Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 18. Dez. 2018 - 2 K 1233/18
Gericht
Tenor
Die Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung im Modul „Strömungslehre“ vom 24. April 2017, der Bescheid vom 13. November 2017, der Bescheid vom 29. November 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2018 werden aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger eine weitere mündliche Ergänzungsprüfung im Fach „Strömungslehre“ zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Bewertung einer mündlichen Ergänzungsprüfung in einem Modul seines Bachelorstudiums mit „nicht bestanden“, gegen einen Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs sowie gegen seine Exmatrikulation.
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Der im Jahr 1991 geborene Kläger nahm zum Sommersemester 2014 das Bachelorstudium Produktionstechnik und Management an der beklagten Hochschule auf. In diesem Studiengang ist das Modul „Strömungslehre 1“ als Pflichtmodul zu absolvieren. Der Kläger legte in diesem Modul drei schriftliche Prüfungsversuche ohne Erfolg ab, und zwar am 21. August 2015, am 9. Dezember 2015 sowie am 22. März 2017. Im Anschluss an den nicht bestandenen 3. Prüfungsversuch fand auf Antrag des Klägers am 24. April 2017 eine mündliche Ergänzungsprüfung durch den vom Prüfungsausschuss zuvor bestellten Prüfer Prof. A statt. Der Prüfer zog seine wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau B als Beisitzerin hinzu, ohne dass der Prüfungsausschuss zuvor eine Entscheidung darüber getroffen hatte. Unmittelbar nach der Prüfung erfuhr der Kläger mündlich vom Prüfer, dass er die mündliche Ergänzungsprüfung nicht bestanden habe. Kurz darauf – zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt – wurde das endgültige Nichtbestehen des Moduls „Strömungslehre 1“ im Onlineportal der Hochschule in der für den Kläger zugänglichen Leistungsübersicht veröffentlicht.
- 3
In einer E-Mail vom 25. April 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nunmehr seine Exmatrikulation eingeleitet werde, da er sein Studium endgültig nicht bestanden habe. Die Beklagte exmatrikulierte den Kläger mit Bescheid vom 9. Mai 2017 ohne zuvor einen rechtsmittelfähigen prüfungsrechtlichen Bescheid zu erlassen. Am 13. Juni 2017 nahm der Prüfer Prof. Dr. A zum Ablauf der mündlichen Ergänzungsprüfung Stellung, dasselbe tat die Frau B am 16. Juni 2017. Am 23. Juni 2017 und erneut am 28. September 2017 beschloss der Prüfungsausschuss nachträglich die Bestellung von Frau B als Beisitzerin. Die Beklagte hob die Exmatrikulation im Rahmen des später anhängig gewordenen Klageverfahrens 2 K 8012/17 wieder auf, nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass eine Exmatrikulation ohne vorherige oder gleichzeitige prüfungsrechtliche Bescheidung rechtswidrig sein dürfte. Der Kläger begehrte zudem in einem gerichtlichen Eilverfahren (2 E 9047/17), weiterhin zur Lehrveranstaltung CAD zugelassen zu werden sowie Prüfungsleistungen erbringen zu können und vorläufig eine Immatrikulationsbescheinigung für das Wintersemester 2017/2018 zu erhalten. Diesen Antrag lehnte die Kammer mit Beschluss vom 23. November 2017 ab, da er die Anmeldefrist versäumt hatte.
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Mit Bescheid vom 13. November 2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er seinen Bachelorstudiengang endgültig nicht bestanden habe. Der Kläger habe im Modulfach Strömungslehre 1 den letzten Prüfungsversuch nicht bestanden.
