Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Schlussurteil, 22. Aug. 2013 - 5a K 156/11.A
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat und soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 5/6 und der Beklagten zu 1/6 auferlegt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet
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Tatbestand:
2Der am 19. März 1993 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger pashtunischer Volkszugehörigkeit sunnitischen Glaubens.
3Er wurde am 2. September 2010 zusammen mit zahlreichen weiteren afghanischen Staatsangehörigen bei dem Versuch gefasst, über die Grenze nach E. zu fahren; sie waren über G. und C. in das Bundesgebiet gekommen.
4Am 28. September 2010 beantragte er die Gewährung von Asyl. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ‑ Bundesamt ‑ am 5. Oktober 2010 in Düsseldorf gab der Kläger an, bis zu seiner Ausreise zusammen mit seiner Mutter in L. gelebt zu haben; sein Vater sei verschollen. Er habe schweißen gelernt und bis zu seiner Ausreise Gelegenheitsarbeiten gemacht. Er sei zunächst in den J. gereist, wo er 28 Tage geblieben sei, dann noch 12 Tage an der Grenze zur U. . Die Weiterreise erfolgte zumeist per Lkw, manchmal auch zu Fuß; durch welche Länder, wisse er nicht.
5Die Probleme in Afghanistan beständen seit 1996; sein Vater sei unter der Regierung von O. Offizier gewesen. Nach der Machtübernahme durch die Mudschaheddin habe der Mullah A. , einer der Kommandeure, seinem Vater gesagt, er solle nicht mehr an den Jirgas teilnehmen. Eines Tages sei das Haus seiner Familie von Mullah A. angegriffen worden. Dabei seien ein Bruder des Klägers verletzt sowie der Bruder von Mullah A. getötet worden. Der Vater des Klägers und seine beiden Brüder seien mitgenommen worden. Seine Brüder habe man aufgehängt, sein Vater sei sicher auch tot.
6Etwa 2 ½ Jahre vor der Ausreise des Klägers habe sich dieser bei dem neuen Mullah in dem Dorf, Mullah N. , der verwandt mit Mullah A. sei, vorgestellt. Er habe mit seiner Mutter den neuen Mullah nach dem Grab seines Vaters gefragt, worauf hin der Sohn des neuen Mullah namens R. gesagt habe, der Vater des Klägers habe einen Mudschaheddin getötet und sei auch getötet, zerstückelt und den Hunden zum Fraß vorgeworfen worden. Mullah N. habe versprochen, sich bei Mullah A. nach dem Grab zu erkundigen.
7Zwei Monate später habe Mullah N. dem Kläger und seiner Mutter gesagt, dass der jüngere Sohn von Mullah A. ihm berichtet habe, die Mutter von Mullah A. habe den Vater des Klägers geschlachtet und in den Fluss geworfen. Als daraufhin die Mutter des Klägers geschrien habe, habe der Mullah sie beruhigt, dass er nicht wisse, ob das stimme, er wolle sich noch einmal genauer informieren.
8Einen Monat später habe er anlässlich einer Dorfhochzeit einen Kommandeur der I. -e-Islami namens T. getroffen und ihm von dem Schicksal seines Vaters erzählt. Er habe ihm angeboten, ihm für 10.000 $ den Kopf von Mullah A. zu bringen. Der Kläger habe geäußert, selbst wenn er sein Haus verkaufe, würde er noch nicht einmal 3.000 bis 3.500 $ bekommen.
9Eines Tages habe er in einer Moschee gebetet. Im Anschluss daran fand noch ein Gespräch statt, dem außer dem Kläger nur noch der Mullah und der R. teilgenommen hätten. R. habe ein Streichholz angezündet und es dem Kläger gezeigt und gesagt, dass sein ‑ des Klägers ‑ Leben für Mullah A. genauso schnell auszulöschen sei wie dieses Streichholz.
10Im Februar oder März 2010 habe der Kläger wegen einer ärztlichen Behandlung nach Q. reisen wollen. Die Polizisten an der Grenze hätten ihm geraten, zunächst zurückzukehren und sich einen Pass zu besorgen. An diesem Tag sei der Sohn des Mullah A. auf dem Weg nach K. in einem Pkw getötet worden. In der Zwischenzeit habe der R. beim Kläger zu Hause nach dem Kläger gefragt, sein Bruder habe gesagt, er ‑ der Kläger ‑ sei auf dem Weg nach Q. . Jetzt denke der Mullah A. , dass der Kläger dessen Sohn getötet habe und verfolge ihn seitdem. Als der Kläger auf Anraten der Grenzpolizisten wegen der Passbesorgung nach Afghanistan zurückgekehrt sei, hätten zwei bewaffnete Brüder des Mullah A. versucht, in sein Haus einzudringen. Die Polizei habe zwar Hilfe versprochen, sie aber dann nicht geleistet.
11Mit Bescheid vom 30. November 2010, zugestellt am 8. Dezember 2012, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab und verneinte die Voraussetzungen der Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft. Ferner stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes ‑ AufenthG ‑ nicht vorlägen. Der Kläger wurde aufgefordert, die Bunderepublik binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung, im Falle der Klageerhebung binnen eines Monats nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Im Falle der nicht fristgerechten Ausreise werde der Kläger nach Afghanistan oder in einen anderen Staat abgeschoben, in den er ausreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei.
12Der Kläger hat am 15. Dezember 2010 aufgrund einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung zunächst beim Verwaltungsgericht Arnsberg Klage erhoben, die dann an das erkennende Gericht verwiesen wurde.
13Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass es in Afghanistan keinen Schutz vor der Blutrache des Mullah A1. , eines Mitglieds der I1. -e-Islami, geben könne. Angesichts der erlittenen Vorverfolgung könne sich der Kläger auf die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie EU berufen, und zwar sowohl hinsichtlich des Flüchtlingsschutzes als auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes nach der Richtlinie.
14Dem Kläger stehe auch keine Fluchtalternative in L1. oder anderswo zur Verfügung.
15Darüber hinaus habe das Bundesamt die besonderen Schutzrechte des Klägers als Minderjährigen im Asylverfahren nicht beachtet.
16Mit der Klage legte der Kläger zunächst medizinische Unterlagen vor, nach denen bei ihm u. a. das sog. Klinefeltersyndrom diagnostiziert worden ist. Ergänzend reichte er ärztliche Stellungnahmen des Zentrums für Endokrinologie, Diabetologie, Rheumatologie Dr. E1. & Koll. nach mit den Diagnosen partielle Insuffizienz der Hypophyse, Hypophysitis, subst. Vitamin D-Mangel, latente prim. Hypothyreose, intrazellularer Vitamin B12-Mangel, V. a. Thalassämie.
17Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 16. Juli 2012 den Bescheid vom 30. November 2010 hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten sowie die Abschiebungsandrohung auf und stellte fest, das das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliege; Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 Satz 2 AufenthG lägen nicht vor.
18In dem Umfang der Teilabhilfe haben die Parteien das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt.
19In der mündlichen Verhandlung vom 22. August 2013 hat der Kläger darüber hinaus die Klage zurückgenommen, soweit sie auf die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten gerichtet ist.
20Der Kläger beantragt nunmehr noch,
21die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. November 2010 und vom 16. Juli 2012 zu verpflichten, festzustellen, dass hinsichtlich seiner Person die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,hilfsweisefestzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung bezieht sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.
25Mit Beschluss vom 28. März 2013 hat die Kammer dem Berichterstatter den Rechtsstreit als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Soweit die Klage zurückgenommen und das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde, ist das Verfahren in (entsprechender) Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑ einzustellen.
29Die weitergehende Klage hat keinen Erfolg.
30Sie ist in dem nach § 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑ maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrags unbegründet.
311. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes ‑ AufenthG ‑.
32Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG genießt ein Ausländer den Schutz als „Flüchtling“ im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist und der Flüchtlingsschutz nicht ausnahmsweise nach § 3 Abs. 2 bis 4 AsylVfG und § 60 Abs. 8 AufenthG ausgeschlossen ist. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L304, S. 12) - sog. Qualifikationsrichtlinie - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG). Art. 7 RL 2004/83/EG definiert die Akteure, die (vor nichtstaatlicher Verfolgung) Schutz bieten können. Art. 8 RL 2004/83/EG legt fest, wann der Antragsteller auf internen Schutz verwiesen werden kann und konkretisiert damit die Anforderungen an eine inländische Fluchtalternative. Art. 9 und 10 RL 2004/83/EG regeln die Verfolgungshandlungen und die Verfolgungsgründe.
33Vgl. zum Ganzen etwa OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; Bergmann/Dienelt/Röseler, a.a.O., § 60 AufenthG RdNrn. 1 ff.; Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., RdNrn. 1660ff.; Marx, a.a.O., §1 RdNrn. 77 ff.
34Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs.1 AufenthG der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Art. 4 Abs.4 RL 2004/83/EG privilegiert dabei den von ihm erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab.
35Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. September 2010 - 10 C 11.09 -, vom 27. April 2010 - 10 C 5.09 -, und vom 1. Juni 2011 - 10 C 10.10 u. 10 C 25.10 -; OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; OVG Saarland, Urteil vom 16. September 2011 - 3 A 352/09 -; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 6.Oktober 2011 - 4 LB 5/11 -.
36Im Übrigen folgt aus den in Art. 4 RL 2004/83/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Antragstellers, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Flucht vor Verfolgung schlüssig vorzutragen. Er muss also unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine Verfolgung droht.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -.
38Der Anwendungsbereich des § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist ansonsten weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, bei dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat. Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 1 AufenthG geht allerdings über Art. 16a Abs. 1 GG insofern hinaus, als es auch dann eingreift, wenn Asyl etwa nach § 26a Abs. 1 Satz 1 oder § 27 AsylVfG ausgeschlossen ist. Auch kann sich der Flüchtling gemäß § 28 Abs. 1a AsylVfG auf selbst geschaffene subjektive Nachfluchtgründe berufen. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG stellt zudem klar, dass eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft. Überdies enthält § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG in Umsetzung des Art. 6 RL 2004/83/EG ferner eine klarstellende Regelung dahingehend, dass eine Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG ausgehen kann von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen, oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zu a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
39Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 - 8 A 4063/06.A -; VG Saarland, Urteil vom 21. März 2012 - 5 K 1037/10 -; VG Bayreuth, Urteil vom 21. Mai 2012 - B 3 K 11.30040 -; VG Köln, Urteil vom 19. Juni 2012 - 14 K 1509/11.A -.
40Selbst bei Vorliegen sämtlicher der vorgenannten Voraussetzungen ist der Anspruch auf Schutzgewährung allerdings ausgeschlossen, wenn dem Asylbewerber eine zumutbare inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht. Zumutbar ist eine Fluchtalternative dabei dann, wenn der Asylsuchende an dem betreffenden Ort verfolgungssicher ist und ihm dort auch ansonsten keine Gefahren drohen. Insbesondere muss dort sein wirtschaftliches Existenzminimum gewährleistet sein. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann. Nicht mehr zumutbar ist die Fluchtalternative demgegenüber dann, wenn der Asylsuchende an dem verfolgungssicheren Ort bei der gebotenen grundsätzlich generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt, oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums.
41Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2002 - 1 B 128.02, 1 PKH 24.02 -, InfAuslR 2002, 455 f.; Bergmann/Dienelt/Röseler, a.a.O., Art. 16a GG RdNrn. 66 ff.; Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., RdNrn. 1641 ff.; Marx, a.a.O., § 1 RdNrn. 60 ff.
42Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylVfG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG im Fall des Klägers nicht erfüllt.
43Dem Kläger droht nach Überzeugung des Gerichts nicht die von ihm befürchtete Gefahr der Tötung durch Mullah A1. . Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass von diesem nach Rückkehr des Klägers nach Afghanistan das befürchtete Bedrohungspotential ausgeht. Dies beruht schon darauf, dass diese Person schon zu Aufenthaltszeiten des Kläger in seinem Heimatland keine wirkliche Bedrohung für den Kläger darstellte. Auch wenn man dem Vortrag des Klägers folgt, dass in den Jahren 1996/1997 der Vater und die beiden älteren Brüder des Klägers von Mullah A1. getötet worden sind, so fehlen doch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass für den jüngeren Kläger eine ähnliche Gefahr bestand. Denn dieser hat sich im Anschluss an die Tötung seiner Familienmitglieder zunächst bis 2008, also mehr als 10 Jahre unbehelligt in seinem Heimatdorf aufgehalten. Auch nachdem der Kläger sich im Jahre 2008 über den neuen Mullah nach dem Grab seines Vaters erkundigt hatte, der seinerseits Kontakt mit Mullah A1. aufgenommen hatte, gab es keine Anhaltspunkte für eine nunmehr drohende Gefährdungslage. Wenn im Jahre 2010, ein bis zwei Monate vor seiner vorübergehenden Ausreise nach Pakistan, der Sohn des Mullah A1. in einem Gespräch mit dem Kläger und einem weiteren Mullah in einer Moschee geäußert haben soll, das der Mullah A1. das Leben des Klägers genauso schnell auslöschen könnte wie ein brennendes Streichholz, so ergibt sich auch daraus keine konkrete Gefahrensituation. Der Kläger hatte nicht beabsichtigt, den Mullah A1. zu töten, hat dies auch niemandem gegenüber geäußert, so dass nicht nachvollziehbar ist, warum der Mullah einen entsprechenden Verdacht gegen den Kläger hegen sollte.
44Auch der Vortrag des Klägers, er befürchte eine Rachereaktion des Mullah A1. , weil er verdächtigt werde, dessen Sohn ermordet zu haben, vermag das Gericht nicht von einer konkreten Bedrohungssituation, der der Kläger ausgesetzt war, zu überzeugen. Dieser Verdacht, den der Kläger selbst bei Mullah A1. offenbar nur vermutet, beruht ausschließlich auf dem Zufall, dass der Sohn des A1. gerade an dem Tag auf dem Weg nach K1. getötet wurde, an dem sich der Kläger auf den Weg nach Q1. gemacht hatte. Diesen Verdacht wird der Kläger, wenn er mit dem Anschlag nichts zu tun hatte, sicherlich entkräften können. Wenn tatsächlich bewaffnete Unbekannte vor der Ausreise des Klägers versucht hatten, in sein Haus einzudringen, so ist der Verdacht, dass das Beauftragte des Mullah A1. waren, die den Kläger töten wollten, zunächst lediglich eine Vermutung des Klägers. Im Übrigen kann er erneut bei der Polizei um Hilfe nachsuchen. Die Polizei hat ihm nach eigenen Angaben des Klägers auch seinerzeit die Hilfe nicht verwehrt, sondern versprochen, der Sache nachzugehen.
452. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 15 RL 2004/83/EG. Die sog. unionsrechtlichen Abschiebungsverbote sind vorrangig vor den sonstigen herkunftslandbezogenen ausländerrechtlichen Abschiebungsverboten zu prüfen; der Klageantrag ist entsprechend auszulegen.
46Vgl. zum Verhältnis des unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes gegenüber sonstigen nationalen Abschiebungsverboten grundlegend BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -.
47Nach § 60 Abs. 2 AufenthG, der die Vorgaben von Art. 15 Buchstabe b RL 2004/83/EG aufnimmt, darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für diesen Ausländer die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Da der Wortlaut dieser Vorschrift dem Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK - (BGBl. 1952 II Seite 685) entspricht, kann zur Auslegung grundsätzlich auf die diesbezügliche Rechtsprechung, insbesondere auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und auf die Literatur verwiesen werden. Für die Feststellung dieses Abschiebungsverbots gelten nach § 60 Abs. 11 AufenthG ebenfalls die Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 6 bis 8 RL 2004/83/EG. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz auch auf dieses Abschiebungsverbot für anwendbar erklärt. Es müssen konkrete Anhaltspunkte oder stichhaltige Gründe dafür glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer im Fall seiner Abschiebung einem echten Risiko oder einer ernsthaften Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre.
48Vgl. zum Ganzen etwa BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 - 10 C
495.09 - und vom 7. Dezember 2010 - 10 C 11.09 -; OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2012 - 14 A 2708/10.A -.
50Die ist nach den obigen Ausführungen hier nicht ersichtlich.
51Nach § 60 Abs. 3 AufenthG, der die Vorgaben von Art. 15 Buchstabe a RL 2004/83/EG umsetzt, darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, wenn dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe besteht. Insofern müssen ernsthafte Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schutzsuchende konkret wegen einer Straftat gesucht wird, derentwegen individuell die Todesstrafe verhängt werden kann. Im Übrigen gelten auch hier nach Absatz 11 die Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 6 bis 8 RL 2004/83/EG.
52Die Gefahr einer Todesstrafe ist im vorliegenden Verfahren weder vorgetragen noch sonst nicht ersichtlich.
53Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist von einer Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ausgesetzt ist. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 15 Buchstabe c RL 2004/83/EG.
54Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes ist dabei unter Berücksichtigung der Bedeutung dieser Begriffe im humanitären Völkerrecht, insbesondere unter Heranziehung von Art. 3 der Genfer Konventionen zum humanitären Völkerrecht 1949 (GK) und des zur Präzisierung erlassenen Zusatzprotokolls II von 1977 (ZP II) auszulegen. Einerseits liegt danach ein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt jedenfalls dann vor, wenn bewaffnete Konflikte im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten Gruppen stattfinden, die unter verantwortlicher Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes des Staates ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen können. Andererseits liegt ein Konflikt im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht vor bei bloßen Fällen innerer Unruhen oder Spannungen wie Tumulten oder vereinzelt auftretenden Gewalttaten. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes zwar nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss dann aber ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen oder Guerilla-Kämpfen vorherrschen.
55Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 - und vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 6. März 2012 - A 11 S 3070/11 - und - A 11 S 3177/11 -.
