Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 07. Dez. 2016 - 8 A 171/16
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt als Beamter des Landes Sachsen-Anhalt die 50-prozentige beihilferechtliche Erstattung der Ersatzbeschaffung eines Hörgerätes nach Verlust.
- 2
Am 04.12.2012 erwarb der Kläger aufgrund einer ihm ausgestellten ärztlichen Verordnung vom 06.09.2012 zwei Hörgeräte. Die beihilferechtliche Erstattung war gesichert und wurde vorgenommen. In der Folgezeit verlor der Kläger eines der Hörgeräte, so dass er am 25.11.2014 ein identisches Ersatzgerät in Höhe von 1.100 EUR erwarb.
- 3
Mit dem streitbefangenen Bescheid vom 14.04.2015 verweigerte der Beklagte die beihilferechtliche Erstattung mit der Begründung, dass nach § 25 Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) eine Ersatzbeschaffung eines verloren gegangenen Hörgerätes nach Ablauf von 6 Monaten seit Anschaffung nur beihilfefähig sei, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorläge.
- 4
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2016 als unbegründet zurück. Entgegen der klägerischen Ansicht falle auch die erneute Beschaffung eines Hilfsmittels aufgrund Verlustes unter das Tatbestandsmerkmal der "Unbrauchbarkeit" des Hilfsmittels, so dass eine erneute ärztliche Verordnung nach 6 Monaten notwendig sei.
- 5
Mit der fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er weist auf die Parallele zu der gesetzlichen Krankenversicherung hin. Dort sei nach § 33 Abs. 1 S. 4 SGB V stets eine Erstattungsfähigkeit ohne Verordnung gegeben. Dies müsse über § 7 BBhV auch beihilferechtlich gelten.
- 6
Der Kläger beantragt,
- 7
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14.04.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2016 zu verpflichten, die beantragte beihilferechtliche Ersatzbeschaffung eines Hörgerätes für beihilfefähig zu erklären und ihm 50 Prozent der Aufwendungen für den Erwerb der Ersatzbeschaffung zu erstatten.
- 8
Der Beklagte beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen
- 10
und verteidigt die in den Bescheiden geäußerte Rechtsansicht.
- 11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
- 12
Die zulässige Klage, über die nach § 6 VwGO durch den Einzelrichter entschieden werden konnte, ist unbegründet. Denn die beihilferechtliche Nichterstattung der Kosten der Ersatzbeschaffung für das verloren gegangene Hörgerät ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen diesbezüglichen Anspruch (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
- 13
Entscheidend und zwischen den Beteiligten im Streit ist allein die rechtliche Frage, ob die beihilferechtliche Erstattungsfähigkeit für ein in Verlust geratenes Hörgerät auch ohne ärztliche Verordnung gegeben ist. Das Gericht folgt dabei den in den Bescheiden und in der Klageerwiderung vom Beklagten geäußerten Rechtsansicht, dass dies vorliegend nicht der Fall ist. Gemäß § 25 Abs. 1 S. 2 BBhV sind Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 BBhV nach Ablauf von 6 Monaten seit Anschaffung notwendig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
- 14
Dabei fällt auch der Verlust eines Hilfsmittels – hier des Hörgerätes – unter das Tatbestandsmerkmal "Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes". Denn ein Hörgerät ist auch dann unbrauchbar und damit nicht mehr benutzbar, wenn es verloren gegangen ist. Dementsprechend fällt auch ein in Verlust geratenes Hörgerät unter den Anwendungsbereich der Erstattungsfähigkeit nach § 25 Abs. 1 BBhV. Die anderweitige vom Kläger vertreten Rechtsansicht, dass ein verloren gegangenes Hilfsmittel – hier Hörgerät – gar nicht unter das Tatbestandsmerkmal eines "unbrauchbar gewordenen Gegenstandes" falle, hätte nur zur Folge, dass von vornherein keine Erstattungsfähigkeit gegeben wäre. Demnach ist auch zwingend eine erneute ärztliche Verordnung notwendig. Denn zwischen der erstmaligen Verordnung im September 2012 und der Anschaffung im Dezember 2012 liegen bei der Ersatzbeschaffung im November 2015 mehr als 6 Monate.
