Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 28. Feb. 2018 - A 3 K 12188/17

bei uns veröffentlicht am28.02.2018

Tenor

Der Gegenstandswert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
1. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss fest, wenn es – wie hier aufgrund der Gerichtskostenfreiheit der Verfahren nach dem Asylgesetz (§ 83b AsylG) – an einem solchen Wert fehlt. Das Gericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 33 Abs. 8 Satz 1 1. HS. RVG). Einer Übertragung des Rechtsstreits auf diesen bedarf es zur Entscheidung nicht (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., 2015, § 33 RVG Rn. 7).
Der Gegenstandswert beträgt nach § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG in Klageverfahren nach dem Asylgesetz 5.000 Euro; er wird für jede weitere an demselben Verfahren beteiligte natürliche Person um 1.000 Euro erhöht (§ 30 Abs. 1 Satz 2 RVG). Von dem nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmten Gegenstandswert kann das Gericht nach § 30 Abs. 2 RVG abweichen, wenn dieser nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. So verhält es sich hier (vgl. für die asylrechtliche Untätigkeitsklage auf Bescheidung VG Karlsruhe, Beschl. v. 05.01.2018 – A 3 K 14102/17 –; Beschl. v. 16.12.2016 – A 3 K 4196/15 –, m.w.N.; VG Sigmaringen, Beschl. v. 16.05.2017 – A 4 K 6330/16 –; VG Ansbach, Urt. v. 27.01.2016 – AN 3 K 15.30560 –, juris).
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens war die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Antrag des Klägers, nicht jedoch die Prüfung des Bestehens seiner materiellen Ansprüche durch das Gericht. Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers zum anwaltlichen Aufwand geht deshalb aus zwei Gründen fehl. Zum einen bildet der Gegenstandswert den Wert der Sache und nicht den zur Bearbeitung erforderlichen Aufwand ab (vgl. BR-Drs. 517/12, S. 416). Durch die auf die bloße Bescheidung gerichtete Untätigkeitsklage wird kein sog. „Durchentscheiden“ und damit keine gerichtliche Entscheidung über materielle Asylansprüche begehrt (so auch VG Kassel, Beschl. 21.08.2017 – 1 K 5013/17.KS.A –, juris; VG München, Beschl. v. 04.08.2017 – M 7 K 17.36867 –, juris; VG Hannover, Beschl. v. 01.03.2017 – 7 A 6770/16 –, juris; vgl. zu anders gelagerten Fällen VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 14.09.2017 – 15a K 5037/16.A –, juris; VG Minden, Beschl. v. 31.07.2017 – 10 K 1953/17.A –, juris), sodass dieses Begehren in seiner Bedeutung nicht einem Verpflichtungsurteil gem. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO gleichsteht. Denn es bleibt selbst im Falle eines stattgebenden Urteils dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unbenommen, den Asylantrag abzulehnen. Deshalb geht auch das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten des Klägers in anderer Hinsicht fehl, da es im Falle der reinen Untätigkeitsbescheidungsklage außergerichtlich nicht notwendig ist, das Flucht- und Verfolgungsschicksal des Betroffenen zu explorieren, um die Darlegungsanforderungen des § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG zu erfüllen, da es für den geltend gemachten Bescheidungsanspruch hierauf nicht ankommt. Dies geht auch aus Art und Umfang des klagebegründenden Vorbringens im vorliegenden Fall hervor.
Auch die anderslautende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.10.2017 (Az.: OVG 6 K 74.17, juris) überzeugt nicht. Denn den Fall einer gehäuft auftretenden – und unionsrechtlich mindestens bedenklichen – Untätigkeit der flüchtlingsrechtlich zuständigen Behörde hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelung des § 30 RVG nicht im Blick. Dies ist für die teleologische Gesetzesauslegung indes maßgeblich, da sich hiernach – und nicht nach der später eintretenden zahlenmäßigen Häufigkeit eines tatsächlichen Phänomens (jedoch hieran offenbar anknüpfend VG Würzburg, Beschl. v. 24.08.2017 – W 8 M 17.31825 –, juris; VG Stuttgart, Beschl. v. 10.03.2017 – A 9 K 5939/16 –, juris) – Sinn und Zweck der auszulegenden Regelung bestimmen. Auch wenn dieser Ausnahmefall quantitativ keine Seltenheit darstellen mag, ändert dies nichts daran, dass die Regelung in § 30 RVG geschaffen wurde, um den Wert einer abschließenden Entscheidung in einem gesetzlich vorgesehenen typischen Asylverfahren abzubilden und so das gerichtliche Verfahren zu vereinfachen (BR-Drs. 517/12, S. 416), nicht aber, um bei den Prozessbevollmächtigten der Betroffenen von der Bedeutung des Verfahrens losgelöste Einnahmen zu generieren (vgl. sich der Problematik wenn auch mit anderem Ergebnis anschließend Jendrusch, NVwZ 2017, 516 <520>). Dies folgt nicht zuletzt aus der Gesetzesbegründung zum Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts, aus der hervorgeht, welche typischerweise auftretenden Fälle – hinsichtlich derer vormals ein abgesenkter Gegenstandswert angenommen worden ist – ausdrücklich zum Gegenstand jener Regelung gemacht werden sollten (BR-Drs. 517/12, S. 416). Vielmehr sollte die starre Regelung in § 30 Abs. 1 RVG für besonders gelagerte Verfahren flexibilisiert werden (BR-Drs. 517/12, S. 416); insofern entspricht die hier getroffene Entscheidung der ratio legis des § 30 Abs. 2 RVG (vgl. hierzu auch VG Köln, Beschl. v. 24.04.2017 – 4 K 9487/16.A –, juris).
2. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Denn bei der Festsetzung des Gegenstandswerts handelt es sich um ein unselbständiges Nebenverfahren zum Klageverfahren nach dem Asylgesetz (Bergmann, in: Bergmann/Dienelt (Hrsg.), AuslR, 12. Aufl., 2018, § 80 AsylG Rn. 2; a.A. offenbar ohne nähere Begründung OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.10.2017 – OVG 6 K 74.17 –, juris). § 80 AsylG wird auch nicht durch die Regelung in § 1 Abs. 3 RVG verdrängt (ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.02.2017 – A 2 S 271/17 –, juris; vgl. auch Hess.VGH, Beschl. v. 16.01.2018 – 4 E 805/17.A –, juris; a.A. aber VG Kassel, Beschl. v. 31.08.2017 – 3 K 1517/16.KS.A –, juris; Jendrusch, NVwZ 2017, 516 <520>; ebenfalls a.A. mit ausführlicher Begründung VG Lüneburg, Beschl. v. 11.07.2017 – 5 A 26/17 –, juris).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 74 Klagefrist, Zurückweisung verspäteten Vorbringens, Verhandlung durch den abgelehnten Richter


