Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 20. Nov. 2018 - 9 K 4693/18

ECLI:ECLI:DE:VGGE:2018:1120.9K4693.18.00
bei uns veröffentlicht am20.11.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 20. Nov. 2018 - 9 K 4693/18 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 4 Fahreignungs-Bewertungssystem


(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 3 Entziehung der Fahrerlaubnis


(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6


(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2016 - 11 CS 16.537

bei uns veröffentlicht am 28.04.2016

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Jan. 2017 - 3 C 21/15

bei uns veröffentlicht am 26.01.2017

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

Referenzen

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

2

Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem verwarnte ihn die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 28. Juni 2011 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2010. Nach Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems zum 1. Mai 2014 wurden die vom Kläger bis dahin erreichten zwölf Punkte in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umgestellt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit dort am 19. Januar 2015 eingegangenem Schreiben vom 8. Januar 2015 mit, der Kläger habe aufgrund einer am 10. Februar 2014 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenes strafgerichtliches Urteil vom 13. November 2014 geahndet worden sei, sieben Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht. Die Tat und deren rechtskräftige Ahndung waren dem Kraftfahrt-Bundesamt von der Staatsanwaltschaft am 5. Januar 2015 mitgeteilt und am 6. Januar 2015 im Fahreignungsregister gespeichert worden. Daraufhin verwarnte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2015.

4

Mit Schreiben vom 22. Januar 2015, dort eingegangen am 2. Februar 2015, erhielt die Fahrerlaubnisbehörde vom Kraftfahrt-Bundesamt die Mitteilung, der Kläger habe aufgrund einer am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein ebenfalls am 13. November 2014 ergangenes, seit dem 19. Dezember 2014 rechtskräftiges Strafurteil geahndet worden sei, neun Punkte erreicht. Die Staatsanwaltschaft hatte dies dem Kraftfahrt-Bundesamt am 19. Januar 2015 mitgeteilt; die Speicherung im Fahreignungsregister war einen Tag später erfolgt. Daraufhin entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger mit Bescheid vom 13. Februar 2015 die Fahrerlaubnis. Zur Begründung heißt es: Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG erweise er sich mit dem Erreichen von neun Punkten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im Fahreignungs-Bewertungssystem stehe der Erziehungsgedanke nicht mehr im Vordergrund. In Abwägung mit der Verkehrssicherheit sei es nicht hinnehmbar, dass in kurzer Zeit zahlreiche schwere Verkehrsverstöße begangen werden könnten und das nur wegen des gestuften Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG nicht zur Fahrerlaubnisentziehung führe. In solchen Fällen müsse auf eine Chance des Betroffenen verzichtet werden, sein Verhalten vor der Entziehung zu ändern. Im Falle des Klägers seien vor der Entziehung der Fahrerlaubnis alle Maßnahmenstufen ordnungsgemäß durchlaufen worden.

5

Diesen Bescheid hat das Verwaltungsgericht aufgehoben. Der Kläger habe den Maßnahmenkatalog nicht ordnungsgemäß durchlaufen, die Fahrerlaubnisentziehung sei daher rechtswidrig. Zwar habe er mit der rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 neun Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht; auch sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG beim Erreichen von acht oder mehr Punkten die Fahrerlaubnis zu entziehen. Doch setze das Ergreifen einer weiteren Maßnahme nach Wortlaut und Systematik von § 4 StVG voraus, dass zeitlich nach der vorangegangenen Maßnahme eine weitere mit Punkten zu bewertende Zuwiderhandlung begangen worden sei. Das sei hier nicht der Fall. Deshalb verringere sich der Punktestand des Klägers gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG auf sieben Punkte.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden. Er habe mit den für die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 anfallenden Punkten neun Punkte im Fahreignungsregister erreicht und die vor der Fahrerlaubnisentziehung liegenden Stufen des Punktesystems ordnungsgemäß durchlaufen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe ihn mit Schreiben vom 21. Januar 2015 bei einem auf den Tattag 10. Februar 2014 bezogenen und im Fahreignungsregister eingetragenen Stand von sieben Punkten ordnungsgemäß verwarnt. Zu einer Verringerung des Punktestands gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG komme es nicht. Zwar sei auch die vom Kläger am 10. März 2014 begangene Ordnungswidrigkeit bei Ausstellung der Verwarnung bereits rechtskräftig geahndet und im Fahreignungsregister eingetragen gewesen. Das sei der Fahrerlaubnisbehörde aber zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen; deshalb habe sie diesen Verkehrsverstoß bei der Verwarnung noch nicht berücksichtigen können. Für die Frage, ob dem Betroffenen eine Punkteverringerung zu Gute komme, sei nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 StVG nicht auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Ahndung oder der Eintragung der letzten zu berücksichtigenden Zuwiderhandlung im Fahreignungsregister abzustellen; es komme allein darauf an, ob die vorherige Maßnahme schon rechtmäßig ergriffen worden sei. Das bestätige auch § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Diese Auslegung entspreche dem Zweck der Rechtsänderungen zum 1. Mai 2014 und zum 5. Dezember 2014. Der Gesetzgeber habe sich ausweislich der Gesetzesbegründung von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Punkteentstehung und zum Tattagprinzip in dessen Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 3.07 - absetzen wollen. Es solle nun nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreiche und er die Möglichkeit zu einer Verhaltensänderung habe, bevor ihn die Folgemaßnahme treffe. Vorrangig seien nach dem Willen des Gesetzgebers nun die Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und die Verkehrssicherheit. Es sei auf der Grundlage des Kenntnisstandes der Fahrerlaubnisbehörde zu beurteilen, ob die Maßnahme der vorangegangenen Stufe bereits ergriffen worden sei. Das Entstehen von Punkten solle davon nicht beeinflusst werden. § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG verdeutliche, dass ein Verkehrsverstoß auch dann zu Punkten führe, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, dabei aber noch nicht habe verwertet werden können. Um einen solchen Fall gehe es hier. Die Fahrerlaubnisbehörde habe vor der am 2. Februar 2015 bei ihr eingegangenen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes keine Kenntnis von der am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung gehabt. Ob sich die Fahrerlaubnisbehörde eine schuldhafte Verzögerung durch andere Behörden (Staatsanwaltschaften und Kraftfahrt-Bundesamt) zurechnen lassen müsse, könne offen bleiben. Eine solche Verzögerung habe es hier nicht gegeben. Die Fahrerlaubnisbehörde sei auch nicht verpflichtet, den Punktestand vor dem Ergreifen einer Maßnahme nochmals durch eine Anfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt zu überprüfen. Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 5 und 6 StVG n.F. bestünden nicht. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung stelle sich hier nicht, da die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen erst nach dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung zum 5. Dezember 2014 rechtskräftig geahndet worden seien. Dass der Gesetzgeber die frühere Erziehungs- und Warnfunktion der einzelnen Stufen des Maßnahmensystems weitestgehend aufgegeben habe, verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen eines Fehlers der Staatsanwaltschaft seien die beiden am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenen Strafurteile dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht gleichzeitig mitgeteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe zu Unrecht zunächst angenommen, die beiden Fahrverbote seien nacheinander zu vollstrecken. Nur aus diesem Grund habe das Kraftfahrt-Bundesamt anschließend getrennte Mitteilungen an die Fahrerlaubnisbehörde übersandt, die deshalb nicht von einem sofortigen Anstieg auf neun Punkte und dementsprechend auch nicht von einem Punkteabzug ausgegangen sei. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Information wegen der langsamen und daher unzureichenden Übermittlung per Brief erst verspätet erhalten habe und deshalb bei der Verwarnung in einem unzulässigen Zwischenschritt einen Stand von nur sieben Punkten angenommen habe. Maßgeblich sei stattdessen das Tattagprinzip. Die gesetzlichen Neuregelungen seien mit einer echten Rückwirkung verbunden, da sie erst nach dem letzten Tattag in Kraft getreten seien; eine Rechtfertigung dafür fehle. Verletzt sei außerdem der Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer Übermittlung des Punktestandes auf dem Postwege hänge es letztlich von Zufällen ab, wann die Information die Fahrerlaubnisbehörde erreiche.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Die Revision sei bereits unzulässig. Ihre Begründung genüge nicht den formalen Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO; es fehle eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil. Um eine echte Rückwirkung der Neuregelung gehe es nicht; auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unechten Rückwirkung gehe die Revisionsbegründung nicht ein. Ebenfalls unzureichend seien die Darlegungen zu einer vermeintlich verzögerten Sachbearbeitung durch die Staatsanwaltschaft. Auch werde nicht aufgezeigt, weshalb eine postalische Übermittlung der Informationen zum Punktestand durch das Kraftfahrt-Bundesamt an die Fahrerlaubnisbehörde unzulässig sein solle. Bei den Ausführungen zum Tattagprinzip werde die Rechtslage verkannt.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Urteil des Berufungsgerichts ebenfalls für zutreffend. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG trete nur ein, wenn der Fahrerlaubnisbehörde zum Zeitpunkt der Maßnahme weitere Verkehrsverstöße bekannt seien, die zur Einordnung in eine höhere Stufe des Maßnahmensystems führten. Aus § 4 Abs. 5 Satz 5, Abs. 5 Satz 6 Nr. 1, Abs. 6 Satz 4 und Abs. 8 Satz 1 StVG ergebe sich, dass es für das Ergreifen einer Maßnahme auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ankomme. Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht dadurch verletzt, dass das Tattagprinzip nach der Neuregelung nicht ohne Ausnahmen gelte; das diene der Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer. Dass für die Entstehung von Punkten auf den Tattag, für das Ergreifen der Maßnahmen dagegen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei, sei nicht systemwidrig, sondern beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, worin der Kläger den geltend gemachten Bundesrechtsverstoß sieht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung neun Punkte im Fahrerlaubnisregister erreicht und die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchlaufen, so dass es zu keiner Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG komme, steht im Einklang mit Bundesrecht (1. und 2.). Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier anzuwendende Neuregelung, mit der der Gesetzgeber eine teilweise Abkehr vom so genannten Tattagprinzip sowie von der Warn-und Erziehungsfunktion des bisherigen Mehrfachtäter-Punktsystems vollzogen hat, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (3.).

11

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249 <250> und Beschluss vom 22. Januar 2001 - 3 B 144.00 - juris Rn. 2 m.w.N.). Damit ist - da kein Widerspruchsverfahren durchzuführen war - auf den Erlass des Bescheids vom 13. Februar 2015 abzustellen.

12

Zugrunde zu legen ist danach das mit Wirkung vom 1. Mai 2014 mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313) eingeführte Fahreignungs-Bewertungssystem, das mit Wirkung ab dem 5. Dezember 2014 insbesondere hinsichtlich der Regelungen in § 4 Abs. 5 und 6 StVG nochmals durch das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist.

13

2. Ihre Rechtsgrundlage findet die Fahrerlaubnisentziehung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG; nach dieser Bestimmung gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ihm ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich in der Summe acht oder mehr Punkte ergeben. Nach § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die nach Landesrecht zuständige Behörde für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Punkte ergeben sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird.

14

Die letzte vom Kläger zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt begangene rechtskräftig geahndete Zuwiderhandlung, die die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entscheidung über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zu berücksichtigen hatte, war die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nimmt das Berufungsgericht an, dass sie zur Erhöhung seines Punktestandes im Fahreignungsregister um weitere zwei auf insgesamt neun Punkte führte.

15

§ 4 Abs. 5 Satz 1 StVG bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen stufenweise zu ergreifen hat. Dieses Stufensystem wird im Hinblick auf seine Rechtsfolgen in § 4 Abs. 6 StVG näher präzisiert. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG darf die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 (Verwarnung) oder Nr. 3 (Entziehung der Fahrerlaubnis) nur ergreifen, wenn die Maßnahme der davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen (§ 4 Abs. 6 Satz 2 StVG). Nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG verringert sich der Punktestand im Falle des Satzes 2 mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen Ermahnung auf fünf Punkte (Nr. 1) und der Verwarnung auf sieben Punkte (Nr. 2), wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist.

16

Hier hatte die Fahrerlaubnisbehörde die beiden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG vor der Entziehung der Fahrerlaubnis liegenden Stufen des Maßnahmensystems rechtsfehlerfrei gegen den Kläger ergriffen. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG ist dabei nicht eingetreten.

17

a) Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem (alten) Mehrfachtäter-Punktsystem hatte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2011 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a.F. verwarnt; dies entsprach der ersten Maßnahmenstufe nach dem bis zum 30. April 2014 geltenden Mehrfachtäter-Punktsystem.

18

In der Folgezeit ergaben sich aus den bis zum 1. Mai 2014 rechtskräftig geahndeten und im Verkehrszentralregister eingetragenen Zuwiderhandlungen des Klägers zwölf Punkte nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem. Diese Punkte waren nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG zum 1. Mai 2014 in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umzustellen; das führte zur Einordnung des Klägers in die Stufe 1 (Ermahnung) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Diese am 1. Mai 2014 erreichte Stufe wird gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 StVG für Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zugrunde gelegt. § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 StVG bestimmt, dass die Einordnung nach Satz 1 allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem führt. Eine Wiederholung der ersten Maßnahmenstufe nach der Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems war somit nicht erforderlich.

19

b) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit der Verwarnung, die ihm die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG mit Schreiben vom 21. Januar 2015 erteilt hatte, auch die zweite Stufe des in § 4 Abs. 5 StVG vorgesehenen Maßnahmensystems ordnungsgemäß und ohne Verringerung des Punktestandes durchlaufen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

20

aa) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG ist, wenn sich sechs oder sieben Punkte ergeben, der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen. Das ist hier mit dem Schreiben vom 21. Januar 2015 rechtsfehlerfrei erfolgt. Mit der am 10. Februar 2014 begangenen und mit Strafurteil vom 13. Dezember 2014 rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte der Kläger "retrospektiv" (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 19) zum 10. Februar 2014 einen Stand von sieben Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Die Punktebewertung richtete sich nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StVG; danach sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Die Ordnungswidrigkeit vom 10. Februar 2014 führte danach zu zwei Punkten (vgl. Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem.

21

bb) Der Kläger meint, bei dieser Verwarnung hätte der Beklagte aufgrund des Tattagprinzips außer dem Verkehrsverstoß vom 10. Februar 2014 zusätzlich die am 10. März 2014 begangene und zum Zeitpunkt der Verwarnung auch bereits rechtskräftig geahndete sowie im Fahreignungsregister gespeicherte Geschwindigkeitsüberschreitung berücksichtigen müssen. Es müsse, nicht anders als wenn die Fahrerlaubnisbehörde von beiden Verkehrsverstößen gleichzeitig Kenntnis erhalten hätte, eine Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG gewährt werden.

22

Dieser Einwand geht fehl. Spätestens seit der zum 5. Dezember 2014 in Kraft getretenen erneuten Gesetzesänderung ist für das Ergreifen von Maßnahmen nach rechtskräftiger Ahndung der Zuwiderhandlung nicht mehr ausschließlich auf den sich für den betreffenden Tattag ergebenden Punktestand abzustellen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG sind die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG übermittelten Zuwiderhandlungen.

23

Im alten Mehrfachtäter-Punktsystem hatte der erkennende Senat der Stufung der Maßnahmen eine "Warnfunktion" beigemessen und daraus hergeleitet, dass die Maßnahmen den Fahrerlaubnisinhaber "möglichst frühzeitig und insbesondere noch vor Eintritt in die nächste Stufe erreichen" sollten, damit ihm die "Möglichkeit der Verhaltensänderung" effektiv eröffnet werde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 33). Die Fahrerlaubnis konnte nur entzogen werden, wenn deren Inhaber nach seiner Verwarnung eine weitere zur Überschreitung der Schwelle von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. führende Zuwiderhandlung begangen hatte. Weitere vor der Verwarnung begangene, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung aber noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen konnten auf der Grundlage des Mehrfachtäter-Punktsystems nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (§ 4 Abs. 5 Satz 2 StVG a.F.). Hiervon hat sich der Gesetzgeber für das Fahreignungs-Bewertungssystem bewusst abgesetzt. Bei Fahrerlaubnisinhabern, die sich durch eine Anhäufung von innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen haben, sollen die Verkehrssicherheit und das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, Vorrang vor dem Erziehungsgedanken haben. Für das Fahreignungs-Bewertungssystem soll es nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit der Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Die Erziehungswirkung liege - so der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Begründung der vorgeschlagenen und im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs - dem Gesamtsystem als solchem zu Grunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienten. Die Maßnahmen stellten somit lediglich eine Information über den Stand im System dar. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden sei, sei vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusse das Entstehen von Punkten nicht (BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.).

24

Umgesetzt wird der vom Gesetzgeber gewollte Systemwechsel insbesondere durch § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind. Diese Vorschrift soll die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen wurde, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnte, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sei (BT-Drs. 18/2775 S. 10). Ein solcher Fall liegt - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (UA Rn. 20) - hier bezogen auf die Ordnungswidrigkeit vom 10. März 2014 vor. Sie ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG zu berücksichtigen, obwohl der Kläger wegen der am 10. Februar 2014 begangenen Zuwiderhandlung erst am 21. Januar 2015 und damit nach der Begehung der weiteren Ordnungswidrigkeit verwarnt wurde. § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stellt ausdrücklich auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach dieser Bestimmung erhöhen Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand (vgl. zur Systematik auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 88a).

25

Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Dieser Kenntnisstand ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG. Für die Frage, ob die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist und sich, wenn zunächst diese Maßnahme zu ergreifen ist, der Punktestand verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG), kann nichts anderes gelten. Eine andere Betrachtung liefe dem Ziel der Gesetzesänderung zuwider, bei einer Anhäufung von Verkehrsverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann zu ermöglichen, wenn der Betroffene nach der Verwarnung die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr durch eine Änderung seines Verkehrsverhaltens verhindern kann.

26

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich die Fahrerlaubnisbehörde weder das Wissen, über das eine der im Maßnahmensystem "vorgelagerten" Stellen (hier Staatsanwaltschaft und Kraftfahrt-Bundesamt) hinsichtlich weiterer Verkehrsverstöße des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers verfügt, noch ein Verschulden dieser Stellen bei der Datenübermittlung zurechnen lassen. Ob dem Berufungsgericht in der Bewertung des Verhaltens der Staatsanwaltschaft bei der Übermittlung der Zuwiderhandlung vom 10. März 2014 zu folgen ist, kann deshalb offen bleiben. Mangels Zurechenbarkeit eines Verschuldens der Staatsanwaltschaft ist das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Eine Zurechnung von Wissen oder von Verschulden bei der Datenübermittlung liefe der Konzeption des Gesetzgebers zuwider, nach der gerade auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde abgestellt werden soll. Abgesehen davon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine solche Zurechnung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 12. März 2015 - 3 C 6.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:120315U3C6.14.0] - Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 30 Rn. 14 ff.). Der Vollzug des Maßnahmensystems ist, wie § 4 Abs. 8 und § 28 Abs. 4 StVG sowie die Gesetzesbegründung zeigen, auf die Übermittlung der entsprechenden Daten und auf deren Kenntnisnahme beim Empfänger angelegt. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Berufen auf die Unkenntnis als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (vgl. VGH München, Beschluss vom 28. April 2016 - 11 CS 16.537 - ZfS 2016, 415 Rn. 13), kann offen bleiben. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

27

dd) Die Fahrerlaubnisbehörde muss auch nicht unmittelbar vor dem Ergreifen der Maßnahme nochmals beim Kraftfahrt-Bundesamt den aktuellen Punktestand erfragen. Eine solche Rechtspflicht lässt sich den Regelungen zum Fahreignungs-Bewertungssystem nicht entnehmen (ebenso Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 60 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 8 StVG eine Übermittlungspflicht des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht aber eine Nachfragepflicht der Fahrerlaubnisbehörde begründet.

28

ee) Auch daraus, dass die Übermittlung von Daten aus dem Fahreignungsregister an die Fahrerlaubnisbehörde im Postwege und nicht automatisiert erfolgte, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Ein Anspruch auf Einrichtung eines automatisierten Abfrageverfahrens besteht nicht. § 30a und b StVG geben zwar die Befugnis zur Übermittlung bzw. zur Abfrage von Daten aus dem Fahreignungsregister in einem automatisierten Anfrage- und Auskunftsverfahren; diese Regelungen verpflichten die betroffenen Stellen jedoch nicht dazu. Nach § 30a Abs. 2 und § 30b StVG steht die Einrichtung solcher automatisierter Übermittlungsverfahren zudem unter dem Vorbehalt der näheren Bestimmung durch Rechtsverordnung. Eine solche Rechtsverordnung wurde bislang nicht erlassen. Unbeschadet dessen wird den Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden durch § 28 Abs. 4 StVG die Verpflichtung auferlegt, dem Kraftfahrt-Bundesamt "unverzüglich" die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung führenden Daten mitzuteilen. Nach § 4 Abs. 8 StVG muss das Kraftfahrt-Bundesamt "bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5" den Fahrerlaubnisbehörden die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister übermitteln. Somit besteht auch ohne ein automatisiertes Verfahren ein gesetzliches "Beschleunigungsgebot". Unabhängig davon ist der Umstand, dass die Fahrerlaubnisbehörde hier von den beiden am selben Tag rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlungen des Klägers nicht gleichzeitig Kenntnis erhielt, nicht auf die Postlaufzeiten, sondern darauf zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft die im Fahreignungsregister zu speichernden Daten wegen einer von ihr zunächst angenommenen Nacheinandervollstreckung der beiden Fahrverbote zeitlich versetzt an das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt hatte.

29

3. Die hier in ihrer ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung anzuwendenden Regelungen des § 4 Abs. 5 und 6 StVG sind verfassungsrechtlich weder wegen einer unzulässigen Rückwirkung (a) noch wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstanden (b).

30

a) Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liegt nicht vor.

31

aa) Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde, ist auf eine Fahrerlaubnisentziehung nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anwendbar; sie ist keine Bestrafung im Sinne dieser Vorschrift. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und eine Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG haben keinen repressiven, sondern präventiven Charakter. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Instrument mit general- und spezialpräventiver Wirkung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 38 und BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.). Es dient dem Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVG).

32

bb) Weder bezogen auf den 1. Mai 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fünften Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313), mit dem das Fahreignungs-Bewertungssystem eingeführt wurde, noch bezogen auf den 5. Dezember 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) und der damit verbundenen (erneuten) Änderung von § 4 Abs. 5 und 6 StVG ist eine echte Rückwirkung zu Lasten des Klägers festzustellen. Ob der dargelegte Systemwechsel bereits durch die am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Gesetzesänderung vollzogen wurde (verneinend: OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 14), ist hier ohne Bedeutung.

