Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 09. Feb. 2009 - 4 K 417/08.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2009:0209.4K417.08.KO.0A
09.02.2009

Tenor

Der Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 wird aufgehoben und der Widerspruch des Beigeladenen vom 16. März 2006 gegen den Bescheid vom 20. Februar 2006 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin werden dem Beklagten und dem Beigeladenen je zur Hälfte auferlegt. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Widerspruchsbescheids, mit dem der Beklagte verpflichtet wurde, den betriebsindividuellen Betrag zugunsten des Beigeladenen neu zu berechnen.

2

Der Beigeladene ist Landwirt in M. Er betreibt unter anderem Rinderhaltung.

3

Im Jahre 1999 stellte er zwei Anträge auf Gewährung einer Sonderprämie für männliche Rinder. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 29. Juni 2001 eine Abschlusszahlung für das Jahr 1999 für insgesamt 33 Bullen.

4

Im Jahre 2000 stellte er drei Anträge, die ebenfalls mit einem Bescheid vom 29. Juni 2001 für das Jahr 2000 und für insgesamt 27 Bullen bewilligt wurden.

5

Im Jahre 2001 stellte er zwei Anträge, für die erst mit Bescheid vom 23. Juni 2003 eine Abschlusszahlung für das Jahr 2001 und für insgesamt 33 Bullen bewilligt wurde.

6

Für das Jahr 2002 stellte er den Antrag am 21. Januar 2003 für 13 Bullen. Davon wurden 12 Tiere mit den Ohrmarken-Endnummern 739, 740, 741, 742, 749, 750, 751, 753, 754, 755, 760 und 763 in der Zeit zwischen dem 7. August 2002 und Ende 2002 geschlachtet.

7

Mit Bescheid vom 23. Juni 2003 bewilligte der Beklagte eine Sonderprämien-Abschlusszahlung für das Jahr 2002 für 12 Bullen mit den (anderen) Ohrmarken-Endziffern 536, 717, 718, 720, 723, 725, 726, 729, 731, 733, 735 und 737. Für das Tier mit der Ohrmarken-Endziffer 738 wurde keine Sonderprämie bewilligt. Die Akte enthält für diese Tiere keinen Antrag.

8

Mit einem weitern Bescheid vom 23. Juni 2003 bewilligte der Beklagte außerdem eine Schlachtprämien-Abschlusszahlung für das Jahr 2002 für insgesamt 25 Tiere. Die Schlachtprämie umfasste die soeben genannten Tiere mit den Ohrmarken-Endziffern 536 bis 738 sowie die am 21. Januar 2003 beantragten Tiere mit den Ohrmarken-Endziffern 739 bis 763.

9

Für das Jahr 2003 befindet sich in den Akten unter anderem eine „Tierliste“, bei der die ursprüngliche Jahreszahl 2002 handschriftlich durch 2003 ersetzt wurde. Diese Änderung trägt die eigenhändige Unterschrift des Beigeladenen. Unter dem 28. April 2004 erging ein „Bescheid über Ihre Anträge auf Sonderprämie 2003 (Abschlusszahlung)“ über insgesamt 19 Tiere. Darunter befanden sich auch die am 21. Januar 2003 beantragten Tiere mit den Ohrmarken-Endziffern 739, 740, 741, 742, 749, 750, 751, 753, 754, 755, 760, 763 sowie 7 andere Tiere. In dem Bescheid hieß es wörtlich, dass die die Sonderprämie für männliche Rinder „aufgrund Ihres/Ihrer für das Jahr 2003 eingereichten Antrags/Anträge auf Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder“ bewilligt und ausgezahlt werde. Ferner hieß es, die Zahlung erfolge unter dem Vorbehalt, dass die maßgeblichen Prämienbestimmungen „für das Antragsjahr 2003“ vom Kläger eingehalten würden, andernfalls müsse er mit Kürzungen rechnen.

10

Alle Bescheide wurden bestandskräftig.

11

Unter dem 1. März 2005 erhielt der Beigeladene eine Mitteilung des Beklagten über die Festsetzung des betriebsindividuellen Betrags im Zusammenhang mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik. Darin war unter anderem ausgeführt, der Beigeladene habe im maßgebenden Bezugszeitraum insgesamt 14.964,18 € Sonderprämien für Rindfleisch erhalten. Diese setzten sich zusammen aus 5.670 € für 27 Bullen im Jahre 2000 sowie 6.930 € für 33 Bullen im Jahre 2001 und 2.364,18 € für 13 Bullen im Jahre 2002. Der Dreijahresdurchschnitt betrage mithin 4.988,06 €. Der Beigeladene legte hiergegen vorsorglich Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.