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Mit Bescheid vom 29. November 2017 exmatrikulierte die beklagte Hochschule den Kläger zum 24. April 2017 und begründete dies mit der Beendigung des Studiums nach endgültig nicht bestandener Prüfung. Mit Widerspruch vom 1. Dezember 2017 wandte sich der Kläger gegen die Exmatrikulation, mit weiterem Widerspruch vom 13. Dezember 2017 begehrte er die Aufhebung des prüfungsrechtlichen Bescheides über das endgültige Nichtbestehen seines Studiums. Der Kläger machte geltend, die mündliche Prüfung sei verfahrensfehlerhaft abgelaufen. Insbesondere sei die Beisitzerin nicht ordnungsgemäß bestellt worden und habe als Zweitvotantin agiert. Zum Teil seien die gestellten Fragen unklar gewesen bzw. seien seine Antworten nicht hinreichend gewürdigt worden. Die Beisitzerin sei auch sehr stark mit ihrem Smartphone beschäftigt gewesen und habe daher der Prüfung nicht folgen können. Am 22. Februar 2018 entschied der Prüfungsausschuss, dem Widerspruch nicht abzuhelfen.
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Am 23. Februar 2018 sandte die Beklagte einen Widerspruchsbescheid ab, der vom 21. Februar 2018 datiert. Mit diesem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte beide Widersprüche zurück. Sie führte aus, beide Widersprüche seien unbegründet. Der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Studiengangs sei rechtmäßig, da der Kläger nicht innerhalb der Modulfrist einen erfolgreichen Prüfungsversuch im Modul „Strömungslehre 1“ absolviert habe. Die Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung sei rechtmäßig erfolgt. Das Smartphone sei von der Beisitzerin lediglich genutzt worden, um die Einhaltung der Prüfungszeit zu überwachen. Darüber hinaus habe der Kläger die vermeintliche Störung durch die Beisitzerin nicht rechtzeitig gerügt. Die nachträgliche Bestellung von Frau B zur Beisitzerin sei zulässig. Die Note der mündlichen Ergänzungsprüfung sei rechtmäßig zustande gekommen. Auch der Exmatrikulationsbescheid vom 29. November 2017 sei rechtmäßig. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 der Immatrikulationsordnung der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg vom 18. Mai 2017 (ImmaO) seien Studierende zu exmatrikulieren, die eine Prüfung im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes nach §§ 44, 65 HmbHG endgültig nicht bestanden hätten und den Studiengang nicht nach § 8 wechseln könnten oder wechselten.
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Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der am 27. Februar 2018 bei Gericht eingegangenen Klage weiter. Er kritisiert insbesondere, dass eine rückwirkende Bestellung eines Beisitzers nach der Prüfungsordnung nicht zulässig sei. Erneut betont der Kläger, dass die Beisitzerin durch die Beschäftigung mit ihrem Smartphone vom Prüfungsgeschehen abgelenkt worden sei und sich als Zweitvotantin zu erkennen gegeben habe, was die Prüfungsordnung nicht vorsehe.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung im Modul Strömungslehre 1 vom 24. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 aufzuheben und ihm einen weiteren Prüfungsversuch zu gewähren,
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2. den Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs vom 13. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 aufzuheben sowie
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3. den Exmatrikulationsbescheid vom 29. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
- 13
die Klage abzuweisen.
- 14
Sie führt insbesondere aus, die nachgeholte Bestellung der Beisitzerin habe sich nicht auf die Notenumgebung ausgewirkt. Die Beisitzerin sei nicht als Prüferin während der mündlichen Ergänzungsprüfung tätig geworden. Die Gesamtnotenbildung sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe nicht substantiiert begründet, welche Fragen er zumindest vertretbar beantwortet habe und inwiefern ein Bewertungsfehler vorliege.
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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende einverstanden erklärt. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung neben der Sachakten der Beklagten die Gerichtsakten 2 K 8012/17 und 2 E 9047/17 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
- 16
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung die Zeugen Prof. Dr. A sowie Frau B vernommen. Hinsichtlich ihrer Angaben sowie des weiteren Beteiligtenvorbringens wird auf das Sitzungsprotokoll und den Inhalt der Gerichts- und Sachakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
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Die Klage ist hinsichtlich aller drei gestellten Anträge zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
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Die erhobene Klage wird hinsichtlich aller Anträge zulässigerweise als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO erhoben, da jeweils Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 HmbVwVfG angegriffen werden.