56Der innerstaatliche Konflikt muss sich dabei – unabhängig von seiner Erscheinungsform – nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken; es genügt vielmehr, dass bewaffnete Gruppen Kampfhandlungen in einem Teil des Hoheitsgebiets durchführen. Für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist grundsätzlich auf die Herkunftsregion des Ausländers abzustellen, in die der Ausländer typischerweise zurückkehren wird.
57Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -; HessVGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 8 A 611/08.A -.
58Der Ausländer muss von dem bewaffneten Konflikt „individuell“ bedroht sein. Eine solche individuelle Bedrohung ist anzunehmen, wenn der Ausländer spezifisch aufgrund von Umständen betroffen ist, die seiner persönlichen Situation innewohnen. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Ausländer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe eines Landes „allgemein“ ausgesetzt sind, stellen demgegenüber normalerweise keine individuelle Bedrohung dar (vgl. insoweit auch Erwägungsgrund 26 der Qualifikationsrichtlinie). Die in § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG getroffene Regelung, die Abschiebungsschutz suchende Ausländer im Fall „allgemeiner“ Gefahren auf die Aussetzung von Abschiebungen durch ausländerbehördliche Erlasse verweist, ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes nach Art. 15 Buchstabe c RL 2004/83/EG, der auch und gerade die Gefahr infolge von „willkürlicher Gewalt“ einbezieht, keine Sperrwirkung entfaltet. Mit dem Element willkürlicher Gewalt soll deutlich gemacht werden, dass es auch und gerade um Fälle von unvorhersehbarer, wahlloser Gewalt geht, die sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann.
59Vgl. BVerwG, Urteile 14. Juli 2009 - 10 C 9.08 - und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -.
60Das Vorliegen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Ausländers kann daher bei richtlinienkonformer Auslegung selbst bei entsprechenden allgemeinen Gefahren ausnahmsweise dann als gegeben angesehen werden, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein.
61Vgl. BVerwG, Urteile 14. Juli 2009 - 10 C 9.08 - und vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 -; OVG NRW, Beschluss vom 13. September 2012 - 13 A 2721/10.A - und vom 26. November 2012 - 13 A 2194/12.A -; BayVGH, Urteil vom 8. November 2012 - 13a B 11.30465 -.
62Gemessen an diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG zu. Dass der Kläger in dem Vorort von L1. in dieser Form einem bewaffneten Konflikt ausgesetzt war bzw. ist, ist seinem Vortrag jedenfalls nicht zu entnehmen. Nach dem Vortrag des Klägers steht vielmehr die befürchtete individuelle Bedrohung seiner Person durch den Mullah A1. im Vordergrund des Geschehens.
63Unabhängig davon schließt auch L1. als interne Schutzalternative gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 RL 2004/83/EG einen Anspruch auf Abschiebungsschutz aus. In L1. herrscht kein bewaffneter Konflikt; jedenfalls ist nach der gegenwärtigen Auskunftslage nicht ersichtlich, dass in L1. aufgrund der dortigen Situation ein derart außergewöhnlich hoher Gefahrengrad vorherrscht, der dadurch gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zielperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist.
64Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2013 - 13 A 2871/12.A -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. März 2012 - 8 A 11050/10 -; HessVGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - 8 A 2011/10.A -; BayVGH, Urteil vom 3. Februar 2011 - 13a B 10.30394 -.
65Vielmehr wird die Sicherheitslage in L1. etwa von der Afghanistan Research and Evaluation Unit (AREU) als verhältnismäßig gut eingestuft. Es komme bisweilen zu Anschlägen durch aufständische Gruppen, jedoch gingen die Menschen im Allgemeinen ohne Sicherheitsbedenken ihrem Alltag nach (AREU, Mai 2011, S. 15),
66zitiert nach ACCORD, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für L1. , ecoi.net-Themendossier (letzte Aktualisierung 16. Januar 2013); s. dort auch die Übersicht über die sicherheitsrelevanten Vorfälle in L1. seit Januar 2011.
67Auch das Auswärtige Amt stellt in seinem Lagebericht vom 10. Januar 2012 fest, dass die Sicherheitslage für die Zivilbevölkerung in L1. ungeachtet mehrerer spektakulärer Anschläge, die sich jedoch im Wesentlichen gegen „prominente Ziele“ wie den Präsidentenpalast, militärische Einrichtungen oder Botschaften gerichtet haben, insgesamt stabil und ruhiger als noch vor zwei Jahren sei.
68Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 10. Januar 2012, S. 12; ebenso OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Januar 2013 - 13 A 2382/12.A - und vom 13. Februar 2013 - 13 A 1524/12.A -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. April 2012 - A 11 S 3079/11 -.
69Zwar kam es zuletzt im Jahr 2012 vereinzelt in überwiegend stabilen Räumen u. a. in L1. zu einer vorübergehenden Zuspitzung der Sicherheitslage. Den afghanischen Sicherheitskräften ist es allerdings überwiegend gelungen, die Sicherheit wiederherzustellen.
70Vgl. Bundesregierung Deutschland, Fortschrittsbericht Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages, November 2012, S. 13.
71Ferner wird berichtet, dass vor allem anlässlich des durch die Taliban verübten koordinierten Angriffs in L1. am 15. und 16. April 2012 die Bewohner der Hauptstadt nur noch wenig Vertrauen in die Schutzfähigkeit der afghanischen Sicherheitskräfte haben. Ungeachtet dessen liege – abgesehen von sporadischen Raketenangriffen auf die Hauptstadt – der Fokus der Taliban auf Angriffen, die möglichst nah am Zentrum der Macht verübt werden sollen. Die Taliban bevorzugten daher sporadische, öffentlichkeitswirksame Angriffe („high-profile attacks“), durch die ein Gefühl von Unsicherheit hervorgerufen wird. Die Taliban scheinen indes nicht daran interessiert zu sein, relativ machtlose Personen zu verletzen.
72Vgl. ACCORD, Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan und Chronologie für L1. , ecoi.net-Themendossier (letzte Aktualisierung 16. Januar 2013), sowie Anfragebeantwortungen vom 13. Januar 2012 und vom 2. Februar 2012 jeweils u. a. zur Sicherheitslage in der Stadt L1. .
73In seinem Lagebericht vom 4. Juni 2013 stellt das Auswärtige Amt ergänzend fest, die Zahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle habe im Vergleich zum Jahr 2012 abgenommen und somit den letztjährigen Trend fortgesetzt.
74Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 4. Juni 2013, S. 4.
75Die Klage war nach alledem abzuweisen. Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, soweit die Klage abgewiesen worden ist, im Übrigen auf §§ 155 Abs. 2, 161 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
76Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 der Zivilprozessordnung.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Schlussurteil, 22. Aug. 2013 - 5a K 156/11.A
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 19.4.2007 zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegt,
hilfsweise,
festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegen.
die Klage abzuweisen.
„Zusammenfassend führten starke Ängste, Schwindel und Panikattacken mit sich aufdrängenden Suizidphantasien zur stationären Aufnahme. Im medizinischen Diagnosemodell wäre eine schwere depressive Episode (ICD-10: F32.2) bei V.a. posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F42.1) zu beschreiben. Auf psychosozialer Ebene schien vor allem die schwierige Lebenssituation und die ständig im Hintergrund drohende Abschiebung in den Irak zu der aktuellen Symptomatik geführt zu haben.“
unter Abänderung des aufgrund mündlicher Verhandlung vom 13. März 2008 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 645/07 - die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. April 2007 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG vorliegen,
weiter hilfsweise,
festzustellen, dass die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf den Irak vorliegen.
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, DÖV 1992, 582 f., zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL -).
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., OVG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 - 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
hierzu etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 27.1.2006, Zur Gefährdung von ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei; Deutsches Orient-Institut - DOI - an VG München vom 1.9.2006 (2112 al/br.) zu Az. M 9 K 05.50273; EZKS, Stellungnahmen an VG Köln vom 17.12.2004 im Falle des Sohnes eines Einsatzleiters einer Sonderstreife in Mossul, der mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
vgl. hierzu bereits Urteile des Senats vom 29.9.2006 - 3 R 6/06 -und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - dokumentiert bei juris, letzteres betreffend einen sunnitischen Kurden aus Mossul.
hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris,
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 - und vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, jeweils zitiert nach juris.
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 21.2.2009, a.a.O. und vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, zu syrisch-orthodoxen Christen in Tur Abdin, zitiert nach juris.
BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, zitiert nach juris.
– 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris
vgl. Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; EZKS, Stellungnahme an VG München vom 20.1.2009 zu Az. M 4 K 08.50041 u.a..
