Verwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 2 K 2808/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 2003 einen gewerblichen Kanu- und Kajakverleih auf der F. .
3Am 28. Oktober 2014 beantragte sie bei dem Beklagten die Erteilung einer Befreiung von Verboten des Landschaftsplans Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises u.a. für die gewerbliche Nutzung der F. durch Anbringung eines „Walking-Balls“ an der Brücke am Angelpark A. . Dabei handelt es sich, wie die Klägerin im Klageverfahren ausgeführt hat, um einen großen Kunststoffball, in den man hineinschlüpfen kann, um damit über das Wasser „zu laufen“. Die Nutzung des Balles ist im Angebot der Klägerin für Kinder ab dem 6. Lebensjahr vorgesehen. Die Klägerin bat zugleich um eine „großzügigere“ Befristung der Befreiung, als sie ihr im Bescheid vom 28. April 2014 gewährt worden sei. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 12. Januar 2015 ab. Zur Begründung führte er aus, der betroffene Abschnitt der F. liege nach den Festsetzungen des Landschaftsplans Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises innerhalb eines Landschaftsschutzgebietes. Nach den Festsetzungen des Landschaftsplans sei es verboten, Einrichtungen für den Wassersport bereitzuhalten oder zu errichten. Hierunter falle auch die begehrte Anbringung eines „Walking-Balls“. Ein Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Verboten des Landschaftsplans stehe der Klägerin nicht zu. Die Klägerin legte hiergegen kein Rechtsmittel ein.
4Am 27. März 2015 stellte die Klägerin beim Beklagten einen inhaltsgleichen Befreiungsantrag für die gewerbliche Nutzung der F. . Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 9. April 2015 ab und wies zur Begründung darauf hin, es handele sich um einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens, für den die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
5Am 17. April 2015 stellte die Klägerin beim Beklagten einen erneuten Befreiungsantrag mit gleichem Inhalt. Diesem Antrag stimmte der Beklagte nach Abstimmung mit der Bezirksregierung Köln im Schreiben vom 12. Mai 2015 insoweit zu, als das gewerbliche Befahren der F. mit Raftingbooten Gegenstand des Antrags war. Soweit es die Nutzung der F. durch einen „Walking-Ball“ betrifft, verwies der Beklagte die Klägerin in diesem Schreiben erneut darauf, dass die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht gegeben seien.
6Die Klägerin hat schon am Montag, dem 11. Mai 2015 Klage erhoben.
7Sie macht geltend, die gewerbliche Nutzung der F. durch einen „Walking-Ball“ im fraglichen Bereich sei nicht von den Verbotsvorschriften des Landschaftsplans Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises erfasst. Die einschlägige Bestimmung unter Ziff. 2.2 Nr. 16 des Landschaftsplanes beinhalte das Verbot, Einrichtungen für den Wasser-, Luft- oder Schießsport bereit zu halten oder zu errichten oder diese Sportarten zu betreiben. Ein „Walking-Ball“ sei aber kein Sportgerät. Es handele sich vielmehr um ein Freizeitvergnügen auf dem Wasser für Kinder und Jugendliche. Wenn man den „Walking-Ball“ jedoch als Wassersportgerät ansehe, so sei ihr eine Befreiung zu erteilen. Dies sei nämlich übliche Verwaltungspraxis. Die Nutzung von „Walking-Balls“ auf im Geltungsbereich von Natur- und Landschaftsschutzgebieten gelegenen Kölner Seen werde problemlos zugelassen.
8Die Klägerin beantragt,
9festzustellen, dass sie für die gewerbliche Nutzung der F. durch Anbringung eines „Walking-Balls“ an der Brücke am Angelpark A. keiner Befreiung von den Verbotsvorschriften des Landschaftsplanes Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises durch den Beklagten bedarf,
10hilfsweise,
11den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 9. April 2015 und teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 12. Mai 2015 zu verpflichten, ihr eine Befreiung von den Verbotsvorschriften des Landschaftsplanes Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises für die gewerbliche Nutzung der F. durch einen „Walking-Ball“, der an der Brücke am Angelpark A. angebracht wird, zu erteilen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung verweist er zunächst auf seine Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend macht er geltend, die Nutzung des Walking-Balls in diesem Bereich der F. sei als „Sport“ im Sinne der Verbotsbestimmungen des Landschaftsplans anzusehen. Die Formulierungen im Landschaftsplan seien nicht so zu verstehen, dass von dem Verbot nur Wettbewerbssportarten betroffen seien.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 2 K 4916/14, 11 K 3031/14, 11 L 1670/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die Klage hat in vollem Umfang keinen Erfolg.
