Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 12. Juni 2018 - A 6 K 436/17

published on 12/06/2018 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 12. Juni 2018 - A 6 K 436/17
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Tenor

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 04. Januar 2017 verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt neben der Anerkennung als Asylberechtigte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie – hilfsweise – subsidiären Schutz und – weiter hilfsweise – Abschiebungsschutz.
Die Klägerin ist eine am ... 1988 geborene chinesische Staatsangehörige der Volksgruppe der Han-Chinesen. Nach Ausstellung eines chinesischen Reisepasses sowie eines touristischen Schengen-Visums reiste sie am ... 2016 am Flughaufen Peking aus ihrem Heimatland aus und am selben Tag auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Hier beantragte sie am 02.08.2016 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) Asyl.
Am 03.08.2016 wurde sie zu den Gründen ihres Asylantrages angehört. Sie gab an, in ihrem Herkunftsland als Mitglied der Kirche des Allmächtigen Gottes (nachfolgend: KdAG) verfolgt zu werden. Sie sei durch eine Nachbarin in Kontakt mit der Glaubensgemeinschaft gekommen und im Juni 2013 konvertiert, weil sie in einer emotional belastenden Lebensphase Lebenssinn und Halt durch die religiöse Betätigung gefunden habe. In ihrem kleinen Stadtteil habe sie als Gruppenverantwortliche mit Verantwortlichkeit gegenüber der Verwaltungsgruppe innerhalb der Glaubensgemeinschaft, in welcher alle Mitglieder gleichberechtigt seien, eine Führungsposition übernommen.
Am 08.04.2016 sei während einer von ihr besuchten religiösen Zusammenkunft die Wohnung von Sicherheitsbehörden gestürmt und nach verdächtigem Material durchsucht worden. Sie sei mit ihren Glaubensschwestern anschließend auf die Polizeiwache verbracht und dort unter Folter und Drangsalierungen verhört worden. Sie habe Wassergüsse, Schlaf- und Nahrungsentzug, Bedrohungen mit Eisenstangen, sowie Tritte und das Schlagen ihres Kopfes gegen eine Wand erlitten. Als die Wachen am 10.04.2016 eingeschlafen waren, habe sie sich befreien und für eine Nacht in einer Mülltonne verstecken können, bevor sie bei ihrem (ehemaligen) Freund untergetaucht sei. Gegen Zahlung von 80.000 Yuan habe eine Reisevermittlung für sie die Flucht vorbereitet.
Nachdem die Klägerin nach gut dreistündiger Anhörung zu der Annahme gelangt war, der Dolmetscher übertrage ihre Angaben unrichtig, weigerten sich sowohl der Anhörer als auch die hinzugezogene koordinierende Entscheiderin des Bundesamtes, der Klägerin die bisherige Anhörungsniederschrift in chinesischer Sprache vorzulegen. Daraufhin weigerte sich die Klägerin ihrerseits, die Anhörung trotz der Verständigungsschwierigkeiten fortzusetzen. Daraufhin wurde die Anhörung abgebrochen und der Klägerin aufgegeben, innerhalb von zwei Tagen ihre persönliche Verfolgungssituation schriftlich niederzulegen und Angaben zu weiteren speziell ausformulierten Fragen zu machen. Am 05.08.2016 reichte die Klägerin die geforderte Stellungnahme in einem 14-seitigen Fließtext in chinesischer Sprache ein und beantwortete bei der Abgabe weitere ihr gestellte Fragen.
Nach Einholung einer Übertragung in die deutsche Sprache lehnte das Bundesamt die Anträge der Klägerin auf Asylanerkennung (Ziffer 2) und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) sowie des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) mit Bescheid vom 04.01.2017 als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4) und drohte der Klägerin für den Fall, dass sie der Ausreiseaufforderung nicht binnen 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens nachkomme, ihre Abschiebung nach China an (Ziffer 5). Ferner befristete das Bundesamt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).
Schutz wegen einer Verfolgung als Mitglied der KdAG könne die Klägerin nicht beanspruchen. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Überwachung christlich sektiererischer Glaubensgemeinschaften durch den chinesischen Staat erschienen ihre Schilderungen der häuslichen Zusammenkunft und der nächtlichen Polizeikontrolle mit anschließender Verbringung auf eine Polizeiwache zwar glaubhaft. Auch habe sie ihr Glaubensbekenntnis zur Gemeinschaft der KdAG und die damit verbundene religiöse Praxis detailliert und glaubhaft beschrieben. Die Klägerin habe auch von Polizeikräften ausgeführte Taten geschildert, die aufgrund ihrer Schwere und Ausübungsart als Folterhandlungen gewertet werden könnten. Dies treffe insbesondere zu, als dass die ausgeführten Handlungen der Erwirkung von Geständnissen und der Herausgabe von Informationen durch die Klägerin habe dienen sollen. Der Sachverhalt erscheine auch insofern glaubhaft, als dass religiöse Zusammenkünfte in sogenannten Hauskirchen vom chinesischen Staat missbilligt und bei Aufdeckung streng geahndet würden.
Es lasse sich aber kein flüchtlings- oder asylrelevantes Merkmal ableiten, sich die willkürliche Hausdurchsuchung nicht gegen die Klägerin als Zielperson gerichtet habe, sondern der Detektion möglicher Gemeindeführer richtete. Diesem Personenkreis sei die Klägerin aber nicht zuzureichen, auch wenn sie eine engagierte und sehr aktive Rolle in ihrer Gemeinde einnehme. Es sei zudem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Klägerin auch im Falle ihrer Rückkehr in ihr Herkunftsland keine weitere strafrechtliche Verfolgung drohe, da sie sich selbst aus ihrer Gefangenschaft befreien, einen Reisepass und ein Visum beantragen sowie die Flucht nach Deutschland antreten können habe. Zudem werde die missbräuchliche Anwendung der beschriebenen Verhörmethoden auf den unteren polizeilichen Dienstebenen vom chinesischen Staat missbilligt und auch dienstrechtlich geahndet. Der Klägerin stehe somit die Beschreitung des Justizweges offen, um die ihr widerfahrenen Unrechtshandlungen rechtlich zu verfolgen.
Gegen den am 09.01.2017 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 17.01.2017 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und zur Glaubhaftmachung der Repressalien der chinesischen Regierung gegenüber Anhängern der KdAG diverse Berichte und Einschätzungen zu deren Situation vor. Ferner hat sie eine Bestätigung kirchlichen Engagements der Evangelischen Gemeinde in der N. (Mannheim) vom 10.01.2017 zur Akte gereicht und während der mehr als zweieinhalbstündigen mündlichen Verhandlung die Gründe ihrer Asylantragstellung gegenüber dem Gericht persönlich erläutert.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 04.01.2017, Aktenzeichen - ...-, aufzuheben,
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und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
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und hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr subsidiären Schutz zuzuerkennen,
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weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt.
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Die Beklagte hat keinen Sachantrag gestellt. Ihre Mitwirkung am gerichtlichen Verfahren beschränkte sich darauf, dem Gericht ungefragt den bereits aus der Klageschrift gerichtsbekannten Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitzuteilen. Die Beklagte hat insbesondere nicht auf die Klagebegründung erwidert, die vorgelegten Unterlagen nicht gewürdigt und keinen Vertreter zur mündlichen Verhandlung entsandt.
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Mit Beschluss vom 23.04.2018 hat das Gericht den Rechtstreit dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen. In der mündlichen Verhandlung hat der Einzelrichter eine ihren Angaben zufolge anderen Angehörigen der KdAG zur gemeinsamen Glaubensbetätigung in der BRD als Zeugin vernommen. Wegen der Angaben der Klägerin in ihrer gerichtlichen Anhörung und der Angaben der Zeugin wird auf die Anlagen 1 bzw. 2 zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf den der Akten des Bundesamts (Az: - ... -) und den der Prozessakte – ... - Bezug genommen. Diese waren ebenso wie die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
I.
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Gemäß § 76 Abs. 1 AsylG entscheidet das Gericht durch den Einzelrichter anstelle der Kammer.
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Dieser konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
II.
