Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 22. Aug. 2013 - 2 A 184/11

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2013:0822.2A184.11.0A
bei uns veröffentlicht am22.08.2013

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für acht Windenergieanlagen.

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Mit Schreiben vom 17.01.2007 beantragte die Klägerin beim Beklagten als obere Immissionsschutzbehörde eine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zunächst neun Windenergieanlagen (WEA) des Typs ENERCON E-70 E 4 (Nennleistung: 2,3 MW, Nabenhöhe 98,20 m, Rotordurchmesser: 71,00 m, Gesamthöhe: 133,70) in den Gemarkungen L., R. und B. im Landkreis B.. Den Antrag für die WEA Lo1 zog sie mit Schreiben vom 07.12.2010 zurück.

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Die Standorte der geplanten Anlagen befinden sich innerhalb des im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion E-Stadt (REP-MD) festgesetzten Eignungsgebiets für die Nutzung der Windenergie EG 10 O.. In diesem Gebiet sind neun Windenergieanlagen anderer Vorhabensträger bereits genehmigt und errichtet (Windpark L./R.).

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Nördlich des Vorhabengebietes liegen in etwa 2 km Entfernung Flächen des Europäischen Vogelschutzgebietes „D.“ (DE 3532-401); ein europaweit bedeutendes Durchzugs-, Rast- und Brutgebiet für verschiedene Vogelarten, das eine Fläche von 15.265 ha aufweist und im April 2004 als Vogelschutzgebiet an die EU-Kommission gemeldet wurde. Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Bekanntmachung des Meldebestandes der Europäischen Vogelschutzgebiete durch die Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 26.07.2007 erfolgt. Das Gebiet wurde bisher noch nicht anhand einer Schutzgebietsverordnung vollständig als „besonderes Schutzgebiet“ ausgewiesen. Die vorhandene Gebietsausweisung des Naturschutzgebietes „O.-D.“ (vgl. Verordnung über das Naturschutzgebiet „O.-D.“ vom 23.07.2004, Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 30.06.2005) erfasst etwa zwei Drittel der Fläche des EU SPA Vogelschutzgebietes „D.“. Nach den im Standard-Datenbogen ausgewiesenen und den vom Landesamt für Umweltschutz im Juni 2006 formulierten (vorläufigen) Schutz- und Erhaltungsziele dient das in Rede stehende Vogelschutzgebiet (auch) als Zugrastgebiet u. a. für den Goldregenpfeifer, für Gänse und Kraniche sowie als Brutgebiet u. a. für die Wiesenweihe und den Weißstorch.

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Die Abstände der geplanten Windenergieanlagen zur Südgrenze des EU SPA „D.“ betragen zwischen 1.800 m und 3.200 m, wobei sechs der acht WEA in einem Abstand von weniger als 3000 m vom Schutzgebiet gelegen sind. Wegen der genauen Lage der einzelnen bereits errichteten und geplanten Windenergieanlagen sowie des Vogelschutzgebietes wird auf den Lageplan vom Okt. 2012 (Bl. 98 d. GA) und den Plan „FFH-Gebiete S. und D.“ vom 15.08.2013 Bezug genommen.

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Südlich des Vorhabengebietes liegt des Weiteren in etwa 650 m Abstand zu den Bestandsanlagen und den geplanten Erweiterungsbereichen die Speetzeniederung als Teil des FFH-Gebietes „S. und K. im O.-A.-H.“ (DE 3633 301), deren Grünlandflächen u. a. für den Goldregenpfeifer als Rastflächen genutzt werden. Das FFH-Gebiet wurde im Oktober 2000 an die Europäische Union gemeldet und anschließend durch diese in die Liste der Gebiete gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen. Eine Schutzgebietsausweisung durch Verordnung des Landes S.-A. liegt bislang nicht vor.

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Wegen der Nähe zum Vogelschutzgebiet „D.“ und der ausdrücklichen Festlegung im REP-MD unter Pkt. 5.8.3.5. Z, wonach für alle in dem in Rede stehenden Eignungsgebiet gelegenen Vorhaben zur Errichtung von Windkraftanlagen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens in der Umweltverträglichkeitsprüfung die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes zu untersuchen und dabei auch eine eventuell kumulierende Wirkung der Vorhaben im Zusammenhang mit vorhandenen und geplanten Windkraftanlagen in dem am Südrand des Schutzgebietes liegenden Eignungsgebieten zu betrachten ist, erfolgte bereits im Rahmen des Genehmigungsverfahrens betreffend die ersten neun Windenergieanlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Als deren Grundlage wurde 2004/2005 eine Brut- und Rastvogelkartierung durchgeführt. Das Untersuchungsgebiet umfasste hierbei einen 2.000 m- Radius um die geplanten Anlagestandorte; erfasst wurden das Frühjahr-Rastgeschehen mit Begehungen am 19.02, 29.02., 09.03, 19.03., 30.03., 11.04. und 21.04.2004 sowie das Sommer- und Herbst-Rastgeschehen mit Begehungen am 29.06., 08.07., 29.07., 11.08., 19.08., 31.08., 08.09., 23.09., 30.09., 06.10., 15.10., 27.10., 08.11., 18.11., 29.11., 05.12., 15.12., 21.12.2004 sowie am 03.01., 13.01., 25.01., 07.02., 15.02., 03.03. und 12.03.2005 (vgl. Bl. 439 ff. d. BA-B). Das Erstvorhaben wurde am 29.11.2006 genehmigt.

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Im Verlaufe des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens betreffend die Erweiterung des Windparks um die hier in Rede stehenden acht weiteren Windenergieanlagen ließ die Klägerin eine weitere Rastvogelkartierung durchführen, bei der das Untersuchungsgebiet für die Rastvögel - wie schon 2004/2005 - einen 2.000 m- Radius um die geplanten Anlagestandorte umfasste. Die Erfassungen des Rastgeschehens erfolgten hierbei nach Angaben der Klägerin in der Zug-/Rastphase 2006/2007 mit entsprechenden Begehungsterminen am 11.07., 03.08., 17.08., 24.08., 05.09., 15.09., 25.09., 04.10., 16.10., 26.10., 06.11.,16.11., 30.11., 11.12., 22.12. und 27.12.2006 sowie am 04.01., 18.01., 30.01., 06.02., 16.02., 27.02., 05.03.,16.03. und 29.03.2007 (vgl. Bl. 343 d. BA-B). Die Feststellungen aus den Erfassungen 2006/2007 sind nicht konkret verortet.