181. Das hauptsächlich gestellte Feststellungsbegehren ist nach § 43 VwGO zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin kann nicht die Feststellung begehren, dass sie für die gewerbliche Nutzung der F. durch Anbringung eines „Walking-Balls“ an der Brücke am Angelpark A. keiner Befreiung von den Verbotsregelungen des Landschaftsplans Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises bedarf.
19Die fragliche Brücke liegt im rechtswirksam festgesetzten Landschaftsschutzgebiet LSG 2.2-8 „F1. zwischen C. und C1. .“ Bezogen auf dieses Land-schaftsschutzgebiet bestimmt der Landschaftsplan unter Nr. 16 u.a., dass es verboten ist, in diesem Gebiet Einrichtungen für den Wasser-, Luft- oder Schießsport bereitzuhalten oder zu errichten oder diese Sportarten zu betreiben, Gewässer zu befahren oder in ihnen zu baden. Die von der Klägerin erstrebte Anbringung eines „Walking-Balls“ an der Brücke am Angelpark A. wird von diesem Verbot erfasst. Es handelt sich bei diesem Gerät, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, um eine Einrichtung für den Wassersport. Das Vorbringen der Klägerin steht dem nicht entgegen. Auch wenn der Ball von ihr in erster Linie als Freizeitangebot für Kinder ab sechs Jahren vorgesehen sein mag, wie sie nunmehr im gerichtlichen Verfahren vorträgt (ihr Antrag im Verwaltungsverfahren ist hingegen insoweit in jeder Hinsicht unklar), unterfällt er dem zitierten Verbotstatbestand. Denn der Begriff des „Sports“ läßt sich nicht präzise oder gar eindeutig abgrenzen. Was im Allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist weniger eine Frage einer wissenschaftlichen Analyse, sondern wird weit mehr vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und tradierten Einbindungen in soziale, wirtschaftliche, politische und rechtliche Gegebenheiten bestimmt.
20Vgl. Röthig (Hrsg.), Stichwort "Sport" in "Sportwissenschaftliches Lexikon" , 1992, S. 493.
21Insofern ist es heute zwanglos möglich, unter den Begriff „Sport“ auch Bewegungs- und Spielformen einzuordnen, die im Zusammenhang mit körperlichen Aktivitäten eines Menschen stehen, ohne dass insoweit das Alter oder der Wettkampfgedanke im Vordergrund steht. Das Hineinschlüpfen von Menschen, mögen es in erster Linie auch Kinder und Jugendliche sein, in einen „Walking-Ball“, um mit diesem über die F. zu „laufen“, ist eine derartige mit körperlicher Aktivität einhergehende Bewegungs- und Spielform. Das Bereithalten bzw. die Errichtung einer solchen Einrichtung in der von der Klägerin begehrten Art und Weise ist im Landschaftsschutzgebiet LSG 2.2-8 „F1. zwischen C. und C1. “ nach Nr. 16 der Festsetzungen eindeutig verboten.
222. Auch der Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den oben aufgezeigten Verboten des Landschaftsplans Nr. 1 „Tagebaurekultivierung Nord“ des S. -F. -Kreises nach § 67 BNatSchG, der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, nicht zu.
23Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG kann eine Befreiung von Verboten auf Antrag gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftpflege vereinbar ist. Ob hier von einem Einzelfall gesprochen werden kann, ist schon zweifelhaft, bedarf aber keiner Entscheidung durch das Gericht. Die Befolgung des das Landschaftsschutzgebiet LSG 2.2-8 „F1. zwischen C. und C1. “ betreffenden Verbots unter Ziffer 16 des Landschaftsplans bedeutet nämlich in jedem Fall keine unzumutbare Belastung für die Klägerin. Sie betreibt seit 2003 ihr Gewerbe entlang der F. , auch ohne einen „Walking-Ball“ an der Brücke am Angelpark A. angebracht zu haben. Es ist für das Gericht in keiner Weise erkennbar, weshalb die Befolgung des Verbots nunmehr für den Betrieb des klägerischen Gewerbes mit unzumutbaren Auswirkungen verbunden sein soll. Derartige Auswirkungen sind von der Klägerin weder nachvollziehbar dargelegt, geschweige denn nachgewiesen worden, obwohl dies unbedingt geboten ist, damit der Beklagte prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung auf der Grundlage von § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG – ausnahmsweise – angenommen werden können.
24Dass im Zuständigkeitsbereich anderer unterer Landschaftsbehörden möglicherweise andere Maßstäbe mit Blick auf die Zulassung von „Walking-Balls“ in festgesetzten Landschaftsschutzgebieten angewandt werden mögen, wie die Klägerin – allerdings in jeder Hinsicht unsubstantiiert vorbringt -, verhilft ihrem Begehren schließlich ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn ein Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, auf den die Klägerin insoweit abstellt, besteht nur gegenüber dem konkret zuständigen Verwaltungsträger.
