Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Januar 2014 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. März 2015 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 197,20 EUR übersteigt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Wassergebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Wohngrundstücks A-Straße in A-Stadt. Das Grundstück ist an die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage des Zweckverbandes angeschlossen. Der Wasserzähler befindet sich in einem Schacht auf dem klägerischen Grundstück.

3

Am 3. Dezember 2012 meldete der Kläger per E-Mail einen Zählerstand 1.650 m³. Mit einer undatierten E-Mail bat der Beklagte um Überprüfung der Angabe, da der Zählerstand sehr hoch erscheine. Diese E-Mail ist dem Kläger nach seinem Vortrag nicht zugegangen.

4

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. Februar 2013 setzte der Beklagte die Trinkwassergebühr für das Jahr 2012 auf 329,98 EUR fest. Der Bescheid enthält den formularmäßigen Hinweis, dass die der Gebührenfestsetzung zugrunde gelegte Verbrauchsmenge auf einer Schätzung durch den Zweckverband beruhe.

5

Am 19. August 2013 erfolgte eine turnusgemäße Auswechselung des Wasserzählers in Abwesenheit des Klägers. Ausweislich des Wechselzettels wies der ausgebaute Wasserzähler einen Stand von 1.722 m³ aus. Eine Befundprüfung ist nicht erfolgt und gegenwärtig auch nicht mehr möglich.

6

Mit Bescheid vom 2. Januar 2014 setzte der Beklagte die Trinkwassergebühr 2013 auf 1.814,09 EUR (brutto) fest. Der Festsetzung wurde ein Verbrauch von 902 m³ Trinkwasser zu Grunde gelegt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2014 – zugestellt am 27. März 2014 – zurück.

7

Am Montag, den 28. April 2014 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei teilweise rechtswidrig. Die der Festsetzung zugrunde liegende Ermittlung des Wasserverbrauchs sei fehlerhaft. Obwohl der Kläger für das Jahr 2012 einen Zählerstand von 1.650 m³ gemeldet habe, was unter Berücksichtigung des Anfangszählerstandes per 1. Januar 2012 von 706 m³ einen Jahresverbrauch von 944 m³ ergeben hätte, habe der Beklagte der Festsetzung für 2012 einen Jahresverbrauch von nur 137 m³ zu Grunde gelegt. Dieser Verbrauch sei bestandskräftig festgestellt. Es sei unzulässig, den Differenzbetrag von 807 m³ dann der Festsetzung für das Jahr 2013 zugrunde zu legen. Insoweit genieße er Vertrauensschutz. Dass die Festsetzung der Trinkwassergebühr trotz seiner Zählerstandsmeldung auf einer Schätzung beruhe, sei dem Kläger nicht bewusst gewesen. Er habe insoweit keinen Anlass zu einer vertieften Prüfung des Gebührenbescheides gehabt, da sich die Festsetzung im Rahmen des Üblichen gehalten habe.

8

Der Kläger beantragt – sinngemäß –,

9

den Bescheid des Beklagten vom 2. Januar 2014 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. März 2015 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung den Betrag von 197,20 EUR übersteigt.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er ist der Auffassung, der streitgegenständliche Bescheid könne hinsichtlich der Verbrauchsmenge von 807 m³ in einen Nacherhebungsbescheid für das Jahr 2012 umgedeutet werden. Ein der Nacherhebung entgegen stehendes Vertrauen sei nicht begründet worden. Spätestens mit dem Zugang des Wechselprotokolls vom 19. August 2013 hätte dem Kläger klar sein müssen, dass der Wasserverbrauch erheblich zugenommen habe.

13

Mit Beschluss vom 15. Juni 2016 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

15

Der Rechtsstreit kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 8. Mai 2014 bzw. 20. Mai 2014 ihr Einverständnis (§ 101 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO) erklärt haben.

II.

16

Streitgegenstand ist die Klage mit dem oben ersichtlichen Teilaufhebungsantrag. Einen ausdrücklichen Klageantrag hat der Kläger nicht gestellt. Der in der Klagebegründung enthaltenen Wendung, die Bescheide seien aufzuheben und durch eine neue Berechnung zu ersetzen, kann entnommen werden, dass der Kläger die Festsetzung für das Jahr 2013 nicht insgesamt infrage stellt, sondern nur insoweit angreift, als darin ein die Menge von 95 m³ übersteigender Verbrauch zugrunde gelegt wird.

III.

17

1. Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Gebührenbescheid ist im Umfang der Anfechtung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

18

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung (Wasserversorgungsgebührensatzung - WVGS) vom 19. Dezember 2012. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung werden nicht geltend gemacht, sie drängen sich auch nicht auf (vgl. zu der bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Gebührensatzung: VG Greifswald, Urt. v. 27.11.2014 – 3 A 287/13 –, juris). Die Rechtsanwendung durch den Beklagten ist dagegen fehlerhaft.

19

a) Die Verbrauchsmenge ist nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Der Festsetzung wurde ein Verbrauch von 902 m³ Trinkwasser zu Grunde gelegt. Dies ist fehlerhaft, denn tatsächlich hat der Kläger im Jahre 2013 nur 95 m³ Trinkwasser verbraucht. Bei einer Verbrauchsmenge von 95 m³ und einem Gebührensatz von 1,94 EUR/m³ (§ 3 Abs. 2 WVGS) ergibt sich die vom Kläger nicht angegriffene Trinkwassergebühr von 184,30 EUR (netto) bzw. 197,20 EUR (brutto).