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden; ist der Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Woche zu stellen (§ 34a Absatz 2 Sa

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 1 Geltungsbereich


(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, n

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(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 3 K 15.30560

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. Januar 2016

3. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0710

Hauptpunkte:

Untätigkeitsklage

Fortführung des Verfahrens

Reduzierung des Gegenstandswertes

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ..., geb. ...1983

2. ..., geb. ...2012

gesetzlich vertreten durch die Mutter ...

zu 1 und 2 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...

- Beklagte -

wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,

durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert ohne mündliche Verhandlung am 26. Januar 2016 folgendes Urteil:

1. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über ihren Antrag zu entscheiden.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die 1983 geborene Klägerin zu 1) und der im ... 2012 geborene Kläger zu 2) sind äthiopische Staatsangehörige mit amharischer Volkszugehörigkeit und orthodoxe Christen. Sie reisten nach eigenen Angaben über Italien am 14. April 2013 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 18. April 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

In ihrer Anhörung gemäß § 25 AsylG am 14. Mai 2014 erklärte die Klägerin zu 1), sie wisse nicht, wo sich ihr Mann derzeit aufhalte. Gewöhnlich lebe sie mit ihm und den beiden Kindern in ... Ihre Eltern und Großeltern seien bereits gestorben. Sie habe weder in Deutschland noch im sonstigen Ausland Verwandte, keine Geschwister und eine Tante väterlicherseits. Sie habe ihre Schulausbildung mit dem Abitur beendet, jedoch keinen Beruf erlernt.

Sie sei Sympathisantin der EPPF. Sie und ihr Mann seien dort Mitglieder gewesen. Ihr Mann sei öfter von Zivilpolizisten zu Hause aufgesucht worden. Eines Tages hätten Sie ihn mitnehmen wollen. Zu dieser Zeit habe er den Kläger zu 2) auf dem Arm gehabt, es sei zu einem Gerangel gekommen, dabei sei das Kind auf den Boden gefallen und am Kopf verletzt worden. Das Kind sei fünf Stunden lang bewusstlos gewesen, als es wieder zu sich gekommen sei, habe es nicht mehr sehen können, es habe aber auch nicht sitzen und nicht aufstehen können. Es sei wie gelähmt gewesen. Zu dieser Zeit sei es etwa acht Monate alt gewesen. Dies sei am 22. Dezember 2012 passiert. Bei der Durchsuchung hätten die Polizisten alle Papiere mitgenommen, auch einen Laptop und einen USB-Stick sowie einige CD´s. Das Kind sei danach einen Monat in sta-tionärer Behandlung gewesen. Ihr Mann sei inhaftiert worden. Am 27. März 2013 habe sie sich dann entschlossen, Äthiopien zu verlassen.

Sie sei nach der Inhaftierung ihres Mannes ständig befragt worden. „Sie“ hätten auch mitbekommen, dass sie Sympathisantin der EPPF sei. Sie habe zusammen mit ihrem Mann zu Hause Treffen veranstaltet, sie glaube, dass ein Nachbar sie denunziert habe. Ihren älteren Sohn ... habe sie bei einer Nachbarin in Äthiopien zurückgelassen, jetzt lebe er bei Verwandten in ...

Sie habe die EPPF durch Geldsammeln unterstützt. Sie habe Geld gesammelt für Kinder von Soldaten, die in der Wüste Krieg führten oder die gestorben seien. In den Dokumenten, die mitgenommen worden seien, sei eine Liste mit den Namen von Soldaten gewesen sei, deren Kinder sie finanziell unterstützt hätten. Dies seien Soldaten der EPPF gewesen.

Weiterhin erklärte sie, ihr Kind sei in Äthiopien medizinisch gut behandelt worden. Sie habe auch über die finanziellen Mittel verfügt, um ihm diese Versorgung zu ermöglichen.

Sie habe als Mutter den Kläger zu 2) nicht alleine lassen können, ihren anderen Sohn jedoch schon. Sie habe sich nach dem Krankenhausaufenthalt vom 22. Dezember 2012 bis 27. März 2013 bei einer Freundin aufgehalten. Dies seien ca. zwei Monate und fünf Tage gewesen. In diesem Zeitraum sei nichts Besonderes mehr vorgefallen. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sei sie ein- bis zweimal pro Woche ins Krankenhaus zur Nachuntersuchung gefahren. Der Kläger zu 2) habe Medikamente bekommen, zusätzlich noch eine Therapie im Krankenhaus, dreimal pro Woche.

Sie sympathisiere seit 2007/2088 mit der EPPF. Was genau ihr Mann für die EPPF gemacht habe, wisse sie nicht. Er sei öfter in ... unterwegs gewesen und habe dort Treffen mit anderen Mitgliedern der EPPF gehabt.

Sie sei auch in Deutschland seit ca. sechs Monaten für die EPPF aktiv, vorher sei das nicht möglich gewesen, da das Kind immer im Krankenhaus gewesen sei. Sie nehme an Kundgebungen und Treffen teil und zahle monatliche Mitgliedsbeiträge. Sie habe keinerlei Informationen über das Schicksal ihres Mannes. Sie habe auch in Äthiopien mit niemandem Kontakt, seit sie hier in Deutschland sei. Zu ihrem Sohn habe sie auch keinen Kontakt.