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Zum Ergebnis dieser Erfassungen und Kartierungen heißt es in der von der Klägerin vorgelegten Verträglichkeitsstudie nach § 45 NatSchG LSA vom 27.05.2008 in Bezug auf Rastvögel und deren Zugrouten u. a.: In der Vogelschutzstation S./Naturpark-Verwaltung gebe es zwar Daten zum Naturpark und FFH-Gebiet selbst, zu Rastplätzen und Zugrouten um Umfeld – und damit zum Plangebiet – lägen (indes) keinerlei belastbare Erkenntnisse vor. Angesichts der Entfernung des geplanten Windparks zum EU-Vogelschutzgebiet von etwa 2.000 m könne jedoch für Rastvögel eine Beeinträchtigung der Funktion als Überwinterungsgebiet und als Schlafplatz für Wasservögel im Schutzgebiet selber ausgeschlossen werden. Soweit die Untere Naturschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 21.03.2006 eine Rastvogelkartierung aus dem Frühjahr 2006 vorgelegt habe und sich daraus entsprechende Rastzahlen u. a. für Kraniche und Gänse ergeben würden (vgl. Abb. Bl. 453 d. BA-B), handle es sich bei den Erfassungen offenbar um Einzelereignisse, die eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen würden. Denn im Rahmen der eigenen Kartierungen 2004/2005 und 2006/2007 seien keine besonderen Zugbewegungen über das Plangebiet festgestellt worden. Zudem würden sich die danach u. a. am 15.03.2006 festgestellten 4.500 Gänse sowie die am 14.03.2006 gesichteten 2.000 Gänse deutlich außerhalb eines möglichen Beeinträchtigungsradius befinden. Auch wenn man die Lage der drei (geplanten) Windparks südlich des EU-Vogelschutzgebietes D. (Windpark L./R., Windpark W. und Windpark S.) kumulativ und ihre Entfernung zueinander (7,1 km und 7,8 km, vgl. Abb. Bl. 466 d. BA-B) betrachte, sei eine Barrierewirkung im Hinblick auf die Erreichbarkeit des D. für Rastvögel nicht zu befürchten. Denn zum einen hätten die Untersuchungen zu allen drei Standorten keine Hinweise darauf ergeben, dass ein gebündelter Zug gerade über diese Standorte stattfinde. Zum anderen würden die verbleibenden Korridore von über 7 km zwischen den Standorten einen ungestörten Zu- und Abflug gewährleisten (vgl. Verträglichkeitsstudie nach § 45 NatSchG LSA vom 27.05.2008, BA-B, Bl. 420 ff. [448, 452, 454, 462 – 465]).

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In einer ergänzenden, von der Klägerin beigebrachten Stellungnahme des M.-Büro für Landschaftsökologie vom 30.06.2001 heißt es zur Bewertung der bereits vorliegenden faunistischen Gutachten u. a., dass in Bezug auf die geplanten WEA erhebliche Auswirkungen auf das lokale Rast- und Äsungsgeschehen im Hinblick auf störempfindliche Rastvögel (Kranich, Feldgänse) aufgrund der bestehenden Vorbelastungen nicht zu erwarten seien, sowie des Weiteren, dass sich die Annahme der UNB in der Stellungnahme vom 27.11.2008 über ein „vermehrtes Auftreten der Wiesenweihe“ auf der Grundlage der vorhandenen Datenbasis nicht rechtfertige. Zu empfehlen sei jedoch eine Anpassung der FFH-Verträglichkeitsprüfung an die aktuelle Datenlage, insbesondere soweit es die ermittelten Horste bzw. Brutplätze von Großvogelarten betreffe (vgl. Stellungnahme des M.-Büro für Landschaftsökologie vom 30.06.2001, BA-E, Bl. 415 ff.).

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Nachdem die damals noch selbständigen Gemeinden B., R. und die Stadt O. ihr Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 BauGB jeweils verweigert und die beteiligten Fachbehörden jeweils eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hatten, lehnte der Beklagte mitBescheid vom 25.07.2011 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der acht geplanten Windkraftanlagen ab, weil anhand der vorgelegten Untersuchungen eine Verträglichkeit des Vorhabens insbesondere mit dem Europäischen Vogelschutzgebiet „D.“ nicht nachgewiesen sei. Zur Begründung wird u. a. darauf verwiesen, dass der D. eine hohe überregionale Bedeutung als Durchzugs-, Rast- und Brutgebiet für verschiedene Vogelarten besitze, u. a. als Rastplatz für Gänse, Kraniche und Schwäne, für die nach den tierökologischen Abstandskriterien verschiedener Länder ein Prüf- und Schutzbereich von über 2.000 m gelte. Die danach erforderlichen ornithologischen Untersuchungen über den Einfluss von Windenergieanlagen auf das Flugverhalten insbesondere von Gänsen würden mehrjährige Vorher-Nachher-Beobachtungen voraussetzen, an denen es bislang fehle. Zudem seien Erkenntnisse zur Neuansiedlung des Seeadlers sowie zum vermehrten Auftreten der Wiesenweihen (3-6 Brutpaare) bei der durchgeführten Verträglichkeitsprüfung nicht berücksichtigt worden. Unberücksichtigt geblieben sei hierbei auch, dass sich die Windparkerweiterung zwischen dem EU-Vogelschutzgebiet D. und der grünlanddominierten S.-Niederung bei L. (FFH-Gebiet „Speetze und Krummbek im O.-A.-H.“) befinde, welches als Nahrungshabitat auch für die im südlichen Teil des EU SPA D. ansässigen Brutvögel aber v. a. für die Weißstorchbrutpaare von B. und R. dienen könne. Für diese Tiere könne die Windparkerweiterung eine erhebliche Barriere zwischen Brutplatz und Nahrungshabitat darstellen