12

Mit Antrag vom 5. Mai 2005, eingegangen am 12. Mai 2005, beantragte der Beigeladene die Festsetzung und Zuweisung von Zahlungsansprüchen für das Jahr 2005. Dabei erklärte er unter Ziffer 1.3, dass die betriebsindividuellen Beträge nicht korrekt ermittelt seien.

13

In den Akten gibt es einen handschriftlichen Vermerk vom 7. Juni 2005, wonach der Beigeladene im Jahre 2002 neben 13 Bullen noch weitere 12 Tiere geschlachtet habe, für die er jedoch erst im Jahre 2003 einen Antrag gestellt habe.

14

Unter dem 20. Februar 2006 erging der Bescheid über die Festsetzung und Zuteilung von Zahlungsansprüchen für das Jahr 2005. (In den Akten trug dieser Bescheid das Datum vom 27. März 2006). Bei der Berechnung des betriebsindividuellen Betrags ging der Beklagte von dem bereits ermittelten Betrag von 4.988,60 € aus, zog 1% zugunsten der nationalen Reserve ab und dividierte den verbleibenden Betrag von 4.938,18 € durch die Acker- und Grünland-Zahlungsansprüche von insgesamt 71 Einheiten. Dies ergab einen Wert von 69,55 €. In diesem Umfang wurden jeweils die Werte für die Acker- und Grünland-Zahlungsansprüche erhöht. Der Wert für die Stilllegungs-Zahlungsansprüche blieb unverändert.

15

Gegen den Bescheid vom 20. Februar 2006 legte der Beigeladene am 16. März 2006 Widerspruch ein, den er damit begründete, dass für das Jahr 2002 auch die Tiere berücksichtigt werden müssten, für die er Anfang 2003 einen Antrag gestellt habe. Im Termin vor dem Kreisrechtsausschuss beantragte er eine Neuberechnung des betriebsindividuellen Betrags unter Berücksichtigung aller im Jahre 2002 vermarkteten Tiere, einschließlich der 12 Tiere, für die der Antrag erst im Jahre 2003 gestellt worden sei.

16

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2008 verpflichtete der Kreisrechtsausschuss den Beklagten, den betriebsindividuellen Betrag für 2002 antragsgemäß neu zu berechnen. Zur Begründung war ausgeführt: Zwar sei grundsätzlich auf den Dreijahresdurchschnitt abzustellen, den der Landwirt im maßgebenden Zeitraum von 2000 bis 2002 bezogen habe. Nach altem Recht hätten die prämienberechtigten Tiere auf das jeweilige Jahr der Antragstellung angerechnet werden müssen (Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/99). Da der Antrag für 2002 erst in 2003 gestellt worden sei, hätten die Sonderprämien für die 12 im Jahre 2002 geschlachteten Tiere demnach auf das Jahr 2003 angerechnet werden müssen, so dass sie sich nicht mehr auf den maßgebenden Bezugszeitraum ausgewirkt hätten. Nach neuem Recht sei dies aber anders. Denn Art. 2 Buchstabe e) VO (EG) Nr. 1782/03 definiere, dass der Ausdruck „Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr“ oder „Zahlungen im Bezugszeitraum“ die für das betreffende Jahr bzw. die betreffenden Jahre gewährten oder zu gewährenden Zahlungen bezeichne. Folglich seien die im Januar 2003 – zulässigerweise - beantragten Sonderprämien, die später bewilligt und ausbezahlt worden seien, auf das Jahr 2002 anzurechnen.

17

Der Widerspruchsbescheid wurde der ADD am 10. März 2008 zugestellt.