- 19
Auch die Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung - d.h. des dritten Prüfungsversuchs im Modul „Strömungslehre 1“ - mit „nicht bestanden“ stellt einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 HmbVwVfG dar. Denn es handelt sich bei dieser Bewertung um eine hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Nicht jede Bewertung einer einzelnen Prüfungsleistung ist zwangsläufig als Verwaltungsakt anzusehen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.3.1994, 6 C 5.93, juris Rn. 21 zu schriftlichen Prüfungsarbeiten im juristischen Examen). Jedenfalls dann, wenn in einem modularisierten Studiengang die Bewertung einer Modulprüfung mit „nicht bestanden“ zur Folge hat, dass dieser Prüfungsteil wiederholt werden muss, um die Gesamtprüfung zu bestehen (d.h. insbesondere bei Pflichtmodulen), liegt eine rechtsverbindliche Gestaltung des Prüfungsrechtsverhältnisses vor (ebenso OVG Münster, Urt. v. 21.3.2017, 14 A 1689/16, juris Rn. 31 m. ausf. Begründung; VGH München, Beschl. v. 4.1.2017, 22 C 16.2279, juris Rn. 10 f.). In einem solchen Fall stellt die Bewertung einen Verwaltungsakt dar, der fristgerecht mit dem Widerspruch angegriffen werden kann und muss. Die nach §§ 43 Abs. 1, 41 HmbVwVfG erforderliche Bekanntgabe des Verwaltungsakts, d.h. der Bewertung einer Modulprüfung mit „nicht bestanden“, kann zulässigerweise auch über das Onlineportal einer Hochschule erfolgen, wenn dies der normativ geregelte bzw. übliche Weg der Kommunikation zwischen der Hochschule und den Studierenden ist (vgl. ausführlich zu einer ähnlichen Konstellation OVG Münster, Urt. v. 21.3.2017, a.a.O., juris Rn. 45 ff.).
- 20
Diese Vorgaben sind erfüllt: Im vorliegenden Fall sieht § 5 Abs. 3 der maßgeblichen studiengangsspezifischen Prüfungs- und Studienordnung für die Bachelorstudiengänge Maschinenbau/Energie und Anlagensysteme, Maschinenbau/Entwicklung und Konstruktion, sowie Produktionstechnik und Management am Department Maschinenbau und Produktion der Fakultät Technik und Informatik (Faculty of Engineering and Computer Science) der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (Hamburg University of Applied Sciences) vom 24. Mai 2012 (PO) vor, dass das Modul „Strömungslehre 1“ im Rahmen des Kernstudiums zu erbringen ist. Nach § 30 Abs. 1 der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge der Ingenieur-, Natur- und Geisteswissenschaften sowie der Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (APSO-INGI) vom 21. Juni 2012 ist die Bachelor- oder Masterprüfung bestanden, wenn alle in den studiengangsspezifischen Prüfungs- und Studienordnungen vorgeschriebenen Leistungen sowie die dazu gehörende Bachelor- oder Masterarbeit erfolgreich erbracht und die sonstigen in den studiengangsspezifischen Prüfungs- und Studienordnungen vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind. § 23 APSO-INGI regelt die Möglichkeiten, nicht bestandene Leistungen zu wiederholen sowie ausweislich seiner Überschrift das endgültige Nichtbestehen des Studiengangs. Die Prüfungsentscheidung wurde dem Kläger mündlich und gemäß § 12 Abs. 8 Satz 2 APSO-INGI im Internet, d. h. über das Onlineportal der beklagten Hochschule bekannt gegeben.
