Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Aug. 2017 - 4 A 305/17
Gericht
Tatbestand
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Das Gericht nimmt hinsichtlich der Sachverhaltsdarstellung auf die Feststellungen in dem angefochtenen Bescheid vom 20.02.2017 Bezug und sieht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG von einer eigenen Darstellung ab. Gegen den Bescheid hat der Kläger am 09.03.2017 Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen – insbesondere zur Konversion zum Christentum – vertieft.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
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den Bescheid des Bundesamtes vom 20.02.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
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ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
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hilfsweise: den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,
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weiter hilfsweise: nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen,
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weiter hilfsweise: über das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bezieht sich zur Begründung auf angefochtene Entscheidung.
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Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit er dieser Feststellung entgegensteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Es ist davon auszugehen, dass dem Kläger aufgrund seiner Konversion zum Christentum im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan Verfolgungshandlungen i. S. des § 3 a Abs. 1 AsylG jedenfalls durch nichtstaatliche Akteure (§ 3 c Nr. 3 AsylG) drohen.
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Der ernsthafte Übertritt vom islamischen zum christlichen Glauben führt bei Rückkehr nach Afghanistan zu Verfolgung (VG Aachen, Urteil vom 24.03.2017 – 7 K 2021/16.A -; VG Würzburg, Urteil vom 30.09.2016 – W 1 K 16.31087 -; VG Greifswald, Urteil vom 13.07.2016 – 3 A 367/16 As HGW; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28.07.2014 – 5a K 5864/13.A –; alle juris). Das ist in der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – unbestritten, so dass das Gericht auf die überzeugende Darstellung in diesen Urteilen Bezug nehmen kann.
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Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass der Kläger einen ernsthaften und dauerhaften Glaubenswechsel zum Christentum vollzogen hat, der auf einem religiösen Einstellungswandel sowie innerer Überzeugung beruht und seine religiöse Identität prägt.
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Der Kläger hat glaubhaft erläutert, dass er schon in seiner Kindheit eine Distanz zum Islam entwickelt hat, weil er mit Gewalt zum Beten gezwungen wurde. Seine kritische Haltung hat sich nach seiner überzeugenden Schilderung fortgesetzt, als ihm die Differenz zwischen den öffentlich verbreiteten Parolen und dem tatsächlichen Handeln islamischer Staaten auseinandergesetzt hat. So hat der Kläger eindrucksvoll beschrieben, wie ihm die Parole „Alle Muslime sind Brüder“ bei den Diskriminierungen, die er im Lebensalltag des islamischen Staates Iran und bei den Misshandlungen im Sammellager vor seiner Abschiebung hinnehmen musste, aufgebracht hat. Angesichts dieser Lebenserfahrungen und Grundeinstellungen ist es plausibel, dass der Kläger aufgeschlossen gegenüber alternativen Glaubensvorstellungen war und sich neugierig den christlichen Schriften zugewandt hat, die ein Geistlicher in der Flüchtlingsunterkunft verteilt hat. Gerade unter Berücksichtigung der das Leben des Klägers prägenden Demütigungen lässt sich nachvollziehen, dass den Kläger die Bibelstelle über die Fußwaschung besonders beeindruckt hat. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung plausibel erklärt, was diese Geschichte für ihn bedeutet. Auch die Intensivierung der Verbindung zur christlichen Religion, insbesondere der einschneidende Kontakt zum Gemeindepädagogen im späteren Wohnort des Klägers L., hat der Kläger in jeder Hinsicht glaubhaft dargelegt. Für eine gefestigte innere Überzeugung spricht, dass der Kläger auf Befragen die für sein Leben wichtigsten christlichen Grundsätze spontan und unter Angabe bestimmter Lebensepisoden überzeugend beschreiben konnte. Glaubhaft hat der Kläger erläutert, wie der christliche Glaube seine Persönlichkeit verändert hat. Ferner spricht für eine feste Überzeugung, dass der Kläger seinen Glauben trotz Anfeindungen von Muslimen in seiner Umgebung nicht verborgen gehalten hat.
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Das Gericht teilt die vom Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid ausgeführten Bedenken an der inneren Zuwendung des Klägers zum Christentum nicht. Dass dem Kläger bei der Anhörung vor dem Bundesamt theologische Fragen, etwa zu unterschiedlichen Glaubensrichtungen oder zur Unterscheidung zwischen dem Alten und Neuen Testament nicht geläufig waren, ist anhand der kurzen Zeit, in der sich der Kläger mit der christlichen Religion beschäftigen konnte, und der Sprachbarrieren plausibel zu erklären. Das Fehlen oder Vorhandensein solcher Kenntnisse steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der inneren Einstellung und Prägung der eigenen religiösen Persönlichkeit. Im Übrigen kam die Beschäftigung des Klägers mit der Bibel bereits bei der Anhörung deutlich zum Ausdruck, indem der Kläger ein Beispiel für die nach christlicher Auffassung durch Jesus bewirkten Wunder genannt hat. Ebenso ist es nachvollziehbar, dass der Kläger im Zeitpunkt der Anhörung nicht in der Lage war, das „Vaterunser“ aufzusagen, weil er es seinerzeit nur auf Deutsch mitbekommen hatte. Die Darstellung der Motive zum Glaubensübertritt kann auch nicht als „einsilbig“ bezeichnet werden. Die vom Kläger bei der Anhörung vor dem Bundesamt genannten Gründe – Gleichbehandlung der Menschen, Güte, Hilfsbereitschaft, keine Rachsucht, Verzeihen der Fehler, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit – sind als solche tragende christliche Werte oder lassen sich jedenfalls ohne weiteres den tragenden christlichen Werten wie etwa Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zuordnen. Es entspricht nicht dem Gebot eines fairen Verfahrens, dem Kläger in diesem Zusammenhang Einsilbigkeit vorzuwerfen, wenn ihm nicht einmal durch eine Nachfrage die Chance gegeben wird, die Antwort zu präzisieren und näher zu erläutern.
