Verwaltungsgericht Köln Urteil, 22. Jan. 2019 - 7 K 5508/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten sofort vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin ist am 00.00.1961 in Berlin geboren. Sie ist als thalidomidgeschädigte Person im Sinne des Conterganstiftungsgesetzes (ContStifG) anerkannt. Mit Datum vom 28.04.2014 beantragte sie bei der Beklagten die Überprüfung ihrer Bepunktung, da sich bei der Kontrolle ihres Gehörs eine beidseitige leichte Innenohrschwerhörigkeit herausgestellt habe. Die Klägerin führte hierzu aus:
3„...Ich habe schon immer schlecht gehört, musste in der Schule immer ganz vorne sitzen und hatte schon immer Probleme mit meinen Ohren. Mein HNO-Arzt verschrieb mir vor einem guten Jahr daher ein Hörgerät, das ich seitdem trage. Nun bin ich bei Professor Dr. N. , Arzt im Klinikum H. in N1. bzw. in der Poliklinik für HNO-Heilkunde, Ambulanz, in der Q.----------straße 00, 00000 N1. in Behandlung. Er glaubt, dass meine Innenohrschwerhörigkeit mit Contergan zusammenhängt. Demnächst findet noch eine MR-Untersuchung statt. Zusammen mit den Bildern bekomme ich von Professor N. einen abschließenden Befundbericht, den ich Ihnen dann umgehend zukommen lassen werde. ...“
4Die Beklagte wertete dies mit Schreiben vom 02.05.2014 als formlosen Revisionsantrag und bat um Vorlage aktueller medizinischer Unterlagen. Mit Schreiben vom 13.07.2014 übersandte die Klägerin der Beklagten die ihr vorliegenden Untersuchungsbefunde einschließlich einer CD mit den MRT-Aufnahmen. Sie teilte mit, dass nach der Aussage von Prof. Dr. N. bei ihr das Gleichgewichtsorgan nur schwer erregbar sei, was angeboren und in seinen Augen ein Conterganschaden sei. Außerdem seien die Haarzellen im Innenohr nur vermindert bzw. ungenügend vorhanden. Den Befundbericht Prof. Dr. N. reichte die Klägerin am 25.09.2014 nach.
5Mit Bescheid vom 25.03.2015 gab die Beklagte dem Revisionsantrag der Klägerin teilweise statt und erhöhte die Gesamtpunktzahl von 33,50 Punkten auf 36,83 Punkte. Ab dem 01.04.2015 ergab sich damit eine monatliche Rente von 2.551,00 Euro. Der Nachzahlungsbetrag belief sich auf 40.315,66 Euro. Dem lag die Anerkennung einer beiderseitigen leichten Schwerhörigkeit durch die zuständige medizinische Sachverständige Dr. X. vom 15.01.2015 zugrunde, die eine schriftliche Erklärung der Mutter der Klägerin, Frau F. M. , vom 08.12.2014 verwies.
6Es ergab sich hiernach folgende Berechnung:
7Orthopädie Augen HNO Innere
8100 – 33,5 100 – 0 100 – 5 100 – 0
9100 100 100 100
10100 x 0,6650 x 1,0000 x 0,9500 x 1,0000 = 63,1750
11100 - 63,1750 = 36,83
12Eine Bepunktung wegen einer Veränderung des Gleichgewichtsorgans lehnte die Beklagte hingegen ab. Hierbei verwies sie auf Gutachten von Frau Dr. X. vom 28.10.2014 und vom 25.11.2014. Diese vertrat die Auffassung, eine Veränderung des Gleichgewichtsorgans sei nicht anzuerkennen, da das Labyrinth beiderseits erregbar sei. Im letztgenannten Gutachten ist dazu ausgeführt:
13„Die beiderseits verplumpten Labyrinthe würde ich als Fehlbildung anerkennen, jedoch sind keine Punkte anzuerkennen, da ja keine Funktionsbeeinträchtigung vorliegt, weil die Labyrinthe beidseits ihre Funktion ausweislich der thermischen Vestibularisprüfung erfüllen.“
14Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Sie verwies auf eine Erklärung von Prof. Dr. N. , der eine verzögerte Erregbarkeit festgestellt habe. Die Punktetabelle bewerte die fehlende Anlage oder die Fehlbildung des Gleichgewichtsorgans. Funktionsbeeinträchtigungen seien nicht erwähnt. Sie habe verschiedene Probleme, die zu einer korrekten Funktion des Gleichgewichtsorgans in Widerspruch stünden. Sie habe große Probleme, im Dunkeln oder bei Müdigkeit geradeaus zu gehen und habe einen ziemlichen „Rechtsdrall“. Beim Reiten sitze sie nie mittig im Sattel, so dass sie ihren Sitz ständig korrigieren müsse. Sie trinke keinen Alkohol, weil ihr bereits bei geringsten Mengen schwummrig und schwindelig werde. Auch bei körperlicher Anstrengung und abruptem Aufstehen verspüre sie ein Schwindelgefühl. Leitern, Aussichtsplattformen oder Abgründe meide sie. Mit dem Fahrrad „eiere“ sie durch die Gegend; auch das Balancieren sei sehr schwierig.
15Mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Sie verwies auf ein weiteres Gutachten von Frau Dr. X. , in welchem sie ausführte:
16„... ich habe mit die Gleichgewichtsuntersuchungen der LMU N1. noch einmal angesehen, überall ist dokumentiert: „annähernd seitengleich“. Nur die Optokinetik ist beidseits verlangsamt. Daraus eine Fehlfunktion herzuleiten halte ich für nicht zulässig.
17Außerdem ist in dem Vorblatt zur neurootologischen Untersuchung die Frage nach Schwindel von der Patientin verneint worden. Das steht im Widerspruch zu den jetzt vorliegenden Aussagen.
18Ich finde nicht, dass eine anatomische Veränderung ohne Auswirkung auf die Funktion entschädigt werden sollte, das ist aber meiner Meinung nach eine juristisch zu klärende Fragestellung.“
19Die Klägerin hat am 18.09.2015 Klage erhoben.