20

Der Differenzbetrag von 807 m³ erklärt sich aus dem Umstand, dass der Beklagte den vom Kläger für das Jahr 2012 gemeldeten Verbrauch von 944 m³ (Zählerstand 1.650 m³ bei einem Anfangszählerstand von 706 m³) im Rahmen der Verbrauchsabrechnung 2012 nicht vollständig berücksichtigt und nur einen geschätzten Verbrauch von 137 m³ zugrunde gelegt hat. Der Sache nach hat der Beklagte einen Wasserverbrauch von 807 m³ aus dem Jahre 2012 dem Jahr 2013 zugeordnet.

21

Dies ist unzulässig. Zwar zwingt der Umstand, dass die Zusatzgebühr gemäß § 5 Abs. 1 Satz 4 WVGS jeweils mit dem Beginn des Kalenderjahres entsteht, nicht zu einem damit deckungsgleichen Erhebungszeitraum. Daher ist auch eine vom Kalenderjahr abweichende „rollierende“ Erhebung (z.B. für den Zeitraum April bis einschließlich März des Folgejahres) zulässig. Denn maßgeblich ist für die Gebührenerhebung allein, ob die konkrete Gebührenschuld nach den einschlägigen satzungsrechtlichen Bestimmungen für den gesamten Erhebungszeitraum entstanden ist. Allerdings fordert § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V, wonach die Gebühr nach Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen ist, dass die Verbrauchsmenge für den jeweiligen Erhebungszeitraum ermittelt wird. Dem wird die vom Beklagten vorgenommene Verlagerung eines Teils der Verbrauchsmenge in das Jahr 2013 – der Sache nach handelt es sich um eine verdeckte Nacherhebung für das Jahr 2012 – nicht gerecht.

22

b) Auch eine Umdeutung des streitgegenständlichen Gebührenbescheides in einen Nacherhebungsbescheid scheidet aus. Zwar kann eine Umdeutung auch durch das Gericht erfolgen (Brockmeyer in: Klein, AO, 11. Auflage 2012, § 128, Rn. 7 m.w.N.), denn die Umdeutung ist ein Akt der Erkenntnis und kein - allein der Behörde vorbehaltener - Verwaltungsakt. Die Bestimmung des § 128 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) steht einer Umdeutung nicht entgegen, da die Geltendmachung des Gebührenanspruchs nicht im Ermessen des Beklagten steht. Nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 128 Abs. 1 Satz 1 AO kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor, da der Gebührenbescheid auch als Nacherhebungsbescheid rechtswidrig wäre.

23

Zwar ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass eine Nacherhebung von Benutzungsgebühren zulässig ist (VG Greifswald, Urt. v. 04.07.2011 – 3 A 346/08 –, juris Rn. 22 ff.) und dass der Kläger im Jahr 2012 944 m³ Trinkwasser und nicht – wie in dem Gebührenbescheid für 2012 zugrunde gelegt – nur 137 m³ Trinkwasser verbraucht hat. Insbesondere kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht von einer Fehlfunktion des Wasserzählers ausgegangen werden. Diese Frage ist vielmehr offen und kann auch nicht mehr geklärt werden, da der Wasserzähler zwischenzeitlich ausgetauscht und überholt worden ist. Die nach § 20 der Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über den Anschluss an die öffentlichen Wasserversorgungsanlagen und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) vom 5. April 2000 i.d.F. der 1. Änderung vom 20. März 2008 zur Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Wasserzählers vorgesehene Durchführung einer Befundprüfung ist damit nicht mehr möglich. Die Nichterweislichkeit dieser Frage wirkt sich zu Lasten des Klägers aus (eingehend: VG Greifswald, Urt. v. 27.11.2014 – 3 A 287/13 –, juris Rn. 18 ff.).

24

Die Rechtswidrigkeit der Nacherhebung folgt jedoch aus dem Umstand, dass durch das Verhalten des Beklagten ein Vertrauen des Klägers entstanden ist, das diesen daran gehindert hat, rechtzeitig Einwände gegen den Gebührenanspruch geltend zu machen. Der Beklagte hat in Kenntnis der Zählerstandsmeldung des Klägers vom 3. Dezember 2012 der Verbrauchsmengenermittlung nicht den vom Kläger angegebenen Betrag, sondern einen geschätzten (geringeren) Betrag zu Grunde gelegt hat. Für diese Schätzung bestand kein Raum. Wenn der Beklagte die Gebührenfestsetzung auf Basis einer (aus Sicht des Klägers) günstigen Verbrauchsschätzung vornimmt, obwohl ihm die (aus Sicht des Klägers) ungünstigen tatsächlichen Verbrauchsdaten vorliegen – die Richtigkeit der Zählerstandsangabe vom 3. Dezember 2012 wird durch das Wechselprotokoll vom 19. März 2013 indirekt bestätigt –, so muss er sich daran jedenfalls dann festhalten lassen, wenn der Kläger dadurch einen Nachteil bei der Wahrung seiner Rechte erleidet. Dies ist hier der Fall: Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass er mit Blick auf die Höhe der Gebührenfestsetzung für das Kalenderjahr 2012 keinen Anlass hatte, an der ordnungsgemäßen Funktion des Wasserzählers zu zweifeln. Die E-Mail, mit der der Beklagte den Kläger um eine Überprüfung seiner Angabe gebeten hatte, ist dem Kläger nach seinem unwidersprochenen Vortrag nicht zugegangen. Damit ist ihm durch die unzulässige Schätzung der Verbrauchsmenge die zum damaligen Zeitpunkt noch bestehende Möglichkeit genommen worden (zum zeitlichen Rahmen vgl. VG Greifswald, a.a.O. Rn. 22), eine Befundprüfung des Wasserzählers zu veranlassen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte dem Kläger am 19. August 2013 das Wechselprotokoll mit dem Ausbau-Zählerstand 1.722 m³ zugeleitet hat. Denn dieser Zählerstand gab lediglich den aus Sicht des Klägers üblichen Verbrauch im Zeitraum Januar bis August 2013 wieder.