18

Am 8. April 2008 hat die ADD Beanstandungsklage erhoben. Sie ist der Ansicht, nach Art. 33 und 37 VO (EG) Nr. 1782/03 komme es allein darauf an, ob dem Betriebsinhaber die altrechtlichen Sonderprämien im Bezugszeitraum gewährt wurden, bzw. ob er die Prämien in jedem Kalenderjahr des Bezugszeitraums bezogen habe. Für die im Jahre 2002 geschlachteten Bullen habe der Beigeladene im Jahre 2002 keine Zahlungen erhalten, denn er habe sie erst im Jahre 2003 beantragt. Art. 2 Buchstabe e) VO (EG) Nr. 1782/03 stehe nicht entgegen, denn ob eine Zahlung „für“ ein Kalenderjahr oder einen bestimmten Bezugszeitraum erfolgt sei, könne sich erst aus dem hierzu ergangenen Bewilligungsbescheid und den diesem Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften ergeben. Nach altem Recht (Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/99) sei für die Zuordnung der Sonderprämie für ein bestimmtes Kalenderjahr nur der Tag der Antragstellung und nicht der Tag der Schlachtung maßgebend gewesen. Auf den Tag der Schlachtung sei es nur bei der Schlachtprämie angekommen. Zur Unterstützung ihrer Auffassung beruft sich die ADD auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. Februar 2008 – 1 A 90/06 –.

19

Die Klägerin beantragt,

20

den Widerspruchsbescheid vom 06. März 2008 aufzuheben und den Widerspruch des Beigeladenen gegen den Bescheid vom 20. Februar 2006 zurück zu weisen.

21

Der Beklagte beantragt,

22

die Klage abzuweisen.

23

Er verteidigt seine Auffassung und meint, dass der entscheidungstragende Satz im anderslautenden Urteil des VG Schleswig-Holstein nur eine Behauptung ohne Begründung enthalte.

24

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

25

die Klage abzuweisen.

26

Er trägt vor, in Deutschland werde die Sonderprämie für männliche Rinder auf den Zeitpunkt der Schlachtung bezogen. Deshalb sei nicht das Antragsjahr sondern das Schlachtjahr maßgebend. Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/99 stehe dem nicht entgegen, denn der Wortlaut dieser Vorschrift besage nichts zu der Frage, für welches Kalenderjahr die Sonderprämie zu zahlen sei. Nach § 19 Abs. 2 der Rinder- und Schafprämien-Verordnung sei es zulässig gewesen, den Antrag bis zu sechs Monaten nach der Schlachtung zu stellen, allerdings sei diese Frist auf den 28. Februar des Folgejahres begrenzt worden. Alle rechtzeitig gestellten Anträge hätten für das jeweilige Schlachtjahr gegolten. Deshalb sei der Bewilligungsbescheid vom 28. April 2004 so auszulegen, dass er sich trotz der anderslautenden Überschrift in Wahrheit auf das Jahr 2002 beziehe. Der Beigeladene habe damals keinen Grund zur Eile gehabt. Es dürfe ihm deshalb heute nicht zum Nachteil gereichen, dass er den Antrag für das Jahr 2002 erst im Januar 2003 gestellt habe. Alles andere sei willkürlich. Im Übrigen beruft sich der Beigeladene auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 19. Februar 2008 – 12 A 2556/06 -.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die Beanstandungsklage der ADD ist zulässig und begründet. Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig. Er ist infolgedessen aufzuheben und der Widerspruch des Beigeladenen ist zurückzuweisen.

29

Nach § 17 AGVwGO kann die ADD gegen einen stattgebenden Widerspruchsbescheid Klage erheben, wenn sie dies im öffentlichen Interesse für geboten hält. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat hierzu in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Urteil vom 18.02.1986 - 7 A 51/85 -) entschieden, dass die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Beanstandungsklage auch beantragen kann, den Widerspruch des Beigeladenen zurückzuweisen. Entspricht das Gericht diesem Antrag, so entscheidet es lediglich abschließend über die Rechtmäßigkeit des zur gerichtlichen Prüfung gestellten Widerspruchsbescheids. Der Grundsatz der Gewaltenteilung wird dadurch nicht verletzt. Im Übrigen sprechen auch prozessökonomische Gründe für die Zulässigkeit dieser Verfahrensweise. Denn bei einer bloßen Aufhebung des Widerspruchsbescheids wäre der Kreisrechtsausschuss gezwungen, erneut über den Widerspruch des Beigeladenen zu entscheiden und den Widerspruch des Beigeladenen zurückzuweisen. Der Widerspruchsführer erhielte dann formal eine erneute Klagemöglichkeit, obwohl er als Beigeladener des vorausgegangenen Gerichtsverfahrens an die Rechtskraft des Urteils gebunden wäre (§ 121 Nr. 1 VwGO) und obwohl das Gericht seinerseits eine etwaige Klage des Beigeladenen infolge der Rechtskraftbindung abweisen müsste (§ 318 ZPO).