- 15
Der Verordnungszwang soll die Notwendigkeit der Anschaffung eines fachgerechten Hilfsmittels sicherstellen. Diesen Zweck kann die schriftliche ärztliche Verordnung jedoch nur erfüllen, wenn sie vor Anschaffung des Hilfsmittels erfolgt und wenn sich aus der ärztlichen Verordnung die Notwendigkeit der Anschaffung dem Grunde nach sowie nach Art und Umfang der Ausstattung des Hilfsmittels ergibt. Eine schriftliche Verordnung im Sinn der Beihilfevorschriften erfordert die Aussage eines niedergelassenen Arztes, dass die Anschaffung des Hilfsmittels angesichts des Krankheitszustandes des jeweiligen Antragstellers aus ärztlicher Sicht notwendig ist. Der Arzt entscheidet über die medizinische Notwendigkeit des Hilfsmittels. Diese Bescheinigung ist für die Beihilfefestsetzungsstelle maßgebend, es bedarf dann im Regelfall keiner weiteren Prüfung. Hat die Beihilfestelle jedoch Zweifel, kann sie auch in diesen Fällen eine nähere Begründung bei dem behandelnden Arzt einholen (vgl. zum Ganzen: VG Münster, Urteil vom 29.08.2013, 5 K 1319/12; juris).
- 16
Der Sinn einer ärztlichen Verordnung zur Erstattungsfähigkeit der Hilfsmittel dient dabei auch dem Schutz des Beihilfeberechtigten. Denn wie sich aus § 25 Abs. 1 BBhV ergibt, ist die Beihilfefähigkeit für Hilfsmittel nur gegeben, wenn sie im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Inwieweit also hier ein Hörgerät als Hilfsmittel erforderlich ist um eine Hörbehinderung auszugleichen, muss zwingend der ärztlichen Kontrolle unterliegen. Dabei ist davon auszugehen, dass nach einem Zeitraum von mehr als 6 Monaten das zugrunde liegende körperliche Leiden erneut einer ärztlichen Untersuchung bedarf, um den Grad und das Ausmaß des darauf abzustellenden Hilfsmittels genau zu bestimmen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass in einem solchen Zeitraum sich die Werte verschlechtert haben könnten.
- 17
Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit einer Ersatzbeschaffung ohne erneute ärztliche Verordnung auf die ersten 6 Monate seit der erstmaligen Anschaffung erfolgt unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, da nur während dieses Zeitraumes angenommen werden kann, dass das Hilfsmittel weiter in der verschriebenen Ausführung notwendig ist.
- 18
Nichts anderes gilt im Übrigen auch bei der kassenärztlichen Versorgung. Auch dort ist Grundlage für eine Leistungserbringung stets die vertragsärztliche Verordnung. So kann der Ersatz ganz oder teilweise verweigert werden, wenn der Versicherte die Unbrauchbarkeit oder den Verlust des Hilfsmittels durch Missbrauch vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Nicht umsonst ist gerade bei dem Verlust eines Hilfsmittels wie hier eines Hörgerätes auch die Erstattungsfähigkeit über sonstige (private) Versicherungen (Haftpflichtauslastung, Hausratversicherung) zu prüfen.
- 19
Im Übrigen setzt auch der Verweis in § 7 BBhV auf die sozialrechtlichen Vorschriften voraus, dass die Leistung notwendig und wirtschaftlich ist. Gerade diesen Kriterien dient – wie ausgeführt – die Verordnungspflicht; um überflüssige oder wegen veränderter Werte nicht mehr leistungsfähige Hilfsmittel auszuschließen.
- 20
Dementsprechend folgt das Gericht der rechtlichen Argumentation des Beklagten und darf zur weiteren Begründung auf die streitbefangenen Bescheide und das Vorbringen im gerichtlichen Verfahren verweisen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
- 21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 07. Dez. 2016 - 8 A 171/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 07. Dez. 2016 - 8 A 171/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 07. Dez. 2016 - 8 A 171/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
- 1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die - a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben, - b)
einen niedrigen Abgabepreis haben, - c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder - d)
in Anlage 12 genannt sind, und
- 2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.
(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.
(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.
(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.
(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie
- 1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder - 2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.
(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.
(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.
(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.
(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.
(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.
(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.
(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.
(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.
Soweit sich Inhalt und Ausgestaltung von Leistungen, zu denen Beihilfe gewährt wird, an Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anlehnen, setzt die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen voraus, dass für die Leistungen einschließlich der Arzneimittel nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen sind sowie insbesondere ein Arzneimittel zweckmäßig ist und keine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Wird in dieser Verordnung auf Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch verwiesen, die ihrerseits auf Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, Entscheidungen oder Vereinbarungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen oder Satzungsbestimmungen von gesetzlichen Krankenkassen verweisen oder Bezug nehmen, hat sich die Rechtsanwendung unter Berücksichtigung des Fürsorgegrundsatzes nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes an den in diesen Normen oder Entscheidungen niedergelegten Grundsätzen zu orientieren. Dies gilt insbesondere für die §§ 22 und 27 Abs. 1 Satz 2, §§ 30 und 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1 und § 50 Abs. 1 Satz 4. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches, auf die diese Verordnung verweist, entsprechend, soweit die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Beihilfe- und Sozialversicherungsrecht dies nicht ausschließen.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
- 1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die - a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben, - b)
einen niedrigen Abgabepreis haben, - c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder - d)
in Anlage 12 genannt sind, und
- 2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.