33

Wie gezeigt, entfaltet die Gesetzesänderung belastende Wirkungen für Fahrerlaubnisinhaber, die vor ihrer Verwarnung weitere, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen begangen haben. Damit wird in Fällen wie dem des Klägers jedoch nicht in einen in der Vergangenheit liegenden, bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen. Zwar hat der Kläger die beiden zur Überschreitung der Acht-Punkte-Grenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führenden Ordnungswidrigkeiten sowohl vor dem 5. Dezember 2014 als auch vor dem 1. Mai 2014 begangen. Doch bereits unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem (dort noch ohne einfach-gesetzliche Regelung, aber vom Rechtsstaatsprinzip gefordert; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 19 ff.) genügte die Begehung einer im Fahreignungsregister zu speichernden Straftat oder Ordnungswidrigkeit für das Entstehen von Punkten nicht. Erforderlich war schon damals die rechtskräftige Ahndung der betreffenden Tat. Somit lag und liegt der Entstehung von Punkten kein reines Tattagprinzip, sondern ein kombiniertes Tattag- und Rechtskraftprinzip zugrunde (so zum Mehrfachtäter-Punktsystem: BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 a.a.O.; für das Fahreignungs-Bewertungssystem: § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG und BT-Drs. 17/12636 S. 19). Im Hinblick darauf waren hier die maßgeblichen Lebenssachverhalte beim In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen noch nicht abgeschlossen. Die beiden strafgerichtlichen Urteile wurden erst am 19. Dezember 2014 rechtskräftig.

34

cc) Aus dem zeitlichen Ablauf ergibt sich allerdings zugleich, dass dem Berufungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden kann, die Frage einer unechten Rückwirkung wegen des Eintritts der Rechtskraft erst zum 19. Dezember 2014 stelle sich hier nicht (UA Rn. 30; ähnlich bereits VGH München, Beschluss vom 8. Juni 2015 - 11 CS 15.718 - juris Rn. 22). Jedenfalls die Verkehrsverstöße als "Auslöser" der Maßnahmen waren bereits vor dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen begangen worden.

35

Diese unechte Rückwirkung (so in Bezug auf § 4 StVG n.F. in vergleichbaren Fällen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2016 - OVG 1 S 86.16 - ZfS 2017, 55 <56>; OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 15; Stieber, in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 4 StVG Rn. 86) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 <47 f.> m.w.N.).

36

Das ist hier der Fall. Die Gesetzesänderung dient - wie gezeigt - der Effektivierung des Fahreignungs-Bewertungssystems. Sie zielt auf eine Stärkung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.) und soll dazu beitragen, dass Fahrerlaubnisinhaber, die sich durch das Erreichen von acht oder mehr Punkten nach der Wertung des Gesetzgebers als ungeeignet erwiesen haben, auch tatsächlich vom Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden. Dieses Ziel ließe sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die Neuregelung auf vor ihrem In-Kraft-Treten begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße nicht anwendbar wäre. Die Grenze der Zumutbarkeit bleibt für die Betroffenen gewahrt. Ihre Erwartung, dass das der Gefahrenabwehr dienende Fahrerlaubnisrecht nach Begehung einer noch nicht rechtskräftig geahndeten Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht zu ihrem Nachteil geändert werde, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

37

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist mit der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls nicht verbunden.

38

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 Rn. 38 f. m.w.N.).

39

Ungleich behandelt werden Fahrerlaubnisinhaber, die wegen des Erreichens von vier oder fünf Punkten ermahnt worden sind und anschließend weitere Verkehrsverstöße begehen, die zum Erreichen von acht oder mehr Punkten führen: Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes über diese Verkehrsverstöße gleichzeitig oder die weitere Mitteilung jedenfalls, bevor sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung verwarnt hat, wird der Fahrerlaubnisinhaber gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 StVG lediglich verwarnt und sein Punktestand verringert sich auf sieben Punkte (§ 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG). Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die zweite Mitteilung dagegen - wie im Falle des Klägers - erst, nachdem sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten verwarnt hat, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG).

40

Das Ziel, die Allgemeinheit mit Hilfe eines typisierenden Fahreignungs-Bewertungssystems und einer daran anknüpfenden Maßnahmenstufung effektiv vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, bietet auch für eine solche Ungleichbehandlung noch einen hinreichenden Sachgrund. Wann die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrerlaubnisinhaber verwarnen kann, hängt nicht nur vom zeitlichen Abstand der Verkehrsverstöße, sondern auch davon ab, wann deren Ahndung rechtskräftig wird (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG), wann die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem Kraftfahrt-Bundesamt die über die Zuwiderhandlungen zu speichernden Daten mitteilen (§ 28 Abs. 4 StVG), wann das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde die Eintragungen im Fahreignungsregister übermittelt (§ 4 Abs. 8 StVG) und welche Bearbeitungszeiten bei der Fahrerlaubnisbehörde selbst anfallen. Ein Zusammenhang zwischen der Gestaltung und Dauer des Verfahrens und der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers besteht nicht. Ein Fahrerlaubnisinhaber, der - wie der Kläger - mehrere, acht oder mehr Punkte ergebende Zuwiderhandlungen begangen hat, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besser geeignet und gefährdet die Allgemeinheit nicht weniger, wenn die Staatsanwaltschaft und anschließend das Kraftfahrt-Bundesamt diese Verkehrsverstöße gleichzeitig weitermelden. Das Fahreignungs-Bewertungssystem kommt jedoch ohne eine Anknüpfung an das betreffende Straf- oder Bußgeldverfahren nicht aus. Auch unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem konnten nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister eingetragen werden und Punkte ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 21). Je später die Ahndung eines Verkehrsverstoßes rechtskräftig und damit eine Maßnahme nach § 4 Abs. 5 StVG möglich wurde, desto länger konnte der Fahrerlaubnisinhaber weitere Zuwiderhandlungen begehen, ohne die nächste Stufe des Maßnahmensystems zu erreichen. Eine sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wurde hingenommen. Verfahrensbedingte Unterschiede bei der Ahndung von Verkehrsverstößen, wie sie z.B. bei der Verhängung von Fahrverboten auftreten können, werden in der Rechtsordnung auch sonst akzeptiert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 4 StR 227/15 - BGHSt 61, 100). Soweit im Fahreignungs-Bewertungssystem die Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG nicht nur vom Eintritt der Rechtskraft abhängt, sondern auch vom Ablauf des anschließenden Verwaltungsverfahrens, unterscheiden sich die damit verbundenen zusätzlichen Unwägbarkeiten im Ansatz nicht von jenen, die sich aus dem Ablauf des Straf- oder Bußgeldverfahrens ergeben; sie sind deshalb ebenfalls hinzunehmen. Dabei darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die beteiligten Stellen die Erledigung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verzögern, um den Fahrerlaubnisinhaber beim Vollzug des Fahreignungs-Bewertungssystems zu begünstigen oder ihm zu schaden.

41

Der Gesetzgeber muss auch nicht zur Vermeidung der dargelegten Ungleichbehandlung vorsehen, dass die Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten aufgrund weiterer Verkehrsverstöße gegebenenfalls ohne vorherige Verwarnung zu entziehen ist. Zu einem neuen Gleichheitsproblem würde eine solche Regelung allerdings nicht führen. Fahrerlaubnisinhaber in der Situation des Klägers sind zwar verwarnt worden; sie hatten aber im Zeitpunkt der Verwarnung wegen der weiteren Zuwiderhandlung bereits acht Punkte. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war damit unabwendbar, die Verwarnung aus ihrer Sicht eine bloße Formalie. Ungeachtet dessen bleibt die Stufung der Maßnahmen nach der gesetzgeberischen Konzeption ein wichtiges Element des Fahreignungs-Bewertungssystems. Die Behörde darf - wie § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG zu entnehmen ist - die Fahrerlaubnis nach wie vor nur entziehen, wenn sie den Fahrerlaubnisinhaber zuvor nicht nur ermahnt, sondern auch verwarnt hat. In vielen Fällen kann die Verwarnung ihre Funktion auch erfüllen, den Fahrerlaubnisinhaber ein letztes Mal zu einer Verhaltensänderung anzuhalten. Wenn die Behörde wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten die Verwarnung ausspricht, ist dies auf der Grundlage ihres Kenntnisstandes auch eine sinnvolle Maßnahme; sie hat keine Anhaltspunkte für weitere Verkehrsverstöße. Ausgehend hiervon liegt es innerhalb des Bewertungsspielraums des Gesetzgebers, wenn er meint, ein noch nicht verwarnter Fahrerlaubnisinhaber solle auch bei Erreichen von acht Punkten zunächst ein zweites Mal angehalten werden, sein Verhalten im Straßenverkehr zu ändern. Fahrern, die in dichter Folge schwere Verkehrsverstöße begangen haben und vor Entziehung der Fahrerlaubnis verwarnt worden sind, darf deshalb zugemutet werden, die dargestellten verfahrensbedingten Ungleichbehandlungen hinzunehmen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

2

Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem verwarnte ihn die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 28. Juni 2011 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2010. Nach Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems zum 1. Mai 2014 wurden die vom Kläger bis dahin erreichten zwölf Punkte in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umgestellt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit dort am 19. Januar 2015 eingegangenem Schreiben vom 8. Januar 2015 mit, der Kläger habe aufgrund einer am 10. Februar 2014 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenes strafgerichtliches Urteil vom 13. November 2014 geahndet worden sei, sieben Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht. Die Tat und deren rechtskräftige Ahndung waren dem Kraftfahrt-Bundesamt von der Staatsanwaltschaft am 5. Januar 2015 mitgeteilt und am 6. Januar 2015 im Fahreignungsregister gespeichert worden. Daraufhin verwarnte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2015.

4

Mit Schreiben vom 22. Januar 2015, dort eingegangen am 2. Februar 2015, erhielt die Fahrerlaubnisbehörde vom Kraftfahrt-Bundesamt die Mitteilung, der Kläger habe aufgrund einer am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein ebenfalls am 13. November 2014 ergangenes, seit dem 19. Dezember 2014 rechtskräftiges Strafurteil geahndet worden sei, neun Punkte erreicht. Die Staatsanwaltschaft hatte dies dem Kraftfahrt-Bundesamt am 19. Januar 2015 mitgeteilt; die Speicherung im Fahreignungsregister war einen Tag später erfolgt. Daraufhin entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger mit Bescheid vom 13. Februar 2015 die Fahrerlaubnis. Zur Begründung heißt es: Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG erweise er sich mit dem Erreichen von neun Punkten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im Fahreignungs-Bewertungssystem stehe der Erziehungsgedanke nicht mehr im Vordergrund. In Abwägung mit der Verkehrssicherheit sei es nicht hinnehmbar, dass in kurzer Zeit zahlreiche schwere Verkehrsverstöße begangen werden könnten und das nur wegen des gestuften Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG nicht zur Fahrerlaubnisentziehung führe. In solchen Fällen müsse auf eine Chance des Betroffenen verzichtet werden, sein Verhalten vor der Entziehung zu ändern. Im Falle des Klägers seien vor der Entziehung der Fahrerlaubnis alle Maßnahmenstufen ordnungsgemäß durchlaufen worden.

5

Diesen Bescheid hat das Verwaltungsgericht aufgehoben. Der Kläger habe den Maßnahmenkatalog nicht ordnungsgemäß durchlaufen, die Fahrerlaubnisentziehung sei daher rechtswidrig. Zwar habe er mit der rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 neun Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht; auch sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG beim Erreichen von acht oder mehr Punkten die Fahrerlaubnis zu entziehen. Doch setze das Ergreifen einer weiteren Maßnahme nach Wortlaut und Systematik von § 4 StVG voraus, dass zeitlich nach der vorangegangenen Maßnahme eine weitere mit Punkten zu bewertende Zuwiderhandlung begangen worden sei. Das sei hier nicht der Fall. Deshalb verringere sich der Punktestand des Klägers gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG auf sieben Punkte.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden. Er habe mit den für die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 anfallenden Punkten neun Punkte im Fahreignungsregister erreicht und die vor der Fahrerlaubnisentziehung liegenden Stufen des Punktesystems ordnungsgemäß durchlaufen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe ihn mit Schreiben vom 21. Januar 2015 bei einem auf den Tattag 10. Februar 2014 bezogenen und im Fahreignungsregister eingetragenen Stand von sieben Punkten ordnungsgemäß verwarnt. Zu einer Verringerung des Punktestands gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG komme es nicht. Zwar sei auch die vom Kläger am 10. März 2014 begangene Ordnungswidrigkeit bei Ausstellung der Verwarnung bereits rechtskräftig geahndet und im Fahreignungsregister eingetragen gewesen. Das sei der Fahrerlaubnisbehörde aber zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen; deshalb habe sie diesen Verkehrsverstoß bei der Verwarnung noch nicht berücksichtigen können. Für die Frage, ob dem Betroffenen eine Punkteverringerung zu Gute komme, sei nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 StVG nicht auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Ahndung oder der Eintragung der letzten zu berücksichtigenden Zuwiderhandlung im Fahreignungsregister abzustellen; es komme allein darauf an, ob die vorherige Maßnahme schon rechtmäßig ergriffen worden sei. Das bestätige auch § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Diese Auslegung entspreche dem Zweck der Rechtsänderungen zum 1. Mai 2014 und zum 5. Dezember 2014. Der Gesetzgeber habe sich ausweislich der Gesetzesbegründung von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Punkteentstehung und zum Tattagprinzip in dessen Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 3.07 - absetzen wollen. Es solle nun nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreiche und er die Möglichkeit zu einer Verhaltensänderung habe, bevor ihn die Folgemaßnahme treffe. Vorrangig seien nach dem Willen des Gesetzgebers nun die Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und die Verkehrssicherheit. Es sei auf der Grundlage des Kenntnisstandes der Fahrerlaubnisbehörde zu beurteilen, ob die Maßnahme der vorangegangenen Stufe bereits ergriffen worden sei. Das Entstehen von Punkten solle davon nicht beeinflusst werden. § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG verdeutliche, dass ein Verkehrsverstoß auch dann zu Punkten führe, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, dabei aber noch nicht habe verwertet werden können. Um einen solchen Fall gehe es hier. Die Fahrerlaubnisbehörde habe vor der am 2. Februar 2015 bei ihr eingegangenen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes keine Kenntnis von der am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung gehabt. Ob sich die Fahrerlaubnisbehörde eine schuldhafte Verzögerung durch andere Behörden (Staatsanwaltschaften und Kraftfahrt-Bundesamt) zurechnen lassen müsse, könne offen bleiben. Eine solche Verzögerung habe es hier nicht gegeben. Die Fahrerlaubnisbehörde sei auch nicht verpflichtet, den Punktestand vor dem Ergreifen einer Maßnahme nochmals durch eine Anfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt zu überprüfen. Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 5 und 6 StVG n.F. bestünden nicht. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung stelle sich hier nicht, da die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen erst nach dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung zum 5. Dezember 2014 rechtskräftig geahndet worden seien. Dass der Gesetzgeber die frühere Erziehungs- und Warnfunktion der einzelnen Stufen des Maßnahmensystems weitestgehend aufgegeben habe, verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen eines Fehlers der Staatsanwaltschaft seien die beiden am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenen Strafurteile dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht gleichzeitig mitgeteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe zu Unrecht zunächst angenommen, die beiden Fahrverbote seien nacheinander zu vollstrecken. Nur aus diesem Grund habe das Kraftfahrt-Bundesamt anschließend getrennte Mitteilungen an die Fahrerlaubnisbehörde übersandt, die deshalb nicht von einem sofortigen Anstieg auf neun Punkte und dementsprechend auch nicht von einem Punkteabzug ausgegangen sei. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Information wegen der langsamen und daher unzureichenden Übermittlung per Brief erst verspätet erhalten habe und deshalb bei der Verwarnung in einem unzulässigen Zwischenschritt einen Stand von nur sieben Punkten angenommen habe. Maßgeblich sei stattdessen das Tattagprinzip. Die gesetzlichen Neuregelungen seien mit einer echten Rückwirkung verbunden, da sie erst nach dem letzten Tattag in Kraft getreten seien; eine Rechtfertigung dafür fehle. Verletzt sei außerdem der Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer Übermittlung des Punktestandes auf dem Postwege hänge es letztlich von Zufällen ab, wann die Information die Fahrerlaubnisbehörde erreiche.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Die Revision sei bereits unzulässig. Ihre Begründung genüge nicht den formalen Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO; es fehle eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil. Um eine echte Rückwirkung der Neuregelung gehe es nicht; auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unechten Rückwirkung gehe die Revisionsbegründung nicht ein. Ebenfalls unzureichend seien die Darlegungen zu einer vermeintlich verzögerten Sachbearbeitung durch die Staatsanwaltschaft. Auch werde nicht aufgezeigt, weshalb eine postalische Übermittlung der Informationen zum Punktestand durch das Kraftfahrt-Bundesamt an die Fahrerlaubnisbehörde unzulässig sein solle. Bei den Ausführungen zum Tattagprinzip werde die Rechtslage verkannt.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Urteil des Berufungsgerichts ebenfalls für zutreffend. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG trete nur ein, wenn der Fahrerlaubnisbehörde zum Zeitpunkt der Maßnahme weitere Verkehrsverstöße bekannt seien, die zur Einordnung in eine höhere Stufe des Maßnahmensystems führten. Aus § 4 Abs. 5 Satz 5, Abs. 5 Satz 6 Nr. 1, Abs. 6 Satz 4 und Abs. 8 Satz 1 StVG ergebe sich, dass es für das Ergreifen einer Maßnahme auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ankomme. Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht dadurch verletzt, dass das Tattagprinzip nach der Neuregelung nicht ohne Ausnahmen gelte; das diene der Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer. Dass für die Entstehung von Punkten auf den Tattag, für das Ergreifen der Maßnahmen dagegen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei, sei nicht systemwidrig, sondern beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, worin der Kläger den geltend gemachten Bundesrechtsverstoß sieht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung neun Punkte im Fahrerlaubnisregister erreicht und die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchlaufen, so dass es zu keiner Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG komme, steht im Einklang mit Bundesrecht (1. und 2.). Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier anzuwendende Neuregelung, mit der der Gesetzgeber eine teilweise Abkehr vom so genannten Tattagprinzip sowie von der Warn-und Erziehungsfunktion des bisherigen Mehrfachtäter-Punktsystems vollzogen hat, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (3.).

11

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249 <250> und Beschluss vom 22. Januar 2001 - 3 B 144.00 - juris Rn. 2 m.w.N.). Damit ist - da kein Widerspruchsverfahren durchzuführen war - auf den Erlass des Bescheids vom 13. Februar 2015 abzustellen.

12

Zugrunde zu legen ist danach das mit Wirkung vom 1. Mai 2014 mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313) eingeführte Fahreignungs-Bewertungssystem, das mit Wirkung ab dem 5. Dezember 2014 insbesondere hinsichtlich der Regelungen in § 4 Abs. 5 und 6 StVG nochmals durch das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist.

13

2. Ihre Rechtsgrundlage findet die Fahrerlaubnisentziehung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG; nach dieser Bestimmung gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ihm ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich in der Summe acht oder mehr Punkte ergeben. Nach § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die nach Landesrecht zuständige Behörde für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Punkte ergeben sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird.

14

Die letzte vom Kläger zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt begangene rechtskräftig geahndete Zuwiderhandlung, die die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entscheidung über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zu berücksichtigen hatte, war die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nimmt das Berufungsgericht an, dass sie zur Erhöhung seines Punktestandes im Fahreignungsregister um weitere zwei auf insgesamt neun Punkte führte.

15

§ 4 Abs. 5 Satz 1 StVG bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen stufenweise zu ergreifen hat. Dieses Stufensystem wird im Hinblick auf seine Rechtsfolgen in § 4 Abs. 6 StVG näher präzisiert. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG darf die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 (Verwarnung) oder Nr. 3 (Entziehung der Fahrerlaubnis) nur ergreifen, wenn die Maßnahme der davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen (§ 4 Abs. 6 Satz 2 StVG). Nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG verringert sich der Punktestand im Falle des Satzes 2 mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen Ermahnung auf fünf Punkte (Nr. 1) und der Verwarnung auf sieben Punkte (Nr. 2), wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist.

16

Hier hatte die Fahrerlaubnisbehörde die beiden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG vor der Entziehung der Fahrerlaubnis liegenden Stufen des Maßnahmensystems rechtsfehlerfrei gegen den Kläger ergriffen. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG ist dabei nicht eingetreten.

17

a) Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem (alten) Mehrfachtäter-Punktsystem hatte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2011 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a.F. verwarnt; dies entsprach der ersten Maßnahmenstufe nach dem bis zum 30. April 2014 geltenden Mehrfachtäter-Punktsystem.

18

In der Folgezeit ergaben sich aus den bis zum 1. Mai 2014 rechtskräftig geahndeten und im Verkehrszentralregister eingetragenen Zuwiderhandlungen des Klägers zwölf Punkte nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem. Diese Punkte waren nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG zum 1. Mai 2014 in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umzustellen; das führte zur Einordnung des Klägers in die Stufe 1 (Ermahnung) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Diese am 1. Mai 2014 erreichte Stufe wird gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 StVG für Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zugrunde gelegt. § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 StVG bestimmt, dass die Einordnung nach Satz 1 allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem führt. Eine Wiederholung der ersten Maßnahmenstufe nach der Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems war somit nicht erforderlich.

19

b) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit der Verwarnung, die ihm die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG mit Schreiben vom 21. Januar 2015 erteilt hatte, auch die zweite Stufe des in § 4 Abs. 5 StVG vorgesehenen Maßnahmensystems ordnungsgemäß und ohne Verringerung des Punktestandes durchlaufen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

20

aa) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG ist, wenn sich sechs oder sieben Punkte ergeben, der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen. Das ist hier mit dem Schreiben vom 21. Januar 2015 rechtsfehlerfrei erfolgt. Mit der am 10. Februar 2014 begangenen und mit Strafurteil vom 13. Dezember 2014 rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte der Kläger "retrospektiv" (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 19) zum 10. Februar 2014 einen Stand von sieben Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Die Punktebewertung richtete sich nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StVG; danach sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Die Ordnungswidrigkeit vom 10. Februar 2014 führte danach zu zwei Punkten (vgl. Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem.

21

bb) Der Kläger meint, bei dieser Verwarnung hätte der Beklagte aufgrund des Tattagprinzips außer dem Verkehrsverstoß vom 10. Februar 2014 zusätzlich die am 10. März 2014 begangene und zum Zeitpunkt der Verwarnung auch bereits rechtskräftig geahndete sowie im Fahreignungsregister gespeicherte Geschwindigkeitsüberschreitung berücksichtigen müssen. Es müsse, nicht anders als wenn die Fahrerlaubnisbehörde von beiden Verkehrsverstößen gleichzeitig Kenntnis erhalten hätte, eine Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG gewährt werden.