- 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris,
vom 28.11.2010 vom 11.4.2010,
hierzu etwa BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; Bundesasylamt (Österreich), Bericht Irak, Die Sicherheitslage in Bagdad vom 26.1.2011
- 3 A 429/08 - und - 3 A 451/08 - , dokumentiert bei juris
vgl. BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010.
vgl. hierzu BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte von Juni 2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 7.3.2011, FR und taz vom 21.1.2011, FAZ vom 21. und 25.1.2011, NZZ vom 28.1.2011 und FR vom 14.2.2011, SZ vom 14.2.2011; zu den bisherigen Gesamtopferzahlen ferner BAMF, Briefing Notes vom 17.1.2011, vom 14.3.2011, vom 4.4.2011, vom 11.4.2011, NZZ vom 12.4.2011, FAZ vom 13.4.2011, NZZ vom 18. und 19.4.2011, FAZ vom 30.4. und 6.5.2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 4.7.2011.
vgl. hierzu BAMF, Briefing Notes vom 11.7.2011.
vgl. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010
- H. Siamend - vom 22.3.2007 an VG Magdeburg zu Az. 4 A 190/04 MD und vom 24.11.2007 an VG Karlsruhe zu Az. A 3 K 10823/05
vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 29.10.2009, a.a.O., VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - und Beschluss vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10; VGH München, Beschlüsse vom 14.7.2011 - 20 B 10.30316 - und vom 5.7.2011 - 20 B 10.30312 -, jeweils im Falle eines sunnitischen Kurden aus der Region Tamim/Kirkuk sowie Urteil vom 21.1.2010 - 13a B 08.30285 - im Falle eines kurdischen Volkszugehörigen sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Mossul, jeweils zitiert nach juris.
II.
zur Prüfungsfolge von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz etwa BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, zitiert nach juris.
vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198 und vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 -, juris,
vom 17.2.2009 - C-465/07 -, EuGRZ 2009, 111
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O..
vgl. EuGH, Urteil vom 17.2.2009, a.a.O..
ebenso offen gelassen zum Vorliegen eines landesweiten Konflikts im Irak etwa: VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 - und auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 – sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010, a.a.O..
- 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 - , jeweils dokumentiert bei juris
vgl. Lageberichte vom 28.11.2010 und vom 11.4.2010
vgl. BAMF, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, von Juni 2011 und von Januar 2010
zur Verfolgungs- und Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vgl. etwa etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 - im Falle eines aus der Provinz Dohuk stammenden Kurden; VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - (implizit) im Falle eines Kurden aus Kirkuk.
III.
hierzu Huber, AufenthG, § 60 Rdnr. 105 m.w.N..
vgl. etwa OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.1.2006 - 1 LB 22/05 -, zitiert nach juris,
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
- 3 A 429/08 – und – 3 A 451/08 -, dokumentiert bei juris,
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak vom 5.11.2009, UNHCR an Hess.VGH vom 16.9.2009
vgl. zu letzterem UNHCR: Iraq Refuges Returns fell from in 2010 vom 28.1.2011; siehe in diesem Zusammenhang auch Urteile des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 und 3 A 451/08 -.
vgl. etwa Entscheidungen vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 - und vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 - und vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris
vgl. hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2007 - 10 B 85/07 -, vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 - und vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, jeweils zitiert nach juris.
Urteil vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, a.a.O.
vgl. Beschlüsse vom 29.4.2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1995 - BVerwG 1 B 205.93 -.
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, jeweils zitiert nach juris..
vgl. hierzu etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010: Die Behandlung von PTSD in Erbil vom 10.3.2010, ferner Bericht vom 10.7.2007: Die sozioökonomische Situation in den von der KRG verwalteten Provinzen; GIGA an VG Düsseldorf vom 10.5.2007 zu Az.: 16 K 5213/06.A -; DOI an VG Saarlouis vom 6.3.2006 zu Az.: 2 K 1/06.A; EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 -,
hierzu insbesondere SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010 unter Berufung auf einen Bericht der WHO
hierzu etwa EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 u.a., Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010.
vgl. etwa Botschaft BRD an VG Ansbach vom 20.5.2010 zu Az.: AN 9 K 09.30128
Auskunft des (Vertrauensarztes des) Generalkonsulats Erbil vom 29.4.2010 an VG Bayreuth zu Az.: B 3 K 30045
vgl. EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006, a.a.O.
Gründe
I.
hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 29.5.2008 - 10 C 11.07 -, BVerwGE 131, 186 ff.; zur Vorgängerregelung des § 51 Abs. 1 AuslG: BVerwG, Urteil vom 18.2.1992 - 9 C 59.91 -, DÖV 1992, 582 f., zur Deckungsgleichheit von Art. 16 a Abs. 1 GG und § 51 Abs. 1 AuslG mit dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention: BVerwG, Urteil vom 26.10.1993 - 9 C 50.92 u.a. -, NVwZ 1994, 500 ff.
hierzu BVerfG, Beschluss vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315 ff.; BVerwG, Urteil vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL -).
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 2.7.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. -, BVerfGE 54, 341, und vom 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. -, BVerfGE 80, 315
vgl. BVerwG, Urteile vom 1.6.2011 - 10 C 10.10 und 10 C 25.10, vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 -, siehe auch EuGH, Urteil vom 2.3.2010, Rs. C-175/08 u.a., Abdulla u.a., OVG Münster, Urteil vom 17.8.2010 - 8 A 4063/06.A -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 - 10 C 5.09 - und vom 7.9.2010 - 10 C 11.09 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2009 - 10 C 24.08 - m.w.N., zitiert nach juris.
vgl. BVerwG, Entscheidungen vom 21.7.1989 - 9 B 239.89 -, vom 16.4.1985 - 9 C 109.84 - und vom 29.11.1977 - 1 C 33.71 -, jeweils zitiert nach juris.
vgl. hierzu Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
hierzu etwa Schweizerische Flüchtlingshilfe - SFH - vom 27.1.2006, Zur Gefährdung von ehemaligen Mitgliedern der Baath-Partei; Deutsches Orient-Institut - DOI - an VG München vom 1.9.2006 (2112 al/br.) zu Az. M 9 K 05.50273; EZKS, Stellungnahmen an VG Köln vom 17.12.2004 im Falle des Sohnes eines Einsatzleiters einer Sonderstreife in Mossul, der mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet hatte, sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 – 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris.
vgl. hierzu bereits Urteile des Senats vom 29.9.2006 - 3 R 6/06 -und vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 - dokumentiert bei juris, letzteres betreffend einen sunnitischen Kurden aus Mossul.
hierzu etwa BVerfG, Beschluss vom 23.1.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -, BVerfGE 83, 216 ff.
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 -, vom 18.7.2006 - 1 C 15.05 - und vom 5.7.1994 - 9 C 158.94 -, jeweils zitiert nach juris,
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 2.2.2010 - 10 B 18.09 - und vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, jeweils zitiert nach juris.
hierzu etwa BVerwG, Entscheidungen vom 21.2.2009, a.a.O. und vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, zu syrisch-orthodoxen Christen in Tur Abdin, zitiert nach juris.
BVerwG, Urteil vom 21.4.2009 - 10 C 11.08 -, zitiert nach juris.
– 3 A 429/08 – dokumentiert bei juris
vgl. Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
hierzu etwa BAMF, Dokumentation Irak, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; BAMF, Briefing Notes vom 27.12.2010; Schweizerischen Flüchtlingshilfe (im Folgenden SFH) Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak - Update vom 5.11.2009 -; UNHCR, Positionspapier zum Schutzbedarf irakischer Asylbewerber und zu den Möglichkeiten der Rückkehr irakischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde vom 13.5.2009 und Stellungnahme vom 16.9.2009 an den Hessischen VGH; ai-Report 2010, Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; EZKS, Stellungnahme an VG München vom 20.1.2009 zu Az. M 4 K 08.50041 u.a..
- 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris,
vom 28.11.2010 vom 11.4.2010,
hierzu etwa BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010; Bundesasylamt (Österreich), Bericht Irak, Die Sicherheitslage in Bagdad vom 26.1.2011
- 3 A 429/08 - und - 3 A 451/08 - , dokumentiert bei juris
vgl. BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, Januar 2010.
vgl. hierzu BAMF, Irak - Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte von Juni 2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 7.3.2011, FR und taz vom 21.1.2011, FAZ vom 21. und 25.1.2011, NZZ vom 28.1.2011 und FR vom 14.2.2011, SZ vom 14.2.2011; zu den bisherigen Gesamtopferzahlen ferner BAMF, Briefing Notes vom 17.1.2011, vom 14.3.2011, vom 4.4.2011, vom 11.4.2011, NZZ vom 12.4.2011, FAZ vom 13.4.2011, NZZ vom 18. und 19.4.2011, FAZ vom 30.4. und 6.5.2011.
hierzu BAMF, Briefing Notes vom 4.7.2011.
vgl. hierzu BAMF, Briefing Notes vom 11.7.2011.
vgl. Lagebericht Irak des Auswärtigen Amtes vom 28.11.2010
- H. Siamend - vom 22.3.2007 an VG Magdeburg zu Az. 4 A 190/04 MD und vom 24.11.2007 an VG Karlsruhe zu Az. A 3 K 10823/05
vgl. etwa OVG Münster, Urteil vom 29.10.2009, a.a.O., VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - und Beschluss vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10; VGH München, Beschlüsse vom 14.7.2011 - 20 B 10.30316 - und vom 5.7.2011 - 20 B 10.30312 -, jeweils im Falle eines sunnitischen Kurden aus der Region Tamim/Kirkuk sowie Urteil vom 21.1.2010 - 13a B 08.30285 - im Falle eines kurdischen Volkszugehörigen sunnitischer Religionszugehörigkeit aus Mossul, jeweils zitiert nach juris.