(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.
(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.
(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin begehrt die Gewährung von Beihilfeleistungen für die Anschaffung und Ausbildung eines Pudelwelpen zur Ausbildung als Diabetikerwarnhund (sog. Hypohund).
3Sie ist Beamtin im Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen und Mutter einer im Jahre 2000 geborenen Tochter. Diese leidet seit ihrem 1. Lebensjahr an Diabetes mellitus Typ 1. Wegen der Erkrankung ist die Schwerbehinderung der Tochter zu 60 % anerkannt.
4Nachdem die Klägerin bei dem Besuch einer Diabetiker-Fachmesse Anfang 2011 auf die Möglichkeit eines Diabetikerwarnhundes aufmerksam wurde, welche von der behandelnden Ärztin der Tochter in Gesprächen ebenfalls befürwortet wurde, kaufte sie auf Anraten einer Hundetrainerin unter dem 26. Februar 2011 zum Preis von 850,- Euro einen männlichen Pudelwelpen, der zu einem Diabetikerwarnhund ausgebildet werden sollte. Mit Rezept vom 28. Februar 2011 verordnete die behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. med. U. den „Pudelwelpe zur Ausbildung zum Diabetikerwarnhund“. Als Diagnose gab die Ärztin „Diabetes mell. Typ Ia“ an.
5Mit Schreiben vom 7. März 2011 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Gewährung einer Beihilfe für die Anschaffung des Hundes, weil ihre Tochter infolge der langen Diabetesdauer nicht in der Lage sei, eine mögliche Unterzuckerung zuverlässig wahrzunehmen. Den Antrag lehnte die Bezirksregierung Münster durch Bescheid vom 11. März 2011 ab, da ein Diabetikerwarnhund in § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW nicht vorgesehen sei.
6Den hiergegen mit Schreiben vom 16. März 2011 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Münster durch Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2012 als unbegründet zurück.
7Am 29. Februar 2012 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben, die sie mit Klageschrift vom 30. April 2012 erweitert hat.
8Hintergrund der Erweiterung war ein weiterer Antrag der Klägerin vom 29. Februar 2012 auf Gewährung von Beihilfen, mit welchem sie Aufwendungen für die Ausbildung und Unterhaltung des Pudelrüden zu einem Diabetikerbegleit- und ‑warnhund geltend machte. Diesen Beihilfeantrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 7. März 2012 ab, da es sich um Kosten für einen nicht anerkannten Diabetikerwarnhund handele. Den von den Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin am 14. März 2012 erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster durch Widerspruchsbescheid vom 2. April 2012 als unbegründet zurück.
9Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Der Blutzuckerspiegel ihrer Tochter müsse rund um die Uhr überwacht werden, um eine Unterzuckerung und ein mögliches Koma zu verhindern. Nachts müsse bei ihrer Tochter alle drei Stunden eine Blutzuckermessung vorgenommen werden. Die Eltern wechselten sich bei der Überwachung der Tochter ab. Seit 9 Jahren hätten sie nicht mehr durchgeschlafen. Der Verlauf des Blutzuckerspiegels ihrer Tochter sei aufgrund verschiedener Faktoren schwankend. In der Vergangenheit habe es bereits teilweise lebensbedrohliche Situationen durch Unterzuckerung gegeben. Vor diesem Hintergrund sei auch die Behandlung mit einer Insulinpumpe oder anderen Hilfsmitteln unzureichend; eine Kontrolle des Blutzuckerspiegels und eine Unterzuckerung seien nicht zuverlässig feststellbar. Trotz Einstellung mittels Pumpentherapie und einem sog. kontinuierlichen Glucose-Monitoring träten 3-4-mal im Monat nachweisbare Unterzuckerungen (Hypoglykämien) auf. Ein Diabetikerwarnhund schlage im Falle einer Unterzuckerung – auch nachts - zuverlässig an. Der Hund könne ihre Tochter begleiten und sie im Falle einer drohenden Unterzuckerung warnen. Die Ablehnung sei rechtswidrig. Zwar seien Diabetikerwarnhunde im Hilfsmittelkatalog des § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW nicht ausdrücklich aufgeführt, doch bedeute dies nicht, dass dessen Beihilfefähigkeit entfalle. Vielmehr handele es sich bei dem Hund um ein notwendiges Hilfsmittel für die Erkrankung ihrer Tochter, die aufgrund ihres Alters mit der Erkrankung inzwischen besser zwar umgehen könne, Unterzuckerungen und lebensbedrohliche Situationen jedoch nach wie vor nicht zuverlässig erkenne. Im Verhältnis zu am Markt vorhandenen Messgeräten seien die Sinne eines Hundes auch nachts geschärft, so dass er bei einer sich anbahnenden Unterzuckerung anschlage. Der angeschaffte Pudel habe bei ihrer Tochter bereits mehrfach zuverlässig eine Unterzuckerung angezeigt. Die Beihilfefähigkeit für die Anschaffung eines Blindenführhundes und dessen Aufwendungen seien nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 S. 10 BVO NRW anerkannt. Nichts anderes müsse für Diabetikerwarnhunde gelten. Der Einsatz solcher Hunde sei wissenschaftlich anerkannt. In der Politik werde die Gleichstellung von Blindenführhunden mit Diabetikerhunden ebenfalls erwogen.
