Verwaltungsgericht München Beschluss, 23. Apr. 2014 - 21 S 14.30537
Gericht
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Februar 2014 (Gesch.-Z. ...) angeordnete Abschiebung nach Italien wird angeordnet.
II.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Der nach eigenen Angaben aus Nigeria stammende Antragsteller, der gegenüber deutschen Behörden bislang keinen Pass bzw. Personalausweis vorgelegt hat, gab am ... Februar 2013 gegenüber der Regierung ... (Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber ...) an, er sei am ... 1995 geboren (Bl. 37 der Asylverfahrensakte). Auf einer mitgeführten italienischen Aufenthaltserlaubnis vom ... Oktober 2012 (Bl. 38 der Asylverfahrensakte) wird der Antragsteller ebenfalls mit dem Geburtsdatum ... 1995 geführt.
Am ... Februar 2013 wurde der Regierung ... (Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber ...) eine am ... 2011 ausgestellte Geburtsurkunde mit einem zugehörigen Formular, in dem Frau ... bestätigt, dass der Antragsteller ihr Sohn und dass dieser am ... 1995 geboren sei, zugefaxt.
Bei einem Gespräch mit zwei Mitarbeiterinnen der Regierung ... gab der Antragsteller nach Aktenvermerken (Bl. 22 ff. der Asylverfahrensakte) am ... Februar 2013 an, sein Vater sei verstorben, als er 10 Jahre alt gewesen sei. Darüber hinaus vermerkt die Regierung ... am ... Februar 2013, dass der Antragsteller angegeben habe, seine Mutter sei im ... 2010 gestorben. Auf den Widerspruch hingewiesen, dass die Mutter des Antragstellers auf der zugefaxten Urkunde vom ... 2011 entsprechende Bestätigungen gemacht habe, hat der Antragsteller laut handschriftlichem Vermerk (Bl. 25 der Asylverfahrensakte) geantwortet: „Alles ist ein großes Missverständnis, ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe gedacht, Sie sprechen von meiner Stiefmutter.“
„Aufgrund der Angaben, der offensichtlich falschen Urkunde und des Verhaltens im Gespräch“ (vgl. Bemerkung Bl. 24 der Asylverfahrensakte) schloss die Bearbeiterin des Sachgebiets ... (Flüchtlingsbetreuung und Integration) der Regierung ..., dass der Antragsteller über 18 Jahre alt sein müsse. Die Regierung ... ging daraufhin vom ... 1994 als fiktivem Geburtsdatum aus (Bl. 22 der Asylverfahrensakte).
Der Antragsteller stellte am ... März 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in ... einen Asylantrag. Auf dem von ihm unterschriebenen Antragsvordruck wird das Geburtsdatum mit „...1994“ angegeben. Im weiteren Verlauf wurde der Antragsteller auch von den Ausländerbehörden mit dem fiktiven Datum „...2013“ geführt (Bl. 41 ff. der Asylverfahrensakte).
Unter dem ... Juli 2013 teilte die Bevollmächtigte des Antragstellers dem Bundesamt mit, dass der Antragsteller minderjährig sei, und verwies auf Art. 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO) sowie auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hierzu. Mit Schreiben desselben Tages an die Regierung ... beantragte die Bevollmächtigte des Antragstellers die umgehende Berichtigung des Geburtsdatums des Antragstellers auf dem ... 1995.
Mit Schreiben vom ... Oktober 2013 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Bericht der Diplompsychologin ... (...) von der Erziehungs-, Jugend und Familienberatungsstelle ... vom ... September 2013 vor, wonach der Antragsteller „aufgrund verschiedener schwerer Traumata an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10, F43.1)“ leide; u. a. sei der Vater des Antragstellers bei einem Unfall gestorben, als der Antragsteller 10 Jahre alt gewesen sei. Unter dem ... Oktober 2013 reichte die Bevollmächtigte einen Befundbericht eines Arztes für Neurologie /Psychiatrie und Psychotherapie vom ... September 2013 ein, wonach ebenfalls die Diagnose „posttraumatische Belastungsstörung“ gestellt wird. In dem Befundbericht wird u. a. dargestellt, dass der Antragsteller berichtet habe, dass sein Vater im Jahr 2010 bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei.
Auf ein Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom ... Oktober 2013 unter Angabe des EURODAC-Treffers „...“ bestätigte Italien mit Schreiben vom ... Oktober 2013 - per E-Mail eingegangen an demselben Tag - die eigene Zuständigkeit unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-VO (Bl. 81, 82 der Asylverfahrensakte).
