Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 31. März 2011 - 1 K 780/10.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2011:0331.1K780.10.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am31.03.2011

Tenor

Der Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010 wird aufgehoben und der Widerspruch der Beigeladenen zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten und der Beigeladenen wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Widerspruchsbescheid des Beklagten, mit dem die ihr zuvor durch das Integrationsamt erteilte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen nicht erteilt wurde.

2

Bei der Beigeladenen besteht ein Grad der Behinderung von 30. Sie ist den schwerbehinderten Menschen gemäß § 2 Abs. 3 SGB IV gleichgestellt.

3

Die Beigeladene ist seit März 2000 bei der Klägerin beschäftigt und war zuletzt als Sekretärin des Betriebsratsvorsitzenden in der Abteilung Human Resources tätig. Sie ist stellvertretendes Betriebsratsmitglied und übt die Funktion der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen bei der Klägerin aus.

4

Die Beigeladene betreibt im Rahmen einer Nebentätigkeit unter dem Namen „Fa. I. H. & B. C.“ eine Handelsvertretung, mit der sie die Produkte der Firma LR G. K. F. vertreibt.

5

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 beantragte die Klägerin beim Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen nach § 91 Abs. 4 SGB IX aus verhaltensbedingten Gründen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Beigeladene sei Mitglied des bei ihr bestehenden N. H. Teams, das ein eigenes Budget verwalte und unter anderem für die Beschaffung von Präsenten für die Mitarbeiter zuständig sei. Innerhalb des Teams sei für das Jahr 2009 beschlossen worden, allen Mitarbeitern des Hauses ein Weihnachtspräsent zukommen zu lassen, bestehend aus einer mit Cistus Incanus -Tee befüllten Teedose, einer Cremedose mit Microsilver Handcreme, alles in einem Säckchen verpackt. Die Beigeladene habe vorgeschlagen, die Gegenstände über eine Firma LR zu beziehen, da sie von dort einen besonders günstigen Preis bekomme. Hiermit seien die Teammitglieder einverstanden gewesen, wobei den meisten in diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sei, dass es sich dabei um die eigene Firma der Beigeladenen gehandelt habe bzw. dass sie die Vertriebsperson der Firma LR sei. Die Beigeladene habe den Auftrag mit einem Volumen von 5.208,00 € (Einzelpreis 8,40 € pro Präsent, laut Rechnung nur für die Posten Tee und Creme) an ihre eigene Firma vergeben, ohne den Einkaufsbereich eingeschaltet, Angebotsvergleiche durchgeführt und die notwendige Bedarfsdokumentation vorgenommen zu haben. Die Posten Teedose und Organzasäckchen seien durch einen anderen Dienstleister unter Einschaltung des Einkaufsbereichs für 1.387,60 € geliefert worden. Das Vorgehen der Beigeladenen verstoße gegen ihre Einkaufsrichtlinien. Da die Beigeladene aufgrund entsprechender Schulungen über die bestehenden Richtlinien hinreichend informiert gewesen sei, sei davon auszugehen, dass ihr Vorgehen auch dem Ziel gedient habe, sich selbst einen Auftrag ohne Überprüfung der Preiswürdigkeit zu verschaffen. Ein sodann von ihr -der Klägerin- eingeholtes Angebot eines Standardlieferanten (7,95 € für das komplette Geschenkset mit Tee, Creme inklusive Beutel und Teedose) habe ergeben, dass die Lieferung der Beigeladenen um 45% teurer gewesen sei und sich damit als deutlich unwirtschaftlich darstelle, was den Verdacht der Eigenbereicherung zu ihren Lasten erhärte. Die Beigeladene habe bei ihrer Befragung am 17. Dezember 2009 erklärt, dass ihre Firma geliefert habe, um der Arbeitgeberin Geld zu sparen. Nach ihrer anfänglichen Aussage, an dem Auftrag nichts verdient und die Materialien am Wochenende selbst zu Hause verpackt zu haben, habe sie dann weitere Auskünfte über Details der Preisgestaltung verweigert.