10Die Klägerin beantragt,
11den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Münster vom 11. März 2011 in der Gestalt ihres Widerspruchbescheides vom 26. Januar 2012 und des Bescheides der Bezirksregierung Münster vom 7. März 2012 in der Gestalt ihres Widerspruchbescheides vom 2. April 2012 zu verpflichten, ihr auf ihre Anträge vom 7. März 2011 bzw. vom 29. Februar 2012 Beihilfeleistungen in Höhe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er tritt dem Vorbringen der Klägerin wie folgt entgegen: Beihilfefähig seien nur notwendige Aufwendungen in einem angemessenen Umfang. Aufwendungen für Hilfsmittel seien nur dann notwendig, wenn sie erforderlich und unentbehrlich seien, also für den Betroffenen schlechthin zwingend. Im Katalog des § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW sei der Diabetikerwarnhund nicht ausdrücklich aufgeführt. Technische Messgeräte würden von der Beihilfe nach dem Heilmittelverzeichnis der Gesetzlichen Krankenversicherung als notwendig anerkannt. Der Einsatz eines „Diabetikerbegleit- und/oder –warnhundes“ sei bislang wissenschaftlich nicht anerkannt. Ein Diabetiker sei auf führende Hilfe durch einen Hund nicht angewiesen. Vielmehr diene der Hund als Ersatz für ein Messgerät. Da auch ein Hund Tiefschlafphasen von 15 bis 20 Minuten habe, sei nicht hinreichend gesichert, dass der Hund auch nachts eine Unterzuckerung rechtzeitig bemerke. Die derzeit auf dem Markt befindlichen Messgeräte seien zudem zuverlässig und geeignet, eine mögliche Unterzuckerung anzuzeigen. Dass ein Hund sie ersetzen könne, sei wissenschaftlich nicht erwiesen. Er – der Beklagte – habe bereits in erheblichem Umfang Beihilfeleistungen für die Ausstattung der Tochter mit technischen Geräten geleistet. Es sei nicht notwendig, diese technische Ausstattung um einen „Diabetikerwarnhund“ zu ergänzen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
17Die Verpflichtungsklage ist zulässig – auch insoweit, als sie den ursprünglichen Streitgegenstand um die weiteren Bescheide der Bezirksregierung Münster vom 7. März 2012 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 2. April 2012 erweitert (§ 91 VwGO).
18In der Sache ist die Klage jedoch unbegründet.
19Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die Anschaffung des Pudelrüden und die Ausbildungs-und Unterhaltskosten als Diabetikerwarnhund. Die ablehnenden Bescheide der Bezirksregierung Münster in der Gestalt ihrer Widerspruchsbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
20Nach § 77 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 LBG erhalten Beamte mit Anspruch auf Besoldung für ihre nicht selbst beihilfeberechtigten berücksichtigungsfähigen Kinder Beihilfen zu der Höhe nach angemessenen Aufwendungen für medizinisch notwendige Maßnahmen, deren Wirksamkeit und therapeutischer Nutzen nachgewiesen sind u.a. zur Wiederherstellung der Gesundheit und Besserung des Gesundheitszustandes (einschließlich Rehabilitation). Gemäß § 77 Abs. 8 Nr. 2 d) LBG regelt das Finanzministerium das Nähere durch Rechtsverordnung. Dort können unabhängig von der Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen unter Beachtung der Grundsätze beamtenrechtlicher Fürsorgebestimmungen hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs von Beihilfeleistungen Beschränkungen getroffen werden. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden.
21Vgl. BVerwG, Urt. v. 8. November 2012 – 5 C 4.12 , NVwZ-RR 2013, 192 = juris Rn. 12; Urt. v. 27. Mai 2010 – 2 C 78/08 -, NVwZ-RR 2010, 693 = juris Rn. 6 m.w.N.
22Die Klägerin ist als Beamtin des Landes Nordrhein-Westfalen beihilfeberechtigt.