25So zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2016 - 8 A 1030/15 -.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
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Referenzen - Gesetze
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154
Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43
Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 67 Befreiungen
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 02. Feb. 2016 - 2 K 2808/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 13. Jan. 2016 - 8 A 1030/15
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn
- 1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder - 2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.
(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. März 2015 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 4.952,32 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.
4Es kann dahinstehen, ob für die Anfechtungsklage gegen die mit Ordnungsverfügung vom 2. Dezember 2014 verhängte Fahrtenbuchauflage noch ein Rechtsschutzinteresse besteht oder ob sich diese durch Zeitablauf erledigt hat.
5Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2015 - 8 A 1892/14 -.
6Die geltend gemachten Zulassungsgründe, die sich auf die Sachabweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht beziehen, liegen jedenfalls nicht vor.
71. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten bei dem hier in Rede stehenden erstmaligen Verkehrsverstoß (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h) weder unverhältnismäßig noch sonst ermessensfehlerhaft ist.
8Der Erlass einer Fahrtenbuchauflage setzt einen Verkehrsverstoß von einigem Gewicht voraus. Ein nur einmaliger unwesentlicher Verstoß, der sich weder verkehrsgefährdend auswirken kann noch Rückschlüsse auf die charakterliche Ungeeignet-heit des Kraftfahrers zulässt, genügt zum Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht. Auch für die im Einzelfall noch angemessene Dauer der Fahrtenbuchauflage kommt es wesentlich auf das Gewicht des Verkehrsverstoßes an. Sachgerecht ist auch ein zusätzliches Abstellen auf die Frage, ob es sich um einen erstmaligen oder einen wiederholten - unaufgeklärt gebliebenen - Verkehrsverstoß handelt.
9Die Bemessung des Gewichts einer Verkehrszuwiderhandlung ist dabei an dem in Anlage 13 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) niedergelegten Punktesystem zu orientieren. Dabei ist bereits ab einem Punkt und auch schon bei der ersten derartigen Zuwiderhandlung von einem erheblichen Verstoß auszugehen.
10Vgl. zur früheren Rechtslage nur BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 9, OVG NRW, Urteil vom 29. April 1999 - 8 A 699/97 -, NJW 1999, 3279 = juris Rn. 21, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 9. September 1999 ‑ 3 B 94.99 -, NZV 2000, 386 = juris Rn. 2.
11Dies gilt umso mehr nach der Reform des Punktesystems zum 1. Mai 2014, wonach Punkte nur noch für Verstöße vergeben werden, die die Verkehrssicherheit beeinträchtigen.
12Vgl. BT-Drs. 17/12636, S. 1, 17.
13Mit der Umstellung des vormaligen 18-Punkte-Systems des Verkehrszentralregisters auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht in das Fahreignungsregister eingetragenen („neuen“) Punkten gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG und der damit einhergehenden Änderung der Anlage 13 zur FeV ist die Bedeutung der (weiterhin) mit einem oder mehreren Punkten bewehrten Zuwiderhandlungen zumindest gleichgeblieben.
14Die Straßenverkehrsbehörde handelt nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie - wie der Beklagte - die Dauer der Fahrtenbuchauflage grundsätzlich an der vom Verordnungsgeber in der Anlage 13 zur FeV erfolgten Bewertung orientiert und auf eine weitere Binnendifferenzierung verzichtet.
15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Oktober 2015 ‑ 8 B 868/15 -.
16Nach dem aktuell gültigen, vereinfachten Punktesystem deckt ein Punkt nunmehr eine größere Spanne von Geschwindigkeitsüberschreitungen (und anderen Verkehrsverstößen) ab als zuvor. Hinzu kommt, dass Punkte nur noch für Verkehrsverstöße vorgesehen sind, die die Verkehrssicherheit tatsächlich beeinträchtigen (s. o.). Um dieser Spannbreite insgesamt typisierend Rechnung zu tragen, bemisst der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage für alle mit einem Punkt bewerteten Zuwiderhandlungen einheitlich mit 12 Monaten, sofern es sich um einen Erstverstoß handelt. Soweit dies dazu führt, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen „am unteren Rand“ einer punktebewerteten Zuwiderhandlung nunmehr eine längere Fahrtenbuchauflage zur Folge haben als vor der Systemumstellung, bewegt sich die vom Beklagten mitgeteilte neue Verwaltungspraxis im Bereich zulässiger Typisierung. Bei derart häufig auftretenden Vorgängen darf sich die Verwaltungspraxis an einfach handhabbaren Kriterien ausrichten. Die mit einer Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten verbundene Belastung ist nicht erheblich und der hier in Rede stehenden, mit einem Punkt bewerteten Ordnungswidrigkeit (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 24 km/h) noch angemessen.
