Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 12. März 2015 - 17 A 5306/13

published on 12/03/2015 00:00
Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 12. März 2015 - 17 A 5306/13
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Tenor

1. Der Bescheid vom 29. November 2013 wird aufgehoben.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

[…]

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Aufhebung eines Dublin-Bescheids.

2

Die Kläger sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der Klägerin zu 3), die am xxx Dezember 2013 in xxx geboren wurde. Die Eheleute reisten am 13. Mai 2013 von Weißrussland kommend zunächst nach Polen ein. Bei der Einreise gaben sie ihre Fingerabdrücke ab. Zwei Tage später, am 15. Mai 2013, reisten die Eheleute weiter in die Bundesrepublik Deutschland. Dort angekommen, stellten sie am 22. Mai 2013 Asylanträge.

3

Die Ermittlungen der Beklagten über das EURODAC-System ergaben, dass die Kläger zu 1) und 2) am 15. Mai 2013 Asylanträge in Polen (Lublin) gestellt hatten (Bl. 66-72 der Asylakte der Beklagten).

4

Die Klägerin zu 2) wurde am 23. Mai 2013 von der Beklagten angehört. Sie gab an, nicht zu wissen, ob sie in Polen einen Asylantrag gestellt habe. Neben dem Reiseweg wurde die Klägerin zu 2) auch zu ihrem Verfolgungsschicksal befragt.

5

Der Kläger zu 1) wurde am 29. Mai 2013 von der Beklagten angehört. Er gab an, in Polen keinen Asylantrag gestellt zu haben. Auch der Kläger zu 1) wurde zu seinem Verfolgungsschicksal befragt.

6

Am 30.Oktober 2013 richtete die Beklagte ein Übernahmeersuchen an Polen. Die polnischen Behörden erklärten daraufhin mit Schreiben vom 5. November 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger zu 1) und 2).

7

Mit Datum vom 29. November 2013 erließ die Beklagte gegenüber den Klägern zu 1) und 2) einen Bescheid nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.2.2003 (Dublin II-VO) mit folgendem Tenor:

8

1. Die Asylanträge sind unzulässig.

9

2. Die Abschiebung nach Polen wird angeordnet.

10

Zur Begründung führte sie aus, die Asylanträge der Kläger seien gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Polen auf Grund der dort bereits gestellten Asylanträge für die Behandlung der Anträge gemäß Art. 16 Abs. 1c Dublin II-VO zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung nach Polen beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

11

Gegen den am 9. Dezember 2013 zugegangenen Bescheid haben die Kläger am 15. Dezember 2013 Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Der auf das Vorliegen systemischer Mängel des Asylverfahrens in Polen gestützte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde mit Beschluss vom 22. Januar 2014 abgelehnt. Ein weiterer Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 7 VwGO, der auf die Reiseunfähigkeit aufgrund einer weiteren Schwangerschaft der Klägerin zu 2) gestützt war, wurde mit Beschluss vom 11. August 2014 ebenfalls abgelehnt.

12

Für die Klägerin zu 3) führte die Beklagte ein eigenständiges Verwaltungsverfahren durch und erließ am 5. November 2014 einen weiteren Dublin-Bescheid, der von den Klägern nicht angegriffen wurde.

13

Die Kläger beantragen,

14

den Bescheid vom 29.11.2013 aufzuheben.

15

Die Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Die Beklagte meint, dass eine Überstellung der Kläger nach Polen nicht mehr erfolgen könne, weil die Überstellungsfrist mittlerweile abgelaufen sei. Die Abschiebungsanordnung aus dem angegriffenen Bescheid (Ziffer 2) sei damit nicht mehr vollziehbar.

18

An der Tenorierung zu Ziffer 1 solle jedoch festgehalten werden. Wegen der zuvor in Polen gestellten Asylanträge seien die in der Bundesrepublik Deutschland gestellten Asylanträge als „Zweitanträge“ i.S.v. § 71a AsylVfG zu verstehen. Die Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids sei nur möglich, wenn nach § 71a AsylVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorlägen. Jedoch sei weder das Bundesamt für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zuständig noch seien die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1-3 VwVfG erfüllt. Die Kläger hätten ihre Anträge in Polen durch die Weiterreise in die Bundesrepublik Deutschland zurückgezogen. Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens hätten sie nicht vorgetragen. Die Aufhebung der Feststellung der Unzulässigkeit brächte den Klägern überdies keinen rechtlichen Vorteil gegenüber einer Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, so dass es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine entsprechende Umdeutung des Bescheids vor, weil die Beklagte einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können.

