Verwaltungsgericht Halle Urteil, 09. Feb. 2018 - 1 A 366/16 HAL

bei uns veröffentlicht am09.02.2018

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2016 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger stammt nach eigenen Angaben aus Afghanistan und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter.

2

Der am 20. März 1991 geborene Kläger reiste am 20. November 2015 in die Bundesrepublik ein und stellte am 21. März 2016 einen Asylantrag.

3

Zu seinem Asylbegehren gab er im behördlichen Verfahren im Rahmen seiner persönlichen Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 18. April 2016 an, er habe als Abteilungsleiter für eine Firma gearbeitet, die die afghanischen Haushalte mit Filmen versorgt habe. Er habe die Finanzen verwaltet, neue Verträge mit Kunden und Werbeverträge geschlossen. Er habe dann Anrufe bekommen, bei denen ihm gesagt wurde, dass seine Arbeit nicht islamisch sei. Die Bedrohungen seien dann immer mehr und auch stärker bis zu Todesdrohungen geworden. Auch die Mullahs in der Moschee hätten ihn angesprochen. Er habe sich auch an die Sicherheitsbehörden gewandt, die aber nichts ausrichten konnten.

4

Mit Bescheid vom 27. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als auch den Antrag des Klägers auf Asylanerkennung als unbegründet ab, erkannte dem Kläger den subsidiären Schutzstatus nicht zu und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen. Weiter forderte die Beklagte den Kläger zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Afghanistan an. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, die vorgetragene Bedrohung stelle keine gravierende Bedrohung dar. Zudem sei der Kläger kein Journalist. Da er für den Inhalt der Beiträge westlicher Sender nicht verantwortlich sei, sei für ihn eine flüchtlingsrelevante Gefährdung nicht erkennbar. Zu seinem Schutz könne er einen Rufnummernwechsel oder einen Firmenwechsel vornehmen.

5

Am 25. Juli 2016 hat der Kläger beim erkennenden Gericht Klage erhoben.

6

Zur Begründung führt er aus, er sei mit Todesdrohungen konfrontiert gewesen. Bei den nicht näher identifizierbaren Drohern habe es sich auch um Taliban gehandelt. Diese verfügten über hinreichende Ressourcen und Netzwerke, um einmal ins Visier geratene Personen wieder aufzuspüren.

7

Er sei für die Verbreitung von westlichen Fernsehprogrammen verantwortlich gewesen, so dass davon auszugehen ist, dass ihm eine westliche Gesinnung zugeschrieben würde.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, wiederum hilfsweise Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen

10

und den Bescheid der Beklagten vom 27. April 2016 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen,

13

Sie hatte Gelegenheit zur Stellungnahme.

14

Sie tritt der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Bescheides des Bundesamtes entgegen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Kammer kann durch die Einzelrichterin entscheiden, weil der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG mit Beschluss vom 29. März 2016 auf die bestellte Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen wurde.

17

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist.

18

Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 27. April 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Dem Kläger steht im hier maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 1 AsylG zu.

19

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet. Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, der nicht den Regelungen des § 3 Abs. 2 bzw. § 3 Abs. 4 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 8 AufenthG unterfällt oder der den in § 3 Abs. 3 AsylG bezeichneten anderweitigen Schutzumfang genießt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylG). Als Verfolgung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3 a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i. V. m. § 3 b AsylG) und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3 a Abs. 3 AsylG).

20

Unter dem Verfolgungsgrund der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Asylantragsteller in einer Angelegenheit, die die in § 3 c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) genannten potentiellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Antragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist (§ 3 b Abs. 1 Nr. 5 AsylG; Art. 10 Abs. 1 Buchst. e QRL). Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe reicht es aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3 b Abs. 2 AsylG; Art. 10 Abs. 2 QRL). Die Qualifikationsrichtlinie hat sich insofern an dem aus dem angloamerikanischen Rechtsraum bekannten Auslegungsprinzip der ‘imputed political opinion’ orientiert, wonach es ausreicht dass ein Verfolger seine Maßnahmen deshalb gegen den Antragsteller richtet, weil er davon ausgeht, dass dieser eine abweichende politische Überzeugung vertritt (VG München, Urteil vom 2. Dezember 2014 ‒ M 24 K 14.30759 ‒, Juris). Als politisch ist eine Überzeugung im Gegensatz zu einer rein privaten dann zu qualifizieren, wenn sie sich im weitesten Sinne auf die Auseinandersetzung um die Gestaltung des Zusammenlebens von Menschen und Menschengruppen im gesellschaftlichen und staatlichen Raum bezieht und damit einen öffentlichen Bezug hat. Der verfolgende Akteur greift auf Leib, Leben oder persönliche Freiheit des Schutzsuchenden zu, um dessen oppositionelle Einstellung zu bekämpfen.

21

Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes befindet, ist der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, der voraussetzt, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen ‒ es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (Nds. OVG, Urteil vom 19. September 2016 ‒ 9 LB 100/15 ‒, Juris S. 7 f. m. w. N.). Dabei obliegt es dem Antragsteller, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen, indem er seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorträgt. Dazu bedarf es ‒ unter Angabe der Einzelheiten ‒ einer stimmigen Schilderung des Sachverhaltes. Er muss die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse lückenlos schildern. Das Gericht muss die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals erlangen. Dabei greift zugunsten eines Betroffenen eine tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden (Nds. OVG, Urteil vom 23. November 2015 ‒ 9 LB 106/15 ‒, Juris S. 8 m. w. N.), ohne dass hierdurch jedoch der Wahrscheinlichkeitsmaßstab geändert würde (BVerwG, Urteil vom 07. September 2010 ‒ 10 C 11/09 ‒, Juris Rn. 14 f.). Diese Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt, beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen, zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal einer ernsthaften Schädigung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden ‒ auch seelischen ‒ Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2010 ‒ 10 C 5/09 ‒, Juris Rn. 21). Diese Vermutung kann widerlegt werden, indem stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit des Eintritts eines solchen Schadens entkräften).

22

Hiernach ist das Gericht davon überzeugt, dass dem Kläger bei einer eventuellen Rückkehr nach Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung drohen würde. Nach der glaubwürdigen Darstellung des Klägers ist davon auszugehen, dass er bereits vorverfolgt ausgereist ist und auch bei seiner Rückkehr nach Afghanistan massiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt wäre. Er ist in der Medienbranche tätig gewesen und dadurch als besonders gefährdet anzusehen.