17Einen ermessensleitenden Grundsatz, wonach die Untergrenze einer Fahrtenbuchauflage zwingend bei sechs Monaten angesetzt werden müsste, gibt es demgegenüber nicht. § 31a StVZO enthält keine Vorgaben für die Dauer der Fahrtenbuchauflage, sondern überlässt diese dem pflichtgemäß auszuübenden Ermessen der Verkehrsbehörde. Eine zwingende „Einstiegsdauer“ von sechs Monaten kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass das Bundesverwaltungsgericht eine solche Fahrtenbuchauflage mit der Begründung als verhältnismäßig angesehen hat, diese Zeitdauer liege „noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle“ und stelle daher keine übermäßige Belastung dar.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1995 - 11 C 12.94 -, BVerwGE 98, 227 = juris Rn. 11.
19Das Fehlen einer weiteren Differenzierung bei den mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstößen verstößt auch nicht deshalb gegen das vom Beklagten selbst gewählte System, weil dieser bei den mit zwei Punkten bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen danach unterscheidet, ob diese ein Fahrverbot von einem, zwei oder drei Monaten zur Folge haben. Denn für die mit nur einem Punkt bewerteten Geschwindigkeitsüberschreitungen sind Fahrverbote bei erstmaliger Begehung in der Regel nicht vorgesehen (vgl. § 4 Abs. 1 und 2 Satz 2 Bußgeldkatalog-Verordnung ‑ BKat - i. V. m. Tabelle 1 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BKat).
20Ausgehend davon hat der Beklagte die Dauer der Fahrtenbuchauflage von 12 Monaten auch hinreichend begründet und seine Ermessenserwägungen bekannt gegeben. Soweit die der Ordnungsverfügung beigefügte Begründung in diesem Punkt unzureichend war, hat er diesen Mangel jedenfalls mit der Offenlegung seines Bewertungssystems im gerichtlichen Verfahren behoben und seine Ermessenserwägungen in zulässiger Weise ergänzt (vgl. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW sowie § 114 Satz 2 VwGO). Einer weitergehenden Begründung dafür, warum die Dauer der Fahrtenbuchauflage nach dieser Praxis nunmehr mindestens ‑ im hier vorliegenden Fall eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes - auf 12 Monate bemessen wird, bedurfte es angesichts der obigen Annahmen und der vom Beklagten dargelegten, in sich schlüssigen Verwaltungspraxis nicht. Soweit das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einer noch zum alten Punktesystem ergangenen Entscheidung eine solche Begründung verlangt hat,
21vgl. Nds. OVG, Urteil vom 10. Februar 2011 - 12 LB 318/08 -, DAR 2011, 339 = juris Rn. 20 ff., wohl auch Bay. VGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 11 CS 10.357 -, NJW 2011, 326 = juris Rn. 25,
22sieht der Senat hierzu im vorliegenden Fall keinen Anlass.
23Dass im Zuständigkeitsbereich anderer Straßenverkehrsbehörden andere Maßstäbe angewandt werden mögen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Der Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG besteht nur gegenüber dem konkret zuständigen Verwaltungsträger.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1987 - 1 C 19.85 -, BVerwGE 78, 192 = juris Rn. 35, m. w. N.
25Im Übrigen waren gewisse Unterschiede bei der Bemessung der Dauer von Fahrtenbuchauflagen in verschiedenen behördlichen Zuständigkeitsbereichen entgegen der Auffassung der Klägerin auch unter der Geltung des alten Punktesystems zu verzeichnen.
26Hat die Klägerin nach alledem die Rechtmäßigkeit der Fahrtenbuchauflage nicht ernstlich in Zweifel gezogen, ist auch die Rechtmäßigkeit der Gebührenfestsetzung nicht in Frage gestellt. Gesonderte Rügen wurden insoweit nicht erhoben.
272. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
28Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren von Bedeutung wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
29Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 127.
30Diese Voraussetzungen sind vom Rechtsmittelführer darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hat in ihrer Antragsbegründung bereits keine Frage bezeichnet, der sie grundsätzliche Bedeutung beimisst. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist mit den - vorstehend näher behandelten - Ausführungen der Zulassungsbegründung auch nicht sinngemäß dargelegt.
31Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
32Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei legt der Senat in Anlehnung an Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013,
33vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013; abrufbar auch unter http://www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf,
34für jeden Monat der Geltungsdauer der Fahrtenbuchauflage einen Betrag von 400,- € zu Grunde. Hinzu kommt der Betrag der ebenfalls angefochtenen Kostenfestsetzung.
35Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.