22

Dieser Einwand geht fehl. Spätestens seit der zum 5. Dezember 2014 in Kraft getretenen erneuten Gesetzesänderung ist für das Ergreifen von Maßnahmen nach rechtskräftiger Ahndung der Zuwiderhandlung nicht mehr ausschließlich auf den sich für den betreffenden Tattag ergebenden Punktestand abzustellen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG sind die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG übermittelten Zuwiderhandlungen.

23

Im alten Mehrfachtäter-Punktsystem hatte der erkennende Senat der Stufung der Maßnahmen eine "Warnfunktion" beigemessen und daraus hergeleitet, dass die Maßnahmen den Fahrerlaubnisinhaber "möglichst frühzeitig und insbesondere noch vor Eintritt in die nächste Stufe erreichen" sollten, damit ihm die "Möglichkeit der Verhaltensänderung" effektiv eröffnet werde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 33). Die Fahrerlaubnis konnte nur entzogen werden, wenn deren Inhaber nach seiner Verwarnung eine weitere zur Überschreitung der Schwelle von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. führende Zuwiderhandlung begangen hatte. Weitere vor der Verwarnung begangene, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung aber noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen konnten auf der Grundlage des Mehrfachtäter-Punktsystems nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (§ 4 Abs. 5 Satz 2 StVG a.F.). Hiervon hat sich der Gesetzgeber für das Fahreignungs-Bewertungssystem bewusst abgesetzt. Bei Fahrerlaubnisinhabern, die sich durch eine Anhäufung von innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen haben, sollen die Verkehrssicherheit und das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, Vorrang vor dem Erziehungsgedanken haben. Für das Fahreignungs-Bewertungssystem soll es nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit der Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Die Erziehungswirkung liege - so der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Begründung der vorgeschlagenen und im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs - dem Gesamtsystem als solchem zu Grunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienten. Die Maßnahmen stellten somit lediglich eine Information über den Stand im System dar. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden sei, sei vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusse das Entstehen von Punkten nicht (BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.).

24

Umgesetzt wird der vom Gesetzgeber gewollte Systemwechsel insbesondere durch § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind. Diese Vorschrift soll die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen wurde, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnte, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sei (BT-Drs. 18/2775 S. 10). Ein solcher Fall liegt - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (UA Rn. 20) - hier bezogen auf die Ordnungswidrigkeit vom 10. März 2014 vor. Sie ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG zu berücksichtigen, obwohl der Kläger wegen der am 10. Februar 2014 begangenen Zuwiderhandlung erst am 21. Januar 2015 und damit nach der Begehung der weiteren Ordnungswidrigkeit verwarnt wurde. § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stellt ausdrücklich auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach dieser Bestimmung erhöhen Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand (vgl. zur Systematik auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 88a).

25

Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Dieser Kenntnisstand ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG. Für die Frage, ob die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist und sich, wenn zunächst diese Maßnahme zu ergreifen ist, der Punktestand verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG), kann nichts anderes gelten. Eine andere Betrachtung liefe dem Ziel der Gesetzesänderung zuwider, bei einer Anhäufung von Verkehrsverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann zu ermöglichen, wenn der Betroffene nach der Verwarnung die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr durch eine Änderung seines Verkehrsverhaltens verhindern kann.

26

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich die Fahrerlaubnisbehörde weder das Wissen, über das eine der im Maßnahmensystem "vorgelagerten" Stellen (hier Staatsanwaltschaft und Kraftfahrt-Bundesamt) hinsichtlich weiterer Verkehrsverstöße des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers verfügt, noch ein Verschulden dieser Stellen bei der Datenübermittlung zurechnen lassen. Ob dem Berufungsgericht in der Bewertung des Verhaltens der Staatsanwaltschaft bei der Übermittlung der Zuwiderhandlung vom 10. März 2014 zu folgen ist, kann deshalb offen bleiben. Mangels Zurechenbarkeit eines Verschuldens der Staatsanwaltschaft ist das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Eine Zurechnung von Wissen oder von Verschulden bei der Datenübermittlung liefe der Konzeption des Gesetzgebers zuwider, nach der gerade auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde abgestellt werden soll. Abgesehen davon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine solche Zurechnung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 12. März 2015 - 3 C 6.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:120315U3C6.14.0] - Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 30 Rn. 14 ff.). Der Vollzug des Maßnahmensystems ist, wie § 4 Abs. 8 und § 28 Abs. 4 StVG sowie die Gesetzesbegründung zeigen, auf die Übermittlung der entsprechenden Daten und auf deren Kenntnisnahme beim Empfänger angelegt. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Berufen auf die Unkenntnis als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (vgl. VGH München, Beschluss vom 28. April 2016 - 11 CS 16.537 - ZfS 2016, 415 Rn. 13), kann offen bleiben. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

27

dd) Die Fahrerlaubnisbehörde muss auch nicht unmittelbar vor dem Ergreifen der Maßnahme nochmals beim Kraftfahrt-Bundesamt den aktuellen Punktestand erfragen. Eine solche Rechtspflicht lässt sich den Regelungen zum Fahreignungs-Bewertungssystem nicht entnehmen (ebenso Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 60 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 8 StVG eine Übermittlungspflicht des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht aber eine Nachfragepflicht der Fahrerlaubnisbehörde begründet.

28

ee) Auch daraus, dass die Übermittlung von Daten aus dem Fahreignungsregister an die Fahrerlaubnisbehörde im Postwege und nicht automatisiert erfolgte, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Ein Anspruch auf Einrichtung eines automatisierten Abfrageverfahrens besteht nicht. § 30a und b StVG geben zwar die Befugnis zur Übermittlung bzw. zur Abfrage von Daten aus dem Fahreignungsregister in einem automatisierten Anfrage- und Auskunftsverfahren; diese Regelungen verpflichten die betroffenen Stellen jedoch nicht dazu. Nach § 30a Abs. 2 und § 30b StVG steht die Einrichtung solcher automatisierter Übermittlungsverfahren zudem unter dem Vorbehalt der näheren Bestimmung durch Rechtsverordnung. Eine solche Rechtsverordnung wurde bislang nicht erlassen. Unbeschadet dessen wird den Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden durch § 28 Abs. 4 StVG die Verpflichtung auferlegt, dem Kraftfahrt-Bundesamt "unverzüglich" die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung führenden Daten mitzuteilen. Nach § 4 Abs. 8 StVG muss das Kraftfahrt-Bundesamt "bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5" den Fahrerlaubnisbehörden die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister übermitteln. Somit besteht auch ohne ein automatisiertes Verfahren ein gesetzliches "Beschleunigungsgebot". Unabhängig davon ist der Umstand, dass die Fahrerlaubnisbehörde hier von den beiden am selben Tag rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlungen des Klägers nicht gleichzeitig Kenntnis erhielt, nicht auf die Postlaufzeiten, sondern darauf zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft die im Fahreignungsregister zu speichernden Daten wegen einer von ihr zunächst angenommenen Nacheinandervollstreckung der beiden Fahrverbote zeitlich versetzt an das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt hatte.

29

3. Die hier in ihrer ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung anzuwendenden Regelungen des § 4 Abs. 5 und 6 StVG sind verfassungsrechtlich weder wegen einer unzulässigen Rückwirkung (a) noch wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstanden (b).

30

a) Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liegt nicht vor.

31

aa) Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde, ist auf eine Fahrerlaubnisentziehung nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anwendbar; sie ist keine Bestrafung im Sinne dieser Vorschrift. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und eine Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG haben keinen repressiven, sondern präventiven Charakter. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Instrument mit general- und spezialpräventiver Wirkung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 38 und BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.). Es dient dem Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVG).

32

bb) Weder bezogen auf den 1. Mai 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fünften Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313), mit dem das Fahreignungs-Bewertungssystem eingeführt wurde, noch bezogen auf den 5. Dezember 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) und der damit verbundenen (erneuten) Änderung von § 4 Abs. 5 und 6 StVG ist eine echte Rückwirkung zu Lasten des Klägers festzustellen. Ob der dargelegte Systemwechsel bereits durch die am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Gesetzesänderung vollzogen wurde (verneinend: OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 14), ist hier ohne Bedeutung.

33

Wie gezeigt, entfaltet die Gesetzesänderung belastende Wirkungen für Fahrerlaubnisinhaber, die vor ihrer Verwarnung weitere, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen begangen haben. Damit wird in Fällen wie dem des Klägers jedoch nicht in einen in der Vergangenheit liegenden, bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen. Zwar hat der Kläger die beiden zur Überschreitung der Acht-Punkte-Grenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führenden Ordnungswidrigkeiten sowohl vor dem 5. Dezember 2014 als auch vor dem 1. Mai 2014 begangen. Doch bereits unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem (dort noch ohne einfach-gesetzliche Regelung, aber vom Rechtsstaatsprinzip gefordert; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 19 ff.) genügte die Begehung einer im Fahreignungsregister zu speichernden Straftat oder Ordnungswidrigkeit für das Entstehen von Punkten nicht. Erforderlich war schon damals die rechtskräftige Ahndung der betreffenden Tat. Somit lag und liegt der Entstehung von Punkten kein reines Tattagprinzip, sondern ein kombiniertes Tattag- und Rechtskraftprinzip zugrunde (so zum Mehrfachtäter-Punktsystem: BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 a.a.O.; für das Fahreignungs-Bewertungssystem: § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG und BT-Drs. 17/12636 S. 19). Im Hinblick darauf waren hier die maßgeblichen Lebenssachverhalte beim In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen noch nicht abgeschlossen. Die beiden strafgerichtlichen Urteile wurden erst am 19. Dezember 2014 rechtskräftig.

34

cc) Aus dem zeitlichen Ablauf ergibt sich allerdings zugleich, dass dem Berufungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden kann, die Frage einer unechten Rückwirkung wegen des Eintritts der Rechtskraft erst zum 19. Dezember 2014 stelle sich hier nicht (UA Rn. 30; ähnlich bereits VGH München, Beschluss vom 8. Juni 2015 - 11 CS 15.718 - juris Rn. 22). Jedenfalls die Verkehrsverstöße als "Auslöser" der Maßnahmen waren bereits vor dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen begangen worden.

35

Diese unechte Rückwirkung (so in Bezug auf § 4 StVG n.F. in vergleichbaren Fällen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2016 - OVG 1 S 86.16 - ZfS 2017, 55 <56>; OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 15; Stieber, in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 4 StVG Rn. 86) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 <47 f.> m.w.N.).

36

Das ist hier der Fall. Die Gesetzesänderung dient - wie gezeigt - der Effektivierung des Fahreignungs-Bewertungssystems. Sie zielt auf eine Stärkung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.) und soll dazu beitragen, dass Fahrerlaubnisinhaber, die sich durch das Erreichen von acht oder mehr Punkten nach der Wertung des Gesetzgebers als ungeeignet erwiesen haben, auch tatsächlich vom Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden. Dieses Ziel ließe sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die Neuregelung auf vor ihrem In-Kraft-Treten begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße nicht anwendbar wäre. Die Grenze der Zumutbarkeit bleibt für die Betroffenen gewahrt. Ihre Erwartung, dass das der Gefahrenabwehr dienende Fahrerlaubnisrecht nach Begehung einer noch nicht rechtskräftig geahndeten Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht zu ihrem Nachteil geändert werde, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

37

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist mit der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls nicht verbunden.

38

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 Rn. 38 f. m.w.N.).

39

Ungleich behandelt werden Fahrerlaubnisinhaber, die wegen des Erreichens von vier oder fünf Punkten ermahnt worden sind und anschließend weitere Verkehrsverstöße begehen, die zum Erreichen von acht oder mehr Punkten führen: Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes über diese Verkehrsverstöße gleichzeitig oder die weitere Mitteilung jedenfalls, bevor sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung verwarnt hat, wird der Fahrerlaubnisinhaber gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 StVG lediglich verwarnt und sein Punktestand verringert sich auf sieben Punkte (§ 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG). Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die zweite Mitteilung dagegen - wie im Falle des Klägers - erst, nachdem sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten verwarnt hat, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG).

40

Das Ziel, die Allgemeinheit mit Hilfe eines typisierenden Fahreignungs-Bewertungssystems und einer daran anknüpfenden Maßnahmenstufung effektiv vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, bietet auch für eine solche Ungleichbehandlung noch einen hinreichenden Sachgrund. Wann die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrerlaubnisinhaber verwarnen kann, hängt nicht nur vom zeitlichen Abstand der Verkehrsverstöße, sondern auch davon ab, wann deren Ahndung rechtskräftig wird (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG), wann die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem Kraftfahrt-Bundesamt die über die Zuwiderhandlungen zu speichernden Daten mitteilen (§ 28 Abs. 4 StVG), wann das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde die Eintragungen im Fahreignungsregister übermittelt (§ 4 Abs. 8 StVG) und welche Bearbeitungszeiten bei der Fahrerlaubnisbehörde selbst anfallen. Ein Zusammenhang zwischen der Gestaltung und Dauer des Verfahrens und der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers besteht nicht. Ein Fahrerlaubnisinhaber, der - wie der Kläger - mehrere, acht oder mehr Punkte ergebende Zuwiderhandlungen begangen hat, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besser geeignet und gefährdet die Allgemeinheit nicht weniger, wenn die Staatsanwaltschaft und anschließend das Kraftfahrt-Bundesamt diese Verkehrsverstöße gleichzeitig weitermelden. Das Fahreignungs-Bewertungssystem kommt jedoch ohne eine Anknüpfung an das betreffende Straf- oder Bußgeldverfahren nicht aus. Auch unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem konnten nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister eingetragen werden und Punkte ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 21). Je später die Ahndung eines Verkehrsverstoßes rechtskräftig und damit eine Maßnahme nach § 4 Abs. 5 StVG möglich wurde, desto länger konnte der Fahrerlaubnisinhaber weitere Zuwiderhandlungen begehen, ohne die nächste Stufe des Maßnahmensystems zu erreichen. Eine sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wurde hingenommen. Verfahrensbedingte Unterschiede bei der Ahndung von Verkehrsverstößen, wie sie z.B. bei der Verhängung von Fahrverboten auftreten können, werden in der Rechtsordnung auch sonst akzeptiert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 4 StR 227/15 - BGHSt 61, 100). Soweit im Fahreignungs-Bewertungssystem die Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG nicht nur vom Eintritt der Rechtskraft abhängt, sondern auch vom Ablauf des anschließenden Verwaltungsverfahrens, unterscheiden sich die damit verbundenen zusätzlichen Unwägbarkeiten im Ansatz nicht von jenen, die sich aus dem Ablauf des Straf- oder Bußgeldverfahrens ergeben; sie sind deshalb ebenfalls hinzunehmen. Dabei darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die beteiligten Stellen die Erledigung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verzögern, um den Fahrerlaubnisinhaber beim Vollzug des Fahreignungs-Bewertungssystems zu begünstigen oder ihm zu schaden.

41

Der Gesetzgeber muss auch nicht zur Vermeidung der dargelegten Ungleichbehandlung vorsehen, dass die Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten aufgrund weiterer Verkehrsverstöße gegebenenfalls ohne vorherige Verwarnung zu entziehen ist. Zu einem neuen Gleichheitsproblem würde eine solche Regelung allerdings nicht führen. Fahrerlaubnisinhaber in der Situation des Klägers sind zwar verwarnt worden; sie hatten aber im Zeitpunkt der Verwarnung wegen der weiteren Zuwiderhandlung bereits acht Punkte. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war damit unabwendbar, die Verwarnung aus ihrer Sicht eine bloße Formalie. Ungeachtet dessen bleibt die Stufung der Maßnahmen nach der gesetzgeberischen Konzeption ein wichtiges Element des Fahreignungs-Bewertungssystems. Die Behörde darf - wie § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG zu entnehmen ist - die Fahrerlaubnis nach wie vor nur entziehen, wenn sie den Fahrerlaubnisinhaber zuvor nicht nur ermahnt, sondern auch verwarnt hat. In vielen Fällen kann die Verwarnung ihre Funktion auch erfüllen, den Fahrerlaubnisinhaber ein letztes Mal zu einer Verhaltensänderung anzuhalten. Wenn die Behörde wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten die Verwarnung ausspricht, ist dies auf der Grundlage ihres Kenntnisstandes auch eine sinnvolle Maßnahme; sie hat keine Anhaltspunkte für weitere Verkehrsverstöße. Ausgehend hiervon liegt es innerhalb des Bewertungsspielraums des Gesetzgebers, wenn er meint, ein noch nicht verwarnter Fahrerlaubnisinhaber solle auch bei Erreichen von acht Punkten zunächst ein zweites Mal angehalten werden, sein Verhalten im Straßenverkehr zu ändern. Fahrern, die in dichter Folge schwere Verkehrsverstöße begangen haben und vor Entziehung der Fahrerlaubnis verwarnt worden sind, darf deshalb zugemutet werden, die dargestellten verfahrensbedingten Ungleichbehandlungen hinzunehmen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

2

Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem verwarnte ihn die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 28. Juni 2011 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2010. Nach Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems zum 1. Mai 2014 wurden die vom Kläger bis dahin erreichten zwölf Punkte in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umgestellt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit dort am 19. Januar 2015 eingegangenem Schreiben vom 8. Januar 2015 mit, der Kläger habe aufgrund einer am 10. Februar 2014 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenes strafgerichtliches Urteil vom 13. November 2014 geahndet worden sei, sieben Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht. Die Tat und deren rechtskräftige Ahndung waren dem Kraftfahrt-Bundesamt von der Staatsanwaltschaft am 5. Januar 2015 mitgeteilt und am 6. Januar 2015 im Fahreignungsregister gespeichert worden. Daraufhin verwarnte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2015.

4

Mit Schreiben vom 22. Januar 2015, dort eingegangen am 2. Februar 2015, erhielt die Fahrerlaubnisbehörde vom Kraftfahrt-Bundesamt die Mitteilung, der Kläger habe aufgrund einer am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein ebenfalls am 13. November 2014 ergangenes, seit dem 19. Dezember 2014 rechtskräftiges Strafurteil geahndet worden sei, neun Punkte erreicht. Die Staatsanwaltschaft hatte dies dem Kraftfahrt-Bundesamt am 19. Januar 2015 mitgeteilt; die Speicherung im Fahreignungsregister war einen Tag später erfolgt. Daraufhin entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger mit Bescheid vom 13. Februar 2015 die Fahrerlaubnis. Zur Begründung heißt es: Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG erweise er sich mit dem Erreichen von neun Punkten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im Fahreignungs-Bewertungssystem stehe der Erziehungsgedanke nicht mehr im Vordergrund. In Abwägung mit der Verkehrssicherheit sei es nicht hinnehmbar, dass in kurzer Zeit zahlreiche schwere Verkehrsverstöße begangen werden könnten und das nur wegen des gestuften Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG nicht zur Fahrerlaubnisentziehung führe. In solchen Fällen müsse auf eine Chance des Betroffenen verzichtet werden, sein Verhalten vor der Entziehung zu ändern. Im Falle des Klägers seien vor der Entziehung der Fahrerlaubnis alle Maßnahmenstufen ordnungsgemäß durchlaufen worden.

5

Diesen Bescheid hat das Verwaltungsgericht aufgehoben. Der Kläger habe den Maßnahmenkatalog nicht ordnungsgemäß durchlaufen, die Fahrerlaubnisentziehung sei daher rechtswidrig. Zwar habe er mit der rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 neun Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht; auch sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG beim Erreichen von acht oder mehr Punkten die Fahrerlaubnis zu entziehen. Doch setze das Ergreifen einer weiteren Maßnahme nach Wortlaut und Systematik von § 4 StVG voraus, dass zeitlich nach der vorangegangenen Maßnahme eine weitere mit Punkten zu bewertende Zuwiderhandlung begangen worden sei. Das sei hier nicht der Fall. Deshalb verringere sich der Punktestand des Klägers gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG auf sieben Punkte.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden. Er habe mit den für die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 anfallenden Punkten neun Punkte im Fahreignungsregister erreicht und die vor der Fahrerlaubnisentziehung liegenden Stufen des Punktesystems ordnungsgemäß durchlaufen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe ihn mit Schreiben vom 21. Januar 2015 bei einem auf den Tattag 10. Februar 2014 bezogenen und im Fahreignungsregister eingetragenen Stand von sieben Punkten ordnungsgemäß verwarnt. Zu einer Verringerung des Punktestands gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG komme es nicht. Zwar sei auch die vom Kläger am 10. März 2014 begangene Ordnungswidrigkeit bei Ausstellung der Verwarnung bereits rechtskräftig geahndet und im Fahreignungsregister eingetragen gewesen. Das sei der Fahrerlaubnisbehörde aber zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen; deshalb habe sie diesen Verkehrsverstoß bei der Verwarnung noch nicht berücksichtigen können. Für die Frage, ob dem Betroffenen eine Punkteverringerung zu Gute komme, sei nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 StVG nicht auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Ahndung oder der Eintragung der letzten zu berücksichtigenden Zuwiderhandlung im Fahreignungsregister abzustellen; es komme allein darauf an, ob die vorherige Maßnahme schon rechtmäßig ergriffen worden sei. Das bestätige auch § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Diese Auslegung entspreche dem Zweck der Rechtsänderungen zum 1. Mai 2014 und zum 5. Dezember 2014. Der Gesetzgeber habe sich ausweislich der Gesetzesbegründung von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Punkteentstehung und zum Tattagprinzip in dessen Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 3.07 - absetzen wollen. Es solle nun nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreiche und er die Möglichkeit zu einer Verhaltensänderung habe, bevor ihn die Folgemaßnahme treffe. Vorrangig seien nach dem Willen des Gesetzgebers nun die Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und die Verkehrssicherheit. Es sei auf der Grundlage des Kenntnisstandes der Fahrerlaubnisbehörde zu beurteilen, ob die Maßnahme der vorangegangenen Stufe bereits ergriffen worden sei. Das Entstehen von Punkten solle davon nicht beeinflusst werden. § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG verdeutliche, dass ein Verkehrsverstoß auch dann zu Punkten führe, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, dabei aber noch nicht habe verwertet werden können. Um einen solchen Fall gehe es hier. Die Fahrerlaubnisbehörde habe vor der am 2. Februar 2015 bei ihr eingegangenen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes keine Kenntnis von der am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung gehabt. Ob sich die Fahrerlaubnisbehörde eine schuldhafte Verzögerung durch andere Behörden (Staatsanwaltschaften und Kraftfahrt-Bundesamt) zurechnen lassen müsse, könne offen bleiben. Eine solche Verzögerung habe es hier nicht gegeben. Die Fahrerlaubnisbehörde sei auch nicht verpflichtet, den Punktestand vor dem Ergreifen einer Maßnahme nochmals durch eine Anfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt zu überprüfen. Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 5 und 6 StVG n.F. bestünden nicht. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung stelle sich hier nicht, da die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen erst nach dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung zum 5. Dezember 2014 rechtskräftig geahndet worden seien. Dass der Gesetzgeber die frühere Erziehungs- und Warnfunktion der einzelnen Stufen des Maßnahmensystems weitestgehend aufgegeben habe, verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen eines Fehlers der Staatsanwaltschaft seien die beiden am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenen Strafurteile dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht gleichzeitig mitgeteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe zu Unrecht zunächst angenommen, die beiden Fahrverbote seien nacheinander zu vollstrecken. Nur aus diesem Grund habe das Kraftfahrt-Bundesamt anschließend getrennte Mitteilungen an die Fahrerlaubnisbehörde übersandt, die deshalb nicht von einem sofortigen Anstieg auf neun Punkte und dementsprechend auch nicht von einem Punkteabzug ausgegangen sei. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Information wegen der langsamen und daher unzureichenden Übermittlung per Brief erst verspätet erhalten habe und deshalb bei der Verwarnung in einem unzulässigen Zwischenschritt einen Stand von nur sieben Punkten angenommen habe. Maßgeblich sei stattdessen das Tattagprinzip. Die gesetzlichen Neuregelungen seien mit einer echten Rückwirkung verbunden, da sie erst nach dem letzten Tattag in Kraft getreten seien; eine Rechtfertigung dafür fehle. Verletzt sei außerdem der Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer Übermittlung des Punktestandes auf dem Postwege hänge es letztlich von Zufällen ab, wann die Information die Fahrerlaubnisbehörde erreiche.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Die Revision sei bereits unzulässig. Ihre Begründung genüge nicht den formalen Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO; es fehle eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil. Um eine echte Rückwirkung der Neuregelung gehe es nicht; auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unechten Rückwirkung gehe die Revisionsbegründung nicht ein. Ebenfalls unzureichend seien die Darlegungen zu einer vermeintlich verzögerten Sachbearbeitung durch die Staatsanwaltschaft. Auch werde nicht aufgezeigt, weshalb eine postalische Übermittlung der Informationen zum Punktestand durch das Kraftfahrt-Bundesamt an die Fahrerlaubnisbehörde unzulässig sein solle. Bei den Ausführungen zum Tattagprinzip werde die Rechtslage verkannt.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Urteil des Berufungsgerichts ebenfalls für zutreffend. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG trete nur ein, wenn der Fahrerlaubnisbehörde zum Zeitpunkt der Maßnahme weitere Verkehrsverstöße bekannt seien, die zur Einordnung in eine höhere Stufe des Maßnahmensystems führten. Aus § 4 Abs. 5 Satz 5, Abs. 5 Satz 6 Nr. 1, Abs. 6 Satz 4 und Abs. 8 Satz 1 StVG ergebe sich, dass es für das Ergreifen einer Maßnahme auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ankomme. Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht dadurch verletzt, dass das Tattagprinzip nach der Neuregelung nicht ohne Ausnahmen gelte; das diene der Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer. Dass für die Entstehung von Punkten auf den Tattag, für das Ergreifen der Maßnahmen dagegen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei, sei nicht systemwidrig, sondern beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, worin der Kläger den geltend gemachten Bundesrechtsverstoß sieht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung neun Punkte im Fahrerlaubnisregister erreicht und die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchlaufen, so dass es zu keiner Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG komme, steht im Einklang mit Bundesrecht (1. und 2.). Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier anzuwendende Neuregelung, mit der der Gesetzgeber eine teilweise Abkehr vom so genannten Tattagprinzip sowie von der Warn-und Erziehungsfunktion des bisherigen Mehrfachtäter-Punktsystems vollzogen hat, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (3.).