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Der Umstand, dass der Kläger erst zum Abschluss der Anhörung und nur auf Nachfrage von seiner beabsichtigten Konversion berichtet hat, spricht – entgegen der Einschätzung des Bundesamts – nicht für die Annahme, der Kläger habe keinen ernsthaften Glaubenswechsel vollzogen. Naheliegender ist vielmehr das Gegenteil. Wenn der Kläger mit dem kirchlichen Engagement nur die Absicht gehabt hätte, seine Chancen für das Asylverfahren zu verbessern, hätte er den Glaubenswechsel bei der Anhörung gerade hervorgehoben und von sich aus davon berichtet. Bei der Anhörung war ihm offensichtlich der Zusammenhang zwischen dem Glaubenswechsel und einem damit zu begründenden Aufenthaltsrecht nicht bewusst.
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Die weiteren Erwägungen in dem angefochtenen Bescheid sind so allgemein, dass sie nicht geeignet sind, die individuelle Beurteilung im Fall des Klägers in Zweifel zu ziehen. Im Übrigen ergibt sich aus den Ausführungen auch kein Grund für die in dem Bescheid zum Ausdruck kommende generelle Skepsis, bei Flüchtlingen aus Afghanistan einen ernsthaften und überzeugten Glaubenswechsel annehmen zu können.
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Das gilt zunächst für die Erwägung des Bundesamts, dass die Konversion zum Christentum insbesondere unter afghanischen Asylbewerbern als Erfolg versprechende Möglichkeit angesehen werde, einen gesicherten Aufenthalt zu erhalten und somit „inzwischen in fast allen Asylverfahren von Afghanen eine solche Hinwendung oder gar Konversion vorgetragen“ werde. Zunächst kann keine Rede davon sein, dass in fast allen Asylverfahren afghanische Asylbewerber einen Glaubenswechsel als Asylgrund angeben. Es ist gerichtsbekannt, dass es sich um einen Bruchteil handelt. Im Übrigen muss der Umstand, dass besonders viele Flüchtlinge aus Afghanistan eine Konversion vortragen, nicht zwingend auf Opportunitätsgründen beruhen, sondern kann auch dadurch begründet sein, dass viele Flüchtlinge angesichts der religiös begründeten Gewalttaten in ihrem Herkunftsland nach einer Glaubensalternative suchen.
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Auch die Ausführungen des Bundesamts zur Tätigkeit von Freikirchen in Asylbewerberunterkünften sind nicht geeignet, Asylbewerbern aus Afghanistan generell die Ernsthaftigkeit ihres Glaubenswechsels abzusprechen. Dass Asylbewerber bei Kontakten zu kirchlichen Organisationen soziale Nähe und Integration finden, lässt keineswegs darauf schließen, die Hinwendung zum neuen Glauben erfolge aus Opportunitätsgründen. Auch insoweit gilt eher das Gegenteil: Wer Nähe und Geborgenheit vermittelt, kann auch die darauf beruhende Grundeinstellung glaubhaft darstellen. Bei den meisten Menschen wird die religiöse Prägung eher durch Beziehungen zu Menschen vermittelt, die die jeweilige Religion nahebringen, als etwa durch die (theoretische) Beschäftigung mit religiösen Schriften.
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Im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan hätte der Kläger praktisch keine Möglichkeit, seinen christlichen Glauben zu vertiefen und zu praktizieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass sein christlicher Glaube in seiner Umgebung bekannt würde. Wie sich bereits aus seinem bisherigen Verhalten zeigt, wird der Kläger seinen Glauben trotz Anfeindungen nicht verleugnen. In Afghanistan wäre er deshalb Repressionen und Verfolgungen ausgesetzt.
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Aufgrund des glaubhaften und auf innerer Überzeugung beruhenden Religionswechsels ist die erst nach der Flucht entstandene Gefährdungslage nach Maßgabe des § 28 Abs. 1 a AsylG uneingeschränkt zu berücksichtigen.
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Ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, so sind auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abschiebungsandrohung (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) und für das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (vgl. § 75 Nr. 12 AsylG) nicht erfüllt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b Abs. 1 AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
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aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
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ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn
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der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, - 2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, - 2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird, - 3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und - 4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.