23

Ausweislich seiner Ausführungen in seiner mündlichen Anhörung bei der Beklagten am 21. Juli 2016, die er in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts weiter erläutert hat, ist davon auszugehen, dass er bei seiner Rückkehr nach Afghanistan aufgrund einer Verfolgung ausgesetzt ist.

24

Das Gericht glaubt die vom Kläger geschilderte Bedrohung durch ständige Telefonanrufe mit entsprechendem Inhalt ebenso wie die Anfeindungen durch die Mullahs. Zur Überzeugung des Gerichts hat er glaubhaft dargelegt, dass diese Drohungen zurückzuführen sind auf seine berufliche Tätigkeit, durch die ihm eine politische Überzeugung und antiislamische Haltung zugeschrieben wird. Er hat in sich schlüssig und ohne Widersprüche vorgetragen, er habe mit dem Verkauf von Anschlussmöglichkeiten der Bewohner seiner Heimatstadt an das von seiner Firma angebotene Unterhaltungsprogramm, dass mit der von ihm gleichfalls verkauften Technik in den Privatwohnungen auf dem Fernseher gesehen werden konnte, den Kunden die Möglichkeit einer umfassenden Fernsehunterhaltung verschafft, die sich nicht an den Regeln des Islam orientierte, sondern den allgemeinen Fernsehwünschen der Kunden folgte und dabei insbesondere auch Filme aus dem westlichen Ausland enthielt, aber auch Werbefilme, die nicht nur für Konsumgüter warben sondern auch politische Botschaften enthielten, wie der von ihm vorgeführte Film mit dem Aufruf, sich gegen die Taliban zu wenden. Er hat zudem die Wünsche der Kunden nach bestimmten Filmen entgegengenommen, die später auch in das Programm eingestellt wurden ohne Rücksicht darauf, ob sie den Regeln des Islam entsprachen. Hierdurch hat er nachhaltig das gesendete Fernsehprogramm bestimmt und ist somit als Verantwortlicher für das Programm und die Auswahl der einzelnen Sendungen anzusehen. Er hat dabei nicht nur maßgeblich die Auswahl des zu sendenden Unterhaltungsprogramms beeinflusst, sondern ‒ etwa durch die Aufnahme politischer Werbefilme und die Entscheidung, wann diese Filme gesendet wurden ‒ zumindest nach außen den Eindruck erweckt, auch die politische Ausrichtung des Unternehmens gegen die Taliban zu bestimmen. Ihm ist daher nicht nur der Inhalt einzelner Sendungen, die er durch seine Entscheidung platziert hat, zugeschrieben worden, sondern die ‒ politische ‒ Ausrichtung der Firma insgesamt. Auch wenn er nicht ‒ wie ein Journalist ‒ eigenverantwortlich die später gesendete Beiträge geschaffen hat, wird er durch die Einflussnahme auf das durch seine Firma zur Verfügung gestellte Fernsehprogramm von außen stehenden Personen als Verantwortlicher für die Inhalte angesehen. Zugleich scheint er durch seine ständige Präsenz als Vertreter und Ansprechpartner nach Außen zugleich die Position des Repräsentanten einzunehmen. Er ist derjenige, der mit der Firma in Verbindung gebracht wird. Ähnlich wie bei einem Journalisten ist ihm der Inhalt der Sendungen und damit die politische Ausrichtung zuzuschreiben. Dadurch ist er ebenso wie ein Journalist als besonders gefährdet anzusehen (vgl. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, 9. April 2016).

25

Überzeugend hat er schließlich geschildert, wie es zu den Drohungen gekommen sei. Zunächst habe er einige Zeit nach dem Beginn seiner Tätigkeit Anrufe auf sein Handy erhalten. Diese habe er am Anfang nicht ernst genommen, später sei es dann aber zu Bedrohungen und auch zu Todesdrohungen gekommen. Auch seien die Anrufe immer häufiger gekommen und hätten ihn schließlich so stark belastet, dass er dies nicht mehr ausgehalten habe.

26

Der Kläger hat die Angaben hierzu in der mündlichen Verhandlung detailliert und widerspruchsfrei gemacht und einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Sein Vortrag wird bestätigt durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokumente und den von ihm abgespielten Antipropagandafilm. Aus der emotionalen Bewegtheit, mit der er die einzelnen Umstände in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, schließt das Gericht, dass es sich um wahre Begebenheiten handelt.

27

Es liegt damit eine Vorverfolgung des Klägers durch nichtstaatliche Akteure vor, was indiziell dafür spricht, dass seine Verfolgungsfurcht auch begründet ist. Die Beklagte hat dazu, dass der Kläger nicht erneut von Verfolgung bedroht wird, nichts stichhaltiges vorgebracht. Dass der Kläger seine frühere Tätigkeit beendet hat, lässt derartige Rückschlüsse jedenfalls nicht zu. Dadurch dass der Kläger als islamkritisch und politisch als Unterstützer der afghanischen Regierung eingeschätzt worden ist, ist er auch weiterhin gefährdet. Es ist auch davon auszugehen, dass er in Afghanistan nicht sicher ist, selbst wenn er nicht nur die Telefonnummer, sondern auch den Arbeitgeber und die Region wechselt (vgl. Anfragebeantwortung von Amnesty International an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 5. Februar 2018 (ecoi.net, abgerufen am 22. Februar 2018). Aufgrund der einbezogenen Erkenntnismittel ist davon auszugehen, dass für den Kläger kein hinreichender Schutz im afghanischen Staat erreichbar ist.

28

Die Beklagte ist daher verpflichtet, dem Kläger den Flüchtlingsschutz zuzuerkennen. Soweit der streitgegenständliche Bescheid dem entgegensteht, ist er aufzuheben. Über die Hilfsanträge braucht nicht mehr entschieden zu werden. Mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung entfällt auch die Grundlage für die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheides angeordnete Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes, so dass der Bescheid auch insoweit aufzuheben war.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO sowie § 83 b AsylG.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist od

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Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klagepartei zu 1. und der Klagepartei zu 2. die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klagepartei zu 3. die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, jedoch erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klagepartei zu 1. oder der Klagepartei zu 2. rechts- oder bestandskräftig geworden ist.

III.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV.

Die Kostenentscheidung ist für die Klagepartei vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige, der Volksgruppe der Hazara zugehörig und schiitischen Glaubens. Der Kläger zu 1. (geb. fiktiv 1.1.1985) und die Klägerin zu 2. (geb. fiktiv 1.1.1986) sind seit ... Mai 2010 verheiratet und lebten in .... Der Kläger zu 3. (geb. ....2013) ist der gemeinsame Sohn.

