Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 27. Juli 2016 - 7 L 1453/16

ECLI:ECLI:DE:VGGE:2016:0727.7L1453.16.00
bei uns veröffentlicht am27.07.2016

Tenor

  • 1.

    Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. L.    aus I.    wird abgelehnt.

  • 2.

    Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.

  • 3.

    Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 27. Juli 2016 - 7 L 1453/16 zitiert 12 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 11 Eignung


(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Ei

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 46 Entziehung, Beschränkung, Auflagen


(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorlie

Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV 2010 | § 3 Einschränkung und Entziehung der Zulassung


(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren, hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Nach der Untersagung,

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 18. Sept. 2015 - Au 7 K 15.637

bei uns veröffentlicht am 18.09.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Au 7 K 15.637 Im Namen des Volkes Urteil vom 18. September 2015 7. Kammer Sachgebiets-Nr. 551 Hauptpunkte: Entziehung der Fahrerlaubnis; Gutachtensanordnung r

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen oder Tieren, hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Nach der Untersagung, auf öffentlichen Straßen ein Mofa nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder ein Kraftfahrzeug nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1b zu führen, ist die Prüfbescheinigung nach § 5 Absatz 4 Satz 1 unverzüglich der entscheidenden Behörde abzuliefern oder bei Beschränkungen oder Auflagen zur Eintragung vorzulegen. Die Verpflichtung zur Ablieferung oder Vorlage der Prüfbescheinigung besteht auch, wenn die Entscheidung angefochten worden ist, die zuständige Behörde jedoch die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung angeordnet hat.

(2) Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs oder Tieres zum Führen ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet ist, finden die Vorschriften der §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(1) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.

(2) Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, schränkt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Bei Inhabern ausländischer Fahrerlaubnisse schränkt die Fahrerlaubnisbehörde das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, so weit wie notwendig ein oder ordnet die erforderlichen Auflagen an. Die Anlagen 4, 5 und 6 sind zu berücksichtigen.

(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Absatz 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.

(5) Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.

(6) Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg

Au 7 K 15.637

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 18. September 2015

7. Kammer

Sachgebiets-Nr. 551

Hauptpunkte: Entziehung der Fahrerlaubnis; Gutachtensanordnung rechtswidrig; - kein Abweichen von der strafgerichtlichen Sachverhaltsfeststellung zum Nachteil des Fahrerlaubnisinhabers; - ungenügende Ermessenserwägungen bzw. fehlerhafte Begründung - kein Ausnahmefall für ein Abweichen vom Fahreignungsbewertungssystem und vom Maßnahmenkatalog des § 2a Abs. 2 StVG

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

- Beklagte -

beteiligt:

...

wegen Entziehung der Fahrerlaubnis

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 7. Kammer, durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzende, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... ohne mündliche Verhandlung am 18. September 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der am ... 1994 geborene Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S, die ihm am 17. Januar 2012 erteilt worden war.

1. Die Polizeiinspektion ... teilte der Fahrerlaubnisbehörde der Beklagten mit Schreiben vom 16. Oktober 2013 folgenden Sachverhalt mit: Der Kläger und Frau P. seien am Sonntag, den 30. Juni 2013, gegen 00:25 Uhr, mit ihren Fahrzeugen nebeneinander mit stark überhöhter Geschwindigkeit die R. Straße in östlicher Richtung gefahren. Auf Höhe Hausnummer ... habe der Kläger das Fahrzeug der Frau P. auf der linken Seite überholt. Diese habe aufgrund der Geschwindigkeit die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren, sei nach links auf die Gegenspur gekommen, habe zu stark dagegen gelenkt und sei fast ungebremst gegen die Hausmauer gegenüber Hausnummer ... gefahren. Die Streife habe den Unfall beobachten können, da die beiden Fahrzeuge ihr entgegengekommen seien. Beim Aufprall an die Hausmauer habe sich das Streifenfahrzeug fast auf Höhe des Aufpralls befunden. Das Fahrzeug der Frau P. sei von der Mauer weggeschleudert worden und etwa 15 Meter später zum Stehen gekommen. Es sei an diesem Fahrzeug Totalschaden eingetreten. Frau P. und ihre Beifahrerin, Frau D., seien mit viel Glück nur leicht verletzt worden. Fahrzeugteile seien auf allen vier Spuren auf einer Länge von etwa 40 Metern verteilt gewesen. Der Kläger habe gewendet und sei zur Unfallstelle zurückgekommen. Die Insassen der beiden Fahrzeuge hätten sich gekannt. Laut Beobachtungen der Streife habe es sich um eine Art Rennen zwischen beiden Fahrzeugen gehandelt. Geschätzte Geschwindigkeit mindestens 80 km/h, wahrscheinlich sogar 100 km/h. Aufgrund des dringenden Tatverdachts der Veranstaltung eines nicht genehmigten Rennens auf öffentlichem Verkehrsgrund sowohl durch den Kläger als auch durch Frau P. seien beide wegen der fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil der Frau D. angezeigt worden.