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Hiergegen hat die Klägerin am 11.08.2011 Klage erhoben im Wesentlichen mit der Begründung, ihr stehe ein Anspruch auf Genehmigung der in Rede stehenden Windenergieanlagen zu, weil es sich um die bloße Erweiterung bzw. Verdichtung eines vorhandenen Windparks innerhalb eines im Regionalplan ausgewiesenen Windeignungsgebietes handle, etwa 2.000 m entfernt von dem Vogelschutzgebiet „D.“. Schon auf der Ebene des Regionalplans sei hierbei die Vorgabe zur Einhaltung gewisser Abstände zwischen Vogelschutzgebieten und potentiellen Windeignungs- bzw. Vorranggebieten gemacht worden. Bereits auf der Ebene der Regionalplanung sei also eine erste Abwägung der notwendigen Abstände zwischen Vogelschutzgebieten und Windenergieanlagen durchgeführt worden. Jedenfalls mit der Genehmigung der ersten neun Windenergieanlagen am 29.11.2006 sei die Vereinbarkeit von Windenergieanlagen im Hinblick auf das Vogelschutzgebiet erstmals nachgewiesen worden. Vor diesem Hintergrund bestünden schon Zweifel an der Erforderlichkeit einer weiteren FFH-Verträglichkeitsprüfung für die Erweiterung des Windparks. Jedenfalls sei aber die vom Beklagten und den beteiligten Behörden geforderte 3-jährige Kartierung unverhältnismäßig und entbehre jeglicher Rechtsgrundlage. Soweit der Beklagte zum Beleg dieser Forderung auf die Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen verweise, insbesondere auf das Urteil vom 03.08.2010 – 8 A 4062/04 -, sei dieses auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn in dem vom OVG Münster entschiedenen Fall habe zwischen dem Vogelschutzgebiet und den geplanten Windenergienlagen lediglich ein Abstand von 300 m bestanden. Zudem habe es kein Windeignungsgebiet gegeben, bei dessen Erstellung das Vogelschutzgebiet mit abgewogen worden sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des klägerischen Vortrags im Klageverfahren wird gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Schriftsätze ihrer Prozessbevollmächtigten Bezug genommen.

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Im Verlaufe des Klageverfahrens hat die Klägerin eine weitere avifaunistische Stellungnahme und Bewertung durch das M.-Büro für Landschaftsökologie vom 31.08.2012/13.08.2013 vorgelegt, der eine Bestandsaufnahme des Rast-, Durchzugs- und Überwinterungsgeschehens im Zeitraum von September 2011 bis April 2012 sowie Juli/August 2012 zugrunde liegt. Die Erfassungen erfolgten hierbei in einem Radius von 2.000 m um die äußeren geplanten WEA-Standorte. In diesem Untersuchungsgebiet fanden zwischen September 2011 und April 2012 16 Begehungen statt (10.09., 20.09., 08.10., 17.10., 02.11., 17.11., 06.12., 13.12.2011 und 10.01., 25.01., 02.02., 22.02., 10.03., 21.03., 09.04. und 18.04.2012) sowie im Zeitraum Juli/August 2012 nochmals 4 Begehungen (15.07., 23.07., 09.08. und 26.08.2012). Wegen der Einzelheiten und dem Ergebnis der Bewertung wird auf die Stellungnahmen vom 31.08.2012 (Bl. 88 ff. d. GA) und 13.08.2013 (Bl. 112 ff. d. GA) verwiesen.

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Die Klägerin beantragt,

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den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Beklagten vom 25.07.2011 zu verpflichten, der Klägerin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von acht Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-70 E 4 (Nennleistung: 2,3 MW, Nabenhöhe 98,20 m, Rotordurchmesser: 71,00 m, Gesamthöhe: 133,70) auf den Flurstücken …. der Flur . der Gemarkung B., …. der Flur .. der Gemarkung R., … der Flur .. der Gemarkung R. sowie …., …., …., …., ….. alle der Flur …. der Gemarkung L. gemäß ihrem Antrag vom 17.01.2007 zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er tritt der Argumentation der Klägerseite unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Ablehnungsbescheid entgegen.

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Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich zum Sachverhalt geäußert.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Sitzungsniederschrift sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet.

23

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der geplanten acht Windenergieanlagen. Der ablehnende Bescheid vom 25.07.2011 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

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Gemäß § 6 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) setzt die Erteilung einer immissionsrechtlichen Genehmigung u. a. voraus, dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Windkraftanlagen nicht entgegenstehen. Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften gehören auch die Regelungen des Naturschutzrechts (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 03.08. 2010 - 8 A 4062/04 - juris Rn. 73 f. m.w.N.).

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Diese Genehmigungsvoraussetzung ist hinsichtlich der streitgegenständlichen acht Windenergieanlagen nicht erfüllt, denn dem Vorhaben der Klägerin stehen nach der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Sach- und Rechtslage Belange des Naturschutzes unter dem Gesichtpunkt des Schutzes des Europäischen Vogelschutzgebietes „D.“ entgegen. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass das Vorhaben zu nachteiligen Auswirkungen auf das Zug- und Rastvogelgeschehen im „D.“ und insbesondere zu einer Entwertung dieses Gebiets als Rast- und Überwinterungsgebiet für die nordischen Gänsearten Bläss-, Saat- und Graugans sowie für den Goldregenpfeifer und den Kranich führen.