11

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249 <250> und Beschluss vom 22. Januar 2001 - 3 B 144.00 - juris Rn. 2 m.w.N.). Damit ist - da kein Widerspruchsverfahren durchzuführen war - auf den Erlass des Bescheids vom 13. Februar 2015 abzustellen.

12

Zugrunde zu legen ist danach das mit Wirkung vom 1. Mai 2014 mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313) eingeführte Fahreignungs-Bewertungssystem, das mit Wirkung ab dem 5. Dezember 2014 insbesondere hinsichtlich der Regelungen in § 4 Abs. 5 und 6 StVG nochmals durch das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist.

13

2. Ihre Rechtsgrundlage findet die Fahrerlaubnisentziehung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG; nach dieser Bestimmung gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ihm ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich in der Summe acht oder mehr Punkte ergeben. Nach § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die nach Landesrecht zuständige Behörde für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Punkte ergeben sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird.

14

Die letzte vom Kläger zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt begangene rechtskräftig geahndete Zuwiderhandlung, die die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entscheidung über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zu berücksichtigen hatte, war die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nimmt das Berufungsgericht an, dass sie zur Erhöhung seines Punktestandes im Fahreignungsregister um weitere zwei auf insgesamt neun Punkte führte.

15

§ 4 Abs. 5 Satz 1 StVG bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen stufenweise zu ergreifen hat. Dieses Stufensystem wird im Hinblick auf seine Rechtsfolgen in § 4 Abs. 6 StVG näher präzisiert. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG darf die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 (Verwarnung) oder Nr. 3 (Entziehung der Fahrerlaubnis) nur ergreifen, wenn die Maßnahme der davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen (§ 4 Abs. 6 Satz 2 StVG). Nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG verringert sich der Punktestand im Falle des Satzes 2 mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen Ermahnung auf fünf Punkte (Nr. 1) und der Verwarnung auf sieben Punkte (Nr. 2), wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist.

16

Hier hatte die Fahrerlaubnisbehörde die beiden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG vor der Entziehung der Fahrerlaubnis liegenden Stufen des Maßnahmensystems rechtsfehlerfrei gegen den Kläger ergriffen. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG ist dabei nicht eingetreten.

17

a) Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem (alten) Mehrfachtäter-Punktsystem hatte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2011 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a.F. verwarnt; dies entsprach der ersten Maßnahmenstufe nach dem bis zum 30. April 2014 geltenden Mehrfachtäter-Punktsystem.

18

In der Folgezeit ergaben sich aus den bis zum 1. Mai 2014 rechtskräftig geahndeten und im Verkehrszentralregister eingetragenen Zuwiderhandlungen des Klägers zwölf Punkte nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem. Diese Punkte waren nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG zum 1. Mai 2014 in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umzustellen; das führte zur Einordnung des Klägers in die Stufe 1 (Ermahnung) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Diese am 1. Mai 2014 erreichte Stufe wird gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 StVG für Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zugrunde gelegt. § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 StVG bestimmt, dass die Einordnung nach Satz 1 allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem führt. Eine Wiederholung der ersten Maßnahmenstufe nach der Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems war somit nicht erforderlich.

19

b) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit der Verwarnung, die ihm die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG mit Schreiben vom 21. Januar 2015 erteilt hatte, auch die zweite Stufe des in § 4 Abs. 5 StVG vorgesehenen Maßnahmensystems ordnungsgemäß und ohne Verringerung des Punktestandes durchlaufen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

20

aa) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG ist, wenn sich sechs oder sieben Punkte ergeben, der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen. Das ist hier mit dem Schreiben vom 21. Januar 2015 rechtsfehlerfrei erfolgt. Mit der am 10. Februar 2014 begangenen und mit Strafurteil vom 13. Dezember 2014 rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte der Kläger "retrospektiv" (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 19) zum 10. Februar 2014 einen Stand von sieben Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Die Punktebewertung richtete sich nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StVG; danach sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Die Ordnungswidrigkeit vom 10. Februar 2014 führte danach zu zwei Punkten (vgl. Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem.

21

bb) Der Kläger meint, bei dieser Verwarnung hätte der Beklagte aufgrund des Tattagprinzips außer dem Verkehrsverstoß vom 10. Februar 2014 zusätzlich die am 10. März 2014 begangene und zum Zeitpunkt der Verwarnung auch bereits rechtskräftig geahndete sowie im Fahreignungsregister gespeicherte Geschwindigkeitsüberschreitung berücksichtigen müssen. Es müsse, nicht anders als wenn die Fahrerlaubnisbehörde von beiden Verkehrsverstößen gleichzeitig Kenntnis erhalten hätte, eine Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG gewährt werden.

22

Dieser Einwand geht fehl. Spätestens seit der zum 5. Dezember 2014 in Kraft getretenen erneuten Gesetzesänderung ist für das Ergreifen von Maßnahmen nach rechtskräftiger Ahndung der Zuwiderhandlung nicht mehr ausschließlich auf den sich für den betreffenden Tattag ergebenden Punktestand abzustellen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG sind die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG übermittelten Zuwiderhandlungen.

23

Im alten Mehrfachtäter-Punktsystem hatte der erkennende Senat der Stufung der Maßnahmen eine "Warnfunktion" beigemessen und daraus hergeleitet, dass die Maßnahmen den Fahrerlaubnisinhaber "möglichst frühzeitig und insbesondere noch vor Eintritt in die nächste Stufe erreichen" sollten, damit ihm die "Möglichkeit der Verhaltensänderung" effektiv eröffnet werde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 33). Die Fahrerlaubnis konnte nur entzogen werden, wenn deren Inhaber nach seiner Verwarnung eine weitere zur Überschreitung der Schwelle von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. führende Zuwiderhandlung begangen hatte. Weitere vor der Verwarnung begangene, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung aber noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen konnten auf der Grundlage des Mehrfachtäter-Punktsystems nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (§ 4 Abs. 5 Satz 2 StVG a.F.). Hiervon hat sich der Gesetzgeber für das Fahreignungs-Bewertungssystem bewusst abgesetzt. Bei Fahrerlaubnisinhabern, die sich durch eine Anhäufung von innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen haben, sollen die Verkehrssicherheit und das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, Vorrang vor dem Erziehungsgedanken haben. Für das Fahreignungs-Bewertungssystem soll es nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit der Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Die Erziehungswirkung liege - so der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Begründung der vorgeschlagenen und im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs - dem Gesamtsystem als solchem zu Grunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienten. Die Maßnahmen stellten somit lediglich eine Information über den Stand im System dar. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden sei, sei vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusse das Entstehen von Punkten nicht (BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.).

24

Umgesetzt wird der vom Gesetzgeber gewollte Systemwechsel insbesondere durch § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind. Diese Vorschrift soll die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen wurde, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnte, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sei (BT-Drs. 18/2775 S. 10). Ein solcher Fall liegt - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (UA Rn. 20) - hier bezogen auf die Ordnungswidrigkeit vom 10. März 2014 vor. Sie ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG zu berücksichtigen, obwohl der Kläger wegen der am 10. Februar 2014 begangenen Zuwiderhandlung erst am 21. Januar 2015 und damit nach der Begehung der weiteren Ordnungswidrigkeit verwarnt wurde. § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stellt ausdrücklich auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach dieser Bestimmung erhöhen Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand (vgl. zur Systematik auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 88a).

25

Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Dieser Kenntnisstand ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG. Für die Frage, ob die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist und sich, wenn zunächst diese Maßnahme zu ergreifen ist, der Punktestand verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG), kann nichts anderes gelten. Eine andere Betrachtung liefe dem Ziel der Gesetzesänderung zuwider, bei einer Anhäufung von Verkehrsverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann zu ermöglichen, wenn der Betroffene nach der Verwarnung die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr durch eine Änderung seines Verkehrsverhaltens verhindern kann.

26

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich die Fahrerlaubnisbehörde weder das Wissen, über das eine der im Maßnahmensystem "vorgelagerten" Stellen (hier Staatsanwaltschaft und Kraftfahrt-Bundesamt) hinsichtlich weiterer Verkehrsverstöße des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers verfügt, noch ein Verschulden dieser Stellen bei der Datenübermittlung zurechnen lassen. Ob dem Berufungsgericht in der Bewertung des Verhaltens der Staatsanwaltschaft bei der Übermittlung der Zuwiderhandlung vom 10. März 2014 zu folgen ist, kann deshalb offen bleiben. Mangels Zurechenbarkeit eines Verschuldens der Staatsanwaltschaft ist das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Eine Zurechnung von Wissen oder von Verschulden bei der Datenübermittlung liefe der Konzeption des Gesetzgebers zuwider, nach der gerade auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde abgestellt werden soll. Abgesehen davon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine solche Zurechnung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 12. März 2015 - 3 C 6.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:120315U3C6.14.0] - Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 30 Rn. 14 ff.). Der Vollzug des Maßnahmensystems ist, wie § 4 Abs. 8 und § 28 Abs. 4 StVG sowie die Gesetzesbegründung zeigen, auf die Übermittlung der entsprechenden Daten und auf deren Kenntnisnahme beim Empfänger angelegt. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Berufen auf die Unkenntnis als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (vgl. VGH München, Beschluss vom 28. April 2016 - 11 CS 16.537 - ZfS 2016, 415 Rn. 13), kann offen bleiben. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

27

dd) Die Fahrerlaubnisbehörde muss auch nicht unmittelbar vor dem Ergreifen der Maßnahme nochmals beim Kraftfahrt-Bundesamt den aktuellen Punktestand erfragen. Eine solche Rechtspflicht lässt sich den Regelungen zum Fahreignungs-Bewertungssystem nicht entnehmen (ebenso Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 60 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 8 StVG eine Übermittlungspflicht des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht aber eine Nachfragepflicht der Fahrerlaubnisbehörde begründet.

28

ee) Auch daraus, dass die Übermittlung von Daten aus dem Fahreignungsregister an die Fahrerlaubnisbehörde im Postwege und nicht automatisiert erfolgte, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Ein Anspruch auf Einrichtung eines automatisierten Abfrageverfahrens besteht nicht. § 30a und b StVG geben zwar die Befugnis zur Übermittlung bzw. zur Abfrage von Daten aus dem Fahreignungsregister in einem automatisierten Anfrage- und Auskunftsverfahren; diese Regelungen verpflichten die betroffenen Stellen jedoch nicht dazu. Nach § 30a Abs. 2 und § 30b StVG steht die Einrichtung solcher automatisierter Übermittlungsverfahren zudem unter dem Vorbehalt der näheren Bestimmung durch Rechtsverordnung. Eine solche Rechtsverordnung wurde bislang nicht erlassen. Unbeschadet dessen wird den Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden durch § 28 Abs. 4 StVG die Verpflichtung auferlegt, dem Kraftfahrt-Bundesamt "unverzüglich" die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung führenden Daten mitzuteilen. Nach § 4 Abs. 8 StVG muss das Kraftfahrt-Bundesamt "bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5" den Fahrerlaubnisbehörden die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister übermitteln. Somit besteht auch ohne ein automatisiertes Verfahren ein gesetzliches "Beschleunigungsgebot". Unabhängig davon ist der Umstand, dass die Fahrerlaubnisbehörde hier von den beiden am selben Tag rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlungen des Klägers nicht gleichzeitig Kenntnis erhielt, nicht auf die Postlaufzeiten, sondern darauf zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft die im Fahreignungsregister zu speichernden Daten wegen einer von ihr zunächst angenommenen Nacheinandervollstreckung der beiden Fahrverbote zeitlich versetzt an das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt hatte.

29

3. Die hier in ihrer ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung anzuwendenden Regelungen des § 4 Abs. 5 und 6 StVG sind verfassungsrechtlich weder wegen einer unzulässigen Rückwirkung (a) noch wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstanden (b).

30

a) Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liegt nicht vor.

31

aa) Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde, ist auf eine Fahrerlaubnisentziehung nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anwendbar; sie ist keine Bestrafung im Sinne dieser Vorschrift. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und eine Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG haben keinen repressiven, sondern präventiven Charakter. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Instrument mit general- und spezialpräventiver Wirkung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 38 und BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.). Es dient dem Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVG).

32

bb) Weder bezogen auf den 1. Mai 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fünften Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313), mit dem das Fahreignungs-Bewertungssystem eingeführt wurde, noch bezogen auf den 5. Dezember 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) und der damit verbundenen (erneuten) Änderung von § 4 Abs. 5 und 6 StVG ist eine echte Rückwirkung zu Lasten des Klägers festzustellen. Ob der dargelegte Systemwechsel bereits durch die am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Gesetzesänderung vollzogen wurde (verneinend: OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 14), ist hier ohne Bedeutung.

33

Wie gezeigt, entfaltet die Gesetzesänderung belastende Wirkungen für Fahrerlaubnisinhaber, die vor ihrer Verwarnung weitere, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen begangen haben. Damit wird in Fällen wie dem des Klägers jedoch nicht in einen in der Vergangenheit liegenden, bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen. Zwar hat der Kläger die beiden zur Überschreitung der Acht-Punkte-Grenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führenden Ordnungswidrigkeiten sowohl vor dem 5. Dezember 2014 als auch vor dem 1. Mai 2014 begangen. Doch bereits unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem (dort noch ohne einfach-gesetzliche Regelung, aber vom Rechtsstaatsprinzip gefordert; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 19 ff.) genügte die Begehung einer im Fahreignungsregister zu speichernden Straftat oder Ordnungswidrigkeit für das Entstehen von Punkten nicht. Erforderlich war schon damals die rechtskräftige Ahndung der betreffenden Tat. Somit lag und liegt der Entstehung von Punkten kein reines Tattagprinzip, sondern ein kombiniertes Tattag- und Rechtskraftprinzip zugrunde (so zum Mehrfachtäter-Punktsystem: BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 a.a.O.; für das Fahreignungs-Bewertungssystem: § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG und BT-Drs. 17/12636 S. 19). Im Hinblick darauf waren hier die maßgeblichen Lebenssachverhalte beim In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen noch nicht abgeschlossen. Die beiden strafgerichtlichen Urteile wurden erst am 19. Dezember 2014 rechtskräftig.

34

cc) Aus dem zeitlichen Ablauf ergibt sich allerdings zugleich, dass dem Berufungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden kann, die Frage einer unechten Rückwirkung wegen des Eintritts der Rechtskraft erst zum 19. Dezember 2014 stelle sich hier nicht (UA Rn. 30; ähnlich bereits VGH München, Beschluss vom 8. Juni 2015 - 11 CS 15.718 - juris Rn. 22). Jedenfalls die Verkehrsverstöße als "Auslöser" der Maßnahmen waren bereits vor dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen begangen worden.

35

Diese unechte Rückwirkung (so in Bezug auf § 4 StVG n.F. in vergleichbaren Fällen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2016 - OVG 1 S 86.16 - ZfS 2017, 55 <56>; OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 15; Stieber, in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 4 StVG Rn. 86) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 <47 f.> m.w.N.).

36

Das ist hier der Fall. Die Gesetzesänderung dient - wie gezeigt - der Effektivierung des Fahreignungs-Bewertungssystems. Sie zielt auf eine Stärkung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.) und soll dazu beitragen, dass Fahrerlaubnisinhaber, die sich durch das Erreichen von acht oder mehr Punkten nach der Wertung des Gesetzgebers als ungeeignet erwiesen haben, auch tatsächlich vom Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden. Dieses Ziel ließe sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die Neuregelung auf vor ihrem In-Kraft-Treten begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße nicht anwendbar wäre. Die Grenze der Zumutbarkeit bleibt für die Betroffenen gewahrt. Ihre Erwartung, dass das der Gefahrenabwehr dienende Fahrerlaubnisrecht nach Begehung einer noch nicht rechtskräftig geahndeten Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht zu ihrem Nachteil geändert werde, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

37

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist mit der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls nicht verbunden.

38

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 Rn. 38 f. m.w.N.).

39

Ungleich behandelt werden Fahrerlaubnisinhaber, die wegen des Erreichens von vier oder fünf Punkten ermahnt worden sind und anschließend weitere Verkehrsverstöße begehen, die zum Erreichen von acht oder mehr Punkten führen: Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes über diese Verkehrsverstöße gleichzeitig oder die weitere Mitteilung jedenfalls, bevor sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung verwarnt hat, wird der Fahrerlaubnisinhaber gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 StVG lediglich verwarnt und sein Punktestand verringert sich auf sieben Punkte (§ 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG). Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die zweite Mitteilung dagegen - wie im Falle des Klägers - erst, nachdem sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten verwarnt hat, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG).

40

Das Ziel, die Allgemeinheit mit Hilfe eines typisierenden Fahreignungs-Bewertungssystems und einer daran anknüpfenden Maßnahmenstufung effektiv vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, bietet auch für eine solche Ungleichbehandlung noch einen hinreichenden Sachgrund. Wann die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrerlaubnisinhaber verwarnen kann, hängt nicht nur vom zeitlichen Abstand der Verkehrsverstöße, sondern auch davon ab, wann deren Ahndung rechtskräftig wird (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG), wann die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem Kraftfahrt-Bundesamt die über die Zuwiderhandlungen zu speichernden Daten mitteilen (§ 28 Abs. 4 StVG), wann das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde die Eintragungen im Fahreignungsregister übermittelt (§ 4 Abs. 8 StVG) und welche Bearbeitungszeiten bei der Fahrerlaubnisbehörde selbst anfallen. Ein Zusammenhang zwischen der Gestaltung und Dauer des Verfahrens und der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers besteht nicht. Ein Fahrerlaubnisinhaber, der - wie der Kläger - mehrere, acht oder mehr Punkte ergebende Zuwiderhandlungen begangen hat, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besser geeignet und gefährdet die Allgemeinheit nicht weniger, wenn die Staatsanwaltschaft und anschließend das Kraftfahrt-Bundesamt diese Verkehrsverstöße gleichzeitig weitermelden. Das Fahreignungs-Bewertungssystem kommt jedoch ohne eine Anknüpfung an das betreffende Straf- oder Bußgeldverfahren nicht aus. Auch unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem konnten nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister eingetragen werden und Punkte ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 21). Je später die Ahndung eines Verkehrsverstoßes rechtskräftig und damit eine Maßnahme nach § 4 Abs. 5 StVG möglich wurde, desto länger konnte der Fahrerlaubnisinhaber weitere Zuwiderhandlungen begehen, ohne die nächste Stufe des Maßnahmensystems zu erreichen. Eine sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wurde hingenommen. Verfahrensbedingte Unterschiede bei der Ahndung von Verkehrsverstößen, wie sie z.B. bei der Verhängung von Fahrverboten auftreten können, werden in der Rechtsordnung auch sonst akzeptiert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 4 StR 227/15 - BGHSt 61, 100). Soweit im Fahreignungs-Bewertungssystem die Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG nicht nur vom Eintritt der Rechtskraft abhängt, sondern auch vom Ablauf des anschließenden Verwaltungsverfahrens, unterscheiden sich die damit verbundenen zusätzlichen Unwägbarkeiten im Ansatz nicht von jenen, die sich aus dem Ablauf des Straf- oder Bußgeldverfahrens ergeben; sie sind deshalb ebenfalls hinzunehmen. Dabei darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die beteiligten Stellen die Erledigung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verzögern, um den Fahrerlaubnisinhaber beim Vollzug des Fahreignungs-Bewertungssystems zu begünstigen oder ihm zu schaden.