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Die zulässige Klage hat bereits mit dem Hauptantrag Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, weil der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 04.01.2017 zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 12.06.2018 (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) rechtwidrig ist, die Klägerin in ihren Rechten verletzt und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
1. Der Klägerin steht die Anerkennung als Asylberechtigte zu.
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a) Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt in diesem Sinne ist, wem selbst – in seiner Person – von seinem Heimatstaat gezielt intensive, ihn in seiner Menschenwürde verletzende und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen zugefügt worden sind oder unmittelbar drohen, die in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale, d. h. aus Gründen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in anderen, für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, welche sein Anderssein prägen, Leib und Leben gefährden oder die persönliche Freiheit besonders beschränken, und ihm zugleich Anlass geben, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage außerhalb seines Heimatlandes Schutz zu suchen. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung setzt weiter voraus, dass diese Maßnahmen dem Schutzsuchenden unter Zugrundelegung einer auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichteten Zukunftsprognose mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen oder aber dass sie für ihn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, nachdem er in der Vergangenheit bereits politische Verfolgung erlitten hatte. Wegen des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich der Asylbewerber vielfach befindet, genügt es bei alledem, dass er die Gefahr politischer Verfolgung glaubhaft macht (BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 -, 9 C 109.84 -, NVwZ 1985, 658, 660). Dem Asylbewerber obliegt es dabei, unter Angaben genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern (BVerwG, Urteil vom 24.03.1987, - 9 C 321.85 -, NVwZ 1987, 701 und Beschluss vom 26.10.1989, - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38, 39). Das Gericht muss auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit des von einem Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus der er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet (BVerwG, Beschluss vom 21.07.1989, - 9 B 239.89 -, juris).
23 
Das Gericht muss von der Wahrheit – und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals sowie von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung die volle Überzeugung gewinnen. Es darf jedoch insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.04.1985, - 9 C 109.84 -, a.a.O.).
24 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Begehren der Klägerin nach Anerkennung als Asylberechtigte hier zum Erfolg.
25 
Es ist glaubhaft, dass chinesische Sicherheitsbehörden alle Angehörigen der KdAG allein wegen ihrer Mitgliedschaft politisch verfolgen (nachfolgend: 1.1.). Die Klägerin selbst geriete im Falle ihrer Rückkehr nach China wegen ihrer religiösen Grundentscheidung bzw. Glaubensbetätigungen für die KdAG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneut in das Visier der Sicherheitskräfte (2.2.). Der Feststellung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit steht hier nicht entgegen, dass sie trotz polizeilicher Fahndung Reisepass sowie Reisevisum besorgen konnte und ihr die Ausreise aus China über den Flughafen gelang (3.3.). Mitglieder der KdAG werden in China auch nicht wegen krimineller Aktivitäten für eine terroristische Vereinigung, sondern wegen ihres Glaubens verfolgt (4.4.). Eine zumutbare inländische Fluchtalternative bietet sich Angehörigen der KdAG in China nicht (5.5.). Art. 16a Abs. 2 GG schließt den Asylanspruch der auf dem Luftweg ins Bundesgebiet eingereisten Angehörigen der KdAG nicht aus (6.6.).
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1.1. Zunächst ist glaubhaft, dass chinesische Sicherheitsbehörden alle Angehörigen der KdAG allein wegen ihrer Mitgliedschaft politisch verfolgen. Unter Berücksichtigung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ist überwiegend wahrscheinlich, dass das Verfolgungsinteresse des chinesischen Staates in China gegenüber vorverfolgt ausgereisten Gläubigen im Falle einer fortgesetzten Glaubensbetätigung noch nicht abgeschlossen ist und ihnen daher erneut Verfolgungsmaßnahmen drohen. Dies ergibt sich aus den inzwischen zahl- und umfangreichen Berichten, welche die asylschutzrelevante Lage im Wesentlichen einhellig schildern. Wegen des Inhalts der Berichte wird auf die Darstellungen im Urteil des VG Karlsruhe vom 04.05.2018 (- A 6 K 7906/16 -, Rn. 20 bis 33, Juris) verwiesen.
27 
Ergänzend hierzu stützt sich das Gericht auch auf neuere Erkenntnisse in Gestalt der fachkundigen Einschätzung des Professors für Religionssoziologie Introvigne, nach dessen eidesstattlicher Erklärung vom 22.01.2018 es nicht nur wahrscheinlich, sondern geradezu sicher ist, dass ein als solcher identifizierter Angehöriger der KdAG im Falle seiner Rückkehr nach China festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, einer Umerziehung unterzogen und von den Behörden mit beträchtlicher Wahrscheinlichkeit gefoltert oder sogar getötet würde (Massimo Introvigne, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, Ziffer 11, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter). Diese Beurteilung der Situation der Angehörigen der KdAG in China stimmt mit der Meinung des Professors für Soziologie und Rechtswissenschaften Richardson überein, soweit dieser annimmt, dass aus Asylzielländern abgeschobene Gläubige der KdAG, sobald sie als solche in China ausgemacht werden, allein wegen ihrer Mitgliedschaft mit Sicherheit festgenommen und -gesetzt werden (James T. Richardson, 24.01.2018, Auskunft zur Lage für Mitglieder der Kirche des Allmächtigen Gottes, S. 2, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter).
28 
2.2. Die Klägerin selbst geriete im Falle ihrer Rückkehr nach China wegen ihrer religiösen Grundentscheidung bzw. Glaubensbetätigungen für die KdAG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneut in das Visier der Sicherheitskräfte, nachdem sie deswegen schon vor ihrer Ausreise in asylschutzrelevanter Weise in ihrem Herkunftsland politisch verfolgt worden ist und ihren Glauben auch weiterhin missionarisch betätigt. Hiervon ist das Gericht aufgrund ihrer spontanen und detaillierten Einlassungen während ihrer Anhörungen durch das Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie ihrer ausführlichen schriftlichen Schilderung vom 05.08.2016 überzeugt. Ihre Angaben zu den Glaubensinhalten ihrer Gemeinschaft, zu ihrem persönlichen Konversionsprozess, zu ihren Glaubensbetätigungen in China und Deutschland sowie zu den persönlich und von anderen Angehörigen der Glaubensgemeinschaft erlittenen Verfolgungen sind in sich stimmig und korrespondieren mit den Erkenntnissen zur asylrechtsrelevanten Lage in China.
29 
Die Klägerin hat die durch sie in der Polizeihaft erlebte Folter dem Gericht schriftlich und mündlich anschaulich dargestellt, auf Vorhalte und Zwischenfragen sachlich und ohne zu zögern reagiert, ohne sich irgendwie in Widerspruch zu ihren früheren Angaben zu setzen. Dabei scheint es ganz und gar unwahrscheinlich, dass die Klägerin in der Lage wäre, auf die konkreten Nachfragen des Gerichts in der von ihr demonstrierten Detaildichte zu reagieren, ohne das Beschriebene tatsächlich erlebt zu haben, weil sich zahlreiche Realkennzeichen in ihrem Vorbringen finden: Auch hinsichtlich schriftlich noch nicht vorab formulierten Geschehnissen bettete sie ihre Erzählungen räumlich, zeitlich und inhaltlich in einem Ausmaß ein, mit welchem selbst dann nicht zu rechnen ist, wenn eine sehr gut vorbereitete und befähigte Asylbewerberin sich eine Verfolgungsgeschichte nur aneignet bzw. ausdenkt.
30 
Die Klägerin konnte zudem ihre Glaubenspraktiken plastisch beschreiben. Ihr gelang auch bei Unterbrechungen bzw. auf Nachfrage und Vorhalte eine farbige, prompte und widerspruchsfreie Schilderung der von ihr (nicht nur) zur Vorbereitung des Gerichtstermins mit der Zeugin in Deutschland gemeinsam unternommenen religiösen Handlungen, welche von der Zeugin ebenso schlüssig, nachvollziehbar und inhaltlich übereinstimmend geschildert wurden.
31 
Auch dem Bundesamt erscheinen ausweislich der Begründung der angefochtenen Entscheidung vor dem Hintergrund der zunehmenden Überwachung christlich sektiererischer Glaubensgemeinschaften durch den chinesischen Staat die Schilderungen der häuslichen Zusammenkunft und der nächtlichen Polizeikontrolle mit anschließender Verbringung auf eine Polizeiwache glaubhaft. Auch nach seiner Einschätzung hat die Klägerin ihr Glaubensbekenntnis zur Gemeinschaft der KdAG und die damit verbundene religiöse Praxis detailliert und glaubhaft beschrieben.
32 
Soweit das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags gleichwohl darauf stützt, dass sich kein flüchtlings- oder asylrelevantes Merkmal ableiten lasse, weil sich die willkürliche Hausdurchsuchung nicht zielgerichtet gegen die Klägerin gerichtet habe, sondern der Detektion möglicher Gemeindeführer diente, überzeugt dies nicht.
