Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 07. Nov. 2014 - 5a K 2424/14.A


Gericht
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Mai 2014 wird zu Ziffer 1 sowie Ziffern 3 bis 5 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 2. Februar 1998 in M. , Afghanistan, geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit und muslimischen Glaubens.
3Der Kläger reiste im Juli 2013 unter Inanspruchnahme eines Schleppers über den Iran und die Türkei zunächst nach Griechenland. Von dort aus reiste er mit einem Schiff nach Italien und von dort aus weiter mit dem Zug über Frankreich und Belgien in die Bundesrepublik Deutschland, wo er am 12. November 2013 einen Asylantrag stellte.
4Bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – Bundesamt – am 5. März 2014 gab der Kläger im Wesentlichen an, seine Eltern seien bei einem Anschlag am 10. Dezember 2012 ums Leben gekommen. Danach sei er zunächst bei einer Tante untergekommen. Seine Mutter sei Präsidentin der Abteilung für Frauenangelegenheiten in der Provinz M. gewesen. Nach der Ermordung seiner Eltern sei sein Leben in Gefahr gewesen, da die Taliban auch ihn hätten töten wollen. Die Taliban hätten das Haus seiner Tante überfallen und ihm Drohbriefe geschrieben, die sie in den Hof seiner Tante geworfen hätten.
5Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens legte der Kläger sowohl eine Bescheinigung des Ministeriums für Frauenangelegenheiten vor, aus der hervorgeht, dass seine Mutter am 20.09.1391 getötet worden und für ihre vier Kinder keine Aufsicht mehr vorhanden sei, als auch eine Bescheinigung des Provinzrates von M. , aus der hervorgeht, dass seine Mutter dort gearbeitet habe und am 20.09.1391 getötet worden sei. Sie sei mit ihren Kindern im Auto auf dem Weg zur Arbeit gewesen und dabei Opfer eines Anschlags geworden.
6Mit Bescheid vom 8. Mai 2014 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) sowie auf Asylanerkennung (Ziffer 2) ab, stellte fest, dass der subsidiäre Schutz nicht zuerkannt werde (Ziffer 3) und dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Ziffer 4). Zudem wurde der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Sollte die Ausreisefrist nicht eingehalten werden, werde er nach Afghanistan abgeschoben, wobei er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden könne, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Ziffer 5). Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Kläger habe seine begründete Furcht vor Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Seine Ausführungen seien auch auf Nachfrage ohne erkennbaren Grund vage, oberflächlich und bruchstückhaft geblieben, wobei der Kläger insbesondere nicht in der Lage gewesen sei, detailliert, anschaulich und zusammenhängend darzustellen, was sich wann konkret zugetragen habe. Insbesondere sei nicht plausibel, warum man ihn lediglich mehrfach mit dem Tode bedroht haben solle, indem man in den Hof seiner Tante, wo er sich aufgehalten habe, Drohbriefe geworfen habe. Die vorgelegten Bescheinigungen seien unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes hinsichtlich der Echtheit der Dokumente zu würdigen, wonach es echte Dokumente unwahren Inhalts in erheblichem Umfang gebe und Pässe sowie Personenstandurkunden von afghanischen Ministerien und Behörden ohne adäquaten Nachweis ausgestellt würden.
7Der Kläger hat am 22. Mai 2014 Klage erhoben.
8Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Kläger eine gutachterliche Stellungnahme des Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten Dr. phil. U. B. vom 23. Juli 2014 vorgelegt. Aus dieser geht hervor, dass der Kläger berichtet habe, er sei an dem Tag, an dem seine Eltern ermordet worden seien, in der Schule gewesen. Als er nach Hause gekommen sei, habe er alles erfahren und sei zusammengebrochen. Seine Mutter sei Vorsitzende einer Frauenorganisation in M. gewesen und sein Vater habe mit der Karzai-Regierung gearbeitet. Die Taliban hätten anschließend auch ihn töten wollen und seien gewaltsam in das Haus seiner Tante eingedrungen, wo er mit seinen drei jüngeren Geschwistern gewohnt habe. Es sei ihm gelungen zu fliehen. Nach diesem Ereignis habe seine Tante ihn nach Deutschland geschickt. Der Psychotherapeut diagnostiziert bei dem Kläger eine Posttraumatische Belastungsstörung sowie eine reaktive Depression. Zudem empfiehlt er die Durchführung einer längerfristigen psychotherapeutischen Behandlung.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Mai 2014 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
11hilfsweise,
12die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Mai 2014 zu verpflichten, dem Kläger subsidiären Schutz zu gewähren,
13äußerst hilfsweise,
14die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Mai 2014 zu verpflichten, festzustellen, dass in Ansehung der Person des Klägers ein Abschiebungsverbot vorliegt.
15Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
16die Klage abzuweisen.
17Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid.
18Die Kammer hat durch Beschluss vom 9. September 2014 das Verfahren auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
19Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
20Entscheidungsgründe:
21Über die Klage entscheidet die nach § 76 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) zuständige Einzelrichterin trotz des Ausbleibens der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, da diese in der ordnungsgemäßen Ladung darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
22Das Gericht legt den Klageantrag in Anwendung des § 88 VwGO dahingehend aus, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lediglich unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Mai 2014 zu Ziffer 1 sowie Ziffern 3 bis 5 begehrt wird. Der Kläger wendet sich ersichtlich nicht gegen die Ablehnung des Antrags des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigten in Ziffer 2 des Bescheides.
23Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Mai 2014 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
24Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - Genfer Flüchtlingskonvention-, wenn er sich (Nr. 1) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 2) außerhalb des Landes befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. In den Fällen der §§ 3 Abs. 2 bis 4 AsylVfG ist der Flüchtlingsschutz dagegen ausgeschlossen.
25Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG gelten gemäß § 3a Abs. 1 AsylVfG Handlungen, die (Nr. 1) auf Grund ihrer Art und Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere die Rechte, von denen nach Artikel 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist oder (Nr. 2) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist. Nach § 3 Abs. 2 AsylVfG gelten unter anderem als Verfolgungshandlung (Nr. 1) die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, (Nr. 2) gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, (Nr. 3) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, (Nr. 4) die Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, (Nr. 5) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die den Flüchtlingsschutz nach § 3 Abs. 2 AsylVfG ausschließen, (Nr. 6) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
26Ausgehen kann die Verfolgung gemäß § 3c AsylVfG (Nr. 1) von dem Staat, (Nr. 2) von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder (Nr. 3) von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
27Nach § 3d Abs. 2 AsylVfG muss der Schutz vor Verfolgung wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Nach Satz 2 ist generell ein solcher Schutz gewährleistet, wenn der Staat oder die Parteien bzw. Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat. Interner Schutz schließt dabei die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft aus, und zwar dann, wenn der Ausländer in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung im vorbeschriebenen Sinne hat und der Ausländer sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt, § 3e Abs. 1 AsylVfG.
28Schließlich muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylVfG zwischen den Verfolgungsgründen und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
29Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 337, S. 9-26) - sog. Qualifikationsrichtlinie - privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
30Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 7. September 2010 - 10 C 11.09 -, vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, und vom 1. Juni 2011 - 10 C 10.10 u. 10 C 25.10 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 - 3 A 352/09 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 -.
31Im Übrigen folgt aus den in Art. 4 RL 2011/95/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu muss er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht.
32Vgl. zur Vorgängerregelung in Art. 4 RL 2004/83/EU: OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -.
33Ausgehend von diesen Grundsätzen steht dem Kläger im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG zu. Das Gericht ist nach Durchführung der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund der Tätigkeit seiner Mutter als Präsidentin der Abteilung für Frauenangelegenheiten der Provinz M. in das Visier der Taliban geraten ist und von diesen individuell bedroht wurde. Aus dem Gesamtbild, welches das Gericht aus dem Anhörungsprotokoll des Bundesamtes, der Stellungnahme des Psychotherapeuten Dr. U. B. vom 23. Juli 2014 sowie des persönlichen Eindrucks des Klägers in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, ist das Gericht zu der nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderlichen Überzeugung gelangt, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nach der Ermordung seiner Mutter von den Taliban damit bedroht wurde, für den Fall, dass er sich nicht ihnen anschließen werde, getötet zu werden.