19

Sollte das Gericht dennoch zu der Überzeugung gelangen, dass die Klage nicht wegen Unzulässigkeit abgewiesen werden könne und das Verfahren wiederaufzugreifen sei, sei auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.2.1998, 9 C 28/97, zu verweisen. Danach sei in Verfahren um die Erteilung eines Zweitbescheids unter Durchbrechung der Bestandskraft im Wege des Wiederaufgreifens nach § 51 VwVfG die Streitsache durch das Gericht spruchreif zu machen. Diese Rechtsprechung gelte auch für den vorliegenden Fall.

20

[…]

Entscheidungsgründe

21

Nur die Klage der Kläger zu 1) und 2) ist zulässig und in der Sache begründet. Bezogen auf die Klägerin zu 3) ist die Klage bereits unzulässig.

I.

22

Die Klage der Kläger zu 1) und 2) erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen.

23

1. Der Anfechtungsantrag ist statthaft. Die Kläger können effektiven Rechtsschutz durch die begehrte Aufhebung der angegriffenen Verfügung erreichen. Eines auf die Durchführung des Asylverfahrens gerichteten Verpflichtungsausspruchs bedarf es nicht, weil bei bestehender Zuständigkeit der Beklagten über den Asylantrag von Amts wegen sachlich zu entscheiden ist (OVG Münster, Urt. v. 7.3.2014, 1 A 21/12.A, DVBl. 2014, 790/ juris Rn. 31; VG Regensburg, GB v. 3.11.2014, RO 9 K 14.30260, juris Rn. 27; zur Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage auch: VGH Mannheim, Urt. v. 16.4.2014, A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293/ juris Rn. 18). Auch eine weitergehende Verpflichtungsklage, gerichtet auf das letztliche Rechtsschutzziel, die Asylanerkennung, kommt nicht in Betracht, weil ein solcher Antrag wegen der Eigenständigkeit des Dublin-Verfahrens als dem Asylverfahren vorangehendes Zuständigkeitsbestimmungsverfahren unzulässig wäre. Die Sachentscheidung im Asylverfahren soll in diesen Fällen – in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen die Einstellung des Asylverfahrens nach Antragsrücknahme gemäß § 32 AsylVfG bzw. wegen Nichtbetreibens des Verfahrens gemäß § 33 Abs. 1 AsylVfG (Urt. v. 7.3.1995, 9 C 264/94, NVwZ 1996, 80/ juris; Urt. v. 5.9.2013, 10 C 1.13, NVwZ 2014, 158/ juris Rn. 14) – zunächst dem Bundesamt vorbehalten bleiben (OVG Hamburg, Beschl. v. 2.2.2015, 1 Bf 208/14.AZ, juris Rn. 13 m.w.Nachw.; VGH Mannheim, Urt. v. 16.4.2014, a.a.O. Rn. 18). Ansonsten ginge den Klägern auch eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist (VGH München, Urt. v. 28.2.2014, 13a B 13.30295, BayVBl 2014, 628/ juris Rn. 22; VG Regensburg, GB v. 3.11.2014, a.a.O. Rn. 27 und GB. v. 24.10.2014, RN 8 K 14.30034, juris Rn. 21; zur Anfechtungsklage bei §§ 32, 33 AsylVfG: BVerwG, Urt. v. 7.3.1995, a.a.O. Rn. 16).