Im Verfahren legte die Klägerin zu 1) drei Arztbriefe über stationäre Aufenthalte des Klägers zu 2) in der Kinderklinik des Universitätsklinikums ... vom 3. Juni, 8. August und 30. Oktober 2013 vor sowie zwei Arztbriefe ambulanter Vorstellungen des Klägers zu 2) vom 11. Juli 2013 und vom 20. November 2013. Ferner eine Bescheinigung der Lebenshilfe ... e.V. vom 18. Dezember 2013, einen Arztbrief des Universitätsklinikums ... vom 20. Dezember 2013, vom 27. Juni 2014, sowie ein ärztliches Attest der Dress. ... vom 28. Mai 2014 sowie von der Lebenshilfe ... e.V. vom 11. Juni 2014.

Danach besteht beim Kläger zu 2) eine symptomatische Epilepsie mit generalisierten Anfällen (G 40.2), Zustand nach traumatischer Subduralblutung, vor allem Thalassämie, globale Entwicklungsstörung (F83) und hochgradige Visusminderung (H53.0).

Nach dem Entwicklungsbericht aus dem Fachbereich Physiotherapie im Rahme der Frühförderung der Lebenshilfe ... e.V. vom 18.12.2013 ergibt sich, dass der Kläger zu 2) ein schwer mehrfach behindertes Kind sei. Er sei neben seiner motorischen Behinderung auch stark sehbehindert.

Nach Angaben der Mutter sei er seit einem Sturz auf den Steinfußboden aus dem Arm der Mutter im Alter von ca. acht Monaten stark gesundheitlich eingeschränkt. Dem Kläger zu 2) wurde ein Schwerbehindertenausweis mit 100% erteilt.

Darüber hinaus legte die Klägerin zu 1) eine Mitgliederbescheinigung der EPPFG Deutschland vom 23. Februar 2014 vor, wonach sie seit 1. Februar 2014 dort Mitglied sei. Ferner legte sie vor eine Bescheinigung der EPPFG vom 10. Mai 2014 über die Teilnahme an einer Veranstaltung in ... und vom 15. Februar 2014 über die Teilnahme an einer Veranstaltung der Partei in ... vor.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 fragte der Bevollmächtigte der Kläger bei der Beklagten an, wann in dieser Angelegenheit mit einer Entscheidung zu rechnen sei.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten, der am 13. April 2015 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Untätigkeitsklage erheben.

Sie beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über die Anträge der Kläger zu entscheiden.

hilfsweise wird beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass für die Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Ferner wurde beantragt,

den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... zu bewilligen.

Zur Begründung wird geltend gemacht, die Kläger hätten am 18. April 2013 einen Asylantrag gestellt. Die Anhörung habe am 3. Juni 2014 stattgefunden. Damals habe die Klägerin zu 1) angegeben, dass der Kläger zu 2) auf medikamentöse Hilfe und Betreuung angewiesen sei. Es bestehe jedenfalls ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Kläger zu 2) sei zu 100% schwerbehindert. Er leide unter Epilepsie und sei auf medizinische Betreuung sowie auf die Pflege der Klägerin zu 1) angewiesen. Die Behandlung des Klägers zu 2) habe bereits positive Auswirkungen erzielt. Diese könne in seinem Heimatland nicht erbracht werden, so dass sich sein Gesundheitszustand bei einer Rückkehr dorthin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder verschlechtern würde. Auch würde man der alleinerziehenden Mutter und ihrem Sohn die ausreichende Sicherung ihrer Lebensgrundlage entziehen. Aufgrund der Betreuung ihres dreijährigen Kindes komme eine Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 1) nicht in Betracht. Mangels ausreichender Sozialhilfe bestehe die dringende Gefahr, dass die Familie unter dem Existenzminimum leben müsse. Die Existenzsicherung sei jedoch aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des Klägers zu 2) besonders notwendig, um beispielsweise die ärztliche Versorgung und die erforderlichen Medikamente zu bezahlen. Es sei nicht hinnehmbar, dass trotz der Antragstellung der Kläger im Jahr 2013 bislang keine Entscheidung ergangen sei. Das Schreiben vom 16. Dezember 2014 mit der Bitte mitzuteilen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, sei ohne Reaktion geblieben.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Dezember 2015 mit, der zuständige Einzelentscheider habe sich aufgrund der bekannten Situation auch im vorliegenden Verfahren nicht zu einer bevorzugten Bearbeitung in der Lage gesehen, auf entsprechende Nachfrage sei eine Entscheidung bis Mitte nächsten Jahres in Aussicht gestellt worden.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2016 wurde den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt.

Die Beteiligten verzichteten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässige Verpflichtungsklage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Fortführung des Verfahrens und auf Entscheidung über ihre Asylanträge, § 113 Abs. 5 Sätze 2 und 1 VwGO.

Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Die Kläger haben am 18. April 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragt. Ihre persönliche Anhörung erfolgte am 14. Mai 2014. Seither ist die Beklagte ohne Angabe von Gründen untätig geblieben. Ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO ist nicht gegeben. Zwar ist die permanente Arbeitsüberlastung der Behörde gerichtsbekannt. Jedoch resultiert zum einen der Asylantrag aus einer Zeit, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15, juris Rn. 34 ff.; VG Gelsenkirchen , U. v. 22.7.2015 - 1a K 5125/14.A , juris Rn. 22; VG Ansbach , B. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 , juris Rn. 12ff.), zum anderen ist eine andauernde Arbeitsüberlastung kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO , denn in einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für entsprechende organisatorische Maßnahmen zu sorgen (vgl. VG München , U. v. 7.9.2015 - M 12 K 15.30300 , juris; VG Dresden , U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 , juris; VG Düsseldorf , U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A , juris; VG Braunschweig , U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 , juris). Die Inaussichtstellung einer Entscheidung mög-licherweise im ersten Halbjahr 2016, wie mit Schreiben der Beklagten vom 21. Dezember 2015 erfolgt, führt wegen des langen Zeitraums der Untätigkeit zu keinem anderen Ergebnis.