25

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 15. Juni 2016 - 3 A 397/14 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 128 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts


(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden kön

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 27. Nov. 2014 - 3 A 287/13

bei uns veröffentlicht am 27.11.2014

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe de

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 07. Apr. 2011 - 3 A 346/08

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Wassergebühren.

2

Das Grundstück der Kläger ist an die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage des Zweckverbandes angeschlossen. Der Wasserzähler befindet sich in einem Schacht auf dem klägerischen Grundstück in einer Entfernung von etwa 40 m von der Grundstücksgrenze. Das an die Trinkwasserleitung angeschlossene Wohnhaus der Kläger liegt etwa 250 m vom Schacht entfernt. Die dazwischen gelegene Milchviehanlage ist stillgelegt und nicht mehr an die Wasserversorgungsanlage angeschlossen.

3

Mit Bescheid vom 3. Januar 2013 zog der Beklagte den Kläger zu 1. für die Verbrauchsstelle ehemalige Milchviehanlage zu Trinkwassergebühren 2012 i.H.v. 1.173,89 EUR heran. Grundlage der Gebührenberechnung ist u.a. der Zählerstand des am 28. Februar 2012 turnusgemäß ausgewechselten Wasserzählers Nr. X. Dieser zeigte eine Gesamtverbrauchsmenge von 3.521 m³ an, was einem Verbrauch von 412 m² in dem Zeitraum 1. Januar 2012 bis 27. Februar 2012 entspricht. Im verbleibenden Abrechnungszeitraum zeigte der neu eingebaute Zähler einen Verbrauch von 151 m³ an.

4

Eine von den Klägern telefonisch erbetene Befundprüfung lehnte der Beklagte ab und führte zur Begründung aus, dass eine Überprüfung nicht mehr erfolgen könne, weil der Zähler nach dem Ausbau überholt worden sei und neu verwendet werde.

5

Den gegen die Gebührenfestsetzung gerichteten Widerspruch des Klägers zu 1. wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2013 zurück.

6

Am 22. April 2013 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, der am 28. Februar 2012 ausgewechselte Wasserzähler habe nicht ordnungsgemäß funktioniert und einen zu hohen Verbrauch angezeigt. Leckageverluste seien auszuschließen.

7

Die Kläger beantragen,

8

den Bescheid des Beklagten vom 3. Januar 2013 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 22. März 2013 aufzuheben.

9

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

13

1. Die Klage der Klägerin zu 1. ist unzulässig. Der Klägerin zu 1. fehlt die nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderliche Klagebefugnis, weil sie nicht Adressatin des angefochtenen Bescheides ist.

14

2. Die zulässige Klage des Klägers zu 2. ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

15

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung (Wasserversorgungsgebührensatzung - WVGS) vom 9. März 2011.

16

Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung werden vom Kläger zu 1. nicht geltend gemacht. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid festgesetzte Mengengebühr basiert auf dem in § 3 Abs. 2 WVGS normierten Gebührensatz. Die Verbrauchsmenge ist ordnungsgemäß ermittelt worden. Nach § 2 Abs. 3 WVGS erfolgt dies durch Pauschale oder – wie hier – mittels einer Messeinrichtung. Anhaltspunkte dafür, dass der Zählerstand nicht ordnungsgemäß abgelesen worden ist, bestehen nicht. Der Einwand des Klägers zu 1., der ausgewechselte Zähler habe den tatsächlichen Verbrauch nicht ordnungsgemäß gemessen, verfängt nicht.

17

Soweit er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, der am 28. Februar 2012 ausgewechselte Zähler habe die Verbrauchsmenge nicht ordnungsgemäß gemessen, weil er für die Verbrauchsstelle zu groß bemessen sei, verfängt nicht. Zwar trifft es zu, dass nach dem von den Klägern vorgelegten Einbaunachweis/Wechselzettel für Wasserzähler vom 27. März 2006 ein (überdimenisionierter) Zähler Qn 2,5 eingebaut worden sein soll. Dies stimmt allerdings nicht mit dem Einbaunachweis vom 28. Februar 2012 überein, wonach ein mit gleicher Zählernummer versehener Zähler Qn 1,5 ausgebaut worden ist. Da es sich bei dem am 28. Februar 2012 ausgebauten Zähler unstreitig um einen sog. Funkzähler handelt und der Beklagte für Einfamilienhäuser nur Funkzähler mit der Größe Qn 1,5 verwendet – was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist –, ist davon auszugehen, dass es sich bei der Angabe „Qn 2,5“ in dem Einbaunachweis/Wechselzettel für Wasserzähler vom 27. März 2006 um einen Schreibfehler handelt.

18

Von einer Fehlfunktion des Wasserzählers kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Diese Frage ist vielmehr offen und kann auch nicht mehr geklärt werden. Ihre Nichterweislichkeit wirkt sich zu Lasten des Klägers zu 1. aus. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Nach § 19 Abs. 2 der Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über den Anschluss an die öffentlichen Wasserversorgungsanlagen und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS) vom 5. April 2000 i.d.F. der 1. Änderung vom 20. März 2008 gilt die von der Messeinrichtung ordnungsgemäß angezeigte Wassermenge stets als zahlungspflichtig verbraucht, gleichwohl, ob sie nutzbringend verwendet oder ungenutzt, etwa durch schadhafte Leitungen, offenstehende Zapfstellen oder Rohrbrüche hinter der Messeinrichtung verloren gegangen sind.