33 
Erstens verfolgen chinesische Sicherheitsbehörden – wie gesagt – alle Angehörigen der KdAG allein wegen ihrer einfachen Mitgliedschaft und gerade nicht nur diejenigen, die innerhalb der Glaubensgemeinschaft eine besondere Stellung eingenommen haben oder einnehmen würden, auf Grund derer sie von den Staatsorganen als Bedrohung angesehen würden. Soweit das erkennende Gericht in einem ähnlich gelagerten Fall eine hierzu gegensätzliche Einschätzung mit seinem Beschluss vom 17.02.2017 unter dem Aktenzeichen - A 6 K 811/17 - dargelegt und infolgedessen den damaligen einstweiligen Rechtsschutzantrag zunächst abgelehnt hatte, hat es bereits am 21.08.2017 seinen Beschluss nach § 80 Abs. 7 VwGO abgeändert, die aufschiebende Wirkung der Klage doch noch angeordnet (- A 6 K 12236/17 -) und der Klage inzwischen in der Hauptsache mit Urteil vom 12.06.2018 stattgegeben (- A 6 K 810/17 -), weil es an seiner – aus heutiger Sicht bereits Anfang 2017 fehlerhaften – Einschätzung zur Lage im Herkunftsland der Klägerin nicht festhält.
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Zweitens hat(te) die Klägerin ihren glaubhaften Angaben zufolge in ihrem kleinen Stadtteil in China bzw. in der Bundesrepublik bereits als Gruppenverantwortliche mit persönlicher Verantwortlichkeit gegenüber der Verwaltungsgruppe innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft eine – wenn auch niedrige – Führungsposition übernommen.
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Drittens richtete sich die durch das Bundesamt als Verfolgungshandlung herangezogene Hausdurchsuchung – im Gegensatz zur Darstellung in der Bescheidbegründung – gerade gegen sie persönlich, da einer der vier Polizisten während des Einbrechens in die Wohnung auf sie zeigte und sagte: „Das ist sie! Sie taucht in letzter Zeit oft in unserem Viertel auf!“ die Klägerin packte, sie gegen die Wand warf und ihr ihr aufgab: „Hocke Dich hin an die Wand!“
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Viertens ist als maßgebliche Vorverfolgungshandlung ohnehin nicht allein die Wohnungsdurchsuchung heranzuziehen. Stattdessen sind vor allem die anschließend durch die Klägerin im Polizeigewahrsam in eigener Person wegen ihrer Zugehörigkeit zur KdAG erfahrenen unmenschlichen Behandlungen (Treten, Kopf an die Wand schlagen, Bedrohung mit Eisenstange, Wassergüsse, Schlafentzug, Nahrungsentzug) während des dreitätigen Polizeigewahrsams ebenfalls als Verfolgungshandlungen zu berücksichtigen. Hinsichtlich dieser Verfolgungshandlungen kann das Bundesamt erst recht nicht argumentieren, sie hätten sich nicht gegen die Klägerin persönlich gerichtet, sondern gegen ihr übergeordnete Gemeindeführer, nur, weil die Polizei deren Identität im Wege der Folterung der Klägerin feststellen wollte. Die Frage, ob diese von der Klägerin geschilderten Taten der Polizei aufgrund ihrer Schwere und Ausübungsart als Folterhandlungen gewertet werden können, hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid selbst ausdrücklich angenommen. Da das Bundesamt wegen der strengen Ahndung religiöser Zusammenkünfte der vom chinesischen Staat missbilligten Hauskirchen ausdrücklich auch die Glaubhaftigkeit des Sachvortrags der Klägerin zu ihren Foltererfahrungen bejahte, erschließt sich nicht, aus welchem Grund hier kein flüchtlings- oder asylrelevantes Merkmal erfüllt sein sollte.
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Die Annahme des Bundesamtes, einem Mitglied der KdAG stehe die Beschreitung des Justizweges offen, um die ihm wegen seines Glaubens durch Polizisten zugefügten Folterhandlungen rechtlich verfolgen zu lassen, weil die missbräuchliche Anwendung der beschriebenen Verhörmethoden auf den unteren polizeilichen Dienstebenen vom chinesischen Staat missbilligt werde, ist auch falsch. Gemessen an den folgenden Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (nachfolgend: AA) in dessen aktuellen Lagebericht zur asylrechtsrelevanten Lage in China vom 23.12.2017 ist es politisch unliebsamen Personen wie den Angehörigen der als sog. „Sekte“ als verboten gelisteten KdAG nicht zuzumuten, sich wegen ihnen von den Sicherheitsbehörden zugefügter Folter mit juristischen Mitteln in ihrem Herkunftsland zur Wehr zu setzen.
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Die Volksrepublik China ist ein „sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht“ (Art. 1 der Verfassung der VR China). Die führende Rolle der KPCh wird in der Präambel der Verfassung festgeschrieben. Eine echte Gewaltenteilung ist nicht vorgesehen und wird von Partei und Regierung klar abgelehnt. Regierung, Gerichte und das „Parlament“ sind letztlich der Partei verantwortlich. Ziel der gegenwärtigen Reform und Wirtschaftspolitik ist die Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft chinesischer Prägung mit moderatem Wohlstand bis 2020. In der Praxis bedeutet dies eine Politik der verstärkten Unterdrückung Andersdenkender (Kampagne „gegen universelle westliche Werte“). Das gesetzgemäße Handeln staatlicher Organe ist in der Praxis nicht immer gewährleistet. Es richtet sich am Rechts- und Herrschaftsverständnis der kommunistischen Gesellschaftsordnung aus, häufig verbunden mit Praktiken willkürlicher Machtausübung (Auswärtiges Amt, - AA -, Lagebericht China, 23.12.2017, S. S.7).
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Die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der KPCh bleiben oberste Prämisse und rote Linie. Die seit 2008 auf diese Weise zunehmende Repression hat sich seit Amtsantritt Xi Jinpings verstetigt und sich im Berichtszeitraum nochmals in einigen Bereichen verstärkt. Die Zivilgesellschaft ist überzeugt, dass sich dieser Trend unter der Führung Xi Jinpings allenfalls weiter verstärken, jedoch nicht umkehren wird. Die angewendeten Mittel zur Einschüchterung sind weitgehend gleichgeblieben. Im Namen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung werden weitreichende Möglichkeiten zur Überwachung, Verfolgung und langjährige Haftstrafen geschaffen. Zudem bleiben extralegale Maßnahmen fester Bestandteil des Werkzeugkastens chinesischer Sicherheitsbehörden. Sie umfassen u.a. willkürliche Haft (z.T. in geheimen Gefängnissen), Folter, Druck auf Familienangehörige, Hausarrest ohne Rechtsgrund und Gängelei im Alltag. Daneben kamen erzwungene Fernsehgeständnisse immer häufiger zum Einsatz (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 22. bis 23).
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Personen, die in Opposition zu Regierung und herrschender Ideologie stehen, setzen sich unmittelbar der Gefahr von Repression durch staatliche Stellen aus, wenn sie aus Sicht der Regierung die Kommunistische Partei die Einheit des Staates oder das internationale Ansehen Chinas gefährden. Die Schwelle ist immer dann erreicht, wenn die chinesischen Sicherheitsbehörden annehmen, dass ein – noch so loses – Netzwerk gebildet werden könnte. Aus Sicht der Regierung geht von separatistischen Bestrebungen und Untergrundaktivitäten innerhalb Chinas die größte Gefahr aus. Seit dem Führungswechsel im März 2013 ist ein noch einmal verstärkt repressives Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Kritikern der Regierung oder der Partei (Menschenrechtsverteidiger, Bürgerrechtsanwälte, kritische Intellektuelle und Künstler, Petitionäre oder Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften etc.) zu beobachten. Einschüchterungsmaßnahmen umfassen u.a. Hausarrest, willkürliche Haft in sog. schwarzen Gefängnissen („black jails“ bzw. „legal education center“), Folter, Berufsverbote und Druck auf Familienangehörige bis hin zur „Sippenhaft“; in einigen Fällen wurden lange Haftstrafen verhängt. Neben immer wiederkehrenden Schlägen gegen einzelne kritische Stimmen zur allgemeinen Abschreckung kam es in den letzten Jahren zu gezielten Kampagnen gegen alle Kerngruppen der Zivilgesellschaft als Ganzes: So wurden seit Niederschlagung der „Neuen Bürgerbewegung“ 2013 nacheinander die charismatischsten Führungspersönlichkeiten unter den Aktivisten, Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, Journalisten, Bloggern, Wissenschaftlern, Kirchenvertretern und Menschenrechtsanwälten verhaftet oder anderweitig mundtot gemacht. Das Vorgehen gegen politisch bis dahin unverdächtige Frauenrechtlerinnen (Verhaftung der Feminist Five im März 2015), gegen die Arbeiter-Nichtregierungsorganisationen en (im Dezember 2015) oder die tausendfachen Abrisse von Kreuzen von Kirchen in der Provinz Zhejiang zeigen, dass zu stark werdender gesellschaftlicher Einfluss aus Sicht der Partei noch schwerwiegender ist als politische Opposition (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 9).