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1. Die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Genehmigung beurteilt sich hier nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (VS-RL) und nicht nach dem (weniger strengen) Schutzregime, das Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) und die seiner Umsetzung dienende Vorschrift des § 34 BNatSchG errichten. Denn die FFH-RL findet in Bezug auf europäische Vogelschutzgebiete gem. Art. 7 FFH-RL erst dann Anwendung, wenn es sich um ein nach Art. 4 Abs. 1 VS-RL zu einem besonderen Schutzgebiet erklärtes oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie anerkanntes Gebiet handelt. Die „Erklärung“ zum besonderen Schutzgebiet setzt eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung des Mitgliedstaats mit Außenwirkung voraus, in der der Schutzgegenstand, der Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen bestimmt sind (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - juris Rn. 32; OVG Mecklenburg-Vorpommern, U. v. 30.06.2010 - 3 K 19/06 - juris Rn. 95).

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An einer solchen rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung (in Form einer Rechtsverordnung) fehlt es bislang in Bezug auf das Vogelschutzgebiet „D.“. Die getroffene ministerielle Auswahlentscheidung, die der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VS-RL) dient und als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum bildet, genügt hierfür ebenso wenig wie die Übermittlung der Gebietsauswahl an die Europäische Kommission, der eine reine Informationsfunktion zukommt (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - juris Rn. 33). Auch die Veröffentlichung des Gebietsvorschlages im Bundesanzeiger am 26.07.2007 erfüllt die v. g. Anforderungen nicht. Zwar wird die Gebietsausweisung damit außenwirksam; die Angaben in der in Rede stehenden Bekanntmachung im Bundesanzeiger erschöpfen sich jedoch in der Bezeichnung des Vogelschutzgebietes, dessen SPA-Nr., seiner Fläche, der betroffenen Schutzgebiete und Landkreise sowie der zuständigen Behörde, in der die Kartendokumentation zur Einsichtnahme hinterlegt ist. Ausführungen hinsichtlich der Schutz- und Erhaltungsziele sowie der Schutzmaßnahmen lassen sich der Bekanntmachung nicht entnehmen. Damit fehlt jedenfalls dieser Bekanntmachung die erforderliche Regelungsdichte, also die inhaltliche Qualität, die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VS-RL zu fordern ist (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - juris Rn. 33 ff.: das BVerwG lässt letztlich offen, welche rechtliche Bedeutung die Bekanntgabe im Bundesanzeiger haben kann und welchen Anforderungen eine Gebietserklärung hinsichtlich der Erhaltungsziele und der Schutzmaßnahmen im Einzelnen genügen muss).

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Als Vogelschutzgebiet, das noch nicht förmlich nach Art. 4 Abs. 1 VS-RL zum besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, dass jedoch die besonderen Anforderungen an ein Schutzgebiet erfüllt, unterliegt der „D.“ als „faktisches“ Vogelschutzgebiet dem Rechtsregime des Art. 4 Abs. 4 VS-RL (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 -, a. a. O.). Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des Art 4 Abs. 1 und 2 VS-RL im Hinblick auf den „D.“ nicht gegeben sind, liegen nicht vor. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Gebietsmeldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgten und den maßgebenden fachlichen Anforderungen entspricht.

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2. Das von der Klägerin geplante Vorhaben ist mit den Verpflichtungen des Beklagten aus Art. 4 Abs. 4 VS-RL nicht vereinbar.

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Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL treffen die Mitgliedstaaten in den Schutzgebieten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels (insbesondere nach Abs. 1 Satz 1 bis 3) erheblich auswirken, zu vermeiden. Die Vorschrift begründet nicht nur eine Dauerpflicht der Mitgliedstaaten, die Lebensräume der geschützten Populationen zu erhalten und Störungen der wildlebenden Vogelarten zu vermeiden bzw. zu unterlassen, sondern bildet zugleich den Maßstab für die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall im Sinne eines Beeinträchtigungs- und Störungsverbots. Die Bestimmung erfüllt damit auch die Funktionen eines Zulassungstatbestandes, wie er voll ausgebildet in Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL bzw. § 34 BNatSchG enthalten ist (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 -, a. a. O.).

31

Das Merkmal der Beeinträchtigung hebt hierbei ab auf den Aspekt einer negativen Veränderung des Status quo hinsichtlich des Erhaltungszustandes der im Gebiet vorkommenden Arten und Lebensräume (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, Bonn 2009, Rn. 223). Grundlage für die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen bilden dabei der Schutzzweck und die Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes, die sich grundsätzlich aus der landesrechtlichen Schutzgebietsverordnung ergeben. Im Falle nicht-erklärter (faktischer) Vogelschutzgebiete ist mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele durch den Mitgliedstaat ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen, nach denen die Richtlinie u. a. dem Zweck dient, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. In Bezug auf dem „D.“ ist zu berücksichtigen, dass dieser nach den vom Landesamt für Umweltschutz im Juni 2006 hierzu bereits ausdrücklich formulierten (vorläufigen) Schutz- und Erhaltungszielen vor allem auch als Zugrastgebiet etwa für den Goldregenpfeifer, für Gänse und Kraniche sowie als Brutgebiet u. a. für die Wiesenweihe und den Weißstorch dient.

32

Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 -, a. a. O.). Die Schwelle zur Erheblichkeit ist hierbei nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VS-RL besteht bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird (vgl. EuGH, U. v. 02.08.1993 - Rs. C-355/90 – juris Rn. 36).