20Frau Dr. X. habe eine Schädigung durchaus festgestellt, indem sie eine anatomische Veränderung bejaht habe. Frau Dr. X. habe ihre Feststellungen ohne persönliche Untersuchung der Klägerin getroffen. Prof. N. habe dagegen eine ausführliche Anamnese und Diagnostik durchgeführt. Sie – die Klägerin – leide unter Schwindel. Dass sie auf die erstmalige Nachfrage nach Schwindel nicht reagiert habe, liege daran, dass sie ihre Beschwerden eher als Gleichgewichtsstörung aufgefasst habe. Sie legt nochmals die ärztliche Bescheinigung Prof. Dr. N. vom 22.09.2014 vor (Bl. 46 der Gerichtsakte).
21Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.01.2018 hat sich die Beklagte zu einer erneuten fachärztlichen Begutachtung bereit erklärt. Für das weitere Verfahren haben die Beteiligten übereinstimmend auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.
22Die Beklagte hat daraufhin den Fachärzten für Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde Dr. L. X. und Dr. H1. Q1. die folgenden Fragen zur Begutachtung vorgelegt:
23„1. Ist es trotz der offenbar möglichen thermischen Erregbarkeit des Gleichgewichtsorgans der Klägerin (= kein Ausfall des Gleichgewichtssinns) möglich, dass die von der Klägerin in der Klageschrift beschriebenen Symptome auf die vorliegende diskrete Schädigung des Gleichgewichtsorgans zurückzuführen sind (= Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns)?
242. Falls ja: Sind die Symptome genügend für die Anerkennung eines „Gleichgewichtsschadens“ (gegebenenfalls: Ab welcher Schwere der Symptomatik?), oder bedarf es immer des vollständigen Ausfalls des Gleichgewichtssinns?
253. Falls nein: Bestehen Zweifel am Untersuchungsbefund betreffend die gleichmäßige thermische Erregbarkeit des Gleichgewichtssinns der Klägerin?
264. Gibt es andere naheliegende Ursachen, die für die beklagten Schwindelsymptome ursächlich sein könnten?
275. Bestünde Bereitschaft, die Klägerin körperlich zu untersuchen, um das Bestehen der beklagten Symptome und/oder die Ursächlichkeit der diskreten Schädigung der Gleichgewichtsorgane für diese Symptome und/oder andere Ursachen für die beklagten Schwindelsymptome zu untersuchen?“
28Die beiden Fachärzte erstellten daraufhin das gemeinsame Gutachten vom 30.04.2018, in welchem ausgeführt wird:
29„...wir haben die Sachlage unabhängig voneinander bearbeitet und gemeinsam besprochen. Wir stellen zusammen auf der Basis der bekannten Aktenlage abschließend folgendes fest:
30Einleitend wollen wir vorab das Thema Schwindel allgemein beschreiben.
31„Schwindel“ ist ein Symptom und keine Diagnose. Wenn ein Mensch Schwindel beklagt, bedeutet das eine Unsicherheit über die Lage des Körpers in der Umgebung. Dafür gibt es viele Ursachen, da das menschliche Gleichgewichtssystem aus vielen Komponenten besteht, die das Symptom, die Beschwerde Schwindel hervorrufen können. Neben den Labyrinthen, als Sitz eines Teiles des Gleichgewichtssystems im Innenohr, zählen unter anderem die Tiefensensibilität, das visuelle System und der Tastsinn dazu. Die Verarbeitung der verschiedenen Impulse und Informationen aus diesen Organen wird dann im Gehirn vorgenommen. Das Vestibular-Organ ist, im Vergleich mit den Hauptursachen, vergleichsweise selten als maßgebliche Kausalität für Schwindel verantwortlich.
32Zu dem konkreten Fall ist festzustellen, dass es sich bei einem anerkennungsfähigen Schaden um einen vorgeburtlichen Schaden handeln muss. Wenn sich also ein so guter Gleichgewichtssinn im Leben entwickeln konnte, dass wie hier zum Beispiel Radfahren erlernt wurde, so ist ein späterer Verlust dieser Fähigkeit im fortgeschrittenen Leben nicht auf einen vorgeburtlichen Schaden zurückzuführen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Erregbarkeit des Labyrinth-Organes besteht und bestand. Die Schwindelbeschwerden müssen dann andere Ursachen haben.
33Zu Ihren Fragen:
341. Nein. Wenn beide Gleichgewichtsorgane, wie nachgewiesen, thermisch seitengleich erregbar sind, ist die Funktion der Bogengänge nicht gestört. Der von der Patientin geklagte Schwindel ist nicht darauf, nicht auf einen vorgeburtlichen Conterganschaden zurückzuführen.
352. Nein (Eine Anerkennung ist nicht möglich, weil als Anerkennungsvoraussetzung ein vorgeburtlicher Ausfall definiert wurde und ein Ausfall nicht vorliegt.)
363. Der Untersuchungsbefund ist eindeutig.
374. Schwindel wird nur in einem sehr geringen Ausmaß durch das Labyrinth-Organ hervorgerufen. Der Ausdruck „Gleichgewichts-Organ“ ist diesbezüglich verwirrend. Die meisten Ursachen finden sich außerhalb des HNO-Gebietes.
385. Eine körperliche Untersuchung bringt hier keinen Erkenntnisgewinn, da die Aktenlage die vom HNO Arzt zu beurteilende Sachlage klärt.“
39Die Klägerin tritt dem entgegen und verweist darauf, dass die Punktetabelle nicht auf die Symptomatik, sondern auf die körperliche Schädigung abstelle. Außerdem könne sich eine Organschädigung im Laufe des Lebens verschlimmern und Symptome erst später auftreten. Zudem habe Frau Dr. X. , die letztlich Partei sei, in ihrem Befundbericht vom 25.11.2014 eindeutig festgestellt, dass die beidseits verklumpten Labyrinthe als Fehlbildung anzuerkennen sind. Die Verklumpung sei eine vorgeburtliche Schädigung. Außer im Fall einer Meningitis, an der sie nie gelitten habe, trete sie nach Medikamenteneinnahme in der Embryonalphase auf. Die Anlage des Innenohrs und die Ausbildung des Gleichgewichtsorgans fänden zur gleichen Zeit in der dritten bis siebten Schwangerschaftswoche statt. Die Innenohrschwerhörigkeit der Klägerin sei anerkannt. Sie leide, wie bereits mehrfach vorgetragen, nicht unter Schwindelgefühlen, sondern unter Gleichgewichtsproblemen.