41

Der Gesetzgeber muss auch nicht zur Vermeidung der dargelegten Ungleichbehandlung vorsehen, dass die Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten aufgrund weiterer Verkehrsverstöße gegebenenfalls ohne vorherige Verwarnung zu entziehen ist. Zu einem neuen Gleichheitsproblem würde eine solche Regelung allerdings nicht führen. Fahrerlaubnisinhaber in der Situation des Klägers sind zwar verwarnt worden; sie hatten aber im Zeitpunkt der Verwarnung wegen der weiteren Zuwiderhandlung bereits acht Punkte. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war damit unabwendbar, die Verwarnung aus ihrer Sicht eine bloße Formalie. Ungeachtet dessen bleibt die Stufung der Maßnahmen nach der gesetzgeberischen Konzeption ein wichtiges Element des Fahreignungs-Bewertungssystems. Die Behörde darf - wie § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG zu entnehmen ist - die Fahrerlaubnis nach wie vor nur entziehen, wenn sie den Fahrerlaubnisinhaber zuvor nicht nur ermahnt, sondern auch verwarnt hat. In vielen Fällen kann die Verwarnung ihre Funktion auch erfüllen, den Fahrerlaubnisinhaber ein letztes Mal zu einer Verhaltensänderung anzuhalten. Wenn die Behörde wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten die Verwarnung ausspricht, ist dies auf der Grundlage ihres Kenntnisstandes auch eine sinnvolle Maßnahme; sie hat keine Anhaltspunkte für weitere Verkehrsverstöße. Ausgehend hiervon liegt es innerhalb des Bewertungsspielraums des Gesetzgebers, wenn er meint, ein noch nicht verwarnter Fahrerlaubnisinhaber solle auch bei Erreichen von acht Punkten zunächst ein zweites Mal angehalten werden, sein Verhalten im Straßenverkehr zu ändern. Fahrern, die in dichter Folge schwere Verkehrsverstöße begangen haben und vor Entziehung der Fahrerlaubnis verwarnt worden sind, darf deshalb zugemutet werden, die dargestellten verfahrensbedingten Ungleichbehandlungen hinzunehmen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die sofort vollziehbare Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A18, B, BE, C1, C1E, L, M und S mit Bescheid vom 29. Januar 2016.

Mit Schreiben vom 14. Januar 2014 verwarnte ihn die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Miltenberg (Fahrerlaubnisbehörde) bei einem Punktestand von zehn Punkten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG in der damals gültigen Fassung.

Mit Schreiben vom 9. November 2015 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde mit, für den Antragsteller seien nunmehr sieben Punkte im Fahreignungsregister eingetragen. Am 1. Mai 2014 seien die damals noch bestehenden acht Punkte nach altem Recht in vier Punkte nach neuem Recht umgerechnet worden. Wegen zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen am 6. Februar 2014 und am 26. März 2014, geahndet mit Bußgeldbescheiden vom 6. und 7. Mai 2014, beide rechtskräftig seit 23. Juni 2014, seien am 16. Juli 2015 und am 5. August 2015 insgesamt drei weitere Punkte eingetragen worden. Mit Schreiben vom 16. November 2015, zugestellt am 19. November 2015, verwarnte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller daraufhin nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG n. F

Mit Schreiben vom 18. November 2015, bei der Fahrerlaubnisbehörde eingegangen am 26. November 2015, teilte das Kraftfahrt-Bundesamt mit, für den Antragsteller seien nunmehr neun Punkte im Fahreignungsregister eingetragen. Am 18. November 2015 seien wegen eines Rotlichtverstoßes am 27. Oktober 2014, geahndet mit Bußgeldbescheid vom 19. Januar 2015, rechtskräftig seit 23. Juni 2015, weitere zwei Punkte angefallen.

Nach Anhörung entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 29. Januar 2016 die Fahrerlaubnis aller Klassen und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die unverzügliche Abgabe des Führerscheins an. Dem Antragsteller sei nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG zwingend die Fahrerlaubnis zu entziehen, da er mehr als acht Punkte im Fahreignungsregister erreicht habe. Er habe das Stufensystem ordnungsgemäß durchlaufen. Auch eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 StVG komme ihm nicht zugute. Dass die Ordnungswidrigkeit vom 27. Oktober 2014 erst am 18. November 2015 in das Fahreignungsregister eingetragen worden sei, obwohl schon am 23. Juni 2015 durch Rücknahme des Einspruchs Rechtskraft eingetreten sei, beruhe auf einem Versehen des Amtsgerichts Münster. Das Urteil sei der Bußgeldbehörde von der Staatsanwaltschaft Münster am 17. September 2015 mit einem falschen Rechtskraftvermerk (27.8.2015) übersandt worden. Erst nach Übersendung des berichtigten Urteils mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 habe die Bußgeldbehörde den Vorgang dem Kraftfahrt-Bundesamt melden können. Die Fahrerlaubnisbehörde müsse sich ein mögliches Verschulden des Amtsgerichts nicht zurechnen lassen. Im Übrigen liege keine schuldhafte Verzögerung vor. Die Bemühungen des Antragstellers, die drei Bußgeldbescheide zum gleichen Zeitpunkt rechtskräftig werden zu lassen und damit die parallele Vollstreckung des jeweils einmonatigen Fahrverbots zu erreichen, hätten ebenfalls zu einer Verzögerung geführt. Es bestehe kein schützenswertes Vertrauen darauf, dass Verfahren, die am gleichen Tag rechtskräftig abgeschlossen sind, auch zeitgleich an das Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet werden. Die Klage habe nach § 4 Abs. 9 StVG keine aufschiebende Wirkung.

Mit Beschluss vom 23. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az. W 6 K 16.139) abgelehnt. Die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Schuldhafte oder gar willkürliche Verzögerungen bei der Übermittlung der Daten seien nicht ersichtlich. Aus einem versehentlich falschen Rechtskraftvermerk könne nicht auf eine schuldhafte Verzögerung der Meldekette geschlossen werden.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt. Der Antragsteller macht geltend, die Fahrerlaubnisbehörde müsse sich die durch andere Behörden verursachten Verzögerungen zurechnen lassen. Die Mitteilung der Bußgeldbehörde an das Kraftfahrt-Bundesamt sei nicht unverzüglich i. S. d. § 121 BGB gewesen, sondern erst 147 Tagen nach Rechtskraft der Entscheidung erfolgt. Schon die erste Mitteilung mit dem falschen Rechtskraftvermerk sei erst 90 Tage nach Rechtskraft erfolgt und damit schuldhaft verzögert gewesen. Die Staatsanwaltschaft Münster habe mutmaßlich aus reiner Frustration, dass eine parallele Vollstreckung der Fahrverbote erfolgt sei, die melderelevanten Daten nicht an die zuständige Stelle weitergeleitet. Die Verzögerung bei der Staatsanwaltschaft sei mutwillig und müsse der Fahrerlaubnisbehörde zugerechnet werden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Nicht durchdringen kann der Antragsteller mit seinem Einwand, die Fahrerlaubnisbehörde müsse sich ein Verschulden der Staatsanwaltschaft Münster bei der Übermittlung des Urteils zurechnen lassen und sein Punktestand sei deshalb auf sieben Punkte zu reduzieren. Der Antragsteller hat weder einen Anspruch glaubhaft gemacht, dass die Punkte für die Ordnungswidrigkeit vom 27. Oktober 2014 wegen einer verzögerten Übermittlung überhaupt nicht berücksichtigt werden dürfen, noch dass sich die Fahrerlaubnisbehörde die Kenntnis einer anderen Behörde hinsichtlich der rechtskräftigen Ahndung dieses Verkehrsverstoßes im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 6, Abs. 6 Satz 4 Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der ab 1. Mai 2014 geltenden Fassung (BGBl I S. 3313), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2015 (BGBl I S. 904), zurechnen lassen muss.

1. Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass die Punkte für die erst am 18. November 2015 im Fahreignungsregister eingetragene Ordnungswidrigkeit vom 27. Oktober 2014 wegen eines Verstoßes gegen § 28 Abs. 4 StVG des nicht berücksichtigt werden, denn eine solche Rechtsfolge sehen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht vor. Nach § 28 Abs. 4 StVG teilen die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem Kraftfahrt-Bundesamt unverzüglich die nach § 28 Abs. 3 StVG zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung einer Eintragung führenden Daten mit. Unverzüglich bedeutet dabei ohne schuldhaftes Zögern und verlangt lediglich ein nach den Umständen des Falles zu bemessendes beschleunigtes Handeln (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.1988 - 1 C 71/86 - NJW 1989, 52). An einen Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung knüpfen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften aber keine unmittelbaren Rechtsfolgen. Die Pflicht dient einem beschleunigten Verfahrensablauf sowie der Verkehrssicherheit und soll es den Fahrerlaubnisbehörden ermöglichen, die in § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG vorgesehenen Maßnahmen zeitnah zu ergreifen. § 28 Abs. 4 StVG schützt demgegenüber nicht das Interesse der Fahrerlaubnisinhaber an einer möglichen Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG. Für die Fahrerlaubnisinhaber kann eine verzögerte Übermittlung einer rechtskräftigen Entscheidung zudem auch vorteilhaft sein, denn es kann dadurch zu einer zeitgleichen Übermittlung mit späteren Meldungen kommen, die ggf. zu einer Punktereduzierung führen kann.

2. Die Fahrerlaubnisbehörde muss sich hier die Kenntnis der Staatsanwaltschaft oder des Amtsgerichts Münster von dem rechtskräftigen Abschluss des Bußgeldverfahrens am 23. Juni 2015 auch nicht als eigene Kenntnis nach § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1, Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG zurechnen lassen, obwohl vieles dafür spricht, dass die Übermittlung des Urteils an das Kraftfahrt-Bundesamt durch die Anbringung eines falschen Rechtskraftvermerks schuldhaft verzögert worden ist. Ob der Antragsteller durch seine erfolgreichen Bemühungen, eine Parallelvollstreckung der drei Fahrverbote zu erreichen, einen Verursachungsbeitrag dazu geleistet und die Verzögerung (mit)verursacht hat, lässt sich den vorgelegten Behördenakten nicht entnehmen.

Die Fahrerlaubnisbehörde muss sich die Kenntnis einer anderen Behörde über eine rechtskräftig geahndete Verkehrszuwiderhandlung im Rahmen des § 4 Abs. 5 Satz 6, Abs. 6 Satz 4 StVG nur dann zurechnen lassen, wenn ein Berufen auf die Unkenntnis als rechtsmissbräuchlich einzustufen wäre. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn die Verzögerung der Mitteilung nicht nur auf einem bloßen Versehen beruht, sondern willkürlich, insbesondere mit dem Ziel, eine Punktereduzierung zu verhindern, hervorgerufen wurde (vgl. für eine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG bei willkürlicher Verzögerung OVG NW, B.v. 7.10.2015 - 16 B 554/15 -VRS 129, 164 = juris Rn. 27; rechtsstaatliche Bedenken bei willkürlicher Verzögerung durch die Fahrerlaubnisbehörde VGH BW, B.v. 6.8.2015 - 10 S 1176/15 - DAR 2015, 658 = juris Rn. 23). Bei der Bewertung des Sachverhalts ist zu berücksichtigen, dass die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften kein Vertrauen dahingehend gewähren, dass bei Eintritt der Rechtskraft am gleichen Tag verschiedene Entscheidungen gleichzeitig an das Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet, dort eingetragen und dann der Fahrerlaubnisbehörde so übermittelt werden, dass der Betreffende in den Genuss einer Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG kommt (vgl. BayVGH, U.v. 11.8.2015 - 11 BV 15.909 - VRS 129, 27 = juris Rn. 29). Die Punktereduzierung dient nach dem neuen Fahreignungs-Bewertungssystem nicht mehr dazu, die Warn- und Erziehungsfunktion des Punktesystems zu gewährleisten, denn der Gesetzgeber hat bei der Rechtsänderung zum 1. Mai 2014 zugunsten der Verkehrssicherheit von dieser Zielsetzung Abstand genommen (BayVGH, U.v. 11.8.2015 a. a. O. Rn. 25). Eine Reduzierung der Punkte nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG soll nach der Gesetzesbegründung nur noch erfolgen, um das Verfahren übersichtlich zu gestalten und ein Auseinanderfallen von Punktestand und Maßnahmenstufe zu verhindern (OVG NW, B.v. 7.10.2015 a. a. O. Rn. 27; BR-Ds. 799/12 S. 79 f). Es soll damit nur vermieden werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei gleichzeitiger Kenntniserlangung von mehreren Verkehrsverstößen diese zum Anlass nimmt, zeitlich gestaffelt mehrere Maßnahmen des § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG zu ergreifen.

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller nicht nachvollziehbar vorgetragen, aus welchen Umständen sich eine willkürliche Verzögerung ergeben soll. Nach Aktenlage hatte wohl nicht die Staatsanwaltschaft, sondern das Amtsgericht die verzögerte Übermittlung zu verantworten, da die Rücknahme des Einspruchs mit Schriftsatz vom 23. Juni 2015 offenbar zunächst übersehen und zuerst ein falscher Rechtskraftvermerk auf dem Urteil angebracht worden war. Es ist aus den vorgelegten Akten nicht ersichtlich, ob dem Amtsgericht und der Staatsanwaltschaft Münster die beiden Ordnungswidrigkeitenverfahren, die von Bußgeldbehörden in anderen Bundesländern (Landkreis Diepholz in Niedersachsen und Zentrale Bußgeldstelle Viechtach in Bayern) geführt wurden, überhaupt bekannt waren. Dass die unrichtige Behandlung der Sache zum Ziel hatte, dem Antragsteller eine Punktereduzierung unmöglich zu machen, erscheint angesichts dieser Umstände aber eher ausgeschlossen.

Ob dem Antragsteller der Fehler hinsichtlich des Rechtskraftvermerks schon vor der Zahlungsaufforderung der Bußgeldbehörde vom 22. September 2015 bekannt war oder zumindest hätte bekannt sein müssen und er damit auch schon wesentlich früher die Möglichkeit gehabt hätte, eine Korrektur des Urteils zu erwirken, lässt sich den Akten ebenfalls nicht entnehmen. Es wäre aber Sache des Antragstellers gewesen, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Verzögerung willkürlich war und für ihn keine Möglichkeit bestanden hat, schon früher auf die Korrektur des Fehlers hinzuwirken. Für seine Vermutung, die Staatsanwaltschaft habe mutwillig die Meldung an das Kraftfahrt-Bundesamt verzögert, da sie wegen der Parallelvollstreckung der drei Fahrverbote frustriert gewesen sei, finden sich keine Anhaltspunkte in den vorgelegten Akten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5, 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

2

Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem verwarnte ihn die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 28. Juni 2011 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2010. Nach Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems zum 1. Mai 2014 wurden die vom Kläger bis dahin erreichten zwölf Punkte in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umgestellt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit dort am 19. Januar 2015 eingegangenem Schreiben vom 8. Januar 2015 mit, der Kläger habe aufgrund einer am 10. Februar 2014 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenes strafgerichtliches Urteil vom 13. November 2014 geahndet worden sei, sieben Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht. Die Tat und deren rechtskräftige Ahndung waren dem Kraftfahrt-Bundesamt von der Staatsanwaltschaft am 5. Januar 2015 mitgeteilt und am 6. Januar 2015 im Fahreignungsregister gespeichert worden. Daraufhin verwarnte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2015.

4

Mit Schreiben vom 22. Januar 2015, dort eingegangen am 2. Februar 2015, erhielt die Fahrerlaubnisbehörde vom Kraftfahrt-Bundesamt die Mitteilung, der Kläger habe aufgrund einer am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein ebenfalls am 13. November 2014 ergangenes, seit dem 19. Dezember 2014 rechtskräftiges Strafurteil geahndet worden sei, neun Punkte erreicht. Die Staatsanwaltschaft hatte dies dem Kraftfahrt-Bundesamt am 19. Januar 2015 mitgeteilt; die Speicherung im Fahreignungsregister war einen Tag später erfolgt. Daraufhin entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger mit Bescheid vom 13. Februar 2015 die Fahrerlaubnis. Zur Begründung heißt es: Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG erweise er sich mit dem Erreichen von neun Punkten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im Fahreignungs-Bewertungssystem stehe der Erziehungsgedanke nicht mehr im Vordergrund. In Abwägung mit der Verkehrssicherheit sei es nicht hinnehmbar, dass in kurzer Zeit zahlreiche schwere Verkehrsverstöße begangen werden könnten und das nur wegen des gestuften Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG nicht zur Fahrerlaubnisentziehung führe. In solchen Fällen müsse auf eine Chance des Betroffenen verzichtet werden, sein Verhalten vor der Entziehung zu ändern. Im Falle des Klägers seien vor der Entziehung der Fahrerlaubnis alle Maßnahmenstufen ordnungsgemäß durchlaufen worden.

5

Diesen Bescheid hat das Verwaltungsgericht aufgehoben. Der Kläger habe den Maßnahmenkatalog nicht ordnungsgemäß durchlaufen, die Fahrerlaubnisentziehung sei daher rechtswidrig. Zwar habe er mit der rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 neun Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht; auch sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG beim Erreichen von acht oder mehr Punkten die Fahrerlaubnis zu entziehen. Doch setze das Ergreifen einer weiteren Maßnahme nach Wortlaut und Systematik von § 4 StVG voraus, dass zeitlich nach der vorangegangenen Maßnahme eine weitere mit Punkten zu bewertende Zuwiderhandlung begangen worden sei. Das sei hier nicht der Fall. Deshalb verringere sich der Punktestand des Klägers gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG auf sieben Punkte.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden. Er habe mit den für die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 anfallenden Punkten neun Punkte im Fahreignungsregister erreicht und die vor der Fahrerlaubnisentziehung liegenden Stufen des Punktesystems ordnungsgemäß durchlaufen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe ihn mit Schreiben vom 21. Januar 2015 bei einem auf den Tattag 10. Februar 2014 bezogenen und im Fahreignungsregister eingetragenen Stand von sieben Punkten ordnungsgemäß verwarnt. Zu einer Verringerung des Punktestands gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG komme es nicht. Zwar sei auch die vom Kläger am 10. März 2014 begangene Ordnungswidrigkeit bei Ausstellung der Verwarnung bereits rechtskräftig geahndet und im Fahreignungsregister eingetragen gewesen. Das sei der Fahrerlaubnisbehörde aber zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen; deshalb habe sie diesen Verkehrsverstoß bei der Verwarnung noch nicht berücksichtigen können. Für die Frage, ob dem Betroffenen eine Punkteverringerung zu Gute komme, sei nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 StVG nicht auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Ahndung oder der Eintragung der letzten zu berücksichtigenden Zuwiderhandlung im Fahreignungsregister abzustellen; es komme allein darauf an, ob die vorherige Maßnahme schon rechtmäßig ergriffen worden sei. Das bestätige auch § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Diese Auslegung entspreche dem Zweck der Rechtsänderungen zum 1. Mai 2014 und zum 5. Dezember 2014. Der Gesetzgeber habe sich ausweislich der Gesetzesbegründung von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Punkteentstehung und zum Tattagprinzip in dessen Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 3.07 - absetzen wollen. Es solle nun nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreiche und er die Möglichkeit zu einer Verhaltensänderung habe, bevor ihn die Folgemaßnahme treffe. Vorrangig seien nach dem Willen des Gesetzgebers nun die Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und die Verkehrssicherheit. Es sei auf der Grundlage des Kenntnisstandes der Fahrerlaubnisbehörde zu beurteilen, ob die Maßnahme der vorangegangenen Stufe bereits ergriffen worden sei. Das Entstehen von Punkten solle davon nicht beeinflusst werden. § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG verdeutliche, dass ein Verkehrsverstoß auch dann zu Punkten führe, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, dabei aber noch nicht habe verwertet werden können. Um einen solchen Fall gehe es hier. Die Fahrerlaubnisbehörde habe vor der am 2. Februar 2015 bei ihr eingegangenen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes keine Kenntnis von der am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung gehabt. Ob sich die Fahrerlaubnisbehörde eine schuldhafte Verzögerung durch andere Behörden (Staatsanwaltschaften und Kraftfahrt-Bundesamt) zurechnen lassen müsse, könne offen bleiben. Eine solche Verzögerung habe es hier nicht gegeben. Die Fahrerlaubnisbehörde sei auch nicht verpflichtet, den Punktestand vor dem Ergreifen einer Maßnahme nochmals durch eine Anfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt zu überprüfen. Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 5 und 6 StVG n.F. bestünden nicht. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung stelle sich hier nicht, da die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen erst nach dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung zum 5. Dezember 2014 rechtskräftig geahndet worden seien. Dass der Gesetzgeber die frühere Erziehungs- und Warnfunktion der einzelnen Stufen des Maßnahmensystems weitestgehend aufgegeben habe, verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen eines Fehlers der Staatsanwaltschaft seien die beiden am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenen Strafurteile dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht gleichzeitig mitgeteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe zu Unrecht zunächst angenommen, die beiden Fahrverbote seien nacheinander zu vollstrecken. Nur aus diesem Grund habe das Kraftfahrt-Bundesamt anschließend getrennte Mitteilungen an die Fahrerlaubnisbehörde übersandt, die deshalb nicht von einem sofortigen Anstieg auf neun Punkte und dementsprechend auch nicht von einem Punkteabzug ausgegangen sei. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Information wegen der langsamen und daher unzureichenden Übermittlung per Brief erst verspätet erhalten habe und deshalb bei der Verwarnung in einem unzulässigen Zwischenschritt einen Stand von nur sieben Punkten angenommen habe. Maßgeblich sei stattdessen das Tattagprinzip. Die gesetzlichen Neuregelungen seien mit einer echten Rückwirkung verbunden, da sie erst nach dem letzten Tattag in Kraft getreten seien; eine Rechtfertigung dafür fehle. Verletzt sei außerdem der Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer Übermittlung des Punktestandes auf dem Postwege hänge es letztlich von Zufällen ab, wann die Information die Fahrerlaubnisbehörde erreiche.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Die Revision sei bereits unzulässig. Ihre Begründung genüge nicht den formalen Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO; es fehle eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil. Um eine echte Rückwirkung der Neuregelung gehe es nicht; auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unechten Rückwirkung gehe die Revisionsbegründung nicht ein. Ebenfalls unzureichend seien die Darlegungen zu einer vermeintlich verzögerten Sachbearbeitung durch die Staatsanwaltschaft. Auch werde nicht aufgezeigt, weshalb eine postalische Übermittlung der Informationen zum Punktestand durch das Kraftfahrt-Bundesamt an die Fahrerlaubnisbehörde unzulässig sein solle. Bei den Ausführungen zum Tattagprinzip werde die Rechtslage verkannt.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Urteil des Berufungsgerichts ebenfalls für zutreffend. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG trete nur ein, wenn der Fahrerlaubnisbehörde zum Zeitpunkt der Maßnahme weitere Verkehrsverstöße bekannt seien, die zur Einordnung in eine höhere Stufe des Maßnahmensystems führten. Aus § 4 Abs. 5 Satz 5, Abs. 5 Satz 6 Nr. 1, Abs. 6 Satz 4 und Abs. 8 Satz 1 StVG ergebe sich, dass es für das Ergreifen einer Maßnahme auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ankomme. Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht dadurch verletzt, dass das Tattagprinzip nach der Neuregelung nicht ohne Ausnahmen gelte; das diene der Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer. Dass für die Entstehung von Punkten auf den Tattag, für das Ergreifen der Maßnahmen dagegen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei, sei nicht systemwidrig, sondern beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, worin der Kläger den geltend gemachten Bundesrechtsverstoß sieht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung neun Punkte im Fahrerlaubnisregister erreicht und die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchlaufen, so dass es zu keiner Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG komme, steht im Einklang mit Bundesrecht (1. und 2.). Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier anzuwendende Neuregelung, mit der der Gesetzgeber eine teilweise Abkehr vom so genannten Tattagprinzip sowie von der Warn-und Erziehungsfunktion des bisherigen Mehrfachtäter-Punktsystems vollzogen hat, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (3.).

