Verwaltungsgericht Köln Urteil, 24. Aug. 2015 - 10 K 2616/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger steht als Richter im Dienst des beklagten Landes. Der für ihn geltende und für die seine Kinder betreffenden Aufwendungen (hier: Sohn S. , geb. 00.00.1991) maßgebende Beihilfebemessungssatz beträgt 80 v.H.
3Unter dem 25.10.2012 beantragte der Kläger eine Mitteilung zur Beihilfefähigkeit der vorgesehenen kieferorthopädischen Behandlung seines Sohnes S. gemäß Heil-und Kostenplan des Zahnarztes/Kieferorthopäden Prof. Dr. N. H. in C. vom 16.10.2012. Darin war eine kieferorthopädische Behandlung u.a. mit Alignern vorgesehen.
4Bereits im Jahre 2000 war für den Kläger ein Heil- und Kostenplan für eine Behandlung bei der Kieferorthopädin Dr. L. , C. , vorgelegt worden. In einer bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen „Historik für die Leistungsart KB“ ist ersichtlich, dass in den Jahren 2005 - 2008 der Beihilfestelle kieferorthopädische Rechnungen vorgelegt worden waren. Die nächste vorgelegte Rechnung datiert vom 04.01.2011 und bezieht sich auf eine am 28.10.2010 durchgeführte Behandlung bei Frau Dr. L. .
5Im Hinblick darauf, dass der Sohn S. des Klägers das 18. Lebensjahr überschritten hatte, holte der Präsident des P. L1. ein kieferorthopädisches Gutachten u. a. zu der Frage ein, ob die jetzt beabsichtigte Behandlung eine Fortsetzung der bereits früher durchgeführten Behandlung darstelle. In ihrem Gutachten vom 24.06.2013 kam die von der Zahnärztekammer Nordrhein benannte Gutachterin Frau Dr. Dr. H1. zu der Einschätzung, die jetzt beabsichtigte Behandlung stelle keine Fortsetzung der zuvor begonnenen Behandlung dar. Nach Mitteilung der seinerzeit behandelnden Kieferorthopädin Dr. L. sei eine Behandlung im Jahr 2000 begonnen und im Jahr 2003 abgeschlossen worden; die Unterlagen seien vernichtet worden und etwaige Rechnungen ab dem Jahr 2005 müssten aus der Behandlung S.s durch einen anderen Kollegen resultieren. Die Gutachterin führte ferner aus: Bei den im Jahr 2011 abgerechneten Reparaturen an den Retainern handele es sich nicht um eine kieferorthopädische Behandlung im eigentlichen Sinne; vielmehr dienten die Retainer der Langzeitstabilisierung des zuvor während der Behandlungszeit erzielten Ergebnisses. Es sei davon auszugehen, dass die Retainer von Frau Dr. L. am Ende der aktiven Behandlungszeit im Jahr 2003 in Ober-und Unterkiefer eingegliedert worden sein. Ein Behandlungsende im Jahr 2003 erscheine allerdings vergleichsweise zeitnah.
6Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 24.06.2013 Bezug genommen.
7Mit Bescheid vom 27.06.2013 verneinte der Präsident des P. L1. die Beihilfefähigkeit der geplanten kieferorthopädischen Behandlung mit Blick auf die Vorschrift des § 4 Abs. 2 a) BVO NRW und lehnte die begehrte Kostenzusage ab. Zur Begründung wurde auf das Gutachten der Kieferorthopädin Dr. Dr. H1. verwiesen.
8Mit den dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend: Sowohl Prof. Dr. H. als auch die Gutachterin Dr. Dr. H1. hätten festgestellt, dass eine weiter behandlungsbedürftige Disgnathie vorliege. Auch die ursprünglichen Zahn-und Kieferfehlstellungen seien noch vorhanden. Diese Beeinträchtigungen hätten seit dem Kindesalter bestanden und seien durch die bisherige Behandlung nicht behoben worden. Behandlungen durch Frau Dr. L. hätten auch in den Jahren 2005 - 2007 und 2011 stattgefunden. Dass diese sich dabei auf eine Reparatur der Retainer beschränkt habe, ohne die Ursachen für den Reparaturbedarf zu hinterfragen, könne nicht dazu führen, dass die in dem Jahr 2000 begonnene Behandlung als abgeschlossen anzusehen wäre. Das Gutachten der Frau Dr. Dr. H1. komme nicht zu einem eindeutigen Ergebnis und setze sich nicht mit dem Widerspruch auseinander, dass Frau Dr. L. einerseits angegeben habe, die Behandlung sei im Jahr 2003 abgeschlossen gewesen, andererseits noch im Jahr 2011 Rechnungen erstellt habe. Ferner habe das beklagte Land am 15.06.2010 die Beihilfefähigkeit einer von Prof. Dr. H. - nach Vollendung von S.s 18. Lebensjahr - durchgeführten Funktionsanalyse anerkannt und damit einen Vertrauenstatbestand geschaffen.
9Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2014 zurückgewiesen: Angesichts der aus dem Jahr 2011 vorliegenden Rechnungen von Frau Dr. L. sei zwar nicht ganz nachvollziehbar, warum diese einen Behandlungsabschluss im Jahr 2003 schildere. Jedenfalls habe es sich aber bei den Jahren 2010 und 2011 erbrachten Leistungen nur um Nachbesserungen an den Retainern gehandelt, während es zu einer aktiven kieferorthopädischen Behandlung im Sinne einer Umformung der Kiefer und einer Einstellung in den Regelbiss jedenfalls ab dem 2. Halbjahr 2008 nicht mehr gekommen sei. Zu der jetzt möglicherweise noch vorliegenden, behandlungsbedürftigen Erkrankung könne zwar im Ansatz noch Beihilfe zu gewähren sein; für kieferorthopädische Behandlungskosten gelte dies jedoch nicht, weil die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 a) BVO nicht vorlägen.
10Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend macht er geltend: Sein Sohn S. habe auch in den Jahren nach 2007 die ehemalige Kieferorthopädin regelmäßig aufgesucht, insbesondere zur Befestigung der Retainer, ohne dass hierfür eine Rechnung erstellt worden sei. Von einer großen Behandlungspause könne nicht gesprochen werden. Auch aus dem Schreiben von Professor Dr. H. vom 15.06.2010 (Bl. 303 der Verwaltungsvorgänge) ergebe sich, dass eine Langzeitkontrolle durch die ehemalige Kieferorthopädin stattgefunden habe.
11Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag zur Erhebung eines Sachverständigengutachtens gestellt (zur Frage der Fortsetzungsbehandlung), den das Gericht abgelehnt hat. Auf das Sitzungsprotokoll wird insoweit Bezug genommen.
12Der Kläger beantragt in der Sache,
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1. das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des P. L1. vom 27.06.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2014 zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit der für die kieferorthopädische Behandlung seines Sohnes S. gemäß Heil- und Kostenplan des Zahnarztes/Kieferorthopäden Prof. Dr. N. H. vom 16.10.2012 veranschlagten Kosten dem Grunde nach anzuerkennen.
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2. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Das beklagte Land beantragt,
18die Klage abzuweisen
19Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus:
20Den eigenen Ausführungen des Klägers sei zu entnehmen, dass in den Jahren 2005 -2008 nur Reparaturen an den eingesetzten Retainern vorgenommen worden seien. Danach treffe die Kernannahme der Gutachterin zu, wonach die aktive Behandlung im Jahr 2003 abgeschlossen gewesen sei und danach nur noch eine Stabilisierung des erreichten Ergebnisses habe erreicht werden sollen. Dabei habe es sich nur um ein Mittel zur Aufrechterhaltung der mittels der kieferorthopädischen Behandlung erreichten neuen Zahnpositionen gehandelt. Die Retentionsphase sei nicht der eigentlichen Behandlung zuzurechnen, wovon die Gutachterin zutreffend ausgegangen sei.
21Selbst wenn man Vorstehendes anders sehen und die Reparaturen an den Retainern als Teil der Behandlung ansehen wolle, so wäre diese spätestens im Jahre 2008 abgeschlossen gewesen. Die letzte Rechnung datiere vom 26.07.2008. Der nächste Antrag auf Beihilfe zu kieferorthopädischen Behandlungen habe erst wieder eine Rechnung vom 04.01.2011 betroffen. Jedenfalls diese lange Behandlungspause stehe der Annahme entgegen, die jetzt beabsichtigte Behandlung sei eine Fortsetzung der bereits im Jahr 2000 begonnenen.
22Auf Nachfrage des Gerichts hat der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung betätigt, dass es der ständigen Verwaltungspraxis entspreche, bei kieferorthopädischen Leistungen auf entsprechenden Antrag des Beihilfeberechtigten und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Kostenzusage betreffend die dem Grunde nach bestehende Beihilfefähigkeit der voraussichtlich entstehenden Aufwendungen zu erteilen.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
25Der Zulässigkeit der auf eine Anerkennung der Beihilfefähigkeit „dem Grunde nach“ gerichteten Verpflichtungsklage steht nicht entgegen, dass eine Voranerkennung für die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung in der Beihilfeverordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Denn die zuständigen Beihilfefestsetzungsbehörden sind nicht gehindert, im Rahmen ihres Ermessens derartige Kostenzusagen zu erteilen, die im Interesse des Beihilfeberechtigten liegen und frühzeitig Klarheit über die Beihilfefähigkeit der anstehenden Aufwendungen schaffen.
26In der Sache hat die Klage aber keinen Erfolg. Der Bescheid des Präsidenten des P. L1. vom 27.6.2013 und der Widerspruchsbescheid vom 31.03.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für eine kieferorthopädische Behandlung seines Sohnes S. gemäß Heil- und Kostenplan des Zahnarztes und Kieferorthopäden Prof. Dr. H. vom 16.10.2012.