Die Kläger reisten ca. Mitte Mai 2013 aus Afghanistan aus. Nach ihrer Einreise am 17. Oktober 2013 in das Bundesgebiet stellten sie am 28. Oktober 2013 Asylantrag. Es erfolgte eine getrennte Befragung der Kläger zu 1. und zu 2. am 28. Oktober 2013 zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG statt. Eine Anhörung gemäß § 25 AsylVfG der Kläger durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fand nicht statt.

Die Kläger legten dem BAMF durch ihre Bevollmächtigte am 11. Februar 2014 ein umfangreiches Konvolut an Unterlagen und Dokumenten in getrennter Einzelauflistung bezüglich der Kläger vor. Die Bevollmächtigte erbat die schnellstmögliche Festsetzung eines Anhörungstermins. Sie führte aus, die Kläger zu 1. und 2. hätten sich durch ihre beruflichen und politischen Tätigkeiten in Afghanistan stark exponiert. Die Klägerin zu 2. sei Rechtsanwältin und sei über mehrere Jahre politisch tätig gewesen, u. a. als Abgeordnete des ... Regionalparlaments. Sie sei offen im Wahlkampf aufgetreten, d. h. über Wahlplakate sei ihr persönliches Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit präsent gewesen. Sie unterliege allein aufgrund der Tatsache, dass sie weiblich, Angehörige der ethnischen Minderheit der Hazara, akademisch gebildet und politisch aktiv sei, einem Verfolgungsdruck, der in mehrfacher Hinsicht an asylrechtlich relevante Tatsachen anknüpfe. Der Kläger zu 1. sei über viele Jahre für internationale Nicht-Regierungsorganisationen im Sicherheitsbereich tätig gewesen und habe auch für das afghanische Innenministerium gearbeitet. Auch er sei, insbesondere aufgrund seiner Tätigkeit für US-finanzierte Projekte der ernsthaften Gefahr ausgesetzt, zur Zielscheibe staatsfeindlicher, insbesondere islamistischer Kreise zu werden. Als gefahrerhöhend werde sich möglicherweise auch der Umstand auswirken, dass er mit einer Frau verheiratet sei, die sich in vielfacher Weise exponiert habe. Die Asylgründe der Kläger zu 1. und zu 2. gälten zu gleichen Maßen für den Kläger zu 3., da er von Verfolgungsmaßnahmen gegen seine Eltern unmittelbar selbst in seiner Existenz bedroht wäre.

Unter Hinweis auf § 75 VwGO erbat die Klägerbevollmächtigte die Fortführung des Verfahrens. Das BAMF verwies darauf, dass aufgrund der derzeitigen Arbeitsbelastung kein konkreter Anhörungstermin genannt werden könne. Das BAMF mache von seinem Recht der Priorisierung hinsichtlich anderer Herkunftsländer wie auch älterer Verfahren bezüglich des Herkunftslandes Afghanistan Gebrauch.

Die Kläger ließen durch ihre Bevollmächtigte mit Eingang am 11. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht München Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO erheben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, die Kläger als Flüchtlinge i. S. der Genfer Flüchtlingskonvention, § 3 AsylVfG anzuerkennen,

hilfsweise den Klägern subsidiären Schutzstatus hinsichtlich Afghanistan zu gewähren,

höchsthilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Kläger hätten ein schützenswertes Interesse an einer zügigen Entscheidung über ihre Asylgesuche, da ihre Asylanträge in der Sache berechtigt seine. Die bisherigen Ausführungen hierzu wurden wiederholt. Die Priorisierungsentscheidung des BAMF komme Herkunftsländern wie Serbien mit einer Anerkennungsquote in 2013 von 0,6% zugute und führe gleichzeitig zu einer längeren, grundrechtseinschränkenden Asylverfahrensdauer bei aussichtsreichen Asylverfahren, insbesondere bei Herkunftsländern mit hoher Anerkennungsquote.

Nachdem die Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten mit Beschluss vom 17. Juli 2014 auf den Einzelrichter übertragen worden war, wurde das BAMF zur Nachfristsetzung gemäß § 75 VwGO angehört. Das BAMF äußerte sich zum Vorliegen eines zureichenden Grundes für die noch nicht erfolgte Verbescheidung. Mit Beschluss vom 17. September 2014 setzte das Gericht eine Nachfrist bis zum 17. November 2014 zur Entscheidung über die Asylanträge der Kläger und setzte das Gerichtsverfahren bis zu diesem Zeitpunkt aus. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 teilte das BAMF mit, dass eine Entscheidung der Asylverfahren aufgrund der Vielzahl momentan anhängiger Asylverfahren nicht möglich sei.

Das BAMF übersandt die Behördenakte und auf gesonderte Anforderung das von den Klägern dem BAMF vorgelegte Konvolut an Unterlagen und Dokumenten.

Das Gericht hat die Kläger zu 1. und zu 2. in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2014 zu ihren Asylgründen angehört und in die vorgelegten Dokumente und Unterlagen Einsicht genommen. Die Kläger haben in der mündlichen Verhandlung ihre Gründe für die geltend gemachte Flüchtlingsanerkennung umfassend vorgetragen und hierzu insbesondere auf die eingereichten Dokumente verwiesen. Auf die detaillierten Schilderungen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 2014 wird verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klagepartei zu 1. und zu 2. haben zu dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 3 AsylVfG (in der ab 1. Dezember 2013 geltenden Fassung nach dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (BGBl I 2013, 3474); § 113 Abs. 5 VwGO).

1. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl 2013, 3474; nach Maßgabe dessen Art. 7 am1. Dezember 2013 in Kraft getreten) hat die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 v. 20.12.2011, S. 9; sog. (neuere) Qualifikationsrichtlinie, nachfolgend QRL), die die vorausgehende Qualifikationsrichtlinie RL 2004/83/EG (ABl EU Nr. L 304 v. 29. 4. 2004, S. 12) in einer überarbeiteten Fassung ablöste, umgesetzt. In diesem Zuge (vgl. Art. 1 und 2 des Umsetzungsgesetzes) wurde die bisherige Normierung in § 60 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F., die die Flüchtlingsanerkennung auf der Grundlage des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK) und den europarechtlichen Abschiebeschutz (nunmehr insgesamt als internationaler Schutz bezeichnet) betraf, zugleich in das AsylVfG transferiert. Die Neufassung der nunmehr umgesetzten Qualifikationsrichtlinie präzisiert eine Reihe von Regelungen und führt zu Statusverbesserungen für international subsidiär Schutzberechtigte (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, § 4 AsylVfG) ohne inhaltliche Änderung in Betreff der Zuerkennungsvoraussetzungen internationalen Schutzes (vgl. Gesetzentwurf BT-Drs 17/13063 A., B., Begründung A. Allgemeiner Teil, II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs, und B. Besonderer Teil, insb. zu Nummer 3 (§ 1), 6 (§ 3), 7 (§§ 3a bis 4), 19 (§ 26), 20 (§ 28), 28 (§ 40)).

In § 3 AsylVfG wird der Flüchtlingsbegriff im Wortlaut der in Art. 1 A GFK und der in der QRL enthaltenen Flüchtlingsdefinition angepasst. Die Untergliederung wurde zur besseren Lesbarkeit des Textes eingefügt. § 3a AsylVfG setzt Art. 9 QRL, § 3b AsylVfG setzt Art. 10 QRL, § 3c AsylVfG setzt Art. 6 QRL, § 3d AsylVfG setzt Art. 7 QRL, § 3e AsylVfG setzt Art. 8 QRL, § 4 AsylVfG setzt Art. 15 und 17 Abs. 2 QRL um. Die Richtlinie 2011/95/EU ist zum Inhalt des zu gewährenden Schutzes ergänzend anzuwenden.

2. Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des GFK, wenn er sich

1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet,

2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder

b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG, der nicht den Aberkennungsausnahmen nach § 3 Abs. 2 AsylVfG oder nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG unterfällt oder der den in § 3 Abs. 3 AsylVfG bezeichneten anderweitigen Schutzumfang genießt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylVfG).

3. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG, des Art. 1 A GFK und der Richtlinie 2011/95/EU gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 Buchst. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG; Art. 9 Abs. 1 Buchst. b QRL).

4. Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG i. V. m. § 3b AsylVfG) und den Verfolgungshandlungen (den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen, § 3a AsylVfG) muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylVfG; Art. 9 Abs. 3 QRL).

Unter dem Verfolgungsgrund der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Asylantragsteller (§ 13 AsylVfG) in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylVfG (vgl. Art. 6 QRL) genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob der Asylantragsteller aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist (§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylVfG; Art. 10 Abs. 1 Buchst. e QRL). Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe reicht es aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG; Art. 10 Abs. 2 QRL). Die Qualifikationsrichtlinie hat sich insofern an dem aus dem angloamerikanischen Rechtsraum bekannten Auslegungsprinzip der ‚imputed political opinion‘ orientiert, wonach es ausreicht, dass ein Verfolger seine Maßnahmen deshalb gegen den Antragsteller richtet, weil er davon ausgeht, dass dieser eine abweichende politische Überzeugung vertritt (VG Saarland v. 22.8.2013 - 3 K 16/13 - juris Rn. 16 mit Hinweis auf Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, § 15 Rn. 26; Nachweise aus der Rechtsprechung bei UNHCR, „Auslegung von Artikel 1 des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, 2001, Fußnote 54 zu Rn. 25). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Asylgrundrecht des Art. 16a GG kann eine politische Verfolgung dann vorliegen, wenn staatliche Maßnahmen gegen - an sich unpolitische - Personen ergriffen werden, weil sie der Gegenseite oder dem persönlichen Umfeld einer anderen Person zugerechnet werden, die ihrerseits Objekt politischer Verfolgung ist (BVerfG, B. v. 22.11.1996 - 2 BvR 1753/96). Dienen diese Maßnahmen der Ausforschung der Verhältnisse des Dritten, so kann ihnen die Asylerheblichkeit nicht von vornherein mit dem Argument abgesprochen werden, sie seien nicht gegen die politische Überzeugung des Betroffenen gerichtet (BVerfG, B. v. 28.01.1993 - 2 BvR 1803/92 - juris Rn. 21 - Ausführungen in Betreff von Repressalien des ägyptischen Geheimdienstes).

5. Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG ist, gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr. Dies gilt wegen der Symmetrie der Maßstäbe für Anerkennung und Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gleichermaßen. Dieser Maßstab wird vom BVerwG mit demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit gleichgesetzt (BVerwG U. v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris Rn. 20,23). Die Tatsache, dass ein Asylantragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Asylantragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Asylantragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 QRL; vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG a. F., der auf die unveränderte Vorgängernorm in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG verweist). Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei, was etwa bei einem Widerruf der zuerkannten Flüchtlingseigenschaft Relevanz hat. Bei der Beurteilung, ob eine Flüchtlingsanerkennung aufgrund anderer Tatbestände (auch Nachfluchttatbestände nach § 28 AsylVfG) als der vom Asylantragsteller vorgetragenen bzw. früher vorliegenden Tatbeständen auszusprechen ist, ist Art. 4 Abs. 4 QRL nicht anzuwenden. Im Stadium der Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling ist das Anforderungsniveau unterschiedslos gleich (EuGH, U. v. 2.3.2010 - Salahadin Abdulla - C-175/08 - juris; BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 -, BVerwGE 140, 22).

Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist (§ 28 Abs. 1a AsylVfG). Für subjektive Nachfluchttatbestände, die bereits während eines Erstverfahrens verwirklicht worden sind, greift damit keine Einschränkung. Für die Flüchtlingsanerkennung müssen diese - anders als bei der Asylanerkennung gem. § 28 Abs. 1 AsylVfG - nicht einmal auf einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung beruhen (BVerwG U.v. 18.12.2008 - 10 C 27/07 - juris Rn. 14; OVG SA U. v. 18.7.2012 - 3 L 147/12 - juris RN. 26). Auch insoweit als die begründete Furcht vor Verfolgung auf Nachfluchtgründen beruht, reicht es bei der Prüfung der Verfolgungsgründe aus, wenn diese Merkmale dem Asylantragsteller von seinem Verfolger lediglich zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylVfG; Art. 10 Abs. 2 QRL).