41 
Unter Führung Xi Jinpings hat sich die Menschenrechtslage allgemein verschlechtert, sodass davon ausgegangen wird, dass der Trend weiter nach unten geht oder allenfalls stagniert. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen werden selbst von staatlichen Stellen eingeräumt. Diese, zusammen mit zum Teil schwierigen Haftbedingungen, führen bei den Gefangenen nicht selten zu gesundheitlichen Schäden. Eine medizinische Versorgung wird von chinesischer Seite zum Teil nicht oder erst nach Zuspitzung der Lage gewährt. Neben der Freiheitsstrafe existieren verschiedene Formen freiheitsentziehender Maßnahmen als sogenannte Administrativhaft: „Haft zur Erziehung“ (shourong jiaoyu), „Haft zur Umerziehung“ und „Zwangsmäßige Drogenrehabilitation in Isolation“. Sie zielen häufig auf Prostituierte und Drogenabhängige, aber auch politisch missliebige Personen (z.B. Anti-Falun-Gong-Kampagne). Die Haftbedingungen werden als sehr hart beschrieben. Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem „Verwaltungsstrafen“ verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer „Verwaltungshaft“ (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten schwarzen Gefängnissen kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 25 bis 26).
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Eine unabhängige Justiz existiert in China nicht. Richter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien. Das Recht auf Anhörung und Verhandlung vor dem gesetzlichen Richter ist nicht gewährleistet, da freiheitsentziehende Maßnahmen auch durch Administrativorgane oder parteiintern angeordnet werden können. Selbst tiefe Eingriffe in Freiheitsrechte wie die Verhängung von Untersuchungshaft, Lagerhaft und/oder ein vorangehender, vom Gesetz nicht vorgesehener Hausarrest, dürfen ohne richterliche Kontrolle von Sicherheitsbehörden angeordnet werden. Das Recht auf anwaltlichen Beistand wird politisch Inhaftierten häufig mit der Begründung verwehrt, diese würden die öffentliche Sicherheit gefährden. Andere Haftanstalten stellen Besuche von Anwälten unter strenge, teils kaum erfüllbare Auflagen. Es werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Anwälten der Zugang zu ihren inhaftierten Mandanten verwehrt wird und diese selbst in Gewahrsam genommen und zum Teil sogar gefoltert werden. Selbst in gewöhnlichen Strafrechtsfällen schätzen chinesische Rechtsexperten die Vertretungsrate auf nur auf 20-40 %. Anfang Juli 2015 kam es zu einer Verhaftungswelle gegen hunderte Menschenrechtsanwälte. Mit einer strafrechtlichen Verhaftung geht für die Anwälte automatisch ein lebenslanges Berufsverbot einher. Anwälte, die ihre inhaftierten Kollegen gerichtlich vertreten, werden besonders von den staatlichen Stellen ins Visier genommen. Durch eine Novelle des Strafgesetzes von September 2015 werden den staatlichen Behörden noch mehr Rechte eingeräumt, während Gerichtsverhandlungen gegen „verletzende“, „bedrohliche“ oder „störende“ Vorträge, z.B. von Anwälten, vorgehen und den Störer zu bis zu drei Jahren Gefängnis verurteilen (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 18). Über 300 von den Massenverhaftungen betroffenen Menschenrechtsanwälte und Aktivisten sind immer noch in Haft. Mehrheitlich drohen ihnen Verurteilungen wegen Subversion bzw. Anstiftung zur Subversion, ohne seit ihrer Verhaftung einen selbstgewählten Verteidiger gesehen zu haben. Im August 2016 wurden vier von ihnen zu Haftstrafen zwischen 4 und 7,5 Jahren verurteilt (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 22. bis 23).
43 
In Anbetracht all dessen kann die Klägerin wegen der ihr aufgrund ihres Engagements für die regierungskritische Glaubensgemeinschaft der KdAG staatlich zugefügten Folter in China keinen effektiven Rechtsschutz erlangen.
44 
3.3) Soweit das Bundesamt in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Lasten der Klägerin berücksichtigt hat, dass sie trotz polizeilicher Fahndung Reisepass sowie Reisevisum besorgen konnte und ihr die Ausreise aus China über den Flughafen gelang, folgt das Gericht dieser Argumentation im hier zu entscheidenden Einzelfall nicht. Unter Umständen können sich politisch unliebsame Personen in China Reisepass und -visum verschaffen und damit über den Flughafen ausreisen, obwohl chinesische Sicherheitsbehörden bereits namentlich nach ihnen fahnden (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 04.05.2018, - A 6 K 7906/16 -, Rn. 43 bis 47, juris, m.w.N.).
45 
Nach inzwischen gerichtsbekannten Erkenntnissen werden die Vorstrafen und Fingerabdrücke Verhafteter lediglich in einigen größeren Städten überhaupt in die landesweite Fahndungsdatenbank eingespeist, welche zudem fehleranfällig ist (PierLuigi Zoccatelli, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, S. 3, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter). Die Unzuverlässigkeit der Fahndungslisten ist auch der bei örtlichen Polizeistellen weit verbreiteten Korruption geschuldet, weil diese kein Interesse an einer Weitergabe der Daten Festgenommener haben, da sie im Falle einer offiziellen Registrierung eines Vorgangs bzw. Anklageerhebung selbst keine Bestechungsgelder der Angeschuldigten einstecken könnten (PierLuigi Zoccatelli, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, S. 3). Auch bereits in das sog. „Polizeinetz“ eingespeiste Daten stehen Reisepassbeschaffung oder Flughafenausreise nicht entgegen, weil es nicht schwierig ist, bestechliche Amtsträger zu finden und die mit den Flughafenkontrollen befassten und vielbeschäftigter Grenzbeamten in den betriebsamen chinesischen Flughäfen Namen nur selten und Fingerabdrücke gar niemals kontrollieren (PierLuigi Zoccatelli, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, S. 4).
46 
Unter Zugrundelegung dieser Beurteilungsmaßstäbe trägt hier die Feststellung der ungehinderten Ausreise über den Flughafen nicht die Schlussfolgerung, die Klägerin sei zu diesem Zeitpunkt nicht verfolgt worden. Ihr Name könnte noch nicht von den lokalen Polizeibehörden in die landesweiten Fahndungslisten eingetragen oder schon wieder von ihnen gelöscht worden sein. Ebenso könnten die von ihr verwendeten Reisedokumente gefälscht oder inhaltlich unwahr gewesen sein. Die Klägerin gab insoweit gegenüber Bundesamt an, für die Reisevorbereitung 80.000 an eine Organisation zur Reisevermittlung gezahlt zu haben. Kosten in der genannten Höhe lassen auf eine illegale Ausreise mit teuer erschlichenen Papieren bzw. mittels Schlepper schließen.
47 
Ungeachtet dessen deuten jedenfalls die bereits erlittenen Verfolgungsmaßnahmen jedenfalls nach dem Maßstab der hinreichenden Sicherheit bzw. der für die Klägerin streitenden tatsächlichen Vermutung auf eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen bzw. Bedrohungen in ihrem Heimatland hin, wenn sie – wie erwartet – ihre missionarischen Glaubensbetätigungen fortsetzt. Ein Verzicht hierauf kann der Klägerin nicht zugemutet werden, weil ihnen den tatrichterlichen Feststellungen zufolge nach ihrem Glaubensverständnis ein für sie identitätsbestimmender Charakter zukommt (vgl. EuGH, Urteil vom 05.09.2012, - C-71/11 - und - C-99/11 - jeweils in juris).
48 
4.4. Mitglieder der KdAG werden in China auch nicht wegen krimineller Aktivitäten für eine terroristische Vereinigung, sondern wegen ihres Glaubens verfolgt, weil es sich bei den Anschuldigungen der Sicherheitsbehörden gegenüber der KdAG den Ergebnissen der zu dieser Frage eigens unter Mitwirkung chinesischer Regierungsstellen angefertigten Untersuchungen auf dem Forschungsgebiet der sog. Neuen Religiösen Bewegungen führender westlicher Wissenschaftler zufolge um staatliche Propaganda handelt, deren Wahrheitsgehalt sich nicht belegen lässt (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 04. Mai 2018, - A 6 K 7906/16 -, Rn. 48 bis 55, juris, m.w.N.).