27Der angefochtene Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 2 a) BVO. Hiernach sind Aufwendungen für kieferorthopädische Leistungen beihilfefähig, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat; die Altersbegrenzung gilt nicht bei - hier nicht vorliegenden - schweren Kieferanomalien, die eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfordern. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 a) BVO sind vorliegend nicht erfüllt, weil der Sohn des Klägers das 18. Lebensjahr vollendet hat und es sich bei der Behandlung gemäß Heil- und Kostenplan des Kieferorthopäden Prof. Dr. H. nicht um die Fortsetzung einer vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und noch nicht abgeschlossenen kieferorthopädischen Behandlung handelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 31.03.2014 Bezug genommen, dies allerdings mit der Maßgabe, dass dem kieferorthopädischen Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. H1. nicht uneingeschränkt zu folgen ist. Zu Recht moniert der Kläger insoweit, das Gutachten unterstelle lediglich aufgrund der Angaben der Kieferorthopädin Dr. L. , die Behandlung sei im Jahr 2003 bereits abgeschlossen gewesen, wovon aber angesichts der bis zum Jahr 2008 und sodann wieder ab dem Jahr 2011 vorgelegten Rechnungen nicht ausgegangen werden könne. Auch im Widerspruchsbescheid ist insoweit - zutreffend - ausgeführt, ein Abschluss der Behandlung im Jahr 2003 sei ausweislich der bei der Beihilfefestsetzungsbehörde vorliegenden Rechnungen vom 04.01.2011 und vom 01.04.2011 „nicht ganz nachvollziehbar“. Im Widerspruchsbescheid ist jedoch ferner zutreffend ausgeführt, es habe jedenfalls zwischen dem zweiten Halbjahr 2008 und Oktober 2010 - zu diesem Zeitpunkt hatte der Sohn des Klägers das 18. Lebensjahr bereits vollendet - keinerlei kieferorthopädische Behandlung stattgefunden. Das Gericht folgt dieser Einschätzung und stellt hierauf entscheidungserheblich ab.
28Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren führt zu keiner abweichenden Bewertung. Dabei geht das Gericht zugunsten des Klägers von dessen Vortrag aus, sein Sohn S. habe auch „in den Jahren nach 2007 regelmäßig die Kieferorthopädin aufgesucht“, ohne dass hierfür eine Rechnung erstellt worden sei. Dieses Vorbringen kann der Klage indes nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der Umstand, dass keine Rechnung erstellt worden ist, lässt es als ausgeschlossen erscheinen, dass es sich bei diesen gelegentlichen Besuchen um eine kieferorthopädische Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 2 BVO a) gehandelt hat. Das Tragen eines Retainers - häufig über einen Zeitraum von mehreren Jahren - mit den damit verbundenen gelegentlichen Reparaturen bzw. Befestigungen dient lediglich der Sicherung des während der aktiven Behandlungsphase (Umformung des Kiefers und Einstellung in den Regelbiss) erzielten Behandlungsergebnisses (Langzeitretention), kann aber nicht selbst als kieferorthopädische Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 2 a) BVO gewertet werden,
29vgl. auch VG Düsseldorf, Urteile vom 18.05.2005 - 26 K 7689/03 -, juris, und vom 30.10.2007 - 2 K 1098/07 -, juris.
30Auch der Umstand, dass die bis zum Jahr 2008 durchgeführte Behandlung letztlich fehlgeschlagen ist und eine erneute Behandlung erforderlich wurde, führt angesichts der langen Behandlungspause von etwa zwei Jahren nicht dazu, dass von der Fortsetzung einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen Behandlung auszugehen wäre.
31Dem Beweisantrag des Klägers, ein neues Sachverständigengutachten zur Frage einer Fortsetzungsbehandlung einzuholen, war nicht zu entsprechen, da es sich insoweit um ein unzulässiges Beweisthema handelt (§ 244 Abs. 3 Satz 1 StPO analog). Die hier maßgebliche Frage, wie der Begriff der „Behandlung“ in § 4 Abs. 2 a) BVO zu verstehen ist, ist eineRechtsfrage, nämlich die Frage, wie die Vorschrift des § 4 Abs. 2 a) BVO auszulegen ist. Diese Frage ist einer Klärung durch ein Sachverständigengutachten nicht zugänglich.
32Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er genieße im Hinblick auf die von dem beklagten Land als beihilfefähig anerkannten Aufwendungen für die von Prof. Dr. H. durchgeführte Funktionsanalyse Vertrauensschutz. Mit der Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Funktionsanalyse (als diagnostischer Maßnahme) war ersichtlich keine Aussage zur Beihilfefähigkeit weiterer Aufwendungen verbunden. Ein Vertrauensschutz lässt sich daraus nicht ableiten.
33Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Da die Kostengrundentscheidung zulasten des Klägers ausgeht, war für eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren kein Raum.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.