24

2. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis liegt bei den Klägern zu 1) und 2) vor. Dafür ist ausreichend, dass die Möglichkeit besteht, dass die Kläger durch die angegriffene Verfügung in ihren subjektiven Rechten verletzt sind. Zwar vermitteln nach der dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und der Beklagten bekannten Rechtsprechung dieser Kammer (s. nur: Beschl. v. 17.6.2014, 17 AE 2553/14, n.v.; Beschl. v. 8.4.2014, 17 AE 1762/14, n.v.) die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO Antragstellern grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung des Asylantrags durch den nach den Dublin-Vorschriften zuständigen Mitgliedsstaat, im Fall der Kläger droht jedoch die Rechtsverletzung nicht durch die Verfahrensführung durch einen unzuständigen Mitgliedstaat, sondern dadurch, dass ihre Asylanträge möglicherweise in keinem Mitgliedsstaat inhaltlich geprüft werden. Dies berührt das verfassungsrechtlich, Art. 16a Abs. 1 GG, wie europarechtlich, Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh), verbürgte Asylrecht der Kläger.

25

Die Klagebefugnis fehlt jedoch hinsichtlich der Klägerin zu 3), die nicht Adressatin der Verfügung der Beklagten ist. Bei Erlass des angegriffenen Dublin-Bescheids war sie noch nicht geboren, ein Asylantrag ist für sie nicht gestellt worden. Damit droht ihr die bei ihren Eltern mögliche Rechtsverletzung nicht. Die ihr gegenüber mit gesondertem Bescheid ergangene Abschiebungsanordnung ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

26

3. Das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis besteht. Entgegen der Auffassung der Beklagten brächte die Aufhebung der Ziffer 1 des Bescheids den Klägern zu 1) und 2) einen rechtlichen Vorteil, da die von der Beklagten als ablehnende Entscheidung über einen Zweitantrag umgedeutete Verfügung der Prüfung des Asylgesuchs der Kläger entgegensteht. Bei Aufhebung des Bescheids wäre die Beklagte indes verpflichtet, das Verwaltungsverfahren zu führen. Durch das Festhalten der Beklagten an der streitbefangenen – und von ihr umgedeuteten – Verfügung waren die Kläger zur Durchsetzung ihres Rechtsschutzziels auf gerichtlichen Rechtsschutz angewiesen. Auch hinsichtlich der Abschiebungsanordnung (Ziffer 2) haben die Kläger zu 1) und 2) ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte im gerichtlichen Verfahren bekundet hat, die Überstellung nicht mehr durchführen zu wollen. Da eine Aufhebung insoweit trotzdem nicht erfolgt ist, geht von der Verfügung weiterhin ein Rechtsschein aus, dessen Beseitigung die Kläger nur im gerichtlichen Verfahren erreichen können.

II.

27

Die Klage der Kläger zu 1) und 2) ist auch begründet. Der angegriffene Bescheid erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt, § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, als objektiv rechtswidrig (dazu unter 1.) und kann nicht durch Umdeutung aufrecht erhalten werden (dazu unter 2.); er verletzt die Kläger zu 1) und 2) auch in ihren Rechten (dazu unter 3.), § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

28

1. Der angegriffene Bescheid vom 29. November 2013 ist mit – unstreitigem – Ablauf der Überstellungsfrist objektiv rechtswidrig geworden. Die Asylanträge der Kläger waren danach nicht mehr gemäß § 27a AsylVfG wegen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union unzulässig, weil der Fristablauf nach den anzuwendenden europarechtlichen Vorschriften den Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte begründet hat (dazu unter a)). Der Anordnung der Abschiebung nach Polen gemäß § 34a AsylVfG ist damit ebenfalls die Grundlage entzogen (dazu unter b)).

29

a) Die Bestimmung des für die Prüfung der Asylbegehren zuständigen Mitgliedstaats richtet sich hier nach der Dublin II-VO, weil diese zum Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2013 – und damit vor Inkrafttreten der Verordnung EU Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 (Dublin III-VO) – die gültige Verordnung zur Zuständigkeitsbestimmung war, Art. 1, 29 Dublin II-VO. Gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO hat die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat binnen einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, zu erfolgen. Wird die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist durchgeführt, so geht die Zuständigkeit gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO auf den Mitgliedsstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Der Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ist erfolgt.