Mit (seit 17.2.2014 rechtskräftigem) Urteil des Amtsgerichts, Jugendgerichts, ... vom 17. Februar 2014 (Az.: ...) wurden der Kläger und Frau P. jeweils wegen fahrlässiger Körperverletzung (§§ 223 Abs. 1, 229, 230 Abs. 1 StGB) zur Leistung von 40 Stunden Hilfsdienste verurteilt. In den Gründen des (gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzten) Urteils wird unter II. u. a. ausgeführt, der Kläger sei mit seinem Pkw hinter der Frau P. gefahren. Infolge Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sei der Kläger von hinten immer mehr auf den Pkw seiner Bekannten Frau P. aufgefahren, was diese veranlasst habe, ebenfalls unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt schneller zu fahren. Als beide Fahrzeuge kurz vor einer leichten Linkskurve gewesen seien und der Kläger ansetzte, das Fahrzeug von Frau P. zu überholen, sei diese unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ins Schleudern gekommen und gegen die Hauswand … geprallt. Dies habe für den Kläger und Frau P. vorhersehbar und vermeidbar zur Folge gehabt, dass die Beifahrerin der Frau P. ein HWS-Trauma und eine Gurtprellung erlitten habe. Unter IV. wird im Urteil ausgeführt, dass wegen nicht ausschließbarer Reiferückstände Jugendstrafrecht habe Anwendung finden können. Zugunsten des Klägers und Frau P. habe berücksichtigt werden können, dass sie bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten seien und es sich zur Überzeugung des Gerichts bei dem Tatgeschehen um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt habe. Schuld- und tatangemessen und erzieherisch notwendig aber auch ausreichend sei nach Abwägung aller Umstände erschienen, dem Kläger und Frau P. aufzuerlegen, jeweils 40 Stunden gemeinnützige Hilfsdienste zu erbringen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt teilte der Beklagten auf deren Anfrage mit Schreiben vom 2. April 2014 mit, dass für den Kläger aufgrund der am 30. Juni 2013 begangenen fahrlässigen Körperverletzung 5 Punkte im Verkehrszentralregister - dies entspricht 2 Punkten nach dem seit 1. Mai 2014 geltenden Fahreignungsbewertungssystem (§ 65 Abs. 3 Nr. 4 StVG) - eingetragen worden seien.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2014 forderte die Beklagte den Kläger dazu auf, bis spätestens 29. September 2014 ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung beizubringen (Bl. 20 bis 22 der Behördenakte). Die Gutachtensanordnung wurde auf § 11 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, Abs. 6 FeV gestützt. Als Gründe für die Fahreignungszweifel führte die Beklagte u. a. folgenden Sachverhalt an: Der Kläger sei mit Urteil des Amtsgerichts ... vom 17. Februar 2014 wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden, nachdem er am 30. Juni 2013 mit überhöhter Geschwindigkeit dem Auto seiner Bekannten aufgefahren sei und schließlich zum Überholen angesetzt habe, wodurch diese ins Schleudern geriet und deren Beifahrerin verletzt worden sei. Es habe sich um eine Art Rennen zwischen dem Kläger und seiner Bekannten gehandelt. Sie seien beide mit einer Geschwindigkeit von mindestens 80, eher 100 km/h gefahren, obwohl sich die befahrene Strecke innerorts befunden habe. Zum Tatzeitpunkt habe sich der Kläger außerdem noch in der Probezeit befunden. Aufgrund der im Straßenverkehr begangenen schwerwiegenden Straftat sei zu befürchten, dass die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer zugunsten des Durchsetzens eigener Interessen oder Auslebens von Impulsen nicht ausreichend respektiert würden und es somit zu weiteren sicherheitswidrigen Auffälligkeiten im Straßenverkehr komme.