11

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249 <250> und Beschluss vom 22. Januar 2001 - 3 B 144.00 - juris Rn. 2 m.w.N.). Damit ist - da kein Widerspruchsverfahren durchzuführen war - auf den Erlass des Bescheids vom 13. Februar 2015 abzustellen.

12

Zugrunde zu legen ist danach das mit Wirkung vom 1. Mai 2014 mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313) eingeführte Fahreignungs-Bewertungssystem, das mit Wirkung ab dem 5. Dezember 2014 insbesondere hinsichtlich der Regelungen in § 4 Abs. 5 und 6 StVG nochmals durch das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist.

13

2. Ihre Rechtsgrundlage findet die Fahrerlaubnisentziehung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG; nach dieser Bestimmung gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ihm ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich in der Summe acht oder mehr Punkte ergeben. Nach § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die nach Landesrecht zuständige Behörde für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Punkte ergeben sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird.

14

Die letzte vom Kläger zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt begangene rechtskräftig geahndete Zuwiderhandlung, die die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entscheidung über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zu berücksichtigen hatte, war die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nimmt das Berufungsgericht an, dass sie zur Erhöhung seines Punktestandes im Fahreignungsregister um weitere zwei auf insgesamt neun Punkte führte.

15

§ 4 Abs. 5 Satz 1 StVG bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen stufenweise zu ergreifen hat. Dieses Stufensystem wird im Hinblick auf seine Rechtsfolgen in § 4 Abs. 6 StVG näher präzisiert. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG darf die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 (Verwarnung) oder Nr. 3 (Entziehung der Fahrerlaubnis) nur ergreifen, wenn die Maßnahme der davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen (§ 4 Abs. 6 Satz 2 StVG). Nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG verringert sich der Punktestand im Falle des Satzes 2 mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen Ermahnung auf fünf Punkte (Nr. 1) und der Verwarnung auf sieben Punkte (Nr. 2), wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist.

16

Hier hatte die Fahrerlaubnisbehörde die beiden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG vor der Entziehung der Fahrerlaubnis liegenden Stufen des Maßnahmensystems rechtsfehlerfrei gegen den Kläger ergriffen. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG ist dabei nicht eingetreten.

17

a) Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem (alten) Mehrfachtäter-Punktsystem hatte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2011 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a.F. verwarnt; dies entsprach der ersten Maßnahmenstufe nach dem bis zum 30. April 2014 geltenden Mehrfachtäter-Punktsystem.

18

In der Folgezeit ergaben sich aus den bis zum 1. Mai 2014 rechtskräftig geahndeten und im Verkehrszentralregister eingetragenen Zuwiderhandlungen des Klägers zwölf Punkte nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem. Diese Punkte waren nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG zum 1. Mai 2014 in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umzustellen; das führte zur Einordnung des Klägers in die Stufe 1 (Ermahnung) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Diese am 1. Mai 2014 erreichte Stufe wird gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 StVG für Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zugrunde gelegt. § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 StVG bestimmt, dass die Einordnung nach Satz 1 allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem führt. Eine Wiederholung der ersten Maßnahmenstufe nach der Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems war somit nicht erforderlich.

19

b) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit der Verwarnung, die ihm die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG mit Schreiben vom 21. Januar 2015 erteilt hatte, auch die zweite Stufe des in § 4 Abs. 5 StVG vorgesehenen Maßnahmensystems ordnungsgemäß und ohne Verringerung des Punktestandes durchlaufen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

20

aa) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG ist, wenn sich sechs oder sieben Punkte ergeben, der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen. Das ist hier mit dem Schreiben vom 21. Januar 2015 rechtsfehlerfrei erfolgt. Mit der am 10. Februar 2014 begangenen und mit Strafurteil vom 13. Dezember 2014 rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte der Kläger "retrospektiv" (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 19) zum 10. Februar 2014 einen Stand von sieben Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Die Punktebewertung richtete sich nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StVG; danach sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Die Ordnungswidrigkeit vom 10. Februar 2014 führte danach zu zwei Punkten (vgl. Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem.

21

bb) Der Kläger meint, bei dieser Verwarnung hätte der Beklagte aufgrund des Tattagprinzips außer dem Verkehrsverstoß vom 10. Februar 2014 zusätzlich die am 10. März 2014 begangene und zum Zeitpunkt der Verwarnung auch bereits rechtskräftig geahndete sowie im Fahreignungsregister gespeicherte Geschwindigkeitsüberschreitung berücksichtigen müssen. Es müsse, nicht anders als wenn die Fahrerlaubnisbehörde von beiden Verkehrsverstößen gleichzeitig Kenntnis erhalten hätte, eine Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG gewährt werden.

22

Dieser Einwand geht fehl. Spätestens seit der zum 5. Dezember 2014 in Kraft getretenen erneuten Gesetzesänderung ist für das Ergreifen von Maßnahmen nach rechtskräftiger Ahndung der Zuwiderhandlung nicht mehr ausschließlich auf den sich für den betreffenden Tattag ergebenden Punktestand abzustellen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG sind die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG übermittelten Zuwiderhandlungen.

23

Im alten Mehrfachtäter-Punktsystem hatte der erkennende Senat der Stufung der Maßnahmen eine "Warnfunktion" beigemessen und daraus hergeleitet, dass die Maßnahmen den Fahrerlaubnisinhaber "möglichst frühzeitig und insbesondere noch vor Eintritt in die nächste Stufe erreichen" sollten, damit ihm die "Möglichkeit der Verhaltensänderung" effektiv eröffnet werde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 33). Die Fahrerlaubnis konnte nur entzogen werden, wenn deren Inhaber nach seiner Verwarnung eine weitere zur Überschreitung der Schwelle von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. führende Zuwiderhandlung begangen hatte. Weitere vor der Verwarnung begangene, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung aber noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen konnten auf der Grundlage des Mehrfachtäter-Punktsystems nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (§ 4 Abs. 5 Satz 2 StVG a.F.). Hiervon hat sich der Gesetzgeber für das Fahreignungs-Bewertungssystem bewusst abgesetzt. Bei Fahrerlaubnisinhabern, die sich durch eine Anhäufung von innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen haben, sollen die Verkehrssicherheit und das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, Vorrang vor dem Erziehungsgedanken haben. Für das Fahreignungs-Bewertungssystem soll es nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit der Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Die Erziehungswirkung liege - so der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Begründung der vorgeschlagenen und im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs - dem Gesamtsystem als solchem zu Grunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienten. Die Maßnahmen stellten somit lediglich eine Information über den Stand im System dar. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden sei, sei vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusse das Entstehen von Punkten nicht (BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.).

24

Umgesetzt wird der vom Gesetzgeber gewollte Systemwechsel insbesondere durch § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind. Diese Vorschrift soll die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen wurde, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnte, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sei (BT-Drs. 18/2775 S. 10). Ein solcher Fall liegt - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (UA Rn. 20) - hier bezogen auf die Ordnungswidrigkeit vom 10. März 2014 vor. Sie ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG zu berücksichtigen, obwohl der Kläger wegen der am 10. Februar 2014 begangenen Zuwiderhandlung erst am 21. Januar 2015 und damit nach der Begehung der weiteren Ordnungswidrigkeit verwarnt wurde. § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stellt ausdrücklich auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach dieser Bestimmung erhöhen Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand (vgl. zur Systematik auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 88a).

25

Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Dieser Kenntnisstand ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG. Für die Frage, ob die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist und sich, wenn zunächst diese Maßnahme zu ergreifen ist, der Punktestand verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG), kann nichts anderes gelten. Eine andere Betrachtung liefe dem Ziel der Gesetzesänderung zuwider, bei einer Anhäufung von Verkehrsverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann zu ermöglichen, wenn der Betroffene nach der Verwarnung die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr durch eine Änderung seines Verkehrsverhaltens verhindern kann.

26

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich die Fahrerlaubnisbehörde weder das Wissen, über das eine der im Maßnahmensystem "vorgelagerten" Stellen (hier Staatsanwaltschaft und Kraftfahrt-Bundesamt) hinsichtlich weiterer Verkehrsverstöße des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers verfügt, noch ein Verschulden dieser Stellen bei der Datenübermittlung zurechnen lassen. Ob dem Berufungsgericht in der Bewertung des Verhaltens der Staatsanwaltschaft bei der Übermittlung der Zuwiderhandlung vom 10. März 2014 zu folgen ist, kann deshalb offen bleiben. Mangels Zurechenbarkeit eines Verschuldens der Staatsanwaltschaft ist das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Eine Zurechnung von Wissen oder von Verschulden bei der Datenübermittlung liefe der Konzeption des Gesetzgebers zuwider, nach der gerade auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde abgestellt werden soll. Abgesehen davon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine solche Zurechnung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 12. März 2015 - 3 C 6.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:120315U3C6.14.0] - Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 30 Rn. 14 ff.). Der Vollzug des Maßnahmensystems ist, wie § 4 Abs. 8 und § 28 Abs. 4 StVG sowie die Gesetzesbegründung zeigen, auf die Übermittlung der entsprechenden Daten und auf deren Kenntnisnahme beim Empfänger angelegt. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Berufen auf die Unkenntnis als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (vgl. VGH München, Beschluss vom 28. April 2016 - 11 CS 16.537 - ZfS 2016, 415 Rn. 13), kann offen bleiben. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

27

dd) Die Fahrerlaubnisbehörde muss auch nicht unmittelbar vor dem Ergreifen der Maßnahme nochmals beim Kraftfahrt-Bundesamt den aktuellen Punktestand erfragen. Eine solche Rechtspflicht lässt sich den Regelungen zum Fahreignungs-Bewertungssystem nicht entnehmen (ebenso Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 60 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 8 StVG eine Übermittlungspflicht des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht aber eine Nachfragepflicht der Fahrerlaubnisbehörde begründet.

28

ee) Auch daraus, dass die Übermittlung von Daten aus dem Fahreignungsregister an die Fahrerlaubnisbehörde im Postwege und nicht automatisiert erfolgte, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Ein Anspruch auf Einrichtung eines automatisierten Abfrageverfahrens besteht nicht. § 30a und b StVG geben zwar die Befugnis zur Übermittlung bzw. zur Abfrage von Daten aus dem Fahreignungsregister in einem automatisierten Anfrage- und Auskunftsverfahren; diese Regelungen verpflichten die betroffenen Stellen jedoch nicht dazu. Nach § 30a Abs. 2 und § 30b StVG steht die Einrichtung solcher automatisierter Übermittlungsverfahren zudem unter dem Vorbehalt der näheren Bestimmung durch Rechtsverordnung. Eine solche Rechtsverordnung wurde bislang nicht erlassen. Unbeschadet dessen wird den Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden durch § 28 Abs. 4 StVG die Verpflichtung auferlegt, dem Kraftfahrt-Bundesamt "unverzüglich" die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung führenden Daten mitzuteilen. Nach § 4 Abs. 8 StVG muss das Kraftfahrt-Bundesamt "bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5" den Fahrerlaubnisbehörden die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister übermitteln. Somit besteht auch ohne ein automatisiertes Verfahren ein gesetzliches "Beschleunigungsgebot". Unabhängig davon ist der Umstand, dass die Fahrerlaubnisbehörde hier von den beiden am selben Tag rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlungen des Klägers nicht gleichzeitig Kenntnis erhielt, nicht auf die Postlaufzeiten, sondern darauf zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft die im Fahreignungsregister zu speichernden Daten wegen einer von ihr zunächst angenommenen Nacheinandervollstreckung der beiden Fahrverbote zeitlich versetzt an das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt hatte.

29

3. Die hier in ihrer ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung anzuwendenden Regelungen des § 4 Abs. 5 und 6 StVG sind verfassungsrechtlich weder wegen einer unzulässigen Rückwirkung (a) noch wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstanden (b).

30

a) Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liegt nicht vor.

31

aa) Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde, ist auf eine Fahrerlaubnisentziehung nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anwendbar; sie ist keine Bestrafung im Sinne dieser Vorschrift. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und eine Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG haben keinen repressiven, sondern präventiven Charakter. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Instrument mit general- und spezialpräventiver Wirkung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 38 und BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.). Es dient dem Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVG).

32

bb) Weder bezogen auf den 1. Mai 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fünften Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313), mit dem das Fahreignungs-Bewertungssystem eingeführt wurde, noch bezogen auf den 5. Dezember 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) und der damit verbundenen (erneuten) Änderung von § 4 Abs. 5 und 6 StVG ist eine echte Rückwirkung zu Lasten des Klägers festzustellen. Ob der dargelegte Systemwechsel bereits durch die am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Gesetzesänderung vollzogen wurde (verneinend: OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 14), ist hier ohne Bedeutung.

33

Wie gezeigt, entfaltet die Gesetzesänderung belastende Wirkungen für Fahrerlaubnisinhaber, die vor ihrer Verwarnung weitere, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen begangen haben. Damit wird in Fällen wie dem des Klägers jedoch nicht in einen in der Vergangenheit liegenden, bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen. Zwar hat der Kläger die beiden zur Überschreitung der Acht-Punkte-Grenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führenden Ordnungswidrigkeiten sowohl vor dem 5. Dezember 2014 als auch vor dem 1. Mai 2014 begangen. Doch bereits unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem (dort noch ohne einfach-gesetzliche Regelung, aber vom Rechtsstaatsprinzip gefordert; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 19 ff.) genügte die Begehung einer im Fahreignungsregister zu speichernden Straftat oder Ordnungswidrigkeit für das Entstehen von Punkten nicht. Erforderlich war schon damals die rechtskräftige Ahndung der betreffenden Tat. Somit lag und liegt der Entstehung von Punkten kein reines Tattagprinzip, sondern ein kombiniertes Tattag- und Rechtskraftprinzip zugrunde (so zum Mehrfachtäter-Punktsystem: BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 a.a.O.; für das Fahreignungs-Bewertungssystem: § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG und BT-Drs. 17/12636 S. 19). Im Hinblick darauf waren hier die maßgeblichen Lebenssachverhalte beim In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen noch nicht abgeschlossen. Die beiden strafgerichtlichen Urteile wurden erst am 19. Dezember 2014 rechtskräftig.

34

cc) Aus dem zeitlichen Ablauf ergibt sich allerdings zugleich, dass dem Berufungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden kann, die Frage einer unechten Rückwirkung wegen des Eintritts der Rechtskraft erst zum 19. Dezember 2014 stelle sich hier nicht (UA Rn. 30; ähnlich bereits VGH München, Beschluss vom 8. Juni 2015 - 11 CS 15.718 - juris Rn. 22). Jedenfalls die Verkehrsverstöße als "Auslöser" der Maßnahmen waren bereits vor dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen begangen worden.

35

Diese unechte Rückwirkung (so in Bezug auf § 4 StVG n.F. in vergleichbaren Fällen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2016 - OVG 1 S 86.16 - ZfS 2017, 55 <56>; OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 15; Stieber, in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 4 StVG Rn. 86) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 <47 f.> m.w.N.).

36

Das ist hier der Fall. Die Gesetzesänderung dient - wie gezeigt - der Effektivierung des Fahreignungs-Bewertungssystems. Sie zielt auf eine Stärkung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.) und soll dazu beitragen, dass Fahrerlaubnisinhaber, die sich durch das Erreichen von acht oder mehr Punkten nach der Wertung des Gesetzgebers als ungeeignet erwiesen haben, auch tatsächlich vom Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden. Dieses Ziel ließe sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die Neuregelung auf vor ihrem In-Kraft-Treten begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße nicht anwendbar wäre. Die Grenze der Zumutbarkeit bleibt für die Betroffenen gewahrt. Ihre Erwartung, dass das der Gefahrenabwehr dienende Fahrerlaubnisrecht nach Begehung einer noch nicht rechtskräftig geahndeten Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht zu ihrem Nachteil geändert werde, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

37

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist mit der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls nicht verbunden.

38

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 Rn. 38 f. m.w.N.).

39

Ungleich behandelt werden Fahrerlaubnisinhaber, die wegen des Erreichens von vier oder fünf Punkten ermahnt worden sind und anschließend weitere Verkehrsverstöße begehen, die zum Erreichen von acht oder mehr Punkten führen: Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes über diese Verkehrsverstöße gleichzeitig oder die weitere Mitteilung jedenfalls, bevor sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung verwarnt hat, wird der Fahrerlaubnisinhaber gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 StVG lediglich verwarnt und sein Punktestand verringert sich auf sieben Punkte (§ 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG). Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die zweite Mitteilung dagegen - wie im Falle des Klägers - erst, nachdem sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten verwarnt hat, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG).

40

Das Ziel, die Allgemeinheit mit Hilfe eines typisierenden Fahreignungs-Bewertungssystems und einer daran anknüpfenden Maßnahmenstufung effektiv vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, bietet auch für eine solche Ungleichbehandlung noch einen hinreichenden Sachgrund. Wann die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrerlaubnisinhaber verwarnen kann, hängt nicht nur vom zeitlichen Abstand der Verkehrsverstöße, sondern auch davon ab, wann deren Ahndung rechtskräftig wird (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG), wann die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem Kraftfahrt-Bundesamt die über die Zuwiderhandlungen zu speichernden Daten mitteilen (§ 28 Abs. 4 StVG), wann das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde die Eintragungen im Fahreignungsregister übermittelt (§ 4 Abs. 8 StVG) und welche Bearbeitungszeiten bei der Fahrerlaubnisbehörde selbst anfallen. Ein Zusammenhang zwischen der Gestaltung und Dauer des Verfahrens und der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers besteht nicht. Ein Fahrerlaubnisinhaber, der - wie der Kläger - mehrere, acht oder mehr Punkte ergebende Zuwiderhandlungen begangen hat, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besser geeignet und gefährdet die Allgemeinheit nicht weniger, wenn die Staatsanwaltschaft und anschließend das Kraftfahrt-Bundesamt diese Verkehrsverstöße gleichzeitig weitermelden. Das Fahreignungs-Bewertungssystem kommt jedoch ohne eine Anknüpfung an das betreffende Straf- oder Bußgeldverfahren nicht aus. Auch unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem konnten nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister eingetragen werden und Punkte ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 21). Je später die Ahndung eines Verkehrsverstoßes rechtskräftig und damit eine Maßnahme nach § 4 Abs. 5 StVG möglich wurde, desto länger konnte der Fahrerlaubnisinhaber weitere Zuwiderhandlungen begehen, ohne die nächste Stufe des Maßnahmensystems zu erreichen. Eine sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wurde hingenommen. Verfahrensbedingte Unterschiede bei der Ahndung von Verkehrsverstößen, wie sie z.B. bei der Verhängung von Fahrverboten auftreten können, werden in der Rechtsordnung auch sonst akzeptiert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 4 StR 227/15 - BGHSt 61, 100). Soweit im Fahreignungs-Bewertungssystem die Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG nicht nur vom Eintritt der Rechtskraft abhängt, sondern auch vom Ablauf des anschließenden Verwaltungsverfahrens, unterscheiden sich die damit verbundenen zusätzlichen Unwägbarkeiten im Ansatz nicht von jenen, die sich aus dem Ablauf des Straf- oder Bußgeldverfahrens ergeben; sie sind deshalb ebenfalls hinzunehmen. Dabei darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die beteiligten Stellen die Erledigung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verzögern, um den Fahrerlaubnisinhaber beim Vollzug des Fahreignungs-Bewertungssystems zu begünstigen oder ihm zu schaden.

41

Der Gesetzgeber muss auch nicht zur Vermeidung der dargelegten Ungleichbehandlung vorsehen, dass die Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten aufgrund weiterer Verkehrsverstöße gegebenenfalls ohne vorherige Verwarnung zu entziehen ist. Zu einem neuen Gleichheitsproblem würde eine solche Regelung allerdings nicht führen. Fahrerlaubnisinhaber in der Situation des Klägers sind zwar verwarnt worden; sie hatten aber im Zeitpunkt der Verwarnung wegen der weiteren Zuwiderhandlung bereits acht Punkte. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war damit unabwendbar, die Verwarnung aus ihrer Sicht eine bloße Formalie. Ungeachtet dessen bleibt die Stufung der Maßnahmen nach der gesetzgeberischen Konzeption ein wichtiges Element des Fahreignungs-Bewertungssystems. Die Behörde darf - wie § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG zu entnehmen ist - die Fahrerlaubnis nach wie vor nur entziehen, wenn sie den Fahrerlaubnisinhaber zuvor nicht nur ermahnt, sondern auch verwarnt hat. In vielen Fällen kann die Verwarnung ihre Funktion auch erfüllen, den Fahrerlaubnisinhaber ein letztes Mal zu einer Verhaltensänderung anzuhalten. Wenn die Behörde wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten die Verwarnung ausspricht, ist dies auf der Grundlage ihres Kenntnisstandes auch eine sinnvolle Maßnahme; sie hat keine Anhaltspunkte für weitere Verkehrsverstöße. Ausgehend hiervon liegt es innerhalb des Bewertungsspielraums des Gesetzgebers, wenn er meint, ein noch nicht verwarnter Fahrerlaubnisinhaber solle auch bei Erreichen von acht Punkten zunächst ein zweites Mal angehalten werden, sein Verhalten im Straßenverkehr zu ändern. Fahrern, die in dichter Folge schwere Verkehrsverstöße begangen haben und vor Entziehung der Fahrerlaubnis verwarnt worden sind, darf deshalb zugemutet werden, die dargestellten verfahrensbedingten Ungleichbehandlungen hinzunehmen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis auf der Grundlage des Fahreignungs-Bewertungssystems.