- 21
Das nach §§ 68 ff. VwGO erforderliche Widerspruchsverfahren wurde auch hinsichtlich der Bewertung der Modulprüfung ordnungsgemäß durchgeführt. Der Widerspruch des Klägers, der sich ausdrücklich zwar nur gegen die Bescheide über das endgültige Nichtbestehen des Studiums und die Exmatrikulation richtet, bezieht sich inhaltlich auch auf die Bewertung der Modulprüfung, sodass er auch als Widerspruch gegen diesen Verwaltungsakt auszulegen ist. Auch im Widerspruchsbescheid geht die Beklagte ausdrücklich auf die Rügen des Klägers hinsichtlich der mündlichen Modulprüfung ein.
- 22
Im Klageantrag zu 1. ist darüber hinaus in zulässiger Weise ein Leistungsannex nach § 113 Abs. 4 VwGO beantragt worden, da der Kläger einen Wiederholungsversuch der mündlichen Prüfung begehrt.
II.
- 23
Die Anfechtungsklage ist hinsichtlich aller Klageanträge begründet. Die Benotung des Moduls „Strömungslehre 1“ mit (endgültig) „nicht bestanden“ ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann die Wiederholung der mündlichen Prüfung beanspruchen (hierzu unter 1 a. und b.). Ebenso sind der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs (hierzu unter 2.) und letztlich der Exmatrikulationsbescheid (hierzu unter 3.) rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
- 24
1. Die Benotung des letzten Prüfungsversuchs vom 24. April 2017 des Moduls Strömungslehre 1 mit (endgültig) „nicht bestanden“ erfolgte in rechtswidriger Weise (a.) und führt zu einem Anspruch auf Wiederholung der mündlichen Prüfung (b.).
- 25
a. Das endgültige Nichtbestehen einer Modulprüfung ist in § 23 Abs. 2 und 5 APSO-INGI geregelt. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 APSO-INGI kann jede erstmals nicht bestandene Leistung zweimal wiederholt werden und nach Satz 3 dieser Vorschrift ist die entsprechende Prüfungsleistung endgültig nicht bestanden, wenn alle Wiederholungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft wurden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger drei schriftliche Prüfungsversuche in diesem Modul nicht bestanden hat, nämlich am 21. August 2015, am 9. Dezember 2015 und am 22. März 2017. Diese Bewertungen hat er nicht angegriffen.
- 26
Nach § 23 Abs. 5 Satz 1 APSO-INGI kann die oder der betroffene Studierende jedoch zusätzlich 3-malig pro Studium im jeweiligen Studiengang, aber nur einmalig pro Prüfungsleistung einen Antrag auf eine mündliche Überprüfung stellen, wenn eine schriftliche Leistung mit nicht ausreichend bewertet worden ist. Gemäß § 23 Abs. 5 Satz 4 APSO-INGI entscheidet die mündliche Überprüfung über „nicht bestanden“ oder „bestanden“. Die mündliche Überprüfung stellt nach § 23 Abs. 5 Satz 5 APSO-INGI keinen weiteren Prüfungsversuch dar, sondern bietet lediglich die Möglichkeit einer Verbesserung innerhalb eines Prüfungsversuchs.
- 27
Der Kläger hat zu Recht gerügt, dass aufgrund der hier streitigen mündlichen Ergänzungsprüfung vom 24. April 2017 in fehlerhafter Weise das (endgültige) Nichtbestehen der Modulprüfung im Fach Strömungslehre 1 festgestellt wurde. Denn diese Prüfung, d.h. die Leistungserhebung, erfolgte mindestens verfahrensfehlerhaft, ohne dass eine Heilung dieses Fehlers möglich ist.
- 28
Die als Beisitzerin eingesetzte wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau B wurde nicht vor der Prüfung ordnungsgemäß als Beisitzerin bestellt.