Die Klage ist auch begründet, weil durch die Untätigkeit der Beklagten die Kläger in ihren Rechten aus Art. 16 a Abs. 1 GG und in ihren Rechten aus Art. 31 Abs. 2, 3 der Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie) verletzt sind.

Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich zum einen direkt aus Art. 16 a Abs. 1 GG als einem subjektiv öffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nicht-Verbescheidung von Anträgen, eintreten Art. 16 a Abs. 1GG begründet eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund dieser Norm als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben.

Auch Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU, der eine möglichst rasche Entscheidung über den Asylantrag normiert, gewährt den Klägern subjektiv öffentliche Rechte, die durch die Untätigkeit der Beklagten verletzt werden. Die in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie für die Verfahrensbearbeitung abweichend zu den Regelungen in § 75 Satz 2 VwGO genannten Fristen sind ebenfalls abgelaufen (VG Osnabrück, a.a.O, Rn. 25 ff.).

Da nicht beantragt wurde, im Wege der Untätigkeitsklage eine materielle Entscheidung über die Anträge auf Asyl und Gewährung internationalen und nationalen Schutzes zu treffen, kommt es vorliegend auf die Problematik des „Durchentscheidens“ nicht an (vgl. VG Osnabrück, a. a. O., Rn.44 ff.; VG Ansbach, U. v. 7.4.2014 - AN 1 K 13.30850, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

zu beantragen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe:

Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über die Anträge der Kläger ist, nicht jedoch das Bestehen materieller Ansprüche, ist der Gegenstandswert gemäß § 30 Abs. 2 RVG aus Gründen der Billigkeit zu reduzieren.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Gegenstandswert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger hat am 28. Juli 2017 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat am 7. Juni 2016 vorab der Erledigung zugestimmt. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Da ein Fall des § 75 VwGO vorliegt, greift die Kostenregelung des § 161 Abs. 3 VwGO, wonach die Kosten bei einer Untätigkeitsklage von der Beklagten zu tragen sind, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist diese Voraussetzung zwar dann nicht zu bejahen, wenn die Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und der Klägerseite dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (BVerwG, U.v. 23.7.1991 – 3 C 56.90 – NVwZ 1991,1180 (1181) – juris Rn 9). Insoweit ist die besondere Belastung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in den Jahren 2015 und 2016 zwar durchaus berücksichtigungsfähig (so auch VG München, B.v. 9.5.2017 – M 4 K 15.30864 – juris Rn 3). Bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 7. April 2017 fast anderthalb Jahre nach der Asylantragstellung am 15. November 2015 konnte der Kläger aber dennoch mit einer Entscheidung über seinen Asylantrag rechnen.

Unerheblich ist für die Anwendung der Kostenregelung des § 161 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 75 VwGO, ob der Kläger nach der Erledigterklärung der Untätigkeitsklage ein neues Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten führt (str., a.A. u.a. VG München, B.v. 23.5.2017 – M 22 K 16.32643 –; VG Gelsenkirchen, B.v. 14.7.2016 – 3 K 4064/16 – juris Rn 4; VG Düsseldorf, B.v. 23.7.2015 – 22 K 3235/15/15 – juris Rn 9; VG Göttingen, B.v. 6.11.2003 - 3 A 200/03 - juris Rn 3). Das Bundesverwaltungsgericht führt zu der Problematik aus, dass für eine Kostenüberbürdung auf den Beklagten nach § 161 Abs. 3 VwGO mangels Kausalität der Untätigkeit keine Rechtfertigung mehr bestünde, wenn nach Ablehnung des beantragten Verwaltungsaktes der Kläger den Rechtsstreit fortsetzt und unterliegt (BVerwG, B.v. 23.7.1991 – 3 C-56/90 – juris). Dies greift jedoch nicht, wenn das Verfahren nicht durch Einbeziehung des Bescheids mit (sachdienlicher) Klageänderung von einer Untätigkeitsklage auf eine Verpflichtungsklage umgestellt und fortgeführt, sondern für erledigt erklärt und in einem neuen Verfahren betrieben wird (a.A. siehe zuvor). Der Kläger bestimmt mit seinen Anträgen grundsätzlich den Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Dieser wurde im vorliegenden Verfahren gerade nicht geändert, sondern beinhaltet die Untätigkeit der Beklagten hinsichtlich des klägerischen Asylantrags. Aufgrund dessen hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen. Wird sie einem zusätzlichen Prozesskostenrisiko durch eine weitere Klage gegen ihren Bescheid ausgesetzt, läge dies in der inhaltlichen Entscheidung der Beklagten begründet, stünde aber mit ihrer vorangegangenen Untätigkeit gerade nicht in kausalem Zusammenhang. Ob bei der Kostenentscheidung im Rahmen einer Klage gegen den Bescheid der Beklagten Berücksichtigung finden könnte – z.B. unter Anwendung von § 155 Abs. 4 VwGO –, dass sich dem Kläger eine prozessökonomischere Vorgehensweise geboten hätte, ist im vorliegenden Einstellungsbeschluss zur Untätigkeitsklage nicht zu beurteilen.

Mit der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Juni 2017 hat die Beklagte eine Herabsetzung des Gegenstandswerts in Fällen, die (nur) auf Fortsetzung des Asylverfahrens gerichtet sind, beantragt.

Die Reduzierung des Gegenstandswerts auf 2.500,- Euro entspricht den Gründen der Billigkeit i.S.v. § 30 Abs. 2 RVG, da das Bestehen materieller Ansprüche des Klägers nicht Gegenstand im vorliegenden Verfahren war.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag der Beklagten, den Gegenstandswert mit der Hälfte des Regelstreitwerts nach § 30 Abs. 1 RVG festzusetzen, wird abgelehnt.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Beklagte (Erinnerungsführerin und Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens) wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. April 2017.