33

Eine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebietes "D." ist hier nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Vorhaben außerhalb des Schutzgebietes liegt. Denn erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen im v. g. Sinne können auch von außerhalb des Schutzgebietes gelegenen Vorhaben ausgehen, soweit sie innerhalb des Vogelschutzgebietes wirken, da die Vogelschutzrichtlinie insoweit keine Unterscheidung trifft. Dabei genügt allerdings die bloße Erschwerung, das Schutzgebiet zu erreichen, nicht, da es andernfalls zu einem überzogenen, der Abwägung mit anderen geschützten Belangen kaum noch zugänglichen Gebietsschutz vor Projekten, die ausschließlich mittelbare Auswirkungen auf den Bestand bzw. die Erhaltung der in den Schutzgebieten geschützten Arten haben können, käme. Eine ein Vogelschutzgebiet beeinträchtigende Wirkung kann aber dann von Windkraftanlagen ausgehen, wenn sie die Gefahr einer Verriegelung des Gebiets mit sich bringen bzw. eine Barrierewirkung dergestalt entfalten, dass Vögel daran gehindert werden, das Schutzgebiet zu erreichen oder zwischen Nahrungs- und Rastplätzen, die sich jeweils in einem Schutzgebiet befinden, zu wechseln, oder wenn sie aufgrund von Ausweichbewegungen der Vögel zur Verlängerung von Pendelflügen zwischen Schlaf-, Nahrungs- und Komfortplätzen führen, die sich jeweils in einem Schutzgebiet befinden, mit der Folge eines erhöhten Energiebedarfs, welcher bei Nahrungsengpässen zu einer erhöhten Sterblichkeit führen kann (vgl. zum Ganzen: OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 03.08.2010 – 8 A 4062/04 – juris Rn. 148 sowie U. v. 30.07.2009 - 8 A 2357/08 - juris Rn. 128; Niedersächsisches OVG, U. v. 24.03.2003 - 1 LB 3571/01 - juris Rn. 49; VG Cottbus, U. v. 07.04.2011 – 4 K 474/04 - juris Rn. 26, jeweils m. w. N.). Eine das Vogelschutzgebiet beeinträchtigende Wirkung liegt schließlich auch dann vor, wenn das Vorhaben zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen und damit zu einer Verkleinerung des besonderen Schutzgebietes führt (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 -, a. a. O., unter Verweis auf EuGH, U. v. 02.08.1993, a. a. O., juris Rn. 36).

34

In Ansehung des gemeinschaftsrechtlichen Vorsorgegrundsatzes darf die Behörde ein Vorhaben nur dann zulassen, wenn sie zuvor Gewissheit darüber erlangt hat, dass dieses sich nicht nachteilig auf das Gebiet als solches auswirkt. Der insoweit erforderliche Wahrscheinlichkeitsgrad ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände eine derartige Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann. Ist bei einem Vorhaben aufgrund der Vorprüfung nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen entstanden, kann dieser Verdacht nur durch eine schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden, mit der ein Gegenbeweis geführt wird. Dieser Gegenbeweis misslingt zum einen, wenn die Risikoanalyse, -prognose und -bewertung nicht den besten Stand der Wissenschaft berücksichtigt, zum anderen aber auch dann, wenn die einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit objektiv nicht ausreichen, jeden vernünftigen Zweifel auszuschließen, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (vgl. BVerwG, U. v.17.01.2007 - 9 A 20.05 – u. U. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -; OVG NRW, U. v. 03.08.2010, a. a. O.).

35

Hiervon ausgehend ist eine Verträglichkeit der streitbefangenen Windenergieanlagen mit den Schutzzwecken des Europäischen Vogelschutzgebiets "D." nicht nachgewiesen. Dass deren Errichtung und Betrieb nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen dieses Vogelschutzgebietes in seiner Funktion als Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsgebiet der geschützten nordischen Gänsearten Bläss-, Saat- und Graugans sowie des Goldregenpfeifers und des Kranichs führen, lässt sich anhand der von der Klägerin vorgelegten FFH-Verträglichkeitsuntersuchung nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, da diese aufgrund einer unzureichenden Tatsachengrundlage erfolgt ist. Insbesondere bieten die von der Klägerin bislang vorgelegten Kartierungen zum Zug- und Rastverhalten der Gastvögel keine taugliche Grundlage, um etwaige Beeinträchtigungen als ausgeschlossen zu bewerten.

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Konkrete Anforderungen an die avifaunistische Untersuchungen zum Zwecke der Bestandserhebung und Bewertung im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen ergeben sich etwa aus den Abstandsempfehlungen der Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW) und aus den Hinweisen des Niedersächsischen Landkreistages zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen – 4. Aufl., Stand: Oktober 2011 – (NLT-Papier), die entsprechend eines Erlasses des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt vom 02.11.204, Az.: 42.111-22341/1, bei der Festlegung von Untersuchungsräumen auch im Land Sachsen-Anhalt berücksichtigt finden sollen. Die Empfehlungen der LAG-VSW und des NLT sind zwar für das Gericht nicht bindend. Sie sind aber eine Zusammenfassung der in Fachkreisen zu der v. g. Problematik gewonnenen (aktuellen) Erkenntnisse, so dass aus ihnen - naturschutzfachlich vertretbar – die maßgeblichen Anforderungen für die avifaunistische Bestandserhebung und Bewertung im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen abgeleitet werden können (so auch OVG LSA, U. v. 19.01.2012 – 2 L 124/09 – juris Rn. 87 u. 94: zur Frage des Abstandes eines Vorhabens zu Horsten des Rotmilans).

37

Ausweislich des v. g. NLT-Papiers ergeben sich für Untersuchungen in Bezug auf das Zug-, Rast- und Überwinterungsgeschehen folgende Anforderungen:

38

„Untersuchungsraum

39

(51) Der Untersuchungsraum sollte unter Berücksichtigung der relevanten naturräumlichen Bedingungen und der zu vermutenden tierökologischen Funktionen einzelfallbezogen abgegrenzt werden. Als Anhaltswert sollte er je Einzelanlage mindestens die 10-fache Anlagenhöhe, bei Windfarmen ab 6 WEA mindestens 2.000 m im Umkreis von den äußeren Anlagestandorten gemessen, umfassen. Bei Vogelarten mit großen Raumansprüchen sind die Interaktionsräume (u. a. Wander- und Zugkorridore) zu berücksichtigen.

40

Brutvogelerfassung

41

42

Gastvogelerfassung

43

(54) Die Gastvogelerfassung sollte wöchentlich eine Erhebung auf der gesamten Fläche von der ersten Juli-Woche bis zur letzten April-Woche (des Folgejahres) erfassen. Anzahl der rastenden Vögel und räumliche Verteilung der rastenden Vogeltrupps sind in einem Kartenausschnitt (M. 1:10.000, ggf. auch 1:5.000) zu dokumentieren.

44

Untersuchungen des Vogelzuges

45

(55) Darüber hinaus können spezifische Erfassungen des Zuggeschehens erforderlich sein. Im Untersuchungsgebiet und in den mit ihm räumlich korrespondierenden in Ziffer 4.3 genannten Restriktionsbereichen sind insbesondere auch großräumige Bewegungen zwischen Schlafplätzen von nordischen Gastvogelarten und Kranichen und deren Hauptnahrungsgebieten ebenso wie großräumige Leitkorridore des Vogelzuges in der Datenerfassung bzw. in der Bewertung der anlagenbedingten Störwirkungen zu berücksichtigen. Insbesondere hierzu ist es erforderlich, die Kumulationswirkungen geplanter, bestehender, zugelassener und beantragter Anlagen einzubeziehen.“

46

In der in Bezug genommenen Ziffer 4.3 des NLT-Papiers heißt es hierzu:

47

4.3 Spezifische Abstände Gastvögel

48

(34) Neben einem generellen Abstand von mindestens 1.200 m zu international, national und landesweit bedeutenden Rast- und Überwinterungsplätzen sollten die Interaktionskorridore zwischen den verschiedenen Habitaten freigehalten werden (z. B. Verbindungen zwischen Nahrungs- und Schlafplätzen). Dies betrifft insbesondere Kraniche, Schwäne und Gänse. Zu Schlafplätzen von Kranichen, Schwänen und Gänsen sollte bei Beständen über einem Prozent der Individuen einer biogeografischen Population ein Abstand von mindestens 3.000 m eingehalten werden. Je nach Lage der Dinge kann …. auch ein Abstand von 6.000 m erforderlich sein. ...“

49

Die Angaben in Ziff. 4.3 betreffend die spezifischen Abstände im Hinblick auf Gastvögel decken sich insoweit mit den von der LAG-VSW vorgegebenen Abstandsempfehlungen (vgl. dort Tabelle 1).

50

Diese Anforderungen, deren Anwendung das Gericht im vorliegenden Fall für geboten und sachgerecht hält (a.) werden durch die von der Klägerin beigebrachten Kartierungen und Untersuchungen nicht erfüllt (b.). Auch im Übrigen sind die bisherigen Untersuchungen nicht ausreichend (c.)

51

a. Zunächst liegen aus der Sicht des Gerichts hier greifbare Anhaltspunkte dafür vor, das Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsverhalten der geschützten nordischen Gänsearten (Bläss-, Saat- und Graugans) sowie des Goldregenpfeifers und des Kranichs im Vorhabensgebiet und dessen näheren Umgebung besonders und entsprechend den o. g. Anforderungen zu untersuchen und zu erfassen. Maßgeblich hierfür ist zunächst, dass die die weite Niederungslandschaft im D. als Rast- und Überwinterungsgebiet gerade auch für diese Vogelarten eine große Bedeutung hat. Hier rasten alljährlich weit mehr als 20.000 Wasservögel. Für Saatgans, Kranich und Kiebitz stellt der D. ein Schlüsselgebiet dar, in dem zur Zugzeit mehr als 1 % der Flyway-Population rasten. Für den Kranich gehört es ferner zu den Top-5-Gebieten in S.–A.. Wie die Rastvogelerfassung der Unteren Naturschutzbehörde aus dem Frühjahr 2006 (vgl. Abb. Bl. 453 d. BA-B) des Weiteren belegt, stellte das Vorhabensgebiet und dessen nähere Umgebung (jedenfalls) bis zur Errichtung der ersten neun Windenergieanlagen ein bedeutendes Nahrungshabitat u. a. für die im Vogelschutzgebiet rastenden Kraniche und nordische Gänse dar. Die ermittelten funktionalen Beziehungen zwischen diesem Nahrungshabitat und dem Vogelschutzgebiet (Zugkorridore) werden auf der v. g. kartographischen Darstellung mit den Hinweisen „Ein- und Abflug vom Schlafplatz Bekassinenwiese“ bzw. „“Ein- und Abflug Schlafplatz Flachwasserzone“ sowie durch zusätzliche Richtungspfeile dargestellt. Hinzu tritt schließlich die besondere Lage des Vorhabensgebietes zwischen dem im Norden gelegenen „D.“ und der Speetzeaue im Süden. Denn südlich des Vorhabengebietes schließt sich in etwa 650 m Abstand zu den Bestandsanlagen und den geplanten Erweiterungsbereichen die Speetzeniederung als Teil des FFH-Gebietes „S. und K. im O.-A.-H.“ (DE 3633 301) an, deren Grünlandflächen vor dem Aufschluss des Bestandswindfeldes regelmäßig u. a. durch den Goldregenpfeifer als Rastflächen genutzt wurden (vgl. M.-Büro für Landschaftsökologie, Stellungnahme v. 13.08.2013, S. 35, 38 ff.).

52

Vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten bestand und besteht hier hinreichender Anlass, das Rast- und Gastvogelgeschehen sowie den Vogelzug systematisch, d. h. entsprechend den o. g. Anforderungen, zu erfassen. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ließe sich mit der erforderlichen Gewissheit ausschließen, dass das geplante Vorhaben im Zusammenspiel mit den bereits errichteten neun Windenergieanlagen zu einer beachtlichen Verlagerung der Rastgebiete und zu einer Beeinträchtigung bestehender Zugkorridore im Sinne einer Barrierewirkung führt. Eine solche systematische Erfassung liegt bislang nicht vor.