Hat keine Vorverfolgung entsprechend Art. 4 Abs. 4 QRL stattgefunden, so kann Schutz nach § 3 AsylVfG weiterhin nur derjenige beanspruchen, der politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat. Dabei gilt unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum inhaltsgleichen bisherigen § 60 Abs. 1 AufenthG a. F., dass eine Verfolgungsgefahr für einen nicht verfolgt Ausgereisten und damit dessen begründete Furcht vor Verfolgung nur dann vorliegt, wenn ihm bei verständiger, nämlich objektiver Würdigung der gesamten Umstände seines Falls mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung droht, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.

Entscheidend ist, ob bei „qualifizierender“ Betrachtungsweise aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann und deshalb eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint. Die Betrachtung ist weder auf einen quantitativ zu ermittelnden überwiegenden Wahrscheinlichkeitseintritt reduziert, noch ist der quantitative Aspekt ausgeschlossen. Bei der vorzunehmenden „zusammenfassenden Bewertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts“ müssen die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Maßgebend ist damit letztlich der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit. Die Zumutbarkeit bildet das vorrangige qualitative Kriterium bei der Beurteilung, ob die Wahrscheinlichkeit einer Gefahr „beachtlich“ ist. Bei quantitativ nicht überwiegender Wahrscheinlichkeit (mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50%) einer Gefahr kann eine politische Verfolgung gegeben sein, wenngleich die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht ausreicht, da ein vernünftig denkender Mensch sie außer Betracht lässt. Wenn sich aus den Gesamtumständen des Falles die reale Möglichkeit einer Verfolgung ergibt, riskiert kein verständiger Mensch die Rückkehr in das Herkunftsland. Bei der Abwägung aller Umstände bezieht der verständige, besonnen und vernünftig denkende Betrachter neben dem Alter des potentiellen Rückkehrers auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in gewissem Umfang ein. Es besteht ein erheblicher Unterschied, ob die Gefahr z. B. eines Verhörs ohne Folter, einer Inhaftierung über Stunden, Tage, Monate, Jahre, der Folter oder aber des „Verschwindenlassens“ oder der Todesstrafe droht (BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25/10 - juris; B. v. 7.2.2008 - 10 C 33/07 - juris).

6. Zur Überzeugung des erkennenden Gerichts ist sowohl die Klagepartei zu 1. als auch die Klagepartei zu 2. aufgrund der aktuellen Situation im Fall einer Rückkehr in ihr Heimatland jeweils aus eigenständigen Gründen der Gefahr einer wie oben dargestellten Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt. Staatlicher Schutz ist nicht erreichbar. Ihre Furcht vor Verfolgung i. S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG ist begründet.

Der Kläger zu 1. ist als sog. Ortskraft für die International Military Forces (IMF), vornehmlich für die US-amerikanischen Truppen und NGOs in Zusammenarbeit mit dem afghanischen Innenministerium, der APPF (Afghan Public Protection Forces) im Sicherheits-, Dolmetscher- und Projekt-Evaluierungsbereich - zuletzt sogar in herausgehobener Position - langjährig tätig gewesen. Wenngleich der Kläger zu 1. vor seiner Ausreise unmittelbar selbst keinen Angriffen oder Übergriffen seitens AGEs (Anti Government Elements) ausgesetzt war, berichtet der Kläger zu 1. glaubhaft, dass die Taliban über den Kläger zu 1. und dessen Familie Bescheid wussten und Informationen über ihn gesammelt hatten.

Die Klägerin zu 2. ist als Juristin und Abgeordnete des ... Regionalparlaments, wie auch während ihrer (abgebrochenen) Wiederkandidatur in der Öffentlichkeit im Öffentlichen Raum wahrnehmbar tätig gewesen. Daneben war sie über ihren Wahlkampf mittels Auftritten, Wahl-Plakatierung mit ihrem Konterfei wie auch über Interviews mit Fotos von ihrer Person, die im Internet Verbreitung fanden, in der breiteren Öffentlichkeit bekannt. Daneben war sie auch bei einem Fernsehsender für eine Produktionsfirma als Synchronsprecherin tätig. Die Klägerin zu 2. berichtet glaubhaft, dass sie bereits Bedrohungen, Anfeindungen und Tätlichkeiten verschiedenster Gruppen und aus verschiedensten Richtungen ausgesetzt war, die auch mit einem Brandanschlag auf die Werkstatt ihres Vaters untermauert worden waren, die sie letztlich aus Sicherheitsgründen für sich und ihre Familie dazu bewogen, ihre Wahlkampfkandidatur und ihr öffentliches Auftreten einzustellen und zu beenden.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist deshalb beim Kläger zu 1. und bei der Klägerin zu 2. zu bejahen. Das erkennende Gericht stützt seine Bewertung auf die nachfolgend dargestellten Erkenntnisse.

Nach der sich aus der Auswertung der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel ist davon auszugehen, dass beide Kläger besonders gefährdeten Personengruppen der Zivilgesellschaft Afghanistans angehören, die verstärkt, systematisch und gezielt Opfer von Anschlägen der AGE, vornehmlich der Taliban, wurden. In dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Updaten- Die aktuelle Sicherheitslage- vom 30. September 2013, wird unter 5. Menschenrechtslage: Gefährdungsprofile als besonders gefährdete Zielgruppe regierungsfeindlicher Gruppierungen oder konservativer Kreise u. a. Beschäftigte von nationalen und internationalen Organisationen und solchen der ausländischen Sicherheitskräfte angeführt, auf die Anschläge verübt werden. Vermehrt sind auch deren Familienangehörige Bedrohungen ausgesetzt (S. 17). Die Gewalt gegenüber Frauen ist in Afghanistan 2012 stark angestiegen. Insbesondere Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, wie etwa Parlamentarierinnen, Beamtinnen, Journalistinnen, Anwältinnen, Frauen- und Menschenrechtsaktivistinnen oder Lehrerinnen werden eingeschüchtert und gezielt getötet. Zu den Tätern gehören neben Angehörigen regierungsfeindlicher Gruppierungen mächtige Kommandierende, traditionelle und religiöse Machthaber, Mitglieder krimineller Banden sowie staatliche Instanzen und Autoritäten (S. 15f.) Nichts anderes geht aus dem UNHCR Bericht vom 6. August 2013 „UNHCR Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan“ hervor, dort A. 1. c), e) und g), S. 31ff. Gerade in 2012 wie auch in 2013 bis zu den jeweiligen Berichtszeitpunkten ist ein sehr starker Anstieg der Anschläge zu verzeichnen, was insbesondere auch auf die am 2. Mai 2012 von den Taliban verkündete „Al-Farooq“ Frühlingsoffensive, die im Frühjahr 2013 wiederholt wurde, zurückzuführen ist, und zum Ziel hat, gerade auch Personen in Tätigkeitsbereichen wie die Kläger zu 1. und zu 2. zu töten, um insgesamt auch andere in diesem Tätigkeitsbereich abzuschrecken und einzuschüchtern und andererseits dadurch den Einfluss und den Kontrollbereich der AGEs wieder zu erhöhen.