Die Klägerin hatte im Verfahren W 6 K 16.30245 Untätigkeitsklage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, innerhalb einer Frist von drei Monaten über den Asylantrag zu entscheiden. Nach Abhilfe der Beklagten durch Erlass eines Bescheides wurde das Verfahren aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung eingestellt. Die Beklagte wurde zur Tragung der Kosten verpflichtet.

Mit Schriftsatz vom 27. März 2017 beantragte der Klägerbevollmächtigte ausgehend von einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR gemäß § 30 RVG die Kostenfestsetzung.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. April 2017 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts Würzburg gemäß § 164 VwGO die außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin antragsgemäß auf 492,54 EUR fest.

Mit Schriftsatz vom 21. April 2017 beantragte die Beklagte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss die Entscheidung des Gerichts.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der nach § 30 Abs. 1 RVG mit 5.000,00 EUR angesetzte Gegenstandswert erscheine nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig, weshalb er zu reduzieren sei (§ 30 Abs. 2 RVG). Der Streitgegenstand der hier vorliegenden Untätigkeitsklage habe einen wesentlich geringeren Umfang gehabt als ein übliches Asylverfahren, somit sei der Gegenstandswert entsprechend angemessen zu reduzieren. Die Klageschrift habe lediglich auf die Fortführung des Asylverfahrens gezielt; darüber hinausgehende Klagebegehren seien nicht vorgetragen worden. Aus den vorgenannten Gründen sei der Gegenstandswert auf 2.500,00 EUR festzusetzen. Die Beklagte beantrage hiermit die Gegenstandswertfestsetzung auf 2.500,00 EUR gemäß § 30 Abs. 2 RVG.

Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht mit Datum 26. April 2017 vor. Zur Begründung führte sie aus: Gemäß § 30 Abs. 1 1. HS RVG betrage der Gegenstandswert in Klageverfahren nach dem Asylgesetz grundsätzlich 5.000,00 EUR. Da das Gericht keine anderen Werte im Sinne des § 30 Abs. 2 RVG festgesetzt habe, sei die Verfahrensgebühr dem Bevollmächtigten der Klägerin antragsgemäß aus dem Gegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR festzusetzen gewesen.

Den Beteiligten wurde mit Schreiben des Gerichts vom 8. Mai 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Akte des Ausgangsverfahrens W 6 K 16.30245 und die Behördenakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde. Bei einer Entscheidung durch den Einzelrichter ist dieser auch im Erinnerungsverfahren zuständig.

Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 12. April 2017 erhobene Erinnerung ist nach § 165, § 151 VwGO zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist mit Blick auf die allein relevanten kostenrechtlichen Fragen nicht zu beanstanden. Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde von der Beklagten lediglich mit dem Argument angegriffen, der zugrundeliegende Gegenstandswert sei zu hoch. Mit diesem Einwand kann die Beklagte jedoch im Erinnerungsverfahren nicht gehört werden, da Gegenstand der Erinnerung nur der Kostenansatz und eine mögliche Verletzung des Kostenrechts ist (vgl. BayLSG, B.v. 6.10.2014 – L 15 SF 254/14 E – juris). Nach § 3 Abs. 1 GKG richten sich die Gebühren nach dem Wert des Streitgegenstandes bzw. hier nach dem Gegenstandswert. Der Gegenstandswert selbst ist inhaltlich nicht Gegenstand des Erinnerungsverfahrens (vgl. auch BGH, B.v. 20.3.2014 – IX ZB 288/11 – NJW-RR 2014, 765). Im Erinnerungsverfahren wird lediglich überprüft, ob der Kostenbeamte ausgehend von einem zuvor vom Gericht festgesetzten Gegenstandswert die richtigen Beträge ermittelt hat und bestimmte Gebühren angefallen sind. Dabei ist der Kostenbeamte an eine entsprechende gerichtliche Festsetzung gebunden. Im Regelfall kann der Kostenbeamte in Asylstreitigkeiten den sich aus § 30 Abs. 1 RVG ergebenden Gegenstandswert berücksichtigen, solange keiner der Beteiligten gemäß § 33 RVG einen Antrag auf anderweitige Festsetzung stellt und das Gericht keinen anderen Gegenstandswert festsetzt (vgl. Jendrusch, Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in asylrechtlichen Streitigkeiten, NVwZ 2017, 516 ff.).

III.

Der weiter gestellte Antrag der Beklagten, den Gegenstandswert mit der Hälfte des Regelstreitwerts nach § 30 Abs. 1 RVG festzusetzen (§ 30 Abs. 2 RVG), ist zulässig, aber unbegründet.

Das Gericht, hier der Einzelrichter, setzt auf Antrag – hier durch die erstattungspflichtige Beklagte – gemäß § 33 Abs. 1 und 2 RVG den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit (Gegenstandswert) durch Beschluss fest.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Gegenstandswert jedoch nicht abweichend von § 30 Abs. 1 RVG gemäß § 30 Abs. 2 RVG auf 2.500,00 EUR zu reduzieren. Der Einzelrichter hält nach seiner ständigen Rechtsprechung auch in der vorliegenden Konstellation der Untätigkeitsklage im Ausgangsverfahren mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, innerhalb von drei Monaten über den Asylantrag zu entscheiden, den üblichen Gegenstandswert von 5.000,00 EUR gemäß § 30 Abs. 1 RVG für sachangemessen, da es um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz geht und das Klageziel auch bei der Untätigkeitsklage dahin geht, letztlich einen positiven Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu erhalten bzw. alsbald im Anschluss an eine ablehnende Entscheidung ein entsprechendes Urteil erstreiten zu können. Außerdem ist vorliegend eine Unbilligkeit des üblichen Gegenstandswertes auch deshalb nicht ersichtlich, weil es sich bei der Untätigkeitsklage um einen vom Gesetzgeber geregelten Verfahrensablauf handelt (vgl. § 75 VwGO, § 161 Abs. 3 VwGO) und damit nicht um einen besonderen Umstand des Einzelfalles im Sinne des § 30 Abs. 2 RVG.