49 
Die Liste der in diesem Urteil dargestellten propagandistischen Unterstellungen ist zwischenzeitlich dahingehend zu ergänzen, dass die chinesischen Regierungsstellen auch zu Unrecht verbreitet haben, dass die KdAG irgendeine Art von Gewalt gegen die kommunistische Regierung oder ihre Mitglieder befürwortet, weil sie stattdessen in Übereinstimmung mit den biblischen Prophezeiungen annimmt, der sog. „Große Rote Drachen“ werde unter dem Gewicht seiner eigenen Verfehlungen stürzen (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, in: „A Review of the Document The Church of Almighty God and Other Documents on The Church of Almighty God by the Immigration and Refugee Board of Canada“, - nachfolgend: „Review“ -, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter, S. 3). Unwahrscheinlich ist auch die Unterstellung, die KdAG habe trotz ihrer Verfolgung durch den chinesischen Staat ihrerseits andere Hauskirchen als nichtstaatlicher Akteur effektiv verfolgen können (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 6). Gleichermaßen falsch sind die altbekannten und gegenüber Neuen Religiösen Bewegungen typischerweise vorgebrachten Anschuldigungen bzw. Vorurteile, wonach die KdAG ihre Angehörigen um deren Geld betrüge, sie einer Gehirnwäsche unterziehe bzw. familiäre Verbindungen zerstöre (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 3). Auch können die regierungsnahen chinesischen Stellen die von ihnen kolportierte Eheschließung zwischen Yang Xiangbin und Zhao Weishan ebenso wenig belegen wie die Umdeutung deren geistlicher in eine sexuelle Beziehung, was aus Sicht der Forschung zu neuen religiösen Bewegungen üblicherweise wesentlicher Bestandteil typischer Kontroversen um sog. „Sekten“ ist (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 3). Entgegen der von chinesischen Regierungsstellen gestreuten und weit verbreiteten Annahme entsprach es auch niemals der Theologie der KdAG, dass die Welt im Jahr 2012 untergehen werde (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 6).
50 
5.5. Eine zumutbare inländische Fluchtalternative bietet sich Angehörigen der KdAG in China nicht. (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 04.05.2018, - A 6 K 7906/16 -, Rn. 56 bis 58, juris, m.w.N.).
51 
6.6. Art. 16a Abs. 2 GG schließt den Asylanspruch der auf dem Luftweg ins Bundesgebiet eingereisten Angehörigen der KdAG nicht aus, da sie weder über einen Mitgliedstaat der Europäischen Union noch über einen in Anlage I AsylG bezeichneten Staat in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist.
52 
Nach alldem ist die Klage im Hinblick auf die Geltendmachung der Asylanerkennung begründet.
53 
2. Daneben kann die Klägerin auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG beanspruchen.
54 
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge – Genfer Flüchtlingskonvention –, wenn er sich (Nr. 1) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 2) außerhalb des Landes befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. In den Fällen der § 3 Abs. 2, 3 und 4 Halbs. 2 AsylG ist der Flüchtlingsschutz dagegen ausgeschlossen.
55 
Hier steht der Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zu, weil sie – wie sich aus den Ausführungen zur Asylberechtigung ergibt – bereits wegen eines flüchtlingsrelevanten Merkmals in Gestalt ihres Glaubens an die KdAG in China verfolgt wurde und bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit gleichartiger Verfolgung ohne Ausweichmöglichkeit zu rechnen hätte.
56 
3. Über die hilfsweisen Klageanträge auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie auf Feststellung der Voraussetzungen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ist nicht (mehr) zu entscheiden, da die Klage bereits mit dem auf die Gewährung von Asyl und die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz gerichteten Hauptantrag erfolgreich ist.
III.
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
58 
Das Gericht hat keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).

Gründe

 
I.
18 
Gemäß § 76 Abs. 1 AsylG entscheidet das Gericht durch den Einzelrichter anstelle der Kammer.
19 
Dieser konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
II.
20 
Die zulässige Klage hat bereits mit dem Hauptantrag Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a GG und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, weil der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 04.01.2017 zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 12.06.2018 (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) rechtwidrig ist, die Klägerin in ihren Rechten verletzt und die Sache spruchreif ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
1. Der Klägerin steht die Anerkennung als Asylberechtigte zu.
22 
a) Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politisch verfolgt in diesem Sinne ist, wem selbst – in seiner Person – von seinem Heimatstaat gezielt intensive, ihn in seiner Menschenwürde verletzende und ihn aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzende Rechtsverletzungen zugefügt worden sind oder unmittelbar drohen, die in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale, d. h. aus Gründen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in anderen, für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, welche sein Anderssein prägen, Leib und Leben gefährden oder die persönliche Freiheit besonders beschränken, und ihm zugleich Anlass geben, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage außerhalb seines Heimatlandes Schutz zu suchen. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung setzt weiter voraus, dass diese Maßnahmen dem Schutzsuchenden unter Zugrundelegung einer auf einen absehbaren Zeitraum ausgerichteten Zukunftsprognose mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen oder aber dass sie für ihn nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können, nachdem er in der Vergangenheit bereits politische Verfolgung erlitten hatte. Wegen des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich der Asylbewerber vielfach befindet, genügt es bei alledem, dass er die Gefahr politischer Verfolgung glaubhaft macht (BVerwG, Urteil vom 16.04.1985 -, 9 C 109.84 -, NVwZ 1985, 658, 660). Dem Asylbewerber obliegt es dabei, unter Angaben genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern (BVerwG, Urteil vom 24.03.1987, - 9 C 321.85 -, NVwZ 1987, 701 und Beschluss vom 26.10.1989, - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38, 39). Das Gericht muss auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit des von einem Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus der er seine Furcht vor politischer Verfolgung herleitet (BVerwG, Beschluss vom 21.07.1989, - 9 B 239.89 -, juris).
23 
Das Gericht muss von der Wahrheit – und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals sowie von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung die volle Überzeugung gewinnen. Es darf jedoch insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.04.1985, - 9 C 109.84 -, a.a.O.).
24 
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen führt das Begehren der Klägerin nach Anerkennung als Asylberechtigte hier zum Erfolg.
25 
Es ist glaubhaft, dass chinesische Sicherheitsbehörden alle Angehörigen der KdAG allein wegen ihrer Mitgliedschaft politisch verfolgen (nachfolgend: 1.1.). Die Klägerin selbst geriete im Falle ihrer Rückkehr nach China wegen ihrer religiösen Grundentscheidung bzw. Glaubensbetätigungen für die KdAG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneut in das Visier der Sicherheitskräfte (2.2.). Der Feststellung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit steht hier nicht entgegen, dass sie trotz polizeilicher Fahndung Reisepass sowie Reisevisum besorgen konnte und ihr die Ausreise aus China über den Flughafen gelang (3.3.). Mitglieder der KdAG werden in China auch nicht wegen krimineller Aktivitäten für eine terroristische Vereinigung, sondern wegen ihres Glaubens verfolgt (4.4.). Eine zumutbare inländische Fluchtalternative bietet sich Angehörigen der KdAG in China nicht (5.5.). Art. 16a Abs. 2 GG schließt den Asylanspruch der auf dem Luftweg ins Bundesgebiet eingereisten Angehörigen der KdAG nicht aus (6.6.).
26 
1.1. Zunächst ist glaubhaft, dass chinesische Sicherheitsbehörden alle Angehörigen der KdAG allein wegen ihrer Mitgliedschaft politisch verfolgen. Unter Berücksichtigung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ist überwiegend wahrscheinlich, dass das Verfolgungsinteresse des chinesischen Staates in China gegenüber vorverfolgt ausgereisten Gläubigen im Falle einer fortgesetzten Glaubensbetätigung noch nicht abgeschlossen ist und ihnen daher erneut Verfolgungsmaßnahmen drohen. Dies ergibt sich aus den inzwischen zahl- und umfangreichen Berichten, welche die asylschutzrelevante Lage im Wesentlichen einhellig schildern. Wegen des Inhalts der Berichte wird auf die Darstellungen im Urteil des VG Karlsruhe vom 04.05.2018 (- A 6 K 7906/16 -, Rn. 20 bis 33, Juris) verwiesen.
27 
Ergänzend hierzu stützt sich das Gericht auch auf neuere Erkenntnisse in Gestalt der fachkundigen Einschätzung des Professors für Religionssoziologie Introvigne, nach dessen eidesstattlicher Erklärung vom 22.01.2018 es nicht nur wahrscheinlich, sondern geradezu sicher ist, dass ein als solcher identifizierter Angehöriger der KdAG im Falle seiner Rückkehr nach China festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, einer Umerziehung unterzogen und von den Behörden mit beträchtlicher Wahrscheinlichkeit gefoltert oder sogar getötet würde (Massimo Introvigne, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, Ziffer 11, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter). Diese Beurteilung der Situation der Angehörigen der KdAG in China stimmt mit der Meinung des Professors für Soziologie und Rechtswissenschaften Richardson überein, soweit dieser annimmt, dass aus Asylzielländern abgeschobene Gläubige der KdAG, sobald sie als solche in China ausgemacht werden, allein wegen ihrer Mitgliedschaft mit Sicherheit festgenommen und -gesetzt werden (James T. Richardson, 24.01.2018, Auskunft zur Lage für Mitglieder der Kirche des Allmächtigen Gottes, S. 2, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter).