II.
zur Prüfungsfolge von unionsrechtlichem und nationalem Abschiebungsschutz etwa BVerwG, Urteil vom 29.6.2010 - 10 C 10.09 -, zitiert nach juris.
vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 198 und vom 14.7.2009 - 10 C 9.08 -, juris,
vom 17.2.2009 - C-465/07 -, EuGRZ 2009, 111
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O..
vgl. EuGH, Urteil vom 17.2.2009, a.a.O..
ebenso offen gelassen zum Vorliegen eines landesweiten Konflikts im Irak etwa: VGH München, Urteil vom 24.3.2011 - 20 B 10.30021 -, OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010 - 9 A 3642/06.A - und VGH Mannheim, Urteil vom 12.8.2010 - A 2 S 1134/10 - und auch OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 – sowie Urteil des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 -, dokumentiert bei juris.
vgl. BVerwG, Urteil vom 24.6.2008 - 10 C 43.07 -, a.a.O.; OVG Münster, Urteil vom 29.10.2010, a.a.O..
- 3 A 429/08 - und 3 A 451/08 - , jeweils dokumentiert bei juris
vgl. Lageberichte vom 28.11.2010 und vom 11.4.2010
vgl. BAMF, Zur Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte, von Juni 2011 und von Januar 2010
zur Verfolgungs- und Gefährdungssituation i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vgl. etwa etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 13.4.2011 - 13 LB 66/07 - im Falle eines aus der Provinz Dohuk stammenden Kurden; VGH Mannheim, Urteil vom 25.3.2010 - A 2 S 364/09 - (implizit) im Falle eines Kurden aus Kirkuk.
III.
hierzu Huber, AufenthG, § 60 Rdnr. 105 m.w.N..
vgl. etwa OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.1.2006 - 1 LB 22/05 -, zitiert nach juris,
hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 - u.a.; vom 23.8.2006 - 1 B 60.06 -, Urteil vom 8.112.1998 - 9 C 4.98 - u.a., sowie grundlegend bereits BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, NVwZ 1996, 199 zu der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 53 Abs. 6 AuslG, zitiert nach juris.
vgl. auch hier BVerwG, Entscheidungen vom 29.6.2010 - 10 C 9.09 und 10 C 10.09 - und vom 14.11.2007 - 10 B 47.07 -, zitiert nach juris.
- 3 A 429/08 – und – 3 A 451/08 -, dokumentiert bei juris,
vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Irak: Die aktuelle Entwicklung im Zentral- und Südirak vom 5.11.2009, UNHCR an Hess.VGH vom 16.9.2009
vgl. zu letzterem UNHCR: Iraq Refuges Returns fell from in 2010 vom 28.1.2011; siehe in diesem Zusammenhang auch Urteile des Senats vom 1.6.2011 - 3 A 429/08 und 3 A 451/08 -.
vgl. etwa Entscheidungen vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 - und vom 25.11.1997 - 9 C 58/96 - und vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris
vgl. hierzu BVerwG, Entscheidungen vom 23.7.2007 - 10 B 85/07 -, vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 - und vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, jeweils zitiert nach juris.
Urteil vom 18.7.2006 - 1 C 16.05 -, a.a.O.
vgl. Beschlüsse vom 29.4.2005 - BVerwG 1 B 119.04 - und Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, jeweils zitiert nach juris,
vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1995 - BVerwG 1 B 205.93 -.
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118/05 -, jeweils zitiert nach juris..
vgl. hierzu etwa Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010: Die Behandlung von PTSD in Erbil vom 10.3.2010, ferner Bericht vom 10.7.2007: Die sozioökonomische Situation in den von der KRG verwalteten Provinzen; GIGA an VG Düsseldorf vom 10.5.2007 zu Az.: 16 K 5213/06.A -; DOI an VG Saarlouis vom 6.3.2006 zu Az.: 2 K 1/06.A; EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 -,
hierzu insbesondere SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010 unter Berufung auf einen Bericht der WHO
hierzu etwa EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006 zu Az.: AN 9 K 04.32341 u.a., Auswärtiges Amt, Lagebericht Irak vom 28.11.2010; SFH, Die sozioökonomische Situation im Nordirak, Mai 2010.
vgl. etwa Botschaft BRD an VG Ansbach vom 20.5.2010 zu Az.: AN 9 K 09.30128
Auskunft des (Vertrauensarztes des) Generalkonsulats Erbil vom 29.4.2010 an VG Bayreuth zu Az.: B 3 K 30045
vgl. EZKS an VG Ansbach vom 4.2.2006, a.a.O.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. September 2011 - A 8 K 878/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verpflichtet wird, bei dem Kläger das Vorliegen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbots (hier: § 60 Abs. 2 AufenthG) hinsichtlich Afghanistans festzustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens im zweiten Rechtszug.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. Januar 2008 - A 11 K 521/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten - gerichtskostenfreien - Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Dezember 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der am … in Mazar-i Sharif geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er begehrt die Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass in seinem Fall die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 AufenthG vorliegen.
- 2
Nachdem er nach eigenen Angaben am 31. März 2004 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war, beantragte er unter dem 7. April 2004, als Asylberechtigter anerkannt zu werden.
- 3
Zur Begründung seines Asylbegehrens führte er in seiner Anhörung vom 20. April 2004 an, dass er gemeinsam mit seiner Schwester und seiner Mutter in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Sein Vater sei etwa eine Woche vor der Ausreise verstorben. Der Kläger habe die Koranschule besucht und danach im Geschäft des Vaters mitgearbeitet. Dieser sei Teppichhändler gewesen. Die Familie habe sich in einer guten wirtschaftlichen Lage befunden. Vor der Ausreise habe sein Vater allerdings etwa 60.000 Dollar Schulden gehabt. Die Gläubiger hätten die Familie bedroht. Grund für die Schulden sei gewesen, dass drei Ladungen Teppiche auf dem Weg nach Pakistan gestohlen worden seien. Ein Freund seines Vaters habe die Ausreise organisiert. Hierzu habe der Kläger aus dem Haus der Familie Geld geholt, das dort versteckt gewesen sei. An den Schlepper habe die Familie 20.000 Dollar bezahlt. Die Verwandten des Klägers lebten in Deutschland oder der Türkei.
- 4
Mit Bescheid vom 15. November 2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 sowie des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen. Sie forderte den Kläger zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland auf und drohte ihm die Abschiebung nach Afghanistan an.
- 5
Am 1. Dezember 2005 hat der Kläger Klage erhoben, die er auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschränkt hat.
- 6
Mit Urteil vom 19. Dezember 2006 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zu der Feststellung verpflichtet, dass im Falle des Klägers die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen und den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2005 insoweit aufgehoben, als er dieser Feststellung entgegensteht. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland wegen der dortigen unzureichenden Versorgungslage einer extremen Gefahr ausgesetzt wäre.
- 7
Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat die Beklagte angeführt, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene extreme Gefahrenlage nicht vorliege. Die Sicherheits- und Versorgungslage insbesondere im Raum Kabul sei nicht derart schlecht, dass der Kläger bei einer Rückkehr dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde. Für einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann wie den Kläger sei davon auszugehen, dass er im Raum Kabul eine vergleichsweise stabile Existenz sichern könne.
- 8
Der Kläger ist der Berufung unter Verweis auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils entgegengetreten.
- 9
Mit Urteil vom 6. Mai 2008 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan in hinreichender zeitlicher Nähe in einen unausweichlich lebensbedrohlichen Zustand geraten würde. Er könne seinen Lebensunterhalt weder aus eigener Kraft noch durch Zuwendungen Dritter bestreiten. Auch ein Zugang zu medizinischer Versorgung sei nahezu ausgeschlossen. Insoweit gerate er zwangsläufig in einen fortschreitenden Prozess körperlichen Verfalls mit lebensbedrohlichen Folgen.
- 10
Auf die Revision der Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2010 – 10 C 9.09 − die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
- 11
Die Beklagte führt im weiteren Verfahren ergänzend aus, dass im Falle des Klägers auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG anzuerkennen sei. Im Herkunftsgebiet des Klägers, dem Bereich um die Stadt Mazar-i Sharif könne nicht von dem Vorliegen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgegangen werden. Zudem sei angesichts der Strukturen in der afghanischen Gesellschaft damit zu rechnen, dass der Kläger Unterstützung durch einen Stammes- oder Familienverband finden werde.