19

Diese Bestimmung ist wirksam. Der darin normierte Einwendungsausschluss ist mit dem mit dem in § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V normierten Gebot der leistungsgerechten Differenzierung zu vereinbaren, wenn die Messeinrichtung – wie hier – im Bereich der Anlage des Grundstückseigentümers (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 WVS) installiert ist, denn hier ist nach der letztgenannten Bestimmung der Grundstückseigentümer für die ordnungsgemäße Unterhaltung der Anlage verantwortlich. Fehler, die im Verantwortungsbereich des Grundstückseigentümers auftreten, können keinen Einwand gegen den Gebührenanspruch des Wasserversorgers begründen.

20

Auch die Voraussetzungen der Norm liegen vor. Anhaltspunkte dafür, dass der zum Ausbauzeitpunkt sechs Jahre alte Wasserzähler den eichrechtlichen Vorschriften nicht entsprochen hat (vgl. § 19 Abs. 1 WVS), sind nicht ersichtlich. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wassermenge von der Messeinrichtung fehlerhaft angezeigt worden ist. Weil (nur) die ordnungsgemäße Funktion des Zählers zu dem Einwendungsausschluss führt, bestimmt § 20 Abs. 1 Satz 1 WVS als Korrelat hierzu, dass der Grundstückseigentümer jederzeit die Nachprüfung der Messeinrichtungen durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfbehörde im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes verlangen kann. Eine solche Prüfung ist vorliegend nicht erfolgt und kann auch nicht mehr erfolgen, da der Wasserzähler zwischenzeitlich überholt worden ist.

21

Dies wirkt sich zu Lasten des Klägers zu 1. aus, denn er hätte die Prüfung rechtzeitig – spätestens unmittelbar nach dem Ausbau des Zählers – beantragen müssen. Zudem muss der Beklagte einem solchen Verlangen nur nachkommen, wenn sich der Grundstückseigentümer verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, falls die Abweichung die gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen nicht überschreitet (§ 20 Abs. 2 WVGS; vgl. VGH München, Urt. v. 17.09.1998 – 23 B 96.1607 –, juris Rn. 33). Zwar ist die zitierte Entscheidung zu § 19 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) ergangen. Die Erwägungen sind auf § 20 Abs. 2 WVS dennoch übertragbar, weil die Bestimmung wegen der Maßgaben in § 35 Abs. 1 erster Hs. AVBWasserV (beinahe) wortlautidentisch mit § 19 Abs. 2 AVBWasserV gefasst worden ist (so offenbar auch VGH München, Urt. v. 24.07.1997 – 23 B 94.2165 –, juris Rn. 25).

22

Das Risiko, dass eine Fehlfunktion des Wasserzählers wegen einer zu spät beantragten Befundprüfung nicht mehr festgestellt werden kann, trägt der Gebührenschuldner. Für diese Risikozuweisung ist zunächst maßgeblich, dass den öffentlichen Aufgabenträger in Ansehung ausgebauter Wasserzähler keine Aufbewahrungspflicht trifft, wenn keine Befundprüfung beantragt wurde und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Wasserzählers bestehen. Aus Kostengründen und damit nicht zuletzt im Interesse der Gebührenpflichtigen darf der öffentliche Aufgabenträger Wasserzähler (nach einer Überholung) weiterverwenden. Zudem ist eine Befundprüfung nur sinnvoll, wenn sie unmittelbar nach dem Ausbau erfolgt, da ein funktionsloser Wasserzähler austrocknet und seine Eigenschaften dadurch so verändert werden, dass eine Befundprüfung keine Rückschlüsse auf die Einhaltung der Verkehrsfehlergrenzen erlaubt. Das Gericht folgt hier den plausiblen Ausführungen des Mitarbeiters des Beklagten L. in der mündlichen Verhandlung.

23

Ausschlaggebend kommt hinzu, dass es die Sache des Gebührenschuldners ist, den Zählerstand regelmäßig zu kontrollieren. Eine solche Kontrolle ist ihm ohne weiteres möglich und zumutbar. Auffällige Verbrauchszunahmen oder –schwankungen können bei einer regelmäßigen Kontrolle frühzeitig erkannt werden und Anlass für eine Ursachenermittlung sein. Dem entspricht die in § 20 Abs. 1 Satz 1 WVS normierte Befugnis des Anschlussberechtigten, „jederzeit“ die Nachprüfung der Messeinrichtung durch eine Eichbehörde oder eine staatliche anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes zu verlangen. Dabei wird nicht verkannt, dass es keine Rechtspflicht des Gebührenschuldners zu einer regelmäßigen Zählerkontrolle gibt. Bei der regelmäßigen Zählerkontrolle handelt es sich vielmehr um eine Obliegenheit, deren Verletzung dazu führt, dass den Gebührenschuldner das Nichterweislichkeitsrisiko trifft.

24

Sonstige Anhaltspunkte, die zwingend auf eine Fehlfunktion des Wasserzählers schließen lassen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht aus dem Umstand, dass sich der Wasserverbrauch nach dem Zählerwechsel wieder auf die übliche Menge eingestellt hat. Der im Vergleich zum übrigen Abrechnungszeitraum auffällig hohe Verbrauch in den Monaten Januar und Februar 2012 kann auf Ursachen beruhen (offene Zapfstellen usw.), nicht nichts mit einer Fehlfunktion des Wasserzählers zu tun haben.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. In einer Vielzahl von Streitigkeiten wird der Einwand einer Fehlfunktion des Wasserzählers erhoben. Dabei ist die Frage ungeklärt, wen das Risiko trifft, dass eine Befundprüfung durch Zeitablauf unmöglich wird.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Finanzbehörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für die betroffene Person ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 91 ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Gebühren für Trinkwasser und Schmutzwasser.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Hausgrundstücks P.. Das Grundstück ist an die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung angeschlossen, die der Beklagte als öffentliche Einrichtung betreibt.