28 
2.2. Die Klägerin selbst geriete im Falle ihrer Rückkehr nach China wegen ihrer religiösen Grundentscheidung bzw. Glaubensbetätigungen für die KdAG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erneut in das Visier der Sicherheitskräfte, nachdem sie deswegen schon vor ihrer Ausreise in asylschutzrelevanter Weise in ihrem Herkunftsland politisch verfolgt worden ist und ihren Glauben auch weiterhin missionarisch betätigt. Hiervon ist das Gericht aufgrund ihrer spontanen und detaillierten Einlassungen während ihrer Anhörungen durch das Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie ihrer ausführlichen schriftlichen Schilderung vom 05.08.2016 überzeugt. Ihre Angaben zu den Glaubensinhalten ihrer Gemeinschaft, zu ihrem persönlichen Konversionsprozess, zu ihren Glaubensbetätigungen in China und Deutschland sowie zu den persönlich und von anderen Angehörigen der Glaubensgemeinschaft erlittenen Verfolgungen sind in sich stimmig und korrespondieren mit den Erkenntnissen zur asylrechtsrelevanten Lage in China.
29 
Die Klägerin hat die durch sie in der Polizeihaft erlebte Folter dem Gericht schriftlich und mündlich anschaulich dargestellt, auf Vorhalte und Zwischenfragen sachlich und ohne zu zögern reagiert, ohne sich irgendwie in Widerspruch zu ihren früheren Angaben zu setzen. Dabei scheint es ganz und gar unwahrscheinlich, dass die Klägerin in der Lage wäre, auf die konkreten Nachfragen des Gerichts in der von ihr demonstrierten Detaildichte zu reagieren, ohne das Beschriebene tatsächlich erlebt zu haben, weil sich zahlreiche Realkennzeichen in ihrem Vorbringen finden: Auch hinsichtlich schriftlich noch nicht vorab formulierten Geschehnissen bettete sie ihre Erzählungen räumlich, zeitlich und inhaltlich in einem Ausmaß ein, mit welchem selbst dann nicht zu rechnen ist, wenn eine sehr gut vorbereitete und befähigte Asylbewerberin sich eine Verfolgungsgeschichte nur aneignet bzw. ausdenkt.
30 
Die Klägerin konnte zudem ihre Glaubenspraktiken plastisch beschreiben. Ihr gelang auch bei Unterbrechungen bzw. auf Nachfrage und Vorhalte eine farbige, prompte und widerspruchsfreie Schilderung der von ihr (nicht nur) zur Vorbereitung des Gerichtstermins mit der Zeugin in Deutschland gemeinsam unternommenen religiösen Handlungen, welche von der Zeugin ebenso schlüssig, nachvollziehbar und inhaltlich übereinstimmend geschildert wurden.
31 
Auch dem Bundesamt erscheinen ausweislich der Begründung der angefochtenen Entscheidung vor dem Hintergrund der zunehmenden Überwachung christlich sektiererischer Glaubensgemeinschaften durch den chinesischen Staat die Schilderungen der häuslichen Zusammenkunft und der nächtlichen Polizeikontrolle mit anschließender Verbringung auf eine Polizeiwache glaubhaft. Auch nach seiner Einschätzung hat die Klägerin ihr Glaubensbekenntnis zur Gemeinschaft der KdAG und die damit verbundene religiöse Praxis detailliert und glaubhaft beschrieben.
32 
Soweit das Bundesamt die Ablehnung des Asylantrags gleichwohl darauf stützt, dass sich kein flüchtlings- oder asylrelevantes Merkmal ableiten lasse, weil sich die willkürliche Hausdurchsuchung nicht zielgerichtet gegen die Klägerin gerichtet habe, sondern der Detektion möglicher Gemeindeführer diente, überzeugt dies nicht.
33 
Erstens verfolgen chinesische Sicherheitsbehörden – wie gesagt – alle Angehörigen der KdAG allein wegen ihrer einfachen Mitgliedschaft und gerade nicht nur diejenigen, die innerhalb der Glaubensgemeinschaft eine besondere Stellung eingenommen haben oder einnehmen würden, auf Grund derer sie von den Staatsorganen als Bedrohung angesehen würden. Soweit das erkennende Gericht in einem ähnlich gelagerten Fall eine hierzu gegensätzliche Einschätzung mit seinem Beschluss vom 17.02.2017 unter dem Aktenzeichen - A 6 K 811/17 - dargelegt und infolgedessen den damaligen einstweiligen Rechtsschutzantrag zunächst abgelehnt hatte, hat es bereits am 21.08.2017 seinen Beschluss nach § 80 Abs. 7 VwGO abgeändert, die aufschiebende Wirkung der Klage doch noch angeordnet (- A 6 K 12236/17 -) und der Klage inzwischen in der Hauptsache mit Urteil vom 12.06.2018 stattgegeben (- A 6 K 810/17 -), weil es an seiner – aus heutiger Sicht bereits Anfang 2017 fehlerhaften – Einschätzung zur Lage im Herkunftsland der Klägerin nicht festhält.
34 
Zweitens hat(te) die Klägerin ihren glaubhaften Angaben zufolge in ihrem kleinen Stadtteil in China bzw. in der Bundesrepublik bereits als Gruppenverantwortliche mit persönlicher Verantwortlichkeit gegenüber der Verwaltungsgruppe innerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft eine – wenn auch niedrige – Führungsposition übernommen.
35 
Drittens richtete sich die durch das Bundesamt als Verfolgungshandlung herangezogene Hausdurchsuchung – im Gegensatz zur Darstellung in der Bescheidbegründung – gerade gegen sie persönlich, da einer der vier Polizisten während des Einbrechens in die Wohnung auf sie zeigte und sagte: „Das ist sie! Sie taucht in letzter Zeit oft in unserem Viertel auf!“ die Klägerin packte, sie gegen die Wand warf und ihr ihr aufgab: „Hocke Dich hin an die Wand!“
36 
Viertens ist als maßgebliche Vorverfolgungshandlung ohnehin nicht allein die Wohnungsdurchsuchung heranzuziehen. Stattdessen sind vor allem die anschließend durch die Klägerin im Polizeigewahrsam in eigener Person wegen ihrer Zugehörigkeit zur KdAG erfahrenen unmenschlichen Behandlungen (Treten, Kopf an die Wand schlagen, Bedrohung mit Eisenstange, Wassergüsse, Schlafentzug, Nahrungsentzug) während des dreitätigen Polizeigewahrsams ebenfalls als Verfolgungshandlungen zu berücksichtigen. Hinsichtlich dieser Verfolgungshandlungen kann das Bundesamt erst recht nicht argumentieren, sie hätten sich nicht gegen die Klägerin persönlich gerichtet, sondern gegen ihr übergeordnete Gemeindeführer, nur, weil die Polizei deren Identität im Wege der Folterung der Klägerin feststellen wollte. Die Frage, ob diese von der Klägerin geschilderten Taten der Polizei aufgrund ihrer Schwere und Ausübungsart als Folterhandlungen gewertet werden können, hat das Bundesamt im angefochtenen Bescheid selbst ausdrücklich angenommen. Da das Bundesamt wegen der strengen Ahndung religiöser Zusammenkünfte der vom chinesischen Staat missbilligten Hauskirchen ausdrücklich auch die Glaubhaftigkeit des Sachvortrags der Klägerin zu ihren Foltererfahrungen bejahte, erschließt sich nicht, aus welchem Grund hier kein flüchtlings- oder asylrelevantes Merkmal erfüllt sein sollte.
37 
Die Annahme des Bundesamtes, einem Mitglied der KdAG stehe die Beschreitung des Justizweges offen, um die ihm wegen seines Glaubens durch Polizisten zugefügten Folterhandlungen rechtlich verfolgen zu lassen, weil die missbräuchliche Anwendung der beschriebenen Verhörmethoden auf den unteren polizeilichen Dienstebenen vom chinesischen Staat missbilligt werde, ist auch falsch. Gemessen an den folgenden Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (nachfolgend: AA) in dessen aktuellen Lagebericht zur asylrechtsrelevanten Lage in China vom 23.12.2017 ist es politisch unliebsamen Personen wie den Angehörigen der als sog. „Sekte“ als verboten gelisteten KdAG nicht zuzumuten, sich wegen ihnen von den Sicherheitsbehörden zugefügter Folter mit juristischen Mitteln in ihrem Herkunftsland zur Wehr zu setzen.
