Verwaltungsgericht Köln Urteil, 23. Juli 2014 - 10 K 7359/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die 1980 in der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien geborene Klägerin ist Staatsangehörige der Republik Bosnien-Herzegowina. Sie beantragte am 06.09.2012 die Erteilung eines Aufnahmebescheides als Spätaussiedlerin unter Einbeziehung ihres Ehemannes und ihrer beiden minderjährigen Kinder. Dabei berief sie sich auf die Abstammung von ihrer Großmutter väterlicherseits, die deutsche Volkszugehörige gewesen sei. Die deutsche Sprache habe sie als Kind von ihrer Großmutter sowie später durch Deutschkurse gelernt; ihre deutschen Sprachkenntnisse reichten für ein einfaches Gespräch aus.
3Auf die Frage zu etwaigen Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen als deutsche Volkszugehörige gab sie in dem Antragsvordruck an: Es sei Krieg in Bosnien (1991 – 1996) gewesen und alle seien benachteiligt gewesen, weil der Krieg zwischen verschiedenen Nationalitäten und Religionen geführt worden sei. Nach dem Krieg sei das Leben in Bosnien schwer geworden. Die verschiedenen Volksgruppen seien miteinander verfeindet; die mit deutscher Vergangenheit seien ausgegrenzt und erhielten weniger Chancen. Deutsche Siedlungen existierten nicht mehr; enteignete Grundstücke seien nicht zurückgegeben worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe die Großmutter jegliche deutsche Lebensweise verheimlichen und unterdrücken müssen.
4Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Aufnahmeantrag mit Bescheid vom 19.08.2013 ab, da die Klägerin Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht glaubhaft gemacht habe.
5Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend:
6Die Benachteiligungen wegen der deutschen Volkszugehörigkeit hätten schon 1991 begonnen. Während des Krieges hätten Angst und Schrecken geherrscht, der Kontakt u.a. zur Großmutter habe nicht mehr aufrecht erhalten werden können, obwohl diese nur 50 km entfernt gewohnt habe. In ihrer Gegend seien Katholiken nicht erwünscht gewesen und teilweise umgebracht worden. Eine katholische Kirche und ein Kloster seien geplündert und zerstört worden; erst 2010 seien Kirche und Kloster mit deutscher Hilfe wieder aufgebaut worden. In Bosnien-Herzegowina werde nach wie vor darauf geschaut, zu welcher Volkszugehörigkeit und zu welcher Religion der Einzelne gehöre. 50 % der Bevölkerung seien ohne Arbeit und ohne Perspektive.
7Das Bundesverwaltungsamt wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2013 zurück: Auch mit dem Widerspruchsvorbringen habe die Klägerin keine Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG glaubhaft gemacht. Die schwierige wirtschaftliche Situation in Bosnien-Herzegowina betreffe alle Volksgruppen; ein Zusammenhang zwischen der Volkszugehörigkeit und z.B. einer Arbeit mit nur geringer Bezahlung sei nicht ersichtlich.
8Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren. Ergänzend macht sie geltend: Sie sei deutsche Volkszugehörige, weil sie deutscher Abstammung sei und sich zum deutschen Volkstum bekannt habe. In der Familie sei das deutsche Brauchtum gepflegt worden. Bei Volkszählungen in Bosnien habe die Familie die deutsche Nationalität angegeben. Auch die deutsche Sprache sei in Familie in der Weise vermittelt worden, dass ein Gespräch auf Deutsch geführt werden könne.
9Seit ihrer Kindheit sei sie als Deutsche erheblichen Anfeindungen ausgesetzt. In der Schule sei die Familie ausgegrenzt und sie seien als deutsche Verräter beschimpft sowie als „deutsche Adelige“ verspottet worden, weil sie blonde Haare und helle Haut hätten. Ihr Vater Boro habe als Deutscher wegen seiner Abstammung keine Anstellung erhalten und sich als Maler selbständig machen müssen, was im kommunistischen Jugoslawien mit Schwierigkeiten verbunden gewesen sei. Zeitweise habe die Familie keine Krankenversicherung gehabt; auch das Arbeitsverhältnis er Mutter sei gekündigt worden. In der Zeit von 1992 bis 1998 sei der Familie mehrfach die Versorgung mit Wasser und Strom, gekappt worden. Ein Besuch der Kirche an Ostern und Weihnachten sei nicht möglich gewesen, weil dies zu gefährlich gewesen sei. In den staatlichen Schulen gebe es nur das Pflichtfach Orthodoxe Religion und keinen Ethik-Unterricht. Sie, die Klägerin, habe bis 2007 nur schlecht bezahlte Nebenjobs erhalten und viele Überstunden machen müssen. Bei der Entbindung ihrer ersten Tochter habe sie den Arzt im Krankenhaus für einen Kaiserschnitt selbst bezahlen müssen.