3

Die Klägerin teilte Ende 2006 den im Wege der Selbstablesung ermittelten Zählerstand mit „77799,X“ mit. Mit Bescheid vom 15.01.2007 setzte der Beklagte daraufhin für den Zeitraum vom 28.10.2005 bis zum 31.12.2006 Wassergebühren in Höhe von 141,37 Euro fest und ging dabei von einem Zählerstand von sieben Kubikmetern und einem Frischwasserverbrauch von zwei Kubikmetern aus. Am 02.01.2008 ermittelte die Klägerin einen Zählerstand von 77 Kubikmetern, der bei einer umgehend erfolgten Kontrollablesung durch den Beklagten bestätigt wurde. Mit Bescheid vom 15.01.2008 (Belegnummer VR) setzte der Beklagte für den Zeitraum 2007 Trinkwassergebühren in Höhe von 156,50 Euro und Schmutzwassergebühren in Höhe von 237,88 Euro fest. Der Festsetzung lag ein angenommener Frischwasserverbrauch von 70 Kubikmetern zugrunde. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 zurück.

4

Am 11.03.2008 hat die Klägerin insoweit Klage erhoben (Az.: 3 A 346/08).

5

Mit Bescheid vom 13.01.2009 (Belegnummer VR) setzte der Beklagte für den Zeitraum 2008 Trinkwassergebühren in Höhe von 71,79 Euro und Abwassergebühren in Höhe von 48,95 Euro bei einem festgestellten Verbrauch von einem Kubikmeter fest. Den Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.009 zurück.

6

Am 26.03.2009 hat die Klägerin auch insoweit Klage erhoben (Az.: 3 A 305/09). Das Gericht hat die Verfahren 3 A 346/08 und 3 A 305/09 mit Beschluss vom 07.04.2011 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

7

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Wohnung P. stehe seit Januar 2004 leer und werde nicht mehr benutzt. Ein Wasserverbrauch finde nicht statt. Offenbar handele es sich um einen Ablesefehler aus dem Vorjahr, in dem statt des Zählerstandes von 77 Kubikmetern nur sieben Kubikmetern berücksichtigt worden seien. Der Bescheid vom 13.01.2009 enthalte eine erneute Festsetzung der Gebühren aus dem Vorjahr.

8

Die Klägerin beantragt,

9

den Bescheid des Beklagten vom 15.01.2008 (Belegnummer VR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 und den Bescheid des Beklagten vom 13.01.2009 (Belegnummer VR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2009 aufzuheben.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Es sei rechtlich unerheblich, falls die Verbrauchsmenge von 70 Kubikmetern dem Vorjahr zuzurechnen gewesen sein sollte. Soweit sich die Klägerin gegen die Mitteilung einer Restforderung im Bescheid vom 13.01.2009 wende, betreffe das den Klagegegenstand aus dem Bescheid vom 15.01.2008.

13

Die Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

1. Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

16

2. Die Klage bleibt ohne Erfolg. Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

17

a) Soweit sich die Klage mit einem Anfechtungsantrag gegen die Mitteilung einer Restforderung in Höhe von 290,38 Euro im Bescheid vom 13.01.2009 wendet, ist sie unzulässig. Es fehlt insoweit mangels Regelungswirkung an einem Verwaltungsakt als Klagegegenstand. Die Festsetzung des Zahlbetrages und die Zahlungsaufforderung sind bereits mit Bescheid vom 15.01.2008 bzw. hinsichtlich der darin aufgeführten Restforderung von 13 Euro in einem früheren Bescheid erfolgt. Es handelt sich um eine bloße Mitteilung einer Restforderung nach Art eines Kontoauszuges, die keine erneute Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.04.2003 - 3 A 122/01, zit. n. juris; zur Auslegung der Regelungsgegenstände eines Gebührenbescheides auch OVG Weimar, Beschl. v. 26.07.2005 - 4 EO 131/02, zit. n. juris).

18

b) Die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung bilden die Satzungen über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die öffentliche Wasserversorgung des Wasserzweckverbandes Malchin-Stavenhagen vom 09.09.2006 und vom 10.12.2007 sowie die Satzungen des Wasserzweckverbandes Malchin-Stavenhagen über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung vom 14.12.2005 und vom 10.12.2007. Diese Satzungen sind nach jetzigem Erkenntnisstand des Gerichts wirksam, auch die Klage bringt insoweit nichts Gegenteiliges vor.

19

c) Auch die Rechtsanwendung im Einzelfall geschah rechtmäßig. Der Beklagte durfte für den Erhebungszeitraum 2007 bei der Ermittlung der Mengengebühr von einem Frischwasserverbrauch von 70 Kubikmetern ausgehen.

20

aa) Ist die Wassergebühr nach dem von einem Wasserzähler angezeigten Wasserverbrauch zu bemessen und ermächtigt die Satzung zur Schätzung des Wasserverbrauchs nur dann, wenn eine satzungsrechtlich vorgesehene Zählerprüfung eine die Verkehrsfehlergrenzen überschreitende Messungenauigkeit ergeben hat, so ist der Wasserabgabesatzung die unwiderlegbare Vermutung zu entnehmen, dass der Wasserzähler in dem zurückliegenden Ablesezeitraum den Wasserverbrauch richtig angezeigt hat. Eine solche nicht widerlegbare Vermutung rechtfertigt sich aus Gründen einer praktikablen Handhabung der Gebührenerhebung (VGH Mannheim, Urt. v. 08.10.1987 - 2 S 1997/85; zustimmend Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Juni 2010, § 6, Anm. 12).