Denn das Asylgesetz geht grundsätzlich von einer Gleichbehandlung aller Streitigkeiten aus. § 30 RVG soll gerade zu einer Vereinfachung beitragen. Eine Korrektur des Gegenstandswertes soll nur ausnahmsweise erfolgen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen. Insbesondere soll eine Korrektur nach unten für besonders einfach gelagerte bzw. für die Betroffenen weniger bedeutsame Verfahren erfolgen. Die Untätigkeitsklage in Form der Bescheidungsklage stellt aber gerade auch im Asylrecht keinen Einzelfall dar, wie eine Vielzahl derartiger Verfahren gezeigt hat. Bei der Bescheidungsklage handelt es sich um ein gesetzlich zugelassenes Mittel zur Durchsetzung des Rechts auf Bescheidung und nicht um einen abweichend zu beurteilenden Einzelfall. Gerade angesichts der Bedeutung der Entscheidung über den Asylantrag für den asylsuchenden Antragsteller (hier die Klägerin) und angesichts der Bedeutung der Erlangung baldiger Gewissheit über den Ausgang des Asylverfahrens für den Betreffenden rechtfertigt sich keine Ausnahme. Eine baldige Entscheidung über seinen Asylantrag ist vielmehr für den Betreffenden von wesentlicher Bedeutung (vgl. nur VG Lüneburg, B.v. 11.7.2017 – 5 A 26/17 – juris; VG Stuttgart, B.v. 10.3.2017 – A 9 K 5939/16 – juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 6.12.2016 – 14a K 5393/16.A – juris; B.v. 18.6.2015 – 7a K 5867/13.A – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 26.7.2016 – OVG 3 K 40.16 – NVwZ-RR 2017, 73; jeweils m.w.N. – auch zur Gegenmeinung).

Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Rechtsstreit, bei dem es nur um die Zwischennachricht ging, bis wann mit einer Entscheidung über den Asylantrag zu rechnen sei (§ 24 Abs. 4 AsylG), ausdrücklich entschieden, dass Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG nicht vorliegen (BVerwG, B.v. 16.3.2016 – 1 B 19/16, 1 PKH 55/16 – AuAS 2016, 119). Das Gericht hält die Bedeutung der Sache für die Klägerin in der hier gegebenen Konstellation für nicht geringer.

IV.

Nach alledem ist der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin nicht zu beanstanden, so dass die Erinnerung zurückzuweisen. Auch der weiter gehende Antrag auf Reduzierung des Gegenstandswerts war abzulehnen.

Die Kostenentscheidung des Erinnerungsverfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Auch die Festsetzung des Gegenstandswerts des Erinnerungsverfahren nach § 33 RVG hat nicht von Amts wegen zu erfolgen (vgl. Schneider, Keine Bindungswirkung sinnloser Wertfestsetzungen, NJW Spezial 2012, 603).

Hinsichtlich der Gegenstandswertfestsetzung für das Asylverfahren bedurfte es vorliegend keiner Kostenentscheidung, da das Verfahren gemäß § 33 Abs. 9 RVG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.