- 29
Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 1 und 2 APSO-INGI werden Beisitzerinnen und Beisitzer nur für mündliche Prüfungen eingesetzt ohne jedoch selbst Prüfungen abhalten zu dürfen. Sie nehmen lediglich an mündlichen Prüfungen teil, um die Prüferin oder den Prüfer bei der Durchführung der mündlichen Prüfung zu unterstützen. Gemäß § 13 Abs. 4 Satz 3 APSO-INGI werden sie vom Prüfungsausschuss bestellt und müssen mindestens über einen Hochschulabschluss in einem Ingenieur-, Natur- oder Gesundheitswissenschaftlichen bzw. Informatikstudiengang verfügen. Hierfür ist ein formeller Beschluss erforderlich (vgl. zur Prüferbestellung VG Gelsenkirchen, Urt. v. 17.10.2012, 4 K 1737/11, juris). Eine nachgeholte, rückwirkende Bestellung auch des Beisitzers ist als unzulässig zu bewerten, da der Prüfungsausschuss auf diese Weise eine verfahrensfehlerhaft getroffene Entscheidung nachträglich (unter Berücksichtigung des bereits festgestellten Ergebnisses) heilen könnte (VG Berlin, Urt. v. 27.9.2016, 12 K 333/15, juris Rn. 37).
- 30
Aus der Aktenlage ergibt sich – wie auch die Beklagte einräumt –, dass die Beisitzerin nicht vor der am 24. April 2017 durchgeführten mündlichen Prüfung durch den Prüfungsausschuss berufen wurde. Dies geschah erst nachträglich. Ohne vorherige Bestellung nach § 13 Abs. 4 APSO-INGI durfte Frau B somit nicht als Beisitzerin tätig werden.
- 31
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Fehler auch nicht im Sinne des § 46 HmbVwVfG unerheblich. Bei der Abnahme einer Prüfung hat ein Verfahrensfehler grundsätzlich nur dann die Aufhebung der Prüfungsentscheidung (und einen Anspruch auf eine neue Prüfung) zur Folge, wenn sein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann. Dieser in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz kommt durch § 46 VwVfG und die entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 23.6.2015, 6 A 405/14, juris Rn. 26 zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 Nds. VwVfG) zum Ausdruck. Ein Verfahrensfehler ist z. B. dann unerheblich, wenn die Prüfungsentscheidung zwar auf dem Fehler beruht, jedoch feststeht, dass das Ergebnis der Prüfung auch ohne diesen Fehler nicht anders ausgefallen wäre (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl.2018, Rn. 488 ff.; VG Köln, Urt. v. 2.5.2013, 6 K 3905/12, juris).
- 32
Eine fehlerhafte Auswahl eines Beisitzes kann sich dann auf das Ergebnis auswirken, wenn dieser nach der Prüfungsordnung anzuhören ist (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.4.2004, 4 S 14.04, juris Rn. 10) oder - auch ohne Anhörungsvorgabe - wenn der Beisitzer oder die Beisitzerin sich zur Qualität der Leistungserbringung gegenüber dem Prüfer geäußert hat und nicht auszuschließen ist, dass diese Einschätzung in die Bewertung der Prüfungsleistung eingeflossen ist.