38 
Die Volksrepublik China ist ein „sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht“ (Art. 1 der Verfassung der VR China). Die führende Rolle der KPCh wird in der Präambel der Verfassung festgeschrieben. Eine echte Gewaltenteilung ist nicht vorgesehen und wird von Partei und Regierung klar abgelehnt. Regierung, Gerichte und das „Parlament“ sind letztlich der Partei verantwortlich. Ziel der gegenwärtigen Reform und Wirtschaftspolitik ist die Schaffung einer sozialistischen Gesellschaft chinesischer Prägung mit moderatem Wohlstand bis 2020. In der Praxis bedeutet dies eine Politik der verstärkten Unterdrückung Andersdenkender (Kampagne „gegen universelle westliche Werte“). Das gesetzgemäße Handeln staatlicher Organe ist in der Praxis nicht immer gewährleistet. Es richtet sich am Rechts- und Herrschaftsverständnis der kommunistischen Gesellschaftsordnung aus, häufig verbunden mit Praktiken willkürlicher Machtausübung (Auswärtiges Amt, - AA -, Lagebericht China, 23.12.2017, S. S.7).
39 
Die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der KPCh bleiben oberste Prämisse und rote Linie. Die seit 2008 auf diese Weise zunehmende Repression hat sich seit Amtsantritt Xi Jinpings verstetigt und sich im Berichtszeitraum nochmals in einigen Bereichen verstärkt. Die Zivilgesellschaft ist überzeugt, dass sich dieser Trend unter der Führung Xi Jinpings allenfalls weiter verstärken, jedoch nicht umkehren wird. Die angewendeten Mittel zur Einschüchterung sind weitgehend gleichgeblieben. Im Namen der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung werden weitreichende Möglichkeiten zur Überwachung, Verfolgung und langjährige Haftstrafen geschaffen. Zudem bleiben extralegale Maßnahmen fester Bestandteil des Werkzeugkastens chinesischer Sicherheitsbehörden. Sie umfassen u.a. willkürliche Haft (z.T. in geheimen Gefängnissen), Folter, Druck auf Familienangehörige, Hausarrest ohne Rechtsgrund und Gängelei im Alltag. Daneben kamen erzwungene Fernsehgeständnisse immer häufiger zum Einsatz (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 22. bis 23).
40 
Personen, die in Opposition zu Regierung und herrschender Ideologie stehen, setzen sich unmittelbar der Gefahr von Repression durch staatliche Stellen aus, wenn sie aus Sicht der Regierung die Kommunistische Partei die Einheit des Staates oder das internationale Ansehen Chinas gefährden. Die Schwelle ist immer dann erreicht, wenn die chinesischen Sicherheitsbehörden annehmen, dass ein – noch so loses – Netzwerk gebildet werden könnte. Aus Sicht der Regierung geht von separatistischen Bestrebungen und Untergrundaktivitäten innerhalb Chinas die größte Gefahr aus. Seit dem Führungswechsel im März 2013 ist ein noch einmal verstärkt repressives Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Kritikern der Regierung oder der Partei (Menschenrechtsverteidiger, Bürgerrechtsanwälte, kritische Intellektuelle und Künstler, Petitionäre oder Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften etc.) zu beobachten. Einschüchterungsmaßnahmen umfassen u.a. Hausarrest, willkürliche Haft in sog. schwarzen Gefängnissen („black jails“ bzw. „legal education center“), Folter, Berufsverbote und Druck auf Familienangehörige bis hin zur „Sippenhaft“; in einigen Fällen wurden lange Haftstrafen verhängt. Neben immer wiederkehrenden Schlägen gegen einzelne kritische Stimmen zur allgemeinen Abschreckung kam es in den letzten Jahren zu gezielten Kampagnen gegen alle Kerngruppen der Zivilgesellschaft als Ganzes: So wurden seit Niederschlagung der „Neuen Bürgerbewegung“ 2013 nacheinander die charismatischsten Führungspersönlichkeiten unter den Aktivisten, Vertretern von Nichtregierungsorganisationen, Journalisten, Bloggern, Wissenschaftlern, Kirchenvertretern und Menschenrechtsanwälten verhaftet oder anderweitig mundtot gemacht. Das Vorgehen gegen politisch bis dahin unverdächtige Frauenrechtlerinnen (Verhaftung der Feminist Five im März 2015), gegen die Arbeiter-Nichtregierungsorganisationen en (im Dezember 2015) oder die tausendfachen Abrisse von Kreuzen von Kirchen in der Provinz Zhejiang zeigen, dass zu stark werdender gesellschaftlicher Einfluss aus Sicht der Partei noch schwerwiegender ist als politische Opposition (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 9).
41 
Unter Führung Xi Jinpings hat sich die Menschenrechtslage allgemein verschlechtert, sodass davon ausgegangen wird, dass der Trend weiter nach unten geht oder allenfalls stagniert. Folter und andere Misshandlungen von Gefangenen werden selbst von staatlichen Stellen eingeräumt. Diese, zusammen mit zum Teil schwierigen Haftbedingungen, führen bei den Gefangenen nicht selten zu gesundheitlichen Schäden. Eine medizinische Versorgung wird von chinesischer Seite zum Teil nicht oder erst nach Zuspitzung der Lage gewährt. Neben der Freiheitsstrafe existieren verschiedene Formen freiheitsentziehender Maßnahmen als sogenannte Administrativhaft: „Haft zur Erziehung“ (shourong jiaoyu), „Haft zur Umerziehung“ und „Zwangsmäßige Drogenrehabilitation in Isolation“. Sie zielen häufig auf Prostituierte und Drogenabhängige, aber auch politisch missliebige Personen (z.B. Anti-Falun-Gong-Kampagne). Die Haftbedingungen werden als sehr hart beschrieben. Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem „Verwaltungsstrafen“ verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer „Verwaltungshaft“ (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten schwarzen Gefängnissen kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 25 bis 26).
42 
Eine unabhängige Justiz existiert in China nicht. Richter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien. Das Recht auf Anhörung und Verhandlung vor dem gesetzlichen Richter ist nicht gewährleistet, da freiheitsentziehende Maßnahmen auch durch Administrativorgane oder parteiintern angeordnet werden können. Selbst tiefe Eingriffe in Freiheitsrechte wie die Verhängung von Untersuchungshaft, Lagerhaft und/oder ein vorangehender, vom Gesetz nicht vorgesehener Hausarrest, dürfen ohne richterliche Kontrolle von Sicherheitsbehörden angeordnet werden. Das Recht auf anwaltlichen Beistand wird politisch Inhaftierten häufig mit der Begründung verwehrt, diese würden die öffentliche Sicherheit gefährden. Andere Haftanstalten stellen Besuche von Anwälten unter strenge, teils kaum erfüllbare Auflagen. Es werden immer wieder Fälle bekannt, in denen Anwälten der Zugang zu ihren inhaftierten Mandanten verwehrt wird und diese selbst in Gewahrsam genommen und zum Teil sogar gefoltert werden. Selbst in gewöhnlichen Strafrechtsfällen schätzen chinesische Rechtsexperten die Vertretungsrate auf nur auf 20-40 %. Anfang Juli 2015 kam es zu einer Verhaftungswelle gegen hunderte Menschenrechtsanwälte. Mit einer strafrechtlichen Verhaftung geht für die Anwälte automatisch ein lebenslanges Berufsverbot einher. Anwälte, die ihre inhaftierten Kollegen gerichtlich vertreten, werden besonders von den staatlichen Stellen ins Visier genommen. Durch eine Novelle des Strafgesetzes von September 2015 werden den staatlichen Behörden noch mehr Rechte eingeräumt, während Gerichtsverhandlungen gegen „verletzende“, „bedrohliche“ oder „störende“ Vorträge, z.B. von Anwälten, vorgehen und den Störer zu bis zu drei Jahren Gefängnis verurteilen (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 18). Über 300 von den Massenverhaftungen betroffenen Menschenrechtsanwälte und Aktivisten sind immer noch in Haft. Mehrheitlich drohen ihnen Verurteilungen wegen Subversion bzw. Anstiftung zur Subversion, ohne seit ihrer Verhaftung einen selbstgewählten Verteidiger gesehen zu haben. Im August 2016 wurden vier von ihnen zu Haftstrafen zwischen 4 und 7,5 Jahren verurteilt (AA, Lagebericht, 23.12.2017, S. 22. bis 23).
