006, ohne dass danach zu differenzieren ist, ob etwaige Rechtsänderungen zu Ungunsten der Beigeladenen eingetreten sind. Dies hat insbesondere zur Konsequenz, dass nachfolgend auch das Inkrafttreten des Bebauungsplans „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 zu berücksichtigen ist.
63 
2.2 Zum nach dem oben Gesagten maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums am 02.08.2006 richtete sich die Genehmigungsfähigkeit des Sprengstofflagers nach der allgemeineren Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. Ziff. 9.35 - Spalte 2 - des Anhangs zur 4. BImSchV, nicht nach der spezielleren Norm des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SprengG (in der Fassung vom 15.06.2005, BGBl. I S. 1626). Das Verhältnis zwischen der immissionsschutzrechtlichen und der sprengstoffrechtlichen Genehmigung regelt § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG a.F. nur partiell. Danach ist die sprengstoffrechtliche Genehmigung für solche Sprengstofflager subsidiär, die Bestandteil einer Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind. Es handelt sich vorliegend indes um ein selbständiges Lager und nicht um Bestandteile einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung ist die ungeregelte Kollision der Genehmigungsverfahren nicht entsprechend der konkurrierende Planfeststellungserfordernisse regelnden Bestimmung des § 78 Abs. 2 LVwVfG zu lösen. Danach ist die Genehmigung mit dem weitesten Prüfungsumfang vorrangig (vgl. etwa Odendahl, NVwZ 2002, 686, 687; offengelassen etwa von OVG Berlin, Beschluss vom 20.10.2000 - 2 S 9.00 - juris). Richtigerweise muss § 17 Abs. 1 Satz 3 BImSchG erst recht gelten, wenn das Lager selbst immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist (so etwa auch Jarass, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 13 RdNr. 6 a). Der Zuständigkeitsabgrenzung in § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass die Prüfung sprengstoffrechtlicher Gefährdungen durch die umfassendere Prüfung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens besser erfasst wird. Dieser Auffassung entspricht auch die novellierte Fassung von § 17 Abs. 1 Satz 3 SprengG mit Wirkung zum 01.03.2010 (Gesetz vom 11.08.2009, BGBl. I, S. 2723). Die Änderung ist ausweislich der Gesetzesmaterialien als bloße Klarstellung zu verstehen (Gesetzentwurf zur Bereinigung des Bundesrechts im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Rechtsbereinigungsgesetz Umwelt - RGU - BT-Drs. 16/12277, S. 11). Somit ist dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 4 BImSchG Priorität einzuräumen.
64 
2.3 Die Voraussetzungen für die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 4 BImSchG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht vor. Zwar war das vereinfachte Genehmigungsverfahren gemäß § 19 BImSchG zulässig, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. c i.V.m. Nr. 9.35 Spalte 2 des Anhangs der 4. BImSchV sowie § 3 b Abs. 1 UVPG, Ziff. 10.1 und 10.2 Anhang I). Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen lagen indes nicht vor. Die Genehmigung ist gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn die sich aus § 5 ergebenden Anforderungen erfüllt sind und dem nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen. Danach - ferner auch in Folge der Konzentrationswirkung des § 13 Satz 1 BImSchG - erstreckt sich die immissionsschutzrechtliche Prüfung auch auf Normen des Sprengstoffgesetzes (dazu unter 2.3.1) und des Baugesetzbuchs (dazu unter 2.3.2).