6

Der hierzu angehörte Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen.

7

Am 28. Dezember 2009 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht Mainz die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats.

8

Die Beigeladene widersprach mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung. Die Kündigung diene jedenfalls auch der Zermürbung einer unbequemen Schwerbehindertenbeauftragten. Es würden ungerechtfertigte Vorwürfe erhoben, um sie, die in ihrer Funktion als Schwerbehindertenbeauftragte der Personalleitung lästig sei, aus dem Unternehmen zu entfernen. Dies stelle eine Behindertendiskriminierung dar.

9

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2009, begründet durch Schreiben vom 11. Januar 2010, stimmte das Integrationsamt der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zu. Nach § 91 Abs. 4 SGB IX solle die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilt werden, wenn zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung kein Zusammenhang bestehe. Dies sei vorliegend der Fall, weshalb das eingeräumte Ermessen dahingehend eingeschränkt sei, dass die Zustimmung im Regelfall erteilt werden müsse. Ein Ausnahmetatbestand, der eine vom Regelfall abweichende Beurteilung zulasse, sei nicht gegeben. Zwar bestreite die Beigeladene die ihr vorgeworfenen arbeitsrechtlichen Verfehlungen. Im vorliegenden Zustimmungsverfahren sei jedoch über die Frage, ob ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Kündigung vorliege, nicht zu entscheiden. Denn auch Zweifel an der arbeitsrechtlichen Wirksamkeit einer Kündigung, die im arbeitsrechtlichen Verfahren zu klären seien, rechtfertigten keine Abweichung von den Rechtsfolgen des § 91 Abs. 4 SGB IX.

10

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Die Zustimmung sei zu versagen, da die Kündigung aus Gründen erfolgen solle, die in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Schwerbehinderung stünden. Die Personalleitung versuche ständig, ihre Arbeit als Schwerbehindertenbeauftragte zu erschweren, sie durch schikanöse Maßnahmen zu zermürben und zur Aufgabe ihres Amtes oder gar des Beschäftigungsverhältnisses zu veranlassen. So seien etwa die schwerbehinderten Mitarbeiter dazu aufgefordert worden, ihr die Speicherung von deren persönlichen Daten zu untersagen. Hiergegen gehe sie auch im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens vor. Es werde zwar nicht verkannt, dass nach dem Wortlaut des § 91 Abs. 4 SGB IX eine Diskriminierung wegen der Schwerbehinderung als solcher unterbunden werden solle. Unter den Schutzzweck der Vorschrift falle jedoch auch eine Diskriminierung in Form einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie sich gegen die Schwerbehindertenbeauftragte in dieser Eigenschaft richte. Im Übrigen bestritt die Beigeladene das ihr vorgehaltene Fehlverhalten.

11

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010, zugestellt am 21. Juni 2010, wurde der Bescheid des Integrationsamtes vom 30. Dezember 2009 aufgehoben und die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen nicht erteilt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bestellung des Präsents sei nicht allein durch die Beigeladene veranlasst worden, sondern verantwortlich hierfür sei das gesamte N. H. Team gewesen. Damit sei offensichtlich kein Kündigungsgrund gegeben, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertige und es liege ein Ausnahmefall vor, der eine vom Regelfall des § 91 Abs. 4 SGB IX abweichende Beurteilung zulasse.