Der Kläger wurde in diesem Schreiben u. a. darauf hingewiesen, dass die Beklagte aus einer Verweigerung der Untersuchung oder einer nicht fristgerechten Vorlage des Gutachtens auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen habe, mit der Folge, dass seine Fahrerlaubnis zu entziehen sei.

Die Bevollmächtigten des Klägers zeigten mit Schreiben vom 4. August 2014 dessen Vertretung an und nahmen am 27. August 2014 Akteneinsicht.

Nachdem der Kläger keinen Untersuchungsauftrag erteilte bzw. das angeforderte Gutachten nicht vorlegte, hörte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 25. November 2014 zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an und räumte ihm eine Äußerungsfrist bis zum 11. Dezember 2014 ein.

Nach Fristverlängerung führten die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2014 aus, dass die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht gerechtfertigt gewesen sei. Gegenstand der Anklageschrift sei das nunmehr auch der Anordnung zugrunde liegende angebliche - und vom Kläger ausdrücklich bestrittene - Rennen zwischen den Unfallbeteiligten gewesen. Dieser Tatvorwurf habe ausweislich des Urteils jedoch nicht nachgewiesen können, da sich hierzu keine Feststellungen im Tatbestand des Urteils fänden. Dieser Tatvorwurf hätte zudem auch eine Prüfung der Strafbarkeit nach § 315c StGB zur Folge gehabt.

Die Beklagte führte hierzu mit Schreiben vom 7. Januar 2015 aus, die Straftat werde als erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV angesehen. Es sei zu einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung sowie zu einem Überholmanöver bei dieser deutlich überhöhten Geschwindigkeit innerorts und zu einem Unfall, bei dem eine Person verletzt worden sei, gekommen. Die Bezeichnung als „eine Art Rennen“ diene nur der Nachvollziehbarkeit des Sachverhalts und stelle keinen gesonderten Anordnungsgrund dar. Die Erheblichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung sei ebenso in die Entscheidung einbezogen worden, wie der Umstand, dass der Kläger zum Tatzeitpunkt Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe gewesen sei.

2. Mit Bescheid vom 23. März 2015 entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S (Nr. 1 des Bescheidstenors). Der Kläger wurde aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens binnen drei Tagen nach Zustellung dieses Bescheids bei der Beklagten abzuliefern (Nr. 2 des Bescheidstenors). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3 des Bescheidstenors). Für den Fall, dass der Kläger der Aufforderung unter Nr. 2 des Bescheides nicht fristgerecht nachkommt, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250,00 Euro angedroht (Nr. 6 des Bescheidtenors).

Der Bescheid wurde den Bevollmächtigten des Klägers laut Postzustellungsurkunde am 25. März 2015 zugestellt.

Der Kläger lieferte seinen Führerschein am 27. März 2015 bei der Beklagten ab.

3. Am 27. April 2015 wurde Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2015 aufzuheben.

Zur Begründung wurden im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Schriftsatz vom 17. Dezember 2014 wiederholt. Zudem wurde ausgeführt, dass das Strafgericht keinen Anlass gesehen habe, die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB auszusprechen, obwohl der Sachverhalt in der Anklageschrift hierzu Anlass gegeben habe. Insoweit sei es der Beklagten versperrt, entgegen der gerichtlichen Würdigung des Sachverhalts eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 4. Juni 2015,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger habe zweifelsfrei eine Straftat begangen, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehe. Somit sei letztlich unbeachtlich, mit welcher Geschwindigkeit der Kläger letztendlich gefahren sei. Die Einschätzungen der Polizei stellten Tatsachen im Sinne des § 11 Abs. 2 FeV dar. Es handle sich nicht um willkürliche Darstellungen oder entfernt liegende Möglichkeiten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B. v. 25.3.2014 - 11 C 13.1837) habe ausgeführt, dass daraus, dass das Strafgericht keine Maßregel nach § 69 StGB verhängt habe, straßenverkehrsrechtlich ein Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV nicht ausgeschlossen werde. Mit Schreiben vom 22. Juni 2015 ergänzte die Beklagte ihren Sach- und Rechtsvortrag.