65 
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG muss sichergestellt sein, dass die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG müssen genehmigungsbedürftige Anlagen so errichtet und betrieben werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Aus dem Begriff der Erheblichkeit folgt, dass unzumutbare Beeinträchtigungen vermieden werden sollen. Es ist eine Abwägung von Rechtsgütern des Anlagenbetreibers einerseits und der Nachbarschaft andererseits vorzunehmen. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist, soweit er die „Nachbarschaft“ vor schädlichen Umwelteinwirkungen schützt, daher eine spezielle gesetzliche Ausprägung des Rücksichtnahmegebots (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Folglich entspricht der Schutz des Nachbarn durch Bauplanungsrecht dem durch die immissionsschutzrechtlichen Normen vermittelten Schutz (BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58). Soweit sich ein Nachbar auf sprengstoffrechtliche Vorschriften berufen kann, ist dies in gleicher Weise im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zu beachten. Ein Verstoß gegen nachbarschützende Regelungen des Baugesetzbuchs oder Sprengstoffgesetzes bedingt folglich zugleich einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG.
66 
2.3.1 Die erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung verstößt bei isolierter Betrachtung nicht gegen die Anforderungen des Sprengstoffgesetzes.
67 
Nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 SprengG ist eine sprengstoffrechtliche Genehmigung zu versagen, wenn keine Vorsorge gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter Beschäftigter oder Dritter, insbesondere durch die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Maßnahmen, getroffen werden. Was in Bezug auf die Aufbewahrung von explosionsgefährdeten Stoffen Stand der Technik ist, wird nach § 6 Abs. 2 SprengG durch den Anhang zu § 2 der 2. SprengV (i.d.F. der Bekanntmachung vom 10.09.2002, BGBl. I, S. 3543) bestimmt, vgl. §§ 1, 2 Abs. 1 SprengV.
68 
Welche - für den Nachbarschutz relevanten - Schutzabstände einzuhalten sind, regelt Ziff. 2.2.2 Absatz 1 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV. Für Abstände zu Wohnbereichen und Verkehrswegen verweist die Vorschrift auf die Anlage 1 zum Anhang. Gemäß Ziff. 1.12 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV stehen Gebäude und Anlagen mit Räumen, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Personen bestimmt und geeignet sind, bewohnten Gebäuden gleich. Gemäß Ziff. 2.1 der Anlage 1 zum Anhang ist für die Lagergruppe 1.1 betreffend der Abstände zu Wohneinheiten die Formel E = 22 x M1/3 und zu Verkehrswegen die Formel E = 15 x M1/3 einzuhalten. E bezeichnet den kürzesten Abstand in Meter, M die Lagermenge in Kilogramm. Nach der ursprünglich erteilten Genehmigung dürfen in den Lagerbunkern jeweils 25 t Explosivstoffe und Gegenstände mit Explosivstoffen der Lagergruppen 1.1, 1.3 und 1.4 eingelagert werden. Da die Lagergruppe 1.1 von den genannten den größten Sicherheitsabstand erfordert, ist gemäß Ziff. 2.2.2 Abs. 4 des Anhangs zu § 2 der 2. SprengV die Formel für diese auf die Gesamtmasse anzuwenden. Somit ist ein Sicherheitsabstand von 643,28 m (Abstand zu Wohngebäuden) und von 438,6 m (Abstand zu Verkehrsflächen) einzuhalten.
69 
Jedoch hat die Immissionsschutzbehörde eine Ausnahme nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 der 2. SprengV (a.F.) in der Genehmigung des Vorhabens zugelassen. Nach dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde auf schriftlichen Antrag Ausnahmen von den Vorschriften des Anhangs zu dieser Verordnung zulassen, wenn eine andere, ebenso wirksame Maßnahme getroffen wird. Aus der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 05.10.2005 sowie der ergänzenden Auskunft vom 24.01.2007 ergibt sich, dass Grundlage der oben genannten Formel die Annahme ist, die Druckwelle bei einer etwaigen Explosion werde sich gleichmäßig ausbreiten. Durch Seiten- und Rückwände aus Stahlbeton oder eine Erdüberschüttung der Bunker ließen sich jedoch die Auswirkungen einer Detonation vermindern. Da diese Ausführung aber nicht bei der Bemessung des gesetzlichen Schutzabstandes herangezogen wurde, könne die Formel K = 13,5 x M1/3 angewendet werden. Daraus ergibt sich ein Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden. Auf diese Formel stützt sich bereits das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.04.1995 (S. 5); zugleich wurde zu Verkehrswegen mit dem Faktor 9,2 ein Schutzabstand von 269 m errechnet. Dass die Genehmigungsbehörde sich zunächst auf § 3 Abs. 2 der 2. SprengV ( a.F.) berufen hatte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin unschädlich. Denn das Gutachten der Bundesanstalt für Materialforschung wurde ausdrücklich zum Bestandteil der Genehmigung gemacht. Diesem Gutachten lag aber bereits die genannte Formel mit einem Faktor von 13,5 zugrunde, so dass der Genehmigung die notwendigen Erwägungen für die Gestattung einer Ausnahme zugrunde liegen. Dadurch sind die nach dem Stand der Technik erforderlichen Schutzabstände zu den tatsächlich auf dem Grundstück der Klägerin vorhandenen Gebäuden gewahrt. Die Genehmigung steht insoweit mit § 17 Abs. 1 SprengG in Einklang.
70 
2.3.2 Die Genehmigung verstößt jedoch gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
71 
2.3.2.1 Welche Immissionen für Nachbarn im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zumutbar sind, ergibt sich nicht primär aus den tatsächlichen Gegebenheiten des Gebiets, sondern vor allem aus infolge von planungsrechtlichen Vorgaben möglichen Nutzungen (BVerwG, Urteil vom 22.03.1985 - 4 C 63.80 - BVerwGE 71, 150; Urteil vom 24.04.1991 - 7 C 12.90 - BVerwGE 88, 143; BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246). Unzumutbar und damit erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind die Immissionen und sonstigen Gefahren, die mit den für den Einwirkungsort geltenden nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans unvereinbar sind. Mit dem Inkrafttreten des maßgeblichen Bebauungsplans erlangen die Eigentümer der Grundstücke im Plangebiet eine Position, aufgrund derer sie darauf vertrauen können, dass eine nachfolgende heranrückende bauliche Nutzung auf Nachbargrundstücken auf die nach dem Bebauungsplan einmal gegebene Nutzbarkeit ihrer Grundstücke Rücksicht nehmen muss. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob die Grundstücke später tatsächlich entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans bebaut und genutzt werden, oder ob für die Bebauung und Nutzungen Ausnahmen und Befreiungen erteilt worden sind, denn der Eigentümer eines Grundstücks in einem festgesetzten Bebauungsplangebiet kann allgemein darauf vertrauen, dass spätere Planungen und Baugenehmigungserteilungen die erforderliche Rücksicht auf das - insgesamt schutzbedürftige und schutzwürdige - festgesetzte Baugebiet nehmen werden. Mit der Anerkennung des Bebauungsplans als normative Bestimmung der Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft im Einwirkungsbereich emittierender Anlagen gewährleistet das Immissionsschutzrecht, dass der Bebauungsplan die ihm in § 1 BauGB zugedachte Aufgabe erfüllen kann, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu erreichen und dauerhaft zu sichern. Würde das Immissionsschutzrecht die Schutzwürdigkeit im Regelfall nach der tatsächlichen baulichen Nutzung bestimmen, stünde dies im Widerspruch zu den Zielen des Baugesetzbuchs (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Entscheidend ist deshalb, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.08.1995 Festsetzungen von Bebauungsplänen verletzt. Da nach dem oben Gesagten maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung über die Drittanfechtungsklage der der letzten Verwaltungsentscheidung ist, kommt es - soweit dieser wirksam ist - auf den am 20.05.2005 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ an.
72 
2.3.2.2 Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück der Klägerin ein Sondergebiet (SO1) im Sinne von § 9 a BauGB, § 11 Abs. 2 BauNVO fest. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB wurden zudem in dem der B... nächstgelegenen Teil A die Nutzung „Silos für Sägespäne“, im Teil B „Spanplattenwerk Lagerhaltung, Veredelung (einschließlich Schleifen), Vertrieb und Verwaltung“ und im Übrigen „Spanplattenwerk Lagerflächen, einschließlich Hacker- und Förderanlagen, Lkw-Parkplatz-Anlage, einschließlich Waage und Gebäude mit Sanitär- und Aufenthaltsräumen, Pförtnerloge“ festgesetzt. Der sprengstoffrechtlich erforderliche Schutzabstand von 395 m zu Wohngebäuden verhindert jedenfalls die nach dem Bebauungsplan zulässige Nutzung des Grundstücksteils B für Vertrieb und Verwaltung, soweit ständige Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen. Wie sich der Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung vom 24.01.2007 entnehmen lässt, ist nach der Auffassung der Fachbehörde auch eine bebauungsplangerechte Nutzung des als Teil A bezeichneten Geländes erheblich eingeschränkt.
73 
Der Umfang der zulässigen Bebauung wird durch den Hinweis unter C. Ziff. 7 im Bebauungsplan nicht eingeschränkt. Denn rechtsverbindliche Wirkung haben lediglich Festsetzungen im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB, wohingegen der Begründung des Bebauungsplans (§ 9 Abs. 8 BauGB) kein Satzungscharakter zukommt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 97. Ergänzungslieferung 2010, § 9 RdNr. 6). Während die Festsetzungen die zulässigen Vorhaben rechtsverbindlich einschränken und konkretisieren, dient die Begründung lediglich der Erläuterung und der Überprüfbarkeit des Abwägungsprozesses. Der Hinweis enthält jedoch keine Regelung zur Umschreibung der zulässigen Bauvorhaben. Er verweist lediglich auf Beschränkungen, die sich aus Umständen ergeben, welche außerhalb des Bebauungsplans liegen. Der Hinweis steht daher der Erläuterung und Begründung näher. Die Begründung kann aber nicht die rechtsverbindlichen Bebauungsplanfestsetzungen aushebeln. Folglich schränkt die Genehmigung des Sprengstofflagers die grundsätzlich zulässige Nutzung des Grundstücks der Klägerin ein.
74 
2.3.2.3 Der maßgebliche Bebauungsplan „Gewerbegebiete an der B ... und Sondergebiet Spanplattenwerk“ vom 20.05.2005 ist wirksam; er verstößt weder gegen das Gebot der Erforderlichkeit der Planung noch gegen das Abwägungsgebot.
75 
Der Bebauungsplan ist nicht wegen Verstoßes gegen das in § 1 Abs. 3 BauGB normierte Gebot der Erforderlichkeit nichtig. Die Gemeinde darf keinen Bebauungsplan aufstellen, der aus Rechtsgründen nicht vollzugsfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 12.08.1999 - 4 CN 4.98 - a.a.O.). Davon ist auszugehen, wenn die Realisierung des Bebauungsplans zwangsläufig an rechtlichen Hindernissen scheitern müsste. Demgegenüber ist der Bebauungsplan vollzugsfähig und wirksam, wenn die Konflikte durch angemessene Auflagen oder sonstige Beschränkungen überwunden werden können. Die Festsetzung des Gebiets scheitert nicht in ihrer Gesamtheit. Lediglich ein Teilabschnitt der Fläche, die als Sondergebiet ausgewiesen ist, kann nicht wie im Bebauungsplan vorgesehen ausgenutzt werden. Es handelt sich somit um eine Beschränkung und nicht um eine Aufhebung der Vollzugsfähigkeit. Daher bleibt die Festsetzung im Bebauungsplan erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB.
76 
Der Bebauungsplan verstößt auch nicht gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB. Dies wäre der Fall, wenn im Rahmen der planerischen Abwägung die Schutzwürdigkeit der auf dem Grundstück der Klägerin zulässigen Bebauung verkannt und damit falsch beurteilt worden ist. Die Schutzabstände des Sprengstofflagers waren auch dann zu berücksichtigen, wenn dessen Genehmigung rechtswidrig erfolgt sein sollte. Denn für die Bauleitplanung sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich (vgl. Söfker, a.a.O., § 1 RdNr. 193). Die Unvereinbarkeit von zum Daueraufenthalt bestimmten Betriebsgebäuden im Gebiet SO1 und der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der Beigeladenen wurde zwar im Bebauungsplanverfahren behandelt. Dieser Umstand hat jedoch in den rechtsverbindlichen Festsetzungen keinen Eingang gefunden. Die Konfliktlage spiegelt sich nicht im Abwägungsergebnis wieder.
77 
Es ist jedoch in Grenzen zulässig, die Lösung von Konflikten nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu überlassen (Konfliktverlagerung). Die planende Gemeinde darf auf eine abschließende Konfliktlösung im Bebauungsplan verzichten, wenn diese außerhalb des Planverfahrens im Rahmen der Verwirklichung der Planung sichergestellt und zu erwarten ist. Dafür muss jedoch eine sachgerechte Konfliktlösung durch die Behörde hinreichend sicher abschätzbar sein. Bleibt das Problem zu Lasten des Betroffenen ungelöst, ist das Gebot der umfassenden Konfliktlösung verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.03.1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30; Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - BVerwGE 69, 30). Dem liegt zugrunde, dass eine Überfrachtung des Bebauungsplans vermieden werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.02.1984 - 4 B 191.83 - a.a.O.). Wie sich aus dem vorgenannten Hinweis C im Bebauungsplan ergibt, ging die Gemeinde ... aufgrund der Stellungnahme des Gewerbeaufsichtsamts ... per E-Mail vom 26.04.2004 davon aus, dass dem Schutzabstand uneingeschränkt Vorrang einzuräumen ist. Dieser sei sodann im Genehmigungsverfahren wegen § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu berücksichtigen. Folglich durfte die Gemeinde damit rechnen, dass der Konflikt sachgemäß im Genehmigungsverfahren zu lösen ist. Ferner hat die Gemeinde durch den Verzicht auf die Festsetzung eines Schutzabstands dem Vertrauensschutz der Klägerin Rechnung getragen. Zwar besteht kein Anspruch auf Aufstellung und Bewahrung eines Bebauungsplans (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB); jedoch hat die vorherige Überplanung der Grundstücke durch den Bebauungsplan von 1983 in den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB Eingang zu finden. Der Bebauungsplan ist somit nicht wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot unwirksam.
78 
2.3.2.4 Entgegen der Auffassung der Beigeladenen und des Beklagten werden die durch den Bebauungsplan eingeräumten Rechte zu Gunsten der Klägerin nicht infolge einer Vorbelastung ihres Grundstücks eingeschränkt. Der im Gesetz unerwähnte Begriff der Vorbelastung wurde zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unzumutbaren Beeinträchtigung entwickelt (BVerwG, Urteil vom 21.05.1976 - IV C 80.74 - BVerwGE 51, 15). Aufgrund bestehender Umwelteinflüsse kann sich das Maß des für Nachbarn Zumutbaren verändern. Vorliegend könnte daran gedacht werden, dass das Grundstück der Klägerin schon immer mit den Schutzabständen zu den Sprengstoffbunkern belastet war. Wie die Beigeladene im Widerspruchsverfahren darlegte, betrieb sie in der Vergangenheit auf der Grundlage von Gestattungen aus dem Jahre 1953 bzw. 1957 ein Sprengstofflager im Gewann „... ...“, welches ebenfalls mit erheblichen Abstandsanforderungen verbunden gewesen sein dürfte. Somit dürfte die Ausnutzbarkeit des Grundstücks der Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vorgängerbebauungsplanes aus dem Jahre 1983 eingeschränkt gewesen sein.
79 
Selbst wenn der Bebauungsplan im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung der zu dem ehemaligen Sprengstofflager einzuhaltenden Abstände an einem Abwägungsfehler litte, wäre dieser jedoch unbeachtlich. Nach § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB finden die derzeit geltenden Vorschriften zur Planerhaltung grundsätzlich rückwirkend auf Bebauungspläne Anwendung, die auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. BBauG in Kraft getreten sind. Darüber hinaus sind gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB für vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung in Kraft getretene Flächennutzungspläne und Satzungen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und von sonstigen Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden. Daraus folgt, dass insbesondere bei Abwägungsmängeln nicht nur die §§ 214, 215 BauGB in ihrer derzeitigen Fassungen gelten, sondern dass frühere Regelungen fortgelten.
80 
Maßgeblich für die vor dem Inkrafttreten des Baugesetzbuches zum 01.07.1987 bekannt gemachten Bebauungspläne bleibt daher die Überleitungsvorschrift des § 244 Abs. 2 BauGB 1978 (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.1998 - 4 BN 50.98 - Buchholz 406.11 § 244 BauGB Nr. 3). Nach dieser Vorschrift sind Mängel der Abwägung von Flächennutzungsplänen und Satzungen, die vor dem 01.07.1987 bekannt gemacht worden sind, unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren nach dem 01.07.1987 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind, wobei der Sachverhalt, der die Mängel begründen soll, darzulegen ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 244 Abs. 2 BauGB 1987 durch das Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG - gestrichen wurde. Die Aufhebung der Vorschrift erfolgte, da sie nach Auffassung des Gesetzgebers ihren Zweck erfüllt hatte. Der Geltungsanspruch der Vorschrift sollte nicht rückwirkend entfallen. Dies ergibt sich im Übrigen aus § 233 Abs. 3 BauGB, wonach auf der Grundlage bisheriger Fassungen des BauGB bzw. des BBauG wirksame oder übergeleitete Pläne, Satzungen und Entscheidungen fortgelten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.1999 - 8 S 1625/99 - VBlBW 2000, 394). Für den vor dem 01.07.1987 bekanntgemachten Bebauungsplan „...-...“ sind danach nur Abwägungsmängel beachtlich, die vor dem 01.07.1994 geltend gemacht worden sind. Da die von der Beigeladenen im Widerspruchsverfahren behauptete Nichtberücksichtigung der Sicherheitsabstände zu dem ehemaligen Sprengstofflager bisher nicht gegenüber der planenden Gemeinde geltend gemacht worden ist, wäre ein entsprechender Abwägungsmangel gemäß § 244 Abs. 2 BauGB a.F. i.V.m. § 233 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 BauGB unbeachtlich und würde nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans führen.
81 
Unabhängig hiervon war zum maßgeblichen Zeitpunkt eine Vorbelastung durch etwa einzuhaltende Sicherheitsabstände zum ehemaligen Sprengstofflager im Gewann „... ...“ entfallen. Denn dessen Genehmigung erlosch gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, weil die Vorgängeranlage nach Verlegung an den heutigen Standort für einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden war.
82 
2.4 Nach dem oben unter 1.2 Ausgeführten scheidet hier die materiell-rechtliche Verwirkung des nachbarschützenden Abwehranspruchs gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 25.01.1974 - IV C 2.72 - a.a.O.; sowie vom 16.05.1991 - 4 C 4.89 - a.a.O.). Dieses Rechtsinstitut setzt neben einem Zeitablauf seit der Entstehung des Rechts voraus, dass besondere Umstände die Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolge dessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung). Eine materiell-rechtliche Verwirkung scheidet hier bereits deshalb aus, weil nach dem oben Gesagten die Klägerin auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt keine Kenntnis von dem Bauvorhaben und den dadurch ausgelösten Beeinträchtigungen hat erlangen müssen.
83 
Nach alldem hat die Berufung der Klägerin auch in der Sache Erfolg.
84 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.
85 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere ist in der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fallübergreifend abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen sich ein Nachbar in Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO so behandeln lassen muss, als ob ihm eine Genehmigung zugestellt worden wäre.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.