- 33
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass Frau B entgegen der Vorschrift des § 13 Abs. 4 Satz 1 und 2 APSO-INGI nicht lediglich auf die Einhaltung der formalen Vorgaben für die Abhaltung einer mündlichen Prüfung geachtet, sondern dass sie ihre eigene Einschätzung in der Prüfung geäußert hat. Diesen Eindruck hatte bereits der Kläger, er hat sich durch die Beweisaufnahme aufgrund der Aussagen beider Zeugen bestätigt. Der Zeuge Prof. Dr. A gab zwar in der mündlichen Verhandlung an, ausschließlich er selbst habe die Leistungen des Klägers bewertet. Er habe Frau B jedoch nach der Prüfung gefragt, was sie für einen Eindruck habe. Sie sei als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Lage zu beurteilen, ob Fragen zu schwer oder zu einfach seien. Insofern hat bereits der Prüfer erklärt, dass ein Gespräch über den Inhalt der gestellten Fragen stattgefunden habe. Frau B selbst betonte ebenfalls zunächst, sie habe die Uhr auf ihrem Mobiltelefon im Blick gehabt, um zu überprüfen, ob die Prüfungszeit eingehalten werde. Sie erklärte jedoch darüber hinaus ohne Aufforderung und glaubhaft, sie habe das Mobiltelefon dabei nicht in der Hand gehabt, da sie selbst ein zweites Protokoll geführt habe. Sie mache sich während der Prüfung auch Kreuzchen, denn hinterher gebe es eine Besprechung. Ihre Wahrnehmung gehe jedoch nicht in die Bewertung ein. Aufgrund dieser von der Zeugin geschilderten Vorgehensweise ist das Gericht davon überzeugt, dass die Zeugin B trotz ihrer Eigenschaft als bloße Beisitzerin dem Prüfer ihre eigene Leistungsbewertung mitgeteilt hat, was unzulässig ist. Für diese gemeinsame Absprache über die Leistungsbewertung spricht darüber hinaus das vom Prüfer verfasste Protokoll, in dem er zu jeder Frage Kreuzchen innerhalb einer Notenskala gesetzt hat. Bis auf 2 Fragen waren diese Kreuzchen alle nachgezogen worden, so als hätte der Protokollant (hier Prof. Dr. A selbst) seine zuvor getroffene Bewertung noch einmal bestätigt. Es hätte für die Beisitzerin auch keinen Sinn gemacht, ein solches zweites Protokoll mit eigenen Bewertungen zu führen, wenn nicht im Anschluss an die Prüfung ein entsprechender Austausch stattgefunden hätte, den die Zeugin auch eingeräumt hat. Ob und in welchem Umfang der Prüfer Prof. Dr. A die Bewertung der Leistungen des Klägers allein aufgrund seiner eigenen Eindrücke oder aufgrund der gemeinsamen Bewertung vorgenommen hat, lässt sich nicht mehr aufklären und kann auch dahinstehen. Denn für die Fehlerhaftigkeit eines solchen Vorgehens genügt allein der Umstand, dass nicht auszuschließen ist, dass die Bewertung der Beisitzerin vom Prüfer zur Kenntnis genommen wurde.
- 34
In Betracht kommt zwar, dass eine nachträgliche Bestellung bei Alternativlosigkeit unschädlich ist, d.h. immer dann, wenn der Prüfungsausschuss ohnehin nur diese eine Person hätte bestellen können (vgl. dazu VG Düsseldorf, Urt. v. 24.6.2016, 15 K 4465/15, juris Rn. 37, 38).
- 35
Eine solche Konstellation ist jedoch nicht gegeben. Zwar ist Frau B ausweislich der Homepage der Beklagten (https://www.haw-hamburg.de/ti-mp/institute/ti-mpiee/ansprech-partner.html, Abruf vom 21.1.2019) die einzige wissenschaftliche Mitarbeiterin im Strömungsmaschinenlabor. Da jedoch die Prüfungsordnung nicht voraussetzt, dass der wissenschaftliche Mitarbeiter bzw. die wissenschaftliche Mitarbeiterin, der bzw. die als Beisitzer/in infrage kommt, genau in diesem Bereich tätig ist, hätten mehrere andere wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für erneuerbare Energien und energieeffiziente Anlagen eingesetzt werden können, die ebenfalls einen Abschluss als Diplom-Ingenieur/in aufweisen konnten, nämlich D, C, E, F oder G.