12

Am 17. Juni 2010 stellte die Klägerin beim Integrationsamt einen weiteren Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen aus verhaltensbedingten Gründen. Sie führte zur Begründung u.a. aus, weitere Ermittlungen zum zeitlichen Ablauf im Zusammenhang mit dem Präsent hätten ergeben, dass die Beigeladene unmittelbar nach ihrer Befragung vom 17. Dezember 2009 mit einer weiteren Mitarbeiterin abgesprochen habe, zum Nachweis eines ordnungsgemäßen Angebots ein solches nachträglich zu erstellen, was sie am 18. Dezember 2009 auch getan und auf den 09. November 2009 rückdatiert habe. Das Angebot beinhalte für den Preis von 8.40 € jedoch ein Komplettset bestehend aus einer befüllten Tee- bzw. Cremedose im Beutel verpackt. Mit ihrer Rechnung vom 11. November 2009 seien jedoch zu diesem Preis nur der Tee und die Creme abrechnet worden, die im Angebot enthaltene Teedose sowie der Oranzabeutel seien nicht geliefert worden, was von Anfang an klar gewesen sei. Diese und weitere, im Einzelnen dargestellte Umstände stellten ein vollkommen untragbares Handeln der Beigeladenen ihrer Arbeitgeberin gegenüber dar. Insbesondere das rückdatierte Angebot habe im Nachhinein den Eindruck erwecken sollen, es habe ein ordnungsgemäßes Angebot als Entscheidungsgrundlage vorgelegen und es sei der Arbeitgeberin bekannt gewesen, dass das der Rechnung vom 11. November 2009 zugrundeliegende Angebot von der Beigeladenen stamme. Die Täuschungshandlung habe dazu gedient, etwaige Rückforderungsansprüche und arbeitsrechtliche Schritte wegen eines verbotenen Insichtsgeschäfts gegenüber der Beigeladenen zu verhindern. Diese Gründe wurden auch in das noch anhängige arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren eingeführt.

13

Der Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung stimmten der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung erneut nicht zu.

14

Mit Bescheid vom 01. Juli 2010 wurde der außerordentlichen Kündigung im Rahmen des eingeschränkten Ermessens gemäß § 91 Abs. 4 SGB IX zugestimmt, da ein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung nicht bestehe. Eine offensichtliche Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung sei anhand des vorgetragenen Sachverhalts nicht anzunehmen. Über den hiergegen eingelegten Widerspruch der Beigeladenen wurde noch nicht entschieden.

15

Die Klägerin hat sodann am 12. Juli 2010 Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010 erhoben.

16

Zur Begründung trägt sie über ihr bisheriges Vorbringen hinaus im Wesentlichen vor: Die Begründung des angegriffenen Widerspruchsbescheids beruhe auf einem unzutreffenden Sachverhalt. Der der Beigeladene gemachte Vorwurf bestehe darin, dass sie nicht nur gegen die Einkaufsrichtlinien verstoßen habe, sondern dass sie darüber hinaus verschwiegen habe, dass ihre eigene Firma den Auftrag ausgeführt habe und das Ganze auch so geschehen sei, dass sie mehr Einzelposten in Rechnung gestellt habe, als tatsächlich geliefert und geleistet. Zur weiteren Begründung bezieht sich die Klägerin auf die im zweiten Verfahren beim Integrationsamt vorgetragenen Gründe. Keinesfalls stehe die außerordentliche Kündigung der Beigeladenen im Zusammenhang mit ihrer Behinderung. In diesem Zusammenhang habe die Beigeladene auch nichts Substantiiertes dazu vorgetragen, weshalb die Kündigung im Zusammenhang mit ihrer Behinderung stehen solle. Die von der Beigeladenen erwähnte arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung betreffe lediglich Kompetenzfragen, zu denen zwischen ihr und der Beigeladenen unterschiedliche Rechtsauffassungen bestünden. Insoweit stehe kein gerade gegenüber der Beigeladenen als individueller Person erfolgtes Handeln im Raum.

17

Die Klägerin beantragt,

18

den Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010 aufzuheben und den Widerspruch der Beigeladenen zurückzuweisen.