30

Die Republik Polen war zunächst der nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO zuständige Mitgliedsstaat, weil die Kläger zu 1) und 2) dort von Weißrussland kommend die Außengrenze der Europäischen Union illegal, da jedenfalls ohne Visum, überschritten hatten. Die Frist zur Überstellung in diesen Mitgliedstaat war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, abgelaufen – unabhängig von der Frage, ob der Fristbeginn an die Wiederaufnahmebestätigung durch die polnischen Behörden vom 5. November 2013 oder an die ablehnende Entscheidung im Eilrechtsschutzverfahren vom 22. Januar 2014 anknüpft.

31

b) Mit dem Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ist auch die Grundlage für die auf § 34a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung nach Polen als den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat entfallen. Dass Polen ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Wiederaufnahme bereit wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Obgleich die Beklagte angegeben hat, aus der Abschiebungsanordnung nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht mehr vollstrecken zu wollen, ist der Bescheid insoweit schon aus Gründen der Rechtsklarheit aufzuheben. Zu bedenken ist dabei insbesondere, dass für die Durchsetzung der Abschiebungsanordnung nicht die Beklagte selbst, sondern die jeweilige Ausländerbehörde zuständig ist, die möglicherweise keine Kenntnis von der in diesem Verfahren geäußerten Rechtsansicht der Beklagten hat.

32

2. Eine Umdeutung des Bescheids in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt nicht in Betracht.

33

a) Dagegen sprechen bereits prozessuale Gründe. Die Klage gegen den angegriffenen Dublin-Bescheid ist in Gestalt einer – statthaften – Anfechtungsklage erhoben worden. Im Fall einer Umdeutung des Dublin-Bescheids in eine Ablehnung eines Zweitantrags wäre das Klageziel hingegen die Verpflichtung der Beklagten zur Asylanerkennung bzw. zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus. Mit der versuchten Umdeutung würde somit über den allein von der Klägerseite zu bestimmenden Streitgegenstand hinausgegriffen; diese muss sich von der Beklagten jedoch keinen weiteren Streitgegenstand aufdrängen lassen (OVG Saarlouis, Beschl. v. 12.9.2014, 2 A 191/14 juris Rn. 11; VG Regensburg, GB v. 3.11.2014, a.a.O. Rn. 27 und GB v. 24.10.2014, a.a.O. Rn. 21).

34

b) Eine Umdeutung scheitert ferner daran, dass die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG nicht vorliegen. Danach kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Die Rechtsfolgen dürfen dabei für den Betroffenen nicht ungünstiger sein, § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. Das wäre bei der von der Beklagten beabsichtigten Umdeutung jedoch der Fall.

35

Die Umdeutung des auf die Zuständigkeitsbestimmung begrenzten Dublin-Bescheids in eine ablehnende Entscheidung aufgrund eines Zweitantrags gemäß § 71a AsylVfG verliehe dem Verwaltungsakt eine über die ursprüngliche Regelung weit hinausgehende materiell-rechtliche Tragweite. Denn nach Ablauf der Überstellungsfrist entfaltet die Ablehnung des Zweitantrags eine entscheidend andere Rechtswirkung.

36

Die Entscheidung im Dublin Verfahren erschöpft sich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für § 27a AsylVfG kommt es nur darauf an, ob die Beklagte nach dem Dublin-Regime für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die gleiche Frage stellt sich zunächst auch bei § 71a Abs. 1 AsylVfG, der bestimmt, dass in Deutschland nur dann ein Zweitverfahren durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik für das Zweitverfahren zuständig ist. Insoweit deckt sich während des Laufs der Überstellungsfrist die materiell-rechtliche Tragweite beider Entscheidungen, denn der materiell-rechtliche Gehalt der Entscheidung würde sich in der Aussage erschöpfen, dass die Bundesrepublik Deutschland für das jeweilige Verfahren nicht zuständig ist. Daneben würde, ebenso wie bei § 27a AsylVfG, gemäß § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Mitgliedsstaat erfolgen. Dieses Deckungsverhältnis besteht aber nur, solange sichergestellt ist, dass die Beklagte nicht zur Prüfung des Zweitantrags zuständig ist.