2

Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem verwarnte ihn die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 28. Juni 2011 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der damals geltenden Fassung vom 2. Dezember 2010. Nach Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems zum 1. Mai 2014 wurden die vom Kläger bis dahin erreichten zwölf Punkte in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umgestellt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Fahrerlaubnisbehörde mit dort am 19. Januar 2015 eingegangenem Schreiben vom 8. Januar 2015 mit, der Kläger habe aufgrund einer am 10. Februar 2014 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenes strafgerichtliches Urteil vom 13. November 2014 geahndet worden sei, sieben Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht. Die Tat und deren rechtskräftige Ahndung waren dem Kraftfahrt-Bundesamt von der Staatsanwaltschaft am 5. Januar 2015 mitgeteilt und am 6. Januar 2015 im Fahreignungsregister gespeichert worden. Daraufhin verwarnte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 21. Januar 2015.

4

Mit Schreiben vom 22. Januar 2015, dort eingegangen am 2. Februar 2015, erhielt die Fahrerlaubnisbehörde vom Kraftfahrt-Bundesamt die Mitteilung, der Kläger habe aufgrund einer am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung, die durch ein ebenfalls am 13. November 2014 ergangenes, seit dem 19. Dezember 2014 rechtskräftiges Strafurteil geahndet worden sei, neun Punkte erreicht. Die Staatsanwaltschaft hatte dies dem Kraftfahrt-Bundesamt am 19. Januar 2015 mitgeteilt; die Speicherung im Fahreignungsregister war einen Tag später erfolgt. Daraufhin entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger mit Bescheid vom 13. Februar 2015 die Fahrerlaubnis. Zur Begründung heißt es: Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG erweise er sich mit dem Erreichen von neun Punkten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Im Fahreignungs-Bewertungssystem stehe der Erziehungsgedanke nicht mehr im Vordergrund. In Abwägung mit der Verkehrssicherheit sei es nicht hinnehmbar, dass in kurzer Zeit zahlreiche schwere Verkehrsverstöße begangen werden könnten und das nur wegen des gestuften Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG nicht zur Fahrerlaubnisentziehung führe. In solchen Fällen müsse auf eine Chance des Betroffenen verzichtet werden, sein Verhalten vor der Entziehung zu ändern. Im Falle des Klägers seien vor der Entziehung der Fahrerlaubnis alle Maßnahmenstufen ordnungsgemäß durchlaufen worden.

5

Diesen Bescheid hat das Verwaltungsgericht aufgehoben. Der Kläger habe den Maßnahmenkatalog nicht ordnungsgemäß durchlaufen, die Fahrerlaubnisentziehung sei daher rechtswidrig. Zwar habe er mit der rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 neun Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem erreicht; auch sei gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG beim Erreichen von acht oder mehr Punkten die Fahrerlaubnis zu entziehen. Doch setze das Ergreifen einer weiteren Maßnahme nach Wortlaut und Systematik von § 4 StVG voraus, dass zeitlich nach der vorangegangenen Maßnahme eine weitere mit Punkten zu bewertende Zuwiderhandlung begangen worden sei. Das sei hier nicht der Fall. Deshalb verringere sich der Punktestand des Klägers gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG auf sieben Punkte.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Dem Kläger sei die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden. Er habe mit den für die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014 anfallenden Punkten neun Punkte im Fahreignungsregister erreicht und die vor der Fahrerlaubnisentziehung liegenden Stufen des Punktesystems ordnungsgemäß durchlaufen. Die Fahrerlaubnisbehörde habe ihn mit Schreiben vom 21. Januar 2015 bei einem auf den Tattag 10. Februar 2014 bezogenen und im Fahreignungsregister eingetragenen Stand von sieben Punkten ordnungsgemäß verwarnt. Zu einer Verringerung des Punktestands gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG komme es nicht. Zwar sei auch die vom Kläger am 10. März 2014 begangene Ordnungswidrigkeit bei Ausstellung der Verwarnung bereits rechtskräftig geahndet und im Fahreignungsregister eingetragen gewesen. Das sei der Fahrerlaubnisbehörde aber zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen; deshalb habe sie diesen Verkehrsverstoß bei der Verwarnung noch nicht berücksichtigen können. Für die Frage, ob dem Betroffenen eine Punkteverringerung zu Gute komme, sei nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 StVG nicht auf den Zeitpunkt der rechtskräftigen Ahndung oder der Eintragung der letzten zu berücksichtigenden Zuwiderhandlung im Fahreignungsregister abzustellen; es komme allein darauf an, ob die vorherige Maßnahme schon rechtmäßig ergriffen worden sei. Das bestätige auch § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Diese Auslegung entspreche dem Zweck der Rechtsänderungen zum 1. Mai 2014 und zum 5. Dezember 2014. Der Gesetzgeber habe sich ausweislich der Gesetzesbegründung von den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Punkteentstehung und zum Tattagprinzip in dessen Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 3.07 - absetzen wollen. Es solle nun nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreiche und er die Möglichkeit zu einer Verhaltensänderung habe, bevor ihn die Folgemaßnahme treffe. Vorrangig seien nach dem Willen des Gesetzgebers nun die Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und die Verkehrssicherheit. Es sei auf der Grundlage des Kenntnisstandes der Fahrerlaubnisbehörde zu beurteilen, ob die Maßnahme der vorangegangenen Stufe bereits ergriffen worden sei. Das Entstehen von Punkten solle davon nicht beeinflusst werden. § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG verdeutliche, dass ein Verkehrsverstoß auch dann zu Punkten führe, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen worden sei, dabei aber noch nicht habe verwertet werden können. Um einen solchen Fall gehe es hier. Die Fahrerlaubnisbehörde habe vor der am 2. Februar 2015 bei ihr eingegangenen Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes keine Kenntnis von der am 10. März 2014 begangenen weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung gehabt. Ob sich die Fahrerlaubnisbehörde eine schuldhafte Verzögerung durch andere Behörden (Staatsanwaltschaften und Kraftfahrt-Bundesamt) zurechnen lassen müsse, könne offen bleiben. Eine solche Verzögerung habe es hier nicht gegeben. Die Fahrerlaubnisbehörde sei auch nicht verpflichtet, den Punktestand vor dem Ergreifen einer Maßnahme nochmals durch eine Anfrage beim Kraftfahrt-Bundesamt zu überprüfen. Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 4 Abs. 5 und 6 StVG n.F. bestünden nicht. Die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung stelle sich hier nicht, da die beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen erst nach dem In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung zum 5. Dezember 2014 rechtskräftig geahndet worden seien. Dass der Gesetzgeber die frühere Erziehungs- und Warnfunktion der einzelnen Stufen des Maßnahmensystems weitestgehend aufgegeben habe, verstoße auch nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Wegen eines Fehlers der Staatsanwaltschaft seien die beiden am 19. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenen Strafurteile dem Kraftfahrt-Bundesamt nicht gleichzeitig mitgeteilt worden; die Staatsanwaltschaft habe zu Unrecht zunächst angenommen, die beiden Fahrverbote seien nacheinander zu vollstrecken. Nur aus diesem Grund habe das Kraftfahrt-Bundesamt anschließend getrennte Mitteilungen an die Fahrerlaubnisbehörde übersandt, die deshalb nicht von einem sofortigen Anstieg auf neun Punkte und dementsprechend auch nicht von einem Punkteabzug ausgegangen sei. Es könne nicht zu seinen Lasten gehen, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Information wegen der langsamen und daher unzureichenden Übermittlung per Brief erst verspätet erhalten habe und deshalb bei der Verwarnung in einem unzulässigen Zwischenschritt einen Stand von nur sieben Punkten angenommen habe. Maßgeblich sei stattdessen das Tattagprinzip. Die gesetzlichen Neuregelungen seien mit einer echten Rückwirkung verbunden, da sie erst nach dem letzten Tattag in Kraft getreten seien; eine Rechtfertigung dafür fehle. Verletzt sei außerdem der Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei einer Übermittlung des Punktestandes auf dem Postwege hänge es letztlich von Zufällen ab, wann die Information die Fahrerlaubnisbehörde erreiche.

8

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Die Revision sei bereits unzulässig. Ihre Begründung genüge nicht den formalen Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO; es fehle eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil. Um eine echte Rückwirkung der Neuregelung gehe es nicht; auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage einer unechten Rückwirkung gehe die Revisionsbegründung nicht ein. Ebenfalls unzureichend seien die Darlegungen zu einer vermeintlich verzögerten Sachbearbeitung durch die Staatsanwaltschaft. Auch werde nicht aufgezeigt, weshalb eine postalische Übermittlung der Informationen zum Punktestand durch das Kraftfahrt-Bundesamt an die Fahrerlaubnisbehörde unzulässig sein solle. Bei den Ausführungen zum Tattagprinzip werde die Rechtslage verkannt.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur das Urteil des Berufungsgerichts ebenfalls für zutreffend. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG trete nur ein, wenn der Fahrerlaubnisbehörde zum Zeitpunkt der Maßnahme weitere Verkehrsverstöße bekannt seien, die zur Einordnung in eine höhere Stufe des Maßnahmensystems führten. Aus § 4 Abs. 5 Satz 5, Abs. 5 Satz 6 Nr. 1, Abs. 6 Satz 4 und Abs. 8 Satz 1 StVG ergebe sich, dass es für das Ergreifen einer Maßnahme auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ankomme. Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG werde nicht dadurch verletzt, dass das Tattagprinzip nach der Neuregelung nicht ohne Ausnahmen gelte; das diene der Effektivität des Fahreignungs-Bewertungssystems und dem Schutz der Verkehrsteilnehmer. Dass für die Entstehung von Punkten auf den Tattag, für das Ergreifen der Maßnahmen dagegen auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung abzustellen sei, sei nicht systemwidrig, sondern beruhe auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist zulässig, aber unbegründet. Die Revisionsbegründung macht hinreichend deutlich, worin der Kläger den geltend gemachten Bundesrechtsverstoß sieht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Fahrerlaubnisentziehung neun Punkte im Fahrerlaubnisregister erreicht und die vorgelagerten Stufen des Maßnahmensystems nach § 4 Abs. 5 StVG ordnungsgemäß durchlaufen, so dass es zu keiner Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG komme, steht im Einklang mit Bundesrecht (1. und 2.). Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier anzuwendende Neuregelung, mit der der Gesetzgeber eine teilweise Abkehr vom so genannten Tattagprinzip sowie von der Warn-und Erziehungsfunktion des bisherigen Mehrfachtäter-Punktsystems vollzogen hat, auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (3.).

11

1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 27. September 1995 - 11 C 34.94 - BVerwGE 99, 249 <250> und Beschluss vom 22. Januar 2001 - 3 B 144.00 - juris Rn. 2 m.w.N.). Damit ist - da kein Widerspruchsverfahren durchzuführen war - auf den Erlass des Bescheids vom 13. Februar 2015 abzustellen.

12

Zugrunde zu legen ist danach das mit Wirkung vom 1. Mai 2014 mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313) eingeführte Fahreignungs-Bewertungssystem, das mit Wirkung ab dem 5. Dezember 2014 insbesondere hinsichtlich der Regelungen in § 4 Abs. 5 und 6 StVG nochmals durch das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) geändert worden ist.

13

2. Ihre Rechtsgrundlage findet die Fahrerlaubnisentziehung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG; nach dieser Bestimmung gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und ihm ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, sobald sich in der Summe acht oder mehr Punkte ergeben. Nach § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG hat die nach Landesrecht zuständige Behörde für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Punkte ergeben sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird.

14

Die letzte vom Kläger zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt begangene rechtskräftig geahndete Zuwiderhandlung, die die Fahrerlaubnisbehörde bei der Entscheidung über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zu berücksichtigen hatte, war die Geschwindigkeitsüberschreitung vom 10. März 2014. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nimmt das Berufungsgericht an, dass sie zur Erhöhung seines Punktestandes im Fahreignungsregister um weitere zwei auf insgesamt neun Punkte führte.

15

§ 4 Abs. 5 Satz 1 StVG bestimmt, dass die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis die in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Maßnahmen stufenweise zu ergreifen hat. Dieses Stufensystem wird im Hinblick auf seine Rechtsfolgen in § 4 Abs. 6 StVG näher präzisiert. Gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 StVG darf die nach Landesrecht zuständige Behörde eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 (Verwarnung) oder Nr. 3 (Entziehung der Fahrerlaubnis) nur ergreifen, wenn die Maßnahme der davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen (§ 4 Abs. 6 Satz 2 StVG). Nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG verringert sich der Punktestand im Falle des Satzes 2 mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen Ermahnung auf fünf Punkte (Nr. 1) und der Verwarnung auf sieben Punkte (Nr. 2), wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist.

16

Hier hatte die Fahrerlaubnisbehörde die beiden nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG vor der Entziehung der Fahrerlaubnis liegenden Stufen des Maßnahmensystems rechtsfehlerfrei gegen den Kläger ergriffen. Eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG ist dabei nicht eingetreten.

17

a) Nach dem Erreichen von acht Punkten nach dem (alten) Mehrfachtäter-Punktsystem hatte die Fahrerlaubnisbehörde den Kläger mit Schreiben vom 28. Juni 2011 auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a.F. verwarnt; dies entsprach der ersten Maßnahmenstufe nach dem bis zum 30. April 2014 geltenden Mehrfachtäter-Punktsystem.

18

In der Folgezeit ergaben sich aus den bis zum 1. Mai 2014 rechtskräftig geahndeten und im Verkehrszentralregister eingetragenen Zuwiderhandlungen des Klägers zwölf Punkte nach dem Mehrfachtäter-Punktsystem. Diese Punkte waren nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG zum 1. Mai 2014 in fünf Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem umzustellen; das führte zur Einordnung des Klägers in die Stufe 1 (Ermahnung) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Diese am 1. Mai 2014 erreichte Stufe wird gemäß § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 2 StVG für Maßnahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem zugrunde gelegt. § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 StVG bestimmt, dass die Einordnung nach Satz 1 allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem führt. Eine Wiederholung der ersten Maßnahmenstufe nach der Einführung des Fahreignungs-Bewertungssystems war somit nicht erforderlich.

19

b) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit der Verwarnung, die ihm die Fahrerlaubnisbehörde auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG mit Schreiben vom 21. Januar 2015 erteilt hatte, auch die zweite Stufe des in § 4 Abs. 5 StVG vorgesehenen Maßnahmensystems ordnungsgemäß und ohne Verringerung des Punktestandes durchlaufen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nichts zu erinnern.

20

aa) Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG ist, wenn sich sechs oder sieben Punkte ergeben, der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen. Das ist hier mit dem Schreiben vom 21. Januar 2015 rechtsfehlerfrei erfolgt. Mit der am 10. Februar 2014 begangenen und mit Strafurteil vom 13. Dezember 2014 rechtskräftig geahndeten Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte der Kläger "retrospektiv" (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 19) zum 10. Februar 2014 einen Stand von sieben Punkten nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Die Punktebewertung richtete sich nach der Übergangsbestimmung des § 65 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StVG; danach sind auf Entscheidungen, die bis zum Ablauf des 30. April 2014 begangene Zuwiderhandlungen ahnden und erst ab dem 1. Mai 2014 im Fahreignungsregister gespeichert werden, dieses Gesetz und die auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. s erlassenen Rechtsverordnungen in der ab dem 1. Mai 2014 geltenden Fassung anzuwenden. Die Ordnungswidrigkeit vom 10. Februar 2014 führte danach zu zwei Punkten (vgl. Nr. 2.2.3 der Anlage 13 zu § 40 FeV) nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem.

21

bb) Der Kläger meint, bei dieser Verwarnung hätte der Beklagte aufgrund des Tattagprinzips außer dem Verkehrsverstoß vom 10. Februar 2014 zusätzlich die am 10. März 2014 begangene und zum Zeitpunkt der Verwarnung auch bereits rechtskräftig geahndete sowie im Fahreignungsregister gespeicherte Geschwindigkeitsüberschreitung berücksichtigen müssen. Es müsse, nicht anders als wenn die Fahrerlaubnisbehörde von beiden Verkehrsverstößen gleichzeitig Kenntnis erhalten hätte, eine Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG gewährt werden.

22

Dieser Einwand geht fehl. Spätestens seit der zum 5. Dezember 2014 in Kraft getretenen erneuten Gesetzesänderung ist für das Ergreifen von Maßnahmen nach rechtskräftiger Ahndung der Zuwiderhandlung nicht mehr ausschließlich auf den sich für den betreffenden Tattag ergebenden Punktestand abzustellen. Maßgebend für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG und eine Verringerung des Punktestandes nach § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG sind die im Fahrerlaubnisregister eingetragenen und der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme nach § 4 Abs. 8 StVG übermittelten Zuwiderhandlungen.

23

Im alten Mehrfachtäter-Punktsystem hatte der erkennende Senat der Stufung der Maßnahmen eine "Warnfunktion" beigemessen und daraus hergeleitet, dass die Maßnahmen den Fahrerlaubnisinhaber "möglichst frühzeitig und insbesondere noch vor Eintritt in die nächste Stufe erreichen" sollten, damit ihm die "Möglichkeit der Verhaltensänderung" effektiv eröffnet werde (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 33). Die Fahrerlaubnis konnte nur entzogen werden, wenn deren Inhaber nach seiner Verwarnung eine weitere zur Überschreitung der Schwelle von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG a.F. führende Zuwiderhandlung begangen hatte. Weitere vor der Verwarnung begangene, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung aber noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen konnten auf der Grundlage des Mehrfachtäter-Punktsystems nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (§ 4 Abs. 5 Satz 2 StVG a.F.). Hiervon hat sich der Gesetzgeber für das Fahreignungs-Bewertungssystem bewusst abgesetzt. Bei Fahrerlaubnisinhabern, die sich durch eine Anhäufung von innerhalb kurzer Zeit begangenen Verkehrsverstößen als ungeeignet erwiesen haben, sollen die Verkehrssicherheit und das Ziel, die Allgemeinheit vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, Vorrang vor dem Erziehungsgedanken haben. Für das Fahreignungs-Bewertungssystem soll es nicht mehr darauf ankommen, dass eine Maßnahme den Betroffenen vor der Begehung weiterer Verstöße erreicht und ihm die Möglichkeit der Verhaltensänderung einräumt, bevor es zu weiteren Maßnahmen kommen darf. Die Erziehungswirkung liege - so der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur zur Begründung der vorgeschlagenen und im Gesetzgebungsverfahren angenommenen Änderungen des Regierungsentwurfs - dem Gesamtsystem als solchem zu Grunde, während die Stufen in erster Linie der Information des Betroffenen dienten. Die Maßnahmen stellten somit lediglich eine Information über den Stand im System dar. Die Prüfung der Behörde, ob die Maßnahme der vorangehenden Stufe bereits ergriffen worden sei, sei vom Kenntnisstand der Behörde bei der Bearbeitung zu beurteilen und beeinflusse das Entstehen von Punkten nicht (BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.).

24

Umgesetzt wird der vom Gesetzgeber gewollte Systemwechsel insbesondere durch § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG werden bei der Berechnung des Punktestandes Zuwiderhandlungen unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind. Diese Vorschrift soll die Punktebewertung eines Verkehrsverstoßes auch dann ermöglichen, wenn er vor dem Ergreifen einer Maßnahme begangen wurde, bei dieser Maßnahme aber noch nicht verwertet werden konnte, etwa weil deren Ahndung erst später Rechtskraft erlangt hat oder sie erst später im Fahreignungsregister eingetragen oder der Behörde zur Kenntnis gelangt sei (BT-Drs. 18/2775 S. 10). Ein solcher Fall liegt - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (UA Rn. 20) - hier bezogen auf die Ordnungswidrigkeit vom 10. März 2014 vor. Sie ist gemäß § 4 Abs. 5 Satz 6 Nr. 1 StVG zu berücksichtigen, obwohl der Kläger wegen der am 10. Februar 2014 begangenen Zuwiderhandlung erst am 21. Januar 2015 und damit nach der Begehung der weiteren Ordnungswidrigkeit verwarnt wurde. § 4 Abs. 6 Satz 4 StVG stellt ausdrücklich auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde ab. Nach dieser Bestimmung erhöhen Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand (vgl. zur Systematik auch Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 88a).

25

Im Fahreignungs-Bewertungssystem entscheidet die Fahrerlaubnisbehörde mithin auf der Grundlage der ihr gemäß § 4 Abs. 8 StVG vom Kraftfahrt-Bundesamt übermittelten Eintragungen im Fahreignungsregister. Dieser Kenntnisstand ist maßgebend für die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 StVG. Für die Frage, ob die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist und sich, wenn zunächst diese Maßnahme zu ergreifen ist, der Punktestand verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG), kann nichts anderes gelten. Eine andere Betrachtung liefe dem Ziel der Gesetzesänderung zuwider, bei einer Anhäufung von Verkehrsverstößen die Entziehung der Fahrerlaubnis auch dann zu ermöglichen, wenn der Betroffene nach der Verwarnung die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht mehr durch eine Änderung seines Verkehrsverhaltens verhindern kann.

26

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich die Fahrerlaubnisbehörde weder das Wissen, über das eine der im Maßnahmensystem "vorgelagerten" Stellen (hier Staatsanwaltschaft und Kraftfahrt-Bundesamt) hinsichtlich weiterer Verkehrsverstöße des betroffenen Fahrerlaubnisinhabers verfügt, noch ein Verschulden dieser Stellen bei der Datenübermittlung zurechnen lassen. Ob dem Berufungsgericht in der Bewertung des Verhaltens der Staatsanwaltschaft bei der Übermittlung der Zuwiderhandlung vom 10. März 2014 zu folgen ist, kann deshalb offen bleiben. Mangels Zurechenbarkeit eines Verschuldens der Staatsanwaltschaft ist das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Eine Zurechnung von Wissen oder von Verschulden bei der Datenübermittlung liefe der Konzeption des Gesetzgebers zuwider, nach der gerade auf den Kenntnisstand der Fahrerlaubnisbehörde abgestellt werden soll. Abgesehen davon fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage für eine solche Zurechnung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerwG, Urteil vom 12. März 2015 - 3 C 6.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:120315U3C6.14.0] - Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 30 Rn. 14 ff.). Der Vollzug des Maßnahmensystems ist, wie § 4 Abs. 8 und § 28 Abs. 4 StVG sowie die Gesetzesbegründung zeigen, auf die Übermittlung der entsprechenden Daten und auf deren Kenntnisnahme beim Empfänger angelegt. Ob etwas anderes gilt, wenn ein Berufen auf die Unkenntnis als rechtsmissbräuchlich anzusehen wäre (vgl. VGH München, Beschluss vom 28. April 2016 - 11 CS 16.537 - ZfS 2016, 415 Rn. 13), kann offen bleiben. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.