Der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft stehen auch nicht die Aberkennungsausnahmen nach § 3 Abs. 2 AslyVfG und § 3 Abs. 4 AslyVfG i. V. m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG entgegen. Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich und wurden von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

7. Der Klagepartei zu 3. ist als minderjährigem Kind der Klagepartei zu 1. und zu 2. die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 26 Abs. 2 i. V. m. Abs. 5 AsylVfG zu dem Zeitpunkt zuzuerkennen, in dem die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Klagepartei zu 1. oder zu 2. rechts- oder bestandskräftig geworden ist. Damit wird der in § 26 Abs. 2 AsylVfG i. V. m. Abs. 5 genannten Rechtsvoraussetzung, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für einen Elternteil unanfechtbar, d. h. im vorliegenden Fall rechtskräftig geworden sein muss, Rechnung getragen (vgl. VG Freiburg, U.v. 19.4.2006 - A 1 K 11298/05 - juris; VG Karlsruhe, U.v.27.6.2013 - A 8 K 978/11; Marx, AsylVfG, 7. Aufl., 2008, § 26, Rn. 137).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, erstrebt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.

2

Der 1976 in der Türkei geborene Kläger reiste im Dezember 1990 nach Deutschland ein und beantragte Asyl, weil ihm wegen Unterstützung der PKK in der Türkei politische Verfolgung drohe. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Köln erkannte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - den Kläger im Juli 1995 als Asylberechtigten an und stellte das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG 1990 bezüglich der Türkei fest (Flüchtlingsschutz). In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es, der Kläger habe die Türkei wegen drohender politischer Verfolgung verlassen (Vorfluchtgrund). Er habe glaubhaft dargelegt, dass er in den Verdacht geraten sei, Sympathisant der PKK zu sein. Als solchem habe ihm jedenfalls ein polizeiliches Ermittlungsverfahren und asylrechtlich erhebliche Haft und Folter gedroht. In der Türkei werde insbesondere im Polizeigewahrsam systematisch gefoltert.

3

Nachdem der Kläger im Dezember 2000 wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und zugleich die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden war, widerrief das Bundesamt mit Bescheid vom 11. Oktober 2005 die Asyl- und Flüchtlingsanerkennung des Klägers, weil er den Ausschlusstatbestand des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG erfüllt habe, und stellte ferner fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorlägen. Eine konkrete Gefahr für den Kläger, bei einer Rückkehr in die Türkei der Folter oder anderen menschenrechtswidrigen Maßnahmen unterzogen zu werden, sei nicht ersichtlich. Gegen die Strafverfolgung in der Türkei bestünden inzwischen - nach der Strafrechtsreform - keine durchgreifenden rechtsstaatlichen Bedenken. Nach den vorliegenden Erkenntnismitteln seien keine Fälle mehr bekannt geworden, in denen abgelehnte Asylbewerber in Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt worden seien.

4

Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den Widerrufsbescheid stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat dagegen den Widerrufsbescheid als rechtmäßig bestätigt und die Klage insgesamt, also auch hinsichtlich des Hilfsbegehrens auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, abgewiesen. Zur Begründung hat es insoweit ausgeführt, die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG sei zwar - anders als die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - nicht durch den Ausschlussgrund nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG ausgeschlossen. Die Voraussetzungen dieser Abschiebungsverbote lägen aber nicht vor. Insoweit komme es nicht darauf an, ob der Kläger vor seiner Ausreise bereits von Vorverfolgung betroffen gewesen sei, da allein der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit maßgeblich sei. Das Verwaltungsgericht habe seinerzeit bei der Zuerkennung des Asyls und der Flüchtlingsanerkennung angenommen, dem Kläger drohe im Rahmen des polizeilichen Ermittlungsverfahrens wegen Unterstützung der PKK asylrechtlich erhebliche Haft und Folter. Hinsichtlich der asylrechtlich erheblichen Haft bestehe jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt keine Gefährdung mehr, die auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG führe. Für die Annahme, dass dem Kläger die Gefahr der Folter auch heute noch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohe, bestünden keine Anhaltspunkte. Der Kläger sei bei seiner Ausreise erst 14 Jahre alt gewesen, seine Tätigkeit habe sich damals darauf beschränkt, als Freiheitskämpfer verkleidete türkische Soldaten mit Lebensmitteln zu versorgen in der Annahme, es handele sich tatsächlich um Freiheitskämpfer. Mittlerweile lägen diese Geschehnisse fast 18 Jahre zurück. Zwar würden abgeschobene Personen von der türkischen Grenzpolizei einer Routinekontrolle unterzogen, die eine Abgleichung des Fahndungsregisters nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalte. Nur dann, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergäben, dass der Einreisende als Mitglied oder Unterstützer der PKK bzw. einer Nachfolgeorganisation nahestehe oder schon vor der Ausreise ein Separatismusverdacht gegen ihn bestanden habe, müsse er mit einer intensiveren Befragung durch die Sicherheitsbehörden, unter Umständen auch mit menschenrechtswidriger Behandlung rechnen. Nach Lage der Dinge bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Kläger in der Türkei gefahndet werde. Ebenso wenig sei es beachtlich wahrscheinlich, dass er in der Türkei heute noch wegen Unterstützung der PKK individuell registriert sei, so dass erst recht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für Folter oder eine menschenrechtswidrige Behandlung zu verneinen sei.

5

Auf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Senat die Revision hinsichtlich des Hilfsbegehrens auf Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG, die dem subsidiären Schutz nach der Richtlinie 2004/83/EG zuzuordnen sind, zugelassen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Widerrufs der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung sowie hinsichtlich des Nichtvorliegens von sonstigen nationalen ausländerrechtlichen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG, hat der Senat die Beschwerde zurückgewiesen.