34Zwar war es dem Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht möglich, detailliert und zusammenhängend die Situation des Überfalls im Haus seiner Tante genau zu beschreiben. Auch hinsichtlich der Umstände, wie und wann es nach dem Überfall zu der Ausreise aus Afghanistan gekommen ist, verbleiben Ungereimtheiten und teilweise Widersprüche. Fraglich erscheint insofern vor allem, wie es der Tante des Klägers möglich gewesen sein soll, innerhalb eines Vormittags die Bescheinigungen des Ministeriums sowie die Ausreise durch einen Schlepper zu organisieren, der Drohbrief aber nicht mitgenommen werden konnte, da der Kläger schnell habe flüchten müssen. Allerdings bezieht das Gericht in die Würdigung der Aussage den Gesamteindruck, den es in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hat, ein. Dieser wirkte bereits zu Beginn der mündlichen Verhandlung verzweifelt und ängstlich, so dass die Sitzung zunächst unterbrochen werden musste. Im Laufe der Anhörung wirkte der Kläger oft unkonzentriert und beantwortete einen Teil der Fragen, zum Beispiel ob seine Mutter alleine auf dem Weg zur Arbeit gewesen sei, lediglich mit einem Kopfnicken, wobei er insgesamt abwesend wirkte. Auf Vorhalt seiner Aussage vor dem Bundesamt, schreckte der Kläger dagegen auf und bekräftigte immer wieder, er sei sich sicher, dass sein Vater auch mitgefahren sei. Dabei wirkte der Kläger erneut panisch und verzweifelt. Der Kläger war nicht in der Lage, die Umstände des Überfalls detailliert zu beschreiben und wiederholte immer wieder, dass er Drohbriefe erhalten habe und man ihn töten wolle. Während der Befragung hinsichtlich der Ermordung seiner Mutter, fing der Kläger oft an zu weinen und erklärte, es falle ihm schwer, die Fragen zu verstehen. Aus dem Fehlen von Einzelheiten hinsichtlich des Überfalls und den teilweise widersprüchlichen Erklärungen vermag das Gericht jedoch nicht die Glaubhaftigkeit der Aussage des Klägers insgesamt in Frage zu stellen. Nach der Stellungnahme des Psychotherapeuten Dr. U. B. vom 23. Juli 2014 sei der im Rahmen der Gespräche festgestellte Umstand, dass sich der Kläger an genaue Daten und Fakten verbunden mit den traumatischen Situationen schlecht erinnern könne, Ausdruck eines Schutzmechanismus, durch den der Erkrankte versuche, durch Verdrängung und Vermeidung sich davor zu schützen, von unerträglichen negativen Emotionen überschwemmt zu werden. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung konnte hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit sowie der Darstellung der Geschehnisse das gleiche Verhalten des Klägers wie von dem Psychotherapeuten bei den psychodiagnostischen Gesprächen festgestellt werden. Dass es dem Kläger nicht möglich war, detailliert die Situation darzustellen, als die Taliban das Haus seiner Tante überfallen haben und dem Kläger gedroht haben, ihn zu töten, führt das Gericht demnach auf die aller Voraussicht nach vorliegende psychische Erkrankung des Klägers zurück. Hinzu kommt schließlich, dass es im Laufe der Anhörung häufiger zu Schwierigkeiten bei der Übersetzung der Aussage des Klägers, die mehrere Berichtigungen und Nachfragen zur Folge hatte, gekommen ist, so dass das Gericht davon ausgeht, dass ein Teil der tatsächlich gemachten Aussage während der Übersetzung nicht wörtlich wiedergegeben werden konnte.