10Die Klägerin beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesverwaltungsamtes vom 19.08.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2013 zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid nach dem Bundesvertriebenengesetz zu erteilen und ihren Ehemann T. D. sowie ihre minderjährigen Kinder L. und J. D. in diesen Bescheid einzubeziehen.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie verteidigt die angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus: Unabhängig von den fehlenden Benachteiligungen im Sinnes des § 4 Abs. 2 BVFG sei auch die deutsche Volkszugehörigkeit der Klägerin nicht nachgewiesen: Nach den Angaben der Klägerin und den von ihr vorgelegten Dokumenten könne weder die Abstammung von einer deutschen Volkszugehörigen noch ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum noch ausreichende deutsche Sprachkenntnisse festgestellt werden.
15Entscheidungsgründe
16Die zulässige Klage ist nicht begründet.
17Der Bescheid vom 19.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids und Einbeziehung ihrer Familienangehörigen (§ 113 Abs. 5 VwGO).
18Als Rechtsgrundlage für die Erteilung des beantragten Aufnahmebescheides kommt nur § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in Betracht in der Fassung des am 14.09.2013 in Kraft getretenen 10. BVFG-Änderungsgesetzes (BGBl. I S. 3554). Nach dieser Vorschrift wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall, weil sie jedenfalls die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BVFG nicht erfüllt. Die Vorschrift gilt für Aufnahmebewerber aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG außer den in § 4 Abs. 1 BVFG genannten Staaten, mithin auch für die Republik Bosnien-Herzegowina als Nachfolgestaat der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Nach § 4 Abs. 2 BVFG setzt die Spätaussiedlereigenschaft u. a. voraus, dass der Aufnahmebewerber glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag. Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sind nur konkrete Nachteile von nicht bloß geringem Gewicht, die der Volksdeutsche in eigener Person erlitten hat und die ihm in Anknüpfung an seine deutsche Volkszugehörigkeit durch den Staat oder – bei fehlendem staatlichen Schutz – von Dritten zugefügt worden sind.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (198); OVG NRW, Urteil vom 10.03.2014 - 11 A 2571/12 -.
20Geringfügige Schwierigkeiten, bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen sind keine Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG. Benachteiligungen, die in allen Lebensbereichen zugefügt werden können, müssen ein hinreichendes Gewicht besitzen und sich dementsprechend im Leben des Volksdeutschen auch ausgewirkt haben. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht allgemein umschreiben, sondern kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Erforderlich ist weiter ein durch Einzelheiten substantiierter, in sich stimmiger Vortrag. Bloße pauschale Behauptungen reichen nicht aus.
21Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (199 f.); OVG NRW, Urteil vom 10.03.2014 - 11 A 2571/12 -, juris.
22Nach diesen Maßstäben erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BVFG nicht.
23Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die Klägerin hat im gerichtlichen Verfahren nichts vorgetragen, was zu einer anderen Bewertung Anlass gäbe. Soweit sie Benachteiligungen ihrer Großmutter und ihres Vaters in der Vergangenheit anführt, ist bereits nicht ersichtlich, dass die Klägerin hiervon in eigener Person betroffen ist. Die allgemein schwierige wirtschaftliche Situation in Bosnien-Herzegowina betrifft – wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat – alle Volksgruppen. Die Behauptung der Klägerin, sie werde gerade wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit schlechter bezahlt und habe nur Nebenjobs erhalten, ist durch nichts belegt und damit nicht glaubhaft gemacht; dasselbe gilt für den behaupteten Zusammenhang zwischen der Volkszugehörigkeit und der von der Klägerin nach ihren Angaben privat zu zahlenden Arztkosten für eine ärztliche Behandlung. Etwaige Beschimpfungen und Beleidigungen in der Schule haben kein ausreichendes Gewicht, um als Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG gelten zu können. Soweit die Klägerin angibt, das Fach Orthodoxe Religion sei in der Schule Pflichtfach, ist ebenfalls keine Benachteiligung der Klägerin gerade wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit erkennbar.
24Zu Recht hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren ferner ausgeführt, dass auch von der deutschen Volkszugehörigkeit der Klägerin (§ 6 Abs. 2 BVFG) nach den bisher vorgelegten Unterlagen nicht ausgegangen werden kann, insbesondere hinreichend aussagekräftige Urkunden zur Abstammung von einer deutschen Volkszugehörigen nicht vorgelegt worden sind.