23Die Aufwendungen für den angeschafften Pudelrüden sind jedoch nicht beihilfefähig.
24Maßgeblich für die Beurteilung ist die Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen (Beihilfeverordnung NRW – BVO NRW) vom 5. November 2009 (GV.NRW. S. 602). Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO NRW sind beihilfefähig die notwenigen Aufwendungen in angemessenem Umfange in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden nach Maßgabe der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§ 91 SGB-V). Die beihilfefähigen Aufwendungen umfassen nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW auch die Kosten für vom Arzt schriftlich verordnete Heilmittel.
25Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zum einen fehlt es an der gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 BVO NRW erforderlichen schriftlichen ärztlichen Verordnung. Zum anderen fehlt es an einer vorherigen Anerkennung der Beihilfefähigkeit durch die Festsetzungsstelle (§ 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 11 BVO NRW).
26Voraussetzung für den Anspruch auf Beihilfe für die Aufwendungen zum Erwerb eines Hilfsmittels ist, dass im Zeitpunkt der Anschaffung des Hilfsmittels eine schriftliche ärztliche Verordnung vorliegen muss.
27Vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 27. Februar 2001 – 5 L 5497/98 -; VG Lüneburg, Urteil vom 18. Juni 2003 – 1 A 149/01 -.
28Der Verordnungszwang soll die Notwendigkeit der Anschaffung eines fachgerechten Hilfsmittels sicherstellen. Diesen Zweck kann die schriftliche ärztliche Verordnung jedoch nur erfüllen, wenn sie vor Anschaffung des Hilfsmittels erfolgt und wenn sich aus der ärztlichen Verordnung die Notwendigkeit der Anschaffung dem Grunde nach sowie nach Art und Umfang der Ausstattung des Hilfsmittels ergibt. Eine solche schriftliche ärztliche Verordnung im Sinne der Beihilfevorschriften erfordert die Aussage eines niedergelassenen Arztes, dass die Anschaffung des Hilfsmittels angesichts des Krankheitszustandes des jeweiligen Antragstellers aus ärztlicher Sicht notwendig ist.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 1998, - 12 A 5885/96 - und OVG NRW, Urteil vom 21. August 1992 – 12 A 1762/90 –.
30Hierzu muss die ärztliche Verordnung einen besonderen Anweisungscharakter aufweisen und darf nicht in einem der angeführten Punkte in der Unverbindlichkeit oder reinen Empfehlung verbleiben.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 1998, aa0; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. März 1995 – 4 S 1192/94 –; VG Lüneburg, Urteil vom 18. Juni 2003 – 1 A 149/01 -.
32Die von der Klägerin vorgelegte ärztliche Verordnung von Frau Dr. med. U. erfüllt diese Anforderungen nicht. Das Rezept ist erst zwei Tage nach dem Kauf des Pudelrüden von der Ärztin ausgestellt worden. Eine nachträgliche ärztliche Verordnung zur Anschaffung eines Hilfsmittels reicht aber nicht aus.
33Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 1998 , aa0, OVG Lüneburg, Urteil vom 27. Februar 2001 – 5 L 5497/98 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. März 1995, aa0.; vgl. ferner VG Lüneburg, Urt. v. 18. Juni 2003 - 1 A 149/01 -, juris.
34Sinn und Zweck der Verordnung ist es, dass das Hilfsmittel gerade entsprechend der Verordnung – also auf dieser basierend – beschafft wird. Dieses ist indes nicht gewährleistet, wenn sich der Antragsteller erst im Nachhinein für das von ihm beschaffte Hilfsmittel um eine ärztliche Verordnung bemüht. Dass im vorliegenden Fall auf Grund besonderer Umstände eine andere Bewertung angezeigt wäre, ist weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich. Das Vorbringen der Klägerin, sie habe bereits vor dem Hundekauf in telefonischem Kontakt mit der Ärztin gestanden, die den Hundekauf befürwortet habe, so dass die Ausstellung der ärztlichen Verordnung zwei Tage später nur „Zufall“ gewesen sei, vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, dass die bloße Befürwortung dem Anweisungscharakter einer ärztlichen Verordnung widerspricht, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin von der behandelnden Ärztin, gerade wenn sie mit ihr über die Anschaffung eines solchen „Hilfsmittels“ im Vorfeld gesprochen hat, bereits vor der Anschaffung einen „Diabetikerwarnhund“ verordnet bekommen hätte. Von Frau Dr. med. U. wurde aber gerade der gekaufte „Pudelwelpe zur Ausbildung zum Diabetikerwarnhund“ nachträglich verschrieben, ohne dass in irgendeiner Form erkennbar gewesen wäre, dass sich der angeschaffte konkrete Hund für eine solche Ausbildung überhaupt eignete.