- 36
Der Kläger war auch nicht verpflichtet, diesen Mangel unverzüglich zu rügen, da der Fehler in der Sphäre der Prüfungsbehörde lag und es ihm weder möglich noch zumutbar war, aufzuklären, was im Prüfungsraum in seiner Abwesenheit besprochen wurde (vgl. VG Berlin, Urt. v. 27.9.2016, a.a.O., juris Rn. 32).
- 37
Bereits dieser Verfahrensfehler führt zur Rechtswidrigkeit der Prüfung und zur Aufhebung der angegriffenen Prüfungsbescheide. Es bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung mehr, ob weitere gerügte Fehler vorliegen.
- 38
b. Der Kläger kann eine Wiederholung der mündlichen Prüfung beanspruchen. Dieser Anspruch ergibt sich unmittelbar aus § 23 Abs. 5 Satz 1 APSO-INGI. Denn die Leistungserhebung im Prüfungsversuch vom 24. April 2017 wurde aufgrund des Verfahrensfehlers erfolgreich angegriffen, so dass die Leistung neu erbracht werden darf, wenn der Prüfling dies wünscht.
- 39
2. Auch der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs vom 13. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
- 40
Zwar findet sich in der APSO-INGI keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage für den feststellenden Verwaltungsakt über das endgültige Nichtbestehen eines Studiengangs. Die APSO-INGI nennt in § 30 Abs. 1 jedoch ausdrücklich die Bestehensvoraussetzungen, indem sie formuliert: „Die Bachelor- oder Masterprüfung ist bestanden, wenn alle in den studiengangsspezifischen Prüfung und Studienordnungen vorgeschriebenen Leistungen sowie die dazu gehörende Bachelor oder Masterarbeit erfolgreich erbracht und die sonstigen in den Studiengang spezifischen Prüfungs- und Studienordnungen vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind.“ Das endgültige Nichtbestehen des Studiengangs kann somit festgestellt werden, wenn der Prüfling eine nach dieser Vorschrift erforderliche Prüfungsleistung auch in ihrer letzten Wiederholung nicht erfolgreich erbracht hat.
- 41
Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 21. Februar 2018 wies die Leistungsübersicht des Klägers lediglich ein Modul auf, das der Kläger endgültig nicht bestanden haben soll, nämlich das bereits oben genannte Modul „Strömungslehre 1“. Zur Begründung des Bescheides über das endgültige Nichtbestehen des Studienganges hat sich die Beklagte auch ausschließlich auf dieses Modul bezogen, das - wie bereits dargestellt - nach § 5 Abs. 3 der studiengangspezifischen PO ein Pflichtmodul ist. Dieses Modul wäre nur dann endgültig nicht bestanden, wenn die Bewertung der mündlichen Ergänzungsprüfung vom 24. April 2017 nicht im vorliegenden Verfahren mit Erfolg angefochten worden wäre. Da der Kläger, wie oben unter 1. dargestellt, einen Anspruch auf Wiederholung dieser Prüfung besitzt, ist der Bescheid über das endgültige Nichtbestehen des Studiengangs rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
- 42
3. Ebenso erfolgreich ist die Klage gegen die Exmatrikulation im Bescheid vom 29. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018. Auch dieser Verwaltungsakt ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
- 43
Die Beklagte hat sich auf die Ermächtigungsgrundlage des § 10 Abs. 2 Nr. 3 der Immatrikulationsordnung der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (vom 25.11.2004 mit Änderungen vom 29.6.2006, vom 29.3.2007 und vom 24.1.2008 - ImmaO) gestützt. Danach sind Studierende zu exmatrikulieren, wenn sie eine Prüfung im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes in demselben Studiengang oder in einem verwandten Studiengang nach §§ 44, 65 HmbHG endgültig nicht bestanden haben und den Studiengang nicht nach § 10 wechseln können oder wechseln. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Wie bereits dargestellt fehlt es am endgültigen Nichtbestehen einer Modulprüfung im Rahmen des Bachelorstudiengangs des Klägers.
B.
- 44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Annotations
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.