25Da die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides hat, scheidet auch die begehrte Einbeziehung ihre Familienangehörigen gemäß § 27 Abs. 2 BVFG aus.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
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(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz muss derjenige Wohnsitz verloren gegangen sein, der für die persönlichen Lebensverhältnisse des Betroffenen bestimmend war. Als bestimmender Wohnsitz im Sinne des Satzes 2 ist insbesondere der Wohnsitz anzusehen, an welchem die Familienangehörigen gewohnt haben.
(2) Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger
- 1.
nach dem 30. Januar 1933 die in Absatz 1 genannten Gebiete verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat, weil aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen gegen ihn verübt worden sind oder ihm drohten, - 2.
auf Grund der während des zweiten Weltkrieges geschlossenen zwischenstaatlichen Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder während des gleichen Zeitraumes auf Grund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten umgesiedelt worden ist (Umsiedler), - 3.
nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen hat oder verlässt, es sei denn, dass er, ohne aus diesen Gebieten vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler), - 4.
ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben, sein Gewerbe oder seinen Beruf ständig in den in Absatz 1 genannten Gebieten ausgeübt hat und diese Tätigkeit infolge Vertreibung aufgeben musste, - 5.
seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 genannten Gebieten gemäß § 10 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Eheschließung verloren, aber seinen ständigen Aufenthalt dort beibehalten hatte und diesen infolge Vertreibung aufgeben musste, - 6.
in den in Absatz 1 genannten Gebieten als Kind einer unter Nummer 5 fallenden Ehefrau gemäß § 11 des Bürgerlichen Gesetzbuchs keinen Wohnsitz, aber einen ständigen Aufenthalt hatte und diesen infolge Vertreibung aufgeben musste.
(3) Als Vertriebener gilt auch, wer, ohne selbst deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger zu sein, als Ehegatte eines Vertriebenen seinen Wohnsitz oder in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 5 als Ehegatte eines deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen den ständigen Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten verloren hat.
(4) Wer infolge von Kriegseinwirkungen Aufenthalt in den in Absatz 1 genannten Gebieten genommen hat, ist jedoch nur dann Vertriebener, wenn es aus den Umständen hervorgeht, dass er sich auch nach dem Kriege in diesen Gebieten ständig niederlassen wollte oder wenn er diese Gebiete nach dem 31. Dezember 1989 verlassen hat.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 7. Juli 1964 in T. (damals: Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien; heute: Republik Serbien) geborene und dort wohnende Klägerin beantragte am 7. September 2010 ihre Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz.
3Sie gab an, sie sei deutsche Volkszugehörige, verstehe wenig Deutsch und spreche für ein einfaches Gespräch ausreichend. Ihr im Jahr 2004 verstorbener Vater sei deutscher Volkszugehöriger gewesen, die Mutter sei ungarische Volkszugehörige. Sie sei Gründungsmitglied des „Deutschen Kulturverbandes“ in T. . Im U. F. singe sie deutsche Volkslieder, es sei auch eine CD veröffentlicht. Zu ihrem Lebenslauf gab die Klägerin weiter an, sie habe bis 1983 ein Gymnasium in T. besucht und sodann bis 1990 in O. T1. und T. an der Universität Mathematik und Betriebswirtschaft studiert. Nach Erwerbstätigkeiten in einer Getränkefabrik, einer Export-Import-Firma und einer Textilfabrik habe sie von 1998 bis 1999 in der kommunalen Finanzverwaltung gearbeitet. Seit dem 1. September 1999 sei sie als Informatiklehrerin an einer Musikschule in T. tätig.
4Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Aufnahmeantrag ab und führte zur Begründung aus, die Klägerin könne Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht glaubhaft machen.
5Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 15. November 2010 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrug: Sie lebe seit vielen Jahren in Angst um ihre und ihrer Kinder Gesundheit und Unversehrtheit. Als Gründungsmitglied des Deutschen Kulturkreises sei sie 1995 zu einem Gespräch auf das Polizeirevier eingeladen worden. Dieses Gespräch habe mehrere Stunden gedauert, sie sei eingeschüchtert und bedroht worden für den Fall, dass sie irgendetwas politisch gegen den Staat Serbien unternehme und die hier lebenden Deutschen „gruppiere“. Seit dieser Zeit werde sie alle Jahre „einberufen“ und über ihre Aktivitäten und die Aktivitäten der anderen Deutschen aus dem Verein ausgefragt. Außerdem seien zwei bis drei Mal Polizeibeamte zu ihr nach Hause gekommen, um sie einzuschüchtern. Sie hätten ihr gedroht, sie werde ihre Arbeit verlieren. Auch Gesundheit und Leben ihrer Familie seien bedroht worden. Sie sei von der Justiz öfters in verschiedenen Urteilen diskriminiert worden; sie vermute, weil sie eine Deutsche sei. So sei sie zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie ihre Tochter nicht zum Vater hergegeben habe. Ihre Tochter kenne den Vater jedoch überhaupt nicht. Obwohl sie die Geldstrafe bezahlt habe, sei sie aufgefordert worden, ins Gefängnis zu gehen. Ihr Einspruch sei vom Verfassungsgericht ohne Begründung verworfen worden. Im Scheidungsprozess seien ihr alle materiellen Schulden auferlegt worden, weil ihr geschiedener Mann falsche Zeugen benannt habe. Ihre eigenen Zeugen seien nicht akzeptiert worden. Das Haus, das sie allein finanziert habe, sei zur Hälfte ihrem Mann zugesprochen worden, obwohl er kein Geld investiert habe. Er habe sehr viel Einfluss bei der Justiz. Sie habe wiederum vor zwei Jahren beim Verfassungsgericht Einspruch eingelegt, aber noch nichts gehört. Das Gericht habe ihr für ihre Töchter so niedrige Unterhaltszahlungen zugesprochen, dass es nicht reiche, um ihre Kinder zu ernähren. Der serbische Staat lasse sie nicht atmen, weil sie eine Deutsche sei.
6Durch Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010, zugestellt am 22. Dezember 2010, wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht glaubhaft gemacht habe.
7Am 24. Januar 2011, einem Montag, hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen: Seitdem sie den Deutschen Kulturbund in T. mitbegründet habe, habe sie keine Ruhe mehr vor der Behörde der Staatssicherheit. Sie werde ständig observiert. Der serbische Staat vertreibe still und lautlos die dort lebenden Minderheiten. Bis heute sei die Regierung nicht bereit, das im Jahr 1945 enteignete Eigentum von Deutschen zurückzugeben. Im Zusammenhang mit ihrer Scheidung habe die Justiz bewusste Fehlurteile gefällt. Sie sei deutscher Abstammung. Ihr Großvater väterlicherseits sei 1938 Mitglied im Deutschen Kulturverband in Belgrad gewesen, weswegen er 1945 habe fliehen müssen. Aus politischen Gründen habe er seinen Namen auf „W. “ ändern müssen. Die Familienangehörigen hätten alle Dokumente verbrennen müssen. Sie habe eine Nationalitätserklärung abgegeben, indem sie ihren Namen wieder „X. “ schreibe. Mit den Mitgliedern des Deutschen Volksverbandes sei sie auf verschiedenen Veranstaltungen öffentlich aufgetreten. Diese Auftritte seien auch im Internet einzusehen. Sie habe 1984 an der Universität O. T1. eine Prüfung der deutschen Sprache bestanden. Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren schriftliche Erklärungen ihrer Mutter Z. X. , ihrer Freundin W1. T2. , ihrer Tochter T3. E. X. und ihres Bevollmächtigten K. L. sowie Unterlagen über die Situation der Deutschen und der Ungarn in Serbien seit 1945 vorgelegt.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 13. Oktober 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2010 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zu erteilen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und bestreitet zudem die Abstammung der Klägerin von einem deutschen Volkszugehörigen oder deutschen Staatsangehörigen sowie ihre deutsche Volkszugehörigkeit. Die Angaben zur Sprachkompetenz ließen keine ausreichenden Sprachkenntnisse erkennen.
13Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle jedenfalls an dem Nachweis eines durchgängigen positiven Bekenntnisses der Klägerin nur zum deutschen Volkstum.
14Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor: Sie habe sich im Wesentlichen durch das Feiern typisch deutscher Feste, das Tragen deutscher Trachten und das Wahren und Aufrechterhalten ganz spezieller deutscher Traditionen zum deutschen Volkstum bekannt. Sie sei Gründungsmitglied des „Deutschen Volksverbandes“. Nach dem Antrag, den Kulturverein der Deutschen ins Vereinsregister einzutragen, sei sie mit schikanösen Maßnahmen überzogen und auch körperlich misshandelt worden. Die lautlosen Vertreibungen der deutschen Minderheiten in Serbien seien extrem. Deutschstämmige würden permanent vom serbischen Staat observiert.
15Die Klägerin beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 13. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2010 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesverwaltungsamts Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides.