35Davon abgesehen handelte es sich im Zeitpunkt des Kaufes bei dem Pudelrüden auch nicht um ein einem in § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW gennannten beihilfefähigen Blindenführhund vergleichbares Hilfsmittel. Der Pudelwelpe sollte erst noch zu einem Diabetikerwarnhund ausgebildet werden. Beihilfefähige Hilfsmittel sind aber Gegenstände, die – ohne Heilmittel zu sein – zu Ausgleich, Besserung, Behebung oder Beseitigung der Folgen eines regelwidrigen Körperzustandes geeignet sind, sofern sie nicht im Rahmen der allgemeinen Lebenshaltung benutzt werden können.
36OVG NRW, Urt. v. 7. Juli 1998 – 12 A 5885/96 -, juris Rn. 10.
37Im Zeitpunkt der Anschaffung war der Pudelrüde fachlich noch nicht geeignet, der Tochter der Klägerin bei der Beseitigung oder Behebung ihrer Unterzuckerung bzw. der Wahrnehmung derselben zu helfen. Der Verordnungsgeber stellt in § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW beispielhaft auf einige fachgerechte Hilfsmittel ab, so u.a. auf den Blindenführhund. Fachgerecht ist ein solcher Hund als Hilfsmittel aber erst dann, wenn dieser – nach entsprechender Ausbildung - einen blinden Menschen führt und begleitet. Ob die Anschaffung eines unausgebildeten Blindenführhundes, der seine Ausbildung bei oder mit der erkrankten Person absolviert, der er nach erfolgreicher Ausbildung zugeordnet wird, ebenso beihilfefähig ist wie die Anschaffung eines bereits (anderweitig) ausgebildeten Blindenführhundes, bedarf hier keiner näheren Betrachtung, da es sich vorliegend gerade nicht um einen solchen Hund handelt.
38Zudem ist die medizinische Notwendigkeit für die Anschaffung eines noch auszubildenden „Pudelwelpen“ auf der ärztlichen Verordnung der behandelnden Ärztin nicht nachvollziehbar. Die Diagnose („Dg.: Diabetes mell. Typ Ia“) besagt für sich nichts über die medizinische Notwendigkeit der Anschaffung eines Diabetikerwarnhundes für die Tochter der Klägerin. Mit der gleichen Diagnose hätte die Ärztin ein Insulinpräparat oder eine Insulinpumpe verschreiben können. Die bloße Diagnose erfüllt nicht die medizinische Notwendigkeit der Anschaffung eines Diabetikerwarnhundes dem Grunde nach. Hier wäre – das Vorbringen der Klägerin unterstellt – zu erwarten gewesen, dass sich die Ärztin im Rahmen der medizinischen Notwendigkeit mit der Wahrnehmungsstörung der Tochter im Falle von Unterzuckerungen auseinandergesetzt hätte, namentlich zur Eignung eines Diabetikerwarnhundes im Verhältnis zu den bisher verwandten herkömmlichen Prüf- und Messmethoden Stellung bezogen hätte.
39Die ärztliche Verordnung kann auch nach absolvierter Ausbildung und Prüfung des Hundes als Diabetikerwarnhund nicht mehr nachgeholt werden. Eine nachträgliche ärztliche Verordnung erfüllt gerade nicht Sinn und Zweck der vorherigen ärztlichen Beurteilung.
40Die Klägerin kann die Gewährung einer Beihilfe für den Pudelrüden als auszubildenden bzw. ausgebildeten Diabetikerwarnhund auch deshalb nicht beanspruchen, weil sie die Anschaffung und Ausbildung desselben begonnen hat, ohne das Voranerkennungsverfahren nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 11 BVO NRW abzuwarten.
41Ein Diabetikerwarnhund ist in dem Katalog des § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW nicht explizit aufgeführt. Für nicht aufgeführte bzw. benannte Hilfsmittel von mehr als 1000,- Euro sind diese gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 10 S. 11 BVO NRW nur beihilfefähig, wenn die Festsetzungsstelle die Beihilfefähigkeit vorher anerkennt. Zwar hat der Prudelrüde bei seiner Anschaffung unter 1000,- Euro gekostet, doch handelte es sich – wie zuvor ausgeführt - im Zeitpunkt der Anschaffung noch nicht um einen ausgebildeten Diabetikerwarnhund und damit um ein fachgerechtes Hilfsmittel im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW. Vielmehr sollte er erst im Verlauf der nächsten Jahre eine entsprechende Ausbildung durchlaufen. Sofern die Anschaffung eines zur Ausbildung als Diabetikerwarnhund geeigneten Hundes beihilfefähig sein sollte – was das Gericht hier ausdrücklich offenlässt –, ist ein solcher Hund jedenfalls nicht mit den reinen Anschaffungskosten zu veranschlagen. Vielmehr sind die Aufwendungen für Ausbildung und Training zum Diabetikerhund in Höhe von ca. 8.000,- bis 20.000,- Euro hinzurechnen.