40Sie beantragt,
41die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2015 zu verpflichten, ihr höhere Leistungen nach dem ContStifG wegen einer Fehlbildung des Vestibularisorgans zu gewähren.
42Die Beklagte beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Entschädigungspflichtig sei nur der Ausfall des Gleichgewichtssinns ein- oder beidseitig infolge des Fehlens oder einer entsprechenden Schädigung/Fehlbildung des Vestibularisorgans. Für diese – bei beidseitigem Ausfall ganz erhebliche, bei einseitigem Ausfall immer noch spürbare, in der Regel aber kompensierbare – Beeinträchtigung der Lebensqualität würden 5 bzw. 20 Punkte vergeben. Sei der Gleichgewichtssinn trotz einer Schädigung des Vestibularisorgans noch vorhanden, könnten Schadenpunkte nicht vergeben werden. Im Fall der Klägerin liege nur eine Untererregbarkeit des Organs vor. Mögliche Verschlimmerungen seien als Folgeschäden nicht entschädigungsfähig.
45In einem am 21.01.2019 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte diese Einschätzung nochmals bekräftigt.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (3 Bände) Bezug genommen.
47E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
48Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne einen weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.
49Die Klage ist nicht begründet.
50Der Bescheid der Beklagten vom 25.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung höherer Leistungen nach dem Conterganstiftungsgesetz (ContStifG) aufgrund einer Fehlbildung des Vestibularisorgans.
51Gemäß § 12 Abs. 1 ContStifG werden Leistungen wegen Fehlbildungen gewährt, die mit der Einnahme thalidomidhaltiger Präparate der Grünenthal GmbH durch die Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht werden können. Die Höhe der Leistungen richtet sich nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen, § 13 Abs. 2 Satz 1 ContStifG. Die Schwere des Körperschadens wird durch die Medizinische Punktetabelle konkretisiert, die sich in Anlage 2 der Richtlinien des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für die Gewährung von Leistungen wegen Conterganschadensfällen vom 09.03.2017 findet. Bei der Bewertung des Schadens ist auszugehen vom Schweregrad der Fehlbildung, wie er bei der Geburt vorlag oder angelegt war, unter Berücksichtigung der zu erwartenden körperlichen Behinderung, § 7 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 der Richtlinien. Eine Erhöhung oder Verminderung der Conterganrente bei einer Änderung der Körperfunktionsstörungen nach bestandskräftiger Entscheidung über den Antrag findet nicht statt, § 8 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien. Hiermit ist in Übereinstimmung mit den Vorgaben des § 12 Abs. 1 ContStifG zum Ausdruck gebracht, dass Bezugspunkt der Schadensbewertung die bei Geburt bestehende oder wenigstens angelegte Fehlbildung ist. Hingegen sind Folgeschäden einer Fehlbildung – zum Beispiel die Verschlechterung von Körperfunktionen durch Verschleiß von geschädigten oder die Überlastung von gesunden Organen oder Schäden durch Untersuchungen und Behandlungen im Verlauf des Lebens – bei der Bewertung der Schwere des thalidomidbedingten Körperschadens nicht zu berücksichtigen. Derartige Folge- und Spätschäden sollten nach dem Willen des Gesetzgebers durch die pauschale und deutliche Erhöhung der Conterganrenten, durch jährliche Sonderzahlungen und durch die Bewilligung von Leistungen für „spezifische Bedarfe“ abgegolten werden, ohne die Punktebewertung im Einzelfall zu ändern,
52vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs für das 1. Gesetz zur Änderung des ContStifG vom 08.04.2008, BT-Drs. 16/8743, S. 1; Begründung des Gesetzentwurfs für das 2. Gesetz zur Änderung des ContStifG vom 24.03.2009, BT-Drs. 16/12413, S. 7; Begründung des Gesetzentwurfs für das 3. Gesetz zur Änderung des ContStifG vom 12.03.2013, BT-Drs. 17/12678, S. 1, 4 und 7.
53Damit sollte dem sich im Verlauf des Lebens sich regelmäßig verschlechternden Gesundheitsstatus der Leistungsempfänger Rechnung getragen und eine fortdauernde Unsicherheit mit entsprechenden Streitigkeiten über die Punktebewertung vorgebeugt werden. Deshalb sind Körperschäden, die ein contergangeschädigter Mensch im Lauf seines Lebens durch anderweitige Erkrankungen, Unfälle oder altersbedingten Verschleiß oder auch operative Eingriffe erwirbt, keine thalidomidbedingten Fehlbildungen und können bei Punktevergabe nicht berücksichtigt werden.
54Vor diesem Hintergrund ist die von der Beklagten ausgesprochene Ablehnung einer höheren Bepunktung aufgrund einer Fehlbildung des Vestibularisorgans und hierdurch verursachter Gleichgewichtsstörungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die diagnostizierten Fehlbildungen im Bereich des Innenohrs stellen keinen über die bereits zuerkannte beiderseitige leichte Schwerhörigkeit hinausgehenden entschädigungsfähigen Tatbestand dar.
55Das paarige Vestibularisorgan (auch Verstibularapparat oder Gleichgewichtsorgan) befindet sich im Innenohr und unterteilt sich in fünf einzelne Bestandteile, drei Bogengänge und die als Maculaorgane bezeichneten Strukturen Sacculus („Säckchen“) und Utriculus („kleiner Schlauch“). Die Bogengänge dienen dem Drehsinn; das Sacculus erfasst vertikale, Utriculus horizontale Beschleunigungen. Die so erfassten Sinneswahrnehmungen werden über den 8. Hirnnerv weitergeleitet.
56Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 263. Auflage 2012; wikipedia.org/wiki/Gleichgewichtsorgan.