22Als Rechtsgrundlage für die Erteilung des beantragten Aufnahmebescheides kommt nur § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall, weil sie jedenfalls die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BVFG nicht erfüllt. Die Vorschrift gilt für Aufnahmebewerber aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG außer den in § 4 Abs. 1 BVFG genannten Staaten, mithin auch für die Republik Serbien als Nachfolgestaat der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Nach § 4 Abs. 2 BVFG setzt die Spätaussiedlereigenschaft u. a. voraus, dass der Aufnahmebewerber glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag. Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sind nur konkrete Nachteile von nicht bloß geringem Gewicht, die der Volksdeutsche in eigener Person erlitten hat und die ihm in Anknüpfung an seine deutsche Volkszugehörigkeit durch den Staat oder – bei fehlendem staatlichen Schutz – von Dritten zugefügt worden sind.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (198).
24Geringfügige Schwierigkeiten, bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen sind keine Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG. Benachteiligungen, die in allen Lebensbereichen zugefügt werden können, müssen ein hinreichendes Gewicht besitzen und sich dementsprechend im Leben des Volksdeutschen auch ausgewirkt haben. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht allgemein umschreiben, sondern kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Erforderlich ist weiter ein durch Einzelheiten substanziierter, in sich stimmiger Vortrag. Bloße pauschale Behauptungen reichen nicht aus.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (199 f.).
26Nach diesen Maßstäben erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BVFG nicht.
27Die Klägerin macht im Kern geltend, sie werde von den serbischen Behörden schikaniert und ständig beobachtet, seitdem sie als Mitbegründerin des Deutschen Volksverbands in T. im Jahr 1992 bzw. seit dessen Anerkennung am 14. Dezember 1996 in Erscheinung getreten sei. Bei diesem Vortrag fällt zunächst auf, dass die Klägerin ihre Aktivitäten im Deutschen Kulturverband bereits im Aufnahmeantragsformular angab, während sie auf Beeinträchtigungen durch serbische Behörden erst hinwies, nachdem das Bundesverwaltungsamt ihren Aufnahmeantrag durch Bescheid vom 13. Oktober 2010 unter Berufung auf § 4 Abs. 2 BVFG abgelehnt hatte. Die vorgelegten Fotos und die CD (Umschlag Blatt 55 der Gerichtsakte) belegen zudem, dass die Klägerin ihre Tätigkeit für den Kulturverband offenbar ungehindert ausüben und auch bei Festzügen ungehindert in der Öffentlichkeit auftreten kann.
28Ferner hat die Klägerin nach ihren Angaben im Aufnahmeantragsformular im Hinblick auf ihre Schulbildung, ihr Studium und ihren Berufsweg keine Benachteiligungen erlitten. In den Jahren 1998/1999 war sie sogar bei der Kommunalverwaltung T. beschäftigt und arbeitet seit dem 1. September 1999 als Informatiklehrerin an der Musikschule T. . Dies lässt nicht erkennen, dass die Klägerin in ihrer Lebensführung Benachteiligungen ausgesetzt sein könnte, die die Schwelle des § 4 Abs. 2 BVFG überschreiten.
29Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den von der Klägerin angeführten Bedrohungen durch Polizeibeamte um Unannehmlichkeiten, geringfügige Schwierigkeiten oder Belästigungen, die nicht als Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG eingestuft werden können. Die in diesem Zusammenhang im Berufungsverfahren erwähnten „körperlichen Misshandlungen“ sind weder konkretisiert noch zuvor von der Klägerin selbst behauptet worden.
30Soweit die Klägerin für sie negative Gerichtsurteile im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens und im Hinblick auf die Betreuung ihrer Tochter anführt, ergibt sich bereits aus ihrer eigenen Schilderung kein konkreter Beleg dafür, dass für sie negative Entscheidungen gerade auf Grund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit getroffen worden sind. Aus ihrem Vorbringen lässt sich nichts für die Annahme entnehmen, dass die – von der Klägerin unter Zugrundelegung ihres Vortrags nachvollziehbar als ungerecht empfundenen – Entscheidungen ihre Grundlage nicht im serbischen Familienrecht gehabt hätten.
31Die von der Klägerin weiter angeführten Benachteiligungen der deutschen – wie auch insbesondere der ungarischen – Minderheit in Serbien und im früheren Jugoslawien beziehen sich vor allem auf die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, nicht jedoch auf individuelle Benachteiligungen in der Person der Klägerin nach 1992. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Lebensumstände eines Volksdeutschen, die darauf zurückzuführen sind, dass in den in § 4 Abs. 2 BVFG genannten Aussiedlungsgebieten allgemeine Vertreibungsmaßnahmen stattgefunden haben und später weitere Volksdeutsche ausgesiedelt sind mit einer nachhaltigen Verminderung der deutschen Bevölkerung als Folge, keine Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sein können. Der Gesetzgeber hat diese Umstände gesehen, ihnen jedoch keine Bedeutung mehr beigemessen. Mit einer „Vereinsamung der zurückgebliebenen in einer von deutschen Volkszugehörigen weitgehend entblößten Umgebung“ lassen sich somit Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht begründen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (198 f.).