42Vgl. http://www.diabetes-ratgeber.net/print/article/153859 ; http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/diabetikerwarnhunde-die-unterzuckerung-erschnueffeln-1814183.html; http://www.mz-web.de/mitteldeutschland/engagement-diabetiker-warnhund-kostet-20-000-euro,20641266,21283408.html .
43Ausgebildete Diabetikerbegleithunde kosten je nach Ausbildungsdauer und Unterhaltskosten deutlich mehr als 1000,- Euro,
44vgl. http://www.gutefrage.net/frage/wie-viel-kosten,
45so dass für die Beantwortung der Beihilfefähigkeit eines „Diabetikerwarnhundes“ von der Summe auszugehen ist, die für einen ausgebildeten „Diabetikerwarnhund“ marktüblich zu zahlen ist.
46Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit als Diabetikerwarnhund auch nicht unterbleiben. Die Voranerkennung der Beihilfefähigkeit von nicht in § 4 Abs. 1 Nr. 10 BVO NRW genannten Hilfsmitteln ist nicht nur ein Ordnungserfordernis, dessen Nichtbeachtung unschädlich ist, sofern die übrigen Voraussetzungen der Gewährung einer Beihilfe gegeben sind, sondern anspruchbegründendes Tatbestandsmerkmal. Sie ist sachlich-rechtliche Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen. Die vorherige Anerkennung soll sicherstellen, dass die Notwendigkeit von teuren nicht benannten Hilfsmitteln und die Notwendigkeit und Angemessenheit der durch sie bedingten Aufwendungen bereits vor ihrer Anschaffung und Durchführung eingehend geprüft und die erforderlichen Feststellungen rechtzeitig getroffen werden können.
47Vgl. auch OVG NRW, Beschl. v. 5. Februar 2013 – 1 A 522/12 -, juris Rn. 6; Beschl. v. 27. August 2010 – 6 A 3271/08 -, juris Rn. 6; VG Köln, Urt. vom 7. Mai 2013 – 9 K 5759/11 -, juris Rn. 25.
48Das unstreitig fehlende Voranerkennungsverfahren war hier auch nicht nach § 13 Abs. 9 Satz 1 BVO NRW entbehrlich. Nach dieser Vorschrift wird die Beihilfe dennoch gewährt, wenn eine nach dieser Verordnung erforderliche vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit ohne Verschulden des Antragstellers unterblieben ist. Aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift und nach dem Ausnahmecharakter dieser Regelung kommt die Annahme einer Entschuldbarkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht.
49Ein Verschulden in diesem Sinne liegt immer dann vor, wenn sich der Beihilfeberechtigte über das Erfordernis der vorherigen Anerkennung vorsätzlich oder fahrlässig hinwegsetzt, obwohl ihm die Einhaltung des Verfahrens zugemutet werden konnte. Eine Ausnahme gilt dann, wenn in besonders gelagerten Einzelfällen eine Behandlung aus medizinischen Gründen keinen Aufschub duldete. Allein die für die Beihilfefähigkeit erforderliche Notwendigkeit einer (alsbaldigen) Behandlung reicht dafür nicht aus.
50OVG NRW, Beschl. v. 5. Februar 2013 – 1 A 522/12 -, juris, Rn. 8 unter Hinweis auf weitere höchstrichterliche Rechtsprechung.
51Soweit die Klägerin der Auffassung ist, dass es ihr aufgrund der potentiell lebensbedrohlichen Situation für ihre Tochter unzumutbar gewesen sei, das Voranerkennungsverfahren abzuwarten, vermag das Gericht diesem Vorbringen nicht zu folgen. Unterzuckerungen bei der Tochter der Klägerin konnten mit den bisher eingesetzten Hilfsmitteln erkannt und begegnet werden. Warum und weshalb dies für die Dauer des Voranerkennungsverfahrens nicht mehr möglich sein sollte, ist von der Klägerseite weder dargelegt worden noch ersichtlich.
52Dass die Festsetzungsstelle und Beihilfebehörde die Klägerin nicht im Vorhinein auf das Voranerkennungsverfahren hingewiesen hat, begründet nicht die Entschuldbarkeit für dessen fehlende Durchführung. Aus der dem Dienstherrn obliegenden beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 85 Landesbeamtengesetz) folgt keine abzuleitende allgemeine Pflicht zur Belehrung seiner Bediensteten über alle für sie einschlägigen Vorschriften. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar bei den Beamten vorausgesetzt werden können oder die sie sich unschwer verschaffen können.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 -, Deutsches Verwaltungsblatt (DVBl.) 1997, 1004 (1005); Urteil vom 29. Oktober 1992 - 2 C 19.90 -, Zeitschrift für Beamtenrecht (ZBR), 1993, 182 (183); Urteil vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 -, Entscheidungen des BVerwG (BVerwGE) 65, 197 (203); OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2003 - 6 A 798/03 -.