Tenor

Der Antrag der Beklagten, den Gegenstandswert mit der Hälfte des Regelstreitwertes nach § 30 Abs. 1 RVG festzusetzen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist nach eigenen Angaben syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am 11.02.2015 in der Bundesrepublik Deutschland einen förmlichen Asylantrag, der in der Folgezeit auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt worden ist. Da er zuvor jedoch bereits einen Asylantrag in Ungarn gestellt hatte, erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 07.04.2015 den in Deutschland gestellten Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an.
Mit Beschluss vom 05.05.2015 ordnete das Verwaltungsgericht Stuttgart die aufschiebende Wirkung der hiergegen erhobenen Klage (A 13 K 1924/15) an (A 13 K 1925/15) und hob mit Urteil vom 18.12.2015, rechtskräftig seit 26.01.2016, den Bescheid des Bundesamtes vom 07.04.2015 aufgrund in Ungarn bestehender systemischer Mängel im Sinne des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO auf.
Am 01.06.2016 wurde der Kläger zu seinen Asylgründen persönlich beim Bundesamt angehört.
Am 22.09.2016 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben.
Auf den dahingehend gestellten Antrag hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart mit Gerichtsbescheid vom 17.11.2016 die Beklagte verpflichtet, über den Asylantrag des Klägers vom 11.02.2015 bis spätestens drei Monate nach Rechtskraft dieses Gerichtsbescheids zu entscheiden.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens hat die Beklagte mit Schreiben vom 03.02.2017 beantragt, den Gegenstandswert aus Billigkeitsgründen mit der Hälfte des Regelstreitwerts nach § 30 Abs. 1 RVG festzusetzen.
Der Kläger ist diesem Antrag mit Schreiben vom 22.02.2017 entgegengetreten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere wurde er nach Fälligkeit der Vergütung gestellt (§ 33 Abs. 2 Satz 1 RVG).
10 
Der Antrag hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
11 
Nach § 30 Abs. 1 RVG beträgt in Klageverfahren nach dem Asylgesetz der Gegenstandswert 5 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro (Satz 1). Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro (Satz 1).
12 
Nach § 30 Abs. 2 RVG kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist.
13 
Der durch das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz neugefasste Gebührentatbestand des § 30 RVG soll zu einer Vereinfachung der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage beitragen, indem nach § 30 Abs. 1 RVG nunmehr für alle asylrechtlichen Klageverfahren einheitlich und unabhängig vom Streitgegenstand stets 5.000 Euro zugrunde gelegt werden, wobei sich dieser Wert bei mehreren Klägern für jede weitere Person nach § 30 Abs. 1 Satz 2 RVG um 1.000 Euro erhöht. Es wird insoweit grundsätzlich nicht (mehr) danach differenziert, ob ein Kläger mit seiner Klage Asyl nach Art. 16a GG, Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG, subsidiären Schutz nach § 4 AsylG bzw. nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt, oder ob sich die Klage gegen eine Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG oder eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG richtet (vgl. Wahlen/Thiele, in: Scheider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 7. Auflage, § 30 Rn. 13 ff.; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 7. Auflage, § 30 Rn. 1; Potthoff, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage, § 30 Rn. 7; s. auch BT-Drs. 17/11471 S. 269).
14 
Wird - wie hier - von Seiten des Klägers beantragt, das Bundesamt zur Bescheidung seines Asylantrages zu verpflichten (sog. Bescheidungsklage) mit der Folge, dass keine materiell-rechtliche Prüfung des Asylbegehrens erfolgt, sondern nur formal geprüft wird, ob die Voraussetzungen des § 75 VwGO erfüllt sind, eine Aussetzung in Betracht kommt bzw. die gesetzte Frist zur Entscheidung abgelaufen ist, ist bereits fraglich, ob eine Kostenberechnung nach dem Regelstreitwert nach § 30 Abs. 1 RVG hier unbillig wäre.
15 
Denn der Gesetzgeber hat mit der Gleichstellung des Asyl-Regelstreitwerts mit dem für sonstige Verfahren nach § 52 Abs. 2 GKG geltenden Auffangstreitwert für eine Vielzahl von Fällen den Gegenstandswert nach oben gedeckelt, in denen in sonstigen Verfahren nach § 39 Abs. 1 GKG eine Addition der Werte mehrerer Streitgegenständen erfolgt. Dies deutet darauf hin, dass zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung ein Durchschnittswert gebildet werden sollte, was die Einbeziehung von Verfahren nach dem Asylgesetz mit geringerer Bedeutung nicht per se unbillig macht. Dass der Gesetzgeber beispielsweise auch Klagen nach § 30 Abs. 1 RVG erfassen wollte, mit denen ausschließlich eine auf §§ 34, 38 AsylG gestützte Abschiebungsandrohung angegriffen wird, zeigt der Vergleich mit der bis zum 31.07.2013 gültigen Textfassung des § 30 Satz 1 RVG. Danach betrug in Streitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz der Gegenstandswert in Klageverfahren, die die Asylanerkennung einschließlich der Feststellung der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes und die Feststellung von Abschiebungshindernissen betreffen, 3 000 Euro, in sonstigen Klageverfahren, zu denen u. a. die isolierte Anfechtung der Abschiebungsandrohung zählte, 1 500 Euro. Von der Vereinheitlichung des Gegenstandswertes sollten daher auch Verfahren profitieren, für die zuvor ein deutlich niedrigerer Gegenstandswert angesetzt worden war. Nicht unberücksichtigt bleiben kann ferner, dass es je nach Lebenslage durchaus von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung für den Asylkläger sein kann, möglichst rasch mit dem Mittel der Bescheidungsklage eine (positive) Entscheidung des Bundesamtes zu erzwingen. Auch der Umstand, dass auf eine Verpflichtung zur Bescheidung im Falle einer Antragsablehnung mit erneuter Klage zu rechnen ist, kann nicht zwingend die Unbilligkeit des Regelgegenstandswertes für die Bescheidungsklage begründen. Denn es ist gerade in Asylverfahren keineswegs selten, dass ein und derselbe Kläger mehrfach gerichtliche Verfahren anhängig macht, die wie z. B. bei Folgeantragsverfahren jeweils mit dem vollen Regelstreitwert abgerechnet werden können.
16 
Letztlich kann die Frage der Unbilligkeit eines Gegenstandwertes von 5000 Euro für Bescheidungsklagen aber offen bleiben, denn eine Herabsetzung scheitert an der weiteren tatbestandlichen Voraussetzung, dass die Unbilligkeit „nach den besonderen Umständen des Einzelfalles“ gegeben sein muss. Eine Bescheidungsklage ist indes - wie die Vielzahl an derartigen Verfahren zeigt - bereits kein Einzelfall, noch wird dieser durch besondere Umstände geprägt. Dies wird letztlich auch durch die Einlassung der Beklagten bestätigt, wonach zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage dem Bundesamt Asylanträge in sechsstelliger Zahl vorlagen, die noch älteren Datums waren als der Asylantrag des Klägers. Wenn das Bundesamt - wie vorgetragen - schon aus Gerechtigkeitserwägungen eine Bevorzugung derer ablehnt, „die mit Untätigkeitsklagen und ähnlichem eine bevorzugte Bearbeitung und ggf. eine zusätzliche Gebührenregenerierung für die jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten erreichen wollen“, wird hierdurch gerade eine generelle Verfahrenspraxis belegt. Gegen eine solche Praxis gerichtete Bescheidungsklagen zeichnen sich daher nicht durch besondere Umstände des Einzelfalles aus, sondern stellen Rechtsmittel in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle dar. Hätte der Gesetzgeber generell für derartige Klagen einen niedrigeren Gegenstandswert für gerechtfertigt gehalten, hätte er dies durch eine abstrakt generelle gesetzliche Regelung bestimmen können und müssen. Eine Herabsetzung aufgrund besonderer Einzelfallkonstellation erlaubt eine Bescheidungsklage als solche hingegen nicht.
17 
Einer Kostenentscheidung bedurfte es vorliegend nicht, da das Verfahren gemäß § 33 Abs. 9 RVG entsprechend gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.
18 
Das Gericht hat die Beschwerde gemäß § 1 Abs. 3 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG entsprechend wegen grundsätzlicher Bedeutung der bislang erstinstanzlich höchst unterschiedlich entschiedenen Frage des Gegenstandswertes bei asylrechtlichen Bescheidungsklagen zugelassen.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, nach § 118e der Bundesrechtsanwaltsordnung, nach § 103b der Patentanwaltsordnung oder nach § 111c des Steuerberatungsgesetzes. Andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Partnerschaftsgesellschaften und sonstige Gesellschaften stehen einem Rechtsanwalt im Sinne dieses Gesetzes gleich.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung). Es gilt ferner nicht für eine Tätigkeit als Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistand, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Mitglied des Gläubigerbeirats, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter, Treuhänder oder Schiedsrichter oder für eine ähnliche Tätigkeit. § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 4 Absatz 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes bleiben unberührt.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