Mit Schreiben vom ... Oktober 2013 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers weitere Unterlagen vor, die von der Mutter des Antragstellers zugefaxt worden seien. Es handele sich um eine beglaubigte Kopie der Geburtsurkunde des Antragstellers, um die „Original-Declaration of Age“ der Mutter des Antragstellers sowie um Quittungen über die Bezahlung der für die vorgenannten Dokumente angefallenen Verwaltungsgebühren.
Bei einer Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am ... Januar 2014 (Bl. 98 ff. der Asylverfahrensakte) gab der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt an, er habe Nigeria im Oktober 2009 verlassen. Er sei dann von November 2009 bis ca. August 2011 in ... gewesen. Von dort aus sei dann mit dem Boot nach ... /Italien gefahren. In Italien habe er sich im Anschluss auf Sizilien, in ..., in Neapel und in Mailand aufgehalten. In Italien könne er nicht mehr leben. Er habe in Deutschland einen Asylantrag gestellt und bitte, dass dieser hier behandelt werde.
Mit Schreiben vom ... Januar 2014 (Bl. 105 der Asylverfahrensakte) richtete das Bundesamt an die Stadt ... - Ausländerbehörde - folgendes Schreiben:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
die Rechtsanwältin des o. g. Antragstellers reichte Originaldokumente zur Berichtigung des o. g. Geburtsdatums auf den ...1995 ein. Dieses Schreiben finden Sie im Anhang.
Da das Bundesamt nicht in die Altersfeststellung involviert ist, bitte ich um schnellstmögliche Überprüfung und ggf. Altersfeststellung des o. g. Antragstellers. Bitte teilen Sie mir unverzüglich den weiteren Werdegang und das im weiteren Verfahren zu berücksichtigende Geburtsdatum mit.
Mit freundlichen Grüßen (...)“
Am ... Januar 2014 teilte das Jugendamt der Stadt ... dem Bundesamt per E-Mail mit, dass dieses für die Altersbestimmung des Antragstellers nicht zuständig sei. Das Jugendamt übernehme nur Fälle, bei denen die Jugendlichen noch minderjährig seien. Im vorliegenden Fall wäre der Antragsteller aber auch nach Änderung des Datums nunmehr volljährig.
Mit E-Mail vom ... Februar 2014 (Bl. 109 der Asylverfahrensakte) teilte die Stadt ... dem Bundesamt ohne nähere Begründung mit, dass die Ausländerbehörde das Geburtsdatum des Antragstellers nicht ändern werde. Es verbleibe bei dem Datum „...1994“.
Mit Bescheid vom ... Februar 2014, der dem Antragsteller am ... März 2014 zugestellt wurde, erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ... den Asylantrag des Antragstellers für unzulässig (Ziff. 1) und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Ziff. 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Unzulässigkeit des Asylantrags aus § 27a AsylVfG ergebe, da Italien aufgrund eines dort bereits gestellten Asylantrags und eines erteilten Aufenthaltstitels gemäß Art. 16 Abs. 2 der Dublin-II-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Aufgrund der Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde ..., dass es bei dem Geburtsdatum „... 1994“ bleibe, handele es sich bei dem Antragsteller nicht um einen unbegleiteten Minderjährigen. Das Bundesamt sei nicht in die Altersfeststellung involviert; dies sei Sache der Landesbehörden bei der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, das Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Aus den vorgelegten Attesten gehe keine mit einer Überstellung eintretende Gesundheitsverschlechterung des Antragstellers hervor. Insbesondere sei auch in Italien auch die medizinische Versorgung gewährleistet. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Die Antragsgegnerin sei gehalten, die Überstellung nach Italien als zuständigen Mitgliedstaat innerhalb der in der Dublin-II-VO festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34 a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.
Mit Schriftsatz /Telefax seiner Bevollmächtigten vom 12. März 2014 hat der Antragsteller Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben, mit der er beantragt, den Bescheid vom ... Februar 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen (Klageverfahren M 21 K 14.30536).
Im vorliegenden Eilverfahren beantragt der Antragsteller in der Sache,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Anordnung der Abschiebung nach Italien anzuordnen.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass aufgrund der Minderjährigkeit des Antragstellers im Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland (... März 2013) gemäß Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs Deutschland - und nicht Italien - für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Die Minderjährigkeit des Antragstellers im relevanten Zeitpunkt ergebe sich aus den vorgelegten nigerianischen Original-Urkunden. Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz hätte die Antragsgegnerin die Echtheit der Urkunden kriminaltechnisch untersuchen lassen müssen. Eine Bindungswirkung des Bundesamts an eine fiktive Altersfestsetzung durch die Regierung ... als Landesbehörde bestehe nicht.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 14. März 2014 die Asylverfahrensakte vorgelegt und sich im Übrigen nicht weiter zur Sache geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat Erfolg.
Gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG ist der - fristgerecht innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids gestellte - Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO im vorliegenden Fall statthaft und mithin zulässig.
Der Antrag ist auch begründet. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier
Der Antrag ist vorliegend begründet, weil nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Erfolgsaussichten der Klage als offen zu bewerten sind. Bei der demzufolge anzustellenden Abwägung des Interesses des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage nicht zwangsweise nach Italien rücküberstellt zu werden, mit dem öffentlichen Interesse an einer möglichst umgehenden Rückführung des Antragstellers geht ersteres vor.
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Anzuwenden ist insoweit nach Art. 49 UAbs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) noch die Dublin-II-VO, da sowohl der Antrag auf internationalen Schutz als auch das Übernahmeersuchen an Italien vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind (OVG Münster
Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Dublin-II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatenangehöriger im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt. Nach Satz 2 der Regelung wird der Antrag grundsätzlich nur von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-II-VO (§§ 5 ff. Dublin-II-VO) als zuständiger Mitgliedstaat bestimmt wird.
Im vorliegenden Fall ist es derzeit als offen anzusehen, ob die Antragsgegnerin und nicht Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur summarisch vorzunehmenden Prüfung der Sach- und Rechtslage sind für das Gericht die Erfolgsaussichten der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts deshalb als noch nicht hinreichend absehbar anzusehen.
Zwar wäre Italien als das Land, in das der Antragsteller nach eigenen Angaben per Boot von Afrika aus unmittelbar eingereist ist (Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO) und das seine Übernahmebereitschaft nach Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-VO erklärt hat, für die Behandlung des Asylantrages des Antragstellers grundsätzlich zuständig, allerdings ist derzeit offen, ob Deutschland aufgrund einer Minderjährigkeit des Antragstellers, die nach Aktenlage für den Zeitpunkt... März 2013 (Asylantragstellung in Deutschland) nicht hinreichend sicher ausgeschlossen ist, für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig ist, Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung. Auf eine (mögliche) Verletzung des Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung kann sich ein Betroffener im Rechtsweg auch berufen (vgl. z. B.: VG München
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 06.06.2013, Az. C-648/11) ist Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO - u. a. unter Berücksichtigung des Zwecks der Vorschrift, wonach Minderjährige als besonders gefährdete Personen auch besonders schutzwürdig sind, sowie mit Blick auf Art. 24 Abs. 2, 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und auf den 15. Erwägungsgrund der Dublin-II-VO - dahin auszulegen, dass ein unbegleiteter Minderjähriger, der keinen sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats rechtmäßig aufhaltenden Familienangehörigen hat (vgl. Art. 6 Abs. 1 Dublin-II-VO) und der in mehr als einem Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat, denjenigen Mitgliedstaat als „zuständigen Mitgliedstaat“ bestimmt, in dem sich dieser Minderjährige aufhält, nachdem er dort einen Asylantrag gestellt hat. Das bedeutet, dass der Mitgliedstaat, in dem der Minderjährige seinen Asylantrag gestellt hat und in dem er sich gerade aufhält, im relevanten Zeitpunkt der Asylantragstellung dort (vgl. VG Aachen
Art. 2 lit. h Dublin-II-Verordnung sieht vor, dass als unbegleitete Minderjährige unverheiratete Personen unter 18 Jahren zu verstehen sind, die ohne Begleitung eines für sie nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in einen Mitgliedstaat einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befinden. Es lässt sich nach Aktenlage derzeit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beantworten, ob der der Antragsteller im relevanten Zeitpunkt der Stellung des Asylantrags in Deutschland am ... März 2013 in diesem Sinne minderjährig war oder nicht.
Einerseits ist der Aktenlage zu entnehmen, dass der Antragsteller gefaxte nigerianische Urkunden über sein Geburtsdatum vorlegen kann, die aber - auch wenn ihre Erstellung durch zuständige nigerianische Behörden unterstellt wird - keinen sicheren Beweis für das korrekte Geburtsdatum liefern, weil sie mit Blick auf das angegebene Datum ... 2011 nachträglich auf die Angaben der Mutter des Antragstellers erstellt worden sind. Die Beurteilung des Dokumentationsvorgangs sowie der Glaubwürdigkeit der erklärungsabgebenden Person kann aber nach Aktenlage nicht beurteilt werden.