57Die Sachverständige Frau Dr. X. hat bereits in ihrer der Widerspruchsentscheidung zugrunde liegenden Stellungnahme ausgeführt, dass nach den in der LMU N1. durchgeführten Gleichgewichtsuntersuchungen eine „annähernd seitengleiche“ Funktion attestiert ist. Insbesondere war der Vestibularisapparat bei der Klägerin gleichmäßig thermisch erregbar, was unstreitig als objektivierbarer Beleg seiner Funktionstüchtigkeit gelten kann. Zudem heißt es im RAD-Befund vom 11.09.2013 u.a.: „...Kein Nachweis einer Pathologie im Verlauf des 7. Und 8. Hirnnerven beidseits. Regelrechte Anatomie der Innenohrstrukturen beidseits. Der innere Gehörgang erscheint beidseits frei...“. Hiermit in Übereinstimmung steht auch die von der Klägerin vorgelegte ärztliche Bescheinigung der LMU Prof. Dr. J. N. vom 22.09.2014, derzufolge beide Vestibularisorgane annähernd seitengleich erregbar, wenngleich beidseits verplumpt im Sinne einer „diskreten Fehlbildung“ seien. Frau Dr. X. und Herr Dr. Q1. haben in ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 30.04.2018 nachvollziehbar dargelegt, dass sich im Fall einer seitengleichen thermischen Erregbarkeit beider Vestibularisorgane der Schluss auf die Funktionsfähigkeit auch der Bogengänge ziehen lässt. Die dargestellte „diskrete Schädigung“ des Gleichgewichtsorgans lässt daher nach der Auffassung beider nicht den Schluss auf eine Funktionsbeeinträchtigung zu.
58Diese Aussage wird durch den Verfahrensablauf gestützt. Die Klägerin hat Funktionsstörungen des Gleichgewichtsorgans erstmals mit der Vorlage des Befundberichts 2014, also mehr als 50 Jahre nach Schadenseintritt geltend gemacht. Während für die Schwerhörigkeit, die zum Grund des Revisionsantrages gemacht wurde, eine Erklärung der Mutter und eine eigene Erklärung der Klägerin zur Schulzeit vorlagen, ergeben sich aus der medizinischen Akte keinerlei Anhaltspunkte für Gleichgewichtsstörungen oder Schwindel im zeitlichen Verlauf bis 2014. Die Klägerin hat insoweit offenbar eine vollkommen normale körperliche Entwicklung durchlaufen. Wenn nunmehr vorgetragen wird, sie – die Klägerin – habe auf die erstmalige Nachfrage nach Schwindel nicht reagiert, weil sie ihre vorhandenen Beschwerden als Gleichgewichtsstörung aufgefasst habe, ist das nicht nachvollziehbar. Schwindel und Gleichgewichtsstörung sind aus Sicht des medizinischen Laien kaum abzugrenzen und werden selbst in der Fachliteratur teils synonym verwendet. Selbst wenn man davon ausgeht, dass unter einer Gleichgewichtsstörung eher Beschwerden in horizontaler oder vertikaler Richtung, unter Schwindel eher Beschwerden in Bezug auf die Drehbeschleunigung gefasst werden, bringt dieses Schweigen aus Sicht einer Antragstellerin keinerlei Sinn. Vor diesem Hintergrund finden sich keine Anhaltspunkte für eine bereits bei Geburt vorhandene oder wenigstens angelegte Funktionsbeeinträchtigung.
59Soweit die Klägerin heute darüber klagt, in der Dunkelheit oder bei Mündigkeit nicht hinreichend geradeaus gehen zu können, beim abrupten Aufstehen ein Schwindelgefühl zu verspüren oder Höhen zu meiden etc., ergibt sich nichts Abweichendes. In ihrer allgemeinen Beschreibung vom 30.04.2018 haben beide Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt, dass Schwindelgefühle durchaus zahlreiche Ursachen haben können, da das menschliche Gleichgewichtssystem aus vielen Komponenten besteht, die das Symptom, die Beschwerde Schwindel hervorrufen können. Neben den Labyrinthen, als Sitz eines Teiles des Gleichgewichtssystems im Innenohr, zählen unter anderem die Tiefensensibilität, das visuelle System und der Tastsinn dazu. Die Verarbeitung der verschiedenen Impulse und Informationen aus diesen Organen wird dann im Gehirn vorgenommen. Das Vestibular-Organ sei, im Vergleich mit den Hauptursachen, vergleichsweise selten als maßgebliche Kausalität für Schwindel verantwortlich. Dem tritt der Umstand zur Seite, dass im Fall der Klägerin die Vestibularis-Organe aufgrund der objektivierbaren Befunde durchaus funktionstüchtig sind.
60Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass zu weiterer Aufklärung durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten einschließlich einer körperlichen Untersuchung der Klägerin. Die seitens der Beklagten vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen bauen auf den von der Klägerin selbst beigebrachten Befundberichten der LMU N1. auf und stellen diese keineswegs in Abrede. Konkrete Tatsachen, die Zweifel an der Objektivität oder Unabhängigkeit der Sachverständigen aufkommen lassen, sind nicht ersichtlich. Nicht berechtigt ist die Annahme, sie stünden gleichsam „im Lager der Beklagten“ und seien folglich um eine ihr günstige Begutachtung bemüht. Dessen ungeachtet beleibt darauf hinzuweisen, dass die Zahl der Fachärzte und Fachärztinnen mit speziellen Kenntnissen und Erfahrungen auf dem Gebiet der Einordnung von Thalidomid-Schädigungen eng begrenzt ist.
61Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.01.2016 - 16 A 817/15 -.
62Eine höhere Bepunktung ergibt sich auch nicht allein aus dem Umstand, dass auch die Beklagte eine Verplumpung von Innenohrstrukturen und eine verzögerte Erregbarkeit der Vestibularisorgane nicht in Abrede stellt. Solange dies nicht zu einer Funktionsbeeinträchtigung führt, ergibt sich daraus kein Entschädigungstatbestand, obgleich Nr. 4.26 der medizinischen Punktetabelle auch die „Fehlbildung des Gleichgewichtsorgans“ aufführt. Denn die Höhe der Leistungen nach dem ContStifG richtet sich nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörung, § 13 Abs. 2 Satz 1 ContStifG. Bei den zumeist im Vordergrund stehenden orthopädischen Schäden fallen Körperschaden und Funktionsstörung regelmäßig zusammen. Bei der Schädigung innerer Organe besteht ein solcher Automatismus nicht. Es widerspräche vielmehr in der Regel der Zielsetzung des ContStifG, einen Ausgleich auch für solche Fehlbildungen innerer Organe zu gewähren, die sich nicht in Funktionsbeeinträchtigungen manifestieren. Da hier nicht mit hinreichender Gewissheit feststeht, dass die (unterstellten) Funktionsstörungen auf den attestierten Fehlbildungen beruhen, liegt kein Entschädigungstatbestand vor.