19

Der Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Zur Begründung verweist er auf den Inhalt des ergangenen Widerspruchsbescheides und führt weiter aus, die Klägerin mache zu Unrecht einen Verstoß gegen ihre Einkaufsrichtlinien geltend, da diese sich nur auf Einkäufe im Rahmen der regulären Geschäftstätigkeit der Klägerin bezögen und nur an die Beschäftigten der Abteilung Einkauf gerichtet seien. Das N. H. Team habe nach Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden aber auch die Abteilung Einkauf eingeschaltet, die jedoch für einen wesentlichen Teil der vorgenommenen Bestellung wegen der geringen Menge keine Möglichkeit einer Bestellung bei einem der gängigen Lieferanten gesehen habe. Das Team habe dann über Google verglichen, was die betreffenden Artikel im Handel kosteten und sich für das Angebot der Beigeladenen entschieden. Der Beigeladenen könne weder unterstellt noch nachgewiesen werden, dass sie sich auf Kosten der Klägerin ungerechtfertigt habe bereichern wollen.

22

Die Beigeladene beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Sie vertieft ihr Vorbringen, dass ihre Kündigung nur deshalb erfolgen solle, weil sie als Schwerbehindertenbeauftragte der Klägerin lästig sei, da sie beharrlich auf die Einhaltung der Vorschriften des SGB IX dränge. Dass die zunächst geltend gemachten und für das vorliegende Verfahren allein maßgeblichen Kündigungsgründe nicht berechtigt seien, zeige schon die im zweiten Zustimmungsverfahren versuchte Nachbesserung. Im Übrigen bestreitet die Beigeladene, dass sie sich pflichtwidrig verhalten habe.

25

Das Arbeitsgericht Mainz ersetzte mit Beschluss vom 20. Oktober 2010, zugestellt am 14. Dezember 2010 – 1 BV 63/09 – die Zustimmung des Betriebsrats zur fristlosen Kündigung der Beigeladenen. Es führte u.a. aus, die Zustimmung sei bereits im Hinblick auf den zweiten Kündigungssachverhalt zu ersetzen, da die hierzu vorgebrachten, im Wesentlichen unstreitigen Tatsachen ausreichend seien, um eine außerordentliche Kündigung der Beigeladenen aus verhaltensbedingten Gründen nach § 626 Abs. 1 BGB wegen besonders schwerer Pflichtverletzungen zu rechtfertigen. Aus diesem Grunde habe es keiner Entscheidung darüber bedurft, ob auch der auf den ersten Kündigungssachverhalt gestützte Zustimmungsersetzungsantrag, wofür nach Ansicht der Kammer vieles spreche, gerechtfertigt wäre.

26

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist zulässig und begründet.

28

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen im Hinblick auf den ersten Kündigungssachverhalt.

29

Die Aufhebung des zunächst durch das Integrationsamt mit Bescheid vom 30. Dezember 2009 erteilten Zustimmung durch den angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2010 erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO), weshalb er aufzuheben ist. Zugleich ist der Widerspruch der Beigeladenen aufgrund des entsprechenden Antrags der Klägerin zurückzuweisen.

30

Nach §§ 85, 91 Abs. 1 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten oder, was auf die Beigeladene zutrifft, eines diesem gleichgestellten Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Nach § 91 Abs. 4 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Dabei sind die Kündigungsgründe zugrunde zu legen, die die Klägerin im vorliegenden ersten Zustimmungsverfahren geltend gemacht hat und die in den Bescheiden gewürdigt wurden.

31

Nach den genannten Bestimmungen hat das Integrationsamt in den Fällen, in denen kein Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem geltend gemachten Kündigungsgrund besteht, im Regelfall die Zustimmung zur Kündigung erteilen, sofern kein atypischer Fall vorliegt. Ein Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund, der abweichend vom Regelfall eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen eröffnet, ist dann gegeben, wenn die Behinderung bei dem den Kündigungsgrund bildenden Verhalten des schwerbehinderten Menschen eine wesentliche Rolle gespielt hat, das Verhalten sich also bei natürlicher Betrachtung zwanglos aus der Gesundheitsschädigung ergibt (VG des Saarlandes, Urteil vom 11. Februar 2011, 3 K 1934/09, JURIS).