Das erkennende Gericht teilte der Beklagten in einem Telefonat am 27. August 2015 mit, dass es die Gutachtensanordnung und damit die Entziehung der Fahrerlaubnis für rechtswidrig erachte. Mit Schreiben vom 1. September 2015 vertiefte die Beklagte ihre Rechtsansicht, dass die Gutachtensanordnung nicht gegen § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG verstoße und der Bescheid vom 23. März 2015 daher rechtmäßig sei. Mit richterlichem Schreiben vom 4. September 2015 wurde der Beklagten mitgeteilt, warum die Kammer die Gutachtensanordnung auch im Hinblick auf deren weitere Ausführungen für rechtswidrig erachte.

Die Klägerbevollmächtigten verzichteten mit Schreiben vom 9. September 2015, die Beklagte mit Schreiben vom 15. September 2015 auf mündliche Verhandlung.

4. Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Parteien wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Parteien mit dieser Form der Entscheidung schriftsätzlich einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Fahrerlaubnis ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG, BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. März 2015 (BGBl S. 186), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 16. Dezember 2014 (BGBl S. 2213), zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Fahren von Kraftfahrzeugen erweist. Die Fahrerlaubnisbehörde darf auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen, wenn sich der Betroffene weigert, sich begutachten zu lassen oder das Gutachten nicht fristgerecht vorlegt (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen im Falle grundloser Nichtbeibringung des Gutachtens gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung zur Gutachtensbeibringung rechtmäßig war, wenn also die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung erfüllt sind und die Anordnung auch im Übrigen den Anforderungen des § 11 FeV entspricht. Voraussetzung ist insbesondere, dass die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens anlassbezogen und verhältnismäßig erfolgt ist. Die Gutachtensanordnung muss weiter hinreichend bestimmt und aus sich heraus verständlich sein. Der Betroffene muss der Gutachtensaufforderung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Fahreignung zu rechtfertigen vermag (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2014, § 11 FeV Rn. 55 m. w. N.). An die Rechtmäßigkeit der Gutachtensaufforderung sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil der Kläger die Gutachtensaufforderung mangels Verwaltungsaktqualität nicht direkt anfechten kann. Er trägt das Risiko, dass ihm gegebenenfalls die Fahrerlaubnis bei einer Weigerung deswegen entzogen wird. Daher kann auf die strikte Einhaltung der vom Verordnungsgeber für die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung aufgestellten formalen Voraussetzungen nicht verzichtet werden (vgl. BayVGH, B. v. 27.11.2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfSch 2013, 177, juris).

Im vorliegenden Fall erweist sich die auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV gestützte Gutachtensanordnung vom24. Juli 2014 als rechtswidrig.

a) Zum einen hat die Beklagte das ihr nach § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV zustehende Ermessen, eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anzuordnen, deswegen fehlerhaft ausgeübt, da sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Indem die Beklagte ihre Gutachtensanordnung auch auf Aussagen aus dem Polizeibericht gestützt hat, die geeignet sind, eine Straftat im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV als „erheblich“ zu bewerten, die sich aber im Strafurteil des Amtsgerichts... vom 17. Februar 2014, insbesondere in der Feststellung des Sachverhalts, nicht finden, ist sie zum Nachteil des Klägers vom Inhalt des Urteils, nämlich von dessen Feststellung des Sachverhalts, entgegen § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG abgewichen.