33Es gibt schließlich keine Nachweise dafür, dass deutsche Volkszugehörige in T. staatlichen oder staatlich geduldeten Anfeindungen ausgesetzt sind, die einer asylrechtlich relevanten „Gruppenverfolgung“ ähneln und damit als Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG eingestuft werden könnten.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 2004 - 14 A 3307/02 -, n. v.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
36Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
37Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die am 7. Juli 1964 in T. (damals: Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien; heute: Republik Serbien) geborene und dort wohnende Klägerin beantragte am 7. September 2010 ihre Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz.
3Sie gab an, sie sei deutsche Volkszugehörige, verstehe wenig Deutsch und spreche für ein einfaches Gespräch ausreichend. Ihr im Jahr 2004 verstorbener Vater sei deutscher Volkszugehöriger gewesen, die Mutter sei ungarische Volkszugehörige. Sie sei Gründungsmitglied des „Deutschen Kulturverbandes“ in T. . Im U. F. singe sie deutsche Volkslieder, es sei auch eine CD veröffentlicht. Zu ihrem Lebenslauf gab die Klägerin weiter an, sie habe bis 1983 ein Gymnasium in T. besucht und sodann bis 1990 in O. T1. und T. an der Universität Mathematik und Betriebswirtschaft studiert. Nach Erwerbstätigkeiten in einer Getränkefabrik, einer Export-Import-Firma und einer Textilfabrik habe sie von 1998 bis 1999 in der kommunalen Finanzverwaltung gearbeitet. Seit dem 1. September 1999 sei sie als Informatiklehrerin an einer Musikschule in T. tätig.
4Mit Bescheid vom 13. Oktober 2010 lehnte das Bundesverwaltungsamt den Aufnahmeantrag ab und führte zur Begründung aus, die Klägerin könne Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht glaubhaft machen.
5Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 15. November 2010 Widerspruch, zu dessen Begründung sie vortrug: Sie lebe seit vielen Jahren in Angst um ihre und ihrer Kinder Gesundheit und Unversehrtheit. Als Gründungsmitglied des Deutschen Kulturkreises sei sie 1995 zu einem Gespräch auf das Polizeirevier eingeladen worden. Dieses Gespräch habe mehrere Stunden gedauert, sie sei eingeschüchtert und bedroht worden für den Fall, dass sie irgendetwas politisch gegen den Staat Serbien unternehme und die hier lebenden Deutschen „gruppiere“. Seit dieser Zeit werde sie alle Jahre „einberufen“ und über ihre Aktivitäten und die Aktivitäten der anderen Deutschen aus dem Verein ausgefragt. Außerdem seien zwei bis drei Mal Polizeibeamte zu ihr nach Hause gekommen, um sie einzuschüchtern. Sie hätten ihr gedroht, sie werde ihre Arbeit verlieren. Auch Gesundheit und Leben ihrer Familie seien bedroht worden. Sie sei von der Justiz öfters in verschiedenen Urteilen diskriminiert worden; sie vermute, weil sie eine Deutsche sei. So sei sie zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil sie ihre Tochter nicht zum Vater hergegeben habe. Ihre Tochter kenne den Vater jedoch überhaupt nicht. Obwohl sie die Geldstrafe bezahlt habe, sei sie aufgefordert worden, ins Gefängnis zu gehen. Ihr Einspruch sei vom Verfassungsgericht ohne Begründung verworfen worden. Im Scheidungsprozess seien ihr alle materiellen Schulden auferlegt worden, weil ihr geschiedener Mann falsche Zeugen benannt habe. Ihre eigenen Zeugen seien nicht akzeptiert worden. Das Haus, das sie allein finanziert habe, sei zur Hälfte ihrem Mann zugesprochen worden, obwohl er kein Geld investiert habe. Er habe sehr viel Einfluss bei der Justiz. Sie habe wiederum vor zwei Jahren beim Verfassungsgericht Einspruch eingelegt, aber noch nichts gehört. Das Gericht habe ihr für ihre Töchter so niedrige Unterhaltszahlungen zugesprochen, dass es nicht reiche, um ihre Kinder zu ernähren. Der serbische Staat lasse sie nicht atmen, weil sie eine Deutsche sei.