21

So liegt es hier. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 der Satzung über die Versorgung der Grundstücke mit Wasser und den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage des Wasserzweckverbandes Malchin-Stavenhagen vom 14.12.2005 (Wasserversorgungssatzung 2005) stellt der Wasserzweckverband die verbrauchte Trinkwassermenge durch Messeinrichtungen fest, die den eichrechtlichen Vorschriften entsprechen müssen. Der Anschlussberechtigte kann jederzeit die Nachprüfung der Messeinrichtungen verlangen (§ 21 Abs. 1 Wasserversorgungssatzung). Wenn die verbrauchte Trinkwassermenge (deshalb) nicht ermittelt werden kann, ist der Wasserzweckverband berechtigt, diese zu schätzen (§ 2 Abs. 3b Gebührensatzung Trinkwasser). Die für die Erhebung der Trinkwassergebühren zugrunde gelegte Menge ist auch für die Mengengebühr Schmutzwasser maßgeblich (§ 14 Abs. 2 Satz 5 Beitrags- und Gebührensatzung Abwasser). Geht man also davon aus, dass der Zählerstand bei Beginn des Abrechnungszeitraums 2007 bei sieben Kubikmetern lag – wofür sprechen könnte, dass die Klägerin gegen den Bescheid vom 15.01.2007 nichts geltend gemacht hat – war der Wasserverbrauch mit 70 Kubikmetern anzusetzen. Ohne dass es darauf ankommt, wird darauf hingewiesen, dass ein solcher Verbrauch auch tatsächlich bei einer ungenutzten Wohnung auftreten kann, etwa durch unbemerkt gebliebene Leckagen oder einen tropfenden Wasserhahn bzw. eine defekte Toilettenspülung.

22

Doch selbst wenn man annehmen wollte, dass hier ein Ablesefehler vorlag und die Messeinrichtung bereits zum Anfang des Verbrauchszeitraums 2009 einen Stand von 77 Kubikmetern aufwies, wäre der Bescheid vom 15.01.2008 nicht zu beanstanden. Dies zugrunde gelegt, würde es sich bei der streitigen Gebührenfestsetzung zwar teilweise um eine (verkappte) Nacherhebung für eine oder mehrere Abrechnungsperioden handeln. Dies ist jedoch unschädlich, da eine Nacherhebung von Benutzungsgebühren zulässig ist (VG Greifswald, Urt. v. 01.04.2009 – 3 A 658/06, n.v.).

23

Insbesondere steht die Bestandskraft der Gebührenbescheide für die abgelaufenen Abrechnungsperioden einer der Nacherhebung für diesen Zeitraum nicht entgegen. Zwar sind über die Verweisung in § 12 Abs. 1 KAG M-V die §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO) über die nachträgliche Aufhebung und Änderung von bestandskräftigen Steuerbescheiden entsprechend anwendbar. Nach Auffassung der Kammer stehen diese Vorschriften aber einer Nachveranlagung nicht entgegen, weil durch den Nacherhebungsbescheid die früheren Gebührenbescheide nicht im Sinne der genannten Vorschriften aufgehoben oder abgeändert, sondern lediglich der Gebührenanspruch ausgeschöpft wird (vgl. die Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Mai 2008, § 12 Anm. 50.2.2).

24

Die Gegenauffassung, wonach auch ein Nacherhebungsbescheid in den Geltungsbereich der §§ 172 ff. AO falle, weil das Gebührenschuldverhältnis durch diesen Bescheid neu geregelt werde, so dass aus Sicht des Betroffenen eine Änderung der ursprünglichen Heranziehung eintrete (siehe Aussprung a.a.O., Anm. 50.2.1), überzeugt nicht. Sie berücksichtigt nicht genügend das den Entgeltabgaben zugrunde liegende Prinzip von Leistung und Gegenleistung. Die §§ 172 ff. AO basieren auf einem vorrangigen Vertrauensschutz gegenüber bestandskräftigen Steuerbescheiden, wobei Steuern grundsätzlich ohne Gegenleistung geschuldet werden. Für kommunale Entgeltabgaben, jedenfalls Gebühren und Beiträge, trifft der Sinngehalt des § 172 AO nicht in annäherndem Maße zu wie für Steuern. Bei Entgeltabgaben steht die Zahlungspflicht in unmittelbarer Beziehung zu einer von der Allgemeinheit erbrachten Leistung. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, dass eine fehlerhafte Abgabenfestsetzung nicht innerhalb der Festsetzungsfrist auch zu Lasten des Abgabenschuldners behoben werden sollte. Dabei ist zu beachten, dass Entgeltabgaben vorzugsweise bei kostenrechnenden Einrichtungen erhoben werden und dass die Unabänderbarkeit fehlerhafter Bescheide, die Gebühren oder Beiträge zu niedrig festgesetzt haben, zu einem Defizit führen würden, dass entweder durch Abgabenerhöhung von den übrigen Benutzern der Einrichtung, oder vom Steuerzahler getragen werden müsste (vgl. zur Nacherhebung im Anschlussbeitragsrecht OVG Greifswald, Urt. v. 15.12.2009 - 1 L 323/06, zit. n. juris; VG Greifswald, Beschl. v. 27.02.2006 - 3 B 3023/05, n.v.).