63Vgl. für den umgekehrten Fall einer nicht dargelegten Fehlbildung (nur „Untererregbarkeit“ des Gleichgewichtsorgans bei Schwindelsymptomatik) vgl. Urteil der Kammer vom 01.08.2017 - 7 K 2052/15 -.
64Angesichts dessen kann auch offen bleiben, wie es zu werten ist, dass der RAD-Befund vom 11.09.2013 eine regelrechte Anatomie der Innenohrstrukturen beidseits attestiert, eine Fehlbildung der vestibularen Strukturen auch vorliegend also keineswegs offenkundig ist.
65Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
66Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
67Rechtsmittelbelehrung
68Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
69- 70
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 71
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 72
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 73
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
76Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
77Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
78Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
79Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Leistungen wegen Fehlbildungen, die mit der Einnahme thalidomidhaltiger Präparate der Grünenthal GmbH, Aachen, durch die Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht werden können, werden an die Leistungsberechtigten gewährt, die bei Inkrafttreten des Errichtungsgesetzes lebten, und nach Maßgabe des § 13 Abs. 5 Satz 2 an deren Erbinnen und Erben.
(2) Wurden Leistungen nach § 13 des Errichtungsgesetzes nicht innerhalb der dort vorgesehenen Frist geltend gemacht, können die Conterganrente und eine Kapitalentschädigung für die Zeit ab 1. Juli 2009 beantragt werden.
(1) Den in § 12 genannten leistungsberechtigten Personen stehen als Leistungen zu:
- 1.
eine einmalige Kapitalentschädigung, - 2.
eine lebenslängliche Conterganrente vorbehaltlich des Absatzes 2 Satz 3, - 3.
jährliche Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe und - 4.
eine jährliche Sonderzahlung, die erstmals für das Jahr 2009 und letztmalig für das Jahr 2022 gewährt wird.
(2) Die Höhe der in Absatz 1 genannten Leistungen richtet sich nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen und liegt
- 1.
bei der einmaligen Kapitalentschädigung zwischen 1 278 Euro und 12 782 Euro, - 2.
bei der monatlichen Conterganrente zwischen 662 Euro und 7 480 Euro, - 3.
bei den jährlichen Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe zwischen 876 Euro und 9 900 Euro. Zusätzlich erhält jede leistungsberechtigte Person einen jährlichen Sockelbetrag von 4 800 Euro.
(3) Auf Antrag ist die Conterganrente zu kapitalisieren, soweit der Betrag zum Erwerb oder zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes zu eigenen Wohnzwecken verwendet wird. Die §§ 72, 73, 74 Abs. 3 Satz 1, §§ 75, 76 und 77 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 des Bundesversorgungsgesetzes finden entsprechende Anwendung. § 75 Abs. 1 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Veräußerung und Belastung des mit der Kapitalabfindung erworbenen oder wirtschaftlich gestärkten Grundstücks, Erbbaurechts, Wohnungseigentums oder Wohnungserbbaurechts innerhalb der Frist, für die die Conterganrente kapitalisiert wurde, nur mit Genehmigung der Stiftung zulässig sind. Die Kosten der Eintragung einer Verfügungsbeschränkung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Bundesversorgungsgesetzes in das Grundbuch trägt die leistungsberechtigte Person. Darüber hinaus ist die Conterganrente auf Antrag zu kapitalisieren, wenn dies im berechtigten wirtschaftlichen Interesse der leistungsberechtigten Person liegt. Im Übrigen kann die Conterganrente auf Antrag teilweise kapitalisiert werden, wenn dies im Interesse der leistungsberechtigten Person liegt. Die Kapitalisierung ist auf die für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren zustehende Conterganrente beschränkt. Der Anspruch auf Conterganrente, an deren Stelle die Kapitalabfindung tritt, erlischt für die Dauer des Zeitraumes, für den die Kapitalabfindung gewährt wird, mit Ablauf des Monats, der auf den Monat der Auszahlung der Abfindung folgt.
(4) Die Zahlungen der Conterganrente beginnen frühestens mit dem Antragsmonat. Wird der Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Errichtungsgesetzes gestellt, so wird die Conterganrente vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an gewährt. Die jährlichen Sonderzahlungen beginnen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 1 mit dem Jahr, in dem der Antrag auf Conterganrente gestellt worden ist. Für die Auszahlung der Mittel für die jährlichen Sonderzahlungen nach Absatz 1 Satz 3 werden Anträge auf Leistungen nach diesem Gesetz oder Anträge auf Erhöhung der Leistungen nach diesem Gesetz berücksichtigt, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 gestellt worden sind. Die Zahlung der jährlichen Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 beginnt ab dem 1. Januar 2017.
(5) Die Ansprüche auf die in Absatz 1 genannten Leistungen können nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Vererblich sind lediglich Ansprüche auf Kapitalentschädigung, auf Conterganrente und auf die jährliche Sonderzahlung, die im Zeitpunkt des Todes der leistungsberechtigten Person bereits fällig geworden sind, und zwar nur dann, wenn die Person von ihrem Ehegatten, ihrer Lebenspartnerin oder ihrem Lebenspartner, ihren Kindern oder ihren Eltern beerbt wird.
(6) Das Nähere regeln die Satzung und die Richtlinien. Die Satzung trifft insbesondere Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Umfang der Kapitalisierung der Conterganrente nach Absatz 3 Satz 5 und 6 sowie über die Art der Berechnung des Kapitalbetrages. In den Richtlinien ist insbesondere zu regeln, nach welchen Maßstäben auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Mittel Leistungen nach diesem Abschnitt zu bemessen sind und wie das Verfahren zur Gewährung von Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe auszugestalten ist; diese Richtlinien erlässt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
(7) An Erhöhungen der Conterganrente nehmen auch leistungsberechtigte Personen teil, deren Conterganrente nach Absatz 3 kapitalisiert worden ist.