27

dd) Die Fahrerlaubnisbehörde muss auch nicht unmittelbar vor dem Ergreifen der Maßnahme nochmals beim Kraftfahrt-Bundesamt den aktuellen Punktestand erfragen. Eine solche Rechtspflicht lässt sich den Regelungen zum Fahreignungs-Bewertungssystem nicht entnehmen (ebenso Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 4 StVG Rn. 60 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 8 StVG eine Übermittlungspflicht des Kraftfahrt-Bundesamtes, nicht aber eine Nachfragepflicht der Fahrerlaubnisbehörde begründet.

28

ee) Auch daraus, dass die Übermittlung von Daten aus dem Fahreignungsregister an die Fahrerlaubnisbehörde im Postwege und nicht automatisiert erfolgte, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten herleiten. Ein Anspruch auf Einrichtung eines automatisierten Abfrageverfahrens besteht nicht. § 30a und b StVG geben zwar die Befugnis zur Übermittlung bzw. zur Abfrage von Daten aus dem Fahreignungsregister in einem automatisierten Anfrage- und Auskunftsverfahren; diese Regelungen verpflichten die betroffenen Stellen jedoch nicht dazu. Nach § 30a Abs. 2 und § 30b StVG steht die Einrichtung solcher automatisierter Übermittlungsverfahren zudem unter dem Vorbehalt der näheren Bestimmung durch Rechtsverordnung. Eine solche Rechtsverordnung wurde bislang nicht erlassen. Unbeschadet dessen wird den Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden durch § 28 Abs. 4 StVG die Verpflichtung auferlegt, dem Kraftfahrt-Bundesamt "unverzüglich" die nach Absatz 3 zu speichernden oder zu einer Änderung oder Löschung führenden Daten mitzuteilen. Nach § 4 Abs. 8 StVG muss das Kraftfahrt-Bundesamt "bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5" den Fahrerlaubnisbehörden die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister übermitteln. Somit besteht auch ohne ein automatisiertes Verfahren ein gesetzliches "Beschleunigungsgebot". Unabhängig davon ist der Umstand, dass die Fahrerlaubnisbehörde hier von den beiden am selben Tag rechtskräftig geahndeten Zuwiderhandlungen des Klägers nicht gleichzeitig Kenntnis erhielt, nicht auf die Postlaufzeiten, sondern darauf zurückzuführen, dass die Staatsanwaltschaft die im Fahreignungsregister zu speichernden Daten wegen einer von ihr zunächst angenommenen Nacheinandervollstreckung der beiden Fahrverbote zeitlich versetzt an das Kraftfahrt-Bundesamt übermittelt hatte.

29

3. Die hier in ihrer ab dem 5. Dezember 2014 geltenden Fassung anzuwendenden Regelungen des § 4 Abs. 5 und 6 StVG sind verfassungsrechtlich weder wegen einer unzulässigen Rückwirkung (a) noch wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu beanstanden (b).

30

a) Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liegt nicht vor.

31

aa) Art. 103 Abs. 2 GG, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde, ist auf eine Fahrerlaubnisentziehung nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nicht anwendbar; sie ist keine Bestrafung im Sinne dieser Vorschrift. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und eine Entziehung der Fahrerlaubnis auf der Grundlage von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG haben keinen repressiven, sondern präventiven Charakter. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nach der Konzeption des Gesetzgebers ein Instrument mit general- und spezialpräventiver Wirkung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 17/12636 S. 38 und BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.). Es dient dem Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 StVG).

32

bb) Weder bezogen auf den 1. Mai 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Fünften Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3313), mit dem das Fahreignungs-Bewertungssystem eingeführt wurde, noch bezogen auf den 5. Dezember 2014, den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, der Gewerbeordnung und des Bundeszentralregistergesetzes vom 28. November 2014 (BGBl. I S. 1802) und der damit verbundenen (erneuten) Änderung von § 4 Abs. 5 und 6 StVG ist eine echte Rückwirkung zu Lasten des Klägers festzustellen. Ob der dargelegte Systemwechsel bereits durch die am 1. Mai 2014 in Kraft getretene Gesetzesänderung vollzogen wurde (verneinend: OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 14), ist hier ohne Bedeutung.

33

Wie gezeigt, entfaltet die Gesetzesänderung belastende Wirkungen für Fahrerlaubnisinhaber, die vor ihrer Verwarnung weitere, der Fahrerlaubnisbehörde im Zeitpunkt der Verwarnung noch nicht bekannte Zuwiderhandlungen begangen haben. Damit wird in Fällen wie dem des Klägers jedoch nicht in einen in der Vergangenheit liegenden, bereits abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen. Zwar hat der Kläger die beiden zur Überschreitung der Acht-Punkte-Grenze des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG führenden Ordnungswidrigkeiten sowohl vor dem 5. Dezember 2014 als auch vor dem 1. Mai 2014 begangen. Doch bereits unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem (dort noch ohne einfach-gesetzliche Regelung, aber vom Rechtsstaatsprinzip gefordert; vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 19 ff.) genügte die Begehung einer im Fahreignungsregister zu speichernden Straftat oder Ordnungswidrigkeit für das Entstehen von Punkten nicht. Erforderlich war schon damals die rechtskräftige Ahndung der betreffenden Tat. Somit lag und liegt der Entstehung von Punkten kein reines Tattagprinzip, sondern ein kombiniertes Tattag- und Rechtskraftprinzip zugrunde (so zum Mehrfachtäter-Punktsystem: BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 a.a.O.; für das Fahreignungs-Bewertungssystem: § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG und BT-Drs. 17/12636 S. 19). Im Hinblick darauf waren hier die maßgeblichen Lebenssachverhalte beim In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen noch nicht abgeschlossen. Die beiden strafgerichtlichen Urteile wurden erst am 19. Dezember 2014 rechtskräftig.

34

cc) Aus dem zeitlichen Ablauf ergibt sich allerdings zugleich, dass dem Berufungsgericht nicht in der Annahme gefolgt werden kann, die Frage einer unechten Rückwirkung wegen des Eintritts der Rechtskraft erst zum 19. Dezember 2014 stelle sich hier nicht (UA Rn. 30; ähnlich bereits VGH München, Beschluss vom 8. Juni 2015 - 11 CS 15.718 - juris Rn. 22). Jedenfalls die Verkehrsverstöße als "Auslöser" der Maßnahmen waren bereits vor dem In-Kraft-Treten der gesetzlichen Neuregelungen begangen worden.

35

Diese unechte Rückwirkung (so in Bezug auf § 4 StVG n.F. in vergleichbaren Fällen auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2016 - OVG 1 S 86.16 - ZfS 2017, 55 <56>; OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Juli 2015 - 3 B 118/15 - SächsVBl. 2015, 255 Rn. 15; Stieber, in: Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 4 StVG Rn. 86) ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz, soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten. Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 1/03 u.a. - BVerfGE 127, 31 <47 f.> m.w.N.).

36

Das ist hier der Fall. Die Gesetzesänderung dient - wie gezeigt - der Effektivierung des Fahreignungs-Bewertungssystems. Sie zielt auf eine Stärkung der Verkehrssicherheit (vgl. BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.) und soll dazu beitragen, dass Fahrerlaubnisinhaber, die sich durch das Erreichen von acht oder mehr Punkten nach der Wertung des Gesetzgebers als ungeeignet erwiesen haben, auch tatsächlich vom Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden. Dieses Ziel ließe sich nur eingeschränkt erreichen, wenn die Neuregelung auf vor ihrem In-Kraft-Treten begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße nicht anwendbar wäre. Die Grenze der Zumutbarkeit bleibt für die Betroffenen gewahrt. Ihre Erwartung, dass das der Gefahrenabwehr dienende Fahrerlaubnisrecht nach Begehung einer noch nicht rechtskräftig geahndeten Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht zu ihrem Nachteil geändert werde, genießt keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.

37

b) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist mit der gesetzlichen Neuregelung ebenfalls nicht verbunden.

38

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 Rn. 38 f. m.w.N.).

39

Ungleich behandelt werden Fahrerlaubnisinhaber, die wegen des Erreichens von vier oder fünf Punkten ermahnt worden sind und anschließend weitere Verkehrsverstöße begehen, die zum Erreichen von acht oder mehr Punkten führen: Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamtes über diese Verkehrsverstöße gleichzeitig oder die weitere Mitteilung jedenfalls, bevor sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung verwarnt hat, wird der Fahrerlaubnisinhaber gemäß § 4 Abs. 6 Satz 2 StVG lediglich verwarnt und sein Punktestand verringert sich auf sieben Punkte (§ 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 2 StVG). Erhält die Fahrerlaubnisbehörde die zweite Mitteilung dagegen - wie im Falle des Klägers - erst, nachdem sie den Fahrerlaubnisinhaber aufgrund der ersten Mitteilung wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten verwarnt hat, wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG).

40

Das Ziel, die Allgemeinheit mit Hilfe eines typisierenden Fahreignungs-Bewertungssystems und einer daran anknüpfenden Maßnahmenstufung effektiv vor ungeeigneten Fahrern zu schützen, bietet auch für eine solche Ungleichbehandlung noch einen hinreichenden Sachgrund. Wann die Fahrerlaubnisbehörde den Fahrerlaubnisinhaber verwarnen kann, hängt nicht nur vom zeitlichen Abstand der Verkehrsverstöße, sondern auch davon ab, wann deren Ahndung rechtskräftig wird (§ 4 Abs. 2 Satz 3 StVG), wann die Gerichte, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden dem Kraftfahrt-Bundesamt die über die Zuwiderhandlungen zu speichernden Daten mitteilen (§ 28 Abs. 4 StVG), wann das Kraftfahrt-Bundesamt der Fahrerlaubnisbehörde die Eintragungen im Fahreignungsregister übermittelt (§ 4 Abs. 8 StVG) und welche Bearbeitungszeiten bei der Fahrerlaubnisbehörde selbst anfallen. Ein Zusammenhang zwischen der Gestaltung und Dauer des Verfahrens und der Fahreignung des Fahrerlaubnisinhabers besteht nicht. Ein Fahrerlaubnisinhaber, der - wie der Kläger - mehrere, acht oder mehr Punkte ergebende Zuwiderhandlungen begangen hat, ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht besser geeignet und gefährdet die Allgemeinheit nicht weniger, wenn die Staatsanwaltschaft und anschließend das Kraftfahrt-Bundesamt diese Verkehrsverstöße gleichzeitig weitermelden. Das Fahreignungs-Bewertungssystem kommt jedoch ohne eine Anknüpfung an das betreffende Straf- oder Bußgeldverfahren nicht aus. Auch unter dem Mehrfachtäter-Punktsystem konnten nur rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister eingetragen werden und Punkte ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 3.07 - BVerwGE 132, 48 Rn. 21). Je später die Ahndung eines Verkehrsverstoßes rechtskräftig und damit eine Maßnahme nach § 4 Abs. 5 StVG möglich wurde, desto länger konnte der Fahrerlaubnisinhaber weitere Zuwiderhandlungen begehen, ohne die nächste Stufe des Maßnahmensystems zu erreichen. Eine sich daraus ergebende Ungleichbehandlung wurde hingenommen. Verfahrensbedingte Unterschiede bei der Ahndung von Verkehrsverstößen, wie sie z.B. bei der Verhängung von Fahrverboten auftreten können, werden in der Rechtsordnung auch sonst akzeptiert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - 4 StR 227/15 - BGHSt 61, 100). Soweit im Fahreignungs-Bewertungssystem die Punkteverringerung nach § 4 Abs. 6 Satz 3 StVG nicht nur vom Eintritt der Rechtskraft abhängt, sondern auch vom Ablauf des anschließenden Verwaltungsverfahrens, unterscheiden sich die damit verbundenen zusätzlichen Unwägbarkeiten im Ansatz nicht von jenen, die sich aus dem Ablauf des Straf- oder Bußgeldverfahrens ergeben; sie sind deshalb ebenfalls hinzunehmen. Dabei darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die beteiligten Stellen die Erledigung ihrer gesetzlichen Aufgaben nicht verzögern, um den Fahrerlaubnisinhaber beim Vollzug des Fahreignungs-Bewertungssystems zu begünstigen oder ihm zu schaden.

41

Der Gesetzgeber muss auch nicht zur Vermeidung der dargelegten Ungleichbehandlung vorsehen, dass die Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten aufgrund weiterer Verkehrsverstöße gegebenenfalls ohne vorherige Verwarnung zu entziehen ist. Zu einem neuen Gleichheitsproblem würde eine solche Regelung allerdings nicht führen. Fahrerlaubnisinhaber in der Situation des Klägers sind zwar verwarnt worden; sie hatten aber im Zeitpunkt der Verwarnung wegen der weiteren Zuwiderhandlung bereits acht Punkte. Die Entziehung der Fahrerlaubnis war damit unabwendbar, die Verwarnung aus ihrer Sicht eine bloße Formalie. Ungeachtet dessen bleibt die Stufung der Maßnahmen nach der gesetzgeberischen Konzeption ein wichtiges Element des Fahreignungs-Bewertungssystems. Die Behörde darf - wie § 4 Abs. 6 Satz 2 und 3 StVG zu entnehmen ist - die Fahrerlaubnis nach wie vor nur entziehen, wenn sie den Fahrerlaubnisinhaber zuvor nicht nur ermahnt, sondern auch verwarnt hat. In vielen Fällen kann die Verwarnung ihre Funktion auch erfüllen, den Fahrerlaubnisinhaber ein letztes Mal zu einer Verhaltensänderung anzuhalten. Wenn die Behörde wegen des Erreichens von sechs oder sieben Punkten die Verwarnung ausspricht, ist dies auf der Grundlage ihres Kenntnisstandes auch eine sinnvolle Maßnahme; sie hat keine Anhaltspunkte für weitere Verkehrsverstöße. Ausgehend hiervon liegt es innerhalb des Bewertungsspielraums des Gesetzgebers, wenn er meint, ein noch nicht verwarnter Fahrerlaubnisinhaber solle auch bei Erreichen von acht Punkten zunächst ein zweites Mal angehalten werden, sein Verhalten im Straßenverkehr zu ändern. Fahrern, die in dichter Folge schwere Verkehrsverstöße begangen haben und vor Entziehung der Fahrerlaubnis verwarnt worden sind, darf deshalb zugemutet werden, die dargestellten verfahrensbedingten Ungleichbehandlungen hinzunehmen.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Straßenverkehrs betreffenden straßenverkehrsrechtlichen oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften verstoßen, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde die in Absatz 5 genannten Maßnahmen (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Den in Satz 1 genannten Vorschriften stehen jeweils Vorschriften gleich, die dem Schutz

1.
von Maßnahmen zur Rettung aus Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder
2.
zivilrechtlicher Ansprüche Unfallbeteiligter
dienen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit früherer oder anderer die Fahreignung betreffender Maßnahmen nach den Vorschriften über die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 Absatz 1 oder einer auf Grund § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt. Das Fahreignungs-Bewertungssystem und die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe sind nebeneinander anzuwenden.

(2) Für die Anwendung des Fahreignungs-Bewertungssystems sind die in einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe b bezeichneten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten maßgeblich. Sie werden nach Maßgabe der in Satz 1 genannten Rechtsverordnung wie folgt bewertet:

1.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist, mit drei Punkten,
2.
Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten jeweils mit zwei Punkten und
3.
verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt.
Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. Soweit in Entscheidungen über Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt.

(3) Wird eine Fahrerlaubnis erteilt, dürfen Punkte für vor der Erteilung rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Punkte werden gelöscht. Die Sätze 1 und 2 gelten auch, wenn

1.
die Fahrerlaubnis entzogen,
2.
eine Sperre nach § 69a Absatz 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches angeordnet oder
3.
auf die Fahrerlaubnis verzichtet
worden ist und die Fahrerlaubnis danach neu erteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht bei
1.
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 2a Absatz 3,
2.
Verlängerung einer Fahrerlaubnis,
3.
Erteilung nach Erlöschen einer befristet erteilten Fahrerlaubnis,
4.
Erweiterung einer Fahrerlaubnis oder
5.
vereinfachter Erteilung einer Fahrerlaubnis an Inhaber einer Dienstfahrerlaubnis oder Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis.

(4) Inhaber einer Fahrerlaubnis mit einem Punktestand von einem Punkt bis zu drei Punkten sind mit der Speicherung der zugrunde liegenden Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c für die Zwecke des Fahreignungs-Bewertungssystems vorgemerkt.

(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde hat gegenüber den Inhabern einer Fahrerlaubnis folgende Maßnahmen stufenweise zu ergreifen, sobald sich in der Summe folgende Punktestände ergeben:

1.
Ergeben sich vier oder fünf Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu ermahnen;
2.
ergeben sich sechs oder sieben Punkte, ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis beim Erreichen eines dieser Punktestände schriftlich zu verwarnen;
3.
ergeben sich acht oder mehr Punkte, gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen und die Fahrerlaubnis ist zu entziehen.
Die Ermahnung nach Satz 1 Nummer 1 und die Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 enthalten daneben den Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar nach § 4a freiwillig besucht werden kann, um das Verkehrsverhalten zu verbessern; im Fall der Verwarnung erfolgt zusätzlich der Hinweis, dass hierfür kein Punktabzug gewährt wird. In der Verwarnung nach Satz 1 Nummer 2 ist darüber zu unterrichten, dass bei Erreichen von acht Punkten die Fahrerlaubnis entzogen wird. Die nach Landesrecht zuständige Behörde ist bei den Maßnahmen nach Satz 1 an die rechtskräftige Entscheidung über die Straftat oder die Ordnungswidrigkeit gebunden. Sie hat für das Ergreifen der Maßnahmen nach Satz 1 auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Bei der Berechnung des Punktestandes werden Zuwiderhandlungen
1.
unabhängig davon berücksichtigt, ob nach deren Begehung bereits Maßnahmen ergriffen worden sind,
2.
nur dann berücksichtigt, wenn deren Tilgungsfrist zu dem in Satz 5 genannten Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.
Spätere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben unberücksichtigt.

(6) Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf eine Maßnahme nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 oder 3 erst ergreifen, wenn die Maßnahme der jeweils davor liegenden Stufe nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 oder 2 bereits ergriffen worden ist. Sofern die Maßnahme der davor liegenden Stufe noch nicht ergriffen worden ist, ist diese zu ergreifen. Im Fall des Satzes 2 verringert sich der Punktestand mit Wirkung vom Tag des Ausstellens der ergriffenen

1.
Ermahnung auf fünf Punkte,
2.
Verwarnung auf sieben Punkte,
wenn der Punktestand zu diesem Zeitpunkt nicht bereits durch Tilgungen oder Punktabzüge niedriger ist. Punkte für Zuwiderhandlungen, die vor der Verringerung nach Satz 3 begangen worden sind und von denen die nach Landesrecht zuständige Behörde erst nach der Verringerung Kenntnis erhält, erhöhen den sich nach Satz 3 ergebenden Punktestand. Späteren Tilgungen oder Punktabzügen wird der sich nach Anwendung der Sätze 3 und 4 ergebende Punktestand zugrunde gelegt.

(7) Nehmen Inhaber einer Fahrerlaubnis freiwillig an einem Fahreignungsseminar teil und legen sie hierüber der nach Landesrecht zuständigen Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Seminars eine Teilnahmebescheinigung vor, wird ihnen bei einem Punktestand von ein bis fünf Punkten ein Punkt abgezogen; maßgeblich ist der Punktestand zum Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung. Der Besuch eines Fahreignungsseminars führt jeweils nur einmal innerhalb von fünf Jahren zu einem Punktabzug. Für den zu verringernden Punktestand und die Berechnung der Fünfjahresfrist ist jeweils das Ausstellungsdatum der Teilnahmebescheinigung maßgeblich.

(8) Zur Vorbereitung der Maßnahmen nach Absatz 5 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei Erreichen der jeweiligen Punktestände nach Absatz 5, auch in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln. Unabhängig von Satz 1 hat das Kraftfahrt-Bundesamt bei jeder Entscheidung, die wegen einer Zuwiderhandlung nach

1.
§ 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a des Strafgesetzbuches,
2.
den §§ 316 oder 323a des Strafgesetzbuches oder
3.
den §§ 24a oder 24c
ergangen ist, der nach Landesrecht zuständigen Behörde die vorhandenen Eintragungen aus dem Fahreignungsregister zu übermitteln.

(9) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Entziehung nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 haben keine aufschiebende Wirkung.

(10) Ist die Fahrerlaubnis nach Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 entzogen worden, darf eine neue Fahrerlaubnis frühestens sechs Monate nach Wirksamkeit der Entziehung erteilt werden. Das gilt auch bei einem Verzicht auf die Fahrerlaubnis, wenn zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verzichtes mindestens zwei Entscheidungen nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 3 Buchstabe a oder c gespeichert waren. Die Frist nach Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins nach § 3 Absatz 2 Satz 3 in Verbindung mit dessen Satz 4. In den Fällen des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, hat die nach Landesrecht zuständige Behörde unbeschadet der Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis zum Nachweis, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiederhergestellt ist, in der Regel die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung - auch wenn sie nach anderen Vorschriften erfolgt - die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. § 2 Abs. 7 und 8 gilt entsprechend.

(2) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Nach der Entziehung ist der Führerschein der Fahrerlaubnisbehörde abzuliefern oder zur Eintragung der Entscheidung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch, wenn die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis auf Grund anderer Vorschriften entzieht.

(3) Solange gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis ein Strafverfahren anhängig ist, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 des Strafgesetzbuchs in Betracht kommt, darf die Fahrerlaubnisbehörde den Sachverhalt, der Gegenstand des Strafverfahrens ist, in einem Entziehungsverfahren nicht berücksichtigen. Dies gilt nicht, wenn die Fahrerlaubnis von einer Dienststelle der Bundeswehr, der Bundespolizei oder der Polizei für Dienstfahrzeuge erteilt worden ist.

(4) Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Antrag auf Erlass eines Strafbefehls abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(5) Die Fahrerlaubnisbehörde darf der Polizei die verwaltungsbehördliche oder gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Bestehen eines Fahrverbots übermitteln, soweit dies im Einzelfall für die polizeiliche Überwachung im Straßenverkehr erforderlich ist.

(6) Für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland gelten die Vorschriften über die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht entsprechend.

(7) Durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können Fristen und Voraussetzungen

1.
für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung oder nach vorangegangenem Verzicht oder
2.
für die Erteilung des Rechts, nach vorangegangener Entziehung oder vorangegangenem Verzicht von einer ausländischen Fahrerlaubnis im Inland wieder Gebrauch zu machen, an Personen mit ordentlichem Wohnsitz im Ausland
bestimmt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.