25

bb) Andere Einwendungen zur Rechtsanwendung insbesondere zum Bescheid vom 13.01.2009 macht die Klage nicht geltend, sie drängen sich dem Gericht auch nicht auf, so dass von weiteren Darlegungen abgesehen wird.

26

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Es bestehen keine Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Wassergebühren.

2

Das Grundstück der Kläger ist an die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage des Zweckverbandes angeschlossen. Der Wasserzähler befindet sich in einem Schacht auf dem klägerischen Grundstück in einer Entfernung von etwa 40 m von der Grundstücksgrenze. Das an die Trinkwasserleitung angeschlossene Wohnhaus der Kläger liegt etwa 250 m vom Schacht entfernt. Die dazwischen gelegene Milchviehanlage ist stillgelegt und nicht mehr an die Wasserversorgungsanlage angeschlossen.

3

Mit Bescheid vom 3. Januar 2013 zog der Beklagte den Kläger zu 1. für die Verbrauchsstelle ehemalige Milchviehanlage zu Trinkwassergebühren 2012 i.H.v. 1.173,89 EUR heran. Grundlage der Gebührenberechnung ist u.a. der Zählerstand des am 28. Februar 2012 turnusgemäß ausgewechselten Wasserzählers Nr. X. Dieser zeigte eine Gesamtverbrauchsmenge von 3.521 m³ an, was einem Verbrauch von 412 m² in dem Zeitraum 1. Januar 2012 bis 27. Februar 2012 entspricht. Im verbleibenden Abrechnungszeitraum zeigte der neu eingebaute Zähler einen Verbrauch von 151 m³ an.

4

Eine von den Klägern telefonisch erbetene Befundprüfung lehnte der Beklagte ab und führte zur Begründung aus, dass eine Überprüfung nicht mehr erfolgen könne, weil der Zähler nach dem Ausbau überholt worden sei und neu verwendet werde.

5

Den gegen die Gebührenfestsetzung gerichteten Widerspruch des Klägers zu 1. wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2013 zurück.

6

Am 22. April 2013 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, der am 28. Februar 2012 ausgewechselte Wasserzähler habe nicht ordnungsgemäß funktioniert und einen zu hohen Verbrauch angezeigt. Leckageverluste seien auszuschließen.

7

Die Kläger beantragen,

8

den Bescheid des Beklagten vom 3. Januar 2013 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 22. März 2013 aufzuheben.

9

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

13

1. Die Klage der Klägerin zu 1. ist unzulässig. Der Klägerin zu 1. fehlt die nach § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderliche Klagebefugnis, weil sie nicht Adressatin des angefochtenen Bescheides ist.

14

2. Die zulässige Klage des Klägers zu 2. ist unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

15

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung (Wasserversorgungsgebührensatzung - WVGS) vom 9. März 2011.

16

Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung werden vom Kläger zu 1. nicht geltend gemacht. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid festgesetzte Mengengebühr basiert auf dem in § 3 Abs. 2 WVGS normierten Gebührensatz. Die Verbrauchsmenge ist ordnungsgemäß ermittelt worden. Nach § 2 Abs. 3 WVGS erfolgt dies durch Pauschale oder – wie hier – mittels einer Messeinrichtung. Anhaltspunkte dafür, dass der Zählerstand nicht ordnungsgemäß abgelesen worden ist, bestehen nicht. Der Einwand des Klägers zu 1., der ausgewechselte Zähler habe den tatsächlichen Verbrauch nicht ordnungsgemäß gemessen, verfängt nicht.

17

Soweit er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, der am 28. Februar 2012 ausgewechselte Zähler habe die Verbrauchsmenge nicht ordnungsgemäß gemessen, weil er für die Verbrauchsstelle zu groß bemessen sei, verfängt nicht. Zwar trifft es zu, dass nach dem von den Klägern vorgelegten Einbaunachweis/Wechselzettel für Wasserzähler vom 27. März 2006 ein (überdimenisionierter) Zähler Qn 2,5 eingebaut worden sein soll. Dies stimmt allerdings nicht mit dem Einbaunachweis vom 28. Februar 2012 überein, wonach ein mit gleicher Zählernummer versehener Zähler Qn 1,5 ausgebaut worden ist. Da es sich bei dem am 28. Februar 2012 ausgebauten Zähler unstreitig um einen sog. Funkzähler handelt und der Beklagte für Einfamilienhäuser nur Funkzähler mit der Größe Qn 1,5 verwendet – was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig ist –, ist davon auszugehen, dass es sich bei der Angabe „Qn 2,5“ in dem Einbaunachweis/Wechselzettel für Wasserzähler vom 27. März 2006 um einen Schreibfehler handelt.

18

Von einer Fehlfunktion des Wasserzählers kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Diese Frage ist vielmehr offen und kann auch nicht mehr geklärt werden. Ihre Nichterweislichkeit wirkt sich zu Lasten des Klägers zu 1. aus. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Nach § 19 Abs. 2 der Satzung des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Rügen über den Anschluss an die öffentlichen Wasserversorgungsanlagen und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS) vom 5. April 2000 i.d.F. der 1. Änderung vom 20. März 2008 gilt die von der Messeinrichtung ordnungsgemäß angezeigte Wassermenge stets als zahlungspflichtig verbraucht, gleichwohl, ob sie nutzbringend verwendet oder ungenutzt, etwa durch schadhafte Leitungen, offenstehende Zapfstellen oder Rohrbrüche hinter der Messeinrichtung verloren gegangen sind.