(8) Für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes entsprechend. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist entsprechend anwendbar.
(1) Leistungen wegen Fehlbildungen, die mit der Einnahme thalidomidhaltiger Präparate der Grünenthal GmbH, Aachen, durch die Mutter während der Schwangerschaft in Verbindung gebracht werden können, werden an die Leistungsberechtigten gewährt, die bei Inkrafttreten des Errichtungsgesetzes lebten, und nach Maßgabe des § 13 Abs. 5 Satz 2 an deren Erbinnen und Erben.
(2) Wurden Leistungen nach § 13 des Errichtungsgesetzes nicht innerhalb der dort vorgesehenen Frist geltend gemacht, können die Conterganrente und eine Kapitalentschädigung für die Zeit ab 1. Juli 2009 beantragt werden.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 24. Februar 2015 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens.
1
Gründe
2Der auf die Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Zulassungsantrag der Klägerin bleibt ohne Erfolg, weil die genannten Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt sind bzw. in der Sache nicht greifen.
3Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ergeben sich nicht. Solche Zweifel liegen vor, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angegriffenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
4Vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 ‑ 1 BvR 2228/02 ‑, NVwZ‑RR 2008, 1 = GewArch 2007, 242 = juris, Rn. 25.
5Ernstliche Zweifel werden zunächst nicht dadurch aufgeworfen, dass das Verwaltungsgericht seiner Prüfung einen unzutreffenden Maßstab für die zu fordernde Wahrscheinlichkeit einer Verursachung des Beckenschiefstandes bei der Klägerin durch Thalidomid zugrundegelegt hätte. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit der ständigen Senatsrechtsprechung hervorgehoben, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 12 Abs. 1 ContStifG weit gefasst sei, weil angesichts der Komplexität insbesondere der medizinischen Fragestellungen eine über jeden Zweifel erhabene Kausalitätsfeststellung ‑ in die eine wie in die andere Richtung ‑ kaum jemals möglich sein dürfte; das gilt auch, sofern wie vorliegend die Anspruchsberechtigung dem Grunde nach außer Frage steht und lediglich über die Anerkennung einzelner (weiterer) Schadensbilder als thalidomidverursacht gestritten wird. Soweit das Verwaltungsgericht weiter ausführt, für die Zuerkennung der Leistungsberechtigung könne es jedoch nicht ausreichen, dass Thalidomid als theoretische Ursache für Fehlbildungen nicht auszuschließen sei, weil sich sonst der anspruchsberechtigte Personenkreis nicht verlässlich eingrenzen lasse, stimmt auch dies mit dem vom Senat eingenommenen Standpunkt überein. Denn auch bei zugunsten potenzieller Anspruchsberechtigter relativ weit gefassten Voraussetzungen muss angesichts der theoretisch durchaus vielfältigen und wohl noch nicht bis ins Letzte ergründeten Ursachen für kongenitale Missbildungen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine gerade auf Thalidomideinnahme beruhende Schädigung werdenden Lebens vorliegen.
6Eine solche Wahrscheinlichkeit hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf den leistungserhöhend geltend gemachten Beckenschiefstand der Klägerin aus Gründen verneint, denen diese keine schlüssigen Argumente entgegenzusetzen vermag. Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung im Wesentlichen mit den in der "Medizinischen Punktetabelle" beschriebenen, auf die Hüfte bezogenen Schadensfällen, die einen Beckenschiefstand gerade nicht beinhalten, sowie mit den in der Akte enthaltenen ärztlichen Stellungnahmen über das Schadensbild bei der Klägerin und dessen Einordnung begründet. Auch für den Senat ist unter Berücksichtigung der Befundberichte von Prof. Dr. N. schon aus dem Jahr 1979 sowie von Prof. Dr. G. und dem Orthopäden Dr. O. aus neuerer Zeit nicht zweifelhaft, dass die Hüftgelenke der Klägerin keine Missbildungen aufweisen und lediglich ein geringgradiger Beckenschiefstand vorliegt, der als solcher keinen Zusammenhang mit einer Thalidomidschädigung hat. Die Klägerin hat auch nichts anführen können, was unter Anlegung des oben angegebenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes die Einstufung des Beckenschiefstandes als thalidomidverursachte Schädigung tragen könnte. Soweit sie sich darauf beruft, dass Prof. Dr. N. im Jahr 1973 eine beidseitige Hüftschädigung angenommen hat, wird das entscheidend dadurch relativiert, dass es sich seinerzeit um eine pauschale, also gerade nicht auf der Feststellung eines konkreten Schadensbildes beruhende Feststellung gehandelt hat, die ‑ wie auch die von der Klägerin außerhalb der Darlegungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) gemachten Ausführungen (E-Mail vom 25. August 2015) nahelegen ‑ aller Wahrscheinlichkeit nach lediglich prospektiv im Hinblick auf für möglich gehaltene Langzeitfolgen erfolgt ist, wobei jedenfalls die aktuellen ärztlichen Stellungnahmen klar belegen, dass sich derartige Folgeschäden bis heute nicht eingestellt haben. Wenn die Klägerin des Weiteren behauptet, bei einer festgestellten auf der Einnahme von Contergan beruhenden Schädigung der Wirbelsäule sowie der unteren Extremitäten sei ausgeschlossen, dass eine Hüftfehlbildung nicht thalidomidbedingt sei, geht das daran vorbei, dass die genannten medizinischen Sachverständigen eine Hüftfehlbildung gerade verneint haben. Auch die weitere Darlegung, ein ‑ etwa ‑ auf muskulärer Verspannung der Gesäßmuskulatur und der unteren Rückenmuskulatur beruhender Beckenschiefstand sei "in einem solch jungen Alter schier unwahrscheinlich", wird nicht in einer Weise untermauert, der Zweifel an den fachlichen Aussagen der beteiligten Mediziner, denen auch das Alter der Klägerin vor Augen gestanden hat, wecken könnte. Vor dem Hintergrund der vorliegenden ärztlichen Gutachten kommt es folglich auch nicht auf die Beantwortung der Frage an, inwieweit mittelbare Schäden als Schädigungen im Sinne von § 2 sowie § 12 Abs. 1 ContStifG Anerkennung finden können.