30

Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Widerspruchsbescheids folgt daraus, dass der Beigeladene keinen Anspruch auf Berücksichtigung der 12 Bullen mit den Ohrmarken/Endziffern 739 bis 763 hat.

31

Gemäß § 5 Abs. 2 Buchstabe a) Betriebsprämiendurchführungsgesetz wird der betriebsindividuelle Betrag für das Jahr 2005 nach Maßgabe des Titels III, Kapitel 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 berechnet. Damit werden die Art. 37 bis 42 der genannten Verordnung in Bezug genommen. Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 regelt, wie der sogenannte Referenzbetrag gebildet wird. Hierzu wird in einem ersten Schritt der Dreijahresdurchschnitt der Zahlungen ermittelt, die ein Betriebsinhaber im Rahmen der Stützungsregelung nach Anhang VI „in jedem Kalenderjahr des Bezugszeitraums nach Art. 38 bezogen hat“. Der Bezugszeitraum nach Art. 38 umfasst die Kalenderjahre 2000, 2001 und 2002. In einem zweiten Schritt wird der Dreijahresdurchschnitt gemäß Anhang VII angepasst, indem die Anzahl von bestimmten Tieren, für die eine solche Zahlung in den einzelnen Jahren des Bezugszeitraums gewährt wurde, unter Berücksichtigung von bestimmten, im Einzelnen aufgeführten Vorschriften mit bestimmten Faktoren multipliziert wird (Anhang VII, Abschnitt C, VO (EG) Nr. 1782/2003).

32

Bei der Anwendung der genannten Vorschriften ist jedoch die Legaldefinition des Art. 2 Buchstabe e) VO (EG) Nr. 1782/2003 zu beachten. Diese Vorschrift lautet:

33

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Zahlungen in einem bestimmten Kalenderjahr“ oder „Zahlungen im Bezugszeitraum“ die für das betreffende Jahr/die betreffenden Jahre gewährten oder zu gewährenden Zahlungen, einschließlich aller Zahlungen für andere Zeiträume, die in dem betreffenden Kalenderjahr/- den betreffenden Kalenderjahren beginnen.“

34

Zwar spricht Art. 37 Abs. 1 nicht von Zahlungen „in einem bestimmten Kalenderjahr“ oder „im Bezugszeitraum“, sondern von Zahlungen „in jedem Kalenderjahr des Bezugszeitraums“. Nach Auffassung des Gerichts ist die Legaldefinition dennoch auf Art. 37 Abs. 1 anzuwenden, denn es handelt sich insoweit nur um grammatikalische, nicht jedoch um inhaltliche Abweichungen in der Formulierung. Daraus folgt, dass Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 die Zahlungen meint, die für jedes Kalenderjahr des Bezugszeitraums gewährt wurden.

35

Ob dies der Fall war, richtet sich allein nach dem jeweiligen Bewilligungsbescheid und nicht nach den materiell-rechtlichen Vorschriften, die den Bewilligungsbescheiden zugrunde lagen. Insoweit folgt die Kammer weder der Auffassung des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein noch der Auffassung des Verwaltungsgerichts Oldenburg. Denn indem Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 für die Ermittlung des Dreijahresdurchschnitts auf die Zahlungen verweist, die ein Betriebsinhaber „nach Anhang VI“ bezogen hat, werden nur die in Betracht kommenden Subventionen näher bezeichnet. Im Anhang VI sind nämlich die jeweiligen Sektoren (hier: Rindfleisch), die Rechtsgrundlagen (hier: Art. 4 VO (EG) Nr. 1254/1999) und die entsprechenden Beihilfen (hier: Sonderprämie für männliche Rinder) aufgelistet. Eine wie auch immer geartete materiell-rechtliche Überprüfung der Voraussetzungen für eine Sonderprämie nach altem Recht wird insoweit nicht verlangt. Erst recht folgt aus der Bezugnahme des Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 auf den „Anhang VII“ nicht die Maßgeblichkeit des alten Rechts für die Ermittlung des Dreijahresdurchschnitts. Denn die in Anhang VII genannten altrechtlichen Bestimmungen finden erst Anwendung, wenn es um die Kürzung des bereits ermittelten Dreijahresdurchschnitts geht.