35Entscheidend ist allerdings, dass die Aussage des Klägers sowohl bei der Anhörung durch das Bundesamt als auch im Rahmen der psychodiagnostischen Gespräche mit dem Psychotherapeuten Dr. U. B. sowie in der mündlichen Verhandlung jedenfalls im Kern identisch ist und ein schlüssiges und plausibles Bild von den Geschehnissen, die zu der Ausreise geführt haben, vermittelt. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es sich bei dem Kläger tatsächlich um den Sohn der am 10. Dezember 2012 ermordeten Frauenbeauftragten der Provinz M. handelt. Sein Vortrag hinsichtlich der Umstände der Ermordung seiner Mutter stimmt im Wesentlichen mit den verfügbaren Erkenntnissen über den Vorfall überein.
36Vgl. Deutsche Welle vom 10. Dezember 2012: „Afghanische Frauenbeauftragte ermordet“, abrufbar unter: http://www.dw.de/afghanische-frauenbeauftragte-ermordet/a-16440893; TAZ vom 10. Dezember 2012: „Erschossen auf dem Weg zur Arbeit“, abrufbar unter:http://www.taz.de/!107170/; Aljazeera vom 11. Dezember 2012: „Two officials assassinated in Afghanistan“, abrufbar unter:http://www.aljazeera.com/news/asia/2012/12/201212106318879255.html
37Es entspricht ferner der aktuellen Auskunftslage, dass auch für Angehörige von Personen, die für die Afghanische Regierung arbeiten oder die internationalen Streitkräfte unterstützen, die Gefahr besteht, gezielt verfolgt und getötet zu werden.
38Vgl. Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, HCR/EG/AFG/13/01, S. 32 ff.
39Der Kläger hat im Laufe des gesamten Verfahrens einheitlich davon berichtet, dass die Taliban an ihn gerichtete Drohbriefe in den Hof seiner Tante geworfen hätten und das Haus seiner Tante überfallen worden sei, um ihn im Falle der Verweigerung einer Zusammenarbeit zu töten. Dass die Bedrohung durch die Taliban allein auf ihn gerichtet war, ist vor dem Hintergrund der Aussage des Klägers, sein Bruder sei der Jüngste seiner Geschwister und noch sehr jung, ebenfalls plausibel.
40Die Bedrohung durch die Taliban ist auch dem afghanischen Staat zuzurechnen, da dieser Staat nach den in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen selbst in Kabul, wo der afghanische Staat Gebietsgewalt hat, nicht in der Lage ist, seine Bevölkerung vor Angehörigen dieser Organisation zu schützen.
41Die dem Kläger aufgrund der dargelegten Vorverfolgung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EG zugutekommende tatsächliche Vermutung für eine erneute Verfolgung im Falle der Rückkehr kann nicht widerlegt werden. Ist der Kläger in dieser Gestalt in das Visier der Taliban geraten, kommt eine Rückkehr nach Afghanistan nicht in Betracht, da auch bei einer Rückkehr des Klägers eine erneute Verfolgung in beachtlicher Weise wahrscheinlich ist. Der Umstand, dass der Kläger schon vor seiner Ausreise in das Visier der Taliban geraten ist, führt dazu, dass der Kläger bei seiner Rückkehr alsbald wiedererkannt werden würde. Das durch seine Flucht entstandene Misstrauen der Taliban dem Kläger gegenüber wird sich durch seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik weiter verfestigt haben. Das hat zur Folge, dass der Kläger aufgrund der der Taliban eigenen Brutalität bei einer Rückkehr nach Afghanistan akuter Lebensgefahr im ganzen Land ausgesetzt wäre.
42Vgl. zu einer solchen Gefährdung selbst in Kabul auch: Dr. M. Danesch, Auskunft an den Hess. Verwaltungsgerichtshof vom 3. September 2013 zum Az: 8 A 1197/12.A.
43Nach alledem ist der Klage mit dem Hauptantrag stattzugeben. Auf die Hilfsanträge kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an.
44Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
45Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.

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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.