32

Ein Zusammenhang im obigen Sinn zwischen dem von der Klägerin genannten Kündigungsgrund und der Behinderung der Beigeladenen ist vorliegend jedoch nicht gegeben, was auch die Beigeladene letztlich nicht bestreitet. Sie ist vielmehr der Ansicht, im Rahmen des § 91 Abs. 4 SGB IX sei ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung auch dann gegeben, wenn es darum gehe, einer lästigen Schwerbehindertenbeauftragten im Hinblick auf deren als hinderlich empfundene Funktionsausübung zu kündigen, was die Beigeladene in ihrem Fall als gegeben ansieht. Dieser Rechtsauffassung ist jedoch nicht zu folgen. Der Sonderkündigungsschutz des § 91 Abs. 4 SGB IX dient dem Ziel der Schwerbehindertenfürsorge und arbeits- und rehabilitationspolitischen Zwecksetzungen, nämlich Schwerbehinderte in möglichst großem Umfang in das Arbeits- und Berufsleben einzugliedern und damit die Nachteile des Schwerbehinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugleichen. Er soll den Schwerbehinderten vor den Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, bewahren und sicherstellen, dass dieser gegenüber dem gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät. Es geht also lediglich darum, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen (vgl. zu alldem: BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 – 5 C 39/90-, BVerwGE 90, 275). Diesem Gesetzeszweck unterfällt jedoch der von der Beigeladenen beanspruchte Schutz im Zusammenhang mit ihrer Funktion als Schwerbehindertenbeauftragte gerade nicht. Zunächst können diese Funktion nicht nur Schwerbehinderte übernehmen. Die Auffassung der Beigeladenen würde deshalb dazu führen, dass auch nicht schwerbehinderte Schwerbehinderten beauftrage den besonderen Kündigungsschutz des § 91 Abs. 4 SGB IX beanspruchen könnten. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht der Fall sein kann und vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt ist. Darüber hinaus bestehen für die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen nach § 96 Abs. 3 SGB IX besondere Kündigungsschutzrechte. Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Kündigung eines Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung sind somit ausschließlich vor den Arbeitsgerichten zu klären.

33

Nach alldem ist davon auszugehen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 4 SGB IX erfüllt sind, da kein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung im Sinne der Vorschrift gegeben ist.

34

Damit hat das Integrationsamt nach der Sollvorschrift des § 91 Abs. 4 SGB IX im Regelfall die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zu erteilen. Es hat bei Vorliegen eines Regelfalls insbesondere nicht das Bestehen eines wichtigen Grundes für die Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu überprüfen. Diese Prüfung ist vielmehr grundsätzlich ausschließlich den Arbeitsgerichten im Kündigungsschutzverfahren vorbehalten. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf das Integrationsamt hiervon abweichen und nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992, a.a.O.). Ein atypischer Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn im Zustimmungsverfahren offenbar geworden ist, dass die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe eine außerordentliche Kündigung offensichtlich nicht zu rechtfertigen vermögen. Eine offensichtliche Unwirksamkeit in diesem Sinne kann aber immer erst dann angenommen werden, wenn sie ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage tritt, sich mithin jedem Kundigen geradezu aufdrängt. Dieser Annahme steht bereits entgegen, wenn hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Fragestellungen ein streitiger Sachverhalt gegeben ist. Schon dies spricht indiziell gegen eine offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung (so VG des Saarlandes, Urteil vom 5. Oktober 2005 - 10 K 39/05 -, JURIS).