19

Diese Bestimmung ist wirksam. Der darin normierte Einwendungsausschluss ist mit dem mit dem in § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG M-V normierten Gebot der leistungsgerechten Differenzierung zu vereinbaren, wenn die Messeinrichtung – wie hier – im Bereich der Anlage des Grundstückseigentümers (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 WVS) installiert ist, denn hier ist nach der letztgenannten Bestimmung der Grundstückseigentümer für die ordnungsgemäße Unterhaltung der Anlage verantwortlich. Fehler, die im Verantwortungsbereich des Grundstückseigentümers auftreten, können keinen Einwand gegen den Gebührenanspruch des Wasserversorgers begründen.

20

Auch die Voraussetzungen der Norm liegen vor. Anhaltspunkte dafür, dass der zum Ausbauzeitpunkt sechs Jahre alte Wasserzähler den eichrechtlichen Vorschriften nicht entsprochen hat (vgl. § 19 Abs. 1 WVS), sind nicht ersichtlich. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wassermenge von der Messeinrichtung fehlerhaft angezeigt worden ist. Weil (nur) die ordnungsgemäße Funktion des Zählers zu dem Einwendungsausschluss führt, bestimmt § 20 Abs. 1 Satz 1 WVS als Korrelat hierzu, dass der Grundstückseigentümer jederzeit die Nachprüfung der Messeinrichtungen durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfbehörde im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes verlangen kann. Eine solche Prüfung ist vorliegend nicht erfolgt und kann auch nicht mehr erfolgen, da der Wasserzähler zwischenzeitlich überholt worden ist.

21

Dies wirkt sich zu Lasten des Klägers zu 1. aus, denn er hätte die Prüfung rechtzeitig – spätestens unmittelbar nach dem Ausbau des Zählers – beantragen müssen. Zudem muss der Beklagte einem solchen Verlangen nur nachkommen, wenn sich der Grundstückseigentümer verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, falls die Abweichung die gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen nicht überschreitet (§ 20 Abs. 2 WVGS; vgl. VGH München, Urt. v. 17.09.1998 – 23 B 96.1607 –, juris Rn. 33). Zwar ist die zitierte Entscheidung zu § 19 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) ergangen. Die Erwägungen sind auf § 20 Abs. 2 WVS dennoch übertragbar, weil die Bestimmung wegen der Maßgaben in § 35 Abs. 1 erster Hs. AVBWasserV (beinahe) wortlautidentisch mit § 19 Abs. 2 AVBWasserV gefasst worden ist (so offenbar auch VGH München, Urt. v. 24.07.1997 – 23 B 94.2165 –, juris Rn. 25).

22

Das Risiko, dass eine Fehlfunktion des Wasserzählers wegen einer zu spät beantragten Befundprüfung nicht mehr festgestellt werden kann, trägt der Gebührenschuldner. Für diese Risikozuweisung ist zunächst maßgeblich, dass den öffentlichen Aufgabenträger in Ansehung ausgebauter Wasserzähler keine Aufbewahrungspflicht trifft, wenn keine Befundprüfung beantragt wurde und auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Wasserzählers bestehen. Aus Kostengründen und damit nicht zuletzt im Interesse der Gebührenpflichtigen darf der öffentliche Aufgabenträger Wasserzähler (nach einer Überholung) weiterverwenden. Zudem ist eine Befundprüfung nur sinnvoll, wenn sie unmittelbar nach dem Ausbau erfolgt, da ein funktionsloser Wasserzähler austrocknet und seine Eigenschaften dadurch so verändert werden, dass eine Befundprüfung keine Rückschlüsse auf die Einhaltung der Verkehrsfehlergrenzen erlaubt. Das Gericht folgt hier den plausiblen Ausführungen des Mitarbeiters des Beklagten L. in der mündlichen Verhandlung.

23

Ausschlaggebend kommt hinzu, dass es die Sache des Gebührenschuldners ist, den Zählerstand regelmäßig zu kontrollieren. Eine solche Kontrolle ist ihm ohne weiteres möglich und zumutbar. Auffällige Verbrauchszunahmen oder –schwankungen können bei einer regelmäßigen Kontrolle frühzeitig erkannt werden und Anlass für eine Ursachenermittlung sein. Dem entspricht die in § 20 Abs. 1 Satz 1 WVS normierte Befugnis des Anschlussberechtigten, „jederzeit“ die Nachprüfung der Messeinrichtung durch eine Eichbehörde oder eine staatliche anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes zu verlangen. Dabei wird nicht verkannt, dass es keine Rechtspflicht des Gebührenschuldners zu einer regelmäßigen Zählerkontrolle gibt. Bei der regelmäßigen Zählerkontrolle handelt es sich vielmehr um eine Obliegenheit, deren Verletzung dazu führt, dass den Gebührenschuldner das Nichterweislichkeitsrisiko trifft.

24

Sonstige Anhaltspunkte, die zwingend auf eine Fehlfunktion des Wasserzählers schließen lassen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sie folgen insbesondere nicht aus dem Umstand, dass sich der Wasserverbrauch nach dem Zählerwechsel wieder auf die übliche Menge eingestellt hat. Der im Vergleich zum übrigen Abrechnungszeitraum auffällig hohe Verbrauch in den Monaten Januar und Februar 2012 kann auf Ursachen beruhen (offene Zapfstellen usw.), nicht nichts mit einer Fehlfunktion des Wasserzählers zu tun haben.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. In einer Vielzahl von Streitigkeiten wird der Einwand einer Fehlfunktion des Wasserzählers erhoben. Dabei ist die Frage ungeklärt, wen das Risiko trifft, dass eine Befundprüfung durch Zeitablauf unmöglich wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.