Die in § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG angeordnete Bindungswirkung gilt nicht nur für die Maßnahme der Entziehung selbst, sondern nach ihrem Sinn für das gesamte Entziehungsverfahren unter Einschluss der vorbereitenden Maßnahmen der §§ 11 ff. FeV. Die Beklagte ging zutreffend davon aus, dass sie durch das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom 17. Februar 2014 nicht daran gehindert war, die Frage der Fahreignung des Klägers eigenständig zu prüfen. Denn in jenem Urteil wurde entgegen § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO nicht begründet, warum das Strafgericht von einer Entziehung der Fahrerlaubnis absah, obwohl die Tat des Klägers - er wurde eines Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung, die er beim Führen eines Kraftfahrzeugs begangen hatte, schuldig gesprochen - hierzu ersichtlich Anlass gegeben hätte. Enthält die strafgerichtliche Entscheidung keine positive oder negative Bewertung der Eignung, Kraftfahrzeuge zu führen, so kann daraus nicht auf die positive Eignung geschlossen werden. Vielmehr ist die Verwaltungsbehörde befugt, den Sachverhalt in die ihr obliegende umfassende Prüfung der Kraftfahreignung einzubeziehen (vgl. BVerwG, U. v. 15.7.1988 - 7 C 46/87 - NJW 1989, 116-118, juris; B. v. 1.4.1993 - 11 B 82/92 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 89, juris; B. v. 17.2.1994 - 11 B 152/93 - Buchholz 442.10 § 4 StVG Nr. 92, juris).

Die Beklagte war daher zwar dazu befugt, den Vorfall vom 30. Juni 2013 als Anlass für die Anordnung einer MPU heranzuziehen. Sie war aber insoweit an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts ... vom 17. Februar 2014 gebunden, als sie vom Inhalt des Urteils, im vorliegenden Fall von der Feststellung des Sachverhalts, nicht zum Nachteil des Klägers abweichen durfte. Der Grundsatz, dass ein Kraftfahrer in einem Fahrerlaubnisentziehungsverfahren eine rechtskräftige strafgerichtliche Entscheidung mit dem darin festgestellten Sachverhalt gegen sich gelten lassen muss, sofern sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil ergeben (vgl. BVerwG, B. v. 3.9.1992 - 11 B 22.92 - NVwZ-RR 1993, 165, juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 22.3.2007 - 11 CS 06.1634 - juris, Rn. 22; OVG NW, B. v. 26.3.2012 - 16 B 304/12 - juris; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 43. Aufl. 2014, § 3 StVG Rn. 56. m. w. N.), gilt in gleicher Weise auch für die Fahrerlaubnisbehörde, wenn sie den dem Strafurteil zugrundeliegenden Vorgang zum Anlass für die Anordnung einer MPU nimmt. Dies bedingt aber, dass der strafgerichtlichen Entscheidung zweifelsfrei entnommen werden kann, wovon der Strafrichter hinsichtlich bestimmter, für das Entziehungsverfahren relevanter tatsächlicher Umstände ausgegangen ist (vgl. OVG NW, B. v. 26.3.2012 - 16 B 304/12 - juris). Im vorliegenden Fall enthält die Gutachtensanordnung der Beklagten bei der Schilderung der (Straf-)Tat aber Aussagen - „überhöhte Geschwindigkeit von mindestens 80km/h, eher 100 km/h“, „Art Rennen“ -, die sich an keiner Stelle des Strafurteils, insbesondere auch nicht im gerichtlich festgestellten Sachverhalt, finden. Damit ist davon auszugehen, dass gerade diese Aussagen, die aus dem Polizeiermittlungsbericht stammen und dem Strafrichter daher bekannt waren, nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zumindest als nicht bewiesen angesehen wurden und deswegen auch im Urteil nicht berücksichtigt wurden und zwar weder im gerichtlich festgestellten Sachverhalt noch bei der Strafzumessung noch bei der Beurteilung, welche Straftatbestände verwirklicht wurden. Gerade eine innerörtliche Geschwindigkeit von 80 - 100 km/h, also eine ganz massive Geschwindigkeitsüberschreitung, und die Austragung einer „Art Rennen“, ein die Sicherheit des Straßenverkehr besonders gefährdendes Verhalten, hätten aber Anlass zu einer Prüfung einer Verurteilung (auch) nach § 315 c StGB gegeben, wenn das Strafgericht diesen Sachverhalt als bewiesen angesehen hätte.