6

Der Kläger trägt zur Begründung seiner Revision im Wesentlichen vor, das Berufungsgericht habe bei der Prüfung der unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbote - hier: des Verbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG wegen konkreter Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung - zu Unrecht den Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit angewandt. Da er vorverfolgt ausgereist sei, komme ihm gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG auch im Rahmen dieser Abschiebungsverbote die Regelung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG - sog. Qualifikationsrichtlinie - zugute. Danach indiziere ein einmal erlittener Eingriff, der die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG erfülle, eine weiterhin bestehende Gefährdung des Betroffenen. Diese Indizwirkung entfalle erst, wenn sich zwischenzeitlich die Bedingungen im Heimatland grundsätzlich geändert hätten. Eine solche Veränderung sei aber nach überwiegender Rechtsprechung in der Türkei bislang nicht erkennbar. In seinem, des Klägers, Fall sei daher ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG festzustellen.

7

Die Beklagte ist - ähnlich wie der Kläger - der Auffassung, dass auch bei den unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverboten, von denen hier allein das nach § 60 Abs. 2 AufenthG in Betracht komme, die Wiederholungsvermutung nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie zu gelten habe, wenn der Ausländer vor seiner Ausreise bereits in gleicher Weise verfolgt oder von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht gewesen sei. Gleichwohl könne die Revision keinen Erfolg haben, weil eine Vorverfolgung des Klägers, zumal in Gestalt der Folter, nicht festgestellt worden sei und nach den Ausführungen des Berufungsgerichts auch mehr als fernliege. Abgesehen davon sprächen angesichts der Tatsache, dass seit der allenfalls untergeordneten Unterstützung der PKK durch den damals 14-jährigen Kläger inzwischen 18 Jahre vergangen seien, auch stichhaltige Gründe dagegen, dass er heute noch einer ähnlichen Gefahr wie zur Zeit seiner Ausreise ausgesetzt wäre.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses meint, das Berufungsgericht habe bei der Gefahrenprognose im Rahmen von § 60 Abs. 2 AufenthG zwar zutreffend den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde gelegt, es habe aber rechtsfehlerhaft die Nachweiserleichterung des § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie unberücksichtigt gelassen. Seine nur unter dem Blickwinkel der beachtlichen Wahrscheinlichkeit getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um das Eingreifen der Nachweiserleichterung abschließend zu beurteilen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil es das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint hat, ohne zu prüfen, ob dem Kläger gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU vom 30. September 2004 Nr. L 304 S. 12, ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) - sog. Qualifikationsrichtlinie - zugutekommt (1.). Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen im Berufungsurteil selbst nicht abschließend entscheiden kann, ob bei dem Kläger ein solches Abschiebungsverbot hinsichtlich der Türkei vorliegt (2.), ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Feststellung eines der unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen des Art. 15 Buchst. a bis c der Richtlinie 2004/83/EG). Hinsichtlich des Widerrufs der Asyl- und Flüchtlingsanerkennung und hinsichtlich der ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote nach nationalem Recht (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) ist das Berufungsurteil nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig geworden. Von den unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverboten kommt vorliegend nur das Abschiebungsverbot wegen drohender Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung nach § 60 Abs. 2 AufenthG (entsprechend Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG) in Betracht.

11

Für die rechtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers, das auf Feststellung eines solchen Abschiebungsverbots zielt, ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz am 29. Juli 2008 abzustellen. Deshalb sind die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) anzuwenden, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten und die Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - berücksichtigen.

12

Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (zur Entstehungsgeschichte und Auslegung dieses durch das Richtlinienumsetzungsgesetz in Umsetzung von Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG neu formulierten Abschiebungsverbots vgl. Urteil des Senats vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen, Rn. 15 ff.).

13

a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG nicht deshalb ausscheidet, weil der Kläger den Ausschlussgrund des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG erfüllt hat. Denn dieser Ausschlussgrund gilt nach dem eindeutigen Wortlaut nur für das flüchtlingsrechtliche Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG, nicht hingegen für die sonstigen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Auch die Tatsache, dass die Richtlinie 2004/83/EG für den subsidiären Schutz in Art. 17 Abs. 1 Buchst. d einen vergleichbaren Ausschlussgrund vorsieht, führt nicht dazu, dass die den Voraussetzungen des Art. 15 der Richtlinie entsprechenden Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG dem Kläger nicht zuerkannt werden könnten. Denn der deutsche Gesetzgeber hat die unionsrechtlichen Vorschriften zum subsidiären Schutz im Aufenthaltsgesetz insoweit "überschießend" umgesetzt, als er die in Art. 15 der Richtlinie enthaltenen Varianten des ernsthaften Schadens in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet und die Ausschlussgründe nach Art. 17 der Richtlinie erst auf nachgelagerter Ebene als Versagungsgründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG normiert hat (vgl. das bereits zitierte Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - a.a.O. Rn. 16). Die Verwirklichung von Ausschlussgründen nach Art. 17 der Richtlinie steht deshalb der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG nicht entgegen.

14

b) Im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG hat das Berufungsgericht bei der Prognose, ob für den Kläger in der Türkei die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, zu Recht den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde gelegt. Der für den Ausländer günstigere sog. herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit, der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht für Fälle der Vorverfolgung entwickelt und auf den Flüchtlingsschutz übertragen worden ist, war und ist im Rahmen des subsidiären Abschiebungsschutzes nicht anzuwenden. Dieser herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab hat auch in die Richtlinie 2004/83/EG keinen Eingang gefunden, sondern ist durch die Nachweiserleichterung in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie ersetzt worden, die sowohl für den Flüchtlingsschutz als auch für den subsidiären Schutz nach der Richtlinie gilt. Diese Nachweiserleichterung ist nach der vom deutschen Gesetzgeber getroffenen Regelung in § 60 Abs. 11 AufenthG auch im Rahmen der unionsrechtlich vorgezeichneten Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG anzuwenden. Als Prognosemaßstab gilt daher für diese Abschiebungsverbote - ebenso wie für die sonstigen rein nationalen Abschiebungsverbote - allein der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (zum Vorstehenden insgesamt wiederum Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - a.a.O. Rn. 18 bis 23 m.w.N.). Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen von § 60 Abs. 2 AufenthG den falschen Wahrscheinlichkeitsmaßstab angewandt, ist daher unbegründet.