35

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass die beabsichtigte Kündigung der Klägerin aus den im ersten Zustimmungsverfahren angegebenen Gründen nicht offensichtlich unwirksam ist. Dies ergibt sich zunächst bereits daraus, dass das Arbeitsgericht Mainz in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2010 – 1 BV 63/09 – im Rahmen des Zustimmungs-ersetzungsverfahrens wegen der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats, wenn auch in einem obiter dictum, aber dennoch ausdrücklich ausgeführt hat, dass es zwar keiner Entscheidung hinsichtlich des auf den ersten, vorliegend streitgegenständlichen Kündigungssachverhalt gestützten Antrags der Klägerin bedurft habe, die Ersetzung der Zustimmung jedoch, wofür nach Ansicht der Kammer vieles spreche, auch hinsichtlich des ersten Kündigungssachverhalts gerechtfertigt gewesen wäre. Dies ist zwar einer Sachentscheidung nicht gleichzusetzen. Es ist jedoch daraus ohne weiteres zumindest der Schluss zu ziehen, dass eine auf den ersten Kündigungssachverhalt gestützte Kündigung sich jedenfalls nicht als offensichtlich unwirksam erweist. Die Annahme einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung scheidet darüber hinaus auch deshalb aus, weil der Kündigungssachverhalt und seine rechtliche Würdigung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen umstritten war und von daher auch eine weitere Sachaufklärung erforderte, wie sie schließlich auch vom Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang vorgenommen wurde.

36

Unter diesen Umständen ist jedoch entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht anzunehmen, dass sich eine offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung – und hierauf ist der verwaltungsrechtliche Prüfungsrahmen im Zustimmungsverfahren nach § 91 Abs. 4 SGB IX beschränkt – geradezu aufdrängt.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, 3 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

38

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Die Sozialversicherung umfasst Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) oder auf Grund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) versichert sind.

(1a) Deutsche im Sinne der Vorschriften über die Sozialversicherung und die Arbeitsförderung sind Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes.

(2) In allen Zweigen der Sozialversicherung sind nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige versichert

1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind,
2.
behinderte Menschen, die in geschützten Einrichtungen beschäftigt werden,
3.
Landwirte.

(3) Deutsche Seeleute, die auf einem Seeschiff beschäftigt sind, das nicht berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen, werden auf Antrag des Reeders

1.
in der gesetzlichen Kranken-,Renten- und Pflegeversicherung versichert und in die Versicherungspflicht nach dem Dritten Buch einbezogen,
2.
in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn der Reeder das Seeschiff der Unfallverhütung und Schiffssicherheitsüberwachung durch die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation unterstellt hat und der Staat, dessen Flagge das Seeschiff führt, dem nicht widerspricht.
Für deutsche Seeleute, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und auf einem Seeschiff beschäftigt sind, das im überwiegenden wirtschaftlichen Eigentum eines deutschen Reeders mit Sitz im Inland steht, ist der Reeder verpflichtet, einen Antrag nach Satz 1 Nummer 1 und unter den Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 einen Antrag nach Satz 1 Nummer 2 zu stellen. Der Reeder hat auf Grund der Antragstellung gegenüber den Versicherungsträgern die Pflichten eines Arbeitgebers. Ein Reeder mit Sitz im Ausland hat für die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber den Versicherungsträgern einen Bevollmächtigten im Inland zu bestellen. Der Reeder und der Bevollmächtigte haften gegenüber den Versicherungsträgern als Gesamtschuldner; sie haben auf Verlangen entsprechende Sicherheit zu leisten.

(4) Die Versicherung weiterer Personengruppen in einzelnen Versicherungszweigen ergibt sich aus den für sie geltenden besonderen Vorschriften.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Die Träger der Eingliederungshilfe arbeiten mit Leistungsanbietern und anderen Stellen, deren Aufgabe die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen betrifft, zusammen.

(2) Die Stellung der Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege als Träger eigener sozialer Aufgaben und ihre Tätigkeit zur Erfüllung dieser Aufgaben werden durch diesen Teil nicht berührt.

(3) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(4) Sozialdaten dürfen im Rahmen der Zusammenarbeit nur verarbeitet werden, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Teil erforderlich ist oder durch Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuches angeordnet oder erlaubt ist.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.