Indem die Beklagte zur Begründung ihrer Gutachtensanordnung aber gerade auch diese Umstände heranzieht und die polizeilichen Einschätzungen insoweit als Tatsachen im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV bewertet (s. Klageerwiderung vom 4.6.2015, S. 2 letzter Absatz), unterzieht sie die strafgerichtlichen Feststellungen einer erneuten Überprüfung und setzt sich somit an die Stelle des Strafgerichts. Insoweit ist aber davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG eine Doppelprüfung mit widersprüchlichen Ergebnissen nicht nur im Hinblick auf eine erfolgte strafgerichtliche und anschließende nochmalige behördliche Eignungsprüfung ausschließen wollte, sondern auch im Hinblick auf die im Strafurteil getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt, also zu den für erwiesen erachteten Tatsachen. Die Fahrerlaubnisbehörde ist damit an die rechtskräftigen Urteilsfeststellungen, sofern sie zum Nachteil des Klägers davon abweichen will, gebunden, auch wenn sie selbst den Sachverhalt im Hinblick auf den Vorfall vom 30. Juni 2013 anders beurteilt. Insbesondere stellen die entsprechenden polizeilichen Einschätzungen keinen gewichtigen Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil dar.

Gerade eine innerörtliche Geschwindigkeit von 80-100 km/h, also eine ganz massive Geschwindigkeitsüberschreitung, und die Austragung einer „Art Rennen“, ein die Sicherheit des Straßenverkehrs besonders gefährdendes Verhalten, stellen aber nicht nur Umstände dar, die Anlass zu einer Verurteilung nach § 315 c StGB gegeben hätten, sondern sind insbesondere für die Beurteilung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV maßgebend, nämlich ob eine Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, auch (im Hinblick auf die Fahreignung) „erheblich“ ist. Da die Beklagte ihre Entscheidung zur Anforderung einer MPU - zumindest auch - auf diese Umstände gestützt hat, ist sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Damit erweist sich die Ermessensentscheidung, vom Kläger wegen des Vorfalls vom 30. Juni 2013 ein Fahreignungsgutachten zu fordern, als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

b) Zum anderen hat die Beklagte in der Gutachtensanordnung entgegen § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV weder eine Begründung dafür gegeben, warum sie im Falle des Klägers vom Fahreignungsbewertungssystem nach § 4 StVG abgewichen ist, noch dafür, warum sie eine Anordnung zur Teilnahme des Klägers an einem Aufbauseminar (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG) nicht für ausreichend erachtet hat.

Der Kläger war, als er die Straftat vom 30. Juni 2013 begangen hat, Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe (Dauer der Probezeit bis 17.1.2014), so dass die speziellen Regelungen in § 2a StVG Anwendung finden. § 2a Abs. 2 StVG i. V. m. § 34 FeV und der Anlage 12 zu § 34 FeV enthalten einen abgestuften Katalog von Maßnahmen für den Fall, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr begangen und sich damit als Fahranfänger nicht bewährt hat. Die Verurteilung des Klägers wegen fahrlässiger Körperverletzung, die mit 5 Punkten (alt) bzw. 2 Punkten (neu) - also als „besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende“ Straftat gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StVG - bewertet wurde, stellt sich damit als eine schwerwiegende Zuwiderhandlung nach Anlage 12 zu § 34 FeV, Abschnitt A., 1.1, dar, die die Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar (§ 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG) zwingend nach sich zieht. § 2a Abs. 4 Satz 1 StVG stellt klar, dass die Möglichkeit einer Fahrerlaubnisentziehung nach der allgemeinen Vorschrift des § 3 StVG oder die Möglichkeit, die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach §§ 11 bis 14 FeV anzuordnen, unberührt lässt, das allgemeine Recht also daneben anwendbar bleibt. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass in Fällen, in denen besonders schwerwiegende Zweifel an der Fahreignung des betroffenen Fahranfängers bestehen, im Interesse der Verkehrssicherheit und des Schutzes anderer Verkehrsteilnehmer eine Fahrerlaubnisentziehung oder Überprüfung der Fahreignung auch unabhängig vom Durchlaufen des Katalogs von § 2a Abs. 2 StVG möglich bleibt (BayVGH, B. v. 14.2.2006 - 11 CS 05.1504 - juris). Auch innerhalb der Probezeit ist aber zu beachten, dass bei Zweifeln an der Kraftfahreignung wegen Verkehrszuwiderhandlungen, abgesehen von den Fällen der § 13 Abs. 1 Nr. 2b FeV und § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV, die Regelungen des Fahreignungsbewertungssystems (§ 4 StVG) Vorrang haben. Davon darf gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG nur abgewichen werden, wenn besondere Gründe dafür vorliegen (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 43. Aufl. 2014, § 2a StVG Rn. 47, § 4 StVG Rn. 33 f.).