6Durch Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2010, zugestellt am 22. Dezember 2010, wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht glaubhaft gemacht habe.
7Am 24. Januar 2011, einem Montag, hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen: Seitdem sie den Deutschen Kulturbund in T. mitbegründet habe, habe sie keine Ruhe mehr vor der Behörde der Staatssicherheit. Sie werde ständig observiert. Der serbische Staat vertreibe still und lautlos die dort lebenden Minderheiten. Bis heute sei die Regierung nicht bereit, das im Jahr 1945 enteignete Eigentum von Deutschen zurückzugeben. Im Zusammenhang mit ihrer Scheidung habe die Justiz bewusste Fehlurteile gefällt. Sie sei deutscher Abstammung. Ihr Großvater väterlicherseits sei 1938 Mitglied im Deutschen Kulturverband in Belgrad gewesen, weswegen er 1945 habe fliehen müssen. Aus politischen Gründen habe er seinen Namen auf „W. “ ändern müssen. Die Familienangehörigen hätten alle Dokumente verbrennen müssen. Sie habe eine Nationalitätserklärung abgegeben, indem sie ihren Namen wieder „X. “ schreibe. Mit den Mitgliedern des Deutschen Volksverbandes sei sie auf verschiedenen Veranstaltungen öffentlich aufgetreten. Diese Auftritte seien auch im Internet einzusehen. Sie habe 1984 an der Universität O. T1. eine Prüfung der deutschen Sprache bestanden. Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren schriftliche Erklärungen ihrer Mutter Z. X. , ihrer Freundin W1. T2. , ihrer Tochter T3. E. X. und ihres Bevollmächtigten K. L. sowie Unterlagen über die Situation der Deutschen und der Ungarn in Serbien seit 1945 vorgelegt.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 13. Oktober 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2010 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zu erteilen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und bestreitet zudem die Abstammung der Klägerin von einem deutschen Volkszugehörigen oder deutschen Staatsangehörigen sowie ihre deutsche Volkszugehörigkeit. Die Angaben zur Sprachkompetenz ließen keine ausreichenden Sprachkenntnisse erkennen.
13Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. Oktober 2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle jedenfalls an dem Nachweis eines durchgängigen positiven Bekenntnisses der Klägerin nur zum deutschen Volkstum.
14Zur Begründung ihrer vom Senat zugelassenen Berufung trägt die Klägerin vor: Sie habe sich im Wesentlichen durch das Feiern typisch deutscher Feste, das Tragen deutscher Trachten und das Wahren und Aufrechterhalten ganz spezieller deutscher Traditionen zum deutschen Volkstum bekannt. Sie sei Gründungsmitglied des „Deutschen Volksverbandes“. Nach dem Antrag, den Kulturverein der Deutschen ins Vereinsregister einzutragen, sei sie mit schikanösen Maßnahmen überzogen und auch körperlich misshandelt worden. Die lautlosen Vertreibungen der deutschen Minderheiten in Serbien seien extrem. Deutschstämmige würden permanent vom serbischen Staat observiert.
15Die Klägerin beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 13. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2010 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesverwaltungsamts Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides.
22Als Rechtsgrundlage für die Erteilung des beantragten Aufnahmebescheides kommt nur § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall, weil sie jedenfalls die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BVFG nicht erfüllt. Die Vorschrift gilt für Aufnahmebewerber aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG außer den in § 4 Abs. 1 BVFG genannten Staaten, mithin auch für die Republik Serbien als Nachfolgestaat der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Nach § 4 Abs. 2 BVFG setzt die Spätaussiedlereigenschaft u. a. voraus, dass der Aufnahmebewerber glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag. Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sind nur konkrete Nachteile von nicht bloß geringem Gewicht, die der Volksdeutsche in eigener Person erlitten hat und die ihm in Anknüpfung an seine deutsche Volkszugehörigkeit durch den Staat oder – bei fehlendem staatlichen Schutz – von Dritten zugefügt worden sind.
23Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (198).
24Geringfügige Schwierigkeiten, bloße Unannehmlichkeiten oder Belästigungen sind keine Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG. Benachteiligungen, die in allen Lebensbereichen zugefügt werden können, müssen ein hinreichendes Gewicht besitzen und sich dementsprechend im Leben des Volksdeutschen auch ausgewirkt haben. Wann dies der Fall ist, lässt sich nicht allgemein umschreiben, sondern kann nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Erforderlich ist weiter ein durch Einzelheiten substanziierter, in sich stimmiger Vortrag. Bloße pauschale Behauptungen reichen nicht aus.
25Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (199 f.).
26Nach diesen Maßstäben erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 BVFG nicht.
27Die Klägerin macht im Kern geltend, sie werde von den serbischen Behörden schikaniert und ständig beobachtet, seitdem sie als Mitbegründerin des Deutschen Volksverbands in T. im Jahr 1992 bzw. seit dessen Anerkennung am 14. Dezember 1996 in Erscheinung getreten sei. Bei diesem Vortrag fällt zunächst auf, dass die Klägerin ihre Aktivitäten im Deutschen Kulturverband bereits im Aufnahmeantragsformular angab, während sie auf Beeinträchtigungen durch serbische Behörden erst hinwies, nachdem das Bundesverwaltungsamt ihren Aufnahmeantrag durch Bescheid vom 13. Oktober 2010 unter Berufung auf § 4 Abs. 2 BVFG abgelehnt hatte. Die vorgelegten Fotos und die CD (Umschlag Blatt 55 der Gerichtsakte) belegen zudem, dass die Klägerin ihre Tätigkeit für den Kulturverband offenbar ungehindert ausüben und auch bei Festzügen ungehindert in der Öffentlichkeit auftreten kann.
28Ferner hat die Klägerin nach ihren Angaben im Aufnahmeantragsformular im Hinblick auf ihre Schulbildung, ihr Studium und ihren Berufsweg keine Benachteiligungen erlitten. In den Jahren 1998/1999 war sie sogar bei der Kommunalverwaltung T. beschäftigt und arbeitet seit dem 1. September 1999 als Informatiklehrerin an der Musikschule T. . Dies lässt nicht erkennen, dass die Klägerin in ihrer Lebensführung Benachteiligungen ausgesetzt sein könnte, die die Schwelle des § 4 Abs. 2 BVFG überschreiten.
29Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei den von der Klägerin angeführten Bedrohungen durch Polizeibeamte um Unannehmlichkeiten, geringfügige Schwierigkeiten oder Belästigungen, die nicht als Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG eingestuft werden können. Die in diesem Zusammenhang im Berufungsverfahren erwähnten „körperlichen Misshandlungen“ sind weder konkretisiert noch zuvor von der Klägerin selbst behauptet worden.
30Soweit die Klägerin für sie negative Gerichtsurteile im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens und im Hinblick auf die Betreuung ihrer Tochter anführt, ergibt sich bereits aus ihrer eigenen Schilderung kein konkreter Beleg dafür, dass für sie negative Entscheidungen gerade auf Grund ihrer deutschen Volkszugehörigkeit getroffen worden sind. Aus ihrem Vorbringen lässt sich nichts für die Annahme entnehmen, dass die – von der Klägerin unter Zugrundelegung ihres Vortrags nachvollziehbar als ungerecht empfundenen – Entscheidungen ihre Grundlage nicht im serbischen Familienrecht gehabt hätten.
31Die von der Klägerin weiter angeführten Benachteiligungen der deutschen – wie auch insbesondere der ungarischen – Minderheit in Serbien und im früheren Jugoslawien beziehen sich vor allem auf die Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, nicht jedoch auf individuelle Benachteiligungen in der Person der Klägerin nach 1992. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Lebensumstände eines Volksdeutschen, die darauf zurückzuführen sind, dass in den in § 4 Abs. 2 BVFG genannten Aussiedlungsgebieten allgemeine Vertreibungsmaßnahmen stattgefunden haben und später weitere Volksdeutsche ausgesiedelt sind mit einer nachhaltigen Verminderung der deutschen Bevölkerung als Folge, keine Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG sein können. Der Gesetzgeber hat diese Umstände gesehen, ihnen jedoch keine Bedeutung mehr beigemessen. Mit einer „Vereinsamung der zurückgebliebenen in einer von deutschen Volkszugehörigen weitgehend entblößten Umgebung“ lassen sich somit Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG nicht begründen.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 ‑ 9 C 3.97 ‑, BVerwGE 106, 191 (198 f.).
33Es gibt schließlich keine Nachweise dafür, dass deutsche Volkszugehörige in T. staatlichen oder staatlich geduldeten Anfeindungen ausgesetzt sind, die einer asylrechtlich relevanten „Gruppenverfolgung“ ähneln und damit als Benachteiligungen im Sinne des § 4 Abs. 2 BVFG eingestuft werden könnten.
34Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 2004 - 14 A 3307/02 -, n. v.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
36Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
37Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor
- 1.
seit dem 8. Mai 1945 oder - 2.
nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder - 3.
seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben,
(2) Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag.
(3) Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.