53

b. Insbesondere werden die im NLT-Papier festgelegten Anforderungen durch die von der Klägerin beigebrachten Kartierungen und Untersuchungen aus den Jahren 2004/2005, 2006/2007 und 2011/2012 nicht erfüllt. Dies gilt namentlich, soweit Anm. 54 des NLT-Papieres für die Gastvogelerfassung eine wöchentliche Erhebung auf der gesamten Fläche des Untersuchungsraums von der ersten Juli-Woche bis zur letzten April-Woche (des Folgejahres) vorsieht, denn die bislang vorgenommen Begehungen erfolgten nicht wöchentlich, sondern in einem Abstand von jeweils 9 – 11 Tagen. Infolge des gewählten größeren Abstandes zwischen den einzelnen Untersuchungsterminen ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch größere Durchzugswellen von Rast- und Gastvögeln nicht erfasst worden sind. Insoweit beruhen die Erfassung und Bewertung der Gast- und Rastvögel bislang auf keiner ausreichenden Tatsachengrundlage. Gleiches gilt im Ergebnis für die gebotene Untersuchung des Vogelzuges, insbesondere den hierbei zu betrachtenden Untersuchungsraum. Denn bei Vogelarten mit großen Raumansprüchen – wie z. B dem Kranich – beschränkt sich der Untersuchungsraum nach Anm. 51 des NLT-Papieres (bei Windfarmen ab sechs Windenergieanlagen) nicht nur auf den Radius von mindestens 2.000 m im Umkreis der Gesamtanlagenfläche. Zusätzlich zu berücksichtigen sind vielmehr auch die Interaktionsräume dieser Vogelarten (u. a. Wander- und Zugkorridore), die über den v. g. Mindestabstand hinausgehen können. Maßgeblich hierfür ist, dass der Abstand, den die geschützten Vogelarten zu Windenergieanlagen halten (Mindestfluchtdistanz), unterschiedlich groß ist und der Vertreibungseffekt mit der Größe der Vögel zunimmt. So reagieren Kleinvögel angeblich in einem Abstand bis zu 600 m, während bei Rotmilane und Kraniche ein Meideverhalten bis zu einer Distanz von 3.000 m erkennbar ist (vgl. Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, S. 106, Rn. 230; Reichenbach, Auswirkungen von Windenergieanlagen auf Vögel- Ausmaß und planerische Bewältigung, S.146). Daher ist insbesondere im Hinblick auf den Kranich ein Untersuchungsraum von mindestens 3.000 m im Umkreis der Gesamtanlagenfläche geboten, um dessen Zuggeschehen sachgerecht erfassen und die hierauf bezogenen anlagebedingten Störwirkungen hinreichend bewerten zu können. Für die Richtigkeit dieser Annahme sprechen auch die Abstandsempfehlungen der LAG-VSW (dort in Tabelle 1). Denn danach gilt für Vogellebensräume, in denen sich Schlafplätze von Kranichen, Schwänen und Gänsen mit Beständen von über einem Prozent der Individuen einer biogeografischen Population befinden, ein Ausschlussbereich von 3.000 m (Mindestabstand zwischen Brutplatz und geplanter WEA) und ein erweiterter Prüfbereich von (bis zu) 6.000 m, und findet mithin der höhere Vertreibungseffekt, den Windenergieanlagen auf diese Vogelarten ausüben, die erforderliche Berücksichtigung (vgl. auch Anm. 55 i.V.m. Ziff. 4.3 des NLT-Papiers).

54

Ohne Erfolg wendet die Klägerin insoweit ein, auch für den Bereich über 2.000 m lägen die erforderlichen Erfassungen hier vor, weil insoweit eine Datenabfrage bei der Vogelschutzstation S./Naturpark-Verwaltung erfolgt sei. Denn die dort erfassten Daten beziehen sich in erster Linie auf den Naturpark und das FFH-Gebiet selbst und nicht auf die Rastplätze und Zugrouten im Umfeld des Naturparks. Dem entsprechend beruhen diese Daten, soweit sie das Vorhabensgebiet betreffen, eher auf Zufallsergebnissen als auf einer systematische Erhebung. Als solche mögen sie das Bild abrunden, sie können jedoch eine Datenerfassung und Bewertung nach Maßgabe der naturschutzfachlichen Kriterien entsprechend dem NLT-Papier nicht ersetzen.

55

c. Abgesehen von diesen Erwägungen kann gegenwärtig eine anlagenbedingte Verlagerung bzw. Zerstörung von Rastflächen und Zugkorridoren der geschützten Vogelarten auch deshalb nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen werden, weil es hierzu mehrjähriger, systematischer und ausreichend dokumentierter Erfassungen bedarf, die hier nicht vorliegen (vgl. auch Stellungnahme des Myotis-Büros für Landschaftsökologie v. 13.08.2013, S. 35, 38 ff. in Bezug auf den Goldregenpfeifer). Denn nach der Rechtsprechung des OVG Nordrhein-Westfalen (Urteil v. 03.08.2010 – 8 A 4062/04 -) setzen ornithologische Untersuchungen über den Einfluss von Windkraftanlagen auf das Flugverhalten insbesondere von Gänsen, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, mehrjährige Vorher-Nachher-Beobachtungen sowie eine sorgfältige Dokumentation voraus (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 03.08.2010 – 8 A 4062/04 – juris Rn. 151 f.: danach ist eine Auswertung von Radarerfassungen aus zwei Jahren nicht ausreichend). Legt man diesen Maßstab hier an, so fehlt es im Hinblick auf das streitgegenständliche Vorhaben an einer mehrjährigen sorgfältig dokumentierten Erfassungsreihe schon deshalb, weil die Feststellungen aus den Erfassungen 2006/2007 nicht konkret verortet sind und damit für den Zeitraum nach Errichtung der ersten neun Windenergieanlagen im Jahre 2006 nur die Feststellungen aus den Erfassungen 2011/2012 vorliegen. Denn nur bei diesen ist die Anzahl der rastenden Vögel und die räumliche Verteilung der rastenden Vogeltrupps entsprechend kartiert worden (vgl. Anm. 54 des NLT-Papiers).

56

Der insoweit erhobene Einwand der Klägerin, wonach die vom OVG Nordrhein-Westfalen gestellten Anforderungen auf den vorliegenden Fall wegen des hier vorhandenen Abstandes zwischen dem Vogelschutzgebiet und den geplanten Windenergienlagen von knapp 2.000 m nicht übertragbar seien, bleibt ohne Erfolg. Denn die vom OVG aufgestellten Anforderungen beziehen sich ersichtlich allgemein auf ornithologische Untersuchungen, die den Einfluss von Windkraftanlagen auf das Flugverhalten Vögeln, insbesondere von Gänsen, zum Gegenstand haben, während die Frage des Abstandes zwischen dem Vogelschutzgebiet und den geplanten Windenergienlagen eine solche des maßgeblichen Untersuchungsraumes ist (vgl. hierzu unter 2.b.) und auf die Anforderungen als solche keinen Einfluss hat.