- 12
Die Beklagte beantragt,
- 13
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 19. Dezember 2006 die Klage insgesamt abzuweisen.
- 14
Der Kläger beantragt,
- 15
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass vorrangig das Vorliegen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungshindernisses festgestellt wird.
- 16
Er ist der Auffassung, dass die eingeholten Gutachten die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 6. Mai 2008 bestätigten. Er laufe Gefahr, bei einer Rückkehr in sein Heimatland an Mangelernährung zu sterben.
- 17
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten der Sachverständigen P. R., Dr. B. G. sowie Dr. K. L. und durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Auswärtigen Amtes. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
- 18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsakte sowie die in das Verfahren eigeführten Erkenntnismittel verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
- 19
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
- 20
Die Klage ist in vollem Umfang abzuweisen.
- 21
Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG zu, noch sind in seinem Fall die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gegeben.
- 22
1. In die Entscheidung des Senates waren – worauf bereits das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil hingewiesen hat – die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG vorrangig vor dem Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, zu dessen Feststellung das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet hat, einzubeziehen.
- 23
Die unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbote, zu denen neben § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG auch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gehört und deren Grundlagen sich aus Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - Qualifikationsrichtlinie – ergeben, sind mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union - Richtlinienumsetzungsgesetz - (BGBl. I 2007, 1970) im August 2007 Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Ablehnungsbescheid der Beklagten – wie hier − sämtliche zielstaatsbezogenen ausländerrechtlichen Abschiebungsverbote erfasst und der Kläger die unionsrechtlichen Abschiebungsverbote in sein Verfahren einbezogen hat. Die unionsrechtlichen Abschiebungsverbote bilden einen eigenständigen, vorrangig vor den nationalen Abschiebungsverboten zu prüfenden Streitgegenstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 4/09 ─, BVerwGE 136, 360 und juris, Rn. 16; Urteil vom 29. Juni 2010 - 10 C 10.09 -, BVerwGE 137, 226 und juris, Rn. 6).
- 24
2. Im Falle des Klägers liegen indessen die Voraussetzungen eines unionsrechtlich begründeten Abschiebungsverbotes nicht vor.
- 25
a. Was die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 2 oder 3 AufenthG angeht, so hat sich der Kläger nicht hierauf berufen. Es ergeben sich auch ansonsten keine Hinweise darauf, dass er bei seiner Rückkehr der Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sowie der Gefahr der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Soweit er die Befürchtung geäußert hat, er könne von den Gläubigern seines Vaters misshandelt werden, kann es – ungeachtet der Frage, wie derartige Übergriffe Privater rechtlich einzuordnen sind – nicht als beachtlich wahrscheinlich angesehen werden, dass der Aufenthaltsort des Klägers bei einer Rückkehr von diesen Personen ermittelt und er von ihnen aufgegriffen werden kann.
- 26
b. Auch die Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegen nicht vor.
- 27
aa. Nach dieser Vorschrift ist von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist.
- 28
Im Falle des Klägers kann dahinstehen, ob in seiner Herkunftsregion, der Provinz Balkh, ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Denn jedenfalls kann nicht festgestellt werden, dass er infolge eines solchen Konfliktes einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Eine mögliche bewaffnete Auseinandersetzung erreicht in der Provinz Balkh keine solche Gefahrendichte, dass sich aus der allgemeinen Lage bereits eine individuelle ernsthafte Bedrohung für jede Person ergibt, die sich dort aufhält.
- 29
bb. Was eine sich im Rahmen einer allgemeinen Gefahrenlage bestehende Bedrohung angeht, so ist § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG zunächst richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der bei Vorliegen des subsidiären Schutzes nach Art. 15 Buchst. c der Qualifikationsrichtlinie, der durch § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in nationales Recht umgesetzt wurde, keine Sperrwirkung entfaltet. Der Betroffene muss sich bei einer allgemeinen Gefahr nicht mit der in § 60 a Abs. 1 AufenthG vorgesehenen Aussetzung der Abschiebung zufriedengeben, da ihm nach Art. 24 Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zusteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2008 - 10 C 43.07 -, BVerwGE 131, 191 und juris, Rn. 31).
- 30
cc. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit dann anzunehmen, wenn der Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht hat, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das Land oder die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt zu sein. Mit einer solchen Auslegung wird dem Erwägungsgrund 26 der Qualifikationsrichtlinie Rechnung getragen, wonach Gefahren, denen die Bevölkerung oder eine Bevölkerungsgruppe allgemein ausgesetzt ist, für sich genommen normalerweise keine individuelle Bedrohung darstellen. Hiernach verlangt eine dennoch erfolgende Berücksichtigung eine Ausnahmesituation mit einem hohen Gefahrengrad. Hingegen kann der zur Gewährung subsidiären Schutzes erforderliche Grad willkürlicher Gewalt umso geringer sein, je mehr der Betroffene zu belegen vermag, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation innewohnenden Umstände in besonderem Maße hierdurch betroffen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009 - Rechtssache C-465/07 Elgafaji, Rn. 35 bis 39).
- 31
Für die Annahme einer entsprechenden Bedrohung ist dabei auch nach nationalem Recht erforderlich, dass sie durch willkürliche Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes ausgelöst wird. Das entsprechende Tatbestandsmerkmal von Art. 15 Buchst. c der Qualifikationsrichtlinie ist auch Bestandteil der gesetzlichen Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG geworden. Wie sich der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz entnehmen lässt (BT-Drs. 16/5065, S. 187), war es Absicht des Gesetzgebers, den Tatbestand des Art. 15 Buchst. c der Qualifikationsrichtlinie und damit auch das Erfordernis willkürlicher Gewalt in vollem Umfang in nationales Recht umzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, a.a.O. und juris, Rn. 32). Von willkürlicher Gewalt ist auszugehen, wenn sich die in Frage stehende Gewalt auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Februar 2009, a.a.O., Rn. 34).
- 32
Hiernach ist dann ein besonders hohes Maß willkürlicher Gewalt erforderlich, wenn keine persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vorliegen. Liegen solche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. Zu den gefahrerhöhenden Umständen gehören solche persönlichen Besonderheiten, die den Rückkehrer von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, wie etwa eine berufliche Verpflichtung sich in Gefahrennähe aufzuhalten. Hierzu können aber auch persönliche Umstände gerechnet werden, wie etwa die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion oder Ethnie, aufgrund derer der Betroffene zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, a.a.O. und juris, Rn. 33; Urteil vom 17. November 2011 – 10 C 13/10 −, juris Rn. 18). Beschränkt sich ein bewaffneter Konflikt auf einzelne Landesteile, so kommt eine individuelle Bedrohung in der Regel nur in Betracht, wenn der Konflikt sich auf die Herkunftsregion des Betroffenen erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren muss. Bei der Feststellung, ob eine entsprechende individuelle erhebliche Gefahr gegeben ist, ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, erforderlich, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden. Weiterhin bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, a.a.O. und juris, Rn. 33). Die entsprechende Gefahr muss dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011, a.a.O., juris Rn. 20). Was die im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende quantitative Beurteilung angeht, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. November 2011 (- 10 C 13/10 -, juris Rn. 22 f.) das Risiko, bei innerstaatlichen Auseinandersetzungen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 800 verletzt oder getötet zu werden, als für die Annahme einer individuellen Gefahr keinesfalls hinreichend angesehen.
- 33
dd. Nach diesen Kriterien ist der Kläger aufgrund der allgemeinen Situation in seiner Herkunftsprovinz keiner individuellen Bedrohung ausgesetzt.
- 34
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist insgesamt dadurch gekennzeichnet, dass es landesweit in unterschiedlicher Intensität zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen afghanischen Regierungstruppen und der unter Führung der NATO operierenden internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) auf der einen sowie den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen auf der anderen Seite kommt. Das Land ist durch eine andauernde Instabilität geprägt. Insgesamt ist in den Jahren 2010 und 2011 eine Verschlechterung der Sicherheitslage festzustellen. Die Zahl der Anschläge hat sich im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 65 % erhöht. Während nach wie vor ein Schwerpunkt der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle im Land in den südlichen und südöstlichen Regionen festzustellen ist, lässt sich gleichzeitig eine stärkere geografische Verteilung entsprechender Vorfälle konstatieren (vgl. UNHCR, Gutachten vom 11. November 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz; ders., Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylbewerber vom 21. März 2011; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom 23. August 2011). Die für das Jahr 2010 genannte Zahl getöteter Zivilpersonen schwankt in einzelnen Quellen zwischen 2.428 (amnesty international, Report 2011 Afghanistan vom 18. August 2011) und 2.777 (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom 23. August 2011). Landesweit ist im 1. Halbjahr 2011 ein Anstieg der Zahl der getöteten Zivilsten um 15 % festzustellen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom 23. August 2011). Für das gesamte Jahr 2011 wird eine Zahl von 3021 ziviler Todesopfer genannt (United Nations Assistance Mission in Afghanistan – UNAMA, Annual Report 2011, Februar 2012), so dass erneut von einem beträchtlichen Anstieg auszugehen ist. Die Zahl der im Land insgesamt gemeldeten Angriffe bewaffneter oppositioneller Gruppierungen belief sich im Jahr 2011 auf 13.983 (The Afghanistan NGO Safety Office – ANSO, Quaterly Data Report Q.4 2011, Januar 2012).