15

c) Zu Recht bemängelt die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG die Regelung des § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG nicht berücksichtigt hat. Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG u.a. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchem Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind. Geht es um die Anwendung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie bei der Feststellung eines unionsrechtlich vorgezeichneten subsidiären Abschiebungsverbots, greift die Vermutung nach dieser Vorschrift ein, wenn der Antragsteller vor seiner Ausreise aus dem Heimatland einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 der Richtlinie erlitten hat oder unmittelbar von einem solchen Schaden bedroht war (Vorschädigung; vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen, Rn. 27). Eine Vorverfolgung im flüchtlingsrechtlichen Sinne reicht für das Eingreifen der Vermutung im Rahmen des subsidiären Schutzes daher nur dann aus, wenn in ihr zugleich ein ernsthafter Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie liegt, etwa wenn die Verfolgungsmaßnahme in Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung besteht. Außerdem setzt die Vermutung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie, dass der Antragsteller "erneut von einem solchen Schaden bedroht wird", einen inneren Zusammenhang zwischen der Vorschädigung und dem befürchteten künftigen Schaden voraus (Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - a.a.O. Rn. 31).

16

Ob die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie zugunsten des Klägers eingreift, hat das Berufungsgericht, das weder diese Vorschrift noch § 60 Abs. 11 AufenthG in den Urteilsgründen erwähnt hat, ersichtlich nicht geprüft. Hierzu hätte aber Anlass bestanden, da das Berufungsgericht selbst ausführt (UA S. 21), dass das Verwaltungsgericht Köln bei der Zuerkennung von Asyl und Flüchtlingsschutz an den Kläger im Urteil vom 19. März 1995 einen Vorfluchtgrund angenommen habe, weil der Kläger vor seiner Ausreise mit der Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens zu rechnen gehabt habe und ihm in diesem Rahmen nicht nur asylerhebliche Haft, sondern auch Folter gedroht habe. Dies wird vom Berufungsgericht bei seinen weiteren Ausführungen, weil aus seiner Sicht rechtlich unerheblich, auch nicht in Frage gestellt. Da in einer drohenden Folter zugleich auch ein ernsthafter Schaden im Sinne von Art. 15 Buchst. b der Richtlinie läge, könnte die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie zugunsten des Klägers eingreifen, es sei denn, dass stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass er erneut von einem solchen Schaden bedroht ist. Dies hat das Berufungsgericht nicht geprüft und festgestellt. Indem es gleichwohl das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG verneint hat, hat es deshalb Bundesrecht verletzt.

17

2. Die Berufungsentscheidung erweist sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Den Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht entnommen werden, dass es - ungeachtet der fehlerhaften Rechtsgrundlage - jedenfalls der Sache nach Umstände festgestellt hat, die ein Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie zugunsten des Klägers ausschließen. Dass es, wie die Beklagte meint, schon an einer Vorverfolgung und damit auch an einer Vorschädigung im Sinne dieser Vorschrift fehlen würde, lasst sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, das eine dem Kläger im Zeitpunkt der Ausreise drohende Folter zumindest unterstellt, keinesfalls herleiten. Auch für die Annahme, dass stichhaltige Gründe vorliegen, die die Vermutung der Wiederholung des Schadenseintritts widerlegen könnten, fehlt es an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen. Das Berufungsgericht hat seine gesamten Ausführungen zur Gefahrenprognose hierzu ersichtlich im Rahmen der Prüfung einer auch heute noch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden Folter oder menschenrechtswidrigen Behandlung gemacht und diese unter Würdigung der Auskunftslage über die Behandlung abgeschobener türkischer Staatsangehöriger und im Hinblick darauf verneint, dass der Kläger bei der Ausreise erst 14 Jahre alt gewesen sei, mittlerweile 18 Jahre vergangen seien und die Tätigkeit des Klägers sich darauf beschränkt habe, vermeintliche Freiheitskämpfer der PKK - in Wahrheit verkleidete Soldaten - mit Lebensmitteln zu versorgen. Diese allein unter dem Blickwinkel der beachtlichen Wahrscheinlichkeit getroffenen Feststellungen können vom Revisionsgericht nicht als Feststellung stichhaltiger, gegen eine Schadenswiederholung sprechende Gründe unter dem Blickwinkel von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie uminterpretiert werden. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn das Berufungsgericht die Gefahrenprognose nach dem herabgestuften Maßstab der hinreichenden Sicherheit vorgenommen und die Gefahr einer Folter oder sonstigen menschenrechtswidrigen Behandlung oder Bestrafung nach diesem Maßstab verneint hätte, wobei allerdings auch dann zu beachten wäre, dass im Einzelfall eine Beurteilung nach dem herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu einem anderen Ergebnis führen kann als die Anwendung von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - a.a.O. Rn. 23 und Beschluss vom 22. Juli 2010 - BVerwG 10 B 20.10 - juris Rn. 5).

18

Ebenso wenig reichen die bisherigen Feststellungen im Berufungsurteil aus, um das Vorliegen eines Abschiebungsverbots zugunsten des Klägers zu bejahen. Es bedarf deshalb in jedem Fall einer neuen tatrichterlichen Prüfung und Würdigung im Hinblick auf Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie, so dass das Verfahren an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.

19

3. Das Oberverwaltungsgericht wird in dem weiteren Berufungsverfahren unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie erneut prüfen müssen, ob für den Kläger die konkrete Gefahr besteht, dass er in der Türkei der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen wird. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Frage, ob der Kläger vor seiner Ausreise im Sinne von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie unmittelbar von einem ernsthaften Schaden bedroht war - die Alternative eines bereits erlittenen ernsthaften Schadens dürfte nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht in Betracht kommen -, nicht an die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, das seinerzeit den Asyl- und Flüchtlingsschutz zugesprochen hat, gebunden ist, sondern es sich auch insoweit eine eigene tatrichterliche Überzeugung gemäß § 108 Abs. 1 VwGO bilden muss. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass das Berufungsgericht sich die dortigen Feststellungen nach entsprechender Prüfung zu eigen macht. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände im Rahmen der tatsächlichen Feststellung, ob die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie widerlegt ist, kann das Berufungsgericht im Übrigen auch der Tatsache Bedeutung beimessen, dass die Türkei als Abschiebezielstaat ein Vertragsstaat der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl II 1952 S. 685) - EMRK - ist, der sich verpflichtet hat, die darin garantierten Rechte und Grundsätze zu achten (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - a.a.O. Leitsatz 2 und Rn. 29).

20

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Wegen des Kostenanteils, der auf den bereits abschließend rechtskräftig entschiedenen Teil des Verfahrens entfällt, wird auf die Kostenentscheidung und deren Begründung im Beschluss des Senats über die Nichtzulassungsbeschwerde vom 29. Juni 2009 - BVerwG 10 B 60.08 - verwiesen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.