54Mangelnde Rechtskenntnis geht aus diesem Grunde in der Regel zu Lasten des Beamten, weil das geltende Recht allgemein als bekannt anzusehen ist.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 1984 - 6 C 33.83 -, Buchholz, 238.90 Reise- und Umzugskosten Nr. 105, 78 (81); Urteil vom 3. Juni 1965 - VIII C 44.63 -, Buchholz, 238.91 BGr.1942 Nr. 8.
56Lediglich in besonderen Ausnahmefällen, etwa bei Bestehen einer entsprechenden Verwaltungspraxis – die mittelbar über Art. 3 Abs. 1 GG Außenwirkung entfaltet -, kann eine Hinweispflicht für den Dienstherrn zu bejahen sein.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 -, DVBl. 1997, 1004 (1005); Urteil vom 29. Oktober 1992 - 2 C 19.90 -, ZBR 1993, 182 (183); OVG NRW, Urteil vom 23. September 1998 - 12 A 5602/96 -.
58Ein solcher Ausnahmefall liegt hier indes nicht vor.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m.§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Aufwendungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle sowie Körperersatzstücke sind beihilfefähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Beihilfefähig sind vorbehaltlich des Absatzes 4 Aufwendungen für Anschaffung, Reparatur, Ersatz, Betrieb, Unterweisung in den Gebrauch und Unterhaltung der in Anlage 11 genannten Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle und Körperersatzstücke unter den dort genannten Voraussetzungen. Aufwendungen für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Gegenstandes im Sinne von Satz 1 sind nach Ablauf von sechs Monaten seit Anschaffung beihilfefähig, wenn eine erneute ärztliche Verordnung vorliegt.
(2) Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für
- 1.
Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle, die - a)
einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen haben, - b)
einen niedrigen Abgabepreis haben, - c)
der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind oder - d)
in Anlage 12 genannt sind, und
- 2.
gesondert ausgewiesene Versandkosten.
(3) Aufwendungen für das Mieten von Hilfsmitteln und Geräten zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle nach Absatz 1 Satz 1 sind beihilfefähig, soweit sie nicht höher als die Aufwendungen für deren Anschaffung sind.
(4) Sind Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 weder in Anlage 11 oder 12 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar, sind hierfür getätigte Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes notwendig ist. Die Festsetzungsstelle entscheidet in Fällen des Satzes 1 mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde hat bei Aufwendungen von mehr als 600 Euro vor ihrer Zustimmung das Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat herzustellen. Soweit das Einvernehmen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat allgemein erklärt ist, kann die oberste Dienstbehörde ihre Zuständigkeit auf eine andere Behörde übertragen. Absatz 2 bleibt unberührt.
(5) Aufwendungen für den Betrieb und die Unterhaltung der Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind nur in Höhe des 100 Euro je Kalenderjahr übersteigenden Betrages beihilfefähig. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen für Batterien von Hörgeräten sowie Pflege- und Reinigungsmittel für Kontaktlinsen. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
(6) Beihilfefähig sind auch Aufwendungen für Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der die Gefahr einer Infektion durch Stichverletzungen, insbesondere durch Blutentnahmen und Injektionen, besteht oder angenommen werden kann.
Soweit sich Inhalt und Ausgestaltung von Leistungen, zu denen Beihilfe gewährt wird, an Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anlehnen, setzt die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen voraus, dass für die Leistungen einschließlich der Arzneimittel nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit nachgewiesen sind sowie insbesondere ein Arzneimittel zweckmäßig ist und keine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist. Wird in dieser Verordnung auf Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch verwiesen, die ihrerseits auf Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, Entscheidungen oder Vereinbarungen der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen oder Satzungsbestimmungen von gesetzlichen Krankenkassen verweisen oder Bezug nehmen, hat sich die Rechtsanwendung unter Berücksichtigung des Fürsorgegrundsatzes nach § 78 des Bundesbeamtengesetzes an den in diesen Normen oder Entscheidungen niedergelegten Grundsätzen zu orientieren. Dies gilt insbesondere für die §§ 22 und 27 Abs. 1 Satz 2, §§ 30 und 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 43 Abs. 1 und § 50 Abs. 1 Satz 4. Im Übrigen gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches, auf die diese Verordnung verweist, entsprechend, soweit die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Beihilfe- und Sozialversicherungsrecht dies nicht ausschließen.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.