Im Hinblick auf die inhaltsgleiche Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG a. F. hat die obergerichtliche Rechtsprechung anerkannt, dass die Straßenverkehrsbehörde sich in Zurückhaltung üben müsse und eine Abweichung vom Punktsystem nur in eng begrenzten, besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht komme. Die Regelung des § 4 StVG (a. F.) zeige, dass in aller Regel erst dann von der fehlenden charakterlichen Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen auszugehen sei, wenn zu dessen Lasten 18 oder mehr Punkte (nach dem bis 30.4.2014 geltenden Punktsystem) im Register eingetragen seien. Aus dem Punktsystem ergebe sich aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst die weitere Straßenverkehrsteilnahme von Kraftfahrern mit einem nicht unerheblichen „Sündenregister“ in Kauf genommen und die Entziehung der Fahrerlaubnis von der zuvor eingeräumten Möglichkeit, Angebote und Hilfestellungen wahrzunehmen, abhängig gemacht habe. Hiervon dürfe nur abgewichen werden, wenn dies die Verkehrssicherheit und damit die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gebiete. Dazu müssten Umstände vorliegen, die den Schluss darauf zuließen, dass der betroffene Kraftfahrer selbst dann nicht zu einem ordnungsgemäßen Verkehrsverhalten zurückfinde, wenn er die Maßnahmen nach dem Punktsystem (Verwarnung und Teilnahme an einem Aufbauseminar, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 StVG a. F.) durchlaufen habe. Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umstände näher begründen, warum sie aus besonderen Gründen im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der Häufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverstöße Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufklärungsmaßnahmen etwa durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des § 4 StVG wahrzunehmen (vgl. BayVGH, B. v. 7.2.2012 - 11 CS 11.2708 -; B. v. 2.6.2013 - 11 CS 03.743 -; B. v. 9.12.2014 - 11 CS 14.2217 -; VGH BW, B. v. 5.5.2014 - 10 S 705/14 -; OVG NW, B. v. 7.10.2013 - 16 A 2820/12 -; OVG RhPf, B. v. 27.5.2009 - 10 B 10387/09 - jeweils zitiert nach juris).

Die zitierte obergerichtliche Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist zwar im Wesentlichen zu § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG a. F. (in der bis zum 30.4.2014 geltenden Fassung) ergangen. Sie ist aber auf den vorliegenden Fall übertragbar, wenngleich an die Stelle des bis 30. April 2014 geltenden Punktsystems nunmehr ein modifiziertes Fahreignungs-Bewertungssystem getreten ist. Durch die begriffliche Umbenennung und die veränderte Berechnung der maßgeblichen Punkte unterscheidet sich das aktuelle System zwar von der früheren Gesetzessystematik. Insbesondere soll dem Stufensystem des § 4 Abs. 5 StVG nach dem Willen des Gesetzgebers keine Warn- und Erziehungsfunktion mehr zukommen. Dies geht aus der Begründung zur Neufassung des § 4 Abs. 5 und 6 StVG hervor, wonach dem Fahrerlaubnisinhaber die der Fahrerlaubnisentziehung vorgeschalteten Maßnahmen nur noch als Hinweis dienen sollen (BT-Drs. 18/2775 S. 9 f.).