- 35
Demgegenüber zeigt sich in der Provinz Balkh durch die Anwesenheit internationaler Organisationen und Militärs ein vergleichsweise sicheres Umfeld. Als problematisch hat sich in den vergangenen Jahren eher die hohe Kriminalitätsrate erwiesen. Die Situation in dieser Region wird als vergleichsweise friedlich eingeschätzt. Sie gehört zu den Provinzen, die in den zurückliegenden Jahren vom Konflikt am wenigsten betroffen waren (D-A-CH Kooperation Asylwesen Deutschland – Österreich – Schweiz, Sicherheitslage in Afghanistan, Juni 2010). War in den Jahren 2009 und 2010 im Verantwortungsbereich des Regionalkommandos Nord, zu dem auch die Provinz Balkh gehört und das in der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif seinen Sitz hat, ein signifikanter Anstieg der Auseinandersetzungen festzustellen, kam es im ersten Halbjahr 2011 wieder zu einem Rückgang der Übergriffe um 50 %. Dabei ist es den afghanischen Sicherheitskräften und den ISAF-Einheiten gelungen, in den Regionen Kundus und Nord-Baghlan die regierungsfeindlichen Kräfte weitgehend aus ihren traditionellen Hochburgen zu verdrängen. Auch in den nordwestlichen Provinzen und damit in Balkh konnten – wenn auch nicht in diesem Ausmaß − militärische Fortschritte erzielt werden (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012). Mit diesem Vorgehen dürfte auch der seit 2008 feststellbaren und als problematisch angesehenen Infiltration des Nordens Afghanistans durch regierungsfeindliche Gruppierungen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update Die aktuelle Sicherheitslage vom 23. August 2011) entgegengewirkt worden sein. In der Provinz Balkh ereigneten sich im Jahr 2010 183 Angriffe oppositioneller bewaffneter Gruppierungen. Diese Anzahl ging im Jahr 2011 auf 144 zurück (ANSO, Quarterly Data Report, 4/2011, Januar 2012).
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Bei einer Bevölkerungszahl in der Provinz von 1,2 Mio. Einwohnern, die sich auf 17.000 km² erstreckt (71 Einwohner pro km²; vgl.: D-A-CH-Kooperation Asylwesen Deutschland – Österreich − Schweiz, Sicherheitslage in Afghanistan, Juni 2010), entfiel bei 144 registrierten Anschlägen oppositioneller Gruppierungen ein solcher Vorfall auf etwa 8300 Einwohner. Demgegenüber ereignet sich in Afghanistan insgesamt bei etwa 31 Mio. Einwohnern und 13.983 Übergriffen landesweit (ANSO, Quarterly Data Report, 4/2011, Januar 2012) ein Angriff je 2.200 Einwohner. Wenngleich auf die Region bezogene Opferzahlen nicht ersichtlich sind, so kann doch aus der allgemeinen Einschätzung der Sicherheitslage und der vergleichsweise niedrigen Zahl der Anschläge geschlossen werden, dass nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, in einen derartigen Vorfall als Zivilperson einbezogen zu werden und damit einer ernsthaften Gefährdung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt zu sein.
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Angesichts dieser Gesamtsituation wirkt es sich auch nicht zugunsten des Klägers aus, dass die medizinische Versorgungslage in Afghanistan – insbesondere in ländlichen Bereichen − weiterhin als unzureichend angesehen werden muss und ein Zugang zu Gesundheitseinrichtungen nicht gewährleistet ist (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Januar 2012; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 23. August 2011). Vielmehr lässt sich schon allein anhand der Gefahrendichte feststellen, dass sich nicht für jeden Rückkehrer allein wegen seines Aufenthaltes in der Provinz eine ernsthafte individuelle Bedrohung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ergibt, so dass es insoweit nicht mehr entscheidend darauf ankommt, ob die Folgen einer Verletzung durch eine schnelle und wirksame medizinische Behandlung gemindert werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011, a.a.O., juris Rn. 23).
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ee. Besondere persönliche Umstände, die sich gefahrerhöhend auswirkten, sind im Falle des Klägers ebenfalls nicht ersichtlich. Er gehört in seiner Heimatregion der Bevölkerungsmehrheit der Tadschiken an. Soweit der Kläger in seinem Asylverfahren darauf verwiesen hat, dass die Familie von den Gläubigern seines Vaters bedroht worden sei, steht dieser Vorfall in keinem Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und den Sicherheitskräften sowie den ISAF-Einheiten.
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3. Kann hiernach auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht festgestellt werden, so gilt dies gleichermaßen für das gegenüber den unionsrechtlichen Abschiebungsverboten nachrangig zu prüfende nationale Abschiebungsverbot in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 3 AufenthG.
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a. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach Satz 3 dieser Regelung sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Der Kläger beruft sich indessen im Wesentlichen gerade auf die allgemein ungünstigen Verhältnisse in seinem Heimatland. Bei diesen der Bevölkerung allgemein drohenden Gefahren gilt nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG jedoch der Vorrang einer politischen Leitentscheidung im Wege einer generellen Aussetzung der Abschiebung. Soweit der Kläger daneben auf die Gefahr abstellt, Opfer der Gläubiger seines Vaters zu werden, fehlt es bereits an hinreichenden Anhaltspunkten, dass er als dessen Sohn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von diesen Personen ausfindig gemacht werden kann.
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Die nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bestehende Sperrwirkung ist allerdings im Wege der verfassungskonformen Auslegung dann einzuschränken, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr in sein Heimatland eine extreme Gefahrenlage dergestalt zu gewärtigen hätte, dass er gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt sein würde und die obersten Landesbehörden von der nach § 60 a Abs. 1 AufenthG bestehenden Ermächtigung, die Abschiebung auszusetzen, keinen Gebrauch gemacht haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 und juris, Rn. 14; Urteil vom 12. Juli 2001 - 1 C 5.01 -, BVerwGE 115, 1 und juris, Rn. 16; Urteil vom 29. September 2011 - 10 C 24.10 - juris, Rn. 19). Die Gefahrenlage muss landesweit bestehen (VGH BW, Urteil vom 14. Mai 2009 - A 11 S 610/08 -, juris, Rn. 20).
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Was die für die Abweichung von der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG erforderliche Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahr angeht, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes von einem gegenüber dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die extremen Gefahren müssen dem Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Zudem müssen sich die Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert sein würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. September 2011, a.a.O., juris, Rn. 15).
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b. Im Falle des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen an das Vorliegen einer extremen Gefahrenlage bei einer Rückkehr nach Afghanistan erfüllt sind.
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Jedenfalls bei einer Rückkehr nach Kabul ist nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit mit seinem alsbaldigen Tod oder schwersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Afghanistan durch eine problematische wirtschaftliche Situation geprägt ist, die zu einer schwierigen Versorgungslage führt. Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die verbreitete Armut führt landesweit nach wie vor vielfach zu Mangelernährung. Im Jahr 2011 war die Getreideernte nach überdurchschnittlichen Ernten in den Jahren 2009 und 2010 wieder signifikant niedriger als in den Vorjahren. Staatliche soziale Sicherungssysteme existieren praktisch nicht. Die soziale Absicherung liegt traditionell bei den Familien- und Stammesverbänden. Der IWF rechnet indessen für das laufende afghanische Fiskaljahr mit einem Wachstum von 8 % des Bruttoinlandsproduktes außerhalb des Landwirtschaftssektors. Langfristig rechnen Experten bis zum Jahr 2030 mit einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von 5 % (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012), so dass sich mittelfristig die Perspektive einer Besserung der Verhältnisse ergibt. Erwerbsmöglichkeiten sind für einen Großteil der Bevölkerung nur eingeschränkt vorhanden. Die Arbeitslosenrate liegt bei etwa 40 %. Etwa 80 % der Bevölkerung sind in der Landwirtschaft tätig. Selbst nicht arbeitslose Afghanen erzielen durch ihre Arbeit nur in 13,5 % der Fälle regelmäßige Einkünfte. Unproblematisch ist die Situation lediglich für hochqualifizierte Kräfte wie Ingenieure, Finanz- und Verwaltungsfachleute. Für die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit sicherzustellen, kommt es wesentlich auf die Einbindung des Betroffenen in den erweiterten Familien- oder Bekanntenkreis an, der auch das soziale Sicherheitsnetz begründet (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 31. Oktober 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz; UNHCR, Auskunft vom 11. November 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz; Dr. L., Stellungnahme vom 8. Juni 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom 23. August 2011 -).