57

Im Ergebnis dessen ist das von der Klägerin geplante Vorhaben mit den Verpflichtungen des Beklagten aus Art. 4 Abs. 4 VS-RL nicht vereinbar.

58

3. Einer Berücksichtigung der vorstehend beschriebenen möglichen Beeinträchtigungen des Europäischen Vogelschutzgebiets steht schließlich nicht entgegen, dass die streitgegenständliche Windkraftanlagen in einem Bereich errichtet werden sollen, der im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion E-Stadt (REP-MD) als Eignungsgebiet für die Nutzung der Windenergie (EG 10 Oebisfelde) ausgewiesen ist und in dem bereits neun Windenergieanlagen anderer Vorhabensträger genehmigt und errichtet worden sind. Denn allein die Ausweisung eines Eignungsgebietes in einem Regionalen Entwicklungsplan bedeutet nicht, dass die entsprechenden Vorhaben dort ohne weitere Prüfung zugelassen werden müssten. Dessen ungeachtet enthält der REP-MD unter Pkt. 5.8.3.5. Z zudem die ausdrücklich Festlegung, dass für alle in dem in Rede stehenden Eignungsgebiet gelegenen Vorhaben zur Errichtung von Windkraftanlagen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens in der Umweltverträglichkeitsprüfung die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes zu untersuchen und dabei auch eine eventuell kumulierende Wirkung der Vorhaben im Zusammenhang mit vorhandenen und geplanten Windkraftanlagen in dem am Südrand des Schutzgebietes liegenden Eignungsgebieten zu betrachten ist

59

4. Stehen dem Vorhaben nach alledem Belange des Naturschutzes schon unter dem Gesichtspunkt des Gebietsschutzes entgegen, bedarf es keiner Entscheidung, ob auch unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes naturschutzrechtliche Belange hier beeinträchtigt werden. Offen bleiben kann insbesondere, ob im Hinblick auf den Rotmilan und die Wiesenweihe – wie von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf neue Erhebungen behauptet – wegen des bestehenden Kollisionsrisikos ein Verstoß gegen das Verletzungs- und Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG vorliegt. Dem entsprechend war auch dem dahingehend gestellten Beweisantrag der Klägerin nicht weiter nachzugehen.

60

II. Als unterliegende Beteiligte hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nicht erstattungsfähig sind die außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen, da sie sich nicht durch eine Antragstellung am Prozesskostenrisiko beteiligt haben (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).

61

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

62

Die Streitwertfestsetzung beruht auf 52 Abs. 1 GKG. Wird bei Klagen auf Erteilung einer Genehmigung für Windkraftanlagen – wie hier – eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die einen konkreten wirtschaftlichen Nutzwert der Windenergieanlage ausweist, nicht vorgelegt, bemisst sich das wirtschaftliche Interesse des klagenden Beteiligten regelmäßig in Höhe von 1/10 des Substanzwerts (Herstellungswerts) der Anlage (vgl. BVerwG, B. v. 13.12.2001 – 4 C 3.01 -; OVG LSA, U. v. 14.05.2009 – 2 L 255/06 – u. B. v. 07.05.2007 – 2 O 91/07 -). Unter Zugrundelegung der von der Klägerin im Antragsverfahren angegebenen Herstellungskosten für eine WEA in Höhe von 1.216.259,73 Euro (vgl. Bl. 377 d. BA-A) errechnet sich ein festzusetzender Streitwert für die insgesamt 8 WEA von 973.007,76 Euro (8 x 1.216.259,73 Euro x 1/10). Der Vortrag der Klägerin, wonach sich das geplante Investitionsvolumen davon abweichend auf insgesamt etwa 21.000.000,00 Euro belaufe, ist nicht weiter belegt und bietet daher keinen hinreichenden Anlass, von der v. g. Berechnung abzuweichen.

63

III. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, denn die Rechtssache hat, soweit es die zu stellenden Anforderungen an die avifaunistische Bestandserhebung im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen betrifft, grundsätzliche Bedeutung.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

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Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 34 Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten; Ausnahmen


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erh

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Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 12. November 2012 wird aufgehoben. Die Gerichtskosten tragen der Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte und die Beigeladene jeweils

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(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

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den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Es ist verboten,

1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören
(Zugriffsverbote).

(2) Es ist ferner verboten,

1.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten(Besitzverbote),
2.
Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
a)
zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
b)
zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder auf andere Weise zu verwenden
(Vermarktungsverbote).
Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

(3) Die Besitz- und Vermarktungsverbote gelten auch für Waren im Sinne des Anhangs der Richtlinie 83/129/EWG, die entgegen den Artikeln 1 und 3 dieser Richtlinie nach dem 30. September 1983 in die Gemeinschaft gelangt sind.

(4) Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung und die Verwertung der dabei gewonnenen Erzeugnisse den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, verstößt sie nicht gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote. Sind in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Arten, europäische Vogelarten oder solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, betroffen, gilt dies nur, soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Soweit dies nicht durch anderweitige Schutzmaßnahmen, insbesondere durch Maßnahmen des Gebietsschutzes, Artenschutzprogramme, vertragliche Vereinbarungen oder gezielte Aufklärung sichergestellt ist, ordnet die zuständige Behörde gegenüber den verursachenden Land-, Forst- oder Fischwirten die erforderlichen Bewirtschaftungsvorgaben an. Befugnisse nach Landesrecht zur Anordnung oder zum Erlass entsprechender Vorgaben durch Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung bleiben unberührt.

(5) Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen

1.
das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung bei Anwendung der gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen nicht vermieden werden kann,
2.
das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind,
3.
das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.
Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgelegt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.

(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich mitzuteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.