36

Hinzu kommt eine weitere Überlegung: Wenn ein altrechtlicher Bewilligungsbescheid bestandkräftig geworden ist, ist er für die Bestimmung des Dreijahresdurchschnitts nach Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1782/2003 maßgebend. Dies gilt auch dann, wenn er materiell rechtswidrig gewesen sein sollte. Andernfalls würde das neue Betriebsprämienmodell mit einer schwierigen und umfangreichen Überprüfung der alten Bewilligungsbescheide belastet und der betriebsindividuelle Betrag könnte gegebenenfalls erst nach einer vorausgegangenen Änderung eines rechtswidrigen Altbescheids festgesetzt werden. Ein derartiges Änderungsverfahren könnte wegen etwaiger Rechtsmittel unter Umständen viele Jahre dauern. Dies wäre mit dem Ziel der Agrarreform, insbesondere mit dem in Deutschland bis zum Jahre 2013 geltenden Kombinationsmodell, nicht zu vereinbaren.

37

Nach alledem kommt es nicht darauf an, wie Art. 42 VO (EG) Nr. 2342/1999 auszulegen war und ob die Bewilligungsbescheide rechtswidrig waren. Nach Art. 37 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Buchstabe e) VO (EG) Nr. 1782/2003 ist allein entscheidend, für welche Kalenderjahre die Bewilligungsbescheide ergangen sind.

38

Im vorliegenden Fall wurde die Sonderprämie für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 29. Juni 2001 für 27 Bullen bewilligt. Für das Jahr 2001 wurde die Sonderprämie mit Bescheid vom 23. Juni 2003 für 33 Bullen bewilligt. Für das Jahr 2002 wurde eine Sonderprämie für 12 Bullen (aber mit anderen Ohrmarken) mit Bescheid vom 23. Juni 2003 bewilligt. Diese Tiere wurden ausweislich der Mitteilung vom 1. März 2005 der Berechnung des Referenzbetrages zugrunde gelegt, wobei für das Jahr 2002 sogar 13 statt 12 Bullen berücksichtigt wurden. Dies alles ist nicht im Streit.

39

Soweit der Widerspruchsbescheid dem Beklagten zur Berücksichtigung von 12 zusätzlichen Bullen verpflichtet, für die der Antrag am 21. Januar 2003 gestellt wurde (Ohrmarken-Endziffern 739 bis 763), übersieht der Kreisrechtsausschuss, dass der diesbezügliche Bewilligungsbescheid vom 28. April 2004 für das Jahr 2003 ergangen ist. Da dieser Bescheid ebenfalls bestandskräftig wurde, kann er heute nicht mehr als Bewilligung für das Jahr 2002 reklamiert werden.

40

Insoweit kann der Beigeladene nicht mit Erfolg einwenden, der Bescheid vom 28. April 2004 betreffe in Wahrheit eine Bewilligung für das Jahr 2002, weil maßgeblich auf den Antrag vom 21. Januar 2003 abzustellen sei, der sich auf Schlachtungen im Jahre 2002 bezogen habe. Abgesehen davon, dass der Bescheid sowohl in der Überschrift als auch im Fließtext wiederholt auf den Antrag für das Jahr 2003 Bezug nimmt, hat auch der Beigeladene selbst in der geänderten „Tierliste 2003“ deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Sonderprämie für die im Jahre 2002 geschlachteten Rinder mit den Ohrmarken-Endziffern 739 bis 763 für das Jahr 2003 (erneut) beantragt hat. Deshalb kann es aus der Sicht des Beigeladenen keinen Zweifel darüber geben, dass die Bewilligung diesmal das Kalenderjahr 2003 betraf. Im Übrigen sind die Beteiligten auch in der Vergangenheit stets einvernehmlich so verfahren, dass sie die Bewilligung jeweils auf dasjenige Jahr bezogen hatten, welches in der Überschrift des Bescheids angegeben war.

41

Der Widerspruchsbescheid ist folglich rechtswidrig. Er ist aufzuheben und der Widerspruch des Beigeladenen ist auf Antrag der Klägerin zurückzuweisen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.

43

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

44

Beschluss

45

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.182 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG, vgl. BVerwG, Beschluss vom 08.09.2008 - 3 B 52/08 -).

46

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Referenzen

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.