7Auch ein Verfahrensmangel in der Gestalt einer unzulänglichen Sachverhalts-ermittlung tritt auf der Grundlage der klägerischen Darlegungen nicht hervor. Es führt insbesondere nicht zur Annahme des Berufungszulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, dass das Verwaltungsgericht zu der Frage der Verursachung eines Beckenschiefstandes bzw. des Vorhandenseins von Hüftfehlbildungen durch thalidomidhaltige Arzneimittel kein (zusätzliches) Sachverständigengutachten eingeholt hat. Eine prozessrechtswidrige Verletzung der Aufklärungspflicht ist nämlich grundsätzlich nicht gegeben, wenn das Gericht von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei wie hier nicht förmlich ‑ das heißt im Rahmen der mündlichen Verhandlung (§ 86 Abs. 2 VwGO) ‑ beantragt hat.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2015 ‑ 1 B 37.15 ‑, juris, Rn. 11; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Juli 2012 ‑ 16 A 1165/12 ‑, juris, Rn. 21 f., und zuletzt vom 30. Dezember 2015 ‑ 16 A 1852/15 ‑; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 4. Auflage (2014), § 124 Rn. 191; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Auflage (2015), § 124 Rn. 13; Stuhlfauth, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, Kommentar, 6. Auflage (2014), § 124 Rn. 65; Dietz, in: Gärditz, VwGO, Kommentar, 2013, § 124 Rn. 49.
9Ein solcher Antrag geht aus dem Sitzungsprotokoll des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2015 nicht hervor. Das Anregen einer Beweiserhebung durch ein (weiteres) medizinisches Gutachten etwa im Rahmen vorbereitender Schriftsätze ersetzt einen Beweisantrag nach § 86 Abs. 2 VwGO nicht.
10Es ist auch nicht unter Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts dargelegt, dass sich diesem eine (weitere) Beweiserhebung zu dem oben genannten Punkt aufdrängen musste. Die Klägerin hat nicht verdeutlicht, warum die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten unzutreffend bzw. unvollständig sein könnten. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang auch zu Unrecht darauf, die Gutachten stellten gleichsam Beklagtenvorbringen dar. Der bloße Umstand, dass die beiden im Jahr 2013 mit dem Fall der Klägerin befassten medizinischen Sachverständigen (Prof. Dr. G. und Dr. O. ) von der Beklagten beauftragt worden sind, führt nicht zu der Annahme, dass diese gleichsam "im Lager der Beklagten" stehen und einseitig deren Interessen wahrnehmen; die Klägerin trägt auch über den für sich genommen unergiebigen Hinweis auf die Auftragserteilung durch die Beklagte hinaus nichts vor, was Zweifel an der Objektivität und Fachkunde der beteiligten Gutachter erzeugen könnte, wobei überdies darauf hinzuweisen ist, dass die Zahl der Fachärzte und ‑ärztinnen mit speziellen Kenntnissen und ‑ vor allem ‑ Erfahrungen auf dem Gebiet der Einordnung von Contergan-Schädigungen eng begrenzt ist.
11Im Übrigen ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht, welche tatsächlichen Umstände über die bereits von den genannten Gutachten behandelten Punkte hinaus einer Klärung bedürfen. Es verfängt auch nicht der Hinweis der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe ‑ statt ein weiteres Gutachten einzuholen ‑ durch die Auswertung von Onlineinformationen allgemeiner Art eine eigene Sachkunde herzustellen versucht und diese dann in das Urteil einfließen lassen. Soweit das Verwaltungsgericht auf medizinische Erklärungen insbesondere aus Internetveröffentlichungen wie "apothekenumschau.de" oder "onmeda.de" zurückgegriffen hat, diente das ersichtlich nicht der (zusätzlichen) Erkenntnisgewinnung, sondern erklärt sich hinlänglich aus dem Bemühen der Kammer, dem Urteil durch den ergänzenden Verweis auf allgemein zugängliches medizinisches Wissen zusätzliche Überzeugungskraft zu geben. Daraus kann weder der Schluss gezogen werden, dass aus der Sicht des Verwaltungsgerichts ‑ oder auch aus objektiver Sicht ‑ die Faktengrundlage für eine negative Bewertung der Thalidomidbedingtheit etwaiger Hüft‑/Beckenschädigungen der Klägerin ergänzungsbedürftig war, noch dass das Verwaltungsgericht eine ihm nicht zustehende Fachkompetenz in Anspruch genommen hätte. Unzutreffend ist schließlich auch die Auffassung der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe ihr mit dem Hinweis auf fehlende ärztliche Stellungnahmen, die für eine hüft‑/becken-bezogene Thalidomidschädigung sprechen könnten, eine "Beibringungslast" auferlegt und so den Grundsatz der Amtsermittlung missachtet. Diese Auffassung könnte nur dann in dem von der Klägerin gewünschten Sinne tragfähig sein, wenn das Verwaltungsgericht von einer offenen Sachlage ausgegangen wäre und auf dieser gedanklichen Grundlage eine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin getroffen hätte. Das trifft aber, wie dargestellt, nicht zu; vielmehr hat sich das Verwaltungsgericht die volle Überzeugung verschafft, dass die im Streit stehenden Beschwerden der Klägerin nicht vorliegen bzw. nicht thalidomidverursacht sind.
12Soweit der Antrag einen (weiteren) Verfahrungsmangel darin sieht, dass die Rücknahme des Bewilligungsbescheides ‑ vom 4. Februar 1974 ‑ u. a. wegen des Fehlens einer vorherigen Anhörung gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen habe, ist das schon im Ansatz nicht geeignet, den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darzulegen. Denn diese Bestimmung bezieht sich lediglich auf Mängel des gerichtlichen Verfahrens, nicht aber auf etwaige Fehler im vorangegangenen behördlichen Verfahren.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Juni 1997 ‑ 8 B 852/97 ‑ und vom 29. Mai 2000 ‑ 22 A 852/99 ‑, jeweils m. w. N.