Die grundlegenden Erwägungen der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen dem früheren Punktsystem und den Regelungen in § 11 FeV - Abweichung vom Punktsystem nur in eng begrenzten, besonders gelagerten Ausnahmefällen - gelten in den hier maßgeblichen Aspekten aber nach wie vor.

Unter Anwendung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall hält die Gutachtensanordnung der Beklagten vom 24. Juli 2014 einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Beklagte hat zwar dargelegt, dass aufgrund der schwerwiegenden Straftat zu befürchten stehe, dass die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer zugunsten des Durchsetzens eigener Interessen oder Auslebens von Impulsen nicht ausreichend respektiert würden und es somit zu weiteren sicherheitswidrigen Auffälligkeiten im Straßenverkehr komme. Aber zur Frage, weshalb die Behörde im vorliegenden Fall, in dem die nach Aktenlage erreichten 2 Punkte (nach dem seit 1.5.2014 geltenden Fahreignungsbewertungssystem) noch nicht einmal eine Ermahnung rechtfertigen, es ausnahmsweise für erforderlich und angemessen hält, Maßnahmen gegenüber dem Antragsteller außerhalb des Punktsystems, namentlich die Anordnung einer MPU zu ergreifen, finden sich keine Ausführungen, aus denen hervorgeht, dass die Behörde den vorstehenden Grundsätzen entsprechende Überlegungen angestellt hat. Insbesondere finden sich aber auch keinerlei Ausführungen dazu, warum die Beklagte die Ergreifung der in § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG vorgesehene Maßnahme (Teilnahme an einem Aufbauseminar), deren Voraussetzungen hier vorliegen, als nicht ausreichend erachtet hat, um künftigen Straftaten und Verkehrsverstößen des Klägers vorzubeugen. Insofern hat die Beklagte nur die gegen den Kläger sprechenden Umstände (Straftat vom 30.6.2013) herangezogen. Dagegen hat sie die für den Kläger sprechenden Umstände - jedenfalls ausweislich ihrer in der Anordnung gegebenen Begründung - völlig außer Acht gelassen. Diese wären z. B., dass es sich nicht nur um die einzige Straftat gehandelt hat, die der Kläger begangen hat, sondern dass er nach Aktenlage auch keine anderen Verkehrszuwiderhandlungen begangen hat. Auch die Ausführungen im Strafurteil vom 17. Februar 2014 (unter IV.), dass es sich bei dem Tatgeschehen zur Überzeugung des Gerichts um ein einmaliges Fehlverhalten des Klägers gehandelt habe, wurden von der Beklagten nicht gewürdigt.

Es fehlt daher an der erforderlichen Abwägung aufgrund einer Würdigung aller zu berücksichtigenden Umstände, warum gerade die Straftat vom 30. Juni 2013 im Hinblick auf die Gesamtpersönlichkeit des Klägers bzw. sein bisheriges Verhalten im Straßenverkehr es gebieten, nicht nur vom Fahreignungsbewertungssystem des § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG, sondern auch vom gestuften Maßnahmenkatalog bei Verkehrszuwiderhandlungen eines Inhabers einer Fahrerlaubnis auf Probe gemäß § 2a Abs. 2 StVG abzuweichen und die sofortige Aufklärungsmaßnahme einer medizinisch-psychologischen Untersuchung anzuordnen.

Abgesehen davon, dass die Kammer erhebliche Zweifel daran hat, dass die Straftat vom 30. Juni 2013 - wie sie im Strafurteil des Amtsgerichts ... vom 17. Februar 2014 ihren Niederschlag gefunden hat - in Anbetracht des bis dahin strafrechtlich und verkehrsrechtlich unauffälligen Klägers einen besonderen Ausnahmefall darstellt, der eine Abweichung vom Fahreignungsbewertungssystem nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG und vom Maßnahmenkatalog des § 2a Abs. 2 StVG rechtfertigt, weisen damit jedenfalls die Ermessenserwägungen der Beklagten erhebliche Defizite auf, so dass die Gutachtensanforderung vom 24. Juli 2014 sich auch insofern als rechtswidrig darstellt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 709 Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München:Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes/GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, Nr. 46.3, abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anhang zu § 164 Rn.14).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.