37

Sobald jedoch – wie hier – die Überstellungsfrist abgelaufen ist, kommt die von der Beklagten beabsichtigte Umdeutung nicht in Betracht, denn sie verändert in maßgeblicher Hinsicht die materiell-rechtliche Tragweite der Entscheidung. Ab diesem Zeitpunkt verneint der Bescheid nämlich zugleich Wiederaufgreifensgründe und zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Die Beklagte müsste nämlich im Rahmen des Zweitantrags nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen. Damit würde aber der Bescheid – ohne dass diese Prüfung vorgenommen worden wäre – ganz andere Rechtswirkungen erhalten als der ursprünglichen Ausgangsbescheid, in dem diese Vorgaben keine Rolle gespielt haben (zur Umdeutung: VG Regensburg, Urt. v. 14.11.2014, RN 5 K 14.30304, juris Rn. 35 ff.).

38

Aus dem gleichen Grund kann auch die Abschiebungsanordnung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedsstaat nach § 34a AsylVfG nicht in eine – aus Sicht der Kläger vergleichsweise ungünstigere – Abschiebungsandrohung gemäß § 34 AsylVfG in das Herkunftsland umgedeutet werden (Ziffer 2). Ein so umgedeuteter Verwaltungsakt wäre überdies nicht mehr auf das gleiche Ziel gerichtet.

39

3. Der rechtswidrige Bescheid verletzt die Kläger zu 1) und 2) in ihren Rechten. Die Rechtsverletzung folgt allerdings nicht unmittelbar aus dem Ablauf der Überstellungsfrist und dem damit erfolgten Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte. Denn die Bestimmungen der Dublin II-VO als objektive Zuständigkeitsregularien begründen grundsätzlich keine subjektiven Rechte der Antragsteller auf Durchführung des Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat (zur Rechtsprechung dieser Kammer s. nur: Beschl. v. 17.6.2014, a.a.O.; Beschl. v. 8.4.2014, a.a.O.; vgl. auch: EuGH, Urt. v. 10.12.2013, C-394/12 (Abdullahi), NVwZ 2014, 208/ juris). Allerdings berührt dieses Zuständigkeitssystem nicht das subjektive Recht eines jeden Asylbewerbers auf Durchführung eines Asylverfahrens. Sowohl nach nationalem Recht, Art. 16a Abs. 1 GG, als auch nach europarechtlichen Vorschriften, Art. 18 GRCh bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO, hat ein Ausländer, der einen Asylantrag stellt, ein subjektives öffentliches Recht darauf, dass sein Asylbegehren in der Sache bzw. nach den geltenden Vorschriften geprüft wird (so auch: VG Hamburg, Beschl. v. 8.4.2014, a.a.O.; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 30.1.2015, 2a K 3534/14.A, juris Rn. 16; zu Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG a.F.: BVerfG, Urt. v. 2.7.1980, 1 BvR 147/80, NJW 1980, 2641). Das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren nach der Dublin II-VO dient dazu, dieser Rechtsposition Geltung zu verschaffen; so soll die Verordnung die „rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten“ (Erwägungsgrund (4) der Dublin II-VO).

40

In diesem Recht sind die Kläger durch das Festhalten der Beklagten an dem rechtswidrigen Bescheid verletzt. Denn der ablehnende Bescheid steht der bei Aufhebung von Amts wegen veranlassten Pflicht zur Entscheidung über die Asylanträge im Rahmen des Entscheidungsprogramms des § 31 Abs. 2 und 3 AsylVfG, entgegen. In der Folge würde das Asylbegehren der Kläger weder in Polen noch in Deutschland materiell geprüft werden.

41

4. Für eine Anwendung der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylfolgeverfahren (BVerwG, Urt. v. 10.2.1998, 9C 28/07, BVerwGE 106, 171/ juris), nach der das Gericht die Spruchreife herbeizuführen habe, ist von vornherein kein Raum, da die Gestaltungswirkung der Anfechtungsklage auf die Aufhebung des angegriffenen Bescheids begrenzt ist.

III.

42

Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Die außergerichtlichen Kosten sind nach § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO zu teilen, da die Kläger zu 1) und 2) voll obsiegen, die Klägerin zu 3) indessen voll unterliegt. Der Anteil, zu dem die Kläger eine Kostenpflicht trifft, orientiert sich an der Baumbachschen Formel.

43

[…]

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.