43 
In Anbetracht all dessen kann die Klägerin wegen der ihr aufgrund ihres Engagements für die regierungskritische Glaubensgemeinschaft der KdAG staatlich zugefügten Folter in China keinen effektiven Rechtsschutz erlangen.
44 
3.3) Soweit das Bundesamt in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Lasten der Klägerin berücksichtigt hat, dass sie trotz polizeilicher Fahndung Reisepass sowie Reisevisum besorgen konnte und ihr die Ausreise aus China über den Flughafen gelang, folgt das Gericht dieser Argumentation im hier zu entscheidenden Einzelfall nicht. Unter Umständen können sich politisch unliebsame Personen in China Reisepass und -visum verschaffen und damit über den Flughafen ausreisen, obwohl chinesische Sicherheitsbehörden bereits namentlich nach ihnen fahnden (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 04.05.2018, - A 6 K 7906/16 -, Rn. 43 bis 47, juris, m.w.N.).
45 
Nach inzwischen gerichtsbekannten Erkenntnissen werden die Vorstrafen und Fingerabdrücke Verhafteter lediglich in einigen größeren Städten überhaupt in die landesweite Fahndungsdatenbank eingespeist, welche zudem fehleranfällig ist (PierLuigi Zoccatelli, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, S. 3, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter). Die Unzuverlässigkeit der Fahndungslisten ist auch der bei örtlichen Polizeistellen weit verbreiteten Korruption geschuldet, weil diese kein Interesse an einer Weitergabe der Daten Festgenommener haben, da sie im Falle einer offiziellen Registrierung eines Vorgangs bzw. Anklageerhebung selbst keine Bestechungsgelder der Angeschuldigten einstecken könnten (PierLuigi Zoccatelli, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, S. 3). Auch bereits in das sog. „Polizeinetz“ eingespeiste Daten stehen Reisepassbeschaffung oder Flughafenausreise nicht entgegen, weil es nicht schwierig ist, bestechliche Amtsträger zu finden und die mit den Flughafenkontrollen befassten und vielbeschäftigter Grenzbeamten in den betriebsamen chinesischen Flughäfen Namen nur selten und Fingerabdrücke gar niemals kontrollieren (PierLuigi Zoccatelli, 22.01.2018, Eidesstattliche Erklärung, S. 4).
46 
Unter Zugrundelegung dieser Beurteilungsmaßstäbe trägt hier die Feststellung der ungehinderten Ausreise über den Flughafen nicht die Schlussfolgerung, die Klägerin sei zu diesem Zeitpunkt nicht verfolgt worden. Ihr Name könnte noch nicht von den lokalen Polizeibehörden in die landesweiten Fahndungslisten eingetragen oder schon wieder von ihnen gelöscht worden sein. Ebenso könnten die von ihr verwendeten Reisedokumente gefälscht oder inhaltlich unwahr gewesen sein. Die Klägerin gab insoweit gegenüber Bundesamt an, für die Reisevorbereitung 80.000 an eine Organisation zur Reisevermittlung gezahlt zu haben. Kosten in der genannten Höhe lassen auf eine illegale Ausreise mit teuer erschlichenen Papieren bzw. mittels Schlepper schließen.
47 
Ungeachtet dessen deuten jedenfalls die bereits erlittenen Verfolgungsmaßnahmen jedenfalls nach dem Maßstab der hinreichenden Sicherheit bzw. der für die Klägerin streitenden tatsächlichen Vermutung auf eine Wiederholung der Verfolgungsmaßnahmen bzw. Bedrohungen in ihrem Heimatland hin, wenn sie – wie erwartet – ihre missionarischen Glaubensbetätigungen fortsetzt. Ein Verzicht hierauf kann der Klägerin nicht zugemutet werden, weil ihnen den tatrichterlichen Feststellungen zufolge nach ihrem Glaubensverständnis ein für sie identitätsbestimmender Charakter zukommt (vgl. EuGH, Urteil vom 05.09.2012, - C-71/11 - und - C-99/11 - jeweils in juris).
48 
4.4. Mitglieder der KdAG werden in China auch nicht wegen krimineller Aktivitäten für eine terroristische Vereinigung, sondern wegen ihres Glaubens verfolgt, weil es sich bei den Anschuldigungen der Sicherheitsbehörden gegenüber der KdAG den Ergebnissen der zu dieser Frage eigens unter Mitwirkung chinesischer Regierungsstellen angefertigten Untersuchungen auf dem Forschungsgebiet der sog. Neuen Religiösen Bewegungen führender westlicher Wissenschaftler zufolge um staatliche Propaganda handelt, deren Wahrheitsgehalt sich nicht belegen lässt (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 04. Mai 2018, - A 6 K 7906/16 -, Rn. 48 bis 55, juris, m.w.N.).
49 
Die Liste der in diesem Urteil dargestellten propagandistischen Unterstellungen ist zwischenzeitlich dahingehend zu ergänzen, dass die chinesischen Regierungsstellen auch zu Unrecht verbreitet haben, dass die KdAG irgendeine Art von Gewalt gegen die kommunistische Regierung oder ihre Mitglieder befürwortet, weil sie stattdessen in Übereinstimmung mit den biblischen Prophezeiungen annimmt, der sog. „Große Rote Drachen“ werde unter dem Gewicht seiner eigenen Verfehlungen stürzen (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, in: „A Review of the Document The Church of Almighty God and Other Documents on The Church of Almighty God by the Immigration and Refugee Board of Canada“, - nachfolgend: „Review“ -, Übersetzung aus dem Englischen durch den Einzelrichter, S. 3). Unwahrscheinlich ist auch die Unterstellung, die KdAG habe trotz ihrer Verfolgung durch den chinesischen Staat ihrerseits andere Hauskirchen als nichtstaatlicher Akteur effektiv verfolgen können (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 6). Gleichermaßen falsch sind die altbekannten und gegenüber Neuen Religiösen Bewegungen typischerweise vorgebrachten Anschuldigungen bzw. Vorurteile, wonach die KdAG ihre Angehörigen um deren Geld betrüge, sie einer Gehirnwäsche unterziehe bzw. familiäre Verbindungen zerstöre (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 3). Auch können die regierungsnahen chinesischen Stellen die von ihnen kolportierte Eheschließung zwischen Yang Xiangbin und Zhao Weishan ebenso wenig belegen wie die Umdeutung deren geistlicher in eine sexuelle Beziehung, was aus Sicht der Forschung zu neuen religiösen Bewegungen üblicherweise wesentlicher Bestandteil typischer Kontroversen um sog. „Sekten“ ist (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 3). Entgegen der von chinesischen Regierungsstellen gestreuten und weit verbreiteten Annahme entsprach es auch niemals der Theologie der KdAG, dass die Welt im Jahr 2012 untergehen werde (Bernadette Rigal-Cellard u. a., 31.01.2018, Review, S. 6).
50 
5.5. Eine zumutbare inländische Fluchtalternative bietet sich Angehörigen der KdAG in China nicht. (vgl. VG Karlsruhe, Urteil vom 04.05.2018, - A 6 K 7906/16 -, Rn. 56 bis 58, juris, m.w.N.).
51 
6.6. Art. 16a Abs. 2 GG schließt den Asylanspruch der auf dem Luftweg ins Bundesgebiet eingereisten Angehörigen der KdAG nicht aus, da sie weder über einen Mitgliedstaat der Europäischen Union noch über einen in Anlage I AsylG bezeichneten Staat in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist.
52 
Nach alldem ist die Klage im Hinblick auf die Geltendmachung der Asylanerkennung begründet.
53 
2. Daneben kann die Klägerin auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG beanspruchen.
54 
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge – Genfer Flüchtlingskonvention –, wenn er sich (Nr. 1) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 2) außerhalb des Landes befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. In den Fällen der § 3 Abs. 2, 3 und 4 Halbs. 2 AsylG ist der Flüchtlingsschutz dagegen ausgeschlossen.
55 
Hier steht der Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zu, weil sie – wie sich aus den Ausführungen zur Asylberechtigung ergibt – bereits wegen eines flüchtlingsrelevanten Merkmals in Gestalt ihres Glaubens an die KdAG in China verfolgt wurde und bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit gleichartiger Verfolgung ohne Ausweichmöglichkeit zu rechnen hätte.
56 
3. Über die hilfsweisen Klageanträge auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus sowie auf Feststellung der Voraussetzungen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ist nicht (mehr) zu entscheiden, da die Klage bereits mit dem auf die Gewährung von Asyl und die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz gerichteten Hauptantrag erfolgreich ist.
III.
57 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
58 
Das Gericht hat keine Veranlassung, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 04/05/2018 00:00

Tenor Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Dezember 2016 verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG z
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.