Andererseits sind zwar Widersprüche im Zusammenlesen des von der Regierung ... dokumentierten Vortrags des Antragstellers sowie der von der Bevollmächtigten des Antragstellers vorgelegten Unterlagen ersichtlich. Denn der Vortrag des Todes der Mutter im Jahr 2010 - der nach der Dokumentation der Regierung ... erst auf Vorhalt im Nachhinein als Tod der Stiefmutter dargestellt wurde - lässt sich nicht mit dem Datum auf den zugefaxten nigerianischen Urkunden (... 2011) vereinbaren. Soweit nach dem Vortrag des Antragstellers sowie den Angaben der Diplompsychologin ... (...) vom ... September 2013 der Vater des Antragstellers bei einem Unfall verstorben sei, als der Antragsteller 10 Jahre alt gewesen sei, der Unfall des Vaters nach dem vorgelegten fachärztliche Befundbericht vom ... September 2013 aber im Jahr 2010 stattgefunden habe, müsste der Antragsteller etwa im Jahr 2000 geboren sein, was mit dem von ihm angegebenen Geburtsdatum ... 1995 im Widerspruch steht.
Diese aus mittelbaren Quellen (Notizen der Regierung ..., Zusammenlesen eines psychologischen und einem ärztlichen Befundbericht) hervorgehenden Widersprüche, mögen die Glaubwürdigkeit des Antragstellers hinsichtlich seines Sachvortrags in Frage stellen. Auch mag aus dem Gesamtzusammenhang ein Verdacht bestehen, dass der Antragsteller älter ist, als er angab. Es kann allerdings nicht nach Aktenlage mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland (... März 2013) volljährig bzw. kein unbegleiteter Minderjähriger im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO war. Eine wirkliche Amtsermittlung und sorgfältige Klärung des Sachverhalts (§§ 24, 26 VwVfG) durch das Bundesamt - das offenbar mit Blick auf die Nachfrage beim Ausländeramt der Stadt... mit Schreiben vom ... Januar 2014 selbst Aufklärungsbedarf sah, von dort aber keine befriedigende Antwort erhielt und dann dennoch von weiteren Nachforschungsmaßnahmen absah (z. B. ärztliche Altersfeststellung, vgl. OLG München
Vor diesem Hintergrund können auch im vorliegenden Eilverfahren die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung aufgrund des derzeit gegebenen Informationsstandes nicht hinreichend beurteilt werden. Wenn es auch grundsätzlich Sache des Antragstellers ist, seine Minderjährigkeit darzulegen und nötigenfalls zu belegen (zur materiellen Beweislast vgl. VG München v. 31.10.2013 a. a. O., Rn. 25 ff. bei juris; VG Aachen
Im vorliegenden Fall kann nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage auch nicht auf Basis einer einschränkenden Auslegung des Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO von einer fortbestehenden Zuständigkeit Italiens ausgegangen werden, weil in Italien das Asylbegehren des Antragstellers bereits rechtskräftig abgelehnt worden wäre und weil das nunmehr streitgegenständliche Begehren auf einen quasi identischen Folgeantrag in Deutschland hinausliefe (zur diesbezüglichen Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO: EuGH v. 06.06.2013, Az. C-648/11, Rn. 63 ff.; VG Aachen
Nach alledem fehlt es nach Aktenlage und nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung an einer hinreichenden Tatsachengrundlage, um die Zuständigkeit Deutschlands nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO zu bejahen oder auszuschließen. In diesem Fall wiederum fällt die Abwägung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes - zur Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen - in Richtung auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage aus. Es wäre gemäß §§ 24, 26 VwVfG Sache der Antragsgegnerin gewesen, ggf. durch weitere Maßnahmen eine nähere Aufklärung zu erzielen.
Ob die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO zuständig geworden ist und ob deshalb die Abschiebungsanordnung nach Italien keinen Bestand haben kann, bedarf - solange und soweit nicht die Antragsgegnerin die an sich ihr obliegende Sachverhaltserforschung nachholt und hierauf aufbauend entweder den streitgegenständlichen Bescheid aufhebt oder etwa durch Nachreichung entsprechender ärztlicher Untersuchungsergebnisse über die Altersbestimmung bzw. durch Nachweis der rechtskräftigen Ablehnung des Asylbegehrens des Antragstellers in Italien (wohl: vor dem ... März 2013) eine Korrektur des vorliegenden Beschlusses über § 80 Abs. 7 VwGO initiiert - im Hauptsacheverfahren weiterer Aufklärung.
Nach alledem war dem Eilantrag stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere
- 1.
Auskünfte jeder Art einholen, - 2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen, - 3.
Urkunden und Akten beiziehen, - 4.
den Augenschein einnehmen.
(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.
(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.
(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.
(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere
- 1.
Auskünfte jeder Art einholen, - 2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen, - 3.
Urkunden und Akten beiziehen, - 4.
den Augenschein einnehmen.
(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.
(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.