14Entsprechendes gilt für einen etwaigen Verstoß gegen § 51 VwVfG, wie er von der Klägerin unter Hinweis auf eine verspätete Zusendung erbetener Unterlagen durch die Beklagte in den Raum gestellt wird.
15Soweit die Klägerin schließlich im Zusammenhang mit dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ausführt, die "Aberkennung von 4 Versorgungspunkten" (rechte bzw. linke Hüfte pauschal) habe einen eigenständigen Verwaltungsakt dargestellt und daran habe sich durch die "Verrechnung" mit anderen Punkten nichts geändert, bleibt das auch dann ohne Erfolg, wenn zu ihren Gunsten davon ausgegangen wird, dass sie damit auch im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Richtigkeit entsprechender Ausführungen des angefochtenen Urteils in Zweifel ziehen möchte. Denn sie widerspricht der Auffassung des Verwaltungsgerichts, das eine an den §§ 48 f. VwVfG zu messende Regelung der Beklagten verneint hat, ohne den eingehenden Ausführungen im Urteil eigene Argumente von hinlänglichem Gewicht entgegenzusetzen. Insbesondere fehlt es an jeglicher Darlegung, aus welchem Grund eine Verwaltungsaktsqualität der "Aberkennung" bzw. der "Gesamtverrechnung" von Punkten durch die Beklagte zu einem Anspruch auf Stiftungsleistungen in der von ihr begehrten Höhe und damit zur Ergebnisunrichtigkeit des angegriffenen Urteils geführt haben könnte.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 188 Satz 2 VwGO.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Den in § 12 genannten leistungsberechtigten Personen stehen als Leistungen zu:
- 1.
eine einmalige Kapitalentschädigung, - 2.
eine lebenslängliche Conterganrente vorbehaltlich des Absatzes 2 Satz 3, - 3.
jährliche Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe und - 4.
eine jährliche Sonderzahlung, die erstmals für das Jahr 2009 und letztmalig für das Jahr 2022 gewährt wird.
(2) Die Höhe der in Absatz 1 genannten Leistungen richtet sich nach der Schwere des Körperschadens und der hierdurch hervorgerufenen Körperfunktionsstörungen und liegt
- 1.
bei der einmaligen Kapitalentschädigung zwischen 1 278 Euro und 12 782 Euro, - 2.
bei der monatlichen Conterganrente zwischen 662 Euro und 7 480 Euro, - 3.
bei den jährlichen Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe zwischen 876 Euro und 9 900 Euro. Zusätzlich erhält jede leistungsberechtigte Person einen jährlichen Sockelbetrag von 4 800 Euro.
(3) Auf Antrag ist die Conterganrente zu kapitalisieren, soweit der Betrag zum Erwerb oder zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes zu eigenen Wohnzwecken verwendet wird. Die §§ 72, 73, 74 Abs. 3 Satz 1, §§ 75, 76 und 77 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 des Bundesversorgungsgesetzes finden entsprechende Anwendung. § 75 Abs. 1 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die Veräußerung und Belastung des mit der Kapitalabfindung erworbenen oder wirtschaftlich gestärkten Grundstücks, Erbbaurechts, Wohnungseigentums oder Wohnungserbbaurechts innerhalb der Frist, für die die Conterganrente kapitalisiert wurde, nur mit Genehmigung der Stiftung zulässig sind. Die Kosten der Eintragung einer Verfügungsbeschränkung gemäß § 75 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Bundesversorgungsgesetzes in das Grundbuch trägt die leistungsberechtigte Person. Darüber hinaus ist die Conterganrente auf Antrag zu kapitalisieren, wenn dies im berechtigten wirtschaftlichen Interesse der leistungsberechtigten Person liegt. Im Übrigen kann die Conterganrente auf Antrag teilweise kapitalisiert werden, wenn dies im Interesse der leistungsberechtigten Person liegt. Die Kapitalisierung ist auf die für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren zustehende Conterganrente beschränkt. Der Anspruch auf Conterganrente, an deren Stelle die Kapitalabfindung tritt, erlischt für die Dauer des Zeitraumes, für den die Kapitalabfindung gewährt wird, mit Ablauf des Monats, der auf den Monat der Auszahlung der Abfindung folgt.
(4) Die Zahlungen der Conterganrente beginnen frühestens mit dem Antragsmonat. Wird der Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Errichtungsgesetzes gestellt, so wird die Conterganrente vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an gewährt. Die jährlichen Sonderzahlungen beginnen nach Maßgabe des Absatzes 1 Satz 1 mit dem Jahr, in dem der Antrag auf Conterganrente gestellt worden ist. Für die Auszahlung der Mittel für die jährlichen Sonderzahlungen nach Absatz 1 Satz 3 werden Anträge auf Leistungen nach diesem Gesetz oder Anträge auf Erhöhung der Leistungen nach diesem Gesetz berücksichtigt, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 gestellt worden sind. Die Zahlung der jährlichen Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 beginnt ab dem 1. Januar 2017.
(5) Die Ansprüche auf die in Absatz 1 genannten Leistungen können nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Vererblich sind lediglich Ansprüche auf Kapitalentschädigung, auf Conterganrente und auf die jährliche Sonderzahlung, die im Zeitpunkt des Todes der leistungsberechtigten Person bereits fällig geworden sind, und zwar nur dann, wenn die Person von ihrem Ehegatten, ihrer Lebenspartnerin oder ihrem Lebenspartner, ihren Kindern oder ihren Eltern beerbt wird.
(6) Das Nähere regeln die Satzung und die Richtlinien. Die Satzung trifft insbesondere Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Umfang der Kapitalisierung der Conterganrente nach Absatz 3 Satz 5 und 6 sowie über die Art der Berechnung des Kapitalbetrages. In den Richtlinien ist insbesondere zu regeln, nach welchen Maßstäben auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Mittel Leistungen nach diesem Abschnitt zu bemessen sind und wie das Verfahren zur Gewährung von Leistungen zur Deckung spezifischer Bedarfe auszugestalten ist; diese Richtlinien erlässt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
(7) An Erhöhungen der Conterganrente nehmen auch leistungsberechtigte Personen teil, deren Conterganrente nach Absatz 3 kapitalisiert worden ist.
(8) Für die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes entsprechend. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist entsprechend anwendbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.