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Dem Kläger droht indes auch vor dem Hintergrund der geschilderten allgemeinen Lage in der Hauptstadt Kabul keine extreme Gefahrenlage. Die Lage dort ist durch eine positive Wirtschaftsentwicklung geprägt. Dies führt allerdings dazu, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt wegen der steigenden Zahl der Binnenvertriebenen und der wirtschaftlichen Migration aus anderen Landesteilen weiter verschärft. Weitere Folge dieser starken Zuwanderung aus anderen Landesteilen ist, dass die Lebenshaltungskosten und damit die Kosten für eine Unterkunft bedeutend höher liegen als in anderen Landesteilen (vgl. Gutachterliche Stellungnahme von Dr. K. L. an das OVG Rheinland-Pfalz vom 09. Juni 2011; Gutachten des UNHCR an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 11. November 2011).
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Als unwahrscheinlich ist zudem die Option anzusehen, dass der Kläger nach seiner Rückkehr eine Arbeitsstelle findet, die seinen Lebensunterhalt dauerhaft gewährleistet. Vielmehr wird er voraussichtlich darauf angewiesen sein, sich als Tagelöhner zu verdingen (vgl. Gutachten von P. R. an das OVG Rheinland-Pfalz vom 15. Januar 2008). Grundlage hierfür ist insbesondere der Bauboom in der Hauptstadt, der die entsprechenden Möglichkeiten erheblich ausgeweitet hat. Bei der Arbeitssuche kommt überdies der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppierung in der Hauptstadt, da diese multiethnisch und kosmopolitisch geprägt ist, keine so große Bedeutung zu, wie es in der Provinz der Fall ist (Gutachten von Dr. B. G. an das OVG Rheinland-Pfalz vom 31. August 2008). Insoweit wird der Kläger nicht in gleichem Maße auf die Unterstützung durch seinen Stammes- oder Familienclan angewiesen sein, wie dies in anderen Regionen seines Heimatlandes der Fall wäre.
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Was die Möglichkeit angeht, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, so ist in seinem Falle weiterhin zu berücksichtigen, dass er alleinstehend ist und daher nicht in der Verantwortung steht, den Unterhalt von Ehefrau oder Kindern gleichfalls sicherzustellen. Hiernach ist aber bereits nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland ohne Unterstützung durch Familien- oder Stammesangehörige nicht in der Lage wäre, durch eine - wenn auch unregelmäßige - Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt zumindest in bescheidenem Umfang durch eine Tagelöhnertätigkeit zu erzielen (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 31. Oktober 2011). Insoweit ergibt sich auch keine ernstliche Verschlechterung der Situation dadurch, dass er sich längere Zeit, nämlich seit dem Jahre 2004, außerhalb seines Heimatlandes aufgehalten hat. Selbst wenn sich hieraus eine Erschwernis bei der Arbeitssuche ergeben sollte (vgl. Amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG RP vom 31. Oktober 2011), so besteht jedoch keine Einschränkung der Eignung für einfache körperliche Tätigkeiten. Insoweit sind es gerade junge, kräftige Männer, die am ehesten die Chance haben, sich auf dem Arbeitsmarkt für Tätigkeiten durchzusetzen, bei denen harte körperliche Arbeit gefragt ist (vgl. Gutachten von Dr. Mostafa Danesch an den HessVGH vom 07. Oktober 2010 – Logar). Was den Kläger angeht, kommt hinzu, dass er vor seiner Ausreise im Teppichhandel seines Vaters mitgeholfen und dadurch Erfahrungen im Wirtschaftsleben seines Heimatlandes erworben hat.
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Auch die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan lässt nicht zwingend den Schluss zu, dass der Kläger als alleinstehender junger Mann bei einer Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Zwar ist in Afghanistan etwa ein Drittel der Bevölkerung von Mangelernährung betroffen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass den Betroffenen keine ausreichende Nahrung für ein gesundes und aktives Leben zur Verfügung steht (Stellungnahme des UNHCR vom 11. November 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz). Dies bedeutet indessen nicht, dass bei diesem Bevölkerungsanteil bereits gesundheitliche Beeinträchtigungen in erheblichem Ausmaß eingetreten sind. Vielmehr wird damit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei etwa einem Drittel der afghanischen Bevölkerung die Gefahr gesundheitlicher Beeinträchtigung durch Mangelernährung besteht. Die von Frau Dr. T. in der mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2008 geschilderten Folgen der Mangelernährung können in einem solchen Fall eintreten; sie sind aber nicht zwingend. Hinzu kommt, dass es auch bei der Gefahr von Armut und Mangelernährung demographische Risikogruppen gibt. Bei der Definition der Begriffe der absoluten Armut (1 Dollar und weniger pro Tag), von der etwa 36 % der Afghanen betroffen sind, und des Lebens knapp über der Armutsgrenze (2 bis 3 Dollar), das 37 % der afghanischen Bevölkerung führen, wird auf die Verhältnisse einer sechs- bis achtköpfigen Großfamilie abgestellt (vgl. Gutachten von Dr. M. D. an den Hessischen VGH vom 07. Oktober 2010 – Logar). Dies bestätigt aber die Annahme, dass gerade nicht junge, alleinstehende Männer, sondern eher Familien mit mehreren Kindern in besonderem Maße in Afghanistan existentiell gefährdet sind.
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Da der Kläger nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit der Gefahr ernsthafter gesundheitlicher Beeinträchtigungen ausgesetzt ist, kann bei ihm, der keine Vorerkrankungen dargelegt hat, auch nicht mit einer alsbald nach der Rückkehr drohenden extremen Gefahrenlage allein wegen der – insbesondere in ländlichen Bereichen – unzureichenden medizinischen Versorgungslage in Afghanistan (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Januar 2012; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 23. August 2011) gerechnet werden.
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Insgesamt kann hiernach zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger in seinem Heimatland in eine ernsthafte Gefahrenlage gerät, für deren alsbald nach der Rückkehr erfolgenden Eintritt spricht aber keine hohe Wahrscheinlichkeit.
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Die Ansicht, dass für junge, männliche afghanische Staatsangehörige, die beruflich nicht besonders qualifiziert sind und nicht auf den Rückhalt von Familie oder Bekannten zurückgreifen können, in Kabul keine extreme Gefahrensituation besteht, wird von der überwiegenden Zahl der Obergerichte geteilt (vgl. VGH BW, Urteil vom 06. März 2012 – A 11 S 610/08 −; BayVGH, Urteil vom 03. Februar 2011 – 13a B 10.30394 −, juris Rn. 37; OVG NW, Urteil vom 19. Juni 2008 – 20 A 4676/06.A −, juris Rn. 68 und Beschluss vom 26. Oktober 2010 – 20 A 964/10.A −, juris Rn. 7; OVG SH, Urteil vom 10. Dezember 2008 – 2 LB 23/08 −, juris Rn. 34; a.A. wohl: HessVGH, Urteil vom 25.08.2011 – 8 A 1659/10.A −, Juris Rn. 93 ).
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Was einen möglichen Aufenthalt des Klägers in Kabul angeht, so liegen auch in diesem Bereich die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht vor. Ausweislich des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes vom 10. Januar 2012 kann die Sicherheitslage in Kabul weiterhin als stabil angesehen werden. Zwar hätten sich seit Januar 2011 in der Hauptstadt mehrere spektakuläre Selbstmordanschläge ereignet. Zuvor sei es allerdings über einen Zeitraum von fast 18 Monaten hinweg zu praktisch keinerlei Anschlägen gekommen. Es handelte sich um einzelne spektakuläre Anschläge auf exponierte Ziele (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update - Die aktuelle Sicherheitslage vom 23. August 2011). Insgesamt waren 71 Tote in der Zivilbevölkerung Kabuls zu verzeichnen, wovon 67 Personen Opfer von sechs Selbstmordanschlägen wurden (vgl. UNAMA, Afghanistan, Annual Report 2011, Februar 2012). Diese Umstände sprechen bereits dagegen, in Kabul einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt anzunehmen (vgl. VGH BW, Urteil vom 06. März 2012 – A 11 S 3177/11 −). Jedenfalls ergibt sich aber keine erhebliche Gefahr für jeden Rückkehrer, Opfer einer bewaffneten Auseinandersetzung zu werden. Bei einer Gesamteinwohnerzahl von etwa 3,5 bis 4,5 Mio. Menschen (D-A-CH-Kooperation Asylwesen Deutschland – Österreich – Schweiz, Sicherheitslage in Afghanistan, Juni 2010) und einer Konzentration der Übergriffe auf wenige Vorfälle fehlt es an der erforderlichen Gefahrendichte.
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Die von der Beklagten verfügte Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG.
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Soweit der Kläger sich mit Schriftsatz vom 01. April 2012 an den Senat gewandt hat, bestand kein Anlass, erneut in eine mündliche Verhandlung einzutreten, da er seinen bisherigen Vortrag lediglich konkretisiert hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § § 83 b AsylVfG nicht erhoben.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. 708 ff. ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16. September 2011 - A 8 K 744/10 - geändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gesamten - gerichtskostenfreien - Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.