Tenor

Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Gegenstandswertbeschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 2017 - A 3 K 4940/16 - wird verworfen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Über die gemäß § 32 Abs. 2 RVG zulässigerweise im eigenen Namen erhobene Beschwerde entscheidet nach Übertragung mit Beschluss vom 27.02.2017 gemäß § 33 Abs. 8 S. 2 RVG der Senat.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts über die Festsetzung des Gegenstandswerts ist als unzulässig zu verwerfen. Denn bei dem zugrunde liegenden Verfahren handelte es sich um eine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz. Entscheidungen in derartigen Verfahren können nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 80 AsylG). Dieser Beschwerdeausschluss gilt auch für alle gerichtlichen Entscheidungen in Nebenerfahren (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.09.2011 - A 12 S 2451/11 -juris; BayVGH, Beschluss vom 22.05.2013 - 8 C 13.30078 - juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.11.1993 - A 16 S 2045/92 - juris; VG Frankfurt, Beschluss vom 18.12.1997 - 5 J 31686/97.A - AuAS 1998, 48; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 80 RdNr. 10; Renner/Bergmann, AuslR, § 80 AsylG RdNr. 2; Hailbronner, AuslR, § 80 AsylG RdNr. 9).
Der vom Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf einen Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 26.07.2016 (- OVG 3 K 40.16 - juris) vertretenen Rechtsauffassung, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG seit ihrer Einführung durch das 2. KostRMoG zum 01.08.2013 den „älteren“ Beschwerdeausschluss des § 80 AsylG verdränge, ist nicht zu folgen. Nach § 1 Abs. 3 RVG gehen die Vorschriften des RVG über die Erinnerung und die Beschwerde den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor. Schon der Wortlaut spricht dafür, dass sich der Vorrang des RVG allein auf Beschwerdevorschriften in den Verfahrensvorschriften der einzelnen Gerichtszweige – wie VwGO oder SGG oder FGO – bezieht. Die vom Gesetzgeber mit § 1 Abs. 3 RVG beabsichtigte einheitliche Regelung unabhängig vom Gerichtszweig gilt ohnehin nicht ausnahmslos. Soweit eine spezielle Regelung des RVG wegen einer Erinnerung oder Beschwerde auf Vorschriften eines anderen Gesetzes verweist, bleibt es – abweichend von § 1 Abs. 3 RVG – bei der Anwendung dieser Verfahrensvorschriften (vgl. Hartung/Schons/Enders, RVG, Kommentar, § 1 Rdnr. 153). Weit gewichtiger ist jedoch, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes zum 01.07.1992 in Abschnitt 9 des Gesetzes (§§ 74 – 83 c) weitgehende, von der VwGO abweichende spezielle Regelungen für das gerichtliche Verfahren getroffen hat. Bei Einführung des § 80 AsylG (damals AsylVfG 1992), welcher trotz der weitreichenden Einschränkung des Rechtsschutzes bei Eilverfahren zu unmittelbar drohenden Abschiebungen weder gegen Art. 19 Abs. 4 GG noch gegen das allgemeine Rechtsstaatsprinzip verstößt, entsprach es dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, dass der Rechtsmittelausschluss dieser Ausnahmevorschrift weit und umfassend zu verstehen ist und daher auch sämtliche Nebenentscheidungen davon erfasst sein sollen (BT-Drs. 12/2062, S. 42). Dass sich an dem Willen des Gesetzgebers, für Asylverfahren spezielle gerichtliche Vorschriften zu treffen und insbesondere Rechtsmittel jeglicher Art zu beschränken, durch Einführung des § 1 Abs. 3 RVG etwas geändert haben sollte, findet in den Gesetzgebungsmaterialien (BT-Drs. 17/11471) keine Stütze. Dort heißt es zunächst (nur), dass der vorgeschlagene neue Absatz der Klarstellung diene (S. 266). Ergänzend wird auf die Begründung zu Artikel 1 § 1 Absatz 6 GNotKG-E verwiesen, wo es heißt, dass die gelegentlich auftretende Frage nach dem Verhältnis der Verfahrensvorschriften des Kostenrechts zu den Verfahrensvorschriften der für das jeweilige Verfahren geltenden Vorschriften dahingehend geklärt werden solle, dass die kostenrechtlichen Vorschriften als die spezielleren Vorschriften vorgehen (S. 154). Ein Wille des Bundesgesetzgebers, dass durch Einführung des § 1 Abs. 3 RVG die spezielle asylrechtliche Vorschrift des § 80 AsylG (damals AsylVfG 1992) verdrängt werden solle, lässt sich den Gesetzesmaterialien ersichtlich nicht entnehmen.
An der somit im vorliegenden Fall fehlenden Statthaftigkeit der Beschwerde ändert der Umstand nichts, dass das Verwaltungsgericht dem Beschluss vom 11.01.2017 - nach dem Vorstehenden fälschlicherweise - eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt hat, wonach § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG der Vorschrift des § 80 AsylG vorgehe. Denn ein durch das Gesetz nicht vorgesehenes Rechtsmittel kann auch durch richterliche Entscheidung nicht zugelassen werden (BVerwG, Beschluss vom 06.12.1982 - 9 B 3520.82 - BVerwGE 66, 312; Urteil vom 28.02.1985 - 2 C 14.84 - BVerwGE 71, 73; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 03.06.2004 - 13 E 598/04.A - juris; BayVGH, Beschluss vom 01.03.2010 - 20 CE 10.30057 - juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet, § 68 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar.